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    Plenarprotokoll 18/80 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 80. Sitzung Berlin, Freitag, den 16. Januar 2015 I n h a l t : Tagesordnungspunkt 18: a) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Nationaler Bildungsbericht – Bildung in Deutschland 2014 und Stellungnahme der Bundesregierung Drucksache 18/2990 . . . . . . . . . . . . . . . . . 7619 A b) Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD: Bildung in Deutschland gemein- sam voranbringen, Lehren aus dem Na- tionalen Bildungsbericht 2014 ziehen, Chancen der Inklusion nutzen Drucksache 18/3546 . . . . . . . . . . . . . . . . . 7619 B c) Antrag der Abgeordneten Özcan Mutlu, Kai Gehring, Beate Walter-Rosenheimer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Bildung schafft Teilhabe und Chancengleichheit – Empfehlungen des Nationalen Bil- dungsberichts 2014 zügig umsetzen Drucksache 18/3412 . . . . . . . . . . . . . . . . . 7619 C d) Antrag der Abgeordneten Dr. Rosemarie Hein, Sigrid Hupach, Sabine Zimmermann (Zwickau), weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Bildungsverant- wortung gemeinsam wahrnehmen – Konsequenzen aus dem Bildungsbericht ziehen Drucksache 18/3728 . . . . . . . . . . . . . . . . . 7619 D Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7620 A Dr. Rosemarie Hein (DIE LINKE) . . . . . . . . . 7623 A Kerstin Tack (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7625 C Özcan Mutlu (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7627 A Albert Rupprecht (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 7627 C Xaver Jung (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . 7628 B Katrin Werner (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 7629 D Hubertus Heil (Peine) (SPD) . . . . . . . . . . . . . 7631 A Katja Dörner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7633 C Uwe Schummer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 7634 C Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD) . . . . . . . . . 7635 D Kai Gehring (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7637 A Sybille Benning (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 7638 A Willi Brase (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7639 D Sven Volmering (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 7640 D Tagesordnungspunkt 19: a) Antrag der Abgeordneten Katharina Dröge, Kerstin Andreae, Dr. Thomas Gambke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Konsultationsergebnisse beherzigen – Klageprivilegien zurückweisen Drucksache 18/3747 . . . . . . . . . . . . . . . . . 7642 C b) Antrag der Abgeordneten Klaus Ernst, Susanna Karawanskij, Jutta Krellmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Interessengeleitetes Gut- achten zu Investorenschutz zurückwei- sen Drucksache 18/3729 . . . . . . . . . . . . . . . . . 7642 D Katharina Dröge (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7642 D Dr. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU) . . . . . . . . . 7644 C Inhaltsverzeichnis II Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 16. Januar 2015 Dr. Thomas Gambke (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7644 D Klaus Ernst (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . 7648 A Dr. Matthias Heider (CDU/CSU) . . . . . . . . 7649 B Klaus Barthel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7651 A Klaus Ernst (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 7651 C Max Straubinger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 7653 B Dieter Janecek (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7653 D Klaus Ernst (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 7655 A Alexander Ulrich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 7656 C Dirk Wiese (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7657 C Katja Keul (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7659 A Dr. Matthias Heider (CDU/CSU) . . . . . . . . 7659 B Dr. Heribert Hirte (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 7660 B Alexander Ulrich (DIE LINKE) . . . . . . . . 7661 B Brigitte Zypries, Parl. Staatssekretärin BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7662 D Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7664 A Jürgen Hardt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 7665 B Dr. Matthias Miersch (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 7667 B Tagesordnungspunkt 20: a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Assoziierungsabkommen vom 21. März 2014 und vom 27. Juni 2014 zwischen der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemein- schaft und ihren Mitgliedstaaten einer- seits und der Ukraine andererseits Drucksache 18/3693 . . . . . . . . . . . . . . . . . 7669 A b) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Assoziierungsabkommen vom 27. Juni 2014 zwischen der Euro- päischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft und ihren Mitglied- staaten einerseits und Georgien ande- rerseits Drucksache 18/3694 . . . . . . . . . . . . . . . . . 7669 A c) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Assoziierungsabkommen vom 27. Juni 2014 zwischen der Euro- päischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft und ihren Mitglied- staaten einerseits und der Republik Moldau andererseits Drucksache 18/3695 . . . . . . . . . . . . . . . . . 7669 A Michael Roth, Staatsminister AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7669 B Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) . . . . . . . . . 7670 C Manfred Grund (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 7671 D Marieluise Beck (Bremen) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7673 A Karl-Georg Wellmann (CDU/CSU) . . . . . . . . 7674 A Franz Thönnes (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7675 A Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7675 D Dr. Bernd Fabritius (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 7677 A Tagesordnungspunkt 21: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 15. Mai 2014 zwi- schen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Repu- blik Polen über die Zusammenarbeit der Polizei-, Grenz- und Zollbehörden Drucksache 18/3696 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7678 A Dr. Günter Krings, Parl. Staatssekretär BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7678 A Ulla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . 7679 D Wolfgang Gunkel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 7680 C Irene Mihalic (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7682 B Günter Baumann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 7683 C Tagesordnungspunkt 22: Antrag der Abgeordneten Cornelia Möhring, Diana Golze, Jan Korte, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion DIE LINKE: Rechtsan- spruch auf Schutz und Hilfe für von Ge- walt betroffene Frauen und deren Kinder Drucksache 18/2884 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7684 C Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7684 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 7685 A Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Rechtsanspruch auf Schutz und Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 16. Januar 2015 III Hilfe für von Gewalt betroffene Frauen und deren Kinder (Tagesordnungspunkt 22) . . . . . 7685 D Sylvia Pantel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 7685 D Gudrun Zollner (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 7687 B Dr. Fritz Felgentreu (SPD). . . . . . . . . . . . . . 7688 C Gülistan Yüksel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 7689 C Cornelia Möhring (DIE LINKE) . . . . . . . . . 7690 C Ulle Schauws (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7691 A Anlage 3 Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7691 D Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 16. Januar 2015 7619 (A) (C) (D)(B) 80. Sitzung Berlin, Freitag, den 16. Januar 2015 Beginn: 9.00 Uhr
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    1) Anlage 2 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 16. Januar 2015 7685 (A) (C) (B) Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten (D) Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich van Aken, Jan DIE LINKE 16.01.2015 Alpers, Agnes DIE LINKE 16.01.2015 Amtsberg, Luise BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 16.01.2015 Dr. Brandl, Reinhard CDU/CSU 16.01.2015 Frei, Thorsten CDU/CSU 16.01.2015 Dr. Fuchs, Michael CDU/CSU 16.01.2015 Gabriel, Sigmar SPD 16.01.2015 Gleicke, Iris SPD 16.01.2015 Gohlke, Nicole DIE LINKE 16.01.2015 Held, Marcus SPD 16.01.2015 Hupach, Sigrid DIE LINKE 16.01.2015 Kaczmarek, Oliver SPD 16.01.2015 Kassner, Kerstin DIE LINKE 16.01.2015 Kolbe, Daniela SPD 16.01.2015 Kunert, Katrin DIE LINKE 16.01.2015 Dr. de Maizière, Thomas CDU/CSU 16.01.2015 Dr. Malecha-Nissen, Birgit SPD 16.01.2015 Metzler, Jan CDU/CSU 16.01.2015 Dr. h. c. Michelbach, Hans CDU/CSU 16.01.2015 Nouripour, Omid BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 16.01.2015 Oßner, Florian CDU/CSU 16.01.2015 Pfeiffer, Sibylle CDU/CSU 16.01.2015 Poß, Joachim SPD 16.01.2015 Dr. Riesenhuber, Heinz CDU/CSU 16.01.2015 Roth (Augsburg), Claudia BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 16.01.2015 Schiewerling, Karl CDU/CSU 16.01.2015 Schimke, Jana CDU/CSU 16.01.2015 Dr. Steffel, Frank CDU/CSU 16.01.2015 Dr. Steinmeier, Frank- Walter SPD 16.01.2015 Strässer, Christoph SPD 16.01.2015 Wagner, Doris BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 16.01.2015 Wellenreuther, Ingo CDU/CSU 16.01.2015 Wichtel, Peter CDU/CSU 16.01.2015 Zimmermann (Zwickau), Sabine DIE LINKE 16.01.2015 Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Rechtsanspruch auf Schutz und Hilfe für von