Plenarprotokoll 18/79
            Deutscher Bundestag
            Stenografischer Bericht
            79. Sitzung
            Berlin, Donnerstag, den 15. Januar 2015
            I n h a l t :
            Glückwünsche zum Geburtstag der Abgeord-
            neten Azize Tank, Barbara Lanzinger und
            Ralf Kapschack . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7473 A
            Begrüßung der neuen Abgeordneten Detlef
            Müller (Chemnitz), Ronja Schmitt und
            Thorsten Hoffmann (Dortmund). . . . . . . . . . 7473 B
            Wahl des Abgeordneten Johann Saathoff als
            ordentliches Mitglied des Beirats bei der
            Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas,
            Telekommunikation, Post und Eisenbah-
            nen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7473 B
            Erweiterung und Abwicklung der Tagesord-
            nung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7473 B
            Absetzung des Tagesordnungspunktes 3 . . . . 7474 A
            Nachträgliche Ausschussüberweisungen . . . . 7474 A
            Gedenken an die Opfer der terroristischen
            Anschläge in Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . 7474 D
            Zusatztagesordnungspunkt 2:
            Abgabe einer Regierungserklärung durch die
            Bundeskanzlerin: anlässlich der Terror-
            anschläge in Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . 7476 B
            Dr. Angela Merkel,
            Bundeskanzlerin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7476 C
            Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 7479 D
            Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/
            DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7481 C
            Thomas Oppermann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 7481 C
            Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/
            DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7483 D
            Volker Kauder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 7485 C
            Dr. Eva Högl (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7488 B
            Gerda Hasselfeldt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 7489 B
            Tagesordnungspunkt 4:
            a) Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und
            SPD: Gesunde Ernährung stärken – Le-
            bensmittel wertschätzen
            Drucksache 18/3726 . . . . . . . . . . . . . . . . . 7490 D
            b) Antrag der Abgeordneten Karin Binder,
            Caren Lay, Dr. Dietmar Bartsch, weiterer
            Abgeordneter und der Fraktion DIE
            LINKE: Gute Lebensmittel für eine ge-
            sunde Ernährung
            Drucksache 18/3730 . . . . . . . . . . . . . . . . . 7490 D
            in Verbindung mit
            Zusatztagesordnungspunkt 3:
            Antrag der Abgeordneten Nicole Maisch,
            Friedrich Ostendorff, Harald Ebner, weiterer
            Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
            NIS 90/DIE GRÜNEN: Gute Ernährung für
            alle
            Drucksache 18/3733 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7491 A
            Christian Schmidt, Bundesminister
            BMEL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7491 A
            Karin Binder (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 7493 B
            Ute Vogt (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7494 D
            Nicole Maisch (BÜNDNIS 90/
            DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7496 A
            Katharina Landgraf (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 7497 D
            Caren Lay (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . 7499 C
            Inhaltsverzeichnis
            II Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 79. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Januar 2015
            Jeannine Pflugradt (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 7500 C
            Nicole Maisch (BÜNDNIS 90/
            DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7501 B
            Harald Ebner (BÜNDNIS 90/
            DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7502 C
            Mechthild Heil (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 7503 D
            Helga Kühn-Mengel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 7505 A
            Alois Gerig (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . 7505 D
            Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/
            DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7507 B
            Alois Gerig (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . 7507 D
            Elvira Drobinski-Weiß (SPD) . . . . . . . . . . . . . 7508 B
            Rudolf Henke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 7509 B
            Tagesordnungspunkt 5:
            Antrag der Abgeordneten Susanna
            Karawanskij, Kerstin Kassner, Klaus Ernst,
            weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE
            LINKE: Bundesverantwortung wahrneh-
            men – Kommunen bei Unterbringung von
            Flüchtlingen und Asylbewerbern sofort
            helfen und Kosten der Unterkunft für
            Hartz-IV-Leistungsberechtigte schritt-
            weise übernehmen
            Drucksache 18/3573 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7510 C
            Susanna Karawanskij (DIE LINKE) . . . . . . . 7510 D
            Marian Wendt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 7512 A
            Susanna Karawanskij (DIE LINKE) . . . . . . . 7512 B
            Axel E. Fischer (Karlsruhe-Land)
            (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7512 D
            Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/
            DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7514 C
            Swen Schulz (Spandau) (SPD) . . . . . . . . . . . . 7516 B
            Kathrin Vogler (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 7518 A
            Swen Schulz (Spandau) (SPD) . . . . . . . . . . . . 7518 B
            Alois Karl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . 7518 C
            Dr. Diether Dehm (DIE LINKE) . . . . . . . . 7519 A
            Ulla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . 7520 C
            Bernhard Daldrup (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 7521 C
            Ingbert Liebing (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 7523 B
            Tagesordnungspunkt 23:
            a) Antrag der Abgeordneten Peter Meiwald,
            Christian Kühn (Tübingen), Annalena
            Baerbock, weiterer Abgeordneter und der
            Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
            Feinstaubemissionen aus Baumaschi-
            nen reduzieren
            Drucksache 18/3554 . . . . . . . . . . . . . . . . . 7525 A
            b) Antrag der Abgeordneten Peter Meiwald,
            Nicole Maisch, Annalena Baerbock, wei-
            terer Abgeordneter und der Fraktion
            BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Mehrweg-
            anteil an Getränkeverpackungen erhö-
            hen
            Drucksache 18/3731 . . . . . . . . . . . . . . . . . 7525 B
            Zusatztagesordnungspunkt 4:
            a) Antrag der Abgeordneten Ulla Jelpke,
            Sevim Dağdelen, Jan Korte, weiterer Ab-
            geordneter und der Fraktion DIE LINKE:
            Deutsche Beteiligung an der EU-Polizei-
            mission in der Ukraine beenden
            Drucksache 18/3314 . . . . . . . . . . . . . . . . . 7525 B
            b) Antrag der Abgeordneten Sabine Leidig,
            Herbert Behrens, Caren Lay, weiterer Ab-
            geordneter und der Fraktion DIE LINKE
            sowie der Abgeordneten Matthias Gastel,
            Cem Özdemir, Harald Ebner, weiterer Ab-
            geordneter und der Fraktion BÜND-
            NIS 90/DIE GRÜNEN: Offene Fragen
            zum Bahnhofsprojekt Stuttgart 21 auf-
            klären
            Drucksache 18/3647 . . . . . . . . . . . . . . . . . 7525 C
            Tagesordnungspunkt 24:
            Beschlussempfehlung und Bericht des Aus-
            schusses für Wirtschaft und Energie zu der
            Verordnung der Bundesregierung: Dritte Ver-
            ordnung zur Änderung der Außenwirt-
            schaftsverordnung
            Drucksachen 18/3257, 18/3363 Nr. 2, 18/3588 7526 A
            Zusatztagesordnungspunkt 5:
            Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion
            DIE LINKE: Griechenlands Zukunft im
            Euro-Raum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7526 A
            Dr. Diether Dehm (DIE LINKE) . . . . . . . . . . 7526 B
            Dr. Michael Meister, Parl. Staatssekretär
            BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7527 C
            Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/
            DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7529 C
            Johannes Kahrs (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7531 A
            Bartholomäus Kalb (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 7532 B
            Andrej Hunko (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 7533 B
            Michael Roth (Heringen) (SPD) . . . . . . . . . . 7534 B
            Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/
            DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7535 B
            Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 79. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Januar 2015 III
            Antje Tillmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 7536 C
            Ewald Schurer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7537 C
            Jürgen Hardt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 7538 C
            Norbert Barthle (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 7539 C
            Tagesordnungspunkt 6:
            Antrag der Bundesregierung: Ausbildungs-
            unterstützung der Sicherheitskräfte der
            Regierung der Region Kurdistan-Irak und
            der irakischen Streitkräfte
            Drucksache 18/3561 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7540 D
            Dr. Frank-Walter Steinmeier, Bundesminister
            AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7541 A
            Christine Buchholz (DIE LINKE) . . . . . . . . . 7542 B
            Dr. Ursula von der Leyen, Bundesministerin
            BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7543 C
            Dr. Frithjof Schmidt (BÜNDNIS 90/
            DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7544 D
            Dr. Alexander S. Neu (DIE LINKE) . . . . . . . 7545 C
            Rainer Arnold (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7545 D
            Philipp Mißfelder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 7547 A
            Florian Hahn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 7548 A
            Tagesordnungspunkt 7:
            Antrag der Bundesregierung: Fortsetzung
            der Entsendung bewaffneter deutscher
            Streitkräfte zur Verstärkung der Integrier-
            ten Luftverteidigung der NATO auf Ersu-
            chen der Türkei und auf Grundlage des
            Rechts auf kollektive Selbstverteidigung
            (Artikel 51 der Charta der Vereinten Na-
            tionen) sowie des Beschlusses des Nord-
            atlantikrates vom 4. Dezember 2012
            Drucksache 18/3698 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7548 D
            Achim Post (Minden) (SPD) . . . . . . . . . . . . . 7549 A
            Sevim Dağdelen (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 7549 D
            Dr. Ralf Brauksiepe, Parl. Staatssekretär
            BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7550 D
            Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/
            DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7552 A
            Thomas Hitschler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 7553 A
            Philipp Mißfelder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 7554 A
            Sevim Dağdelen (DIE LINKE) . . . . . . . . . 7554 C
            Florian Hahn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 7555 C
            Tagesordnungspunkt 8:
            Antrag der Abgeordneten Friedrich
            Ostendorff, Nicole Maisch, Christian Kühn
            (Tübingen), weiterer Abgeordneter und der
            Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Die
            Zukunft der Tierhaltung – Artgerecht und
            der Fläche angepasst
            Drucksache 18/3732 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7556 B
            Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/
            DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7556 C
