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ID1807705800

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    Plenarprotokoll 18/77 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 77. Sitzung Berlin, Freitag, den 19. Dezember 2014 I n h a l t : Tagesordnungspunkt 22: Abgabe einer Regierungserklärung durch die Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit: zur UN-Klima- konferenz in Lima . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7383 A Dr. Barbara Hendricks, Bundesministerin BMUB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7383 B Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . . . . 7386 A Matern von Marschall (CDU/CSU) . . . . . . . . 7387 B Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7388 C Frank Schwabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7389 D Dr. Anja Weisgerber (CDU/CSU) . . . . . . . . . 7391 B Annalena Baerbock (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7392 C Dr. Matthias Miersch (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 7394 A Peter Stein (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . 7394 D Dr. Bärbel Kofler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 7396 A Dr. Thomas Gebhart (CDU/CSU) . . . . . . . . . 7397 B Tagesordnungspunkt 23: Antrag der Abgeordneten Katja Kipping, Sabine Zimmermann (Zwickau), Klaus Ernst, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Gute Arbeit und eine sanktions- freie Mindestsicherung statt Hartz IV Drucksache 18/3549 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7398 B Katja Kipping (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 7398 B Dr. Matthias Zimmer (CDU/CSU) . . . . . . . . . 7399 C Matthias W. Birkwald (DIE LINKE) . . . . . 7400 A Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . . . . . . 7402 D Dr. Martin Rosemann (SPD) . . . . . . . . . . . . . 7403 C Matthäus Strebl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 7405 A Katja Kipping (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 7406 A Sabine Zimmermann (Zwickau) (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7406 B Dr. Matthias Bartke (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 7408 A Sabine Zimmermann (Zwickau) (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7408 C Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7409 C Albert Stegemann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 7410 C Markus Paschke (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 7412 A Christel Voßbeck-Kayser (CDU/CSU) . . . . . 7413 B Ewald Schurer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7414 A Tagesordnungspunkt 24: a) Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD: Regionale Wirtschaftspolitik – Die richtigen Weichen für die Zukunft stel- len Drucksache 18/3404 . . . . . . . . . . . . . . . . . 7415 C b) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Koordinierungsrahmen der Gemein- schaftsaufgabe „Verbesserung der regio- nalen Wirtschaftsstruktur“ ab 1. Juli 2014 Drucksache 18/2200 . . . . . . . . . . . . . . . . . 7415 C Andrea Wicklein (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 7415 D Thomas Nord (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 7417 A Inhaltsverzeichnis II Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 77. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. Dezember 2014 Jan Metzler (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . 7417 D Markus Tressel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7418 D Karl Holmeier (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 7420 A Tagesordnungspunkt 26: Antrag der Abgeordneten Harald Ebner, Nicole Maisch, Friedrich Ostendorff, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Gentechnik-Anbau- verbot bundeseinheitlich und konsequent umsetzen Drucksache 18/3550 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7421 A Harald Ebner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7421 A Kees de Vries (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 7422 B Harald Ebner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7423 A Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE) . . . . . . . 7423 C Elvira Drobinski-Weiß (SPD) . . . . . . . . . . . . 7424 C Carola Stauche (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 7425 C Johann Saathoff (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7427 B Nächste Sitzung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7428 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 7429 A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7429 D Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 77. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. Dezember 2014 7383 (A) (C) (D)(B) 77. Sitzung Berlin, Freitag, den 19. Dezember 2014 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    (D) Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 77. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. Dezember 2014 7429 (A) (C) (B) Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten (D) Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Alpers, Agnes DIE LINKE 19.12.2014 Becker, Dirk SPD 19.12.2014 Brugger, Agnieszka BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 19.12.2014 Buchholz, Christine DIE LINKE 19.12.2014 Dağdelen, Sevim DIE LINKE 19.12.2014 Dörflinger, Thomas CDU/CSU 19.12.2014 Fischer (Karlsruhe- Land), Axel E. CDU/CSU 19.12.2014 Gohlke, Nicole DIE LINKE 19.12.2014 Dr. Harbarth, Stephan CDU/CSU 19.12.2014 Irlstorfer, Erich CDU/CSU 19.12.2014 Jarzombek, Thomas CDU/CSU 19.12.2014 Jung, Andreas CDU/CSU 19.12.2014 Kaczmarek, Oliver SPD 19.12.2014 Kassner, Kerstin DIE LINKE 19.12.2014 Kauder, Volker CDU/CSU 19.12.2014 Kovac, Kordula CDU/CSU 19.12.2014 Dr. Krüger, Hans-Ulrich SPD 19.12.2014 Kunert, Katrin DIE LINKE 19.12.2014 Dr. Lamers, Karl A. CDU/CSU 19.12.2014 Dr. von der Leyen, Ursula CDU/CSU 19.12.2014 Dr. de Maizière, Thomas CDU/CSU 19.12.2014 Dr. Merkel, Angela CDU/CSU 19.12.2014 Dr. Middelberg, Mathias CDU/CSU 19.12.2014 Petry, Christian SPD 19.12.2014 Pilger, Detlev SPD 19.12.2014 Rüffer, Corinna BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 19.12.2014 Dr. Schick, Gerhard BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 19.12.2014 Schiewerling, Karl CDU/CSU 19.12.2014 Schlecht, Michael DIE LINKE 19.12.2014 Schön (St. Wendel), Nadine CDU/CSU 19.12.2014 Dr. Steinmeier, Frank- Walter SPD 19.12.2014 Tank, Azize DIE LINKE 19.12.2014 Tillmann, Antje CDU/CSU 19.12.2014 Vogler, Kathrin DIE LINKE 19.12.2014 Dr. Wagenknecht, Sahra DIE LINKE 19.12.2014 Walter-Rosenheimer, Beate BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 19.12.2014 Weinberg, Harald DIE LINKE 19.12.2014 Wellmann, Karl-Georg CDU/CSU 19.12.2014 Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Die folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass sie gemäß § 80 Absatz 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absehen: Haushaltsausschuss – Unterrichtung durch die Bundesregierung Haushaltsführung 2014 Mitteilung gemäß § 37 Absatz 4 der Bundeshaushalts- ordnung über die Einwilligung in eine überplanmäßige Ausgabe bei Kapitel 06 25 Titel 671 01 – Erstattung an Dritte für die Durchführung der Fluggast- und Reisege- päckkontrollen – bis zur Höhe von 26 Mio. Euro Drucksachen 18/2885, 18/3108 Nr. 1 Ausschuss für Kultur und Medien – Unterrichtung durch die Deutsche Welle Evaluationsbericht 2013 der Deutschen Welle Drucksache 17/14285 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Anlagen 7430 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 77. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. Dezember 2014 (A) (C) (D)(B) Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden Unionsdokumente zur Kenntnis genommen oder von ei- ner Beratung abgesehen hat. Auswärtiger Ausschuss Drucksache 18/3110 Nr. A.2 EuB-BReg 75/2014 Innenausschuss Drucksache 18/1935 Nr. A.3 Ratsdokument 10060/14 Drucksache 18/1935 Nr. A.4 Ratsdokument 10062/14 Drucksache 18/1935 Nr. A.5 Ratsdokument 10063/14 Drucksache 18/2055 Nr. A.2 Ratsdokument 10297/14 Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz Drucksache 18/544 Nr. A.24 Ratsdokument 17509/13 Drucksache 18/2533 Nr. A.26 Ratsdokument 12184/14 Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft Drucksache 18/3362 Nr. A.9 Ratsdokument 14590/14 Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe Drucksache 18/3362 Nr. A.13 EP P8_TA-PROV(2014)0041 Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Drucksache 18/3362 Nr. A.14 Ratsdokument 14755/14 Drucksache 18/3362 Nr. A.15 Ratsdokument 14757/14 Drucksache 18/3362 Nr. A.16 Ratsdokument 14758/14 Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Drucksache 18/1935 Nr. A.13 Ratsdokument 10108/14 Drucksache 18/2533 Nr. A.65 Ratsdokument 12570/14 Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Drucksache 18/419 Nr. A.186 Ratsdokument 13002/13 Drucksache 18/419 Nr. A.187 Ratsdokument 13920/13 Drucksache 18/419 Nr. A.194 Ratsdokument 16118/13 Drucksache 18/419 Nr. A.195 Ratsdokument 16171/13 Drucksache 18/419 Nr. A.196 Ratsdokument 16348/13 Drucksache 18/642 Nr. A.14 Ratsdokument 5634/14 Drucksache 18/1048 Nr. A.18 EP P7_TA-PROV(2014)0128 Drucksache 18/2055 Nr. A.12 Ratsdokument 10582/14 Drucksache 18/2055 Nr. A.14 Ratsdokument 10679/14 Drucksache 18/2533 Nr. A.68 Ratsdokument 10648/14 Drucksache 18/2533 Nr. A.71 Ratsdokument 12425/14 Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de 77. Sitzung Inhaltsverzeichnis TOP 22 Regierungserklärung zur UN-Klimakonferenz TOP 23 Gute Arbeit und sanktionsfreie Mindestsicherung TOP 24 Regionale Wirtschaftspolitik TOP 26 Gentechnik-Anbauverbot Anlagen
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Ewald Schurer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


    Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen!