Gewalt betroffene Frauen und deren Kinder (Tagesordnungs- punkt 22) Sylvia Pantel (CDU/CSU): Wir sind uns einig, dass wir alle Menschen vor Gewalt schützen wollen. Heute reden wir hauptsächlich über die Gewalt gegen Frauen. Sie haben zu Recht in Ihrem Antrag darauf hingewie- sen, dass die Agentur der Europäischen Union für Grund- rechte im vergangenen Jahr in einer europaweit ausge- legten Studie zur Gewalt gegen Frauen erschreckende Daten veröffentlicht hat. 42 000 Frauen in 28 EU-Staa- ten wurden befragt. Im europäischen Durchschnitt hat jede dritte Frau körperliche und/oder sexuelle Gewalt er- fahren. In Deutschland sind sogar 35 Prozent der Frauen von Gewalt betroffen. Es ist deshalb notwendig, gegen Gewalt zu sensibilisieren, das Thema zu enttabuisieren und Hilfsangebote vorzuhalten und zu informieren. Weltweit werden Frauen geschlagen, verstümmelt und getötet. Sie werden ausgebeutet, vergewaltigt und zur Prostitution gezwungen. Deshalb ist uns die Bekämp- fung von Gewalt an Frauen ein wichtiges Thema. Wir haben im Koalitionsvertrag vereinbart, dass wir Gewalt an Frauen und Kindern konsequent bekämpfen und Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Anlagen 7686 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 16. Januar 2015 (A) (C) (D)(B) Schutz und Hilfe gewährleisten wollen. Wir werden res- sortübergreifend Maßnahmen zur Bekämpfung von Ge- walt gegen Kinder und Frauen bündeln und Lücken im Hilfesystem schließen. Unabhängig von Aussehen, Alter und sozialer Schicht erleben Frauen in ihrem Alltag viele Formen von Ge- walttätigkeit. Deshalb werden wir den Schutz für Frauen erhöhen. Die Bundesregierung hat erklärt, dass sie in dieser Le- gislaturperiode das Abkommen des Europarats über die „Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt“, die sogenannte Istanbul-Kon- vention, umsetzen wird. Dazu müssen alle Bedingungen in nationales Recht implementiert werden. Deshalb dau- ert dieser Vorgang auch etwas länger. Hierbei gilt: Sorg- falt vor Schnelligkeit. Die Istanbul-Konvention verpflichtet Deutschland, alle nicht einverständlichen sexuellen Handlungen unter Strafe zu stellen. Nach unserem Strafgesetzbuch wird nicht jede Vergewaltigung als Vergewaltigung bestraft. So wird ein Täter nicht nach § 177 StGB bestraft, wenn er die Frau eingeschüchtert hat und sie aus Angst vor noch schlimmeren Folgen keine sichtbare Gegenwehr geleistet hat. Es darf nicht sein, dass ein Opfer seine Ver- gewaltigung durch körperliche Verletzungen nachweisen muss. Die Diskussion betrifft auch den § 179 StGB, der den sexuellen Missbrauch widerstandsunfähiger Personen ahndet und entsprechend anzupassen ist. Die sexuelle Selbstbestimmung ist für uns ein hohes Gut. Der Schutz von Frauen ist für uns ein wichtiges Ziel. Gutgemeint ist nicht gutgemacht, dies zeigt uns das Prostitutionsgesetz von 2002, welches verbessert werden muss. Wir arbeiten sorgfältig an einer Novellierung. Wir benötigen für einen besseren Schutz der Frauen unter anderem eine Erlaubnispflicht für Bordellbetriebe, das Verbot von menschenunwürdigen Geschäftsmodel- len, Gesundheitsuntersuchungen, ein Mindestalter von 21 Jahren, die polizeiliche Anmeldepflicht und die Kon- dompflicht. Frauen dürfen nicht länger Opfer von sexu- eller Ausbeutung und Menschenhandel sein. Wir wollen Prostitution nicht verbieten, sondern die Rechtssicherheit verbessern, das Selbstbestimmungs- recht stärken und die Kriminalität bekämpfen. Gleichzei- tig wollen wir bessere Ausstiegshilfen aus der Prostitution schaffen. Opfer von Menschenhandel und Zwangsprosti- tution aus Drittstaaten sollen ein verbessertes Aufent- haltsrecht erhalten. Unsere Beratungen werden zu einem guten Gesetz führen, das Opfer besser vor Gewalt schützt und Täter konsequenter bestraft. Um Frauen Hilfsangebote in einer Notsituation aufzu- zeigen, hat der Bund 2013 ein niederschwelliges Ange- bot geschaffen: das bundesweite Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“. Mit Bundesmitteln finanziert, wird betroffenen Frauen und Ratsuchenden täglich rund um die Uhr und kosten- los eine Erstberatung gewährleistet, auch anonym. Im ersten Jahr, Ende März 2014, hatten 60 Beraterin- nen in 15 Sprachen 47 500 Kontakte in rund 18 800 Be- ratungsgesprächen über Telefon, Chat oder E-Mail. Das Hilfetelefon mit der Nummer 08000-116 016 ist die Schnittstelle zu den Hilfsangeboten vor Ort. Viele Städte und Gemeinden bieten bereits ein umfas- sendes Unterstützungssystem für von Gewalt betroffene Frauen an: Frauennotrufe, Frauenberatungsstellen, Frau- enhäuser und Zufluchtswohnungen. Hier sind die Länder aufgefordert, die Einrichtungen vorzuhalten und zu ko- ordinieren. Mit dem Gewaltschutzgesetz hat der Bund einen Rah- men geschaffen, um Frauen in einer akuten Situation von häuslicher Gewalt zu helfen. Gewalttäter müssen die Wohnung für einige Zeit verlassen, und die Frauen kön- nen mit den Kindern in der vertrauten Umgebung blei- ben. So können sie überlegen, welche Maßnahmen sie für die Zukunft ergreifen wollen. Sie können aber auch entscheiden, mit ihren Kindern das Haus zu verlassen, sich an ein Frauenhaus wenden und sich dort beraten las- sen. In solchen Situationen brauchen Frauen Hilfe bei der Bewältigung des Alltags. Es muss geklärt sein, wer die Finanzierung des Aufenthalts übernimmt oder welche weiteren Maßnahmen mit Blick auf die Frauen und Kin- der notwendig sind. Vor Ort, in der Kommune, kann der Bedarf an Hilfen und Schutzeinrichtungen besser beurteilt und einge- schätzt werden als durch Richtlinien, die der Bund vor- gibt. Und dies liegt auch nicht in seiner Zuständigkeit. In der Stadt und im ländlichen Raum können unterschiedli- che infrastrukturelle Bedingungen besser berücksichtigt werden. In der vergangenen Woche habe ich mich bei der Frauenberatungsstelle in Düsseldorf erneut über den Sachstand informiert. In Düsseldorf haben wir in der Fachgruppe Opferschutz ein Netzwerk aufgebaut. Das soll für alle von Gewalt betroffenen Menschen eine An- laufstelle werden und Hilfe anbieten. Wie in Düsseldorf gibt es auch in anderen Kommunen vielfältige Bera- tungsangebote, wo Land und Kommune gut zusammen- arbeiten und Hilfe für betroffene Frauen anbieten. Diese Initiativen zeigen, dass es funktionieren kann, wenn die Länder und Kommunen ihren Aufgaben ge- recht werden und durch kurze Wege gute Angebote ge- schaffen werden. Ich habe große Anerkennung dafür, wie engagiert die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sich um die betroffe- nen Frauen kümmern. Und ich kann den Frust und die Sorgen sehr gut verstehen, wenn die Voraussetzungen für einen guten Opferschutz nicht stimmen. Da, wo es nicht funktioniert, müssen Regelungen ge- funden werden. Es muss geklärt werden, warum und wo die Schwachstellen sind und was getan werden muss. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 16. Januar 2015 7687 (A) (C) (D)(B) Für die Finanzierung der Frauenhäuser sind die Länder zuständig. Die Regelungen in den Ländern sind sehr unter- schiedlich. Oft sind es freiwillige Leistungen, die von der jeweiligen Haushaltslage abhängen – mit den ent- sprechenden Unsicherheiten. Hier müssen die Länder ih- rer Verantwortung gerecht werden. Der Bund gibt den Ländern durch die verschiedenen Zuweisungen die Mit- tel. Die Prioritäten für die Mittelverwendung setzt allein das Land. Der Bund hat nicht die Kompetenz, diese Auf- gabe einfach an sich zu ziehen. Es gibt auch Länder, die ihrer Verantwortung gerecht werden und gute Lösungen vorhalten. So plant auch Nordrhein-Westfalen ein Lan- desgesetz zur Finanzierung der Frauenhäuser. Die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und der Schutz von Frauen und Kindern ist eine gesamtgesell- schaftliche Aufgabe. Länder und Kommunen wurden im vergangenen Jahr, zum Beispiel beim BAföG und bei der Grundsicherung, erheblich entlastet, damit sie genau solchen Aufgaben besser nachkommen können. Wir ha- ben immer wieder gezeigt, dass der Bund für die Länder und Kommunen ein verlässlicher Partner ist. Die Länder müssen nun auch den Kommunen die finanziellen Mittel zur Verfügung stellen und ihnen damit ermöglichen, ih- ren Aufgaben nachzukommen. Und wir brauchen Trans- parenz, welche Länder ihren Verpflichtungen nicht nach- kommen. Bund, Länder und Kommunen müssen als Partner eine bedarfsgerechte Lösung für die Finanzierung von Schutzkonzepten gegen Gewalt, insbesondere Gewalt an Frauen, finden. Gudrun Zollner (CDU/CSU): Wir sprechen heute über ein wichtiges und sehr sensibles Thema: Gewalt an Frauen und deren Kindern. Schutz und Hilfe für die Be- troffenen zu gewährleisten, ist ein wichtiger Auftrag. Nicht nur für uns hier im Deutschen Bundestag, nicht nur für die Politik, sondern für die gesamte Gesellschaft. Jeder Mensch hat das Recht auf körperliche Unver- sehrtheit. Frauen sind in besonderem Maße von Gewalt betroffen. Etwa jede vierte Frau, die in Deutschland lebt, ist schon mindestens einmal Opfer körperlicher oder se- xueller Gewalt geworden. Wir sind uns sicher alle einig darin, dass jeglicher Übergriff gegen Frauen und Kinder auf das Schärfste zu verurteilen ist. Die Bekämpfung aller Formen von Ge- walt gegen Frauen gehört daher zu den langfristigen Schwerpunkten der Bundesregierung. Es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die Bund, Länder und Kommunen betrifft. Im Rahmen der durch das Grundgesetz vorgegebenen Kompetenzen stehen wir alle in der Verantwortung. Das Vorhandensein, die Aus- gestaltung und die finanzielle Absicherung von Unter- stützungsangeboten für gewaltbetroffene Frauen und deren Kinder liegen aber in erster Linie bei den Bundes- ländern. Im Rahmen der landesrechtlich konkretisierten Aufgabe der Daseinsvorsorge liegt die Zuständigkeit auch bei den Kommunen. Diese vorrangige Aufgaben- verteilung ist uns allen bekannt. Wir unterstützen und entlasten als Bund die Länder und Kommunen