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    Plenarprotokoll 18/76 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 76. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2014 I n h a l t : Glückwünsche zum Geburtstag der Abgeord- neten Roland Claus und Maria Michalk . . . 7193 A Wahl der Abgeordneten Dr. Rolf Mützenich und Johann Saathoff als Vertreter der Bun- desrepublik Deutschland zur Parlamenta- rischen Versammlung des Europarates . . . 7193 B Wahl der Abgeordneten Gülistan Yüksel als Schriftführerin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7193 B Erweiterung und Abwicklung der Tagesord- nung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7193 B Absetzung der Tagesordnungspunkte 4 und 25 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7194 B Nachruf auf den Abgeordneten Dr. Andreas Schockenhoff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7194 C Nachruf auf den Ministerpräsidenten a. D. Ernst Albrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7195 A Tagesordnungspunkt 3: Abgabe einer Regierungserklärung durch die Bundeskanzlerin: zum Europäischen Rat am 18./19. Dezember 2014 in Brüssel . . . . . 7195 B Dr. Angela Merkel, Bundeskanzlerin . . . . . . . 7195 B Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 7199 C Thomas Oppermann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 7202 D Katrin Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7205 C Volker Kauder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 7207 C Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7210 C Axel Schäfer (Bochum) (SPD) . . . . . . . . . . . . 7211 A Gerda Hasselfeldt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 7211 D Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7213 D Bernd Westphal (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7214 D Dr. Michael Fuchs (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 7215 C Christian Petry (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7217 A Gunther Krichbaum (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 7217 D Dr. Diether Dehm (DIE LINKE) . . . . . . . . 7218 C Marieluise Beck (Bremen) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7219 C Zusatztagesordnungspunkt 2: Antrag des Bundesministeriums der Finan- zen: Finanzhilfen zugunsten Griechen- lands; technische Verlängerung und Fort- führung der Stabilitätshilfe: Einholung eines zustimmenden Beschlusses des Deut- schen Bundestages nach § 3 Absatz 1 i. V. m. § 3 Absatz 2 Nummer 2 des Stabili- sierungsmechanismusgesetzes auf Verlän- gerung der bestehenden Finanzhilfefazili- tät sowie nach § 4 Absatz 1 Nummer 1 des ESM-Finanzierungsgesetzes, der Helleni- schen Republik nach Artikel 13 Absatz 2 des ESM-Vertrages grundsätzlich vorsorg- liche Finanzhilfe zu gewähren Drucksache 18/3532 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7219 D Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7220 A Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7221 D Dr. Dietmar Bartsch (DIE LINKE) . . . . . . . . 7222 D Carsten Schneider (Erfurt) (SPD) . . . . . . . . . 7224 B Klaus-Peter Willsch (CDU/CSU) . . . . . . . 7225 D Inhaltsverzeichnis II Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 76. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2014 Sven-Christian Kindler (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7227 A Norbert Barthle (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 7228 A Dr. Diether Dehm (DIE LINKE) . . . . . . . . . . 7229 D Christian Petry (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 7230 B Ewald Schurer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7230 D Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7232 B Alois Karl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . 7233 A Tagesordnungspunkt 5: Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr. Harald Terpe, Katja Dörner, Volker Beck (Köln), weiteren Abgeordneten und der Frak- tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch zur Gleichstellung verheirateter, verpartnerter und auf Dauer in einer Lebensgemeinschaft lebender Paare bei der Kostenübernahme der gesetzlichen Krankenversicherung für Maßnahmen der künstlichen Befruchtung Drucksache 18/3279 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7234 C Katja Dörner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7234 D Hubert Hüppe (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 7235 D Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7236 C Kathrin Vogler (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 7238 A Mechthild Rawert (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 7239 B Dr. Katja Leikert (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 7241 A Harald Petzold (Havelland) (DIE LINKE) . . . 7243 A Dirk Heidenblut (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7243 D Kathrin Vogler (DIE LINKE) . . . . . . . . . . 7244 C Dr. Harald Terpe (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7245 C René Röspel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7246 A Rudolf Henke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 7246 D Marcus Weinberg (Hamburg) (CDU/CSU) . . 7247 D Katja Dörner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7249 A Zusatztagesordnungspunkt 3: Antrag der Abgeordneten Friedrich Ostendorff, Harald Ebner, Nicole Maisch, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: zu dem Vorschlag für eine Ver- ordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Tierzucht- und Abstam- mungsbestimmungen für den Handel mit Zuchttieren und deren Zuchtmaterial in der Union sowie für die Einfuhr derselben in die Union – KOM(2014) 5 endg. – hier: Stellungnahme gegenüber der Bundesre- gierung gemäß Artikel 23 Absatz 3 des Grundgesetzes – Kennzeichnung von Zucht- tieren und -materialien mit Klonabstam- mung im EU-Tierzuchtrecht verankern Drucksache 18/3557 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7250 A Tagesordnungspunkt 27: a) Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zu der Ent- scheidung der Konferenz von Doha vom 8. Dezember 2012 zur Änderung des Protokolls von Kyoto vom 11. Dezem- ber 1997 zum Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaän- derungen (Doha-Änderung des Proto- kolls von Kyoto) Drucksachen 18/3123, 18/3582 . . . . . . . . 7250 C b) Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 10. März 2009 zwischen den Mitgliedstaaten der Euro- päischen Union über die zentrale Zoll- abwicklung hinsichtlich der Aufteilung der nationalen Erhebungskosten, die bei der Bereitstellung der traditionellen Eigenmittel für den Haushalt der Euro- päischen Union einbehalten werden Drucksachen 18/3125, 18/3594 . . . . . . . . 7250 C c) Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Europa-Mittelmeer- Luftverkehrsabkommen vom 10. Juni 2013 zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Regierung des Staates Israel andererseits (Vertragsgesetz Europa- Mittelmeer-Israel-Luftverkehrsabkom- men – Euromed-ISR-LuftverkAbkG) Drucksachen 18/3255, 18/3534 . . . . . . . . 7250 D d) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Energie zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Joachim Pfeiffer, Lena Strothmann, Artur Auernhammer, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Wolfgang Tiefensee, Sabine Poschmann, Niels Annen, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Der deutsche Meisterbrief – Erfolgrei- che Unternehmerqualifizierung, Basis für handwerkliche Qualität und beson- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 76. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2014 III dere Bedeutung für die duale Ausbil- dung Drucksachen 18/3317, 18/3587 . . . . . . . . 7251 B e)–j) Beratung der Beschlussempfehlungen des Petitionsausschusses: Sammelübersich- ten 128, 129, 130, 131, 132 und 133 zu Petitionen Drucksachen 18/3428, 18/3429, 18/3430, 18/3431, 18/3432, 18/3433 . . . . . . . . . . . . 7251 C Zusatztagesordnungspunkt 4: a)–e) Beratung der Beschlussempfehlungen des Petitionsausschusses: Sammelübersich- ten 134, 135, 136, 137 und 138 zu Petitio- nen Drucksachen 18/3568, 18/3569, 18/3570, 18/3571, 18/3572 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7252 A Zusatztagesordnungspunkt 5: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Haltung der Bundesregierung zur breiten Kritik unter anderem der EU-Kommission an der Einführung einer Infrastrukturabgabe in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7252 C Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7252 C Alexander Dobrindt, Bundesminister BMVI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7253 D Herbert Behrens (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 7256 B Sebastian Hartmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 7257 C Steffen Bilger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 7259 A Sabine Leidig (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 7260 C Christian Petry (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7261 B Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7262 B Ulrich Lange (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 7263 D Andreas Schwarz (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 7264 D Karl Holmeier (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 7266 A Daniela Ludwig (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 7267 A Michael Donth (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 7268 A Tagesordnungspunkt 6: Wahlvorschlag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD: Wahl des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages Drucksache 18/3547 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7268 D Wahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7269 B Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7269 C Tagesordnungspunkt 7: – Beschlussempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung: Entsendung bewaff- neter deutscher Streitkräfte am NATO- geführten Einsatz Resolute Support Mission für die Ausbildung, Beratung und Unterstützung der afghanischen nationalen Sicherheitskräfte in Afgha- nistan Drucksachen 18/3246, 18/3583. . . . . . . . . 7269 D – Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung Drucksache 18/3592 . . . . . . . . . . . . . . . . . 7269 D in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 6: Unterrichtung durch die Bundesregierung: Fortschrittsbericht zur Lage in Afghanis- tan 2014 – einschließlich einer Zwischenbi- lanz des Afghanistan-Engagements Drucksache 18/3270 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7270 A Dr. Ursula von der Leyen, Bundesministerin BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7270 B Jan van Aken (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 7271 B Rainer Arnold (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 7272 A Henning Otte (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 7274 B Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7274 D Jan van Aken (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 7275 A Niels Annen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7275 C Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7277 C Dr. Andreas Nick (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 7278 C Florian Hahn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 7279 C Namentliche Abstimmung. . . . . . . . . . . . . . . . 