    Wenn wir heute diese Debatte führen – es ist kein Fehler,
    kurz vor Weihnachten inhaltlich über den Arbeitsmarkt
    zu reden –, dann muss man konstatieren: Wir hatten vor
    einem Jahrzehnt in der Tat größere Probleme am Ar-
    beitsmarkt. Damals traf der Begriff „Massenarbeitslosig-
    keit“ eher zu, da sich die Situation dramatisch dargestellt
    hat. Ich konstatiere auch: Der Druck, eine Arbeitsmarkt-
    reform durchzuführen, war damals in der Tat groß. Wie
    auch immer Sie es bewerten: Der Deutsche Gewerk-
    schaftsbund bzw. das Wirtschafts- und Sozialwissen-
    schaftliche Institut der Hans-Böckler-Stiftung hat da-
    mals festgestellt, dass durch die Sozialhilfeintegration
    fast 800 000 Menschen im Vergleich zu vorher besserge-
    stellt worden sind und überhaupt erst wahrgenommen
    wurden, was den Arbeitsmarktbereich und die Integra-
    tion in die Gesellschaft anbelangt.


    (Beifall bei der SPD)


    Es gab in der Tat auch Verwerfungen durch diese Re-
    form. Ich gebe ganz ehrlich zu: Ich glaube, die Reform
    ist damals mit heißer Nadel gestrickt worden. Der Chef-
    ingenieur, Peter Hartz, hat Jahre später selbst gesagt,
    dass er nicht nur handwerkliche Fehler sieht, sondern
    auch strukturelle Fehler; er hat es offen zugegeben. Er
    wünschte sich, dass bei der Dualität aus Fördern und
    Fordern der Aspekt des Förderns stärker berücksichtigt
    wird. Diese Verwerfungen möchte ich hier ganz offen
    konstatieren.

    Dennoch: Die Reform war unter den damaligen ge-
    sellschaftlichen Umständen notwendig; das Übrige habe
    ich dazu gesagt.
    Man darf aber auch, werte Freundinnen und Freunde
    auch der Linken, nicht vergessen: Der Arbeitsmarkt ist
    in den letzten zehn Jahren nicht nur von der Hartz-IV-
    Reform geprägt gewesen – von ihren guten und viel-
    leicht auch verbesserungswürdigen Tatbeständen –, son-
    dern es gab auch massive strukturelle und inhaltliche
    Veränderungen. Menschen mit niedriger Qualifikation,
    denen die Bildungsvoraussetzungen fehlen, tun sich heute
    in einer Wirtschaft, die ständig nach mehr Qualifikatio-
    nen, nach mehr beruflicher Bildung verlangt, signifikant
    schwerer, mitzuhalten. Deswegen sind Fördermaßnah-
    men aller Art auf dem jeweiligen Qualifikationsniveau
    für die Menschen von größter Bedeutung.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)


    Wir machen da jetzt etwas, auch wenn es – das gebe ich
    gerne zu – nur Modellbausteine sind, einmal mit 30 000,
    einmal mit 10 000 Menschen. Das ist der richtige Weg.

    Man darf auch nicht vergessen, dass wir, nachdem es
    unter der damaligen Sozialministerin – ich will hier höf-
    lich sein – einen relativen Kahlschlag im Bereich der
    Jobcenter gab, gemeinsam mit der CDU/CSU versuchen,
    die Ausstattung der Jobcenter mit Mitteln in Höhe von
    viermal 350 Millionen Euro, sprich 1,4 Milliarden Euro
    – ich sage das auch als Haushälter für den Bereich Arbeit
    und Soziales –, deutlich zu verbessern.


    (Beifall bei der SPD)


    Das reicht noch nicht; aber wir sind da in struktureller
    Hinsicht auf dem richtigen Wege.

