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ID1807901100

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    Plenarprotokoll 18/79 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 79. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 15. Januar 2015 I n h a l t : Glückwünsche zum Geburtstag der Abgeord- neten Azize Tank, Barbara Lanzinger und Ralf Kapschack . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7473 A Begrüßung der neuen Abgeordneten Detlef Müller (Chemnitz), Ronja Schmitt und Thorsten Hoffmann (Dortmund). . . . . . . . . . 7473 B Wahl des Abgeordneten Johann Saathoff als ordentliches Mitglied des Beirats bei der Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbah- nen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7473 B Erweiterung und Abwicklung der Tagesord- nung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7473 B Absetzung des Tagesordnungspunktes 3 . . . . 7474 A Nachträgliche Ausschussüberweisungen . . . . 7474 A Gedenken an die Opfer der terroristischen Anschläge in Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . 7474 D Zusatztagesordnungspunkt 2: Abgabe einer Regierungserklärung durch die Bundeskanzlerin: anlässlich der Terror- anschläge in Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . 7476 B Dr. Angela Merkel, Bundeskanzlerin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7476 C Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 7479 D Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7481 C Thomas Oppermann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 7481 C Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7483 D Volker Kauder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 7485 C Dr. Eva Högl (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7488 B Gerda Hasselfeldt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 7489 B Tagesordnungspunkt 4: a) Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD: Gesunde Ernährung stärken – Le- bensmittel wertschätzen Drucksache 18/3726 . . . . . . . . . . . . . . . . . 7490 D b) Antrag der Abgeordneten Karin Binder, Caren Lay, Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Gute Lebensmittel für eine ge- sunde Ernährung Drucksache 18/3730 . . . . . . . . . . . . . . . . . 7490 D in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 3: Antrag der Abgeordneten Nicole Maisch, Friedrich Ostendorff, Harald Ebner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Gute Ernährung für alle Drucksache 18/3733 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7491 A Christian Schmidt, Bundesminister BMEL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7491 A Karin Binder (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 7493 B Ute Vogt (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7494 D Nicole Maisch (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7496 A Katharina Landgraf (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 7497 D Caren Lay (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . 7499 C Inhaltsverzeichnis II Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 79. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Januar 2015 Jeannine Pflugradt (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 7500 C Nicole Maisch (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7501 B Harald Ebner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7502 C Mechthild Heil (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 7503 D Helga Kühn-Mengel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 7505 A Alois Gerig (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . 7505 D Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7507 B Alois Gerig (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . 7507 D Elvira Drobinski-Weiß (SPD) . . . . . . . . . . . . . 7508 B Rudolf Henke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 7509 B Tagesordnungspunkt 5: Antrag der Abgeordneten Susanna Karawanskij, Kerstin Kassner, Klaus Ernst, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Bundesverantwortung wahrneh- men – Kommunen bei Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbewerbern sofort helfen und Kosten der Unterkunft für Hartz-IV-Leistungsberechtigte schritt- weise übernehmen Drucksache 18/3573 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7510 C Susanna Karawanskij (DIE LINKE) . . . . . . . 7510 D Marian Wendt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 7512 A Susanna Karawanskij (DIE LINKE) . . . . . . . 7512 B Axel E. Fischer (Karlsruhe-Land) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7512 D Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7514 C Swen Schulz (Spandau) (SPD) . . . . . . . . . . . . 7516 B Kathrin Vogler (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 7518 A Swen Schulz (Spandau) (SPD) . . . . . . . . . . . . 7518 B Alois Karl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . 7518 C Dr. Diether Dehm (DIE LINKE) . . . . . . . . 7519 A Ulla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . 7520 C Bernhard Daldrup (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 7521 C Ingbert Liebing (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 7523 B Tagesordnungspunkt 23: a) Antrag der Abgeordneten Peter Meiwald, Christian Kühn (Tübingen), Annalena Baerbock, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Feinstaubemissionen aus Baumaschi- nen reduzieren Drucksache 18/3554 . . . . . . . . . . . . . . . . . 7525 A b) Antrag der Abgeordneten Peter Meiwald, Nicole Maisch, Annalena Baerbock, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Mehrweg- anteil an Getränkeverpackungen erhö- hen Drucksache 18/3731 . . . . . . . . . . . . . . . . . 7525 B Zusatztagesordnungspunkt 4: a) Antrag der Abgeordneten Ulla Jelpke, Sevim Dağdelen, Jan Korte, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion DIE LINKE: Deutsche Beteiligung an der EU-Polizei- mission in der Ukraine beenden Drucksache 18/3314 . . . . . . . . . . . . . . . . . 7525 B b) Antrag der Abgeordneten Sabine Leidig, Herbert Behrens, Caren Lay, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion DIE LINKE sowie der Abgeordneten Matthias Gastel, Cem Özdemir, Harald Ebner, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Offene Fragen zum Bahnhofsprojekt Stuttgart 21 auf- klären Drucksache 18/3647 . . . . . . . . . . . . . . . . . 7525 C Tagesordnungspunkt 24: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Wirtschaft und Energie zu der Verordnung der Bundesregierung: Dritte Ver- ordnung zur Änderung der Außenwirt- schaftsverordnung Drucksachen 18/3257, 18/3363 Nr. 2, 18/3588 7526 A Zusatztagesordnungspunkt 5: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion DIE LINKE: Griechenlands Zukunft im Euro-Raum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7526 A Dr. Diether Dehm (DIE LINKE) . . . . . . . . . . 7526 B Dr. Michael Meister, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7527 C Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7529 C Johannes Kahrs (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7531 A Bartholomäus Kalb (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 7532 B Andrej Hunko (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 7533 B Michael Roth (Heringen) (SPD) . . . . . . . . . . 7534 B Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7535 B Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 79. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Januar 2015 III Antje Tillmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 7536 C Ewald Schurer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7537 C Jürgen Hardt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 7538 C Norbert Barthle (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 7539 C Tagesordnungspunkt 6: Antrag der Bundesregierung: Ausbildungs- unterstützung der Sicherheitskräfte der Regierung der Region Kurdistan-Irak und der irakischen Streitkräfte Drucksache 18/3561 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7540 D Dr. Frank-Walter Steinmeier, Bundesminister AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7541 A Christine Buchholz (DIE LINKE) . . . . . . . . . 7542 B Dr. Ursula von der Leyen, Bundesministerin BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7543 C Dr. Frithjof Schmidt (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7544 D Dr. Alexander S. Neu (DIE LINKE) . . . . . . . 7545 C Rainer Arnold (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7545 D Philipp Mißfelder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 7547 A Florian Hahn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 7548 A Tagesordnungspunkt 7: Antrag der Bundesregierung: Fortsetzung der Entsendung bewaffneter deutscher Streitkräfte zur Verstärkung der Integrier- ten Luftverteidigung der NATO auf Ersu- chen der Türkei und auf Grundlage des Rechts auf kollektive Selbstverteidigung (Artikel 51 der Charta der Vereinten Na- tionen) sowie des Beschlusses des Nord- atlantikrates vom 4. Dezember 2012 Drucksache 18/3698 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7548 D Achim Post (Minden) (SPD) . . . . . . . . . . . . . 7549 A Sevim Dağdelen (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 7549 D Dr. Ralf Brauksiepe, Parl. Staatssekretär BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7550 D Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7552 A Thomas Hitschler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 7553 A Philipp Mißfelder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 7554 A Sevim Dağdelen (DIE LINKE) . . . . . . . . . 7554 C Florian Hahn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 7555 C Tagesordnungspunkt 8: Antrag der Abgeordneten Friedrich Ostendorff, Nicole Maisch, Christian Kühn (Tübingen), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Die Zukunft der Tierhaltung – Artgerecht und der Fläche angepasst Drucksache 18/3732 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7556 B Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7556 C Dieter Stier (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . 7557 D Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE) . . . . . . . 7559 C Christina Jantz (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7560 D Thomas Mahlberg (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 7561 D Rita Hagl-Kehl (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7563 C Tagesordnungspunkt 9: Antrag der Abgeordneten Marco Wanderwitz, Ute Bertram, Michael Kretschmer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Siegmund Ehrmann, Burkhard Blienert, Marco Bülow, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Die Welt neu denken – Der 100. Jahrestag der Gründung des Bauhauses im Jahre 2019 Drucksache 18/3727 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7564 C Ute Bertram (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . 7564 D Harald Petzold (Havelland) (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7566 A Siegmund Ehrmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 7566 D Christian Kühn (Tübingen) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7567 D Ulrich Petzold (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 7569 A Michelle Müntefering (SPD) . . . . . . . . . . . . . 7569 D Dr. Astrid Freudenstein (CDU/CSU) . . . . . . . 7570 D Tagesordnungspunkt 10: Antrag der Abgeordneten Dr. Kirsten Tackmann, Caren Lay, Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Steuerfreie Risikoausgleichsrück- lage für Agrarbetriebe ab 2016 Drucksache 18/3415 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7571 D Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE) . . . . . . . 7571 D Norbert Schindler (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 7573 A Dr. Thomas Gambke (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7574 B Ingrid Arndt-Brauer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 7575 B Fritz Güntzler (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 7576 D Rita Stockhofe (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 7578 A IV Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 79. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Januar 2015 Tagesordnungspunkt 11: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Fünften Geset- zes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (5. SGB IV-ÄndG) Drucksache 18/3699 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7579 C Gabriele Hiller-Ohm (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 7579 C Matthias W. Birkwald (DIE LINKE) . . . . . . . 7581 A Gabriele Schmidt (Ühlingen) (CDU/CSU) . . 7582 A Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . 7583 A Dr. Astrid Freudenstein (CDU/CSU) . . . . . . . 7583 D Tagesordnungspunkt 12: Antrag der Abgeordneten Claudia Roth (Augsburg), Annalena Baerbock, Uwe Kekeritz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Gip- feljahr 2015 – Durchbruch schaffen für Klimaschutz und globale Gerechtigkeit Drucksache 18/3156 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7584 C Claudia Roth (Augsburg) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7584 D Peter Stein (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . 7585 C Claudia Roth (Augsburg) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7586 D Heike Hänsel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 7587 B Dr. Bärbel Kofler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 7588 B Matern von Marschall (CDU/CSU) . . . . . . . . 7589 B Frank Schwabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7590 B Tagesordnungspunkt 13: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Stärkung des Rechts des Angeklagten auf Vertretung in der Berufungsverhandlung und über die Anerkennung von Abwesen- heitsentscheidungen in der Rechtshilfe Drucksache 18/3562 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7591 B Christian Lange, Parl. Staatssekretär BMJV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7591 C Halina Wawzyniak (DIE LINKE) . . . . . . . . . 7592 B Dr. Patrick Sensburg (CDU/CSU) . . . . . . . . . 7593 A Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7593 D Dirk Wiese (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7595 A Dr. Volker Ullrich (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 7595 C Tagesordnungspunkt 14: Antrag der Abgeordneten Kathrin Vogler, Sabine Zimmermann (Zwickau), Jan Korte, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Elektronische Gesundheitskarte stoppen – Patientenorientierte Alternative entwickeln Drucksache 18/3574 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7596 B Kathrin Vogler (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 7596 C Dr. Katja Leikert (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 7597 B Maria Klein-Schmeink (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7599 B Dirk Heidenblut (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7600 B Tagesordnungspunkt 15: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bundesbeam- tengesetzes und weiterer dienstrechtlicher Vorschriften Drucksachen 18/3248, 18/3748 . . . . . . . . . . . 7601 C Tagesordnungspunkt 16: Antrag der Abgeordneten Dr. Gerhard Schick, Kerstin Andreae, Dr. Thomas Gambke, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abgeordne- ten Richard Pitterle, Susanna Karawanskij, Dr. Axel Troost, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Sonderermittler zur Aufarbeitung der Cum-Ex-Geschäfte einsetzen Drucksache 18/3735 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7602 A Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7602 B Olav Gutting (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 7603 B Richard Pitterle (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 7604 A Lothar Binding (Heidelberg) (SPD) . . . . . . . . 7605 A Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7606 C Lothar Binding (Heidelberg) (SPD) . . . . . . . . 7606 D Philipp Graf Lerchenfeld (CDU/CSU) . . . . . 7607 A Tagesordnungspunkt 17: a) Beschlussempfehlung und Bericht des Verteidigungsausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Alexander S. Neu, Wolfgang Gehrcke, Jan van Aken, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Einrichtung einer Nelson- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 79. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Januar 2015 V Mandela-Stiftungsprofessur für Frie- denspolitik und Völkerrecht Drucksachen 18/1329, 18/1643 . . . . . . . . . 7607 D b) Beschlussempfehlung und Bericht des Verteidigungsausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Alexander S. Neu, Wolfgang Gehrcke, Jan van Aken, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Henry-Kissinger-Stiftungspro- fessur an der Universität Bonn verhin- dern Drucksachen 18/1330, 18/1642 . . . . . . . . 7608 A Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7608 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 7609 A Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bundesbeamtengesetzes und weiterer dienstrechtlicher Vorschriften (Tagesord- nungspunkt 15) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7609 B Oswin Veith (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 7609 C Matthias Schmidt (Berlin) (SPD) . . . . . . . . 7610 D Frank Tempel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 7611 D Irene Mihalic (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7612 B Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts: Einrichtung einer Nelson-Mandela-Stiftungs- professur für Friedenspolitik und Völkerrecht (Tagesordnungspunkt 17) . . . . . . . . . . . . . . . . 7613 B Dr. Karl A. Lamers (CDU/CSU) . . . . . . . . . 7613 B Dr. Fritz Felgentreu (SPD) . . . . . . . . . . . . . 7615 A Dr. Alexander S. Neu (DIE LINKE) . . . . . . . 7615 D Katja Dörner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7616 C Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 79. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Januar 2015 7473 (A) (C) (D)(B) 79. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 15. Januar 2015 Beginn: 9.00 Uhr
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    (D) Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 79. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Januar 2015 7609 (A) (C) (B) Anlagen zum Stenografischen Bericht (D) Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Aken, Jan van DIE LINKE 15.01.2015 Alpers, Agnes DIE LINKE 15.01.2015 Gabriel, Sigmar SPD 15.01.2015 Gleicke, Iris SPD 15.01.2015 Gohlke, Nicole DIE LINKE 15.01.2015 Dr. Harbarth, Stephan CDU/CSU 15.01.2015 Hupach, Sigrid DIE LINKE 15.01.2015 Kaczmarek, Oliver SPD 15.01.2015 Kassner, Kerstin DIE LINKE 15.01.2015 Kolbe, Daniela SPD 15.01.2015 Kühn (Dresden), Stephan BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 15.01.2015 Kunert, Katrin DIE LINKE 15.01.2015 Metzler, Jan CDU/CSU 15.01.2015 Nouripour, Omid BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 15.01.2015 Oßner, Florian CDU/CSU 15.01.2015 Pfeiffer, Sibylle CDU/CSU 15.01.2015 Poß, Joachim SPD 15.01.2015 Schiewerling, Karl CDU/CSU 15.01.2015 Schimke, Jana CDU/CSU 15.01.2015 Dr. Steffel, Frank CDU/CSU 15.01.2015 Strässer, Christoph SPD 15.01.2015 Wichtel, Peter CDU/CSU 15.01.2015 Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bundesbeamtengesetzes und wei- terer dienstrechtlicher Vorschriften (Tagesord- nungspunkt 15) Oswin Veith (CDU/CSU): „Der öffentliche Dienst ist die Grundlage einer funktionierenden staatlichen In- frastruktur und einer verlässlichen Daseinsvorsorge für die Menschen. Das Berufsbeamtentum ist dabei Garant einer leistungsfähigen und unabhängigen Verwaltung.“ So haben wir es im Koalitionsvertrag vereinbart und be- kennen uns zu einer demografievorsorgenden Stellen- und Personalpolitik. Wir dürfen die Zeichen der Zeit nicht ignorieren. Die Struktur unserer Gesellschaft verändert sich, und ich spreche nicht nur von einer immer älter werdenden Ge- sellschaft, sondern auch von einer immer offeneren Ge- sellschaft. Wir müssen uns bewusst sein, dass wir auch den öffentlichen Dienst an diese Entwicklungen anpas- sen müssen. Der öffentliche Dienst ist ein Abbild der Mitte der Gesellschaft, und diesem veränderten Bild gilt es Rechnung zu tragen. Daher müssen wir – wie auch im Koalitionsvertrag verankert – den Anteil der Menschen mit Migrationshintergrund im öffentlichen Dienst erhö- hen. Wir wollen die Rahmenbedingungen für das Berufs- beamtentum weiterentwickeln und haben bereits vieles getan, um unsere gesteckten Ziele zu erreichen. Im Dienstrecht haben wir die Übertragung ehebezogener Regelungen im öffentlichen Dienstrecht auf Lebenspart- nerschaften beschlossen und den Eintritt in den Ruhe- stand flexibler gestaltet. Für unsere Soldaten haben wir das Einsatzversorgungs-Verbesserungsgesetz beschlos- sen und, um weitere positiven Anreize zu schaffen, das Fachkräftegewinnungsgesetz verabschiedet. Insbesondere mit Letzterem haben wir eine Reihe positiver Maßnahmen auf den Weg gebracht wie zum Beispiel den Personalgewinnungszuschlag, die Anerken- nung von Erfahrungszeiten, Wehrdienst- und Freiwilli- gendienstzeiten, Kinderbetreuungs- und Pflegezeiten oder die Einführung einer Verpflichtungsprämie für polizeili- che Auslandsverwendungen. Unser öffentlicher Dienst bietet ein breites Spektrum an Dienstleistungen an. Davon profitieren tagtäglich un- sere Bürger und die Wirtschaft. Unsere Beamtinnen und Beamten leisten einen elementaren Beitrag zum Ge- meinwohl und sichern damit einen unschätzbaren Stand- ortvorteil unseres Landes. Es kann nicht oft genug betont werden, wie sehr wir diese Leistung schätzen. Zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf haben wir die Familienpflegezeit auch für Beamtinnen und Beamte eingeführt. Im Zusammen- hang damit steht das Familienpflegezeitgesetz, das vom Kabinett im Oktober 2014 beschlossen wurde. Die dort getroffenen Regelungen zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf werden nach Inkrafttreten des Gesetzes auch für die Tarifbeschäftigten des Bundes gel- Anlagen 7610 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 79. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Januar 2015 (A) (C) (D)(B) ten. Ob eine Übertragung auf die Bundesbeamten in- frage kommt, werden wir sehr sorgfältig prüfen. Ich verweise an dieser Stelle auf die inhaltsgleiche Anpassung von Dienstbezügen mit dem Bundesbesol- dungs- und Versorgungsanpassungsgesetz, welches wir erst im Oktober letzten Jahres erneut beschließen konn- ten. Mit dieser konsequenten Weitergabe der Tarifergeb- nisse setzen wir wichtige Zeichen für unsere Beamten als auch für zukünftige Arbeitskräfte und zeigen, dass wir unserer Verantwortung als Dienstherr nachkommen. Mit dem heute zur Abstimmung stehenden Gesetzent- wurf beraten wir abschließend über Neuerungen im Be- amtenrecht. Der Gesetzentwurf folgt dabei unserem Ziel, den öffentlichen Dienst als attraktiven und modernen Arbeitgeber zu gestalten. Über welche Änderungen sprechen wir konkret? Teilweise sind Regelungen im Bundesbeamtengesetz betroffen sowie einzelne dienstrechtliche Vorschriften im Bundesbesoldungsgesetz, Altersgeldgesetz, Bundes- disziplinargesetz und der Erholungsurlaubsverordnung, um die Regelungen an dieser Stelle abschließend zu be- nennen. Eingehen möchte ich jedoch zeitbedingt nur auf die wichtigsten Änderungen. Heute haben wir die Situation, dass (polizei-)dienst- unfähige Polizeivollzugsbeamte, mangels geeigneter Planstellen in den Ruhestand versetzt werden müssen. Wir werden mit der Novellierung des § 44 Absatz 4 Bundes- beamtengesetz diesen Beamten eine neue Perspektive er- öffnen. Mit der Neuregelung ermöglichen wir den be- troffenen Beamten einen Laufbahnwechsel und damit eine weitere Verwendung außerhalb des Polizeidienstes. Sollte es im Zuge des Stellenwechsels zu Nachteilen bei der Besoldung kommen, haben wir einen besoldungs- rechtlichen Ausgleich nach § 19 Bundesbesoldungsge- setz vorgesehen. Ich glaube, es liegt auf der Hand, dass wir es uns in Zeiten des demografischen Wandels nicht leisten können, prinzipiell dienstfähige Beamte vorzeitig in den Ruhe- stand zu versetzen. Nicht nur, dass wir unseren Beamten eine lebensphasengerechte Beschäftigung versprechen, wir verfolgen auch das Ziel „Rehabilitation vor Versor- gung“. Mit der Novellierung werden wir beidem gerecht und geben insbesondere unseren Beamten und Beamtin- nen im Polizeivollzugsdienst mit den Gesetzesänderungen neue berufliche Perspektiven. Die Arbeit der Polizeivoll- zugsbeamten in den Vollzugsanstalten ist verbunden mit besonderen Herausforderungen. Die Beschäftigten ar- beiten nicht selten unter Gefahren für das eigene Leben. Wir sind es den Beamten in den Vollzugsanstalten schul- dig, dieser besonderen beruflichen Belastung Rechnung zu tragen. Weiterhin setzen wir die Rechtsprechung des Euro- päischen Gerichtshofes und des Bundesverwaltungsge- richts um, indem wir Änderungen der urlaubsrechtlichen Regelungen vornehmen. Zukünftig wird die Abgeltung von Erholungsurlaub, der krankheitsbedingt bis zur Be- endigung des Beamtenverhältnisses nicht realisiert wer- den konnte, gesetzlich nachvollzogen. Mit dem heute zur Abstimmung stehenden Gesetzent- wurf entscheiden wir ebenfalls über einen Änderungsan- trag der Koalition. Wir nehmen darin die Forderung des Bundesrates auf, bei einem doppelten Beamtenverhältnis weiterhin die Zustimmung beider Dienstherren einzuho- len. Es bleibt somit dabei, dass für die Anordnung der Fortdauer des Bundesbeamtengesetzes das Einverneh- men beider Dienstherren erforderlich ist. Eine Vereinfachung des Wechsels zwischen der Lan- des-, Bundes- und europäischen Ebene wäre wünschens- wert gewesen, fand jedoch im Bundesrat keine Zustim- mung. Der Bund als Arbeitgeber ist gefragt und es gilt, ins- besondere Jugendliche für die Ausbildungsangebote im öffentlichen Dienst zu begeistern. Moderne, attraktive und familienfreundliche Arbeitsbedingungen tragen dazu bei, unseren öffentlichen Dienst noch attraktiver und da- mit demografiefester zu machen. Daneben haben wir uns strategische Leitziele gesetzt und verfolgen eine ambi- tionierte Demografiestrategie, um den veränderten Al- tersstrukturen begegnen zu können. Die Beamtinnen und Beamten können sich darauf verlassen, dass wir diesen Weg konsequent weiter be- schreiten werden. Der zur Abstimmung vorliegende Ge- setzentwurf ist ein weiterer Schritt in die richtige Rich- tung. Ich werbe daher für eine breite Zustimmung zum Gesetzentwurf. Matthias Schmidt (Berlin) (SPD): Wir führen das Wort „Fachkräftemangel“ in vielen politischen Reden im Munde. Dies ist so aktuell wie zutreffend. Doch die we- nigsten bedenken beim Fachkräftemangel, dass dieser auch im öffentlichen Dienst zunimmt. Unser tradiertes Beamtenrecht ist ein Wert an sich, den es in seinem Kern zu bewahren gilt. Gleichzeitig muss es aber ständig wei- terentwickelt werden. Dies werden wir mit dem vorlie- genden Gesetzentwurf tun. Wir machen das gute alte Beamtenrecht ein kleines Stück flexibler und auch at- traktiver. Auslöser des Gesetzentwurfs war eine am Jah- resende 2014 auslaufende Regelung in § 44 des Bundes- beamtengesetzes, aber dazu später. Der öffentliche Dienst ist beweglich. Das war er in der Vergangenheit und ist er heute umso mehr. Unsere Beamtinnen und Beamten sind in Landesbehörden und Bundesbehörden, im Inland und im Ausland tätig. Sie bekleiden wichtige Funktionen auf nationaler, europäi- scher und internationaler Ebene. Die Möglichkeit, sich versetzen zu lassen, gehört zu den Vorzügen und den Notwendigkeiten des Beamtenstatus und schafft dem Dienstherrn die Möglichkeit, kompetente Mitarbeiterin- nen und Mitarbeiter am Ort des Bedarfs einzusetzen. Das war zwar bereits in der Vergangenheit von Bedeu- tung, hat aber an Relevanz deutlich gewonnen. Die Per- sonalpolitik für Beamtinnen und Beamte ist längst inter- national geworden, und so ist es nur folgerichtig, die gesetzlichen Rahmenbedingungen dem anzupassen. Das wollen wir heute mit dem vorliegenden Gesetzentwurf tun. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 79. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Januar 2015 7611 (A) (C) (D)(B) Entbürokratisierung lautet ein Schlagwort. Lassen Sie mich Ihnen kurz darstellen, was damit gemeint ist. Neh- men wir an, eine Beamtin wechselt von einer Bundesbe- hörde zu einer EU-Institution. Damit das Bundesbeam- tenverhältnis nach deutschem Recht weiter fortbestehen kann, musste bislang das Einvernehmen der EU-Einrich- tung hergestellt werden. In der Vergangenheit hat das häufiger zu Schwierigkeiten geführt. Sei es, dass diese Bedingung Unverständnis hervorrief oder wegen be- fürchteter Loyalitätskonflikte gänzlich abgelehnt wurde. Darauf wollen wir heute reagieren. Künftig wird das Einvernehmen in diesen Fällen nicht mehr nötig sein und die Entscheidung allein von der obersten Dienstbehörde getroffen werden können. Damit wird das Entsendungsverfahren deutlich beschleunigt. Die Gesetzesänderung der Bundesregierung reagiert da- mit auf die gestiegene Bedeutung von Personalwechseln zu europäischen oder internationalen Organisationen, und das ist gut so. Es stärkt unsere Einflussmöglichkei- ten und wird auch den berechtigten Wünschen der Be- amtinnen und Beamten nach einer Rückkehrmöglichkeit gerecht. In den Fällen, in denen bei sogenannten Doppelbeam- tenverhältnissen Bund und Land oder Kommune beteiligt sind, bleibt es jedoch bei der Regelung des Einverneh- mens. Damit wollen wir sicherstellen, dass die dienst- rechtlichen und versorgungsrechtlichen Folgen zwischen den beteiligten Dienstherren bereits im Vorfeld geklärt werden. Dies wäre zwar aus unserer Sicht nicht zwin- gend notwendig gewesen, wir folgen damit aber gerne dem ausdrücklichen Wunsch der Länder. Eine weitere Änderung im Bundesbeamtengesetz wollen wir zu folgendem Punkt treffen – zur Dienstunfä- higkeit. Auch hier will ich Ihnen das an einem Beispiel erläutern. Polizistinnen und Polizisten leisten tagtäglich eine unschätzbar wichtige Arbeit für unser Land. Dafür ist ihnen an dieser Stelle auch ausdrücklich zu danken. Einige Beamte werden im Laufe ihrer Dienstzeit aus den verschiedensten Gründen polizeidienstunfähig und kön- nen den Polizeivollzugsdienst nicht mehr verrichten. Da- mit sie jedoch nicht in den Ruhestand versetzt werden müssen, war es bis zum 31. Dezember 2014 möglich, bei entsprechender Befähigung einen Laufbahnwechsel in ein Amt mit niedrigerem Endgrundgehalt vorzunehmen. Im Grundsatz wollen wir diese Möglichkeit beibehalten. In einigen Punkten ist sie jedoch zu ändern, da sie zu er- heblichen personalrechtlichen Problemen führte. Bisher konnte der polizeidienstunfähige Beamte lediglich eine Stufe unterhalb seines bisherigen Amtes eingesetzt wer- den, beispielsweise in der Verwaltung. Dies führte zu ver- ständlichen Frustrationen bei den Verwaltungsbeamten, denen künftige Beförderungsmöglichkeiten entgingen. Darum sollen die betroffenen Kolleginnen und Kollegen nun in der gesamten Bandbreite ihrer Laufbahngruppe eingesetzt werden können. Wir erweitern damit die Ver- setzungschancen und können das Potenzial dieser Men- schen weiterhin nutzen. Das bestärkt den Grundsatz der Weiterverwendung vor Versorgung. Der finanzielle Aus- gleich ist für den Betroffenen ohnehin gesichert. Zudem sollen sie künftig ihre alte Amtsbezeichnung mit dem Zusatz „a. D.“ weiter führen können. Auch das ist ein Fortschritt. Lassen Sie mich zu einem weiteren Punkt kommen, der für den Wandel im öffentlichen Dienst charakteris- tisch ist. Nicht selten werden Funktionen der Personalver- waltung auf Dienstleistungszentren übertragen. So wurde zum Beispiel die Beihilfebearbeitung zentralisiert. Für die Bearbeitung ist es unumgänglich, dass Personalaktenda- ten übermittelt werden dürfen. Natürlich sind dabei die Grundsätze des Datenschutzes zu beachten. Der Daten- schutz ist ein hohes Gut und ebenso hoch zu achten. Mit den Änderungen schaffen wir die Grundlage für eine rei- bungslose Arbeit der Dienstleistungszentren, und das kommt auch den Beschäftigten zugute. Kommen wir zu einem weiteren Aspekt, der im Ge- setzentwurf prägnant ist. Liebe Kolleginnen und Kolle- gen, Sie geben mir bestimmt Recht: Der Erholungsur- laub gehört zum Erwerbsleben dazu und ist für eine erfolgreiche Arbeit unentbehrlich. Nun kann es durch Krankheit oder andere Umstände immer dazu kommen, dass der Urlaub nicht in Anspruch genommen werden kann. Besonders kritisch ist das, wenn das Beschäfti- gungsverhältnis endet. Was passiert dann mit dem nicht genommenen Urlaub? Bei Beamtinnen und Beamten gab es bislang keine Regelung zur Abgeltung dieser entgan- genen Tage. Das haben der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil 2012 und das Bundesverwaltungsgericht 2013 kritisiert und eine gesetzliche Regelung gefordert. Diesem Anspruch kommt der Regierungsentwurf mit den Änderungen zur Erholungsurlaubsverordnung jetzt nach. Das wird sowohl dem Richtspruch als auch den Beschäftigten gerecht. Kleine Änderungen mit großer Wirkung. So sagt es ein Sprichwort. Dabei spiegeln die Änderungen im Ge- setzentwurf die Änderungen in den Arbeitswelten unse- rer Beamtinnen und Beamten wider. Der öffentliche Dienst hat Vorbildcharakter und ist eine tragende Säule unserer Demokratie. Als Gesetzgeber haben wir dafür Sorge zu tragen, dass Veränderungen in den Rahmenbe- dingungen einen Widerhall in den Rechtsgrundlagen für unsere Beamtinnen und Beamten finden. Das ist für die Beschäftigten gut und für die Gesellschaft als Ganzes. Ich bitte Sie um Zustimmung zum vorgelegten Gesetz- entwurf der Bundesregierung. Meine Fraktion wird ge- nau dies tun. Frank Tempel (DIE LINKE): Das vorliegende Ge- setz versucht, fünf Problemfelder dienstrechtlicher Natur durch Änderung des Bundesbeamtengesetzes bzw. des Bundesdisziplinargesetzes einer Lösung zuzuführen. Die vorgeschlagenen Regelungen zum Personalwechsel zwi- schen dem deutschen öffentlichen Dienst und europäi- schen und internationalen Institutionen sowie zur Ver- meidung der Versetzung in den Ruhestand bei einem Laufbahnwechsel aus gesundheitlichen Gründen sind zu begrüßen. Die künftige Anwendung des Bundesdiszipli- nargesetzes auch für strittige disziplinarische Altfälle aus der Zeit vor Einführung des Gesetzes und die damit einhergehende Auflösung des zuständigen Disziplinar- 7612 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 79. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Januar 2015 (A) (C) (D)(B) senates beim Bundesverwaltungsgericht sind angemes- sen, da die Zahl der Fälle stetig abgenommen hat. Die Streichung des Einvernehmensvorbehaltes durch den neuen Dienstherren vereinfacht einen Wechsel zu den genannten Institutionen erheblich. Die Möglichkeit des Einstieges in ein Eingangsamt einer niederen Laufbahn, wenn aus gesundheitlichen Gründen eine Verwendung in einer höheren Laufbahn unmöglich wird, ist im Interesse des Dienstherrn als auch der Beamtinnen und Beamten. Die vorgeschlagene Lösung des Problems der Abgel- tung des Erholungsurlaubes bei krankheitsbedingter Be- endigung des Beamtenverhältnisses hinterlässt bei uns ebenso wie beim Bund Deutscher Verwaltungsrichter und Verwaltungsrichterinnen Zweifel, ob damit das an- gestrebte Ziel erreichbar ist. Das eingrenzende Tatbe- standsmerkmal „wegen vorübergehender Dienstunfähig- keit“ ist mit der Richtlinie 2003/88/EG nur schwer in Übereinstimmung zu bringen. Es ist ebenso fraglich, ob dies der umfangreichen Rechtsprechung des europäi- schen Gerichtshofes entspricht. Beim Thema der Regelung der Übertragung von Per- sonalaktendaten an Dienstleistungszentren sehen wir hingegen erhebliche Probleme. Wenn man im Sinne von erhöhter Verwaltungseffizienz Personalverwaltung zen- tralisiert oder diese kostengünstiger organisiert, werden entsprechende Regelungen nicht an uns scheitern. Dies muss aber in öffentlichen Einrichtungen erfolgen. Im vorliegenden Fall wird allerdings die Tür geöffnet, um Möglichkeiten für weitere Privatisierungen zu schaffen. Wir lehnen es entschieden ab, dass so hochsensible Da- ten, wie Krankheiten, Pflegezeiten bei Angehörigen und Verwandtschaftsverhältnisse von Beamtinnen und Be- amten in die Hände privater Dienstleister gelangen. Auch die vorgesehenen Sicherungsmaßnahmen, so zum Beispiel Genehmigungswege, Datenschutzerklärungen der Dienstleister oder Kontrollmöglichkeiten durch den Datenschutzbeauftragten, können unsere Bedenken nicht zerstreuen. Diese Art von Daten gehören einfach nicht in die Hände kommerzieller Dienstleister, zumal die Insti- tution des Bundesdatenschutzbeauftragten mit seinen rund 90 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit einer kontinuierlichen und gründlichen Überprüfung verschie- denster Dienstleister und Unterdienstleister deutlich überfordert sein dürfte. Jahrzehntelang ist das Personal im öffentlichen Dienst einerseits abgebaut und andererseits mit immer neuen Aufgaben überfrachtet worden. Outsourcing und Privati- sierung haben nur in den seltensten Fällen zu Kosten- effizienz, aber in vielen Fällen zur Umwandlung von Arbeitsplätzen des öffentlichen Dienstes zu prekären Ar- beitsplätzen im privaten Dienstleistungsgewerbe ge- führt. Die vorgeschlagene Regelung ermöglicht solche Entwicklungen. Deshalb wird die Fraktion Die Linke dem nicht zu- stimmen können. Irene Mihalic (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die Bewertung dieses Gesetzentwurfs auf einen Punkt zu bringen, fiel mir nicht leicht, denn hier wurde schließlich ein wahres Sammelsurium an Rechtsänderungen in ei- nem Gesetz vermischt. Quasi eine beamten- und dienst- rechtliche „Resterampe“ wurde uns hier vorgelegt. Aber „too little, too late“ trifft es wohl ganz gut. Dringend notwendig ist, dass Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der Regierungsfraktionen, Ihre große Mehrheit nutzen, um das Beamtenrecht und den öffentli- chen Dienst umfassend zu reformieren. Baustellen gibt es ja genug: Eine umfassende Bestandsaufnahme und Aufgabenkritik sind vorzunehmen, die Verwaltung ist zu modernisieren, der Anteil von Frauen in Führungsposi- tionen ist zu steigern, der Anteil von Migrantinnen und Migranten ebenfalls, und den demografischen Heraus- forderungen müssen wir uns auch stellen. Doch dieses Gesetz zeigt ganz deutlich, dass Ihnen dafür Mut und Kreativität fehlen. Sie reagieren statt zu agieren und be- treiben Flickschusterei und auch erst dann, wenn die Umstände oder europarechtliche Vorgaben Sie dazu nö- tigen. Ein bekanntes strukturelles Problem in der Praxis ist die Weiterbeschäftigung dienstunfähiger Polizeivoll- zugsbeamter. Diese Kolleginnen und Kollegen haben sich in langen Jahren im Schichtdienst gesundheitlich aufgerieben oder sie sind zum Schutz unser aller Sicher- heit und für die Wahrung unserer Rechte verletzt worden und deshalb dienstunfähig. Ihre Reaktion auf diesen Missstand? Sie versetzen die Kolleginnen und Kollegen in die Verwaltung. Diese Bemühung ist natürlich dahin- gehend löblich, als dass hiermit dem Grundsatz von „Re- habilitierung und Weiterverwendung vor Versorgung“ Rechnung getragen wird. Aber damit handeln Sie erst dann, wenn es bereits viel zu spät ist. Wir wissen alle, dass der Schichtdienst eine gesundheitliche Belastung darstellt. Nicht neu ist ebenfalls die Erkenntnis, dass Prä- vention viele Erkrankungen verhindern kann. Schließlich hat die Bundesregierung gerade erst ein Präventionsgesetz beschlossen. Dass nur eine ausreichende Personaldecke das Ausbrennen der Beamten verhindert, ist auch keine weltbewegende Offenbarung. Dennoch – in der Praxis mangelt es hinten und vorne an der Umsetzung. Wenn wir so mit unserer wertvollen Ressource Personal umge- hen, brauchen wir uns nicht zu wundern, wenn der öf- fentliche Dienst bald kein attraktiver Arbeitgeber mehr ist. Wenn es denn dann tatsächlich darum geht, zu überle- gen, die Arbeit der Behörden effektiver zu gestalten, bleibt der Gesetzentwurf merkwürdig vage. Sie schlagen vor, eine Rechtsgrundlage dafür zu schaffen, Personalak- ten für die Übertragung von Funktionen der Personalver- waltung auf Dienstleistungszentren künftig übermitteln zu dürfen. Was mir dabei Sorge bereitet, ist, dass auch nichtöffentliche Stellen beauftragt werden dürfen und sogar Unterauftragnehmer. Dass die Rechte Ihres Perso- nals dabei nicht verletzt werden, sichern Sie recht dünn mit folgendem Satz ab: „wenn der Auftraggeber die Ein- haltung der beamten- und datenschutzrechtlichen Vor- schriften durch den Auftragnehmer regelmäßig kontrol- liert.“ Wie Sie damit Ihrer Fürsorgepflicht als oberster Dienstherr gerecht werden wollen, erschließt sich mir nicht. Hier hätte ich mir nicht nur mehr gewünscht, hier Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 79. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Januar 2015 7613 (A) (C) (D)(B) wäre auch mehr erforderlich gewesen. Das gilt auch für den Schutz der Daten des betroffenen Personals. Ein letzter Hinweis noch, von dem man meinen sollte, er sei überflüssig, doch dieser Gesetzentwurf lehrt ein Besseres. Das Beamtenrecht existiert heutzutage nicht mehr allein in einer rein innerdeutschen Realität. Das zu erkennen und dementsprechend zu handeln, scheint je- doch ein schwieriger und langwieriger Prozess zu sein. Seit Jahrzehnten ist bekannt, dass deutsche Staatsange- hörige in internationalen Institutionen unterrepräsentiert sind. Insbesondere in einigen Sonderorganisationen der Vereinten Nationen, in Friedensmissionen und in inter- nationalen Finanzorganisationen sowie bei der Beset- zung von Führungspositionen gibt es Defizite. Das be- richtet die Regierung selbst immer wieder, zuletzt in ihrem „Dritten Bericht der Bundesregierung zur deut- schen Personalpräsenz in internationalen Organisatio- nen“. Da muss man sich doch dann fragen, warum Sie erst jetzt auf die Idee kommen, die Anordnung der Fort- dauer des Bundesbeamtenverhältnisses nicht mehr vom Einvernehmen des neuen Dienstherren abhängig zu ma- chen, wie es bislang bei einer Beurlaubung für eine Tä- tigkeit in internationalen oder europäischen Einrichtun- gen notwendig war. Es sorgte dort für Irritationen, und Ihnen war bekannt, dass das Einvernehmen teilweise so- gar verweigert wurde, zumindest galt es aber als ausge- sprochen bürokratisch. Da müssen wir uns vermutlich auch nicht mehr wundern, dass die Abgeltung des Min- destjahresurlaubsanspruchs bei Krankheit aus der Richt- linie 2003/88/EG und nach Urteilen des Europäischen Gerichtshofs aus dem Mai 2012 und des Bundesverwal- tungsgerichts aus dem Januar 2013 erst im Jahr 2015 umgesetzt wird. Schade, dass Sie mit diesem Gesetzentwurf so weit hinter Ihren Möglichkeiten und dem Notwendigen zu- rückgeblieben sind. Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts: Einrichtung einer Nelson-Mandela- Stiftungsprofessur für Friedenspolitik und Völ- kerrecht (Tagesordnungspunkt 17) Dr. Karl A. Lamers (CDU/CSU): Wir beraten heute zwei Anträge der Fraktion Die Linke, die zwei verdiente Politiker des 20. Jahrhunderts in den Mittelpunkt rücken. Die Linke fordert einerseits die Einrichtung einer Nelson-Mandela-Stiftungsprofessur für Friedenspolitik und Völkerrecht und anderseits die Verhinderung einer Henry-Kissinger-Stiftungsprofessur an der Universität Bonn. Damit bringt die Linke – sicher nicht ungewollt – beide Männer in eine Konfrontationsstellung. Nelson Mandela war zweifelsfrei eine der überragen- den politischen Persönlichkeiten unserer Zeit. Viele Jahre hat er für seine Überzeugungen im Gefängnis gesessen und entscheidenden Anteil daran gehabt, das menschen- verachtende Apartheidregime in seiner Heimat zu Fall zu bringen. Über Nelson Mandela streite ich mit Ihnen nicht. Er war eine herausragende Persönlichkeit, und es war mir eine besondere Ehre, ihm am 22. Mai 1996 bei seinem Besuch in Bonn persönlich zu begegnen. Aber eigentlich geht es Ihnen doch gar nicht um Nelson Mandela. Ihnen geht es nur darum, Henry Kissinger nach Strich und Faden schlechtzureden. Das wiederum geht mit mir nicht und mit uns nicht. Henry Kissinger hat in seiner Amtszeit als Sicher- heitsberater und Außenminister der Vereinigten Staaten von Amerika maßgeblich Weltpolitik gestaltet – und das in schwierigen Zeiten. Der Vietnam-Krieg und der Weg vieler Staaten in die Unabhängigkeit in weiten Teilen der Welt mit all ihren Problemen sind hier beispielhaft zu nennen. Sicher, manches trennt Kissinger und Mandela auch: die Herkunft, die unterschiedliche Sozialisation, die ver- schiedenen Lebenswege und anderes mehr. Aber es gibt eben auch einiges, was diese beiden Männer verbindet. Beide sind Träger des Friedensnobelpreises: Kissinger erhielt ihn 1973 für den Friedensvertrag, der zwei Jahre später den Krieg in Vietnam beenden sollte. Nelson Mandela wurde 1993 für sein Versöhnungswerk ausge- zeichnet. Der Antrag der Linken versucht jetzt, Henry Kissinger als die Ausgeburt des „bösen Amerika“ darzustellen. Das hat mich nicht wirklich überrascht. Aber es ist schon starker Tobak, wie Sie sich gerade ideologisch an ihm austoben. Ich will das gar nicht im Einzelnen aus- führen, um nicht zu Ihrem Sprachrohr zu werden. Sie folgen damit einmal mehr dem für sie so typischen Re- flex des pauschalen Antiamerikanismus. Solchen Denk- weisen widersprechen wir entschieden. Mit keinem Wort erwähnt der Antrag hingegen natür- lich die großen Verdienste Kissingers, wie seine Rolle bei der Friedenslösung für Vietnam, bei der Vermittlung zwischen Israelis und Palästinensern sowie zwischen Is- rael und den arabischen Staaten oder gar bei der histori- schen Annäherung zwischen den Vereinigten Staaten und China. Hätten Sie sich mal richtig mit der Person Henry Kissinger auseinandergesetzt, dann wüssten Sie, dass er einen wesentlichen Teil seiner Energie auf die Bewah- rung des Friedens in einer Zeit der nuklearen Konfronta- tion der Großmächte im Kalten Krieg gerichtet hat. Gerade für uns Deutsche, die wir am Eisernen Vor- hang die ersten Betroffenen einer militärischen Aus- einandersetzung geworden wären, war dieses Streben der USA und Kissingers nach Stabilität und Gleichge- wicht der Kräfte wesentlich für unser Leben in Frieden. Auch war Kissinger der entscheidende Motor des ers- ten Abkommens mit der Sowjetunion zur Begrenzung der atomaren Rüstungsarsenale. Das ist doch genau das, was Sie immer gefordert haben. SALT-I- und der ABM- 7614 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 79. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Januar 2015 (A) (C) (D)(B) Vertrag – beides ist auf ewig mit seinem Namen verbun- den und hat wesentlich zur Erhaltung der strategischen Stabilität und zum Konfrontationsabbau beigetragen. Dies alles gehört nun einmal dazu, wollte man die Le- bensleistung dieses Mannes wirklich fair und ausgewo- gen bewerten. Aber das wollen Sie ja sowieso alles gar nicht wissen. Eines möchte ich Ihnen heute in Ihr Stammbuch schrei- ben: „Politik beginnt mit der Betrachtung der Wirklich- keit“, wie Erwin Teufel oft zitiert hat – eine Erkenntnis, der Sie sich gerne verweigern. Der Antrag der Linken lässt leider jede Objektivität vermissen. Kissinger war auch der Wegbereiter der gerade für uns Deutsche so wichtigen transatlantischen Brücke mit Nordamerika, die uns 1989/90 nach einer langen Phase des Kalten Krieges in Europa die Wiedervereinigung ge- bracht hat. Die transatlantischen Beziehungen sind bis heute ein wesentlicher Bestandteil unserer Außen- und Sicherheitspolitik. Gerade in diesen Zeiten – nach den schrecklichen An- schlägen in Paris – zeigt sich doch erneut, wie wichtig unsere transatlantische Partnerschaft ist. Im Kampf ge- gen den Terrorismus stehen die Vereinigten Staaten fest an unserer Seite. Als jüdischer Emigrant hat sich Henry Kissinger stets um die transatlantischen Beziehungen bemüht. Wir soll- ten nicht vergessen, dass Kissinger 1938 mit seiner Fa- milie vor den Nazis in Deutschland in die USA floh. Schon als junger Mann hatte er den Wert von Freiheit und Selbstbestimmtheit am eigenen Leib erfahren. Es ist auch unredlich, wenn die Linke in ihrem Antrag zu Kissinger – einmal mehr undifferenziert – den Ein- druck zu erwecken sucht, dass fast ganz Bonn gegen die Einrichtung der Stiftungsprofessur an seiner Universität sei. Zwischenzeitlich hat die Berufungskommission der Universität Bonn mit dem früheren US-Botschafter in Deutschland, James D. Bindenagel, einen ersten Lehr- stuhlinhaber ausgewählt, und der Lehrbetrieb wurde mit dem laufenden Semester aufgenommen. Ich habe mich mal vor Ort informiert und vor wenigen Tagen persön- lich mit dem Direktor des Instituts für Öffentliches Recht und des Instituts für Völkerrecht an der Universi- tät Bonn, Herrn Professor Matthias Herdegen, gespro- chen. Auch nach diesem Gespräch bin ich der festen Überzeugung, dass Professor Bindenagel auf positive Resonanz bei den Bonner Studierenden und der Univer- sität stößt. Es wäre schön, wenn auch Sie das zur Kennt- nis nähmen. Ihr Antrag ist – in meinen Augen – „kurzatmig“. Ich rate Ihnen: Erst informieren, dann nachdenken und, wenn möglich, Anträge umformulieren oder gar zurück- ziehen – aber das ist wahrscheinlich zu viel verlangt. Bei der Abstimmung im Verteidigungsausschuss hat sich nur die Linke selbst zum vorliegenden Antrag be- kannt – das spricht ja schon mal Bände. Die Grünen ha- ben sich, was mich freut, damals enthalten. Eine differenzierte Betrachtung kommt sicher zu ei- nem ausgewogeneren Ergebnis. Henry Kissinger ist in meinen Augen als Staatsmann und Wissenschaftler ohne Zweifel würdig, als Namens- geber für einen sicherheitspolitischen Lehrstuhl zu die- nen. Er ist eine gute Lösung für eine Professur für „Governance und internationale Sicherheit“ in Bonn. Der Name bringt die ursprünglich gewollte Ausrichtung der Professur klar zum Ausdruck. Dabei geht es um ei- nen weiter gefassten Begriff der Sicherheit. Das bedeu- tet: Es geht nicht nur um eine militärische Dimension der Sicherheit, sondern um Welt- und Sicherheitspolitik, um Entwicklungszusammenarbeit und Friedenspolitik im weiteren Sinne, um den Schutz der Menschenrechte und der Rechtsstaatlichkeit, um Governance, Good Governance. Ich begrüße ausdrücklich die Namensände- rung und bin Professor Herdegen dafür sehr dankbar. Die Universität Bonn ist zudem eine gute Lösung, weil Kissinger seine politischen Ämter zu Zeiten der „Bonner Republik“ ausübte. Die Bundesstadt am Rhein steht für ein wichtiges Stück deutscher Geschichte. Ich bin überzeugt, dass ein solcher Lehrstuhl wie die Henry-Kissinger-Professur an der Bonner Universität wesentlich zur wissenschaftlichen Erarbeitung von Per- spektiven und Konzepten der transatlantischen Zusam- menarbeit in der Zukunft beiträgt. Die Bundesregierung hat es so ausgedrückt: Er soll „auf den Gebieten der Diplomatie, Strategie und der transatlantischen internationalen Beziehungen die si- cherheits- und verteidigungspolitische Debatte dauerhaft beflügeln“. Das begrüße ich. Nämlich die Chance zur Verbreiterung sicherheitspolitischer Debatten. Diesem integrierenden Ziel dient die Konfrontation von zwei so bedeutenden Persönlichkeiten wie Mandela und Kissinger sicherlich nicht. Diese Professur bietet eine exzellente Möglichkeit, über die Rolle von Diplomatie, Konfliktprävention und Friedensforschung in einer sich rapide verändernden Welt nachzudenken und zu diskutieren. Dies wäre sicher auch im Sinne von Nelson Mandela gewesen. Könnte er diese Debatte verfolgen, hätte er sich wohl weise zurückgelehnt und sich über Ihren Antrag gewundert und sich zugleich gefreut, wenn wir uns auf die sicherheitspolitischen Herausforderungen der Zukunft konzentriert hätten. Denn Mandela hat Kissinger ge- schätzt. Er studierte dessen Shuttle-Diplomatie während seiner Zeit im Gefängnis und traf Kissinger bei seinem ersten Besuch in den USA nach seiner Entlassung aus der Haft. Das Votum für die Unterstützung der Henry-Kissinger- Professur ist kein Votum gegen einen Nelson-Mandela- Lehrstuhl. Mandelas politische Lebensleistung bleibt da- von unbenommen. Sein geistiges Erbe wird auch bei den Diskussionen in Bonn eine zentrale Stellung einnehmen. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 79. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Januar 2015 7615 (A) (C) (D)(B) In diesem Sinne wird die CDU/CSU-Fraktion die bei- den Anträge der Fraktion Die Linke ablehnen. Dr. Fritz Felgentreu (SPD): Wir könnten es uns mit der Zurückweisung der Anträge der Linken über vertei- digungs- oder friedenspolitisch motivierte Stiftungspro- fessuren einfach machen. Denn die Sache selbst lässt gar nichts anderes mehr zu. Die nach Henry Kissinger be- nannte Stiftungsprofessur ist an der Bonner Universität bereits eingerichtet worden. Ihr erster Inhaber, der ame- rikanische Diplomat James D. Bindenagel, hat mit dem laufenden Wintersemester seine Vorlesungstätigkeit auf- genommen. Das alles geschieht auf der Grundlage von Verträgen, die das Verteidigungs- und das Außen- ministerium mit der Universität abgeschlossen haben. Pacta sunt servanda. Deshalb kann dieses Haus die An- träge der Linksfraktion nur ablehnen. Mit einer so knappen Argumentation würden wir aber dem Anliegen der Anträge nicht hinreichend gerecht werden. Die Begründung der Linken müssen wir zur Kenntnis nehmen und uns dazu verhalten. Die einander ergänzenden Anträge laufen darauf hinaus, das Lebens- werk des mit der Stiftungsprofessur geehrten Henry Kissinger insgesamt infrage zu stellen und es durch das Gegenbild Nelson Mandelas zu entwerten. Hier werden also zwei Friedensnobelpreisträger gegeneinander aus- gespielt, mit dem offensichtlichen Ziel, dass sich vor dem hellen Licht des in jeder Hinsicht unumstrittenen Mandela die schwarze Kontur des von der Linken als Bösewicht identifizierten Kissinger umso schärfer ab- zeichnen möge. Lassen Sie mich vorausschicken: Mandela hat eine solche Instrumentalisierung nicht verdient. Er hätte sich auch dagegen verwahrt. Die SPD-Fraktion wird eine Eh- rung für den großen Südafrikaner nicht dazu missbrau- chen, auf andere Persönlichkeiten der Zeitgeschichte einzudreschen. Mandelas Andenken steht für sich. Wer es pflegen will, darf es nicht wie heute die Linke in den Zusammenhang einer politischen Polemik stellen. Wozu wir heute abstimmen und uns als deutsches Par- lament erklären müssen, ist die Frage: Verdient der ge- bürtige Deutsche Henry Kissinger, der als Kind von Deutschland verstoßen und außer Landes gejagt worden ist und der als Amerikaner eine historische Rolle in den großen Auseinandersetzungen des 20. Jahrhunderts ge- spielt hat, verdient dieser Mann eine solche Anerken- nung seiner Lebensleistung? Das Osloer Friedensnobel- preis-Kommitee und die Stadt Aachen haben diese Frage für sich mit Ja beantwortet. Wir sollten nicht dahinter zu- rückfallen. Wir alle erinnern uns, woraus sich das Ansehen speist, das Kissinger in Deutschland genießt. Den Frie- densnobelpreis hat er in Anerkennung seiner Verdienste bei dem Versuch erhalten, eine Friedenslösung im Viet- nam-Krieg zu finden. Kissinger hat vor vierzig Jahren Entscheidendes zur Entspannung des Verhältnisses zwi- schen den Supermächten USA und China beigetragen. Er hat im Nahen Osten den Friedensprozess im Dreieck Israel, Ägypten und PLO immer wieder vorangetrieben. Und er hat sich um Deutschland verdient gemacht, in- dem er geholfen hat, in der KSZE-Schlussakte die For- mel von der Unverletzlichkeit der Grenzen in Europa zu verankern, die der Bundesrepublik