7280 D Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7282 C Tagesordnungspunkt 8: – Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- wärtigen Ausschusses zu dem Antrag der IV Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 76. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2014 Bundesregierung: Fortsetzung der Betei- ligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an der NATO-geführten Operation ACTIVE ENDEAVOUR im Mittelmeer Drucksachen 18/3247, 18/3584 . . . . . . . . . 7281 B – Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung Drucksache 18/3593 . . . . . . . . . . . . . . . . . 7281 B Dr. Karl-Heinz Brunner (SPD) . . . . . . . . . . . . 7281 C Stefan Liebich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 7285 A Philipp Mißfelder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 7285 D Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7286 C Dirk Vöpel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7287 C Elisabeth Motschmann (CDU/CSU) . . . . . . . 7288 B Julia Bartz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . 7289 A Namentliche Abstimmung. . . . . . . . . . . . . . . . 7290 A Ergebnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7291 D Tagesordnungspunkt 9: Beratung der Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der Abgeordneten Sabine Leidig, Herbert Behrens, Caren Lay, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: 20-Jahres-Bilanz der Bahnreform von 1994 bis 2014 Drucksachen 18/1500, 18/3266 . . . . . . . . . . . 7290 B Sabine Leidig (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 7290 C Enak Ferlemann, Parl. Staatssekretär BMVI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7294 A Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7295 A Matthias Gastel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7296 B Martin Burkert (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7297 B Sabine Leidig (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 7298 A Dirk Fischer (Hamburg) (CDU/CSU) . . . . . . 7299 A Sabine Leidig (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 7299 D Martin Burkert (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 7300 B Kirsten Lühmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 7301 C Ulrich Lange (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 7302 C Tagesordnungspunkt 10: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Kultur und Medien zu der Unter- richtung durch die Deutsche Welle: Aufga- benplanung der Deutschen Welle 2014 bis 2017 Drucksachen 18/2536, 18/3056, 18/3216 Nr. 3, 18/3595 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7303 B Monika Grütters, Staatsministerin BK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7303 C Harald Petzold (Havelland) (DIE LINKE) . . 7304 D Martin Dörmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 7306 A Tabea Rößner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7307 A Martin Dörmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 7307 C Thomas Silberhorn, Parl. Staatssekretär BMZ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7309 A Dagmar Freitag (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7309 D Marco Wanderwitz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 7310 D Tabea Rößner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7311 A Tagesordnungspunkt 11: Erste Beratung des von den Abgeordneten Katja Keul, Luise Amtsberg, Volker Beck (Köln), weiteren Abgeordneten und der Frak- tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ände- rung des Versorgungsausgleichsgesetzes Drucksache 18/3210 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7312 C Katja Keul (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7312 D Dr. Sabine Sütterlin-Waack (CDU/CSU) . . . . 7313 D Jörn Wunderlich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 7315 D Dennis Rohde (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7316 C Dr. Volker Ullrich (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 7317 D Sonja Steffen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7319 A Tagesordnungspunkt 12: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Bun- desdatenschutzgesetzes – Stärkung der Un- abhängigkeit der Datenschutzaufsicht im Bund durch Errichtung einer obersten Bundesbehörde Drucksachen 18/2848, 18/3598. . . . . . . . . . . . 7320 C Stephan Mayer (Altötting) (CDU/CSU) . . . . 7320 D Jan Korte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . 7321 D Gerold Reichenbach (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 7323 A Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7324 C Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 76. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2014 V Marian Wendt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 7325 C Namentliche Abstimmungen . . . . . . . . 7327 A, 7329 D Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7327 C, 7334 A Tagesordnungspunkt 13: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Wirtschaft und Energie zu dem Antrag der Abgeordneten Karin Binder, Caren Lay, Jan Korte, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Schutz von Kindern vor Schadstoffen in Spielzeugen wirksam durchsetzen Drucksachen 18/1367, 18/2717 . . . . . . . . . . . 7330 A Tagesordnungspunkt 14: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Bevorrechtigung der Verwendung elek- trisch betriebener Fahrzeuge (Elektromo- bilitätsgesetz – EmoG) Drucksache 18/3418 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7330 A Tagesordnungspunkt 15: a) Antrag der Abgeordneten Tom Koenigs, Uwe Kekeritz, Claudia Roth (Augsburg), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Iguala ist kein Einzelfall – Zur Menschenrechts- lage in Mexiko Drucksache 18/3552 . . . . . . . . . . . . . . . . . 7330 B b) Antrag der Abgeordneten Heike Hänsel, Michael Leutert, Wolfgang Gehrcke, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Menschenrechte in Mexiko schützen, Verhandlungen zum Sicher- heitsabkommen aussetzen Drucksache 18/3548 . . . . . . . . . . . . . . . . . 7330 C c) Antrag der Abgeordneten Hans-Christian Ströbele, Irene Mihalic, Uwe Kekeritz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sicherheits- abkommen brauchen Standards Drucksache 18/3553 . . . . . . . . . . . . . . . . . 7330 C Tagesordnungspunkt 16: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Teilumsetzung der Energieeffizienzrichtli- nie und zur Verschiebung des Außerkraft- tretens des § 47 g Absatz 2 des Gesetzes ge- gen Wettbewerbsbeschränkungen Drucksache 18/3373 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7330 D Tagesordnungspunkt 17: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Arbeit und Soziales zu dem An- trag der Abgeordneten Matthias W. Birkwald, Ulla Jelpke, Halina Wawzyniak, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion DIE LINKE: Wiedereingliederung fördern – Gefangene in die Renten-, Kranken- und Pflegeversi- cherung einbeziehen Drucksachen 18/2606, 18/2784 . . . . . . . . . . . 7331 A Gabriele Hiller-Ohm (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 7331 A Matthias W. Birkwald (DIE LINKE) . . . . . . . 7332 D Peter Weiß (Emmendingen) (CDU/CSU) . . . 7336 A Markus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7336 D Matthäus Strebl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 7337 D Tagesordnungspunkt 18: a) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr und digitale In- frastruktur – zu dem Antrag der Abgeordneten Hans-Werner Kammer, Arnold Vaatz, Ulrich Lange, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Gustav Herzog, Sören Bartol, Kirsten Lühmann, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Wasserstraßen- und Schiff- fahrtsverwaltung zukunftsfest ge- stalten – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Valerie Wilms, Stephan Kühn (Dresden), Sven-Christian Kindler, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Reform der Wasser- und Schifffahrtsverwal- tung konsequent fortsetzen Drucksachen 18/3041, 18/1341, 18/3536 . . 7339 A b) Antrag der Abgeordneten Herbert Behrens, Caren Lay, Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Sozialverträgliche Arbeitsver- hältnisse und fristgerechte Nachbeset- zung in der Wasser- und Schifffahrts- verwaltung sichern Drucksache 18/3414 . . . . . . . . . . . . . . . . . 7339 A Hans-Werner Kammer (CDU/CSU) . . . . . . . 7339 B Herbert Behrens (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 7340 B Dr. Birgit Malecha-Nissen (SPD) . . . . . . . . . 7341 B Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7342 B VI Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 76. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2014 Eckhardt Rehberg (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 7343 C Johann Saathoff (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7344 A Tagesordnungspunkt 19: – Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Matthias W. Birkwald, Sabine Zimmermann (Zwickau), Klaus Ernst, weiteren Abgeordneten und der Fraktion DIE LINKE eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes für mehr Konti- nuität der Beitragssätze in der gesetzli- chen Rentenversicherung (Beitragssatz- gesetz 2014) Drucksachen 18/3042, 18/3462 . . . . . . . . 7345 A – Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung Drucksache 18/3463 . . . . . . . . . . . . . . . . . 7345 A Tagesordnungspunkt 20: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Fahr- personalgesetzes Drucksachen 18/3254, 18/3586 . . . . . . . . . . . 7345 B Tagesordnungspunkt 21: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Weiterentwicklung des Personalrechts der Beamtinnen und Beamten der früheren Deutschen Bundespost Drucksache 18/3512 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7345 C Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7345 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 7347 A Anlage 2 Namensverzeichnis der Mitglieder des Deut- schen Bundestages, die an der Wahl des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages teilgenommen haben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7347 B Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Klaus-Peter Willsch (CDU/CSU) zur Abstim- mung über den Antrag des Bundesministe- riums der Finanzen: Finanzhilfen zugunsten Griechenlands; technische Verlängerung und Fortführung der Stabilitätshilfe: Einholung ei- nes zustimmenden Beschlusses des Deut- schen Bundestages nach § 3 Absatz 1 i. V. m. § 3 Absatz 2 Nummer 2 des Stabilisierungs- mechanismusgesetzes auf Verlängerung der bestehenden Finanzhilfefazilität sowie nach § 4 Absatz 1 Nummer 1 des ESM-Finanzie- rungsgesetzes, der Hellenischen Republik nach Artikel 13 Absatz 2 des ESM-Vertrages grundsätzlich vorsorgliche Finanzhilfe zu ge- währen (Zusatztagesordnungspunkt 2) . . . . . 