    Ich will es in diesem letzten Debattenbeitrag auf den
    Punkt bringen: Wir brauchen jetzt ohne Wenn und Aber
    – das hat Peter Hartz selbst moniert – klare Konturen im
    Werkvertragswesen und im Leihvertragswesen. Die
    Ministerin – da bin ich ihr dankbar; die Staatssekretärin
    hört es sicherlich mit Überzeugung – hat angekündigt,
    dass die SPD und die Union im Jahr 2015 beim Kampf
    gegen den Missbrauch und das Ausfluten im Werkver-
    tragswesen klare Konturen schaffen wollen,


    (Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch auf 2016 verschoben!)


    um den ursprünglichen Charakter der Werkverträge wie-
    derherzustellen; denn Werkverträge sind nicht für Mas-
    senbeschäftigung gedacht.


    (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Heinz Wiese [Ehingen] [CDU/CSU])


    Was die Leiharbeit angeht, hat Peter Hartz damals
    deutlich beschrieben, dass die Öffnung zu Beliebigkeit
    am Arbeitsmarkt geführt hat und kontraproduktiv war.
    Es hat den Menschen in der Tat nicht geholfen. Wir
    brauchen auch bei der Leiharbeit künftig klare Konturen.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)


    Die Auswirkungen der Einführung des Mindestlohns
    – davon bin ich fest überzeugt – werden von den Linken
    aus rein rhetorischen und strategischen Gründen eindeu-
    tig unterschätzt. Schauen Sie sich mal an, mit welch ei-
    ner Unvernunft ein Teil der Wirtschaft bzw. der Unter-

    (A)


    Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 77. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. Dezember 2014 7415

    Ewald Schurer


    (A) (C)



    (D)(B)

    nehmen heute schon, vor dem 1. Januar 2015, versucht,
    den Mindestlohn zu unterlaufen. Mir war immer klar:
    Ein Mindestlohn in Höhe von zunächst einmal 8,50 Euro
    wird nicht automatisch in allen Kreisen der Wirtschaft
    Gefallen finden, vor allen Dingen bei denen, die ihn in-
    haltlich und intellektuell nicht verstanden haben.

    Mir geht es letzten Endes darum, klarzumachen: Es
    gehört zur Würde aller Menschen, dass sie von ihrer Ar-
    beit – zumindest in der Regel – auch leben können. Das
    ist auch eine Voraussetzung für die Integration in unsere
    Gesellschaft. Dass wir diese Philosophie gemeinsam mit
    den Freunden der Union durchsetzen, das ist schon ein
    Paradigmenwechsel in unserer Gesellschaft,


    (Beifall bei der SPD)


    der in Zukunft noch ausgebaut werden muss.

    Als Haushälter habe ich zusammen mit dem Kollegen
    Axel Fischer dafür gesorgt, dass die Mindestlohnkom-
    mission von einer Geschäftsstelle unterstützt wird. Auf
    der Grundlage der Arbeit von Wissenschaftlern ist die
    Mindestlohnkommission in der Lage, alle Folgeentwick-
    lungen zu evaluieren: Wie wirkt sich der Mindestlohn
    auf Tarifverträge aus? Wie kann sichergestellt werden,
    dass der Mindestlohn nicht unterlaufen werden kann?
    Wie wird sich der Mindestlohn auf die Steuereinnahmen
    und die Sozialsysteme auswirken? Eine Evaluierung die-
    ser Themen ist eine enorm wichtige Aufgabe.

    Es geht darum, dass der Mindestlohn nicht statisch
    ist, Frau Präsidentin, sondern sich mit der Dynamik in
    unserer Gesellschaft entwickelt. Nur so können die Men-
    schen von ihrer Arbeit auch wirklich leben. Das zu errei-
    chen, wäre, zusammen mit der Begrenzung des Miss-
    brauchs von Werkverträgen und Leiharbeit, das größte
    Ziel. Dann würde es wieder möglich, die Menschen in
    unsere Gesellschaft zu integrieren, und zwar durch gute
    Arbeit, was das Thema der heutigen Debatte war.

    Herzlichen Dank.


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)




Rede von Dr. h.c. Edelgard Bulmahn
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

Wie Sie sehen, ist die Geduld der Präsidentin auch

nicht statisch, sondern dynamisch. Das war schon eine
kleine Geduldsprobe, lieber Kollege.


(Ewald Schurer [SPD]: Ich danke Ihnen! – Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Aber da es im Sinne der Debatte ist, einen Gedanken
vollständig auszuführen, habe ich es zugelassen, dass sie
ein bisschen länger reden.