so wichtig war, weil sie die Möglichkeit einer friedlichen Neuordnung offen hielt. Dass er dennoch eine umstrittene Persönlichkeit ge- blieben ist, ist zum einen durch die Bedingungen, zum anderen durch die Prinzipien seiner Politik begründet. Kissinger war Außenminister einer Weltmacht in der heißesten Phase des sogenannten Kalten Krieges, und er hat sich selbst in dieser Rolle immer als Realpolitiker definiert. Ich zweifle nicht, dass Kissinger bei den harten Entscheidungen, denen er nicht ausgewichen ist, auch folgenschwere Fehler gemacht hat. Den Gesinnungsethi- kern, die nur zwischen Gut und Böse unterscheiden, ist schon die bloße Realität von Machtpolitik ein Greuel, von der Bereitschaft, moralische Grauzonen auszuhalten oder den Weg des kleineren Übels zu gehen, ganz zu schweigen. Ein Mann wie Henry Kissinger hat in ihren Augen von vornherein kaum eine Chance. Wenn dann noch eine Neigung zum antiamerikanischen Ressenti- ment hinzukommt, wird es leicht, die Verdienste auszu- blenden und aus der Fülle der im Kalten Krieg getroffe- nen Entscheidungen Argumente abzuleiten, um einen Kissinger abzuqualifizieren. Wir sollten für jeden Tag dankbar sein, der uns ver- gleichbare moralische Konflikte bei schweren Entschei- dungen erspart, wie demokratische Regierungen sie in den blutigen Siebzigerjahren immer wieder treffen mussten. In unserem politischen Urteil über die Lebens- leistung Henry Kissingers können wir uns vertrauens- voll Zeitzeugen wie Helmut Schmidt anschließen, der sehr genau weiß, warum er Kissinger bis heute seine Hochachtung und seine Freundschaft schenkt. Es ist le- gitim und angemessen, dass auch die Bundesrepublik Deutschland diese Lebensleistung würdigt. Besonders angemessen ist aber die Würdigung in Gestalt einer nach Kissinger benannten Stiftungsprofessur. Denn diese aka- demische Ehrung zielt nicht allein auf den Politiker, son- dern auch auf den Hochschullehrer Henry Kissinger, der an der Harvard-Universität als Gelehrter einen Namen hatte, lange bevor er als Staatsmann von sich reden machte. Dr. Alexander S. Neu (DIE LINKE): Welche Ge- meinsamkeit haben Henry Kissinger und Nelson Mandela? Nur eine, den Friedensnobelpreis. Mandela er- hielt ihn 1993 und Kissinger 1973. Die Unterschiede zwischen beiden könnten hingegen kaum größer sein: Nelson Mandela hat den Friedensnobelpreis wahrlich verdient, da er ein unermüdlicher Kämpfer für Frieden, Freiheit und Versöhnung war. Henry Kissinger hingegen hat ihn nicht verdient. Kissinger ist verantwortlich für eine aggressive Außen- und Sicherheitspolitik, konkret für die Destabilisierung missliebiger Staaten, Unterstützung gewaltsamer Re- gime Changes und Unterstützung der Etablierung dikta- torischer und menschenrechtsverletzender Regime. Für 7616 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 79. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Januar 2015 (A) (C) (D)(B) Kissinger rechtfertigt der Zweck alle Mittel – seien sie auch noch so mörderisch. Der Regime Change in Chile und der damit verbun- dene gewaltsame Tod des demokratisch gewählten Präsi- denten Allende und vieler Chilenen und Chileninnen ge- hen auf Kissingers Konto. Die Bombardierung Laos’ und Kambodschas wäh- rend des Vietnam-Kriegs mit geschätzten 600 000 Toten geht ebenfalls auf Kissingers Konto. Aufgrund dessen sind in mehreren Staaten Gerichts- verfahren gegen Kissinger anhängig, denen er sich nie gestellt hat. Nicht selten wird sein Name mit dem Be- griff Kriegsverbrechen in Verbindung gebracht. Tja, die Vertreter schwacher Staaten hängt man, die großer Staa- ten brauchen sich nicht mal zu erklären. So funktioniert Macht- und Gewaltpolitik auf internationaler Ebene. Die Tatsache der Verleihung des Friedensnobelpreises an Kissinger sagt eine Menge über den instrumentellen Charakter dieser Auszeichnung aus. Dass dies kein ein- maliger Unfall war, zeigen fragwürdige Verleihungen wie an US-Präsident Obama, der sich als Drohnen- Schreibtischtäter übt. Nicht minder die Auszeichnung für die EU, die ohne Weiteres Tausende tote Flüchtlinge im Mittelmeer akzeptiert und deren Mitgliedstaaten Steuergelder lieber für unsinnige Rüstungsprojekte ver- schleudern. Nur ein geringer Teil dieser Rüstungsgelder könnte jährlich Tausende Menschen retten. Nun hat die Bundesregierung entschieden, für 300 000 Euro Steuergelder pro Jahr eine Stiftungsprofes- sur zu Ehren von Henry Kissinger an der Uni Bonn ein- zurichten. Sehr geehrte Bundesregierung, sind Ihnen die Taten Kissingers nicht bekannt? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, warum dann eine Stiftungsprofessur? Will die Bundesregierung mit dieser Stiftungsprofessur den kri- minellen und menschenverachten Taten Kissingers hul- digen? Oder will die Bundesregierung gar Kissingers Politikverständnis als Vorbild für die deutsche Außen- und Sicherheitspolitik preisen? Offensichtlich ja! Genau das ist gewollt. Demgegenüber lehnt die Bundesregierung es ab, eine Nelson-Mandela-Stiftungsprofessur einzurichten und zu finanzieren. Sie will sie nicht nur nicht statt einer Kissinger-Professur, sondern auch nicht einmal als er- gänzendes Gegengewicht zu Kissinger. Ich fasse zusammen: Dem Friedens- und Freiheits- kämpfer Nelson Mandela wird eine Stiftungsprofessur seitens der Bundesregierung verweigert. Dem mutmaßli- chen Kriegsverbrecher Kissinger richtet die Bundesre- gierung eine Stiftungsprofessur ein und finanziert sie mit jährlich 300 000 Euro Steuergeldern. Das ist ein verheerendes Signal in Richtung globaler Süden im Hinblick auf eine stets deklarierte deutsche Friedenspolitik. Dieses Symbol sagt mehr aus als tau- send feierliche Erklärungen gegenüber den Entwick- lungsländern. Nämlich Deutschland setzt auf Macht- und Gewaltpolitik und nicht auf eine zivilisierte interna- tionale Rechtsstaatlichkeit. Aber zumindest wurde der Bundesregierung mit der Zeit dann doch der Titel der Stiftungsprofessur peinlich. So viel Zynismus wollte man wohl dann doch nicht aus- drücken: Sollte die Stiftungsprofessur zunächst „Henry- Kissinger-Professur für internationale Beziehungen und Völkerrechtsordnung unter Berücksichtigung sicher- heitspolitischer Aspekte“ heißen, so heißt sie nun: „Henry-Kissinger-Stiftungsprofessur für Governance und internationale Sicherheit“. Katja Dörner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vorab: Wir führen heute Abend leider eine etwas verspätete Diskussion, zumindest was das konkrete Anliegen an- geht. Die Linke fordert, die Einrichtung eines Henry- Kissinger-Lehrstuhls an der Uni Bonn zu verhindern. Über dieses Anliegen ist die Zeit längst hinweg gegan- gen, der Lehrstuhl wurde zum laufenden Semester ein- gerichtet, eine erste Besetzung ist erfolgt und hat die Ar- beit aufgenommen. Leider ist das so, muss man sagen, weil auch wir diesen Lehrstuhl durchaus kritisch sehen. Deshalb macht es sicherlich trotz der späten Debatte Sinn, sich noch mal mit dem Thema auseinanderzuset- zen. Denn mit der Einrichtung und Finanzierung einer Stiftungsprofessur maßgeblich durch das Verteidigungs- ministerium wurde ein Schritt getan, der keinesfalls Schule machen sollte. Die Freiheit von Wissenschaft, Forschung und Lehre ist ein hohes Gut. Und wenn das Verteidigungsministerium, das nun wirklich andere Auf- gaben – und zumindest nach eigenem Bekunden auch er- hebliche Finanzbedarfe – hat, jährlich eine viertel Mil- lion Euro für eine Stiftungsprofessur ausgibt und das an einer zivilen Universität, dann habe ich große Fragezei- chen, dann stellt sich meines Erachtens die Frage, ob die Freiheit von Wissenschaft und Forschung gewährleistet ist. Für uns ist klar: Die Universitäten müssen unabhän- gig bleiben; jede Beeinflussung durch das Verteidi- gungsministerium lehnen wir ab. Es ist ja eine interessante Anekdote am Rande, dass sich die Universitäten der Bundeswehr mit als erste über die Einrichtung der Stiftungsprofessur an einer zivilen Universität beschwert haben, weil sie sich übergangen fühlten. Der Stern zitierte im Juli 2014 aus einem Schriftverkehr des damaligen Verteidigungsministers de Maizière mit den Präsidenten der Bundeswehruniversitä- ten, wonach die Bundeswehruniversitäten die Professur gerne selbst gehabt hätten, unter anderem aus „Attrakti- vitätsgründen“. Und klar, selbstverständlich stellt sich die Frage: Wa- rum musste es eine zivile Universität sein. Auch dieser Vorgang macht deutlich: Alle Fragezeichen, die man hinsichtlich Unabhängigkeit dieser Stiftungsprofessur hat, sind berechtigt. Im Rheinland und insbesondere im Umfeld der Uni- versität hat sich breiter Widerstand gegen die Einrich- tung der Stiftungsprofessur formiert – zu Recht, wie ich finde. Dieser Protest bezog sich nicht nur auf die Finan- zierung durch das Verteidigungsministerium, sondern auch auf die Namensgebung. Nicht nur das Bündnis „Initiative Zivile Uni Bonn“ hat deutliche Kritik an der Namensgebung formuliert. In einem Offenen Brief von Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 79. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 15. Januar 2015 7617 (A) (C) (B) mehr als 100 Professorinnen und Professoren europäi- scher Universitäten, darunter Alfred Grosser und Oskar Negt, wird die Benennung einer Stiftungsprofessur für Völkerrechtsordnung nach Henry Kissinger als „schlicht- weg inakzeptabel“ bezeichnet. Auch ich bin der Mei- nung, dass mit Blick auf die äußerst umstrittene Rolle Kissingers die Benennung der Stiftungsprofessur unan- gemessen ist. Und ich ärgere mich vor allem sehr, dass die berechtigte Kritik seitens der Bundesregierung ein- fach abgebügelt wurde und die Benennung so durchge- zogen worden ist. Abschließend kurz zum zweiten Antrag, der heute zur Abstimmung steht. Wir finden die Einrichtung einer „Nelson-Mandela-Stiftungsprofessur für Friedenspolitik und Völkerrecht“ eine gute Initiative. Nelson Mandela steht anders als Kissinger unumstritten für eine friedli- che und auf Versöhnung ausgerichtete Politik, sodass eine derartige, natürlich transparent finanzierte Professur ein richtiges Signal an die Friedensbewegung wäre. (D) Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de 79. Sitzung Inhaltsverzeichnis ZP 2 Regierungserklärung zu den Terroranschlägen in Frankreich TOP 4, ZP 3 Gesunde Ernährung TOP 5 Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbewerbern TOP 23, ZP 4 Überweisungen im vereinfachten Verfahren TOP 24 Abschließende Beratungen ohne Aussprache ZP 5 Aktuelle Stunde zu Griechenlands Zukunft im Euro-Raum TOP 6 Ausbildungsunterstützungseinsatz Kurdistan-Irak TOP 7 Bundeswehreinsatz Operation Active Fence (Türkei) TOP 8 Artgerechte Tierhaltung TOP 9 100. Jahrestag der Gründung des Bauhauses 2019 TOP 10 Risikoausgleichsrücklage für Agrarbetriebe TOP 11 Änderung des SGB IV TOP 12 Klimaschutz und globale Gerechtigkeit TOP 13 Abwesenheit Angeklagter in der Berufungsverhandlung TOP 14 Elektronische Gesundheitskarte TOP 15 Änderung des Bundesbeamtengesetzes TOP 16 Sonderermittler zur Aufarbeitung der Cum-Ex-Geschäfte TOP 17 Stiftungsprofessuren (Mandela; Kissinger) Anlagen
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Volker Kauder