an vielen Stellen, damit diese ihre Auf- gaben auch wahrnehmen können. Bei der Eingliederungshilfe werden wir die Kommu- nen in den Jahren 2015 bis 2017 um 1 Milliarde Euro pro Jahr entlasten, ab 2018 auf der Grundlage des Bun- desteilhabegesetzes den Umfang um 5 Milliarden Euro erhöhen. Auch sollen die Bundesländer in der laufenden Legis- laturperiode mit insgesamt 6 Milliarden Euro unterstützt werden, damit sie und ihre Kommunen die Herausforde- rungen bei der Finanzierung von Kinderkrippen, Kitas, Schulen und Hochschulen besser bewältigen können. Hier möchte ich die Bundesländer aufrufen, ihre Kommunen bei diesen wichtigen Aufgaben zu unterstüt- zen und die Entlastungen auch an sie weiterzugeben. Eine schwarze Null sollte auch Ziel eines jeden Haushal- tes sein. Ich kann nicht für alle Bundesländer sprechen, aber für mein Heimatbundesland kann ich festhalten, dass es seiner Verantwortung zum Schutz von vor Gewalt be- troffenen Frauen und deren Kindern gerecht wird. Der Freistaat Bayern unterstützt die Kommunen bei diesen wichtigen Aufgaben zum Beispiel durch Beteiligung an den Personalkosten der Frauenhäuser – und das obwohl Bayern inzwischen rund 5 Milliarden Euro in den Län- derfinanzausgleich zahlt. In Bayern gibt es ein einvernehmliches Gesamtkonzept als Grundlage für die Bedarfsermittlung und Finanzie- rung. Dieses Konzept wird auch von der Bundesregierung als exemplarisch dafür angesehen, durch sinnvolle Ar- rangements auf Verwaltungsebene die Finanzierungsbe- dingungen der Frauenhäuser verlässlich zu gestalten. Der Freistaat wird außerdem eine Bedarfsermittlung durchführen, um weiterem Handlungsbedarf gezielt nach- kommen zu können. Auf die Verantwortung der Bundesländer wird im vorliegenden Antrag „der Linken“ in keinster Weise ein- gegangen. Es entspricht unserem föderalen Prinzip, in der unter- schiedlichen Ausgestaltung vor Ort grundsätzlich eine Chance zu sehen. Damit werden Spielräume eröffnet, um den Bedürfnissen mit den regionalen Unterschieden Rechnung zu tragen. Dies sehen auch die Bundesländer so, und dies wurde auch von der Gleichstellungsminis- terkonferenz so gesehen. Einer bundesgesetzlichen Re- gelung, wie in ihrem Antrag gefordert, bedarf es deshalb nicht. Festgestellte gewachsene Unterschiede der Versor- gungsinfrastruktur für gewaltbetroffene Frauen sind auch Ausprägungen der föderalistischen Struktur der Bundes- republik Deutschland und deuten nicht automatisch auf Versorgungsdefizite hin. Die Bestandsaufnahme, die die Bundesregierung im Sommer 2012 vorgelegt hat, bestä- tigt, dass es ein dichtes Netz an Hilfeeinrichtungen für Betroffene gibt. Insofern möchte ich daher den Ausfüh- rungen in Ihrem Antrag, das Hilfesystem für gewaltbe- 7688 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 16. Januar 2015 (A) (C) (D)(B) troffene Frauen sei in einem desolaten Zustand, an dieser Stelle deutlich widersprechen. Insgesamt verfügt Deutschland über ein ausdifferen- ziertes Hilfesystem für gewaltbetroffene Frauen. Ich möchte – neben den Frauenhäusern und Beratungsstel- len, die wir in Deutschland haben und an denen vor Ort hervorragende Arbeit geleistet wird – einige Punkte ex- emplarisch nennen. Im März 2013 startete das Hilfetelefon für von Ge- walt betroffene Frauen. Unter der bundeseinheitlichen Rufnummer 08000 116 016 kann sich jede Frau an diese Beratungsstelle wenden und bekommt dort kostenlos, anonym und vertraulich Rat durch erfahrene Fachkräfte. Wichtig ist, dass sich auch Frauen beraten lassen kön- nen, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind, da Dolmetscherinnen zur Verfügung stehen, die zeitnah zu- geschaltet werden können. Damit wurde eine wesentli- che Maßnahme des Aktionsplanes II zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen umgesetzt. In diesem Frühjahr soll hierzu der zweite Bericht vorgestellt werden. Ein ebenfalls wichtiger Punkt ist das Gesetz zur Be- kämpfung von Zwangsheirat, das ebenfalls in der ver- gangenen Legislaturperiode in Kraft getreten ist. Und natürlich das Prostituiertenschutzgesetz, das der- zeit überarbeitet und verbessert wird. Persönlich wichtig ist mir besonders der gesamte Be- reich der „Häuslichen Gewalt“ – meist ein Tabuthema. Im Hinblick darauf möchte ich darauf verweisen, dass seit 1997 Vergewaltigung auch in der Ehe strafbar ist. Frauen mit Behinderungen haben einen besonderen Hilfebedarf, da sie überdurchschnittlich häufig von Ge- walt betroffen sind. Hierzu sind beispielsweise in Bayern im Januar 2014 zwei Projekte gestartet worden. Zum einen eine zentrale, barrierefreie Service-Homepage mit Informationsmate- rial für Frauen mit verschiedenen Behinderungen, Fort- bildungen für Beraterinnen in Frauenhäusern und Notru- fen zur Thematik „Gewalt und Behinderung“. Zum zweiten werden Frauenbeauftragte in Einrich- tungen der Behindertenhilfe ausgebildet, um als kompe- tente Ansprechpartnerinnen für andere Frauen in der Einrichtung zur Verfügung zu stehen. Auch das Thema Menschenhandel ist seit langem Schwerpunkt der Politik der Bundesregierung. Bereits 1997 wurde die „Bund-Länder-Arbeitsgruppe Frauen- handel“ ins Leben gerufen. Ziel war es, Maßnahmen zur Bekämpfung des Menschenhandels zum Zweck der se- xuellen Ausbeutung besser abstimmen zu können. Seit November 2012 heißt diese Gruppe „Bund-Länder-Ar- beitsgruppe Menschenhandel“; sie hat schon zahlreiche Verbesserungen zugunsten der Opfer erreicht. Auch in diesem Bereich sind für die Legislaturperiode gesetzli- che Verbesserungen geplant. Was die Umsetzung der entsprechenden Europarats- konvention angeht, so ist dies genauso bei den zuständi- gen Stellen in Arbeit wie die Umsetzung der sogenann- ten Istanbul-Konvention. Noch im letzten Jahr wurde vom Kabinett ein Gesetzentwurf auf den Weg gebracht, mit dem deutliche Verbesserungen des Aufenthaltsrechts für Opfer von Menschenhandel erreicht werden soll. Wir nehmen in der Koalition unsere Verantwortung auch in diesem Bereich sehr ernst. Ein wirkungsvoller Schutz ist aber nur dann möglich, wenn wir gemeinsam mit den Ländern und Kommunen an Lösungen arbeiten und das geltende Recht fortentwickeln, um den Schutz von Frauen und Kindern weiter zu verbessern. Dies war über die letzten Jahre und Jahrzehnte der Fall und wird auch weiterhin so bleiben. Mit den Aktionsplänen I und II der Bundesregierung wurden hierzu bereits erfolgreich Grundlagen geschaffen. Abschließend möchte ich heute die Gelegenheit nut- zen, all denjenigen zu danken, die sich hauptberuflich oder ehrenamtlich für Frauen und Kinder in den Bera- tungsstellen, in den Frauenhäusern sowie im eigenen persönlichen oder gesellschaftlichen Umfeld einsetzen. Sie alle erfüllen eine sehr wichtige Aufgabe. Dr. Fritz Felgentreu (SPD): Zehn Jahre lang war ich Mitglied eines Landesparlaments, des Abgeordneten- hauses von Berlin – übrigens in einer erfolgreichen rot- roten Koalition. In dieser Zeit habe ich es öfter erlebt, dass eine Oppositionsfraktion versuchte, Probleme Ber- lins dadurch zu lösen, dass sie bundespolitische Anträge einbrachte, nach dem Motto: Der Senat soll sich dafür einsetzen, dass die Bundesregierung Gutes tut oder der Bundestag ein tolles neues Gesetz macht. Die Mehr- heitsfraktionen haben solche Anträge auch dann abge- lehnt, wenn wir als Koalition das Anliegen richtig fan- den – weil wir entweder unsere Befugnisse nicht überschreiten wollten oder weil wir den Senat nicht ei- gens zu einer Politik auffordern wollten, die er sowieso auch von sich aus schon verfolgte. Heute erlebe ich es zum ersten Mal anders herum: Die Linke bringt einen Antrag ein, dessen Kernforderung nur auf Landesebene erfüllt werden kann, weil das, was Sie wollen, in der Zuständigkeit der Länder liegt. Der Lin- ken geht es um Zufluchtsorte und Beratung für Frauen und ihre Kinder, die von Gewalt betroffen oder bedroht sind. Um sicherzustellen, dass jede Frau, die auf Zu- flucht in einem Frauenhaus angewiesen ist, auch wirk- lich einen Platz findet, fordern Sie, den Frauen und ihren Kindern einen Rechtsanspruch auf Schutz und Hilfe zu gewähren. Das ist ein ehrenwertes Anliegen. Das von Ih- nen beschriebene Ziel teilen sicherlich alle Fraktionen des Bundestages. Der Weg, den Sie dazu beschreiten wollen, ist aber nicht der richtige, weil Sie vorhandene Probleme auf der falschen Ebene zu lösen versuchen. Denn die Frage, wie viele Plätze in Frauenhäusern wir an welchem Ort vorhalten müssen, können wir auf Bun- desebene nicht beantworten. Diese Planung ist Aufgabe der Länder, die näher an den Problemen dran sind und besser einschätzen können, wo wir als Gesellschaft bes- ser werden müssen, um Frauen und Kinder vor Gewalt zu schützen. Der entscheidende Punkt, an dem Sie ansetzen, ist un- bestritten: Wenn das Jahr 2011 repräsentativ ist, dann weisen Frauenhäuser jährlich in etwa 9 000 Fällen Hilfe Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 16. Januar 2015 7689 (A) (C) (D)(B) suchende Frauen ab. Das ist eine große Zahl. Deshalb haben Sie recht, wenn Sie fordern, dass wir uns hier da- mit auseinandersetzen, wie wir das Hilfesystem verbes- sern. Falsch ist allerdings Ihre Annahme, wir könnten das Problem mit mehr Plätzen und einem Rechtsanspruch schnell lösen. Denn der Bericht der Bundesregierung zur Lage der Frauenhäuser zeigt ja auch: Die Auslastung die- ser unverzichtbaren Zufluchtsorte ist überall in Deutsch- land starken Schwankungen ausgesetzt. Mal sind sie über- füllt, mal stehen die selben Häuser teilweise leer. Deshalb bedeuten die 9 000 Fälle, in denen bestimmte Frauenhäuser Frauen nicht aufnehmen können, auch nicht, dass diese Frauen wirklich keine Zuflucht finden. Der Bericht der Bundesregierung geht vielmehr da- von aus, dass grundsätzlich jede Frau in einem Frauen- haus aufgenommen wird, wann immer sie diesen Schutz braucht – nur eben nicht immer in dem Frauenhaus, das Ihrem Wohnort am nächsten liegt oder an das sie sich