            Dieter Stier (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . 7557 D
            Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE) . . . . . . . 7559 C
            Christina Jantz (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7560 D
            Thomas Mahlberg (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 7561 D
            Rita Hagl-Kehl (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7563 C
            Tagesordnungspunkt 9:
            Antrag der Abgeordneten Marco Wanderwitz,
            Ute Bertram, Michael Kretschmer, weiterer
            Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU
            sowie der Abgeordneten Siegmund Ehrmann,
            Burkhard Blienert, Marco Bülow, weiterer
            Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Die
            Welt neu denken – Der 100. Jahrestag der
            Gründung des Bauhauses im Jahre 2019
            Drucksache 18/3727 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7564 C
            Ute Bertram (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . 7564 D
            Harald Petzold (Havelland)
            (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7566 A
            Siegmund Ehrmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 7566 D
            Christian Kühn (Tübingen) (BÜNDNIS 90/
            DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7567 D
            Ulrich Petzold (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 7569 A
            Michelle Müntefering (SPD) . . . . . . . . . . . . . 7569 D
            Dr. Astrid Freudenstein (CDU/CSU) . . . . . . . 7570 D
            Tagesordnungspunkt 10:
            Antrag der Abgeordneten Dr. Kirsten
            Tackmann, Caren Lay, Dr. Dietmar Bartsch,
            weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE
            LINKE: Steuerfreie Risikoausgleichsrück-
            lage für Agrarbetriebe ab 2016
            Drucksache 18/3415 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7571 D
            Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE) . . . . . . . 7571 D
            Norbert Schindler (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 7573 A
            Dr. Thomas Gambke (BÜNDNIS 90/
            DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7574 B
            Ingrid Arndt-Brauer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 7575 B
            Fritz Güntzler (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 7576 D
            Rita Stockhofe (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 7578 A
            IV Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 79. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Januar 2015
            Tagesordnungspunkt 11:
            Erste Beratung des von der Bundesregierung
            eingebrachten Entwurfs eines Fünften Geset-
            zes zur Änderung des Vierten Buches
            Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze
            (5. SGB IV-ÄndG)
            Drucksache 18/3699 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7579 C
            Gabriele Hiller-Ohm (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 7579 C
            Matthias W. Birkwald (DIE LINKE) . . . . . . . 7581 A
            Gabriele Schmidt (Ühlingen) (CDU/CSU) . . 7582 A
            Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn
            (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . 7583 A
            Dr. Astrid Freudenstein (CDU/CSU) . . . . . . . 7583 D
            Tagesordnungspunkt 12:
            Antrag der Abgeordneten Claudia Roth
            (Augsburg), Annalena Baerbock, Uwe
            Kekeritz, weiterer Abgeordneter und der
            Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Gip-
            feljahr 2015 – Durchbruch schaffen für
            Klimaschutz und globale Gerechtigkeit
            Drucksache 18/3156 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7584 C
            Claudia Roth (Augsburg) (BÜNDNIS 90/
            DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7584 D
            Peter Stein (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . 7585 C
            Claudia Roth (Augsburg) (BÜNDNIS 90/
            DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7586 D
            Heike Hänsel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 7587 B
            Dr. Bärbel Kofler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 7588 B
            Matern von Marschall (CDU/CSU) . . . . . . . . 7589 B
            Frank Schwabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7590 B
            Tagesordnungspunkt 13:
            Erste Beratung des von der Bundesregierung
            eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur
            Stärkung des Rechts des Angeklagten auf
            Vertretung in der Berufungsverhandlung
            und über die Anerkennung von Abwesen-
            heitsentscheidungen in der Rechtshilfe
            Drucksache 18/3562 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7591 B
            Christian Lange, Parl. Staatssekretär
            BMJV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7591 C
            Halina Wawzyniak (DIE LINKE) . . . . . . . . . 7592 B
            Dr. Patrick Sensburg (CDU/CSU) . . . . . . . . . 7593 A
            Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/
            DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7593 D
            Dirk Wiese (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7595 A
            Dr. Volker Ullrich (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 7595 C
            Tagesordnungspunkt 14:
            Antrag der Abgeordneten Kathrin Vogler,
            Sabine Zimmermann (Zwickau), Jan Korte,
            weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE
            LINKE: Elektronische Gesundheitskarte
            stoppen – Patientenorientierte Alternative
            entwickeln
            Drucksache 18/3574 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7596 B
            Kathrin Vogler (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 7596 C
            Dr. Katja Leikert (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 7597 B
            Maria Klein-Schmeink (BÜNDNIS 90/
            DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7599 B
            Dirk Heidenblut (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7600 B
            Tagesordnungspunkt 15:
            Zweite und dritte Beratung des von der Bun-
            desregierung eingebrachten Entwurfs eines
            Gesetzes zur Änderung des Bundesbeam-
            tengesetzes und weiterer dienstrechtlicher
            Vorschriften
            Drucksachen 18/3248, 18/3748 . . . . . . . . . . . 7601 C
            Tagesordnungspunkt 16:
            Antrag der Abgeordneten Dr. Gerhard Schick,
            Kerstin Andreae, Dr. Thomas Gambke, weite-
            rer Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
            NIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abgeordne-
            ten Richard Pitterle, Susanna Karawanskij,
            Dr. Axel Troost, weiterer Abgeordneter und
            der Fraktion DIE LINKE: Sonderermittler
            zur Aufarbeitung der Cum-Ex-Geschäfte
            einsetzen
            Drucksache 18/3735 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7602 A
            Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/
            DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7602 B
            Olav Gutting (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 7603 B
            Richard Pitterle (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 7604 A
            Lothar Binding (Heidelberg) (SPD) . . . . . . . . 7605 A
            Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/
            DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7606 C
            Lothar Binding (Heidelberg) (SPD) . . . . . . . . 7606 D
            Philipp Graf Lerchenfeld (CDU/CSU) . . . . . 7607 A
            Tagesordnungspunkt 17:
            a) Beschlussempfehlung und Bericht des
            Verteidigungsausschusses zu dem Antrag
            der Abgeordneten Dr. Alexander S. Neu,
            Wolfgang Gehrcke, Jan van Aken, weite-
            rer Abgeordneter und der Fraktion DIE
            LINKE: Einrichtung einer Nelson-
            Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 79. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Januar 2015 V
            Mandela-Stiftungsprofessur für Frie-
            denspolitik und Völkerrecht
            Drucksachen 18/1329, 18/1643 . . . . . . . . . 7607 D
            b) Beschlussempfehlung und Bericht des
            Verteidigungsausschusses zu dem Antrag
            der Abgeordneten Dr. Alexander S. Neu,
            Wolfgang Gehrcke, Jan van Aken, weite-
            rer Abgeordneter und der Fraktion DIE
            LINKE: Henry-Kissinger-Stiftungspro-
            fessur an der Universität Bonn verhin-
            dern
            Drucksachen 18/1330, 18/1642 . . . . . . . . 7608 A
            Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7608 C
            Anlage 1
            Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 7609 A
            Anlage 2
            Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung
            des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung
            des Bundesbeamtengesetzes und weiterer
            dienstrechtlicher Vorschriften (Tagesord-
            nungspunkt 15) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7609 B
            Oswin Veith (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 7609 C
            Matthias Schmidt (Berlin) (SPD) . . . . . . . . 7610 D
            Frank Tempel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 7611 D
            Irene Mihalic (BÜNDNIS 90/
            DIE GRÜNEN). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7612 B
            Anlage 3
            Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung
            der Beschlussempfehlung und des Berichts:
            Einrichtung einer Nelson-Mandela-Stiftungs-
            professur für Friedenspolitik und Völkerrecht
            (Tagesordnungspunkt 17) . . . . . . . . . . . . . . . . 7613 B
            Dr. Karl A. Lamers (CDU/CSU) . . . . . . . . . 7613 B
            Dr. Fritz Felgentreu (SPD) . . . . . . . . . . . . . 7615 A
            Dr. Alexander S. Neu (DIE LINKE) . . . . . . . 7615 D
            Katja Dörner (BÜNDNIS 90/
            DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7616 C
            Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 79. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Januar 2015 7473
            (A) (C)
            (D)(B)
            79. Sitzung
            Berlin, Donnerstag, den 15. Januar 2015
            Beginn: 9.00 Uhr
        
        
        
          
          
        (D)
        Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 79. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Januar 2015 7609
        (A) (C)
        (B)
        Anlagen zum Stenografischen Bericht
        (D)
        Anlage 1
        Liste der entschuldigten Abgeordneten
        Abgeordnete(r)
        entschuldigt bis
        einschließlich
        Aken, Jan van DIE LINKE 15.01.2015
        Alpers, Agnes DIE LINKE 15.01.2015
        Gabriel, Sigmar SPD 15.01.2015
        Gleicke, Iris SPD 15.01.2015
        Gohlke, Nicole DIE LINKE 15.01.2015
        Dr. Harbarth, Stephan CDU/CSU 15.01.2015
        Hupach, Sigrid DIE LINKE 15.01.2015
        Kaczmarek, Oliver SPD 15.01.2015
        Kassner, Kerstin DIE LINKE 15.01.2015
        Kolbe, Daniela SPD 15.01.2015
        Kühn (Dresden),
        Stephan
        BÜNDNIS 90/
        DIE GRÜNEN
        15.01.2015
        Kunert, Katrin DIE LINKE 15.01.2015
        Metzler, Jan CDU/CSU 15.01.2015
        Nouripour, Omid BÜNDNIS 90/
        DIE GRÜNEN
        15.01.2015
        Oßner, Florian CDU/CSU 15.01.2015
        Pfeiffer, Sibylle CDU/CSU 15.01.2015
        Poß, Joachim SPD 15.01.2015
        Schiewerling, Karl CDU/CSU 15.01.2015
        Schimke, Jana CDU/CSU 15.01.2015
        Dr. Steffel, Frank CDU/CSU 15.01.2015
        Strässer, Christoph SPD 15.01.2015
        Wichtel, Peter CDU/CSU 15.01.2015
        Anlage 2
        Zu Protokoll gegebene Reden
        zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur
        Änderung des Bundesbeamtengesetzes und wei-
        terer dienstrechtlicher Vorschriften (Tagesord-
        nungspunkt 15)
        Oswin Veith (CDU/CSU): „Der öffentliche Dienst
        ist die Grundlage einer funktionierenden staatlichen In-
        frastruktur und einer verlässlichen Daseinsvorsorge für
        die Menschen. Das Berufsbeamtentum ist dabei Garant
        einer leistungsfähigen und unabhängigen Verwaltung.“
        So haben wir es im Koalitionsvertrag vereinbart und be-
        kennen uns zu einer demografievorsorgenden Stellen-
        und Personalpolitik.