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)


    Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen!

    Als uns die Nachricht von dem schrecklichen Verbre-
    chen in Paris erreicht hat, waren wir zunächst fassungs-
    los und konnten gar nicht glauben, dass Terroristen in
    eine Redaktion eindringen, die Namen der einzelnen
    Journalisten aufrufen und sie beim Namensaufruf er-
    schießen. Das ist eine Qualität, die wir so bisher noch
    nicht erlebt haben. Wir alle verneigen uns vor den Ange-
    hörigen der Opfer, vor unseren französischen Freunden.

    Ja, es ist völlig richtig, dass wir als eine erste Konse-
    quenz aus diesem furchtbaren Verbrechen sagen: Wir
    stehen in Europa zusammen.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Dass wir zusammenstehen, hat der Zug durch Paris am
    vergangenen Sonntag so eindrucksvoll gezeigt. Dass wir
    in Europa bei einer der vielleicht größten Herausforde-
    rungen zusammenstehen, um Menschlichkeit und De-
    mokratie durchzusetzen, haben wir am Dienstag am
    Brandenburger Tor erlebt. Mich hat in besonderer Weise
    beeindruckt, dass hier in Berlin und in anderen Städten
    Deutschlands Menschen zu Tausenden zusammenge-
    kommen sind – spontan, ohne dass es irgendjemand or-
    ganisiert hat. Was sich da am Brandenburger Tor gezeigt
    hat, das ist ein Deutschland, auf das wir stolz sein kön-
    nen.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Es waren alle aus der Gesellschaft dabei, alle Religions-
    gruppen. Dies hat mich beeindruckt.

    Es ist der Satz des Bundespräsidenten zum Abschluss
    seiner Rede, der uns leiten muss: „Wir alle sind Deutsch-
    land“ – wir alle, die wir hier in Deutschland leben, Mus-
    lime, Juden, Christen, Angehörige aller anderen Reli-
    gionsgruppen.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Dr. Gregor Gysi [DIE LINKE])


    Es gibt Ereignisse in der Politik, im persönlichen Le-
    ben, bei denen nachher nichts mehr so ist, wie es vorher
    war. Viele von uns spüren, dass das, was da in Paris ge-
    schehen ist, und die Solidaritätskundgebungen, die es
    auch bei uns gegeben hat, vielleicht einiges verändern
    könnten, in einer Geschwindigkeit, wie wir es zunächst
    gar nicht zu hoffen gewagt haben.

    Ich habe bei den vielen Begegnungen mit Christen,
    Muslimen, Hindus und Vertretern anderer Religionen
    dieser Welt erfahren, was es bedeutet, wenn man wegen
    seines Glaubens, seiner Einstellung bedrängt und ver-
    folgt wird. Ich habe immer wieder erlebt, dass die Re-
    aktionen nach Anschlägen auf Kirchen und andere Ein-
    richtungen unterschiedlich bzw. zögerlich waren. Umso
    mehr müssen wir anerkennen – und wir erkennen es
    auch an –, dass sich die Muslime angesichts der Ereig-





    Volker Kauder


    (A) (C)



    (D)(B)

    nisse eindeutig von Gewalt distanziert haben. Auf der
    Veranstaltung des Zentralrats der Muslime, die mich
    sehr bewegt hat, wurde gesagt: Mord und Terrorismus
    haben mit dem Islam nichts zu tun.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Die notwendige und auch schwierige Diskussion ist
    damit aber noch lange nicht beendet. Sie wird weiterge-
    hen, und sie muss auch weitergehen. Ich stimme all je-
    nen zu, die heute Morgen gesagt haben, dass dies eine
    Aufgabe der Muslime selbst ist, dass wir sie dabei unter-
    stützen müssen, indem wir anerkennen, dass sich da et-
    was bewegt. Aber es muss auch klar sein – darauf ist
    vom Bundestagspräsidenten und von der Bundeskanzle-
    rin hingewiesen worden –, dass die Werte und die Men-
    schenrechte, die wir durch die Französische Revolution
    und die Aufklärung für uns gewonnen haben, die die Ge-
    nerationen vor uns für uns erstritten haben, nicht zur
    Disposition stehen dürfen und auch nicht zur Disposition
    stehen.


    (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


    Wir dürfen auch nicht zulassen, dass universale Men-
    schenrechte – das wird immer wieder versucht – von ei-
    nigen auf einmal als eine Errungenschaft des Westens
    gesehen werden, die mit anderen gar nichts zu tun haben.
    Ich erlebe in Gesprächen immer wieder, dass es heißt:
    Eure Menschenrechtsposition hat mit unserem kulturel-
    len Verständnis nichts zu tun. – Liebe Kolleginnen und
    Kollegen, die universellen Menschenrechte sind in der
    Menschenrechtscharta der UNO niedergelegt, und sie
    haben nichts mit kulturellem Verständnis in dem einen
    oder anderen Land zu tun. Wir müssen sie verteidigen.


    (Beifall im ganzen Hause)


    In der Menschenrechtskonvention, die 1948, also im
    letzten Jahrhundert, beschlossen wurde, sind Erkennt-
    nisse enthalten, die in die heutige Zeit übertragen wer-
    den können. Jeder hat das Recht, seinen Glauben frei
    und unbedrängt öffentlich zu leben. Dazu gehört natür-
    lich auch, nichts zu glauben; auch dies ist geschützt. In
    der Menschenrechtskonvention steht ausdrücklich auch
    – dies gehört dazu –, dass jeder das Recht hat, seinen
    Glauben frei zu wechseln, dass es ein Menschenrecht ist,
    seinen Glauben zu ändern. Fast alle Länder dieser Welt
    – bis auf ganz wenige – haben das unterschrieben. Man
    ist immer wieder erstaunt, dass selbst in Ländern, die die
    Menschenrechtskonvention unterschrieben haben, die
    Menschenrechte nicht oder nicht ganz eingehalten wer-
    den. Deswegen haben wir die Verpflichtung, immer wie-
    der auf die Menschenrechtskonvention hinzuweisen.

    Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe
    schon vor vielen Jahren darauf hingewiesen, dass es
    ohne Religionsfreiheit nirgendwo auf der Welt Freiheit
    geben kann. Ich habe immer wieder darauf hingewiesen
    – das ist eine Erkenntnis zahlreicher Reisen, die ich un-
    ternommen habe –, dass das Verweigern von Religions-
    freiheit und das Unterdrücken von Menschen, sodass sie
    ihren Glauben nicht frei leben dürfen, Anlass für größte
    Auseinandersetzungen sind. Das muss gerade in dieser
    Zeit gesagt werden. Dazu gehört ganz klar: Wer für Reli-
    gionsfreiheit weltweit eintritt, tritt natürlich auch für Re-
    ligionsfreiheit in unserem Land ein. Ich will mich gar
    nicht über Inhalte der einzelnen Religionen unterhalten.
    Ich sage nur: Religionsfreiheit in unserem Land bedeu-
    tet, dass jeder das Recht hat, seine Gebets- oder Gottes-
    häuser zu bauen. Das heißt: Natürlich haben die Mus-
    lime, unterstützt von uns, das Recht, hier ihre Moscheen
    zu bauen.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Aber es gehört auch noch etwas anderes dazu – das
    muss ich sagen, nachdem der türkische Ministerpräsi-
    dent in dieser Woche Deutschland besucht hat –: So wie
    wir wollen und dafür eintreten, dass die Muslime hier
    ihre Moscheen bauen dürfen, so wollen wir, dass auch
    die Christen in der Türkei ihre Kirchen bauen dürfen.


    (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


    Dieser Zustand ist noch längst nicht erreicht.

    Wir haben heute zu Recht immer wieder gehört, dass
    unsere Werte, zu denen natürlich die Freiheitsrechte und
    das zentrale Recht der Pressefreiheit gehören, nicht
    preisgegeben werden dürfen und wie wichtig die Presse-
    freiheit für eine freie Gesellschaft ist. Das betrifft aber
    nicht nur die Pressefreiheit, sondern auch die Freiheit
    der Kunst, die Freiheit, darin seine Meinung auszudrü-
    cken. Es wäre furchtbar, wenn Schriftsteller in Zukunft
    ihre Bücher prüfen lassen müssen, bevor sie sie veröf-
    fentlichen. Das geht überhaupt nicht. Die Freiheit von
    Presse, Kunst und Kultur muss geschützt werden.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Dr. Gregor Gysi [DIE LINKE])


    Wenn wir uns in der Welt umschauen, dann stellen
    wir fest, dass die Pressefreiheit von denen besonders ge-
    fürchtet wird – dazu gehört leider Gottes auch manches
    Land in unserer unmittelbaren Nachbarschaft –, die
    Menschenrechte und Freiheit in ihrem Land nicht hun-
    dertprozentig verwirklichen. Deswegen muss dafür in
    besonderer Weise eingetreten werden. Da kann es natür-
    lich sein, dass Dinge geschehen, die nicht jeder richtig
    und gut findet. Die Bundeskanzlerin hat darauf hinge-
    wiesen, dass zur Freiheit Verantwortung gehört. Freiheit
    und Verantwortung sind zwei Seiten derselben Medaille.

    Natürlich muss jeder selbst prüfen, wo Grenzen sind.
    Aber diese können nicht gesetzlich festgelegt werden.
    Ich will nicht gesetzlich festlegen, ob diese oder jene
    Karikatur zulässig ist, überhaupt nicht. Trotzdem sage
    ich: Wir alle haben allen Grund, uns immer wieder zu
    prüfen, wie nahe wir einem anderen treten dürfen in der
    Ausnutzung unserer Freiheit. Ich kann nur darauf hin-
    weisen: Besondere Sorgfalt muss darauf gelegt werden,





    Volker Kauder


    (A) (C)



    (D)(B)

    mit den religiösen Gefühlen und den heiligsten Symbo-
    len einer Religion nicht verantwortungslos zu spielen.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Das kann nicht durch eine Verschärfung von Gesetzen
    erreicht werden, sondern da ist die Gesellschaft aufgeru-
    fen, zu widersprechen und zu sagen: Wir wollen zwar,
    dass dies möglich ist, aber wir akzeptieren nicht, dass
    dies gemacht wird. – Insofern haben wir manchmal allen
    Grund, zu widersprechen, wenn christliche Symbole in
    dieser Weise betroffen sind. Es wäre aber auch schön,
    wenn der eine oder andere die Muslime versteht und in
    Schutz nimmt, wenn deren heiligste Symbole attackiert
    werden.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


    Ich finde, wir in der Bundesrepublik Deutschland, die
    Regierung, aber auch die Große Koalition, haben ange-
    messen reagiert. Natürlich müssen sich Regierung und
    Parlament aber die Frage vorlegen: Können wir noch et-
    was tun, können wir noch etwas verbessern, um das Ri-
    siko eines solchen Anschlags zu verringern? Ganz aus-
    schließen lässt es sich nicht. Ich finde die Maßnahme,
    die jetzt beschlossen worden ist, um ausreisebereite
    junge Menschen an der Ausreise zu hindern, indem man
    ihnen den Personalausweis entzieht, richtig. Es ist auch
    sinnvoll, diejenigen zu beobachten, die wieder einreisen.

    Aber wir müssen uns auch mit einer anderen Frage
    beschäftigen. Alle für die Sicherheit relevanten Persön-
    lichkeiten unterschiedlicher parteipolitischer Zugehörig-
    keiten sagen, dass wir die Möglichkeiten, Kontaktdaten
    zu prüfen, um daraus Erkenntnisse zu erzielen, verbes-
    sern müssen. Es geht um den Begriff der Vorratsdaten-
    speicherung; dieser Begriff gefällt mir gar nicht, aber
    bisher ist nichts Besseres auf dem Markt. Ich möchte mit
    einem Missverständnis aufräumen – das haben auch Sie,
    Herr Hofreiter, wieder angesprochen –: Die Vorratsda-
    tenspeicherung ist nicht ausschließlich ein Präventions-
    instrument, sondern eines von vielen möglichen Ermitt-
    lungsinstrumenten.