7350 A Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Markus Paschke (SPD) zur namentlichen Ab- stimmung über die Beschlussempfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung zur Entsendung bewaffne- ter deutscher Streitkräfte am NATO-geführten Einsatz Resolute Support Mission für die Ausbildung, Beratung und Unterstützung der afghanischen nationalen Sicherheitskräfte in Afghanistan (Tagesordnungspunkt 7) . . . . . . . 7351 A Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Marieluise Beck (Bremen), Omid Nouripour und Manuel Sarrazin (alle BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur namentlichen Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Auswärti- gen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesre- gierung zur Entsendung bewaffneter deutscher Streitkräfte am NATO-geführten Einsatz Re- solute Support Mission für die Ausbildung, Beratung und Unterstützung der afghanischen nationalen Sicherheitskräfte in Afghanistan (Tagesordnungspunkt 7) . . . . . . . . . . . . . . . . . 7351 C Anlage 6 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Tobias Lindner und Tabea Rößner (beide BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur namentli- chen Abstimmung über die Beschlussempfeh- lung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung zur Entsendung bewaffneter deutscher Streitkräfte am NATO- geführten Einsatz Resolute Support Mission für die Ausbildung, Beratung und Unterstüt- zung der afghanischen nationalen Sicherheits- kräfte in Afghanistan (Tagesordnungspunkt 7) 7352 C Anlage 7 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Dr. Alexander S. Neu (DIE LINKE) zur na- mentlichen Abstimmung über die Beschluss- empfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung: Fortset- zung der Beteiligung bewaffneter deutscher Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 76. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2014 VII Streitkräfte an der NATO-geführten Operation ACTIVE ENDEAVOUR im Mittelmeer (Ta- gesordnungspunkt 8) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7353 A Anlage 8 Erklärung nach § 31 Absatz 2 GO des Abge- ordneten Jörn Wunderlich (DIE LINKE) zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales zu dem Antrag der Abgeordneten Matthias W. Birkwald, Ulla Jelpke, Halina Wawzyniak, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Wiedereingliederung fördern – Ge- fangene in die Renten-, Kranken- und Pflege- versicherung einbeziehen (Tagesordnungs- punkt 17) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7353 B Anlage 9 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts: Schutz von Kindern vor Schadstoffen in Spielzeugen wirksam durchsetzen (Tagesord- nungspunkt 13) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7353 B Mechthild Heil (CDU/CSU). . . . . . . . . . . . . 7353 B Marcus Held (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7354 D Karin Binder (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 7356 A Nicole Maisch (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7356 D Anlage 10 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Bevorrechti- gung der Verwendung elektrisch betriebener Fahrzeuge (Elektromobilitätsgesetz – EmoG) (Tagesordnungspunkt 14) . . . . . . . . . . . . . . . . 7357 B Steffen Bilger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 7357 B Andreas Rimkus (SPD). . . . . . . . . . . . . . . . . 7358 B Thomas Lutze (DIE LINKE). . . . . . . . . . . . . 7359 C Stephan Kühn (Dresden) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7360 A Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin BMVI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7360 C Anlage 11 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Anträge: – Iguala ist kein Einzelfall – Zur Menschen- rechtslage in Mexiko – Menschenrechte in Mexiko schützen, Ver- handlungen zum Sicherheitsabkommen aussetzen – Sicherheitsabkommen brauchen Standards (Tagesordnungspunkt 15) . . . . . . . . . . . . . . . . 7362 A Dr. Egon Jüttner (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 7362 B Frank Schwabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 7362 D Heike Hänsel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 7364 D Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7365 C Dr. Maria Böhmer, Staatsministerin AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7366 D Anlage 12 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Teilumset- zung der Energieeffizienzrichtlinie und zur Ver- schiebung des Außerkrafttretens des § 47 g Absatz 2 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbe- schränkungen (Tagesordnungspunkt 16) . . . . 7367 D Dr. Herlind Gundelach (CDU/CSU) . . . . . . 7367 D Dr. Nina Scheer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 7369 A Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . . . 7369 D Dr. Julia Verlinden (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7370 B Anlage 13 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes für mehr Konti- nuität der Beitragssätze in der gesetzlichen Rentenversicherung (Beitragssatzgesetz 2014) (Tagesordnungspunkt 19) . . . . . . . . . . . . . . . . 7371 A Jana Schimke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 7371 A Dr. Astrid Freudenstein (CDU/CSU) . . . . . . 7371 D Dr. Martin Rosemann (SPD) . . . . . . . . . . . . 7372 C Matthias W. Birkwald (DIE LINKE). . . . . . . 7373 C Markus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7374 B Anlage 14 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur Än- derung des Fahrpersonalgesetzes (Tagesord- nungspunkt 20) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7374 D Oliver Wittke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 7374 D Florian Oßner (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 7375 C VIII Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 76. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2014 Udo Schiefner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7376 C Thomas Lutze (DIE LINKE). . . . . . . . . . . . . 7377 C Stephan Kühn (Dresden) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7377 D Anlage 15 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Weiterent- wicklung des Personalrechts der Beamtinnen und Beamten der früheren Deutschen Bundes- post (Tagesordnungspunkt 21) . . . . . . . . . . . . 7378 C Norbert Brackmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . 7378 C Michael Frieser (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 7379 B Dr. Hans-Ulrich Krüger (SPD) . . . . . . . . . . 7379 D Frank Tempel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 7381 A Irene Mihalic (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7381 C Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 76. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2014 7193 (A) (C) (D)(B) 76. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2014 Beginn: 9.01 Uhr
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    3) Anlage 15 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 76. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2014 7347 (A) (C) (B) Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten (D) Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Alpers, Agnes DIE LINKE 18.12.2014 Becker, Dirk SPD 18.12.2014 Buchholz, Christine DIE LINKE 18.12.2014 Dağdelen, Sevim DIE LINKE 18.12.2014 Ehrmann, Siegmund SPD 18.12.2014 Fischer (Karlsruhe- Land), Axel E. CDU/CSU 18.12.2014 Gohlke, Nicole DIE LINKE 18.12.2014 Hajduk, Anja BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 18.12.2014 Hintze, Peter CDU/CSU 18.12.2014 Irlstorfer, Erich CDU/CSU 18.12.2014 Jarzombek, Thomas CDU/CSU 18.12.2014 Kaczmarek, Oliver SPD 18.12.2014 Kovac, Kordula CDU/CSU 18.12.2014 Dr. Krüger, Hans- Ulrich SPD 18.12.2014 Kunert, Katrin DIE LINKE 18.12.2014 Dr. Lamers, Karl A. CDU/CSU 18.12.2014 Dr. Maizière, Thomas de CDU/CSU 18.12.2014 Dr. Schick, Gerhard BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 18.12.2014 Schiewerling, Karl CDU/CSU 18.12.2014 Schlecht, Michael DIE LINKE 18.12.2014 Schön (St. Wendel), Nadine CDU/CSU 18.12.2014 Tank, Azize DIE LINKE 18.12.2014 Vogt, Ute SPD 18.12.2014 Dr. Wagenknecht, Sahra DIE LINKE 18.12.2014 Walter-Rosenheimer, Beate BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 18.12.2014 Weinberg, Harald DIE LINKE 18.12.2014 Wellmann, Karl-Georg CDU/CSU 18.12.2014 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Anlage 2 Namensverzeichnis der Mitglieder des Deutschen Bundestages, die an der Wahl des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundes- tages teilgenommen haben CDU/CSU Stephan Albani Katrin Albsteiger Peter Altmaier Artur Auernhammer Dorothee Bär Thomas Bareiß Norbert Barthle Julia Bartz Günter Baumann Maik Beermann Manfred Behrens (Börde) Veronika Bellmann Sybille Benning Dr. André Berghegger Dr. Christoph Bergner Ute Bertram Peter Beyer Steffen Bilger Clemens Binninger Peter Bleser Dr. Maria Böhmer Wolfgang Bosbach Norbert Brackmann Klaus Brähmig Michael Brand Dr. Reinhard Brandl Helmut Brandt Dr. Ralf Brauksiepe Dr. Helge Braun Heike Brehmer Ralph Brinkhaus Cajus Caesar Gitta Connemann Alexandra Dinges-Dierig Alexander Dobrindt Michael Donth Thomas Dörflinger Marie-Luise Dött Hansjörg Durz Jutta Eckenbach Dr. Bernd Fabritius Hermann Färber Uwe Feiler Dr. Thomas Feist Enak Ferlemann Ingrid Fischbach Dirk Fischer (Hamburg) Anlagen 7348 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 76. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2014 (A) (C) (D)(B) Dr. Maria Flachsbarth Klaus-Peter Flosbach Thorsten Frei Dr. Astrid Freudenstein Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof) Michael Frieser Dr. Michael Fuchs Hans-Joachim Fuchtel Alexander Funk Ingo Gädechens Dr. Peter Gauweiler Dr. Thomas Gebhart Alois Gerig Eberhard Gienger Cemile Giousouf Josef Göppel Reinhard Grindel Ursula Groden-Kranich Hermann Gröhe Klaus-Dieter Gröhler Michael Grosse-Brömer Astrid Grotelüschen Markus Grübel Manfred Grund Oliver Grundmann Monika Grütters Dr. Herlind Gundelach Fritz Güntzler Christian Haase Florian Hahn Dr. Stephan Harbarth Jürgen Hardt Gerda Hasselfeldt Matthias Hauer Mark Hauptmann Dr. Stefan Heck Dr. Matthias Heider Helmut Heiderich Mechthild Heil Frank Heinrich (Chemnitz) Mark Helfrich Uda Heller Jörg Hellmuth Rudolf Henke Michael Hennrich Ansgar Heveling Christian Hirte Dr. Heribert Hirte Robert Hochbaum Alexander Hoffmann Karl Holmeier Franz-Josef Holzenkamp Dr. Hendrik Hoppenstedt Margaret Horb Bettina Hornhues Charles M. Huber Anette Hübinger Hubert Hüppe Sylvia Jörrißen Dr. Franz Josef Jung Xaver Jung Andreas Jung Dr. Egon Jüttner Bartholomäus Kalb Hans-Werner Kammer Steffen Kampeter Steffen Kanitz Alois Karl Anja Karliczek Bernhard Kaster Volker Kauder Dr. Stefan Kaufmann Roderich Kiesewetter Dr. Georg Kippels Volkmar Klein Jürgen Klimke Axel Knoerig Jens Koeppen Markus Koob Carsten Körber Hartmut Koschyk Michael Kretschmer Gunther Krichbaum Dr. Günter Krings Rüdiger Kruse Bettina Kudla Dr. Roy Kühne Günter Lach Uwe Lagosky Andreas G. Lämmel Dr. Norbert Lammert Katharina Landgraf Ulrich Lange Barbara Lanzinger Dr. Silke Launert Paul Lehrieder Dr. Katja Leikert Dr. Philipp Lengsfeld Dr. Andreas Lenz Philipp Graf Lerchenfeld Dr. Ursula von der Leyen Antje Lezius Ingbert Liebing Matthias Lietz Andrea Lindholz Dr. Carsten Linnemann Patricia Lips Wilfried Lorenz Dr. Claudia Lücking-Michel Dr. Jan-Marco Luczak Daniela Ludwig Karin Maag Yvonne Magwas Thomas Mahlberg Gisela Manderla Matern von Marschall Hans-Georg von der Marwitz Andreas Mattfeldt Stephan Mayer (Altötting) Reiner Meier Dr. Michael Meister Jan Metzler Maria Michalk Dr. h. c. Hans Michelbach Dr. Mathias Middelberg Philipp Mißfelder Dietrich Monstadt Karsten Möring Marlene Mortler Elisabeth Motschmann Dr. Gerd Müller Carsten Müller (Braunschweig) Stefan Müller (Erlangen) Dr. Philipp Murmann Dr. Andreas Nick Michaela Noll Helmut Nowak Dr. Georg Nüßlein Wilfried Oellers Florian Oßner Dr. Tim Ostermann Henning Otte Ingrid Pahlmann Sylvia Pantel Martin Patzelt Dr. Martin Pätzold Ulrich Petzold Dr. Joachim Pfeiffer Sibylle Pfeiffer Ronald Pofalla Eckhard Pols Thomas Rachel Kerstin Radomski Alexander Radwan Alois Rainer Dr. Peter Ramsauer Eckhardt Rehberg Katherina Reiche (Potsdam) Lothar Riebsamen Josef Rief Dr. Heinz Riesenhuber Johannes Röring Dr. Norbert Röttgen Erwin Rüddel Albert Rupprecht Anita Schäfer (Saalstadt) Dr. Wolfgang Schäuble Andreas Scheuer Jana Schimke Norbert Schindler Tankred Schipanski Heiko Schmelzle Christian Schmidt (Fürth) Gabriele Schmidt (Ühlingen) Patrick Schnieder Dr. Ole Schröder Dr. Kristina Schröder (Wiesbaden) Bernhard Schulte-Drüggelte Dr. Klaus-Peter Schulze Uwe Schummer Armin Schuster (Weil am Rhein) Christina Schwarzer Detlef Seif Johannes Selle Reinhold Sendker Dr. Patrick Sensburg Bernd Siebert Thomas Silberhorn Johannes Singhammer Tino Sorge Jens Spahn Carola Stauche Dr. Wolfgang Stefinger Albert Stegemann Peter Stein Erika Steinbach Sebastian Steineke Johannes Steiniger Christian Freiherr von Stetten Dieter Stier Rita Stockhofe Gero Storjohann Stephan Stracke Max Straubinger Matthäus Strebl Karin Strenz Thomas Stritzl Thomas Strobl (Heilbronn) Lena Strothmann Michael Stübgen Dr. Sabine Sütterlin-Waack Dr. Peter Tauber Antje Tillmann Astrid Timmermann-Fechter Dr. Hans-Peter Uhl Dr. Volker Ullrich Arnold Vaatz Oswin Veith Thomas Viesehon Michael Vietz Volkmar Vogel (Kleinsaara) Sven Volmering Christel Voßbeck-Kayser Kees de Vries Dr. Johann Wadephul Marco Wanderwitz Nina Warken Kai Wegner Albert Weiler Marcus Weinberg (Hamburg) Dr. Anja Weisgerber Peter Weiß (Emmendingen) Sabine Weiss (Wesel I) Ingo Wellenreuther Marian Wendt Waldemar Westermayer Kai Whittaker Peter Wichtel Annette Widmann-Mauz Heinz Wiese (Ehingen) Klaus-Peter Willsch Elisabeth Winkelmeier- Becker Oliver Wittke Dagmar G. Wöhrl Barbara Woltmann Tobias Zech Heinrich Zertik Emmi Zeulner Dr. Matthias Zimmer Gudrun Zollner SPD Niels Annen Ingrid Arndt-Brauer Rainer Arnold Heike Baehrens Ulrike Bahr Heinz-Joachim Barchmann Dr. Katarina Barley Doris Barnett Dr. Hans-Peter Bartels Klaus Barthel Dr. Matthias Bartke Sören Bartol Bärbel Bas Sabine Bätzing-Lichtenthäler Uwe Beckmeyer Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 76. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2014 7349 (A) (C) (D)(B) Lothar Binding (Heidelberg) Burkhard Blienert Willi Brase Dr. Karl-Heinz Brunner Edelgard Bulmahn Marco Bülow Martin Burkert Dr. Lars Castellucci Petra Crone Bernhard Daldrup Dr. Daniela De Ridder Dr. Karamba Diaby Sabine Dittmar Martin Dörmann Elvira Drobinski-Weiß Michaela Engelmeier Dr. h. c. Gernot Erler Petra Ernstberger Saskia Esken Karin Evers-Meyer Dr. Johannes Fechner Dr. Fritz Felgentreu Elke Ferner Dr. Ute Finckh-Krämer Christian Flisek Gabriele Fograscher Dr. Edgar Franke Ulrich Freese Dagmar Freitag Sigmar Gabriel Michael Gerdes Martin Gerster Iris Gleicke Ulrike Gottschalck Kerstin Griese Gabriele Groneberg Michael Groß Uli Grötsch Wolfgang Gunkel Bettina Hagedorn Rita Hagl-Kehl Metin Hakverdi Ulrich Hampel Sebastian Hartmann Michael Hartmann (Wackernheim) Dirk Heidenblut Hubertus Heil (Peine) Gabriela Heinrich Marcus Held Wolfgang Hellmich Dr. Barbara Hendricks Heidtrud Henn Gustav Herzog Gabriele Hiller-Ohm Petra Hinz (Essen) Thomas Hitschler Dr. Eva Högl Matthias Ilgen Christina Jantz Frank Junge Josip Juratovic Thomas Jurk Johannes Kahrs Christina Kampmann Ralf Kapschack Gabriele Katzmarek Ulrich Kelber Marina Kermer Cansel Kiziltepe Arno Klare Lars Klingbeil Dr. Bärbel Kofler Daniela Kolbe Birgit Kömpel Anette Kramme Helga Kühn-Mengel Christine Lambrecht Christian Lange (Backnang) Dr. Karl Lauterbach Steffen-Claudio Lemme Burkhard Lischka Gabriele Lösekrug-Möller Hiltrud Lotze Kirsten Lühmann Dr. Birgit Malecha-Nissen Caren Marks Katja Mast Hilde Mattheis Dr. Matthias Miersch Klaus Mindrup Susanne Mittag Bettina Müller Michelle Müntefering Dr. Rolf Mützenich Andrea Nahles Dietmar Nietan Ulli Nissen Thomas Oppermann Mahmut Özdemir (Duisburg) Markus Paschke Christian Petry Jeannine Pflugradt Detlev Pilger Sabine Poschmann Joachim Poß Florian Post Achim Post (Minden) Dr. Wilhelm Priesmeier Florian Pronold Dr. Sascha Raabe Dr. Simone Raatz Martin Rabanus Mechthild Rawert Stefan Rebmann Gerold Reichenbach Dr. Carola Reimann Andreas Rimkus Sönke Rix Dennis Rohde Dr. Martin Rosemann René Röspel Dr. Ernst Dieter Rossmann Michael Roth (Heringen) Susann Rüthrich Bernd Rützel Johann Saathoff Annette Sawade Dr. Hans-Joachim Schabedoth Axel Schäfer (Bochum) Dr. Nina Scheer Marianne Schieder Udo Schiefner Dr. Dorothee Schlegel Ulla Schmidt (Aachen) Matthias Schmidt (Berlin) Dagmar Schmidt (Wetzlar) Carsten Schneider (Erfurt) Ursula Schulte Swen Schulz (Spandau) Ewald Schurer Frank Schwabe Stefan Schwartze Andreas Schwarz Rita Schwarzelühr-Sutter Dr. Carsten Sieling Rainer Spiering Norbert Spinrath Svenja Stadler Martina Stamm-Fibich Sonja Steffen Peer Steinbrück Dr. Frank-Walter Steinmeier Christoph Strässer Kerstin Tack Claudia Tausend Michael Thews Franz Thönnes Carsten Träger Rüdiger Veit Dirk Vöpel Gabi Weber Bernd Westphal Andrea Wicklein Dirk Wiese Waltraud Wolff (Wolmirstedt) Gülistan Yüksel Dagmar Ziegler Stefan Zierke Dr. Jens Zimmermann Manfred Zöllmer Brigitte Zypries DIE LINKE Jan van Aken Dr. Dietmar Bartsch Herbert Behrens Karin Binder Matthias W. Birkwald Heidrun Bluhm Eva Bulling-Schröter Roland Claus Dr. Diether Dehm Klaus Ernst Wolfgang Gehrcke Annette Groth Dr. Gregor Gysi Dr. André Hahn Heike Hänsel Dr. Rosemarie Hein Inge Höger Andrej Hunko Sigrid Hupach Ulla Jelpke Susanna Karawanskij Kerstin Kassner Katja Kipping Jan Korte Jutta Krellmann Caren Lay Sabine Leidig Ralph Lenkert Michael Leutert Stefan Liebich Dr. Gesine Lötzsch Thomas Lutze Cornelia Möhring Niema Movassat Norbert Müller (Potsdam) Dr. Alexander S. Neu Thomas Nord Petra Pau Harald Petzold (Havelland) Richard Pitterle Martina Renner Dr. Petra Sitte Kersten Steinke Dr. Kirsten Tackmann Frank Tempel Dr. Axel Troost Alexander Ulrich Kathrin Vogler Halina Wawzyniak Katrin Werner Birgit Wöllert Jörn Wunderlich Hubertus Zdebel Pia Zimmermann Sabine Zimmermann (Zwickau) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Luise Amtsberg Kerstin Andreae Annalena Baerbock Marieluise Beck (Bremen) Volker Beck (Köln) Dr. Franziska Brantner Agnieszka Brugger Ekin Deligöz Katja Dörner Katharina Dröge Harald Ebner Dr. Thomas Gambke Matthias Gastel Kai Gehring Katrin Göring-Eckardt Britta Haßelmann Dr. Anton Hofreiter Bärbel Höhn Dieter Janecek Uwe Kekeritz Katja Keul Sven-Christian Kindler Maria Klein-Schmeink Tom Koenigs Sylvia Kotting-Uhl Oliver Krischer Stephan Kühn (Dresden) Christian Kühn (Tübingen) Renate Künast Markus Kurth Monika Lazar Steffi Lemke Dr. Tobias Lindner Nicole Maisch Peter Meiwald Irene Mihalic Beate Müller-Gemmeke 7350 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 76. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2014 (A) (C) (B) Özcan Mutlu Dr. Konstantin von Notz Omid Nouripour Friedrich Ostendorff Cem Özdemir Lisa Paus Brigitte Pothmer Tabea Rößner Claudia Roth (Augsburg) Corinna Rüffer Manuel Sarrazin Elisabeth Scharfenberg Ulle Schauws Dr. Frithjof Schmidt Kordula Schulz-Asche Dr. Wolfgang Strengmann- Kuhn Hans-Christian Ströbele Dr. Harald Terpe Markus Tressel Jürgen Trittin Dr. Julia Verlinden Doris Wagner Dr. Valerie Wilms (D) Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Klaus-Peter Willsch (CDU/ CSU) zur Abstimmung über den Antrag des Bundesministeriums der Finanzen: Finanz- hilfen zugunsten Griechenlands; technische Verlängerung und Fortführung der Stabili- tätshilfe; Einholung eines zustimmenden Be- schlusses des Deutschen Bundestages nach § 3 Absatz 1 i. V. m. § 3 Absatz 2 Nummer 2 des Stabilisierungsmechanismusgesetzes auf Ver- längerung der bestehenden Finanzhilfefazilität sowie nach § 4 Absatz 1 Nummer 1 des ESM-Fi- nanzierungsgesetzes, der Hellenischen Republik nach Artikel 13 Absatz 2 des ESM-Vertrages grundsätzlich vorsorgliche Finanzhilfe zu ge- währen (Zusatztagesordnungspunkt 2) Pünktlich zum Auslaufen des zweiten Griechenland- Hilfsprogramms kehrt die Euro-Krise mit all ihren Sym- ptomen zurück. Griechenland pocht auf die Auszahlung der letzten Tranche in Höhe von 1,8 Milliarden Euro, er- füllt aber die Auflagen der Troika nicht. Griechenland hat nicht nur in einer bisher beispiellosen Art und Weise von der Solidarität seiner europäischen Partnerstaaten profitiert, sondern sich auch immer wieder bessere Kon- ditionen herausgehandelt. Während zu Beginn der Euro- Krise einige Kollegen noch von einem großen Geschäft sprachen, sieht die Realität heute ganz anders aus. Die Kredite aus dem ersten Griechenlandpaket laufen über 30 Jahre, wobei mit der Tilgung ab 2020 begonnen wer- den soll. Die Zinssätze wurden bereits mehrfach gesenkt. Die Konditionen für Griechenland 2 sind noch besser. Die Kredite laufen über 40 Jahre, die Zinsen sind bis 2023 gestundet. Und trotzdem werden dem Vernehmen nach für Athen eine abermalige Zinssenkung und eine Laufzeitverlängerung auf 50 Jahre vorbereitet. Etwa 237 Milliarden Euro hat die europäische Staa- tengemeinschaft seit Mai 2010 an „Hilfsgeldern“ für Griechenland bereitgestellt. Im Gegensatz zum Euro- pean Recovery Program (besser bekannt als Marshall- plan) fielen die Gelder nicht auf fruchtbaren Boden. Der Marshallplan umfasste 1948 12,4 Milliarden US-Dollar. Dies entspricht kaufkraftbereinigt heute etwa 100 Mil- liarden Euro. Jeder Cent, der weiter nach Griechenland fließt, ist ein Cent zu viel. Wir müssen eine Schulden- konferenz einberufen und uns endlich eingestehen, dass wir auf einem teuren Irrweg waren, sonst wird daraus irgendwann ein Irrgarten ohne Ausweg. Ein Ausschei- den Griechenlands aus der Euro-Zone gegen Gewährung einer Teilentschuldung wäre ökonomisch das Gebot der Stunde. Jetzt soll der griechischen Regierung eine zweimona- tige Fristverlängerung zur (Schein-)Erfüllung der Aufla- gen gewährt werden. Parallel dazu hat Athen schon eine Kreditlinie mit erweiterten Bedingungen – Enhanced Conditions Credit Line, ECCL – beantragt. Dies alles geschah am 8./9. Dezember 2014. Die dazugehörigen Dokumente haben wir Abgeordnete des Deutschen Bundestages erst eine Woche später, am Montagabend, erhalten, um dann innerhalb von drei Tagen unseren Segen dazu zu geben. Dabei steht in der „Leitlinie für eine vorsorgliche Finanzhilfe“ Artikel 2 Absatz 4 un- zweideutig: „Für eine ECCL kommen ESM-Mitglieder infrage, deren wirtschaftliche und finanzielle Situation insgesamt nach wie vor solide ist.