        Wir dürfen die Zeichen der Zeit nicht ignorieren. Die
        Struktur unserer Gesellschaft verändert sich, und ich
        spreche nicht nur von einer immer älter werdenden Ge-
        sellschaft, sondern auch von einer immer offeneren Ge-
        sellschaft. Wir müssen uns bewusst sein, dass wir auch
        den öffentlichen Dienst an diese Entwicklungen anpas-
        sen müssen. Der öffentliche Dienst ist ein Abbild der
        Mitte der Gesellschaft, und diesem veränderten Bild gilt
        es Rechnung zu tragen. Daher müssen wir – wie auch im
        Koalitionsvertrag verankert – den Anteil der Menschen
        mit Migrationshintergrund im öffentlichen Dienst erhö-
        hen.
        Wir wollen die Rahmenbedingungen für das Berufs-
        beamtentum weiterentwickeln und haben bereits vieles
        getan, um unsere gesteckten Ziele zu erreichen. Im
        Dienstrecht haben wir die Übertragung ehebezogener
        Regelungen im öffentlichen Dienstrecht auf Lebenspart-
        nerschaften beschlossen und den Eintritt in den Ruhe-
        stand flexibler gestaltet. Für unsere Soldaten haben wir
        das Einsatzversorgungs-Verbesserungsgesetz beschlos-
        sen und, um weitere positiven Anreize zu schaffen, das
        Fachkräftegewinnungsgesetz verabschiedet.
        Insbesondere mit Letzterem haben wir eine Reihe
        positiver Maßnahmen auf den Weg gebracht wie zum
        Beispiel den Personalgewinnungszuschlag, die Anerken-
        nung von Erfahrungszeiten, Wehrdienst- und Freiwilli-
        gendienstzeiten, Kinderbetreuungs- und Pflegezeiten oder
        die Einführung einer Verpflichtungsprämie für polizeili-
        che Auslandsverwendungen.
        Unser öffentlicher Dienst bietet ein breites Spektrum
        an Dienstleistungen an. Davon profitieren tagtäglich un-
        sere Bürger und die Wirtschaft. Unsere Beamtinnen und
        Beamten leisten einen elementaren Beitrag zum Ge-
        meinwohl und sichern damit einen unschätzbaren Stand-
        ortvorteil unseres Landes. Es kann nicht oft genug betont
        werden, wie sehr wir diese Leistung schätzen.
        Zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie,
        Pflege und Beruf haben wir die Familienpflegezeit auch
        für Beamtinnen und Beamte eingeführt. Im Zusammen-
        hang damit steht das Familienpflegezeitgesetz, das vom
        Kabinett im Oktober 2014 beschlossen wurde. Die dort
        getroffenen Regelungen zur besseren Vereinbarkeit von
        Familie, Pflege und Beruf werden nach Inkrafttreten des
        Gesetzes auch für die Tarifbeschäftigten des Bundes gel-
        Anlagen
        7610 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 79. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Januar 2015
        (A) (C)
        (D)(B)
        ten. Ob eine Übertragung auf die Bundesbeamten in-
        frage kommt, werden wir sehr sorgfältig prüfen.
        Ich verweise an dieser Stelle auf die inhaltsgleiche
        Anpassung von Dienstbezügen mit dem Bundesbesol-
        dungs- und Versorgungsanpassungsgesetz, welches wir
        erst im Oktober letzten Jahres erneut beschließen konn-
        ten. Mit dieser konsequenten Weitergabe der Tarifergeb-
        nisse setzen wir wichtige Zeichen für unsere Beamten
        als auch für zukünftige Arbeitskräfte und zeigen, dass
        wir unserer Verantwortung als Dienstherr nachkommen.
        Mit dem heute zur Abstimmung stehenden Gesetzent-
        wurf beraten wir abschließend über Neuerungen im Be-
        amtenrecht. Der Gesetzentwurf folgt dabei unserem Ziel,
        den öffentlichen Dienst als attraktiven und modernen
        Arbeitgeber zu gestalten.
        Über welche Änderungen sprechen wir konkret?
        Teilweise sind Regelungen im Bundesbeamtengesetz
        betroffen sowie einzelne dienstrechtliche Vorschriften
        im Bundesbesoldungsgesetz, Altersgeldgesetz, Bundes-
        disziplinargesetz und der Erholungsurlaubsverordnung,
        um die Regelungen an dieser Stelle abschließend zu be-
        nennen. Eingehen möchte ich jedoch zeitbedingt nur auf
        die wichtigsten Änderungen.
        Heute haben wir die Situation, dass (polizei-)dienst-
        unfähige Polizeivollzugsbeamte, mangels geeigneter
        Planstellen in den Ruhestand versetzt werden müssen. Wir
        werden mit der Novellierung des § 44 Absatz 4 Bundes-
        beamtengesetz diesen Beamten eine neue Perspektive er-
        öffnen. Mit der Neuregelung ermöglichen wir den be-
        troffenen Beamten einen Laufbahnwechsel und damit
        eine weitere Verwendung außerhalb des Polizeidienstes.
        Sollte es im Zuge des Stellenwechsels zu Nachteilen bei
        der Besoldung kommen, haben wir einen besoldungs-
        rechtlichen Ausgleich nach § 19 Bundesbesoldungsge-
        setz vorgesehen.
        Ich glaube, es liegt auf der Hand, dass wir es uns in
        Zeiten des demografischen Wandels nicht leisten können,
        prinzipiell dienstfähige Beamte vorzeitig in den Ruhe-
        stand zu versetzen. Nicht nur, dass wir unseren Beamten
        eine lebensphasengerechte Beschäftigung versprechen,
        wir verfolgen auch das Ziel „Rehabilitation vor Versor-
        gung“. Mit der Novellierung werden wir beidem gerecht
        und geben insbesondere unseren Beamten und Beamtin-
        nen im Polizeivollzugsdienst mit den Gesetzesänderungen
        neue berufliche Perspektiven. Die Arbeit der Polizeivoll-
        zugsbeamten in den Vollzugsanstalten ist verbunden mit
        besonderen Herausforderungen. Die Beschäftigten ar-
        beiten nicht selten unter Gefahren für das eigene Leben.
        Wir sind es den Beamten in den Vollzugsanstalten schul-
        dig, dieser besonderen beruflichen Belastung Rechnung
        zu tragen.
        Weiterhin setzen wir die Rechtsprechung des Euro-
        päischen Gerichtshofes und des Bundesverwaltungsge-
        richts um, indem wir Änderungen der urlaubsrechtlichen
        Regelungen vornehmen. Zukünftig wird die Abgeltung
        von Erholungsurlaub, der krankheitsbedingt bis zur Be-
        endigung des Beamtenverhältnisses nicht realisiert wer-
        den konnte, gesetzlich nachvollzogen.
        Mit dem heute zur Abstimmung stehenden Gesetzent-
        wurf entscheiden wir ebenfalls über einen Änderungsan-
        trag der Koalition. Wir nehmen darin die Forderung des
        Bundesrates auf, bei einem doppelten Beamtenverhältnis
        weiterhin die Zustimmung beider Dienstherren einzuho-
        len. Es bleibt somit dabei, dass für die Anordnung der
        Fortdauer des Bundesbeamtengesetzes das Einverneh-
        men beider Dienstherren erforderlich ist.
        Eine Vereinfachung des Wechsels zwischen der Lan-
        des-, Bundes- und europäischen Ebene wäre wünschens-
        wert gewesen, fand jedoch im Bundesrat keine Zustim-
        mung.
        Der Bund als Arbeitgeber ist gefragt und es gilt, ins-
        besondere Jugendliche für die Ausbildungsangebote im
        öffentlichen Dienst zu begeistern. Moderne, attraktive
        und familienfreundliche Arbeitsbedingungen tragen dazu
        bei, unseren öffentlichen Dienst noch attraktiver und da-
        mit demografiefester zu machen. Daneben haben wir uns
        strategische Leitziele gesetzt und verfolgen eine ambi-
        tionierte Demografiestrategie, um den veränderten Al-
        tersstrukturen begegnen zu können.
        Die Beamtinnen und Beamten können sich darauf
        verlassen, dass wir diesen Weg konsequent weiter be-
        schreiten werden. Der zur Abstimmung vorliegende Ge-
        setzentwurf ist ein weiterer Schritt in die richtige Rich-
        tung. Ich werbe daher für eine breite Zustimmung zum
        Gesetzentwurf.
        Matthias Schmidt (Berlin) (SPD): Wir führen das
        Wort „Fachkräftemangel“ in vielen politischen Reden im
        Munde. Dies ist so aktuell wie zutreffend. Doch die we-
        nigsten bedenken beim Fachkräftemangel, dass dieser
        auch im öffentlichen Dienst zunimmt. Unser tradiertes
        Beamtenrecht ist ein Wert an sich, den es in seinem Kern
        zu bewahren gilt. Gleichzeitig muss es aber ständig wei-
        terentwickelt werden. Dies werden wir mit dem vorlie-
        genden Gesetzentwurf tun. Wir machen das gute alte
        Beamtenrecht ein kleines Stück flexibler und auch at-
        traktiver. Auslöser des Gesetzentwurfs war eine am Jah-
        resende 2014 auslaufende Regelung in § 44 des Bundes-
        beamtengesetzes, aber dazu später.