zu- erst gewendet hat. Es geht also vor allem um Fragen der Steuerung und der Planung, nicht um einen Rechtsanspruch. Und um diese Fragen müssen sich die Länder und Kommunen kümmern – weil sie es am besten können und weil ihnen eben deswegen in unserer föderalen Ordnung diese Auf- gabe auch übertragen worden ist. Ein Bundesgesetz ist auch nach Einschätzung der Familienministerkonferenz nicht erforderlich. Weil wir gerade bei den rechtspolitischen Fragen sind, die Ihr Antrag aufwirft, lassen Sie mich noch kurz darauf eingehen, warum Deutschland die Istanbul-Kon- vention noch nicht ratifiziert hat. Diese Europaratskon- vention regelt ein europäisches Übereinkommen zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen – ein großer Wurf, zu dem Deutschland sich durch die Un- terzeichnung schon im Mai 2011 bekannt hat. Wir müssen die Konvention natürlich unbedingt rati- fizieren, und zwar so schnell wie möglich. Nach deut- schem Recht werden solche internationalen Vereinbarun- gen aber erst dann ratifiziert, wenn sie vorher vollständig umgesetzt worden sind. Und dabei sind wir auf einem guten Weg, aber noch nicht ganz am Ziel. Die letzte Änderung des Strafrechts ist noch vor Weihnachten auch vom Bundesrat beschlossen worden. Damit sind zwei wichtige Vorschriften der Istanbul-Kon- vention, nämlich die Artikel zur Gerichtsbarkeit und zu längeren Verjährungsfristen bei sexuell motivierter Ge- walt, deutsches Recht geworden. Trotzdem können wir die Istanbul-Konvention erst dann ratifizieren, wenn geklärt ist, ob sie weitere Geset- zesänderungen zum Beispiel im Strafrecht und im Auf- enthaltsrecht erforderlich macht. Diese Fragen werden in den zuständigen Ministerien, federführend im Justiz- ministerium, geprüft. Die Ergebnisse dieser Prüfung müssen wir abwarten, bevor wir einen Schlusspunkt un- ter den Istanbul-Prozess setzen können. Die Koalition hat sich in ihrem Gründungsvertrag dazu bekannt, Gewalt an Frauen und Kindern zu be- kämpfen und Lücken im Hilfesystem zu schließen. Wir werden uns dieser Verantwortung stellen, damit Frauen, die Hilfe suchen, in Zukunft möglichst auf Anhieb den Zufluchtsort haben, den sie brauchen. Wir begrüßen es, dass die Familienministerkonferenz beschlossen hat, eine länderübergreifende Arbeitsgruppe einzusetzen, an der sich das Bundesministerium beteili- gen wird. Die Arbeitsgruppe wird die regionalen Unter- schiede analysieren und Vorschläge machen, wie wir es hinkriegen, dass Beratung und Schutz überall so vorhan- den sind, wie die Frauen und ihre Kinder sie brauchen. Die SPD-Fraktion unterstützt Ministerin Schwesig in ih- rer Absicht, dazu möglichst noch in diesem Jahr ein Mo- dellprojekt auf den Weg zu bringen. Lassen Sie uns den Antrag der Linken zum Anlass nehmen, in dieser Richtung weiterzudenken. Wenn wir dazu kein Gesetz zu ändern brauchen, umso besser! Gülistan Yüksel (SPD): Gewalt gegen Frauen, sie passiert täglich, zu Hause, am Arbeitsplatz, in der Öf- fentlichkeit oder im Internet. Betroffene Frauen benöti- gen deshalb Sicherheit, Schutz, Unterstützung und Ver- trauen, denn ihr Weg in ein gewaltfreies Leben ist nicht einfach. Wir alle wissen um die Missstände und Pro- bleme in den Frauenhäusern. Barrierefreiheit, die Be- treuung und Versorgung der Kinder, welche die Frauen mitbringen und die wie ihre Mütter oftmals unter psychi- schen Belastungen leiden. Auch die erschwerten Bedin- gungen für Studentinnen oder Frauen mit Migrationshin- tergrund sind Punkte, an denen noch intensiv gearbeitet werden muss. Die Probleme sind tiefgreifend. Mit einem individuel- len Rechtsanspruch auf Hilfe und Schutz allein wäre es nicht getan. Dabei ginge es dann nämlich auch um die Frage, ob eine Frau den notwendigen Nachweis erbrin- gen könnte, um den Rechtsanspruch überhaupt geltend machen zu können. Zu Recht wurde von Sachverständi- gen darauf hingewiesen, dass ein Rechtsanspruch Nach- weispflichten mit sich bringen würde, welche für Frauen, die Gewalt erfahren mussten, eine hohe Hürde bedeuten. Ich möchte ausdrücklich daran erinnern, dass die Hauptverantwortung bei den Ländern liegt. So obliegt der Bereich des Gewaltschutzes dem Ordnungsrecht und fällt somit grundsätzlich in die Kompetenz der Länder – ebenso wie die Finanzierung des Frauenunterstützungs- systems. Das Wissen um die konkreten Bedürfnisse er- laubt es örtlichen Akteuren, besser die notwendigen Maßnahmen zu erkennen und eine bedarfsgerechte Inf- rastruktur vor Ort zu gewährleisten. Diese Einschätzung teilen auch die Länder. In dem Antrag der Linken kom- men diese Aspekte zu kurz. Man darf auch nicht vergessen, dass die Länder be- reits verschiedene Wege eingeschlagen haben, angepasst an die jeweiligen Gegebenheiten vor Ort. Bei Vorgaben durch den Bund befürchten diese eine Verschlechterung ihrer Situation. Der Bund ist sich seiner Verantwortung aber bewusst – Die im Koalitionsvertrag festgeschriebe- nen Punkte bleiben das Ziel. 7690 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 16. Januar 2015 (A) (C) (D)(B) Das Thema der Frauenhausfinanzierung ist wichtig, sollte aber nicht ausschließlich im Vordergrund stehen. Es geht um das Gesamtsystem der Hilfeleistungen für die von Gewalt betroffenen Frauen und deren Kinder. Insgesamt haben wir in Deutschland ein dichtes Netz an Unterstützungsangeboten und Einrichtungen, die be- troffenen Frauen Hilfestellungen bieten. Zu den Frauen- häusern kommen rund 750 Fachberatungsstellen sowie Telefon- und Onlineberatung hinzu. Sie bieten den Frauen eine erste Anlaufstelle in ihrer Notsituation und stehen ihnen zur Seite. Wir als SPD setzen uns dafür ein, dass Beratungsstel- len und andere Hilfsangebote weiter ausgebaut werden und damit das Hilfenetz insgesamt gestärkt wird. Ich sage auch ganz klar: Die SPD Fraktion steht für eine be- darfsgerechte und bundesvereinheitlichte Finanzierung der Frauenhäuser. Die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, an der sich auch der Bund im Rahmen seiner Möglichkeiten und Kompetenzen bereits beteiligt, aber: Dies ist aus- baufähig, und wir arbeiten weiter daran. Die letzte Gleichstellungs- und Frauenministerkonfe- renz hat zum Thema „Betreuung und Beratung für ge- waltbetroffene Frauen und deren Kinder“ im Oktober ein länderoffenes Arbeitsgremium unter Beteiligung des Fa- milienministeriums ins Leben gerufen. Der Bund wurde außerdem gebeten, in Kooperation mit den Ländern und Kommunen ein Modellprojekt durchzuführen. Dieses soll untersuchen, wie eine bedarfsgerechte Ausstattung bezüglich Beratung und Schutz in einzelnen Regionen aussehen könnte. Ich freue mich, dass dieses Modellpro- jekt in dieser Legislaturperiode in Angriff genommen wird. Aus den gewonnenen Erkenntnissen sollen kon- krete Vorschläge entstehen, welche den Teilnehmern der Konferenz als Beratungs- und Beschlussgrundlage die- nen werden. Weiterhin möchte ich darauf hinweisen, dass die Is- tanbul-Konvention bereits teilweise umgesetzt ist und in dieser Legislaturperiode ratifiziert wird. Die Europarats- konvention zu Menschenhandel ist schon ratifiziert. Un- ter Federführung von Minister Heiko Maas wird derzeit ein Gesetzentwurf zur Umsetzung der Europarichtlinie zu Menschenhandel vorbereitet. Außerdem liegt dem Bundesrat der Gesetzentwurf zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vor. Dieser bringt für Opferzeuginnen des Menschenhandels deutli- che Verbesserungen bezüglich ihres Aufenthaltsrechts. Immer noch spielt sich viel Leid im Verborgenen ab. Das Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“, das es nun seit rund eineinhalb Jahren gibt, wurde im ersten Jahr über 47 000-mal gewählt. Die Dunkelziffer von Frauen, die sich weiterhin nicht trauen, Hilfe in Anspruch zu neh- men, ist aber immer noch zu hoch. Deshalb möchte ich am Ende meiner Rede die Möglichkeit nutzen, um an alle Bürgerinnen und Bürger zu appellieren: Schauen Sie nicht weg! Denn dort wo Verantwortungsbewusstsein und Mitgefühl für einander vorherrschen, wird Gewalt vorgebeugt. Cornelia Möhring (DIE LINKE): Warum dieser Ta- gesordnungspunkt zur Lage der Frauenhäuser zu diesem Zeitpunkt – obwohl wir doch gerade eine interne Anhö- rung im Ausschuss hatten und auch die Konferenz der Frauen- und Gleichstellungsministerinnen sich am 1. und 2. Oktober 2014 mit dem Thema befasst hat? Die brisante Lage der Frauenhäuser und noch mehr die Frauen und Kinder, die diesen Schutzraum brauchen, verlangen es aus meiner Sicht, das Thema immer wieder öffentlich zu diskutieren, um endlich ins Handeln zu kommen. Vor fast einem Jahr wurde in Brüssel die Studie zur Gewalt gegen Frauen vorgestellt. Wir alle sind zu Recht entsetzt über das Ausmaß der Gewalt – auch in unserem Land. Nun benötigen nicht alle Opfer von Gewalt einen Frauenhausplatz. Sie brauchen aber ein gut funktionie- rendes Hilfesystem. Auch dazu gibt es viel zu tun, und auch dieses sollte in naher Zukunft hier Thema werden. Heute geht es zuerst um die Frauenhäuser. Frauen, die Schutz in einem Frauenhaus suchen, sind auf der Flucht. Sie fürchten um ihr Leben, ihre Gesundheit, um das see- lische Wohl ihrer Kinder. Der Entschluss, in ein Frauenhaus zu gehen, bedeutet, alles zurückzulassen: Hab und Gut, das gewohnte Um- feld, auch das, was am bisherigen Leben gut war. Das ist für viele von uns kaum vorstellbar und für die betroffe- nen Frauen ein sehr schwerer Schritt. 