    (Beifall bei der CDU/CSU)


    Ohne sie wüssten wir so manches nicht, auch in Frank-
    reich nicht. Ich möchte darauf hinweisen, dass man die
    eine oder andere Erkenntnis – wie groß war die Zelle,
    und mit wem haben die telefoniert? – nur durch den Zu-
    griff auf diese Daten gewonnen hat.


    (Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Deswegen muss man doch nicht die Daten von allen erfassen, Herr Kauder!)


    – Wir bereden das in aller Ruhe. – Aber da unsere Provi-
    der, unsere Kommunikationsgesellschaften jetzt Flatra-
    tes anbieten, bei denen nach wenigen Stunden alle Daten
    gelöscht werden, werden Sie niemanden mehr finden.
    Wie wollen Sie denn Verbrechen im Internet aufdecken,
    wenn niemand mehr eine Spur im Internet hinterlässt?
    Deswegen müssen wir uns mit der Frage beschäftigen,
    ob wir eine solche Möglichkeit nutzen wollen oder nicht.

    (Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch abenteuerlich!)


    Ich bin dankbar dafür, dass offenbar Bewegung in dieses
    Thema gekommen ist, dass die Bereitschaft gestiegen
    ist, etwas zu tun, in den verfassungsrechtlichen Grenzen
    natürlich.

    Die Menschen müssen den Eindruck haben, dass wir
    das tun, was möglich ist. Daher ist es auch wichtig, da-
    rauf hinzuweisen, dass Menschen nicht mit unangemes-
    senen Formulierungen in der Öffentlichkeit auftreten
    sollten. Da Pegida und andere hier mehrfach angespro-
    chen worden sind, will ich Folgendes dazu sagen: Wir
    haben uns von den Äußerungen, die dort fallen, klar dis-
    tanziert. Ich bekomme jeden Tag Hunderte von E-Mails,
    weil ich gesagt habe: Was dort streckenweise formuliert
    wird, ist unakzeptabel. Das sage ich noch einmal: Dort
    fallen Äußerungen, die wir nicht akzeptieren dürfen und
    denen wir widersprechen.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


    Mich hat es etwas befremdet, dass heute Morgen in
    dieser Debatte wieder einmal über diese Gruppe gespro-
    chen wurde. Am letzten Samstag waren aber in Dresden
    35 000 Menschen auf dem Platz – das waren mehr als
    Pegida zusammenbringt –, um sich zu diesem Rechts-
    staat zu bekennen. Darüber sollten wir häufiger reden.
    Wir sollten häufiger darüber reden, dass es mutige Men-
    schen gibt, die sich zu diesem Rechtsstaat bekennen, zu
    Offenheit, zu Liberalität und zu Toleranz.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Darüber müssten auch die Medien häufiger berichten.
    Sie sollten nicht über die Gruppe berichten, die unser
    Land nicht repräsentiert, sondern häufiger über diejeni-
    gen, die das repräsentieren, was die allermeisten Men-
    schen in diesem Land für richtig halten.

    Meine sehr verehrten Damen und Herren, noch ein
    Hinweis. Herr Kollege Oppermann, wenn ein Koali-
    tionspartner will, dass man über ein Thema redet, dann
    redet man darüber. Das gilt für Sie, und das gilt auch
    dann, wenn wir etwas wollen und dann darüber reden.

    Eines möchte ich aber schon sagen: In der Diskussion
    über ein sogenanntes Zuwanderungs- bzw. Einwande-
    rungsgesetz ist der Eindruck erweckt worden, als ob wir
    uns in einem völlig rechtsfreien Raum bewegen würden.


    (Christine Lambrecht [SPD]: Das war doch von Herrn Tauber!)


    – Nein, heute Morgen hat der Kollege Oppermann ge-
    sprochen, Frau Kollegin. – Dazu will ich nur sagen: Man
    kann ja aus Ihrer Sicht sagen, dass man sich das eine
    oder andere anschauen will. Wir haben aber ein ganzes
    Paket von Regelungen für Zuwanderung und Einwande-
    rung. Da gibt es keinen rechtsfreien Raum.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)






    Volker Kauder


    (A) (C)



    (D)(B)

    Sie haben zu Recht drauf hingewiesen, dass ohne Ein-
    wanderung bzw. Zuwanderung unsere Sozialversiche-
    rungssysteme, die Arbeitsplatzsituation usw. anders aus-
    sähen. Man kann doch nicht auf der einen Seite sagen,
    dass sich eine gute Entwicklung vollzogen habe, was
    stimmt, und auf der anderen Seite sagen, es gebe über-
    haupt keine Regelungen und deswegen müsse man etwas
    unternehmen. Deshalb rate ich auch hier zu einem grö-
    ßeren Maß an Gelassenheit. Wir haben sehr viel ge-
    macht.

    Jetzt will ich noch einen Punkt ansprechen. Wir haben
    dafür gesorgt, dass die Asylverfahren schneller ablaufen
    und die Menschen, wenn sie hier sind, schneller in Ar-
    beit kommen können. Das ist sehr schön formuliert wor-
    den; jetzt kommt es aber darauf an, das umzusetzen.

    Da kann ich nur sagen: Es wäre eine große Tat und
    auch notwendig, damit Menschen nicht in der Isolation
    leben und auf dumme Gedanken kommen, dass wir all
    denjenigen, die Arbeit und Ausbildung suchen, auch Ar-
    beit und Ausbildung verschaffen. Diesen Punkt sehe ich
    an erster Stelle. Nicht über neue Zuwanderung sollte ge-
    redet werden, sondern diejenigen, die da sind, sollten
    jetzt endlich in Arbeit gebracht und in die Gesellschaft
    integriert werden.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Hier viel zu erreichen, das ist eine große Aufgabe, die
    vor uns liegt. Dieser Aufgabe werden wir uns stellen. Da
    sind wir an Ihrer Seite.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)




Rede von Dr. Norbert Lammert
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

Eva Högl ist die nächste Rednerin für die SPD-Frak-

tion.


(Beifall bei der SPD)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Eva Högl


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


    Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

    Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die
    Anschläge in Paris waren ein Angriff auf wehrlose Men-
    schen. Sie waren ein Angriff auf die Meinungs- und
    Pressefreiheit. Die Morde waren aber vor allen Dingen
    ein Angriff auf unsere offene Gesellschaft, unsere Werte
    und unsere Demokratie. Wir alle waren gemeint mit die-
    sen Anschlägen.

    Die Attentäter wollen damit eines erreichen: Sie wol-
    len die Menschen in Frankreich, in Deutschland, uns alle
    in Europa und in der Welt, tief verunsichern und unsere
    Gesellschaft spalten. Meine Damen und Herren, das
    wird ihnen nicht gelingen.


    (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Franz Josef Jung [CDU/CSU])


    Für uns ist klar: Unsere demokratische Gesellschaft
    darf sich nicht einschüchtern lassen. Freiheit und
    Rechtsstaatlichkeit lassen wir uns nicht nehmen. Wir
    werden die Freiheit nur dann verteidigen können, wenn
    wir eine offene und freie Gesellschaft erhalten, in der
    Presse- und Meinungsfreiheit sowie Religionsfreiheit,
    Einwanderung und Vielfalt selbstverständlich sind. Des-
    halb reagieren wir auf Terror, auf Morde und auf Extre-
    mismus mit Augenmaß und mit den Mitteln unseres
    Rechtsstaates; denn wir sind nicht wehrlos.

    Es gibt überhaupt keinen Grund für hektischen ge-
    setzgeberischen Aktionismus.


    (Beifall bei der SPD)


    Die Gefahr, die von gewaltbereiten Extremisten ausgeht,
    die aus Kriegsgebieten in Syrien und Irak nach Deutsch-
    land zurückkehren, ist uns bekannt. Unsere Sicherheits-
    behörden sind hier sehr wachsam und handlungsfähig.
    Wir bekämpfen Terrorismus ganz entschieden und haben
    schon Wochen vor den Anschlägen in Paris wichtige Re-
    gelungen zur Terrorismusbekämpfung auf den Weg ge-
    bracht.

    Ich erwähne, dass der Bundesinnenminister bereits im
    Herbst ein sehr weitgehendes Betätigungsverbot des IS
    erlassen hat. Neben der Verwendung von Kennzeichen
    des IS sind nunmehr auch die Unterstützung und die
    Sympathiewerbung strafbar.

    Gestern hat das Bundeskabinett einen Gesetzentwurf
    verabschiedet, der vorsieht, ausreisewilligen Dschihadis-
    ten neben dem Reisepass auch den Personalausweis zu
    entziehen, wenn sie unter dem Verdacht stehen, terroris-
    tische Aktivitäten zu verfolgen. Eine Ausreise über die
    Türkei beispielsweise in den Nahen Osten ist dann nicht
    mehr möglich.

    Künftig werden sich radikale Islamisten auch dann
    strafbar machen, wenn sie Deutschland verlassen wol-
    len, um sich an Gewalttaten im Ausland zu beteiligen
    oder sich für die Teilnahme daran in einem Camp ausbil-
    den zu lassen. Damit setzen wir eine UN-Resolution um.
    Außerdem werden wir mit einem eigenständigen
    Straftatbestand der Terrorismusfinanzierung die Finanz-
    quellen von Terroristen trockenlegen.

    Das sind drei wichtige Maßnahmen zur Terrorbe-
    kämpfung, die wir auf den Weg gebracht haben.

    Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir werden auch
    den Verfassungsschutz schlagkräftiger machen. Das ist
    auch dringend erforderlich. Wir haben im NSU-Untersu-
    chungsausschuss gesehen, dass es viele Unzulänglich-
    keiten bei den Nachrichtendiensten gibt und insbeson-
    dere die Zusammenarbeit der Verfassungsschutzämter
    von Bund und Ländern verbessert werden muss. Wir
    werden auch die personelle und technische Ausstattung
    der Sicherheitsbehörden weiter verbessern.

    Eines ist auch sehr wichtig: die europäische Koopera-
    tion. Wir als SPD begrüßen ganz ausdrücklich den Be-
    schluss der EU-Innenminister in Paris vom Sonntag, ge-
    meinsam und in enger Abstimmung in Europa gegen
    Terror vorzugehen. Für uns gilt: Wir brauchen in Europa
    mehr Zusammenarbeit und nicht weniger.


    (Beifall bei der SPD)


    Wir bauen auch die Prävention aus und stärken den
    gesellschaftlichen Zusammenhalt. Wir werden alles da-
    für tun, dass sich kein junger Mensch menschenfeindli-





    Dr. Eva Högl


    (A) (C)



    (D)(B)

    chen und gewalttätigen Organisationen anschließt. Wir
    unterstützen alle Aktivitäten, die den interreligiösen Dia-
    log fördern und sich gegen Hass und gegen Gewalt rich-
    ten. Wir reden nicht nur, sondern wir handeln auch.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)


    Wir haben deshalb das so wichtige Bundesprogramm
    „Demokratie leben! Aktiv gegen Rechtsextremismus,
    Gewalt und Menschenfeindlichkeit“ und somit Aktivitä-
    ten zur Demokratieförderung ganz deutlich unterstützt,
    indem wir in diesem Jahr insgesamt rund 50 Millionen
    Euro dafür bereitstellen. Dieser wichtige Beschluss des
    Bundestages ist eine ganz starke Aussage, weil wir da-
    mit viele Initiativen, Verbände und Vereine bei der För-
    derung von Demokratie sehr wirksam unterstützen kön-
    nen.


    (Beifall bei der SPD)


    Unsere gemeinsame Antwort auf Terror ist: Sicherheit
    und Zusammenhalt, Freiheit ohne Angst. Diesen Weg
    werden wir gemeinsam weitergehen.

    Herzlichen Dank.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)