        Der öffentliche Dienst ist beweglich. Das war er in
        der Vergangenheit und ist er heute umso mehr. Unsere
        Beamtinnen und Beamten sind in Landesbehörden und
        Bundesbehörden, im Inland und im Ausland tätig. Sie
        bekleiden wichtige Funktionen auf nationaler, europäi-
        scher und internationaler Ebene. Die Möglichkeit, sich
        versetzen zu lassen, gehört zu den Vorzügen und den
        Notwendigkeiten des Beamtenstatus und schafft dem
        Dienstherrn die Möglichkeit, kompetente Mitarbeiterin-
        nen und Mitarbeiter am Ort des Bedarfs einzusetzen.
        Das war zwar bereits in der Vergangenheit von Bedeu-
        tung, hat aber an Relevanz deutlich gewonnen. Die Per-
        sonalpolitik für Beamtinnen und Beamte ist längst inter-
        national geworden, und so ist es nur folgerichtig, die
        gesetzlichen Rahmenbedingungen dem anzupassen. Das
        wollen wir heute mit dem vorliegenden Gesetzentwurf
        tun.
        Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 79. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Januar 2015 7611
        (A) (C)
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        Entbürokratisierung lautet ein Schlagwort. Lassen Sie
        mich Ihnen kurz darstellen, was damit gemeint ist. Neh-
        men wir an, eine Beamtin wechselt von einer Bundesbe-
        hörde zu einer EU-Institution. Damit das Bundesbeam-
        tenverhältnis nach deutschem Recht weiter fortbestehen
        kann, musste bislang das Einvernehmen der EU-Einrich-
        tung hergestellt werden. In der Vergangenheit hat das
        häufiger zu Schwierigkeiten geführt. Sei es, dass diese
        Bedingung Unverständnis hervorrief oder wegen be-
        fürchteter Loyalitätskonflikte gänzlich abgelehnt wurde.
        Darauf wollen wir heute reagieren.
        Künftig wird das Einvernehmen in diesen Fällen nicht
        mehr nötig sein und die Entscheidung allein von der
        obersten Dienstbehörde getroffen werden können. Damit
        wird das Entsendungsverfahren deutlich beschleunigt.
        Die Gesetzesänderung der Bundesregierung reagiert da-
        mit auf die gestiegene Bedeutung von Personalwechseln
        zu europäischen oder internationalen Organisationen,
        und das ist gut so. Es stärkt unsere Einflussmöglichkei-
        ten und wird auch den berechtigten Wünschen der Be-
        amtinnen und Beamten nach einer Rückkehrmöglichkeit
        gerecht.
        In den Fällen, in denen bei sogenannten Doppelbeam-
        tenverhältnissen Bund und Land oder Kommune beteiligt
        sind, bleibt es jedoch bei der Regelung des Einverneh-
        mens. Damit wollen wir sicherstellen, dass die dienst-
        rechtlichen und versorgungsrechtlichen Folgen zwischen
        den beteiligten Dienstherren bereits im Vorfeld geklärt
        werden. Dies wäre zwar aus unserer Sicht nicht zwin-
        gend notwendig gewesen, wir folgen damit aber gerne
        dem ausdrücklichen Wunsch der Länder.
        Eine weitere Änderung im Bundesbeamtengesetz
        wollen wir zu folgendem Punkt treffen – zur Dienstunfä-
        higkeit. Auch hier will ich Ihnen das an einem Beispiel
        erläutern. Polizistinnen und Polizisten leisten tagtäglich
        eine unschätzbar wichtige Arbeit für unser Land. Dafür
        ist ihnen an dieser Stelle auch ausdrücklich zu danken.
        Einige Beamte werden im Laufe ihrer Dienstzeit aus den
        verschiedensten Gründen polizeidienstunfähig und kön-
        nen den Polizeivollzugsdienst nicht mehr verrichten. Da-
        mit sie jedoch nicht in den Ruhestand versetzt werden
        müssen, war es bis zum 31. Dezember 2014 möglich, bei
        entsprechender Befähigung einen Laufbahnwechsel in
        ein Amt mit niedrigerem Endgrundgehalt vorzunehmen.
        Im Grundsatz wollen wir diese Möglichkeit beibehalten.
        In einigen Punkten ist sie jedoch zu ändern, da sie zu er-
        heblichen personalrechtlichen Problemen führte. Bisher
        konnte der polizeidienstunfähige Beamte lediglich eine
        Stufe unterhalb seines bisherigen Amtes eingesetzt wer-
        den, beispielsweise in der Verwaltung. Dies führte zu ver-
        ständlichen Frustrationen bei den Verwaltungsbeamten,
        denen künftige Beförderungsmöglichkeiten entgingen.
        Darum sollen die betroffenen Kolleginnen und Kollegen
        nun in der gesamten Bandbreite ihrer Laufbahngruppe
        eingesetzt werden können. Wir erweitern damit die Ver-
        setzungschancen und können das Potenzial dieser Men-
        schen weiterhin nutzen. Das bestärkt den Grundsatz der
        Weiterverwendung vor Versorgung. Der finanzielle Aus-
        gleich ist für den Betroffenen ohnehin gesichert. Zudem
        sollen sie künftig ihre alte Amtsbezeichnung mit dem
        Zusatz „a. D.“ weiter führen können. Auch das ist ein
        Fortschritt.
        Lassen Sie mich zu einem weiteren Punkt kommen,
        der für den Wandel im öffentlichen Dienst charakteris-
        tisch ist. Nicht selten werden Funktionen der Personalver-
        waltung auf Dienstleistungszentren übertragen. So wurde
        zum Beispiel die Beihilfebearbeitung zentralisiert. Für die
        Bearbeitung ist es unumgänglich, dass Personalaktenda-
        ten übermittelt werden dürfen. Natürlich sind dabei die
        Grundsätze des Datenschutzes zu beachten. Der Daten-
        schutz ist ein hohes Gut und ebenso hoch zu achten. Mit
        den Änderungen schaffen wir die Grundlage für eine rei-
        bungslose Arbeit der Dienstleistungszentren, und das
        kommt auch den Beschäftigten zugute.
        Kommen wir zu einem weiteren Aspekt, der im Ge-
        setzentwurf prägnant ist. Liebe Kolleginnen und Kolle-
        gen, Sie geben mir bestimmt Recht: Der Erholungsur-
        laub gehört zum Erwerbsleben dazu und ist für eine
        erfolgreiche Arbeit unentbehrlich. Nun kann es durch
        Krankheit oder andere Umstände immer dazu kommen,
        dass der Urlaub nicht in Anspruch genommen werden
        kann. Besonders kritisch ist das, wenn das Beschäfti-
        gungsverhältnis endet. Was passiert dann mit dem nicht
        genommenen Urlaub? Bei Beamtinnen und Beamten gab
        es bislang keine Regelung zur Abgeltung dieser entgan-
        genen Tage. Das haben der Europäische Gerichtshof in
        seinem Urteil 2012 und das Bundesverwaltungsgericht
        2013 kritisiert und eine gesetzliche Regelung gefordert.
        Diesem Anspruch kommt der Regierungsentwurf mit
        den Änderungen zur Erholungsurlaubsverordnung jetzt
        nach. Das wird sowohl dem Richtspruch als auch den
        Beschäftigten gerecht.
        Kleine Änderungen mit großer Wirkung. So sagt es
        ein Sprichwort. Dabei spiegeln die Änderungen im Ge-
        setzentwurf die Änderungen in den Arbeitswelten unse-
        rer Beamtinnen und Beamten wider. Der öffentliche
        Dienst hat Vorbildcharakter und ist eine tragende Säule
        unserer Demokratie. Als Gesetzgeber haben wir dafür
        Sorge zu tragen, dass Veränderungen in den Rahmenbe-
        dingungen einen Widerhall in den Rechtsgrundlagen für
        unsere Beamtinnen und Beamten finden. Das ist für die
        Beschäftigten gut und für die Gesellschaft als Ganzes.
        Ich bitte Sie um Zustimmung zum vorgelegten Gesetz-
        entwurf der Bundesregierung. Meine Fraktion wird ge-
        nau dies tun.
        Frank Tempel (DIE LINKE): Das vorliegende Ge-
        setz versucht, fünf Problemfelder dienstrechtlicher Natur
        durch Änderung des Bundesbeamtengesetzes bzw. des
        Bundesdisziplinargesetzes einer Lösung zuzuführen. Die
        vorgeschlagenen Regelungen zum Personalwechsel zwi-
        schen dem deutschen öffentlichen Dienst und europäi-
        schen und internationalen Institutionen sowie zur Ver-
        meidung der Versetzung in den Ruhestand bei einem
        Laufbahnwechsel aus gesundheitlichen Gründen sind zu
        begrüßen. Die künftige Anwendung des Bundesdiszipli-
        nargesetzes auch für strittige disziplinarische Altfälle
        aus der Zeit vor Einführung des Gesetzes und die damit
        einhergehende Auflösung des zuständigen Disziplinar-
        7612 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 79. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Januar 2015
        (A) (C)
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        senates beim Bundesverwaltungsgericht sind angemes-
        sen, da die Zahl der Fälle stetig abgenommen hat.
        Die Streichung des Einvernehmensvorbehaltes durch
        den neuen Dienstherren vereinfacht einen Wechsel zu
        den genannten Institutionen erheblich.