6 800 Plätze für Frauen gibt es zurzeit – in 353 Häu- sern und 40 Zufluchtswohnungen. Jährlich suchen aber 15 000 bis 17 000 Frauen mit ihren Kindern Schutz in Frauenhäusern und Zufluchtswohnungen. Wir reden also über circa 34 000 Personen, für die entsprechend Raum und Betreuung vorgehalten werden müsste. Wir wissen: Der Bedarf wird eher wachsen, und das Angebot ist alles andere als bedarfsgerecht. Und das darf nicht sein. Wir brauchen eine flächendeckende Versorgung, un- bürokratische Zugänge, Barrierefreiheit. Denn Frauen mit Behinderungen sind noch stärker von Gewalt betrof- fen, aber es gibt kaum Einrichtungen, die diesem Um- stand gerecht werden. Ich vermute, dass die große Mehrheit im Hause sich in vielen Punkten einig ist, darin, dass das Ausmaß der Gewalt viel zu groß ist, darin, dass das Angebot an Plät- zen schlicht nicht ausreicht und es einen unbürokrati- schen Zugang für Betroffene geben muss. Politik ist al- lerdings nicht sonderlich nützlich, wenn sie bei verbaler Zustimmung stehen bleibt. Es muss auch lösungsorien- tiert gehandelt werden. Und genau an dieser Stelle setzt meine Kritik am zö- gerlichen Vorgehen der Bundesregierung an. Es wird wieder viel geredet, evaluiert und festgestellt – dabei müsste es endlich mit Volldampf losgehen, damit end- lich alle Frauen und Kinder, die einen Platz brauchen, auch einen bekommen. Dazu muss die Finanzierung ge- regelt werden, und zwar bundeseinheitlich – in allen Ländern gleich. Es geht um die Herstellung einheitlicher Lebensverhältnisse, und das ist eine Bundesangelegen- heit. Die Länder und Kommunen dürfen nicht damit Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 16. Januar 2015 7691 (A) (C) (D)(B) alleine gelassen werden – und vor allem nicht die betrof- fenen Frauen und die Mitarbeiterinnen der Schutzein- richtungen. Zur bundeseinheitlichen Finanzierung liegen bereits einige Vorschläge vor. Beispielsweise ein „3-Säulen- Modell“, nach dem Bund – Land – Kommune gemein- sam finanzieren. Unverzügliches Handeln ist angesagt. Wir fordern Sie auf, einen Gesetzentwurf vorzulegen, in dem der Rechtsanspruch auf sofortigen Schutz und um- fassende Hilfe so geregelt ist, dass er folgende Bedin- gungen erfüllt: Er muss unabhängig vom Einkommen, unabhängig vom Aufenthaltstitel, unabhängig vom Her- kunftsort und unabhängig von gesundheitlichen Ein- schränkungen oder Behinderungen gelten. Eine einzel- fallunabhängige und bedarfsgerechte Finanzierung des Schutz- und Hilfesystems bei Gewalt gegen Frauen sollte unser gemeinsames Ziel sein. Ulle Schauws (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Frau- enhäuser sind eine zentrale Säule beim Schutz von Frauen vor Gewalt. Für Frauen in Not sind sie eine wich- tige Anlaufstelle, weil sie hier Sicherheit finden, oft auch mit ihren Kindern. Es sind Orte, wo Bedrohung, Angst und Gewalt vor der Tür bleiben. Tatsache aber ist, dass wir seit den knapp 40 Jahren, in denen es Frauenhäuser gibt, nach wie vor über eine mangelnde Finanzierung sprechen. Tatsache ist, dass wir immer noch über bundesweit uneinheitliche Standards und Lücken im System spre- chen und es vom Bundesland abhängt, wie schnell Frauen Hilfe erhalten. Tatsache ist, dass wir uns ein großes Defizit leisten bei effektivem Schutz für Frauen. Das ist, mit Verlaub, ein Skandal! Laut einer Studie der Europäischen Grundrechteagen- tur von 2014 war jede dritte Frau in Deutschland schon einmal Opfer von körperlicher oder sexueller Gewalt. Jedes Jahr fliehen in Deutschland etwa 34 000 Frauen und Kinder vor häuslicher Gewalt in eines der circa 360 Frauenhäuser. Immer wieder müssen Frauen abge- wiesen werden. Doch die Bundesregierung hat, wie schon ihre Vor- gängerregierung, bislang nichts unternommen, um Frau- enhäuser von Bundesseite zu unterstützen. Zwar wollen Sie laut Koalitionsvertrag „den Schutz und die Hilfe für die Betroffenen gewährleisten und Lü- cken im Hilfesystem schließen“. Das sind bisher aber leere Worte. Ich fürchte, dabei bleibt es. Besonders die Union ist hier sehr still. Um es klar zu benennen: Sie scheuen die Kosten für den Bund und beharren weiter darauf, dass die Länder „gefälligst ihre Aufgaben ordentlich wahrnehmen“. Das ist Ihr Totschlagargument. Wir Grüne wollen, dass die Schwierigkeiten bei der Frauenhausfinanzierung nicht wieder nur zur Kenntnis genommen werden. Wir wollen endlich konkrete Schritte und Lösungen, wie der Bund mit in die Verant- wortung gehen kann. Der bürokratische Aufwand, einen Platz im Frauen- haus zu bekommen, ist oft sehr hoch. Die Mitarbeiterin- nen müssen selbst bei Notfällen aufwendig Formalien prüfen. Darum brauchen wir praktikable Lösungen. Nö- tig ist eine schnelle und sichere Unterbringung für Frauen, und zwar für alle: auch für Studentinnen und Asylbewerberinnen. Das Fachgespräch im November im Frauenausschuss hat klar gezeigt: Viele Frauenhäuser und auch Frauenbe- ratungsstellen sind längst am Rande ihrer Kapazitäten angelangt, vor allem personell. Einige mussten bereits schließen. Deshalb sage ich es deutlich: Wir brauchen endlich eine Reform der Frauenhausfinanzierung, die hohe qualitative Standards und eine ausreichende finan- zielle Ausstattung garantiert – bundeseinheitlich und be- darfsgerecht. Wenn Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union, immer wieder verfassungsrechtliche Bedenken wegen der Mischfinanzierung vorschieben, möchte ich Sie an die Lösungsvorschläge der Expertinnen im Aus- schuss erinnern. Demnach wäre zum Beispiel ein soge- nanntes 3-Säulen-Modell, also eine Finanzierung aus Bund, Ländern und Kommunen, durchaus möglich. Was dem im Weg steht, ist Ihr fehlender politischer Wille. Sie haben es in der Hand! Der Europarat und die UN fordern seit Jahren von Deutschland eine Verbesserung der Situation der Frau- enhäuser – und mehr Plätze. Das Beispiel der autono- men Frauenhäuser macht klar: 2013 wurden knapp 5 400 Frauen und ihre Kinder aufgenommen. Aber über 7 700 mussten abgewiesen bzw. verwiesen werden. Darum unterstützen wir den Antrag der Linken auf ei- nen Rechtsanspruch auf sofortigen Schutz. Denn Frauen in Not können nicht länger warten. Das Hilfetelefon für Gewaltopfer ist eine gute Maß- nahme. Aber es ist eben nur ein Baustein im Hilfesys- tem, und das wissen auch Sie von der Regierung. Gewalt gegen Frauen ist kein individuelles, sondern ein gesellschaftliches Problem. Frauen und ihren Kin- dern Hilfe und Schutz zu gewähren, ist ein Menschen- recht und staatliche Verpflichtung. Ich appelliere an Sie als Bundesregierung: Reformie- ren Sie die Finanzierung der Frauenhäuser, sodass Un- terstützung und Schutz gesichert sind, wenn Frauen diese brauchen. Anlage 3 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner 929. Sitzung am 19. De- zember 2014 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Ab- satz 2 des Grundgesetzes nicht zu stellen: 7692 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 16. Januar 2015 (A) (C) (D)(B) – Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes (Arti- kel 91b) – Gesetz über die Feststellung des Bundeshaushalts- plans für das Haushaltsjahr 2015 (Haushaltsge- setz 2015) Der Bundesrat hat hierzu ferner die folgende Ent- schließung gefasst: 1. Der Bundesrat hat in seiner Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2015 (Haushaltsgesetz 2015) seine Erwartung zum Ausdruck gebracht, dass die für den Verkehrsbe- reich bereitgestellten Regionalisierungsmittel er- höht werden und der Ansatz zumindest um die zur Deckung von Kostensteigerungen dringend erforderliche, bisher erfolgte Dynamisierung von 1,5 Prozent aufgestockt wird (vgl. Drucksache 350/14 (Beschluss)). Der Bundesrat nimmt mit Bedauern zur Kenntnis, dass dieser Forderung im Bundeshaushalt 2015 nicht gefolgt wurde. Er weist vor diesem Hinter- grund mit Nachdruck auf den Entwurf eines Ge- setzes zur Änderung des Regionalisierungsgeset- zes hin, dessen Einbringung beim Deutschen Bundestag der Bundesrat am 28. November 2014 beschlossen hat (vergleiche Drucksache 557/14 (Be- schluss)). Der Gesetzentwurf sieht eine aus Sicht des Bundesrates dringend erforderliche Anpas- sung des Ausgangsbetrags der Regionalisierungs- mittel an den nachgewiesenen Bedarf (8,5 Mil- liarden Euro im Jahr 2015) sowie eine Erhöhung der jährlichen Dynamisierungsrate auf 2 Prozent vor. Im Übrigen weist der Bundesrat darauf hin, dass die Regionalisierungsmittel nicht Gegen- stand der Gespräche zur Neuordnung der Bund- Länder-Finanzbeziehungen sind, sieht doch § 5 Absatz 5 Regionalisierungsgesetz eine Revision der Höhe der Mittel zum 1. Januar 2015 vor. 2. a) Die Länder und der Bund tragen eine gemein- same Verantwortung für gute Rahmenbedin- gungen für die Kulturlandschaft in der Bundes- republik Deutschland. Die Länder begrüßen es deshalb, dass im Rahmen der Haushaltsbe- ratungen des Deutschen Bundestages der Kul- turetat erhöht wurde und damit wichtige Im- pulse für die Kulturpolitik gesetzt werden können. b) Die Länder und der Bund eint der Anspruch, durch eine qualitätsorientierte Förderung des Films die außergewöhnliche kulturelle Viel- falt im audiovisuellen Angebot abzusichern und damit auch mittelbar zum Erfolg der deutschen Filmindustrie beizutragen. Kom- plementär zu den Filmförderungen durch die Länder leistet die wirtschaftliche Förderung des bei der Beauftragten für Kultur und Me- dien angesiedelten Deutschen Filmförder- fonds (DFFF) einen wichtigen Beitrag zur deutschen und europäischen Filmkultur. c) Gleichzeitig hat der DFFF maßgeblich zur Verbesserung der Rahmenbedingungen der Medienwirtschaft beigetragen und die inter- nationale Wettbewerbsfähigkeit des Produk- tionsstandortes Deutschland nachhaltig ver- bessert. Der Medienstandort Deutschland zeichnet sich durch eine gute Filminfrastruk- tur und sehr gut ausgebildete Filmschaffende aus. Durch den DFFF ist es gelungen, diese Standortvorteile auszubauen und große inter- national erfolgreiche Filmproduktionen nach Deutschland zu holen. Von dieser Entwick- lung haben zahlreiche Regionen Deutschlands und mittelbar auch der Technologiestandort Deutschland, beispielsweise im Bereich von Postproduktion und Visual Effects, profitiert. Aufgrund der Nachhaltigkeit dieses Engage- ments der Bundesregierung konnte sich Deutsch- land zu einem führenden Standort für große internationale Filmproduktionen in Europa entwickeln. Deutsche Filmproduktionen prä- gen das Deutschlandbild im Ausland positiv mit. d) Der Bundesrat hält es zur Sicherung der Kon- tinuität dieser positiven Entwicklung für wichtig, die finanzielle Ausstattung des DFFF auf einem angemessenen Niveau sicherzustel- len. Daher sieht er die für den Bundeshaushalt 2015 vorgesehene Kürzung um 10 Millionen Euro von 60 Millionen Euro auf 50 Millionen Euro mit Sorge. Im Jahre 2013 lag das Budget des DFFF noch bei 70 Millionen Euro. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass die Mittel für den DFFF im Haushaltsjahr 2016 mindes- tens wieder auf das Niveau von 2014 (60 Mil- lionen Euro) aufgestockt werden sollten, damit die Bundesrepublik Deutschland weiterhin ei- nen Spitzenplatz für nationale und internatio- nale Filmproduktionen einnehmen kann. e) Der Bundesrat geht davon aus, dass die Bun- desregierung in der mittelfristigen Finanz- planung des Bundes den Deutschen Filmför- derfonds über 2017 hinaus grundsätzlich absichert. Es ist wichtig, dass der DFFF auch künftig in seiner Höhe und flexiblen Ausge- staltung ein verlässliches Fundament für viel- fältige deutsche und internationale Filme bil- den kann. 3. Die Gefährlichkeit militärischer Hinterlassen- schaften aus dem Zweiten Weltkrieg mit chemi- schem Langzeitzünder stellt ein unkalkulierbares Gefahrenpotential dar. Stark belastete Länder sind mit der Beseitigung der Rüstungsaltlasten überfordert. Der am 11. Juli 2014 vom Bundesrat beschlossene Entwurf des Rüstungsaltlastenfinanzierungsgeset- zes (BR-Drucksache 282/14 (Beschluss)) soll den unbefriedigenden Zustand der bestehenden Staatspraxis beenden, wonach der Bund den Län- dern nur die Aufwendungen für die Kampfmittel- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 16. Januar 2015 7693 (A) (C) (D)(B) räumung auf Bundesliegenschaften sowie die Bergung und Vernichtung sogenannter reichsei- gener Kampfmittel erstattet. Denn auch der Aus- gleich der enormen, im Zusammenhang mit der Beseitigung von nicht ehemals reichseigenen Kampfmitteln und weiteren Rüstungsaltlasten noch ausstehenden Kosten ist eine gesamtgesell- schaftliche Aufgabe. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung und den Bundestag nachdrücklich, den berechtigten In- teressen der Länder nachzukommen, die notwen- dige Haushaltsvorsorge zu treffen und schnellst- möglich das Gesetz zu beschließen. – Gesetz zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf – Gesetz zur Änderung von Gesetzen über Sonder- vermögen des Bundes – Gesetz zur weiteren Entlastung von Ländern und Kommunen ab 2015 und zum quantitativen und qualitativen Ausbau der Kindertagesbetreuung sowie zur Änderung des Lastenausgleichsgesetzes – Gesetz zur Anpassung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Union und zur Änderung wei- terer steuerlicher Vorschriften – Gesetz zur Änderung der Abgabenordnung und des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung – Gesetz zur Verbesserung der Rechtsstellung von asylsuchenden und geduldeten Ausländern – Fünfundzwanzigstes Gesetz zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (25. BAföGÄndG) – … Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches – Umsetzung europäischer Vorgaben zum Sexual- strafrecht – Fünftes Gesetz zur Verbesserung rehabilitie- rungsrechtlicher Vorschriften für Opfer der poli- tischen Verfolgung in der ehemaligen DDR – Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2012/17/EU in Bezug auf die Verknüpfung von Zentral-, Han- dels- und Gesellschaftsregistern in der Europäi- schen Union – Gesetz zur Änderung von Vorschriften zur Durchführung unionsrechtlicher Vorschriften zur Durchsetzung des Verbraucherschutzes – Gesetz zur Änderung des Erneuerbare-Energien- Gesetzes Ferner hat der Bundesrat hierzu die folgende Ent- schließung gefasst: Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, zeitnah ei- nen Gesetzentwurf vorzulegen, der es Betreibern mehrerer Anlagen, die über eine gemeinsame Mess- einrichtung abgerechnet werden, ermöglicht, auch weiterhin einen Teil des produzierten Stroms direkt zu vermarkten. Begründung: Im EEG 2014 wurde anlässlich der letzten Novelle in § 20 Absatz 2 die Möglichkeit der prozentualen Auf- teilung auf verschiedene Veräußerungsformen ein- schließlich der anteiligen Direktvermarktung aufge- nommen. Ausweislich der Begründung zu § 20 Absatz 2 EEG 2014 (BT-Drucksache 18/1891, S. 201) soll die anteilige Direktvermarktung auch möglich sein, wenn mehrere Anlagen, die über eine gemeinsame Messeinrichtung abgerechnet werden, anteilig direkt vermarkten. Dazu im Widerspruch steht § 25 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 EEG 2014, der die Kombination von Einspeisevergütung und Di- rektvermarktung ausschließt, wenn mehrere Anlagen über eine gemeinsame Messeinrichtung abgerechnet werden. Mit der Anordnung, dass in diesen Fall le- diglich der Monatsmarktwert zu vergüten ist, wirkt die Vorschrift wie eine Sanktion, die für die Betroffe- nen im Einzelfall wirtschaftlich existenzbedrohend sein kann. Aufgrund der unterbliebenen redaktionellen Folgen- anpassung in § 25 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 EEG 2014 wurden von Netzbetreibern Förderansprüche betroffener Anlagenbetreiber ab Inkrafttreten des no- vellierten EEG 2014 zum 1. August 2014 reduziert, obwohl die Gesetzesbegründung zum EEG 2014 aus- drücklich vorsieht, die anteilige Direktvermarktung zuzulassen. Um im Gesetzeswortlaut klarzustellen, dass die an- teilige Direktvermarktung auch bei den Anlagen wei- terhin möglich ist, die über eine gemeinsame Mess- einrichtung abgerechnet werden, sollte § 25 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 EEG 2014 gestrichen werden. In diesem Zusammenhang ist von wesentlicher Bedeu- tung, dass die Klarstellung zur zulässigen anteiligen Direktvermarktung bei gemeinsamer Messeinrich- tung rückwirkend zum 1. August 2014 in Kraft tritt, um Vergütungseinbußen betroffener Anlagenbetrei- ber zu vermeiden. – Gesetz zum Vorschlag für einen Beschluss des Ra- tes über einen Dreigliedrigen Sozialgipfel für Wachstum und Beschäftigung und zur Aufhe- bung des Beschlusses 2003/174/EG – Gesetz zu dem Europäischen Übereinkommen vom 27. November 2008 über die Adoption von Kindern (revidiert) – Gesetz zu dem Übereinkommen des Europarates vom 25. Oktober 2007 zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Miss- brauch Zudem hat der Bundesrat in seiner 929. Sitzung am 19. Dezember 2014 gemäß § 3 Absatz 1 Satz 2 Num- mer 3, Satz 5 und 6 des Standortauswahlgesetzes Sena- tor Andreas Geisel (Berlin) als Nachfolger des ausschei- denden Regierenden Bürgermeisters Michael Müller (Berlin) und Ministerin Anja Siegesmund (Thüringen) als Nachfolgerin des ausscheidenden Ministers a. D. Jürgen Reinholz (Thüringen) zu stellvertretenden Mit- 7694 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 80. Sitzung. Berlin, Freitag, den 16. Januar 2015 (A) (C) (D)(B) gliedern der „Kommission Lagerung hoch radioakti- ver Abfallstoffe“ gewählt. Die folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass sie gemäß § 80 Absatz 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absehen: Auswärtiger Ausschuss – Unterrichtung durch die Bundesregierung Fortschrittsbericht zur Lage in Afghanistan 2014 einschließlich einer Zwischenbilanz des Afghanistan-Engagements Drucksache 18/3270 Innenausschuss – Unterrichtung durch die Bundesregierung Fünfter Versorgungsbericht der Bundesregierung Drucksachen 17/13590, 18/641 Nr. 10 Haushaltsausschuss – Unterrichtung durch die Bundesregierung Haushaltsführung 2014 Mitteilung gemäß § 37 Absatz 4 der Bundeshaushalts- ordnung über die Einwilligung in eine überplanmäßige Ausgabe bei Kapitel 16 06 Titel 893 01 – Prämien nach dem Wohnungsbau-Prämiengesetz Drucksachen 18/3159, 18/3363 Nr. 1.2 – Unterrichtung durch die Bundesregierung Haushaltsführung 2014 Mitteilung gemäß § 37 Absatz 4 der Bundeshaushalts- ordnung über die Einwilligung in eine überplanmäßige Ausgabe bei 10 01 Titel 636 01 – Zuschüsse für die Al- terssicherung der Landwirte – bis zur Höhe von 26,5 Mio. Euro Drucksachen 18/3371, 18/3482 Nr. 1.1 – Unterrichtung durch die Bundesregierung Haushaltsführung 2014 Mitteilung gemäß § 37 Absatz 4 der Bundeshaushalts- ordnung über die Einwilligung in eine überplanmäßige Offsetdruc Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Te Ausgabe bei Kapitel 10 01 Titel 636 04 – Zuschüsse zur Krankenversicherung der Landwirte – bis zur Höhe von 16,5 Mio. Euro Drucksachen 18/3510, 18/3617 Nr. 6 Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht zur Tätigkeit der Verkehrsinfrastrukturfinan- zierungsgesellschaft im Jahr 2013 Drucksachen 18/3014, 18/3216 Nr.1 Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung zu Ausgangslage und Per- spektiven der Post-2015-Agenda für nachhaltige Ent- wicklung – Gemeinsame globale Herausforderungen, Interessen und Ziele Drucksache 17/14667 (neu) Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden Unionsdokumente zur Kenntnis genommen oder von ei- ner Beratung abgesehen hat. Finanzausschuss Drucksache 18/1393 Nr. A.28 Ratsdokument 8050/14 Drucksache 18/2533 Nr. A.30 Ratsdokument 12031/14 Drucksache 18/3362 Nr. A.6 Ratsdokument 15059/14 Haushaltsausschuss Drucksache 18/3110 Nr. A.9 Ratsdokument 14071/14 Drucksache 18/3110 Nr. A.10 Ratsdokument 14401/14 Drucksache 18/3218 Nr. A.3 Ratsdokument 14433/14 Drucksache 18/3218 Nr. A.4 Ratsdokument 14442/14 Drucksache 18/3477 Nr. A.2 Ratsdokument 15444/14 kerei, Bessemerstraße 83–91, 1 lefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de 22 80. Sitzung Inhaltsverzeichnis TOP 18 Nationaler Bildungsbericht 2014 TOP 19 Schiedsgerichte in Freihandelsabkommen USA, Kanada TOP 20 EU-Assoziierungsabkommen Ukraine, Georgien, Moldau TOP 21 Abkommen mit Polen über Polizei- und Zollkooperation TOP 22 Schutz für von Gewalt betroffene Frauen und Kinder Anlagen
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Ulla Jelpke