“ Diese Art von Kre- ditlinie ist zur Vor- und nicht zur Nachsorge geschaffen worden. Und außerdem ist die wirtschaftliche und finan- zielle Situation Griechenlands nach wie vor alles andere als solide. Der Schuldenstand beträgt 175,5 Prozent, die Arbeitslosenrate liegt bei 26,8 Prozent, seit 2008 ist das Bruttoinlandsprodukt des Landes um fast ein Viertel ge- schrumpft! Griechenland nach all den schlechten Erfahrungen nun erneut einen Blankoscheck in zweistelliger Milliar- denhöhe zu überreichen, kann ich nicht nachvollziehen. Um es leicht zu machen, sollen noch nicht abgerufene Gelder aus dem letzten Griechenland-Programm umge- widmet werden. Konkret handelt es sich dabei um Gelder, die eigentlich für eine Rekapitalisierung der griechischen Banken vorgesehen waren. Es geht um 10,9 Milliarden Euro. Dass das Geld noch übrig ist, ver- wundert nicht. Zwar sind bei dem jüngsten Banken- stresstest drei griechische Banken durchgefallen, aber die griechische Regierung spekuliert wohl darauf, dass das Geld jetzt direkt aus dem ESM an die Banken fließt. Griechenland kann seinen Finanzbedarf für 2015 selbst gar nicht genau beziffern. Er liegt gemäß Berech- nungen der Europäischen Kommission zwischen 6 und 12 Milliarden. Diese Aussage ist zugleich schockierend und alarmierend. Im fünften Jahr der Euro-Krise schafft es Athen nicht, einen Haushalt aufzustellen und dabei seinen Finanzbedarf genau benennen zu können! Ganz vereinfacht auf Deutschland umgerechnet würde dies be- deuten, dass der Deutsche Bundestag bei der Verabschie- dung seines Haushalts nicht wüsste, ob er 100 oder 200 Milliarden Euro neue Schulden aufnehmen muss, um über die Runden zu kommen. So etwas kann nur der Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 76. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2014 7351 (A) (C) (D)(B) machen, der weiß, dass in der Not ein anderer die Zeche zahlt. Und das sind am Ende vor allem wir Deutsche. Griechenland muss aus dem Euro-Währungsgebiet austreten. Das ist auch im Interesse der Griechen der ein- zige erfolgversprechende Weg. Deswegen kann ich dem Antrag des Bundesministeriums der Finanzen nicht zu- stimmen. Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Markus Paschke (SPD) zur namentlichen Abstimmung über die Beschluss- empfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung zur Entsen- dung bewaffneter deutscher Streitkräfte am NATO-geführten Einsatz Resolute Support Mission für die Ausbildung, Beratung und Un- terstützung der afghanischen nationalen Sicher- heitskräfte in Afghanistan (Tagesordnungs- punkt 7) Seit Beginn des militärischen Einsatzes in Afghani- stan halte ich eine deutsche Beteiligung für falsch. Der Irak, Libyen und Afghanistan zeigen deutlich, dass mit militärischen Mitteln kein Unrechtsregime beseitigt wer- den kann. Die Zivilbevölkerung leidet am stärksten unter dem folgenden jahrelangen Terror und sich gegenseitig immer weiter aufschaukelnden Gewaltwellen. Es ist kein nachhaltiger Erfolg des ISAF-Einsatzes in Afghanistan in Sicht. Ich lehne das Mandat ab, da es für mich in der Konsequenz der Mandate seit 2001 steht. Seit nunmehr über 13 Jahren dauert der Einsatz an, und nach diesen 13 Jahren sind für mich mehr negative als positive Folgen erkennbar. Nach wie vor ist für mich eine wirkliche Friedensperspektive nicht ersichtlich. Im Gegenteil: Die Sicherheitslage ist weiterhin besorgniser- regend. Afghanische Dolmetscher und andere Unterstützer werden im eigenen Land mit dem Tode bedroht, weil sie deutschen und anderen Streitkräften helfen. Ich halte es für unhaltbar, dass diese Menschen in der akuten Bedro- hung alleingelassen werden und ihnen nicht einmal Asyl in unserem Land gewährt wird. Und auch für unsere Soldatinnen und Soldaten sind die Einsätze in Afghanistan eine hohe Belastung. Aus persönlichen Berichten weiß ich, dass diese Belastung oft zu schwerwiegenden persönlichen Problemen, bei- spielsweise bei der psychischen Verarbeitung des Erleb- ten, führt. Die Wahrnehmung der Soldaten unterscheidet sich stark von den offiziellen Verlautbarungen. Ich be- grüße die internationalen Bemühungen zum zivilen Auf- bau des Landes sehr, aber eine Befriedung Afghanistans ist meiner Auffassung nach nicht mit militärischen Mit- teln zu erreichen. Die bisherige Ausbildung von Polizei und Armee in Afghanistan hat nicht zu einer nachhaltig besseren Sicherheitslage im gesamten Land geführt. Auch im neuen Mandat erkenne ich keinen erfolgver- sprechenden Strategiewechsel. Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Marieluise Beck (Bremen), Omid Nouripour und Manuel Sarrazin (alle BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur namentlichen Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung zur Entsendung bewaffneter deutscher Streitkräfte am NATO-geführten Einsatz Resolute Support Mission für die Aus- bildung, Beratung und Unterstützung der af- ghanischen nationalen Sicherheitskräfte in Af- ghanistan (Tagesordnungspunkt 7) Seit 13 Jahren engagiert sich Deutschland zivil und militärisch in Afghanistan. Das Bild, das sich ergibt, wenn man nach der Bilanz des Einsatzes fragt, ist viel- schichtig. Nicht alle Ziele sind vollumfänglich erreicht. Dennoch geht es den Afghaninnen und Afghanen besser als unter der Herrschaft der Taliban. Die Mehrheit der afghanischen Bevölkerung ist zwischen 15 und 29 Jahre alt. Es ist eine junge Generation, die erfahren hat, was es heißt, in einem friedlicheren und freieren Afghanistan zu leben. Ihnen und ihren Hoffnungen schulden wir Bei- stand. Dieser umfangreiche und kontroverse Einsatz hat nicht nur Afghanistan, sondern auch Deutschland ge- prägt. Abertausende Soldatinnen und Soldaten und zivile Aufbauhelferinnen haben beim Wiederaufbau mitgehol- fen. Ihre Erfahrungen müssen in die wichtige Diskus- sion, wie die Bundesrepublik sich in Zukunft in Aus- landseinsätzen einbringen sollte, einfließen. Die Bundesregierung verweigert sich aber weiterhin einer unabhängigen Evaluierung des deutschen Afghani- stanengagements. Das ist der Bedeutung dieses Einsat- zes völlig unangemessen. Die Bundesregierung darf bei dieser Mission in Af- ghanistan nicht alte Fehler erneut begehen. Neben dem militärischen Engagement der NATO wollen die USA weiter in begrenztem Umfang ihre Antiterrorpolitik fort- setzen. Dazu haben in den letzten Jahren „Night Raids“ oder zahlreiche Bombardierungen, bei denen auch Zivi- listinnen und Zivilisten ums Leben gekommen sind, ge- hört. Diese Praktiken haben sehr stark dazu beigetragen, dass ausländische Streitkräfte an vielerlei Orten die Köpfe und Herzen der Afghaninnen und Afghanen ver- loren haben. Afghanische Regierungsstellen haben wie- derholt gegen diese Praktiken protestiert. Die Bundesre- gierung muss sich im Rahmen der NATO und gegenüber den USA dafür einsetzen, dass dieses falsche Vorgehen beendet wird. In Zusammenarbeit mit der afghanischen Regierung muss die internationale Gemeinschaft einen nachvoll- ziehbaren Plan vorlegen, der die Zukunft der Finanzie- rung der afghanischen Sicherheitskräfte regelt. Trotz in- ternationaler Zusagen der NATO und anderer Akteure steht die langfristige Finanzierung der afghanischen Si- cherheitskräfte bisher auf wackligen Füßen. Die Zustimmung zu jeder Auslandsmission, auch zu einer solchen ohne Kampfauftrag, ist eine schwere Ge- 7352 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 76. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2014 (A) (C) (D)(B) wissensentscheidung. Wir haben uns für die Unterstüt- zung der Mission entschieden, wohl wissend, dass sie kein Allheilmittel für die Probleme Afghanistans ist. Die Mission „Resolute Support“ ist keine bloße Ver- längerung des ISAF-Einsatzes. Sie zielt darauf hin, die erzielten Fortschritte zu verstetigen. Die afghanischen Sicherheitskräfte sind in den letzten Jahren in großer Zahl gewachsen und haben beachtliche Erfolge erzielt. Doch die Qualität der Ausbildung hat nicht immer Schritt gehalten, gerade weil mit den Ausbildungsbemü- hungen spät begonnen wurde. Verluste unter den afgha- nischen Sicherheitskräften in den Auseinandersetzungen mit den Aufständischen sind nach wie vor sehr hoch. Defizite bestehen im Bereich Logistik und Durchhaltefä- higkeit. Die afghanische Luftwaffe ist noch kaum ausge- bildet. Auch in den afghanischen Ministerien gibt es noch Beratungsbedarf. Nicht zuletzt ermöglicht Deutschland durch die Über- nahme der Führungsverantwortung im Norden Afgha- nistans, dass sich 20 anderen Nationen an der Mission „Resolute Support“ in geringerem Umfang beteiligen können. Deutschland leistet also einen wichtigen Beitrag zum Zustandekommen der multilateralen Mission. Die Vereinten Nationen haben das Engagement der NATO in Afghanistan ausdrücklich begrüßt. In diesem Sinne hat der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen am 12. Dezember 2014 einstimmig der Resolution 2189 zu- gestimmt. Der Sicherheitsrat stellt zudem fest, dass die Mission durch den Abschluss des bilateralen Sicher- heitsabkommens zwischen der NATO und der afghani- schen Regierung über eine hinreichende rechtliche Grundlage verfügt. Letztlich kann nur eine politische Lösung verhindern, dass Afghanistan nach dem Abzug der internationalen Truppen in einen neuen, blutigen Bürgerkrieg zurück- fällt. Die Bundesregierung und die internationale Ge- meinschaft müssen daher ihre Anstrengungen erhöhen, um den Verhandlungs- und Reintegrationsprozess in Af- ghanistan zu unterstützen und eine Friedenslösung unter Einbeziehung der beteiligten Nachbarstaaten zu erzielen. Deutschland muss sich dafür einsetzen, dass die erreich- ten Fortschritte im Bereich der Menschenrechte, insbe- sondere für Frauen und Mädchen, im Rahmen der Ver- handlungen nicht