        Die Möglichkeit des Einstieges in ein Eingangsamt
        einer niederen Laufbahn, wenn aus gesundheitlichen
        Gründen eine Verwendung in einer höheren Laufbahn
        unmöglich wird, ist im Interesse des Dienstherrn als
        auch der Beamtinnen und Beamten.
        Die vorgeschlagene Lösung des Problems der Abgel-
        tung des Erholungsurlaubes bei krankheitsbedingter Be-
        endigung des Beamtenverhältnisses hinterlässt bei uns
        ebenso wie beim Bund Deutscher Verwaltungsrichter
        und Verwaltungsrichterinnen Zweifel, ob damit das an-
        gestrebte Ziel erreichbar ist. Das eingrenzende Tatbe-
        standsmerkmal „wegen vorübergehender Dienstunfähig-
        keit“ ist mit der Richtlinie 2003/88/EG nur schwer in
        Übereinstimmung zu bringen. Es ist ebenso fraglich, ob
        dies der umfangreichen Rechtsprechung des europäi-
        schen Gerichtshofes entspricht.
        Beim Thema der Regelung der Übertragung von Per-
        sonalaktendaten an Dienstleistungszentren sehen wir
        hingegen erhebliche Probleme. Wenn man im Sinne von
        erhöhter Verwaltungseffizienz Personalverwaltung zen-
        tralisiert oder diese kostengünstiger organisiert, werden
        entsprechende Regelungen nicht an uns scheitern. Dies
        muss aber in öffentlichen Einrichtungen erfolgen. Im
        vorliegenden Fall wird allerdings die Tür geöffnet, um
        Möglichkeiten für weitere Privatisierungen zu schaffen.
        Wir lehnen es entschieden ab, dass so hochsensible Da-
        ten, wie Krankheiten, Pflegezeiten bei Angehörigen und
        Verwandtschaftsverhältnisse von Beamtinnen und Be-
        amten in die Hände privater Dienstleister gelangen.
        Auch die vorgesehenen Sicherungsmaßnahmen, so zum
        Beispiel Genehmigungswege, Datenschutzerklärungen
        der Dienstleister oder Kontrollmöglichkeiten durch den
        Datenschutzbeauftragten, können unsere Bedenken nicht
        zerstreuen. Diese Art von Daten gehören einfach nicht in
        die Hände kommerzieller Dienstleister, zumal die Insti-
        tution des Bundesdatenschutzbeauftragten mit seinen
        rund 90 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit einer
        kontinuierlichen und gründlichen Überprüfung verschie-
        denster Dienstleister und Unterdienstleister deutlich
        überfordert sein dürfte.
        Jahrzehntelang ist das Personal im öffentlichen Dienst
        einerseits abgebaut und andererseits mit immer neuen
        Aufgaben überfrachtet worden. Outsourcing und Privati-
        sierung haben nur in den seltensten Fällen zu Kosten-
        effizienz, aber in vielen Fällen zur Umwandlung von
        Arbeitsplätzen des öffentlichen Dienstes zu prekären Ar-
        beitsplätzen im privaten Dienstleistungsgewerbe ge-
        führt. Die vorgeschlagene Regelung ermöglicht solche
        Entwicklungen.
        Deshalb wird die Fraktion Die Linke dem nicht zu-
        stimmen können.
        Irene Mihalic (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die
        Bewertung dieses Gesetzentwurfs auf einen Punkt zu
        bringen, fiel mir nicht leicht, denn hier wurde schließlich
        ein wahres Sammelsurium an Rechtsänderungen in ei-
        nem Gesetz vermischt. Quasi eine beamten- und dienst-
        rechtliche „Resterampe“ wurde uns hier vorgelegt. Aber
        „too little, too late“ trifft es wohl ganz gut.
        Dringend notwendig ist, dass Sie, liebe Kolleginnen
        und Kollegen der Regierungsfraktionen, Ihre große
        Mehrheit nutzen, um das Beamtenrecht und den öffentli-
        chen Dienst umfassend zu reformieren. Baustellen gibt
        es ja genug: Eine umfassende Bestandsaufnahme und
        Aufgabenkritik sind vorzunehmen, die Verwaltung ist zu
        modernisieren, der Anteil von Frauen in Führungsposi-
        tionen ist zu steigern, der Anteil von Migrantinnen und
        Migranten ebenfalls, und den demografischen Heraus-
        forderungen müssen wir uns auch stellen. Doch dieses
        Gesetz zeigt ganz deutlich, dass Ihnen dafür Mut und
        Kreativität fehlen. Sie reagieren statt zu agieren und be-
        treiben Flickschusterei und auch erst dann, wenn die
        Umstände oder europarechtliche Vorgaben Sie dazu nö-
        tigen.
        Ein bekanntes strukturelles Problem in der Praxis ist
        die Weiterbeschäftigung dienstunfähiger Polizeivoll-
        zugsbeamter. Diese Kolleginnen und Kollegen haben
        sich in langen Jahren im Schichtdienst gesundheitlich
        aufgerieben oder sie sind zum Schutz unser aller Sicher-
        heit und für die Wahrung unserer Rechte verletzt worden
        und deshalb dienstunfähig. Ihre Reaktion auf diesen
        Missstand? Sie versetzen die Kolleginnen und Kollegen
        in die Verwaltung. Diese Bemühung ist natürlich dahin-
        gehend löblich, als dass hiermit dem Grundsatz von „Re-
        habilitierung und Weiterverwendung vor Versorgung“
        Rechnung getragen wird. Aber damit handeln Sie erst
        dann, wenn es bereits viel zu spät ist. Wir wissen alle,
        dass der Schichtdienst eine gesundheitliche Belastung
        darstellt. Nicht neu ist ebenfalls die Erkenntnis, dass Prä-
        vention viele Erkrankungen verhindern kann. Schließlich
        hat die Bundesregierung gerade erst ein Präventionsgesetz
        beschlossen. Dass nur eine ausreichende Personaldecke
        das Ausbrennen der Beamten verhindert, ist auch keine
        weltbewegende Offenbarung. Dennoch – in der Praxis
        mangelt es hinten und vorne an der Umsetzung. Wenn
        wir so mit unserer wertvollen Ressource Personal umge-
        hen, brauchen wir uns nicht zu wundern, wenn der öf-
        fentliche Dienst bald kein attraktiver Arbeitgeber mehr
        ist.
        Wenn es denn dann tatsächlich darum geht, zu überle-
        gen, die Arbeit der Behörden effektiver zu gestalten,
        bleibt der Gesetzentwurf merkwürdig vage. Sie schlagen
        vor, eine Rechtsgrundlage dafür zu schaffen, Personalak-
        ten für die Übertragung von Funktionen der Personalver-
        waltung auf Dienstleistungszentren künftig übermitteln
        zu dürfen. Was mir dabei Sorge bereitet, ist, dass auch
        nichtöffentliche Stellen beauftragt werden dürfen und
        sogar Unterauftragnehmer. Dass die Rechte Ihres Perso-
        nals dabei nicht verletzt werden, sichern Sie recht dünn
        mit folgendem Satz ab: „wenn der Auftraggeber die Ein-
        haltung der beamten- und datenschutzrechtlichen Vor-
        schriften durch den Auftragnehmer regelmäßig kontrol-
        liert.“ Wie Sie damit Ihrer Fürsorgepflicht als oberster
        Dienstherr gerecht werden wollen, erschließt sich mir
        nicht. Hier hätte ich mir nicht nur mehr gewünscht, hier
        Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 79. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Januar 2015 7613
        (A) (C)
        (D)(B)
        wäre auch mehr erforderlich gewesen. Das gilt auch für
        den Schutz der Daten des betroffenen Personals.
        Ein letzter Hinweis noch, von dem man meinen sollte,
        er sei überflüssig, doch dieser Gesetzentwurf lehrt ein
        Besseres. Das Beamtenrecht existiert heutzutage nicht
        mehr allein in einer rein innerdeutschen Realität. Das zu
        erkennen und dementsprechend zu handeln, scheint je-
        doch ein schwieriger und langwieriger Prozess zu sein.
        Seit Jahrzehnten ist bekannt, dass deutsche Staatsange-
        hörige in internationalen Institutionen unterrepräsentiert
        sind. Insbesondere in einigen Sonderorganisationen der
        Vereinten Nationen, in Friedensmissionen und in inter-
        nationalen Finanzorganisationen sowie bei der Beset-
        zung von Führungspositionen gibt es Defizite. Das be-
        richtet die Regierung selbst immer wieder, zuletzt in
        ihrem „Dritten Bericht der Bundesregierung zur deut-
        schen Personalpräsenz in internationalen Organisatio-
        nen“. Da muss man sich doch dann fragen, warum Sie
        erst jetzt auf die Idee kommen, die Anordnung der Fort-
        dauer des Bundesbeamtenverhältnisses nicht mehr vom
        Einvernehmen des neuen Dienstherren abhängig zu ma-
        chen, wie es bislang bei einer Beurlaubung für eine Tä-
        tigkeit in internationalen oder europäischen Einrichtun-
        gen notwendig war. Es sorgte dort für Irritationen, und
        Ihnen war bekannt, dass das Einvernehmen teilweise so-
        gar verweigert wurde, zumindest galt es aber als ausge-
        sprochen bürokratisch. Da müssen wir uns vermutlich
        auch nicht mehr wundern, dass die Abgeltung des Min-
        destjahresurlaubsanspruchs bei Krankheit aus der Richt-
        linie 2003/88/EG und nach Urteilen des Europäischen
        Gerichtshofs aus dem Mai 2012 und des Bundesverwal-
        tungsgerichts aus dem Januar 2013 erst im Jahr 2015
        umgesetzt wird.
        Schade, dass Sie mit diesem Gesetzentwurf so weit
        hinter Ihren Möglichkeiten und dem Notwendigen zu-
        rückgeblieben sind.