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DIE LINKE.)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)


    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die

    Linke hat überhaupt nichts dagegen, die Sicherheit der
    Bürgerinnen und Bürger in den Grenzregionen zu verbes-
    sern. Das gibt das Bundesinnenministerium ja als Ziel des
    neuen deutsch-polnischen Polizeiabkommens an. Wir ha-
    ben auch nichts dagegen, wenn die Polizisten aus Frank-
    furt/Oder enger mit den Kollegen aus dem benachbarten
    Slubice zusammenarbeiten. Aber ich werde doch sehr
    stutzig, wenn ich im Vertragstext lese – Zitat –:

    Grenzgebiete im Sinne dieses Abkommens sind
    … die Länder Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-
    Vorpommern und der Freistaat Sachsen.

    Herr Staatssekretär, haben Sie sich einmal die Landkarte
    angesehen? Schwerin, Potsdam, Leipzig sind ein ganzes
    Stück von der polnischen Grenze entfernt, und einen
    polnisch-berlinischen Grenzübergang gibt es nicht.

    Aber nicht nur in geografischer Hinsicht ist der Ver-
    trag aus Sicht der Linken viel zu weitgehend. Zum Um-
    fang der polizeilichen Zusammenarbeit gehört nach den
    Plänen der Bundesregierung – dazu haben Sie nichts





    Ulla Jelpke


    (A) (C)



    (D)(B)

    gesagt – auch die Abwehr von Flüchtlingen. Das klingt
    sehr nach Frontex, wenn es dort heißt – ich zitiere –:

    Informationen über die Routen und das Ausmaß il-
    legaler Migration sowie über Migrationsphäno-
    mene …

    sollen ausgetauscht werden. Im Vertragstext wird die
    Flüchtlingsproblematik im Übrigen mit allen möglichen
    Verbrechen auf eine Ebene gestellt: Diebstahl, Waffen-
    schmuggel, um nur einige zu nennen. Doch Flüchtlinge
    sind kein kriminalistisches und polizeiliches Problem;
    sie sind eine humanitäre Herausforderung für uns alle.
    Das sollten wir endlich einmal begreifen.


    (Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Marieluise Beck [Bremen] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])


    Der Vertrag erleichtert den Einsatz von Polizisten bei-
    der Länder bei Großereignissen im jeweiligen Nachbar-
    land. Nun mag es bei internationalen Fußballspielen
    sinnvoll sein, ein paar sprachkundige Polizisten aus dem
    Nachbarland dabeizuhaben. Das gibt es aber auch längst
    ohne dieses Abkommen, über das wir heute diskutieren.
    Hier werden jetzt vielmehr zusätzliche hoheitliche Be-
    fugnisse eingeräumt. Das heißt, ausländische Polizisten
    erhalten das gleiche Recht zum Beispiel zum Schlag-
    stockeinsatz wie die inländischen. Dafür sehen wir über-
    haupt keinen legitimen Bedarf. Wollen Sie polnische
    Polizisten zum Beispiel zum 1. Mai nach Berlin holen,
    wenn hier demonstriert wird? Warum Sie Berlin zu ei-
    nem Grenzgebiet von Polen erklärt haben, müssen Sie
    wirklich einmal erklären. Wir brauchen diese Art von
    Verstärkung nicht und wollen sie auch nicht.

    Ein weiterer, höchst kritischer Punkt ist die Einbezie-
    hung des polnischen Inlandsgeheimdienstes ABW. Der
    ist wie sein deutsches Pendant demokratisch weitgehend
    unkontrollierbar und neigt zu Rechtsbrüchen. Im vergan-
    genen Sommer hat der ABW zum Beispiel die Redak-
    tion einer polnischen Zeitung gestürmt. Er wollte Daten
    über Informanten beschlagnahmen, die heikle Gespräche
    zwischen polnischen Spitzenpolitikern öffentlich ge-
    macht hatten. Von Pressefreiheit scheint der ABW offen-
    bar nicht viel zu halten.

    Und dieser Geheimdienst soll nun per Vertrag das
    Recht bekommen, verdeckte Ermittlungen auch in
    Deutschland durchzuführen?


    (Zuruf von der CDU/CSU: In unserem Interesse!)


    Wir haben damit sehr schlechte Erfahrungen gemacht.
    Ich will hier nur an den Fall des britischen Polizisten
    Mark Kennedy erinnern, der jahrelang in der linken
    Szene gespitzelt hat. Sicher, es gibt andere Phänomenbe-
    reiche, bei denen im Einzelfall durchaus eine verdeckte
    Ermittlung sinnvoll sein kann – aber durch die Polizei
    und nicht durch die Geheimdienste. Wenn dieser Praxis
    hier eine Blankovollmacht erteilt werden soll, lehnen wir
    das strikt ab.


    (Beifall bei der LINKEN)

    Wir sehen generell nicht ein, wieso unsere Polizeibe-
    hörden so eng mit dem polnischen Inlandsgeheimdienst
    kooperieren sollen. Die Linke plädiert dafür, auch in die-
    sem Vertrag das Gebot der Trennung von Polizei und
    Geheimdiensten auf jeden Fall zu berücksichtigen.

    Unterm Strich halten wir fest: Die Bundesregierung
    hat bislang nicht überzeugend klargemacht, warum die-
    ses Abkommen überhaupt notwendig ist. Wir können Sie
    nur auffordern, mit der polnischen Seite nachzuverhan-
    deln. Legen Sie dann einen Vertrag vor, der tatsächlich
    den Interessen der Bevölkerungen beider Länder ent-
    spricht – ohne Geheimdienste und ohne Flüchtlings-
    abwehr.

    Ich danke Ihnen.


    (Beifall bei der LINKEN)




Rede von Dr. h.c. Edelgard Bulmahn
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

Vielen Dank. – Als nächster Redner spricht Wolfgang

Gunkel von der SPD.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Wolfgang Gunkel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Staats-

    sekretär Dr. Krings hat ja schon recht ausführlich da-
    rüber berichtet, welche inhaltlichen Veränderungen
    dieser Gesetzentwurf, welcher jetzt in Form eines Ab-
    kommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland
    und Polen in Kraft treten soll, beinhaltet.

    Ich will zunächst etwas weiter zurückschauen als auf
    das Jahr 2010, als dieser Prozess begann. Ich will zu-
    rückblicken auf das Jahr 2004, und zwar deshalb, weil
    ich vor meiner Zeit als Abgeordneter für die Polizei-
    direktion Görlitz Verantwortung getragen habe. Sie heißt
    heute Görlitz, damals hieß sie Oberlausitz-Niederschle-
    sien, und sie umfasst die gesamte polnische Grenze von
    Bad Muskau über Görlitz bis Zittau. Polen trat 2004 der
    Europäischen Union bei. Gleichzeitig damit fielen auch
    die Kontrollen des Zolls direkt an der Grenze weg, was
    zunächst einmal bedeutet hatte, dass eine Sicherheits-
    kraft bei der Ausübung der Überwachung der Grenze
    fehlte. Das ist dadurch kompensiert worden, dass die
    Zöllner bewegliche Überwachungseinheiten gebildet
    und innerhalb der 30-Kilometer-Zone Überprüfungen
    vorgenommen haben. Es hat sich aber gezeigt, dass dies
    direkt an der Grenze auch zu einigen Überwachungsver-
    lusten geführt hat.

    Hinzu trat drei Jahre später die Übernahme des
    Schengener Vertragswerkes durch Polen, sodass die
    Kontrollen der Bundespolizei, die Hand-in-Hand-Kon-
    trollen, die direkt an der Grenze durchgeführt worden
    sind, wegfielen. Damit wurde das möglich, was wir
    heute praktizieren: Es wurde ein grenzkontrollfreier
    Raum innerhalb Europas geschaffen, in dem sich jeder
    frei bewegen kann. Jeder hat das begrüßt. Jeder hat ge-
    sagt: Das ist hervorragend für die freiheitliche Entwick-
    lung in unseren europäischen Ländern.