ausgehöhlt werden. Verlässliche Zusagen und ein langfristiges Engage- ment braucht es vor allem im zivilen Bereich: von der Rechtsstaatsförderung bis zur wirtschaftlichen Entwick- lung. Es ist ein Fortschritt, dass die Bundesregierung nun eine entwicklungspolitische Strategie bis 2017 vorgelegt hat. Schwerpunkt deutscher Entwicklungszusammenar- beit muss es sein, gute Regierungsführung und die Ein- haltung der Menschenrechte, insbesondere der Frauen- rechte, zu fördern. Gerade für die vielen jungen Menschen in Afghanistan muss Deutschland besonders engagiert bleiben im Bereich Bildung und bei der Be- schäftigungsförderung klare Akzente setzen. Auf der jüngsten Geberkonferenz in London haben die internationale Gemeinschaft und die afghanische Re- gierung die wechselseitigen Versprechen erneuert: Kon- tinuierliche internationale Unterstützung für die Arbeit einer afghanischen Regierung, die ernstlich Reformen zum Wohl aller Afghaninnen und Afghanen umsetzt. Die Bundesregierung muss über den gesamten Zeitraum der Transformationsdekade – bis 2024 – dafür angemessene Mittel bereitstellen. Mit dem Beginn ihres militärischen Engagements hat die internationale Gemeinschaft eine Schutzverantwor- tung für die Menschen in Afghanistan übernommen. Dieser Verantwortung wollen wir gerecht werden, im Zi- vilen, und, solange notwendig, auch im militärischen Bereich. Anlage 6 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Tobias Lindner und Tabea Rößner (beide BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN) zur namentlichen Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Auswärtigen Aus- schusses zu dem Antrag der Bundesregierung zur Entsendung bewaffneter deutscher Streit- kräfte am NATO-geführten Einsatz Resolute Support Mission für die Ausbildung, Beratung und Unterstützung der afghanischen nationalen Sicherheitskräfte in Afghanistan (Tagesord- nungspunkt 7) Wir haben uns entschlossen, uns bei der Abstimmung über das Mandat für die Beteiligung an dem Einsatz Re- solute Support Mission in Afghanistan zu enthalten. Dies ist eine Gewissensentscheidung. Die Übergabe der Sicherheitsverantwortung an die af- ghanische Regierung als Voraussetzung für das Ende des ISAF-Einsatzes und den damit einhergehenden Abzug der Kampftruppen der Bundeswehr aus Afghanistan ist richtig und war längst überfällig. In Afghanistan wurde einiges erreicht. Die Menschen haben einen besseren Zugang zu Bildung, Gesundheitsversorgung oder einer vielfältigen Medienlandschaft. Die internationale Ge- meinschaft muss auch in Zukunft ihrer Verantwortung gerecht werden. Das bedeutet vor allem, dass sie sich zi- vil engagiert und die weitere Entwicklung des Landes substanziell unterstützt. Es bedeutet aber auch, dass sie die afghanischen Sicherheitskräfte dabei unterstützt, die Sicherheitsverantwortung wahrzunehmen. ISAF stand für ein offensives Vorgehen der interna- tionalen Truppen in Afghanistan. Ohne dass eigene of- fensive Operationen stattfinden, soll die Folgemission Resolute Support Mission der Ausbildung der afghani- schen Kräfte dienen. Dies erachten wir für notwendig und unterstützen es. Das durch die Bundesregierung vorgelegte Mandat enthält jedoch einige Punkte, die uns dazu bewegen, dem Mandat nicht zuzustimmen und uns stattdessen zu ent- halten. Im Mandat wird zwar der allgemeine Plan be- schrieben, dass die internationalen Kräfte sich in Phasen zunehmend auf die Hauptstadt Kabul konzentrieren, um dann aus Afghanistan abzuziehen. Es geht jedoch nicht eindeutig hervor, unter welchen Kriterien und nach wel- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 76. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2014 7353 (A) (C) (D)(B) chem Zeitplan diese Übergänge erfolgen sollen. Hier droht aus unserer Sicht erneut ein langfristiger Einsatz ohne Exit-Strategie. Im Mandat heißt es, dass eine di- rekte Beteiligung an der Terror- oder Drogenbekämp- fung nicht Aufgabe der Bundeswehr sei. Die Formulie- rung „direkt“ lässt aus unserer Sicht jedoch noch einige Formen der Beteiligung zu. Im Gegensatz zu anderen Mandaten wird die Begleitung afghanischer Kräfte oder die direkte Unterstützung militärischer Operationen nicht explizit ausgeschlossen. Durch solche Formulie- rungen wird ein Interpretationsspielraum eröffnet, den wir in einem Mandatstext nicht für geboten erachten. Der Entschließungsantrag unserer Fraktion – Bundes- tagsdrucksache 18/3590 – findet unsere Unterstützung und legt unsere Position im Hinblick auf Afghanistan nä- her dar. Anlage 7 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Dr. Alexander S. Neu (DIE LINKE) zur namentlichen Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Auswärtigen Aus- schusses zu dem Antrag der Bundesregierung: Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deut- scher Streitkräfte an der NATO-geführten Ope- ration ACTIVE ENDEAVOUR im Mittelmeer (Tagesordnungspunkt 8) Versehentlich habe ich mit Ja gestimmt. Mein Votum lautet Nein. Anlage 8 Erklärung nach § 31 Absatz 2 GO des Abgeordneten Jörn Wunderlich (DIE LINKE) zur Abstimmung über die Beschluss- empfehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales zu dem Antrag der Abgeordneten Matthias W. Birkwald, Ulla Jelpke, Halina Wawzyniak, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Wiedereingliederung fördern – Gefangene in die Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung einbeziehen (Tagesord- nungspunkt 17) Ich erkläre, dass ich an der Abstimmung zu dem vor- genannten Tagesordnungspunkt nicht teilnehme. Anlage 9 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts: Schutz von Kindern vor Schadstoffen in Spielzeugen wirksam durchsetzen (Tagesord- nungspunkt 13) Mechthild Heil (CDU/CSU): „Für Kinder ist nur das Beste gut genug!“ So lautete der Werbespruch, den ein bekannter Plüschtierproduzent auf seinen ersten Katalog geschrieben hat. Ja, und viele Eltern haben genau diesen Anspruch: Für unsere Kinder ist nur das Beste gut genug. Wir wissen, Kinder sind besonders schutzbedürftig und besonders schutzwürdig. Sie sind viel empfindlicher als Erwachsene. Und das gilt natürlich besonders auch dann, wenn es um Schadstoffe geht. Kleine Kinder erkunden ihre Welt mit allen Sinnen: Sie fassen an, nehmen Dinge in den Mund, schmecken, riechen, tasten, beißen, reißen und kratzen an den meis- ten Dingen, die sie in die Hände bekommen. Und das ist gut so, denn so lernen sie die Welt kennen. Wenn es um die Spielsachen der Kinder geht, muss es einen sicheren und geschützten Erkundungsraum geben. Man muss sich darauf verlassen können, dass von Spiel- zeug keine Gefahr ausgeht. Da kann es keine Kompro- misse geben. Gesundheitsgefährdende Stoffe gehören nicht ins Spielzeug. Leider ist aber die Belastung von Kinderspielzeug mit giftigen Stoffen nach wie vor ein Problem. Woran liegt das, und wie könnte eine Lösung aussehen? Ist das eine Frage der Kontrolle? In Deutschland sind die Länder für die Sicherheits- kontrollen bei Spielzeug zuständig. Die Linke sagt, die Länder seien unfähig, und fordert in ihrem Antrag, die Zuständigkeit für die Marktüber- wachung auf den Bund zu übertragen. Wir sagen: Das ist weder notwendig noch zielfüh- rend. Denn die Überwachung von Spielzeug ist bei den Ländern ganzjähriger Überwachungsschwerpunkt. Sie kontrollieren die Einhaltung der Vorschriften des Pro- duktsicherheitsgesetzes und der Spielzeugsicherheits- Verordnung. Müsste die Arbeit der Länder nicht koordiniert wer- den? Ja, und das wird sie auch. Wir haben eine gemein- same Behörde aller Bundesländer im Bereich der Pro- duktsicherheit – die Zentralstelle der Länder für Sicherheitstechnik, ZLS. Seit 2013 nimmt die ZLS auch koordinierende Aufgaben der Marktüberwachungsbe- hörden für alle Bundesländer wahr. Die Anzahl gefährlicher Spielzeuge, die auf dem deutschen Markt gefunden werden, ist rückläufig. Immer weniger Warnungen muss das europäische Schnellwarn- system für gefährliche Produkte RAPEX ausrufen. Das ist sehr, sehr positiv. Aber – und das möchte ich auch ganz deutlich sagen – das alleine reicht uns noch nicht. Gerade weil es um die Gesundheit unserer Kinder geht, wollen wir bestmögliche Sicherheit. Aber wir müssen auch ehrlich sein: Hundertprozen- tige Sicherheit wird es und kann es nicht geben. Abso- lute Sicherheit gibt es in keinem Bereich des Lebens und deshalb auch nicht auf dem Spielzeugmarkt. Auch des- halb, weil der Spielzeugmarkt sehr viele Produkte kennt; diese sind oft sehr kurzlebig, und ständig werden neue 7354 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 76. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2014 (A) (C) (D)(B) entwickelt, die die Kinderaugen zum Strahlen bringen sollen. Aber der große, sich ständig verändernde Markt soll uns nicht als Ausrede dienen. Wir wollen und wir wer- den das Risiko weiter minimieren. Die Politik steht hier in der Verantwortung. Aber auch die Wirtschaft und die Verbraucher selbst müssen ihren Teil der Verantwortung übernehmen. Natürlich tragen an erster Stelle die Her- steller und der Handel Verantwortung für die Produkte, die sie auf den Markt bringen. Die Branche weiß selbst, dass die Sicherheit der Spielzeuge ihre Kernaufgabe ist. Gemeinsam mit dem TÜV Rheinland veranstaltet zum Beispiel der Deutsche Verband der Spielwaren- industrie jedes Jahr einen Sicherheitstag. Dabei geht es dann um Fragen des eigenen Qualitätsmanagements, aber auch wie die Spielzeuge noch sicherer gemacht werden können. Ein Ergebnis der Bemühungen aus der deutschen Wirtschaft: Die Qualität bei deutschen Spielzeugen ist sehr hoch. Die meisten problematischen Produkte stammen aus Importen, allen voran aus China. Deshalb wurde 2012 vom Wirtschaftsministerium eine deutsch-chinesische Arbeitsgruppe „Produktsicherheit“ eingerichtet. Die Politik der Bundesregierung dabei ist, intensiv darauf hinzuwirken, dass die Exportkontrollen für chine- sische Produkte verbessert werden. Ich sage aber auch ganz ehrlich, bei allen Schwierig- keiten, die wir in den Verhandlungen mit China sehen; Da ist noch Luft nach oben. Das darf gerne noch intensi- viert werden. Auch auf europäischer Ebene setzen wir uns für nied- rigere Grenzwerte von bestimmten Schadstoffen in Kinderspielzeug ein. Die Bundesregierung hatte bei der EU-Kommission beantragt, die in Deutschland beste- henden strengeren Grenzwerte beibehalten zu dürfen. Nur in Bezug auf Blei war die Bundesregierung er- folgreich. Bei Arsen, Antimon und Quecksilber muss Deutschland die von der EU vorgeschriebenen niedrige- ren Grenzwerte übernehmen. In Spielzeugen aus festen Materialen sind damit höhere Schwermetallwerte er- laubt, weil man in der EU der Meinung ist, diese würden sich durchs Spielen nicht lösen und damit auch nicht in den Körper der Kinder gelangen. Die Bundesregierung hat dagegen Rechtsmittel einge- legt. Ich hoffe auf einen erfolgreichen Ausgang. An dieser Stelle möchte ich aber an die Spielzeugher- steller appellieren: Halten Sie auch