        Anlage 3
        Zu Protokoll gegebene Reden
        zur Beratung der Beschlussempfehlung und des
        Berichts: Einrichtung einer Nelson-Mandela-
        Stiftungsprofessur für Friedenspolitik und Völ-
        kerrecht (Tagesordnungspunkt 17)
        Dr. Karl A. Lamers (CDU/CSU): Wir beraten heute
        zwei Anträge der Fraktion Die Linke, die zwei verdiente
        Politiker des 20. Jahrhunderts in den Mittelpunkt rücken.
        Die Linke fordert einerseits die Einrichtung einer
        Nelson-Mandela-Stiftungsprofessur für Friedenspolitik
        und Völkerrecht und anderseits die Verhinderung einer
        Henry-Kissinger-Stiftungsprofessur an der Universität
        Bonn.
        Damit bringt die Linke – sicher nicht ungewollt –
        beide Männer in eine Konfrontationsstellung.
        Nelson Mandela war zweifelsfrei eine der überragen-
        den politischen Persönlichkeiten unserer Zeit. Viele Jahre
        hat er für seine Überzeugungen im Gefängnis gesessen
        und entscheidenden Anteil daran gehabt, das menschen-
        verachtende Apartheidregime in seiner Heimat zu Fall
        zu bringen.
        Über Nelson Mandela streite ich mit Ihnen nicht. Er
        war eine herausragende Persönlichkeit, und es war mir
        eine besondere Ehre, ihm am 22. Mai 1996 bei seinem
        Besuch in Bonn persönlich zu begegnen.
        Aber eigentlich geht es Ihnen doch gar nicht um
        Nelson Mandela. Ihnen geht es nur darum, Henry
        Kissinger nach Strich und Faden schlechtzureden. Das
        wiederum geht mit mir nicht und mit uns nicht.
        Henry Kissinger hat in seiner Amtszeit als Sicher-
        heitsberater und Außenminister der Vereinigten Staaten
        von Amerika maßgeblich Weltpolitik gestaltet – und das
        in schwierigen Zeiten. Der Vietnam-Krieg und der Weg
        vieler Staaten in die Unabhängigkeit in weiten Teilen der
        Welt mit all ihren Problemen sind hier beispielhaft zu
        nennen.
        Sicher, manches trennt Kissinger und Mandela auch:
        die Herkunft, die unterschiedliche Sozialisation, die ver-
        schiedenen Lebenswege und anderes mehr. Aber es gibt
        eben auch einiges, was diese beiden Männer verbindet.
        Beide sind Träger des Friedensnobelpreises: Kissinger
        erhielt ihn 1973 für den Friedensvertrag, der zwei Jahre
        später den Krieg in Vietnam beenden sollte. Nelson
        Mandela wurde 1993 für sein Versöhnungswerk ausge-
        zeichnet.
        Der Antrag der Linken versucht jetzt, Henry Kissinger
        als die Ausgeburt des „bösen Amerika“ darzustellen.
        Das hat mich nicht wirklich überrascht. Aber es ist
        schon starker Tobak, wie Sie sich gerade ideologisch an
        ihm austoben. Ich will das gar nicht im Einzelnen aus-
        führen, um nicht zu Ihrem Sprachrohr zu werden. Sie
        folgen damit einmal mehr dem für sie so typischen Re-
        flex des pauschalen Antiamerikanismus. Solchen Denk-
        weisen widersprechen wir entschieden.
        Mit keinem Wort erwähnt der Antrag hingegen natür-
        lich die großen Verdienste Kissingers, wie seine Rolle
        bei der Friedenslösung für Vietnam, bei der Vermittlung
        zwischen Israelis und Palästinensern sowie zwischen Is-
        rael und den arabischen Staaten oder gar bei der histori-
        schen Annäherung zwischen den Vereinigten Staaten
        und China.
        Hätten Sie sich mal richtig mit der Person Henry
        Kissinger auseinandergesetzt, dann wüssten Sie, dass er
        einen wesentlichen Teil seiner Energie auf die Bewah-
        rung des Friedens in einer Zeit der nuklearen Konfronta-
        tion der Großmächte im Kalten Krieg gerichtet hat.
        Gerade für uns Deutsche, die wir am Eisernen Vor-
        hang die ersten Betroffenen einer militärischen Aus-
        einandersetzung geworden wären, war dieses Streben
        der USA und Kissingers nach Stabilität und Gleichge-
        wicht der Kräfte wesentlich für unser Leben in Frieden.
        Auch war Kissinger der entscheidende Motor des ers-
        ten Abkommens mit der Sowjetunion zur Begrenzung
        der atomaren Rüstungsarsenale. Das ist doch genau das,
        was Sie immer gefordert haben. SALT-I- und der ABM-
        7614 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 79. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Januar 2015
        (A) (C)
        (D)(B)
        Vertrag – beides ist auf ewig mit seinem Namen verbun-
        den und hat wesentlich zur Erhaltung der strategischen
        Stabilität und zum Konfrontationsabbau beigetragen.
        Dies alles gehört nun einmal dazu, wollte man die Le-
        bensleistung dieses Mannes wirklich fair und ausgewo-
        gen bewerten.
        Aber das wollen Sie ja sowieso alles gar nicht wissen.
        Eines möchte ich Ihnen heute in Ihr Stammbuch schrei-
        ben: „Politik beginnt mit der Betrachtung der Wirklich-
        keit“, wie Erwin Teufel oft zitiert hat – eine Erkenntnis,
        der Sie sich gerne verweigern.
        Der Antrag der Linken lässt leider jede Objektivität
        vermissen.
        Kissinger war auch der Wegbereiter der gerade für
        uns Deutsche so wichtigen transatlantischen Brücke mit
        Nordamerika, die uns 1989/90 nach einer langen Phase
        des Kalten Krieges in Europa die Wiedervereinigung ge-
        bracht hat. Die transatlantischen Beziehungen sind bis
        heute ein wesentlicher Bestandteil unserer Außen- und
        Sicherheitspolitik.
        Gerade in diesen Zeiten – nach den schrecklichen An-
        schlägen in Paris – zeigt sich doch erneut, wie wichtig
        unsere transatlantische Partnerschaft ist. Im Kampf ge-
        gen den Terrorismus stehen die Vereinigten Staaten fest
        an unserer Seite.
        Als jüdischer Emigrant hat sich Henry Kissinger stets
        um die transatlantischen Beziehungen bemüht. Wir soll-
        ten nicht vergessen, dass Kissinger 1938 mit seiner Fa-
        milie vor den Nazis in Deutschland in die USA floh.
        Schon als junger Mann hatte er den Wert von Freiheit
        und Selbstbestimmtheit am eigenen Leib erfahren.
        Es ist auch unredlich, wenn die Linke in ihrem Antrag
        zu Kissinger – einmal mehr undifferenziert – den Ein-
        druck zu erwecken sucht, dass fast ganz Bonn gegen die
        Einrichtung der Stiftungsprofessur an seiner Universität
        sei.
        Zwischenzeitlich hat die Berufungskommission der
        Universität Bonn mit dem früheren US-Botschafter in
        Deutschland, James D. Bindenagel, einen ersten Lehr-
        stuhlinhaber ausgewählt, und der Lehrbetrieb wurde mit
        dem laufenden Semester aufgenommen. Ich habe mich
        mal vor Ort informiert und vor wenigen Tagen persön-
        lich mit dem Direktor des Instituts für Öffentliches
        Recht und des Instituts für Völkerrecht an der Universi-
        tät Bonn, Herrn Professor Matthias Herdegen, gespro-
        chen. Auch nach diesem Gespräch bin ich der festen
        Überzeugung, dass Professor Bindenagel auf positive
        Resonanz bei den Bonner Studierenden und der Univer-
        sität stößt. Es wäre schön, wenn auch Sie das zur Kennt-
        nis nähmen.
        Ihr Antrag ist – in meinen Augen – „kurzatmig“. Ich
        rate Ihnen: Erst informieren, dann nachdenken und,
        wenn möglich, Anträge umformulieren oder gar zurück-
        ziehen – aber das ist wahrscheinlich zu viel verlangt.
        Bei der Abstimmung im Verteidigungsausschuss hat
        sich nur die Linke selbst zum vorliegenden Antrag be-
        kannt – das spricht ja schon mal Bände. Die Grünen ha-
        ben sich, was mich freut, damals enthalten.
        Eine differenzierte Betrachtung kommt sicher zu ei-
        nem ausgewogeneren Ergebnis.
        Henry Kissinger ist in meinen Augen als Staatsmann
        und Wissenschaftler ohne Zweifel würdig, als Namens-
        geber für einen sicherheitspolitischen Lehrstuhl zu die-
        nen. Er ist eine gute Lösung für eine Professur für
        „Governance und internationale Sicherheit“ in Bonn.
        Der Name bringt die ursprünglich gewollte Ausrichtung
        der Professur klar zum Ausdruck. Dabei geht es um ei-
        nen weiter gefassten Begriff der Sicherheit. Das bedeu-
        tet: Es geht nicht nur um eine militärische Dimension
        der Sicherheit, sondern um Welt- und Sicherheitspolitik,
        um Entwicklungszusammenarbeit und Friedenspolitik
        im weiteren Sinne, um den Schutz der Menschenrechte
        und der Rechtsstaatlichkeit, um Governance, Good
        Governance. Ich begrüße ausdrücklich die Namensände-
        rung und bin Professor Herdegen dafür sehr dankbar.
        Die Universität Bonn ist zudem eine gute Lösung,
        weil Kissinger seine politischen Ämter zu Zeiten der
        „Bonner Republik“ ausübte. Die Bundesstadt am Rhein
        steht für ein wichtiges Stück deutscher Geschichte.