    Wolfgang Gunkel


    (A) (C)



    (D)(B)

    Das hat natürlich auch – Staatssekretär Krings hat es
    schon gesagt – zu einigen Nachteilen geführt. Die Kri-
    minalität – da muss ich Ihnen leider widersprechen –
    stieg zunächst an. Der Bundesgrenzschutz und die Bun-
    despolizei haben bei Grenzkontrollen, die auch nur ab-
    gesetzt stattfinden konnten, mehr oder weniger illegale
    Grenzübertritte feststellen können. Das hat sich aber im
    Laufe der Zeit – da gebe ich Ihnen recht – normalisiert
    und ist unter den damaligen Erwartungen geblieben. Ich
    glaube schon, dass dies eine ganz wichtige Erkenntnis
    war, weil parallel dazu die übrige Kriminalität im Grenz-
    gebiet in erheblichem Maße anstieg, was überwiegend
    die Länderpolizeien betraf, in diesem Fall das Land
    Sachsen. In Brandenburg war es ähnlich, jedoch von un-
    terschiedlicher Ausprägung. In Sachsen war es jeden-
    falls so, dass in verstärktem Maße Wohnungseinbrüche
    und Diebstähle von Kfz zu verzeichnen waren.

    Man hat auch feststellen können, dass sich sehr viele
    kriminelle Gruppen gebildet haben, wobei nicht nur die
    Polen die Taten begangen haben, wie immer behauptet
    wird, sondern es waren zu über 60 Prozent Deutsche da-
    ran beteiligt, und sie haben die Straftaten gemeinsam
    verübt. Weil dadurch die Bevölkerung empfindlich in ih-
    rer Sicherheit gestört wurde, war es notwendig, zu ver-
    einbaren, dass man neben der Zusammenarbeit zwischen
    den deutschen Behörden, also Bundespolizei, Landes-
    polizei und Zoll, auch die polnischen Behörden verstärkt
    mit einbinden muss. Man kann nicht sagen, dass wir das
    früher nicht schon gemacht hätten. Sie haben darauf hin-
    gewiesen, dass es gemeinsame Streifen und andere
    Dinge schon vorher gab. Das ist auch richtig. Nur hatten
    wir einige Hindernisse zu überwinden. Darauf möchte
    ich jetzt noch einmal zu sprechen kommen, weil es zeigt,
    weshalb ich diesen Vertrag für so wichtig halte.

    Erstens durften die Streifen, die das jeweils andere
    Land entsandt hatte, keine Waffen und anderen Ausrüs-
    tungsgegenstände mitführen. Man muss sich das so vor-
    stellen: Der eine Polizist läuft voll ausgerüstet Streife,
    und der andere läuft daneben. Man hätte auch sagen kön-
    nen: eine Lachnummer. Ich will es einmal freundlich
    ausdrücken: Die Bevölkerung hat uns gesagt: Ach so,
    das ist ein Auszubildender, der läuft mit. – Als mehr ist
    er nicht eingeschätzt worden. Das war natürlich für ihn
    sehr unschön. Er hat sich nicht wohlgefühlt und wurde
    sowohl auf deutscher wie auf polnischer Seite nicht für
    voll genommen. Das ist natürlich bitter. Die Folge war,
    dass man dazu überging, dies etwas einzugrenzen.

    Über die Autobahnpolizei wurde dies dann als ge-
    meinsame Ermittlungsgruppe aufgewertet, die gemein-
    sam tätig geworden ist und damit auch das genutzt hat,
    was schon angesprochen worden ist: beispielsweise die
    Sprachkenntnisse, wobei die polnischen Polizisten sehr
    viel besser Deutsch sprechen als die Deutschen Polnisch.

    Diese Art der gemeinsamen Streife ist nun in dem
    Abkommen fixiert. Jeweils das Land, das die Führung
    der gemeinsamen Streife stellt, ist für ihre Durchführung
    verantwortlich – das gilt auch für die rechtlichen Ver-
    hältnisse –, sodass nicht jeder Polizist in dem anderen
    Land machen kann, was er will, sondern er sich an die
    rechtlichen Vorschriften des Landes halten muss, in dem
    er tätig ist.

    Die Begleitung von Großereignissen ist hinzugetre-
    ten. Da ist ganz klar der Fußball zu nennen, Ereignisse
    wie die Weltmeisterschaft und die Europameisterschaft
    und Ähnliches. Da hat sich insbesondere 2006 beim Ein-
    satz niederländischer Beamter in Nordrhein-Westfalen
    gezeigt, wie wichtig eine solche Zusammenarbeit sein
    kann. Diese Beamten können dann nicht einschreiten,
    wie sie wollen; derjenige, der den Einsatz führt, hat die
    Rechte festzulegen und zu entscheiden, ob Zwangsmittel
    oder irgendwelche Einsatzmittel angewendet werden.
    Das heißt, derjenige, der jeweils im Gastland tätig ist,
    handelt nicht auf eigene Rechnung, sondern nach dem
    Recht des Gastlandes und nach der Weisung des Betref-
    fenden.


    (Ulla Jelpke [DIE LINKE]: Das ist ja sonst auch so, dass der Einsatzleiter das bestimmt!)


    – So ist es. Ich komme nachher auf die verdeckten Er-
    mittlungen zu sprechen. Auch da ist das so. Da können
    Geheimdienste nicht irgendetwas machen, sondern es
    muss vorher angemeldet werden, genehmigt werden,
    und dann wird es in gemeinsamer Arbeit mit dem betref-
    fenden Land abgewickelt.


    (Ulla Jelpke [DIE LINKE]: Das ändert nichts an unserem Misstrauen den Geheimdiensten gegenüber!)


    – Wenn Sie Misstrauen hegen: bitte schön! Ich sage mal:
    Die Kontrolle ist gewährleistet. Ich sehe da keine Ge-
    fährdungen.


    (Ulla Jelpke [DIE LINKE]: Das ist nicht einmal in Deutschland gewährleistet! Wie kann es dann in Polen gewährleistet sein?)


    Auch Polizeibeamte nehmen verdeckte Ermittlungen
    vor. Sie sind schon bei uns sehr schwer durchzusetzen,
    weil es dort immer rechtliche Grenzen gibt. Aber wenn
    man gemeinsam mit den polnischen Behörden hier in
    Deutschland unter deutscher Aufsicht agiert, sehe ich
    keine Gefahr, dass da schwere rechtswidrige Taten be-
    gangen werden.

    Ein weiterer Punkt, der wichtig ist – das war für mich
    immer wieder bezeichnend –, ist die sogenannte polizei-
    liche Nacheile. Für Leute, die jetzt nicht wissen, was das
    im Einzelnen heißt: Das ist die Strafverfolgung auf fri-
    scher Tat. Wenn die Verfolgung über die Grenze hinweg
    ging, dann fielen bestimmte Rechte weg, die man sonst
    als Polizeibeamter hat, nämlich die der vorläufigen Fest-
    nahme und des Einsatzes anderer Zwangsmittel. Auch
    das wird jetzt mit dem Abkommen geregelt, in dem ganz
    genau festgelegt ist, dass derjenige, der sich auf einer
    Verfolgung befindet, nunmehr in das jeweilige Land hin-
    eindarf und die Maßnahmen alleine durchführen kann,
    es sei denn, dass durch die Information der zuständigen
    Behörde andere Beamte hinzutreten – dann muss man
    sich wieder an die Regeln des Gastlandes halten und ent-
    sprechend verfahren.

    Ich möchte hervorheben, dass das Abkommen im Zu-
    sammenhang mit der Kriminalitätsbekämpfung zu sehen





    Wolfgang Gunkel


    (A) (C)



    (D)(B)

    ist. Sie haben vorhin insbesondere die organisierte Kri-
    minalität angesprochen. An diesem Punkt erlangt das
    Abkommen dadurch Bedeutung, dass man nun gemein-
    same operative Ermittlungsgruppen bilden kann. Wenn
    Verfahren parallel geführt werden, können die Ergeb-
    nisse jetzt zusammengeführt werden. Es kann sein, dass
    auf polnischer oder auf deutscher Seite bestimmte Er-
    mittlungsergebnisse vorliegen, die man vorher nicht ab-
    gleichen konnte. Jetzt kann man dies in gemeinsamen
    Gruppen zusammen abarbeiten. Das finde ich hervorra-
    gend.

    Im Zusammenhang mit dem Informationsaustausch
    ist jetzt hinzugekommen, dass eine ganze Palette von In-
    formationen der jeweils anderen Seite zugespielt wird.
    Dazu gehören Informationen zu Ordnungswidrigkeiten
    und anderen Strafsachen, die bisher nicht bekannt waren.
    Sie werden dann an die jeweils zuständigen Stellen über-
    mittelt.

    Ein wesentlicher Punkt ist das Gemeinsame Zentrum,
    das nun in der polnischen Stadt bei Frankfurt an der
    Oder angesiedelt wird. Dort werden alle entsprechenden
    Behörden – Zollbehörden, Grenzbehörden und Polizei-
    behörden – zusammenarbeiten, um Informationen zu
    sammeln und zu verteilen. In diesem Zusammenhang ist
    natürlich besonders wichtig, dass dies bei grenzüber-
    schreitender Kriminalität auch in Bezug auf Erkennt-
    nisse zum Terrorismus erfolgt. Das wird dann an die ein-
    zelnen Stellen weitergeleitet.

    Ich möchte zum Schluss noch einen Punkt anspre-
    chen. Es ist natürlich so, dass man nur dann polizeilich
    zusammenarbeiten kann, wenn Polizeikräfte da sind. Der
    Bürgermeister eines Grenzortes hat einmal gesagt: Was
    nutzt uns dieses Abkommen, wenn keine Polizisten vor-
    handen sind? – Da muss man an die Länder appellieren,
    in diesem Bereich nicht zu viele Kräfte abzubauen. Aber
    auch der Bund sollte sich noch einmal überlegen, inwie-
    weit gerade in diesem Bereich die Bundespolizei kräfte-
    mäßig ausgedünnt werden soll.

    Es ist meine feste Überzeugung, dass wir mit diesem
    Abkommen eine gute Entwicklung in Gang setzen. Die
    Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Polen wird
    ein Erfolg für die innere Sicherheit sein.

    Vielen Dank.


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)