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 18/3549 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
verstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
so beschlossen.
Ich rufe die Tagesordnungspunkte 24 a und 24 b auf:

a) Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/
CSU und SPD

Regionale Wirtschaftspolitik – Die richtigen
Weichen für die Zukunft stellen

Drucksache 18/3404
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Energie (f)

Innenausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft
Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und
Reaktorsicherheit
Ausschuss für Tourismus
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Ausschuss Digitale Agenda
Haushaltsausschuss

b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesre-
gierung

Koordinierungsrahmen der Gemeinschafts-
aufgabe „Verbesserung der regionalen Wirt-
schaftsstruktur“ ab 1. Juli 2014

Drucksache 18/2200
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Energie (f)

Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft
Ausschuss für Tourismus
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Haushaltsauschuss

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung, liebe
Kolleginnen und Kollegen, sind für die Aussprache
25 Minuten vorgesehen. – Ich höre dazu keinen Wider-
spruch. Dann ist das auch so beschlossen.

Wenn die Kolleginnen und Kollegen sich jetzt gesetzt
haben, kann ich die Aussprache eröffnen, und wir kön-
nen die Debatte beginnen.

Als erste Rednerin in der Debatte erhält Andrea
Wicklein von der SPD das Wort.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Andrea Wicklein


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


    Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

    Kollegen! Heute beraten wir den Antrag der Fraktionen
    der CDU/CSU und SPD „Regionale Wirtschaftspolitik –
    Die richtigen Weichen für die Zukunft stellen“. Kern der
    regionalen Wirtschaftspolitik ist die Gemeinschaftsauf-
    gabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“,
    GRW, zur Unterstützung strukturschwacher Regionen.
    Wir, die Koalitionsfraktionen, bekennen uns mit unse-
    rem Antrag zu diesem bewährten Förderinstrument.

    Die GRW ist eine Erfolgsgeschichte. Allein zwischen
    1991 und 2013 wurden mit 45 Milliarden Euro GRW-
    Mitteln Investitionen der gewerblichen Wirtschaft in
    Höhe von sage und schreibe 239 Milliarden Euro ausge-
    löst. Dadurch wurden 1,2 Millionen Arbeitsplätze ge-
    schaffen sowie über 2,3 Millionen Arbeitsplätze gesi-
    chert.

    7416 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 77. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. Dezember 2014

    Andrea Wicklein


    (A) (C)



    (D)(B)


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


    Diese Bilanz zeigt: Ohne die GRW hätten viele Investi-
    tionen nicht stattgefunden, hätten sich viele Regionen in
    unserem Land nicht so gut entwickeln können. Die
    GRW ist deshalb ein Stück gelebter Solidarität zwischen
    dem Bund und den Ländern. Darauf können wir mit
    Recht stolz sein.


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


    Was viele nicht wissen: Die GRW ist nicht erst nach
    der deutschen Einheit erfunden worden, um die neuen
    Bundesländer zu unterstützen. Sie besteht bereits seit
    45 Jahren. Sie wurde damals gemeinsam mit anderen
    Gemeinschaftsaufgaben, zum Beispiel der Gemeinschafts-
    aufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küs-
    tenschutzes“ im Grundgesetz verankert. Bereits in den
    60er-Jahren ging es nämlich um die Frage, ob und wie
    Bund und Länder bei wichtigen gesamtstaatlichen Auf-
    gaben zusammenwirken können. Damals waren es Län-
    der wie Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Rhein-
    land-Pfalz, die auf Bundeshilfe angewiesen waren.

    Damals war die Bund-Länder-Zusammenarbeit übri-
    gens sehr umstritten. 1967 zitierte Der Spiegel Kanzler
    Kiesinger bei einem Treffen mit den Ministerpräsidenten
    der Länder zur Reform der Finanzbeziehungen mit fol-
    genden Worten:

    Diese Reform ist der Prüfstein der Großen Koali-
    tion. Wenn sie scheitert, dann scheitert auch die Ko-
    alition.

    Keine Sorge, liebe Kolleginnen und Kollegen,


    (Klaus Barthel [SPD]: Nicht noch vor Weihnachten! – Heiterkeit bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    diese Zeiten sind vorbei. Heute sind wir uns in diesem
    Hohen Hause, glaube ich, alle einig, dass es eine ge-
    meinsame Verantwortung von Bund und Ländern geben
    muss, dass sie sinnvoll ist, um strukturelle Unterschiede
    zwischen den Regionen auszugleichen, und dass wir
    eine solche Gemeinschaftsaufgabe auch zukünftig brau-
    chen. Unser Ziel sind gleichwertige Lebensverhältnisse
    in unserem Land. Dieses Ziel ist grundgesetzlich ver-
    brieft und ist deshalb eine Verpflichtung für die Politik.