        Ich bin überzeugt, dass ein solcher Lehrstuhl wie die
        Henry-Kissinger-Professur an der Bonner Universität
        wesentlich zur wissenschaftlichen Erarbeitung von Per-
        spektiven und Konzepten der transatlantischen Zusam-
        menarbeit in der Zukunft beiträgt.
        Die Bundesregierung hat es so ausgedrückt: Er soll
        „auf den Gebieten der Diplomatie, Strategie und der
        transatlantischen internationalen Beziehungen die si-
        cherheits- und verteidigungspolitische Debatte dauerhaft
        beflügeln“. Das begrüße ich. Nämlich die Chance zur
        Verbreiterung sicherheitspolitischer Debatten.
        Diesem integrierenden Ziel dient die Konfrontation
        von zwei so bedeutenden Persönlichkeiten wie Mandela
        und Kissinger sicherlich nicht.
        Diese Professur bietet eine exzellente Möglichkeit,
        über die Rolle von Diplomatie, Konfliktprävention und
        Friedensforschung in einer sich rapide verändernden
        Welt nachzudenken und zu diskutieren.
        Dies wäre sicher auch im Sinne von Nelson Mandela
        gewesen. Könnte er diese Debatte verfolgen, hätte er
        sich wohl weise zurückgelehnt und sich über Ihren Antrag
        gewundert und sich zugleich gefreut, wenn wir uns auf die
        sicherheitspolitischen Herausforderungen der Zukunft
        konzentriert hätten. Denn Mandela hat Kissinger ge-
        schätzt. Er studierte dessen Shuttle-Diplomatie während
        seiner Zeit im Gefängnis und traf Kissinger bei seinem
        ersten Besuch in den USA nach seiner Entlassung aus
        der Haft.
        Das Votum für die Unterstützung der Henry-Kissinger-
        Professur ist kein Votum gegen einen Nelson-Mandela-
        Lehrstuhl. Mandelas politische Lebensleistung bleibt da-
        von unbenommen. Sein geistiges Erbe wird auch bei den
        Diskussionen in Bonn eine zentrale Stellung einnehmen.
        Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 79. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Januar 2015 7615
        (A) (C)
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        In diesem Sinne wird die CDU/CSU-Fraktion die bei-
        den Anträge der Fraktion Die Linke ablehnen.
        Dr. Fritz Felgentreu (SPD): Wir könnten es uns mit
        der Zurückweisung der Anträge der Linken über vertei-
        digungs- oder friedenspolitisch motivierte Stiftungspro-
        fessuren einfach machen. Denn die Sache selbst lässt gar
        nichts anderes mehr zu. Die nach Henry Kissinger be-
        nannte Stiftungsprofessur ist an der Bonner Universität
        bereits eingerichtet worden. Ihr erster Inhaber, der ame-
        rikanische Diplomat James D. Bindenagel, hat mit dem
        laufenden Wintersemester seine Vorlesungstätigkeit auf-
        genommen. Das alles geschieht auf der Grundlage von
        Verträgen, die das Verteidigungs- und das Außen-
        ministerium mit der Universität abgeschlossen haben.
        Pacta sunt servanda. Deshalb kann dieses Haus die An-
        träge der Linksfraktion nur ablehnen.
        Mit einer so knappen Argumentation würden wir aber
        dem Anliegen der Anträge nicht hinreichend gerecht
        werden. Die Begründung der Linken müssen wir zur
        Kenntnis nehmen und uns dazu verhalten. Die einander
        ergänzenden Anträge laufen darauf hinaus, das Lebens-
        werk des mit der Stiftungsprofessur geehrten Henry
        Kissinger insgesamt infrage zu stellen und es durch das
        Gegenbild Nelson Mandelas zu entwerten. Hier werden
        also zwei Friedensnobelpreisträger gegeneinander aus-
        gespielt, mit dem offensichtlichen Ziel, dass sich vor
        dem hellen Licht des in jeder Hinsicht unumstrittenen
        Mandela die schwarze Kontur des von der Linken als
        Bösewicht identifizierten Kissinger umso schärfer ab-
        zeichnen möge.
        Lassen Sie mich vorausschicken: Mandela hat eine
        solche Instrumentalisierung nicht verdient. Er hätte sich
        auch dagegen verwahrt. Die SPD-Fraktion wird eine Eh-
        rung für den großen Südafrikaner nicht dazu missbrau-
        chen, auf andere Persönlichkeiten der Zeitgeschichte
        einzudreschen. Mandelas Andenken steht für sich. Wer
        es pflegen will, darf es nicht wie heute die Linke in den
        Zusammenhang einer politischen Polemik stellen.
        Wozu wir heute abstimmen und uns als deutsches Par-
        lament erklären müssen, ist die Frage: Verdient der ge-
        bürtige Deutsche Henry Kissinger, der als Kind von
        Deutschland verstoßen und außer Landes gejagt worden
        ist und der als Amerikaner eine historische Rolle in den
        großen Auseinandersetzungen des 20. Jahrhunderts ge-
        spielt hat, verdient dieser Mann eine solche Anerken-
        nung seiner Lebensleistung? Das Osloer Friedensnobel-
        preis-Kommitee und die Stadt Aachen haben diese Frage
        für sich mit Ja beantwortet. Wir sollten nicht dahinter zu-
        rückfallen.
        Wir alle erinnern uns, woraus sich das Ansehen
        speist, das Kissinger in Deutschland genießt. Den Frie-
        densnobelpreis hat er in Anerkennung seiner Verdienste
        bei dem Versuch erhalten, eine Friedenslösung im Viet-
        nam-Krieg zu finden. Kissinger hat vor vierzig Jahren
        Entscheidendes zur Entspannung des Verhältnisses zwi-
        schen den Supermächten USA und China beigetragen.
        Er hat im Nahen Osten den Friedensprozess im Dreieck
        Israel, Ägypten und PLO immer wieder vorangetrieben.
        Und er hat sich um Deutschland verdient gemacht, in-
        dem er geholfen hat, in der KSZE-Schlussakte die For-
        mel von der Unverletzlichkeit der Grenzen in Europa zu
        verankern, die der Bundesrepublik so wichtig war, weil
        sie die Möglichkeit einer friedlichen Neuordnung offen
        hielt.
        Dass er dennoch eine umstrittene Persönlichkeit ge-
        blieben ist, ist zum einen durch die Bedingungen, zum
        anderen durch die Prinzipien seiner Politik begründet.
        Kissinger war Außenminister einer Weltmacht in der
        heißesten Phase des sogenannten Kalten Krieges, und er
        hat sich selbst in dieser Rolle immer als Realpolitiker
        definiert. Ich zweifle nicht, dass Kissinger bei den harten
        Entscheidungen, denen er nicht ausgewichen ist, auch
        folgenschwere Fehler gemacht hat. Den Gesinnungsethi-
        kern, die nur zwischen Gut und Böse unterscheiden, ist
        schon die bloße Realität von Machtpolitik ein Greuel,
        von der Bereitschaft, moralische Grauzonen auszuhalten
        oder den Weg des kleineren Übels zu gehen, ganz zu
        schweigen. Ein Mann wie Henry Kissinger hat in ihren
        Augen von vornherein kaum eine Chance. Wenn dann
        noch eine Neigung zum antiamerikanischen Ressenti-
        ment hinzukommt, wird es leicht, die Verdienste auszu-
        blenden und aus der Fülle der im Kalten Krieg getroffe-
        nen Entscheidungen Argumente abzuleiten, um einen
        Kissinger abzuqualifizieren.
        Wir sollten für jeden Tag dankbar sein, der uns ver-
        gleichbare moralische Konflikte bei schweren Entschei-
        dungen erspart, wie demokratische Regierungen sie in
        den blutigen Siebzigerjahren immer wieder treffen
        mussten. In unserem politischen Urteil über die Lebens-
        leistung Henry Kissingers können wir uns vertrauens-
        voll Zeitzeugen wie Helmut Schmidt anschließen, der
        sehr genau weiß, warum er Kissinger bis heute seine
        Hochachtung und seine Freundschaft schenkt. Es ist le-
        gitim und angemessen, dass auch die Bundesrepublik
        Deutschland diese Lebensleistung würdigt. Besonders
        angemessen ist aber die Würdigung in Gestalt einer nach
        Kissinger benannten Stiftungsprofessur. Denn diese aka-
        demische Ehrung zielt nicht allein auf den Politiker, son-
        dern auch auf den Hochschullehrer Henry Kissinger, der
        an der Harvard-Universität als Gelehrter einen Namen
        hatte, lange bevor er als Staatsmann von sich reden
        machte.
        Dr. Alexander S. Neu (DIE LINKE): Welche Ge-
        meinsamkeit haben Henry Kissinger und Nelson
        Mandela? Nur eine, den Friedensnobelpreis. Mandela er-
        hielt ihn 1993 und Kissinger 1973.
        Die Unterschiede zwischen beiden könnten hingegen
        kaum größer sein:
        Nelson Mandela hat den Friedensnobelpreis wahrlich
        verdient, da er ein unermüdlicher Kämpfer für Frieden,
        Freiheit und Versöhnung war.
        Henry Kissinger hingegen hat ihn nicht verdient.
        Kissinger ist verantwortlich für eine aggressive Außen-
        und Sicherheitspolitik, konkret für die Destabilisierung
        missliebiger Staaten, Unterstützung gewaltsamer Re-
        gime Changes und Unterstützung der Etablierung dikta-
        torischer und menschenrechtsverletzender Regime. Für
        7616 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 79. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Januar 2015
        (A) (C)
        (D)(B)
        Kissinger rechtfertigt der Zweck alle Mittel – seien sie
        auch noch so mörderisch.
        Der Regime Change in Chile und der damit verbun-
        dene gewaltsame Tod des demokratisch gewählten Präsi-
        denten Allende und vieler Chilenen und Chileninnen ge-
        hen auf Kissingers Konto.
        Die Bombardierung Laos’ und Kambodschas wäh-
        rend des Vietnam-Kriegs mit geschätzten 600 000 Toten
        geht ebenfalls auf Kissingers Konto.
        Aufgrund dessen sind in mehreren Staaten Gerichts-
        verfahren gegen Kissinger anhängig, denen er sich nie
        gestellt hat. Nicht selten wird sein Name mit dem Be-
        griff Kriegsverbrechen in Verbindung gebracht. Tja, die
        Vertreter schwacher Staaten hängt man, die großer Staa-
        ten brauchen sich nicht mal zu erklären. So funktioniert
        Macht- und Gewaltpolitik auf internationaler Ebene.
        Die Tatsache der Verleihung des Friedensnobelpreises
        an Kissinger sagt eine Menge über den instrumentellen
        Charakter dieser Auszeichnung aus. Dass dies kein ein-
        maliger Unfall war, zeigen fragwürdige Verleihungen
        wie an US-Präsident Obama, der sich als Drohnen-
        Schreibtischtäter übt. Nicht minder die Auszeichnung
        für die EU, die ohne Weiteres Tausende tote Flüchtlinge
        im Mittelmeer akzeptiert und deren Mitgliedstaaten
        Steuergelder lieber für unsinnige Rüstungsprojekte ver-
        schleudern. Nur ein geringer Teil dieser Rüstungsgelder
        könnte jährlich Tausende Menschen retten.
        Nun hat die Bundesregierung entschieden, für
        300 000 Euro Steuergelder pro Jahr eine Stiftungsprofes-
        sur zu Ehren von Henry Kissinger an der Uni Bonn ein-
        zurichten. Sehr geehrte Bundesregierung, sind Ihnen die
        Taten Kissingers nicht bekannt? Wenn nein, warum nicht?
        Wenn ja, warum dann eine Stiftungsprofessur? Will die
        Bundesregierung mit dieser Stiftungsprofessur den kri-
        minellen und menschenverachten Taten Kissingers hul-
        digen? Oder will die Bundesregierung gar Kissingers
        Politikverständnis als Vorbild für die deutsche Außen-
        und Sicherheitspolitik preisen? Offensichtlich ja! Genau
        das ist gewollt.
        Demgegenüber lehnt die Bundesregierung es ab, eine
        Nelson-Mandela-Stiftungsprofessur einzurichten und zu
        finanzieren. Sie will sie nicht nur nicht statt einer
        Kissinger-Professur, sondern auch nicht einmal als er-
        gänzendes Gegengewicht zu Kissinger.
        Ich fasse zusammen: Dem Friedens- und Freiheits-
        kämpfer Nelson Mandela wird eine Stiftungsprofessur
        seitens der Bundesregierung verweigert. Dem mutmaßli-
        chen Kriegsverbrecher Kissinger richtet die Bundesre-
        gierung eine Stiftungsprofessur ein und finanziert sie mit
        jährlich 300 000 Euro Steuergeldern.
        Das ist ein verheerendes Signal in Richtung globaler
        Süden im Hinblick auf eine stets deklarierte deutsche
        Friedenspolitik. Dieses Symbol sagt mehr aus als tau-
        send feierliche Erklärungen gegenüber den Entwick-
        lungsländern. Nämlich Deutschland setzt auf Macht-
        und Gewaltpolitik und nicht auf eine zivilisierte interna-
        tionale Rechtsstaatlichkeit.
        Aber zumindest wurde der Bundesregierung mit der
        Zeit dann doch der Titel der Stiftungsprofessur peinlich.
        So viel Zynismus wollte man wohl dann doch nicht aus-
        drücken: Sollte die Stiftungsprofessur zunächst „Henry-
        Kissinger-Professur für internationale Beziehungen und
        Völkerrechtsordnung unter Berücksichtigung sicher-
        heitspolitischer Aspekte“ heißen, so heißt sie nun:
        „Henry-Kissinger-Stiftungsprofessur für Governance und
        internationale Sicherheit“.
        Katja Dörner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vorab:
        Wir führen heute Abend leider eine etwas verspätete
        Diskussion, zumindest was das konkrete Anliegen an-
        geht. Die Linke fordert, die Einrichtung eines Henry-
        Kissinger-Lehrstuhls an der Uni Bonn zu verhindern.
        Über dieses Anliegen ist die Zeit längst hinweg gegan-
        gen, der Lehrstuhl wurde zum laufenden Semester ein-
        gerichtet, eine erste Besetzung ist erfolgt und hat die Ar-
        beit aufgenommen. Leider ist das so, muss man sagen,
        weil auch wir diesen Lehrstuhl durchaus kritisch sehen.
        Deshalb macht es sicherlich trotz der späten Debatte
        Sinn, sich noch mal mit dem Thema auseinanderzuset-
        zen. Denn mit der Einrichtung und Finanzierung einer
        Stiftungsprofessur maßgeblich durch das Verteidigungs-
        ministerium wurde ein Schritt getan, der keinesfalls
        Schule machen sollte. Die Freiheit von Wissenschaft,
        Forschung und Lehre ist ein hohes Gut. Und wenn das
        Verteidigungsministerium, das nun wirklich andere Auf-
        gaben – und zumindest nach eigenem Bekunden auch er-
        hebliche Finanzbedarfe – hat, jährlich eine viertel Mil-
        lion Euro für eine Stiftungsprofessur ausgibt und das an
        einer zivilen Universität, dann habe ich große Fragezei-
        chen, dann stellt sich meines Erachtens die Frage, ob die
        Freiheit von Wissenschaft und Forschung gewährleistet
        ist. Für uns ist klar: Die Universitäten müssen unabhän-
        gig bleiben; jede Beeinflussung durch das Verteidi-
        gungsministerium lehnen wir ab.
        Es ist ja eine interessante Anekdote am Rande, dass
        sich die Universitäten der Bundeswehr mit als erste über
        die Einrichtung der Stiftungsprofessur an einer zivilen
        Universität beschwert haben, weil sie sich übergangen
        fühlten. Der Stern zitierte im Juli 2014 aus einem
        Schriftverkehr des damaligen Verteidigungsministers de
        Maizière mit den Präsidenten der Bundeswehruniversitä-
        ten, wonach die Bundeswehruniversitäten die Professur
        gerne selbst gehabt hätten, unter anderem aus „Attrakti-
        vitätsgründen“.
        Und klar, selbstverständlich stellt sich die Frage: Wa-
        rum musste es eine zivile Universität sein. Auch dieser
        Vorgang macht deutlich: Alle Fragezeichen, die man
        hinsichtlich Unabhängigkeit dieser Stiftungsprofessur
        hat, sind berechtigt.
        Im Rheinland und insbesondere im Umfeld der Uni-
        versität hat sich breiter Widerstand gegen die Einrich-
        tung der Stiftungsprofessur formiert – zu Recht, wie ich
        finde. Dieser Protest bezog sich nicht nur auf die Finan-
        zierung durch das Verteidigungsministerium, sondern
        auch auf die Namensgebung. Nicht nur das Bündnis
        „Initiative Zivile Uni Bonn“ hat deutliche Kritik an der
        Namensgebung formuliert. In einem Offenen Brief von
        Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 79. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Januar 2015 7617
        (A) (C)
        (B)
        mehr als 100 Professorinnen und Professoren europäi-
        scher Universitäten, darunter Alfred Grosser und Oskar
        Negt, wird die Benennung einer Stiftungsprofessur für
        Völkerrechtsordnung nach Henry Kissinger als „schlicht-
        weg inakzeptabel“ bezeichnet. Auch ich bin der Mei-
        nung, dass mit Blick auf die äußerst umstrittene Rolle
        Kissingers die Benennung der Stiftungsprofessur unan-
        gemessen ist. Und ich ärgere mich vor allem sehr, dass
        die berechtigte Kritik seitens der Bundesregierung ein-
        fach abgebügelt wurde und die Benennung so durchge-
        zogen worden ist.
        Abschließend kurz zum zweiten Antrag, der heute zur
        Abstimmung steht. Wir finden die Einrichtung einer
        „Nelson-Mandela-Stiftungsprofessur für Friedenspolitik
        und Völkerrecht“ eine gute Initiative. Nelson Mandela
        steht anders als Kissinger unumstritten für eine friedli-
        che und auf Versöhnung ausgerichtete Politik, sodass
        eine derartige, natürlich transparent finanzierte Professur
        ein richtiges Signal an die Friedensbewegung wäre.
        (D)
        Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de
        79. Sitzung
        Inhaltsverzeichnis
        ZP 2 Regierungserklärung zu den Terroranschlägen in Frankreich
        TOP 4, ZP 3 Gesunde Ernährung
        TOP 5 Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbewerbern
        TOP 23, ZP 4 Überweisungen im vereinfachten Verfahren
        TOP 24 Abschließende Beratungen ohne Aussprache
        ZP 5 Aktuelle Stunde zu Griechenlands Zukunft im Euro-Raum
        TOP 6 Ausbildungsunterstützungseinsatz Kurdistan-Irak
        TOP 7 Bundeswehreinsatz Operation Active Fence (Türkei)
        TOP 8 Artgerechte Tierhaltung
        TOP 9 100. Jahrestag der Gründung des Bauhauses 2019
        TOP 10 Risikoausgleichsrücklage für Agrarbetriebe
        TOP 11 Änderung des SGB IV
        TOP 12 Klimaschutz und globale Gerechtigkeit
        TOP 13 Abwesenheit Angeklagter in der Berufungsverhandlung
        TOP 14 Elektronische Gesundheitskarte
        TOP 15 Änderung des Bundesbeamtengesetzes
        TOP 16 Sonderermittler zur Aufarbeitung der Cum-Ex-Geschäfte
        TOP 17 Stiftungsprofessuren (Mandela; Kissinger)
        Anlagen