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie des Abg. Markus Tressel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


    Wie sieht die Situation in unserem Land heute aus?
    Der aktuelle Raumordnungsbericht des Bundesinstituts
    für Bau-, Stadt- und Raumforschung zeigt, dass die Ent-
    wicklungsunterschiede im gesamten Bundesgebiet nach
    wie vor sehr groß sind. Er zeigt die regionalen Disparitä-
    ten in Bezug auf Demografie, Wirtschaft, Arbeitsmarkt,
    Wohlstand und Infrastruktur. So liegt beispielsweise das
    Bruttoinlandsprodukt pro Kopf der Bevölkerung im
    ländlichen Trier oder auch in Mecklenburg-Strelitz bei
    unter 20 000 Euro. In den Städten Erlangen oder Re-
    gensburg beträgt es dagegen mehr als 60 000 Euro. Bei
    der Arbeitslosigkeit sieht die Spreizung ähnlich aus: In
    Gelsenkirchen, Bremerhaven und der Uckermark liegt
    sie bei 14 Prozent, während sie in Donau-Ries, Pfaffen-
    hofen an der Ilm oder Erding gerade einmal 2 Prozent
    beträgt.


    (Zuruf des Abg. Willi Brase [SPD])


    – Auch dort, Willi Brase.

    In dem Bericht wird deshalb vor einer negativen Ab-
    wärtsspirale aus Abwanderung, zurückgehenden Be-
    triebsansiedlungen und zurückgehenden Finanzen in die-
    sen Regionen gewarnt. Genau hier setzt die GRW gezielt
    an: Sie unterstützt schwächere Regionen im Struktur-
    wandel, verbessert die Standortbedingungen und schafft
    wettbewerbsfähige Arbeitsplätze.

    Ein gelungenes Beispiel ist das frühere Stahlwerkge-
    lände im Dortmunder Stadtteil Hörde: Land und Bund
    fördern hier den Ausbau zum Technologiestandort
    Phoenix. Hier entstehen auf über 200 Hektar Entwick-
    lungsfläche Räume für Mikro- und Nanotechnologie,
    Softwareschmieden, Wohnen und Freizeit im Grünen.
    Das ist eine Fläche annähernd so groß wie 300 Fußball-
    felder.

    Oder nehmen wir Rostock: In der Hansestadt wurden
    seit 2007 Investitionen in Höhe von rund 850 Millionen
    Euro durch die GRW ausgelöst. Dadurch wurden Tau-
    sende Arbeitsplätze gesichert oder geschaffen, beispiels-
    weise durch die Ansiedlung des Unternehmens Liebherr,
    das Schiffs- und Offshorekrane entwickelt und fertigt.

    Diese Beispiele zeigen: Die gemeinsame Wirtschafts-
    politik von Bund und Ländern zahlt sich aus. Wir wollen
    deshalb die GRW weiterentwickeln und stärken. Das ha-
    ben wir im Koalitionsvertrag beschlossen.

    Der heute von den Koalitionsfraktionen vorgelegte
    Antrag verfolgt dieses Ziel und kommt genau zur rech-
    ten Zeit. Aktuell laufen die Bund-Länder-Finanzver-
    handlungen. Dabei muss eines klar sein: Auch ein neuer
    Länderfinanzausgleich wird die Strukturschwäche von
    Regionen nicht ausreichend berücksichtigen können.
    Deshalb ist Kern unseres Antrags, dass wir auch nach
    2020 ein Fördersystem für strukturschwache Regionen
    brauchen. Deshalb müssen wir schon jetzt die Weichen
    für ein gesamtdeutsches System der regionalen Wirt-
    schaftsförderung stellen.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Für den Haushalt 2015 haben wir die Bundesmittel
    für die GRW auf 600 Millionen Euro aufgestockt. In den
    kommenden Jahren werden wir diese Mittel weiter erhö-
    hen. Zusammen mit den Ländermitteln wird die GRW
    dann über 1 Milliarde Euro betragen.

    Mit dem beschlossenen Haushalt und unserem Antrag
    machen wir deutlich, dass sich die Menschen auch zu-
    künftig darauf verlassen können, dass Bund und Länder
    miteinander daran arbeiten, dass sich die Lebensverhält-
    nisse in Ost und West, in Nord und Süd weiter anglei-
    chen und keine Region abgehängt wird.

    In diesem Sinne vielen Dank und schöne Weihnach-
    ten.


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


    Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 77. Sitzung. Berlin, Freitag, den 19. Dezember 2014 7417


    (A) (C)



    (D)(B)