freiwillig an den deutschen Grenzwerten fest! Unabhängig davon setzt sich die Bundesregierung bei der Kommission für eine Nachbesserung der chemischen Anforderung der EU-Spielzeug-Richtlinie ein. Was tun wir noch? Wir fördern unabhängige Testorganisationen, wie die Stiftung Warentest, die Kinderspielzeug auf Sicherheits- mängel und Schadstoffe untersucht. In der aktuellen Ausgabe der Öko-Test wurden zum Beispiel Puppen getestet. Der Test hat auch bei den Her- stellern Wirkung gezeigt: Sie haben die Ergebnisse zum Anlass genommen, ihre Produkte nachzubessern. Für die Verbraucher sind solche Tests gerade jetzt zu Weihnach- ten, wo wieder besonders viele Spielwaren gekauft wer- den, sehr hilfreich und willkommen. Denn all diejeni- gen, die Spielzeug für ihre Kinder kaufen, wissen um ihre Verantwortung. Das Spielzeug soll eben nicht nur Spaß machen, den Kopf und das Herz anregen, sondern eben auch sicher sein. Was können sie tun? Wie können sie prüfen, ob ein Spielzeug für das Kind sicher und geeignet ist? Hier ge- ben nicht nur die Tests eine gute Orientierung, sondern vor allem die Siegel und Prüfzeichen: Spielzeug darf nicht ohne CE-Kennzeichnung auf den europäischen Markt gebracht werden. Der Hersteller bescheinigt da- mit, dass er alle gesetzlichen Normen erfüllt hat, wie sie von der europäischen Spielzeugrichtlinie vorgegeben werden. Das GS-Zeichen, „Geprüfte Sicherheit“, ist ein staat- lich geregeltes Gütesiegel für Spielzeug. Es wird von staatlich zertifizierten unabhängigen Prüfstellen wie zum Beispiel dem TÜV vergeben. Es zeigt also an, dass un- abhängig geprüft wurde und dass die gesetzlichen Vorgaben eingehalten wurden. Darüber hinaus werden außerdem 16 polyzyklische aromatische Kohlenwasser- stoffe, PAK, abgeprüft, die als gesundheitsgefährdend gelten. Aber die Prüfsiegel sind das eine. Leider kommen auch Produkte mit gefälschten Siegeln auf den Markt. Deshalb: Die eigene Wahrnehmung ist unersetzlich bei der Entscheidung, ob ein Spielzeug sicher und überhaupt altersgerecht und geeignet für das Kind ist. Der Verbrau- cher sollte sich das Spielzeug selbst immer sehr genau anschauen: Gibt es Stellen am Spielzeug, an denen sich ein Kind verletzen könnte? Ist das Spielzeug robust? Blättert Farbe ab oder färbt es ab? Können sich Klein- teile leicht ablösen und verschluckt werden? Die wichtigsten Tipps, worauf die Verbraucher beim Kauf von Spielzeug achten sollten, hat das Landwirt- schaftsministerium auf einer Servicekarte zusammenge- fasst, die Sie im Internet abrufen können. All das, was im Hintergrund an Prüfungen und Sicherheitschecks abläuft, was an Siegeln und Tests nachzulesen ist, dient nur einem Zweck: Keiner soll beim Spielen über Risiken nachdenken müssen, sondern einfach nur Spaß an der Freude haben. Eine spielreiche Weihnachtszeit! Marcus Held (SPD): Wir befinden uns in der Vor- weihnachtszeit, und das ist bekanntlich die Zeit, die vor allem für unsere Kleinsten eine besondere Wirkung hat. Kinder freuen sich über die besondere Atmosphäre, aber auch über Geschenke. Eltern wiederum haben den Wunsch, für ihre eigenen Kinder nur das Beste zu tun, was sich oft am Kaufverhalten äußert. Wenn es denn schon ein Spielzeug sein darf das man kauft, dann will man sich nicht nur ganz sicher sein, dass dieses Spiel- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 76. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2014 7355 (A) (C) (D)(B) zeug sicher ist für den Nachwuchs, es muss auch frei von jeglichen Schadstoffen sein. Die Sensibilität in dieser Frage ist in den zurückliegenden Jahren deutlich gestie- gen – zum Glück, können wir heute sagen! Deshalb gibt es unzählige Prüfsiegel, Untersuchungen durch die Stiftung Warentest, gesetzliche Normen mit klar definierten Grenzwerten und sogar europaweit gel- tende Rechtsnormen. So weit, so gut, könnte man sagen. Aber was passiert, wenn sich herausstellt, dass ein Spiel- zeug doch nicht die Grenzwerte einhält, dass der Anteil der Schadstoffe sehr viel höher ist als angegeben? Beispielfall der durch die Medien ging: Beißhilfe für Babys, die als „sicher und schadstofffrei“ deklariert wurde. Nach einer Untersuchung stellte sich aber heraus, dass krebserregende Stoffe mit hoher Konzentration in diesem Spielzeug vorhanden sind. Konsequenz beim Hersteller: Man habe sich auf die Erfahrungen bei der Aufsichtsbehörde verlassen, und diese wiederum sah „keine akute Gesundheitsgefährdung“. Die Konsequenz war lediglich die Marktrücknahme, es gab noch nicht einmal eine Rückrufaktion des Artikels, der bereits tau- sendfach ausgeliefert worden war. Dies kann so nicht sein! Wir brauchen klare Konse- quenzen für den Fall, dass Schadstoffe in Spielzeugen bzw. die Konzentration sehr viel höher ist als angegeben. Die Gesundheit unserer Kinder muss für uns ganz oben stehen. Kinder und Säuglinge sind besonders schützenswert, sie müssen das höchste Gut darstellen. Deshalb brauchen wir klare rechtliche Vorgaben: Wir haben in den zurückliegenden Jahren intensiv da- rüber gestritten, ob die Werte nach deutschem Recht oder nach europäischem Recht mehr Verbraucherschutz bedeuten. Ich sage Ihnen: Das ist völlig egal, wenn die Überschreitung von Schadstoffwerten in Kinderspiel- zeugen weder in dem einen noch in dem anderen Fall Konsequenzen hat. Denn: Wie sieht es derzeit aus? Die eben beispielhaft genannte Beißhilfe wurde vom Markt genommen in Deutschland. Sie kam auch auf die europaweite Warn- liste RAPEX, die für Behörden europaweit eingeführt wurde. Aber wir müssen auch kontrollieren dass diese Markt- rücknahmen europaweit erfolgen. Wir brauchen also Konsequenzen. Wir brauchen Regelungen für Rücknah- men. Wir brauchen klare Zuständigkeiten. Dies gilt auch zwischen den Ministerien, denn gerade bei der Frage der Kontrolle von Spielzeugen schieben sich die Häuser die Verantwortlichkeiten hin und her. Wir müssen klar definieren, ob der Bund, die Länder oder gar die EU für diese Rücknahmen zuständig ist und wer diese auch aktiv veranlassen muss. Es kann nicht sein, dass Kompetenzgerangel entsteht auf Kosten der Gesundheit unserer Kinder. Verbraucher- schutz muss hier sehr ernst genommen werden; sonst ist das Vertrauen der Verbraucher aus nachvollziehbaren Gründen nicht mehr gegeben. Ich möchte an dieser Stelle auch betonen, dass die Re- gelungen sowohl für Spielzeugimporte als auch für in Deutschland produziertes Spielzeug gelten müssen. Denn rund die Hälfte der Spielwaren, die sich im Handel befinden, wird in Deutschland produziert. Wir haben 670 Spielwarenhersteller in Deutschland. Der Spielwa- reneinzelhandel macht jährlich rund 2 Milliarden Euro Umsatz. Hieran sind mehr als 3 000 Unternehmen beteiligt. Bei den Importen ist China mit fast 90 Prozent aller Spielwaren das größte Herstellerland. Leider haben hier gemeinsame Maßnahmen der Bundesregierung mit der Volksrepublik China bisher nicht gegriffen. Wir müssen also handeln, bei den Importen wie auch bei dem hier hergestellten Spielzeug. Wie können wir dies tun? Mit Prüfsiegeln zum Bei- spiel? Die gibt es ja bereits, sogar in großer Zahl! Es gibt das Gütesiegel für Sicherheit, GS, Ökotex Standard 100, VDE-Zeichen, TÜV-Proof Zertifiziertes Spielzeug vom TÜV Rheinland, TOX-Proof, für schadstoffarme Pro- dukte vom TÜV Rheinland, Blauer Engel, LGA Quali- täts-Zertifikat und viele mehr. Aber bei so vielen Gütesiegeln ist es den Verbrau- chern doch gar nicht mehr zuzumuten, prüfen zu können, ob das Prüfsiegel wirklich stimmt und was es inhaltlich bedeutet. Wie können wir noch handeln? Sie schlagen vonsei- ten der Linken mit Ihrem Antrag vor, die Marktüberwa- chung von Spielzeugen auf Bundesebene zu heben. Wir sind uns nicht sicher, ob dadurch tatsächlich die Qualität und die Intensität der Kontrollen verbessert werden kann oder ob es nicht sogar besser ist, wenn die Länder und kommunalen Prüfbehörden wissen, wo sie vor Ort bei Produzenten ansetzen müssen. Außerdem haben sich 2013 die Länder in einem gera- dezu mustergültigen Staatsvertrag darauf geeinigt, die Koordinierung durch eine einheitliche Stelle durchzu- führen, nämlich durch die Zentralstelle der Länder für Sicherheitstechnik. Wir sind mit Ihnen der Meinung, dass die Überwa- chung der Produktsicherheit noch nicht befriedigend funktioniert. Deshalb wollen wir als SPD die Überwa- chung insgesamt besser vernetzen, einheitliche Stan- dards finden und für eine bessere Kontrolldichte sorgen. Wir wollen dies für Spielzeug, aber genauso für Le- bensmittel und Bedarfsgegenstände. Lassen Sie uns gemeinsam und schnell sicherstellen, dass Spielzeuge mit hohem Schadstoffgehalt schon gar keine Chance mehr haben auf den Markt zu gelangen, dass Firmen, die solche Spielzeuge in den Umlauf bringen, mit empfindlichen Konsequenzen zu rechnen haben, dass diese Spielzeuge auch deutschland- und europaweit ganz schnell aus den Warenregalen geholt werden. Im Interesse unserer Verbraucherinnen und Ver- braucher und ganz besonders im Interesse des Wichtigs- ten, was wir haben – nämlich unserer Kinder. 7356 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 76. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2014 (A) (C) (D)(B) Karin Binder (DIE LINKE): Wir haben ein großes Problem mit Schadstoffen in Kinderzimmern. Ein Grund ist das Versagen der Marktüberwachung. Denn trotz strenger gesetzlicher Vorgaben gelangen nach wie vor große Mengen gesundheitsbedenklicher Spielwaren in die Hände der lieben Kleinen. Das dürfen wir und Sie nicht einfach hinnehmen! Über die Hälfte der Spielzeuge, die von Stiftung Warentest in den vergangenen Jahren getestet wurden, waren oft sogar mehrfach mit Schadstoffen belastet. Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsi- cherheit, BVL, stellte fest, dass fast ein Viertel der unter- suchten Spielzeuge Schadstoffe noch über die zulässigen Grenzwerte hinaus freisetzt. Nur jedes Fünfte der getes- teten Produkte war frei von gesundheitsschädlichen Chemikalien. Wir reden hier von gefährlichen Schwer- metallen wie Blei, Nickel und Quecksilber. Wir reden von Stoffen wie Formaldehyd, Phtalaten und polyzykli- schen aromatischen Kohlenwasserstoffen, den soge- nannten PAK, die als Weichmacher in vielen Kunststof- fen oder in Klebern und Lacken zu finden sind. Diese Gifte sind schon in winzigen Mengen krebserregend, sie gefährden die Fortpflanzung, sie stören das Hormonsys- tem oder sie lösen Allergien aus. Kinder sind davon be- sonders betroffen. Sie befinden sich in der Entwicklung und sind besonders empfindlich und verletzlich. Die Linke will, dass mit dieser giftigen Bescherung Schuss gemacht wird! Die Vorgaben zum Schutz der Kinder vor Schadstof- fen in Spielzeugen gelten in ganz Europa. Die Bundes- regierung ist in der Pflicht, sie umzusetzen, verzettelt sich aber in einem Streit mit der EU-Kommission um die Grenzwerte für diese Schadstoffe. In der Zwischenzeit gelangen jedoch auch weiterhin gesundheitsbedenkliche Spielwaren in die Regale, ganz einfach weil unsere Kontrollen nicht ausreichen. Noch immer werden vom Bund die Bundesländer für die Überwachung der Spielzeugsicherheit verantwortlich gemacht. Es gibt mehr als 400 verschiedene Kontroll- behörden bei Ländern und Kommunen, die schlecht ver- netzt meist nebeneinanderher arbeiten. In vielen Fällen fehlt es am Personal und der nötigen Ausstattung. Dem gegenüber arbeiten Hersteller und Händler glo- bal. Über die Hälfte der Spielwaren in Deutschland wird importiert und oft in Billiglohnländern von Arbeiterin- nen und Arbeitern hergestellt, die selbst nicht wissen, welcher gesundheitlichen Belastung sie durch die ge- fährlichen Materialen ausgesetzt sind. Die fertigen Produkte werden von den Herstellern mit dem „CE“-Zeichen versehen, wonach die Mindestanfor- derungen für den Europäischen Markt erfüllt sein soll- ten. Aber mit Qualitätssicherung hat dieses Zeichen nichts zu tun. Die Linke fordert mit ihrem Antrag, den Schutz der Kinder endlich wirksam durchzusetzen: Die Kontrollen müssen bundesweit vereinheitlicht und die Verantwor- tung auf die Bundesebene gehoben werden. Nur so kön- nen Kinder vor Schaden bewahrt werden. Nach dem Verursacherprinzip müssen Hersteller und Importeure an den Kosten für die Kontrollen beteiligt werden. Pro- bleme mit Schadstoffen in Spielzeugen entstehen meist durch gnadenlose Kostensenkung in der Herstellung zur Gewinnmaximierung. Auch Zollbehörden müssen zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben und zur Mitwirkung an der Marktüberwachung besser ausgestattet werden. Bis dahin müssen sich besorgte Eltern leider selbst helfen. Meine Empfehlungen: Erstens. Auch bei hochwertigen Marken nicht nur auf die Angaben der Hersteller vertrauen. Sie sollten sich an unabhängigen Testergebnissen beispielsweise von Stif- tung Warentest, Ökotest oder dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, BUND, orientieren. Zweitens. Schnuppern Sie dran. Wenn ein Spielzeug komisch riecht, lassen Sie es lieber im Regal liegen. Grundsätzlich gilt: Je weniger ein Spielzeug verklebt, lackiert oder verpackt ist, desto besser. Die Bundesregierung ist gefordert, die Sicherheit von Spielzeugen ohne Wenn und Aber durchzusetzen. Ich kann nur noch einmal betonen: Spielzeug, das be- lastet ist, gehört nicht auf den Markt – und schon gar nicht in ein Kinderzimmer. Aber leider wird auch zu die- sem Weihnachtsfest die Mehrzahl der Spielzeuge unter dem Christbaum schadstoffbelastet sein. Da kann ich nur sagen: Frohe Weihnachten! Nicole Maisch (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Gift hat in Kinderspielzeug nichts verloren! Darüber sind wir uns alle einig. Das ist gut. Doch darüber, wie wir es end- lich schaffen, dieses wichtige Ziel zu erreichen, darüber diskutieren wir hier seit Jahren. Das Thema ist und bleibt ein Dauerbrenner, bei dem die Bundesregierung auf der Stelle tippelt – und das seit Jahren. Wir haben jetzt schon die dritte Bundesregierung in Folge, die das Problem aussitzt. Schon 2009 – also vor über fünf Jahren – hat sich die deutsch-chinesische Arbeitsgruppe zur Verbesserung der Produktsicherheit gegründet. Ich frage in regelmäßigen Abständen nach, was sich seither getan hat, womit sich die Arbeitsgruppe befasst und welche Erfolge sie ver- melden kann. Das Ergebnis ist jedes Mal enttäuschend. Inzwischen gibt es – man höre und staune – zumin- dest einen Arbeitsplan. Doch selbst konkrete Zielverein- barungen oder verbindliche Maßnahmenpläne sind noch immer Fehlanzeige. Das ist zu schwach! Ein Blick in RAPEX, das Schnellwarnsystem der EU- Kommission zu gefährlichen Produkten, zeigt doch, dass wir ohne China nicht an die Wurzel des Problems kom- men. Allein in dieser Woche kamen alle in RAPEX auf- geführten giftigen Spielsachen außer einer aus China. Spielzeugsicherheit liegt in Deutschland in vielen Händen. Auf Bundesebene sind das Wirtschaftsministe- rium, das Ernährungs- und Landwirtschaftsministerium und das Umweltministerium zuständig. Jetzt könnte man Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 76. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2014 7357 (A) (C) (D)(B) meinen, dass das dazu führt, dass sich möglichst viele dieses wichtige Thema auf die Fahne schreiben und für mehr Spielzeugsicherheit sorgen. Doch weit gefehlt. Stattdessen werden die Zuständigkeiten hin und her ge- schoben und keiner fühlt sich so wirklich verantwortlich. Ich erwarte und fordere, dass sie alle ihre Arbeit machen und dafür sorgen, dass Kinderspielzeug sicher wird – frei von giftigen und hormonell wirksamen Stoffen. Die Umweltministerin muss dafür sorgen, dass die Kennzeichnung verbessert wird – zum Beispiel durch eine Weiterentwicklung des Blauen Engels. Verbrauche- rinnen und Verbraucher müssen gefahrlos einkaufen und sich darauf verlassen können, dass sich in den Päckchen unterm Weihnachtsbaum keine Giftbomben verstecken. Der Wirtschaftsminister muss im Dialog mit China und der Spielzeugbranche dafür sorgen, dass Giftstoffe ersetzt und die Herstellung verbessert werden. Der Landwirtschaftsminister ist auch für die Produktsicher- heit zuständig. Er muss gemeinsam mit den Ländern das Kontrollregime verbessern und dafür Sorge tragen, dass zumindest die Grenzwerte eingehalten werden. Verstöße müssen schneller behoben und giftiges Spielzeug vom Markt genommen werden. Ich fordere: Die Sicherheit unserer Kinder muss end- lich zur Chefsache werden. Im Koalitionsvertrag hat die Bundesregierung ange- kündigt, sich auf EU-Ebene für eine unabhängige, ver- pflichtende Drittzertifizierung für Kinderspielzeug ein- zusetzen. Das ist ein interessanter Ansatz. Davon, wie sich die Bundesregierung hier konkret einsetzt, habe ich seither allerdings nichts mehr gehört. Doch Ankündi- gungen allein helfen ja nicht. Wenn die Bundesregierung ihr Versprechen ernst meint, muss sie sich auch aktiv da- rum kümmern. Und dann muss sie auch gewährleisten, dass die klei- nen und mittelständischen Produzenten in Deutschland dadurch nicht vom Markt gedrängt werden. Ich werde aufpassen, dass hier nicht nur Politik für die Industrie gemacht wird, sondern auch für das Handwerk. Für Anbieter, die nur fünf Exemplare einer Puppe oder zwanzigmal den gleichen Teddy herstellen und nicht in Massenproduktion. Wir wollen einen Gabentisch ohne Gift. Dafür muss diese Bundesregierung endlich mehr tun. Anlage 10 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Bevorrechtigung der Verwendung elektrisch be- triebener Fahrzeuge (Elektromobilitätsgesetz – EmoG) (Tagesordnungspunkt 14) Steffen Bilger (CDU/CSU): Es ist gut, dass wir im Deutschen Bundestag so konstruktiv mit der Zukunfts- technologie Elektromobilität umgehen. Erst kürzlich sind wir als Parlamentskreis Elektromobilität fraktions- übergreifend zusammengekommen, eben weil wir die Elektromobilität unterstützen wollen. Warum unterstützen wir die Elektromobilität? Wegen ihrer Bedeutung für Lärmreduzierung, Umwelt, Klima und saubere Luft – aber auch wegen ihrer Bedeutung für den Automobilstandort Deutschland und dessen Zukunfts- fähigkeit sowie wegen der zahlreichen Arbeitsplätze, die in Deutschland nun mal vom Automobil abhängen. Diese wollen und werden wir erhalten. Leitmarkt und Leitanbieter sind und bleiben unsere Ziele. Der Anfang Dezember an die Bundeskanzlerin über- gebene Fortschrittsbericht der Nationalen Plattform Elektromobilität hat gezeigt: Es geht voran bei der Elektromobilität! So können heute schon Elektromobile unter bestimmten Bedingungen die wirtschaftlichsten Fahrzeuge sein. Dies zeigt: E-Autos haben eine Zukunft, allen Unkenrufen zum Trotz! Außerdem ist bei der Pro- duktpalette der deutschen Automobilhersteller viel pas- siert. Auch in internationalen Rankings schneiden wir weiter gut ab. Deutschland ist auf einem guten Weg, zu- mindest also, was die Leitanbieterschaft anbelangt. Beim Leitmarkt ist die Situation noch ausbaufähig. Der Be- richt der Nationalen Plattform zeigt deutlich: Wir müs- sen noch besser werden. Beim Fußball ist ja bekanntlich immer das nächste Spiel das wichtigste. So ist bei der Elektromobilität die nächste Zeit die entscheidende. 2015 bis 2016, 2017 sind die letzten Jahre des Markt- hochlaufs. Da wird sich zeigen, ob wir unser 1-Million- Elektroautos-Ziel erreichen. Deshalb ist es richtig, dass das Elektromobilitätsgesetz, über das wir heute debattie- ren, kommt. Dieses Gesetz ist wegen der enthaltenen Maßnahmen wichtig, aber auch wegen seiner Signalwir- kung. Auch bei der Elektromobilität kommt es schließ- lich auf die psychologische Außenwirkung für poten- zielle Käufer an. Mit diesem Gesetz sagen wir deutlich: Wir stehen auch im fünften Jahr nach dem Nationalen Entwicklungsplan Elektromobilität immer noch und im- mer mehr zu dieser Zukunftstechnologie. Viel ist trotzdem geschimpft worden über die Frei- gabe der Möglichkeit(!), Busspuren nutzen zu können. Dabei zeigt doch schon das Wort „Möglichkeit“, dass niemand gezwungen werden soll. Wir sind für Wahlfrei- heit und regional sinnvolle Lösungen. Deshalb können die Kommunen vor Ort selbst entscheiden, wie sie Elektromobile bevorrechtigen wollen. Wir wollen Wett- bewerb zwischen den Städten, genauso, wie wir es bei einer möglichen Bevorzugung von E-Autos bei Park- plätzen ebenfalls machen. Die Kommune vor Ort trifft dann die Entscheidung, aber die Chance sollte doch zu- mindest ernsthaft geprüft werden. Die Stadt, die für nachhaltige Mobilität stehen will, sollte die Freigabe der Busspuren für Elektrofahrzeuge ebenso ergebnisoffen prüfen wie eben auch die Bereitstellung von Parkplät- zen. Wichtig ist ebenfalls, dass wir uns nun endlich auf eine tragfähige Definition von Elektroauto geeinigt ha- ben. Selbst der Bundesrat war mit dieser zufrieden. Auch eine Kennzeichnung kommt jetzt. Dafür ist dann für je- den sichtbar, was ein Elektroauto ist – und was es darf. Auch für die Feuerwehr ist im Falle des Falles gut zu se- 7358 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 76. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2014 (A) (C) (D)(B) hen, um was für ein Fahrzeug es sich handelt und wie es behandelt werden muss. Die neuen Kennzeichen werden ebenfalls eine positive psychologische Wirkung haben. Wer sehen kann, wie die Zahl dieser Fahrzeuge größer wird und was diese auch noch dürfen, wird sich noch leichter begeistern lassen und selbst an den Kauf denken. Wir haben aber auch immer gesagt, dieses Elektromo- bilitätsgesetz kann nur der Einstieg in dieser Wahlpe- riode für weitere Maßnahmen sein. Viele Forderungen der Wirtschaft für den Markthoch- lauf sind ja sehr berechtigt. So brauchen wir dringend Sonderabschreibungen beim Kauf von Elektroautos für Unternehmenskunden und KfW-Kredite für Private. Im Koalitionsvertrag bekennen wir uns zu nutzerorientier- ten Anreizen. Diese werden wir aktiv angehen. Beson- dere Effekte erwarten wir von größeren Flotten. Wenn Großunternehmen viele E-Autos anschaffen, dann steigen nicht nur sprunghaft die Zulassungszahlen – es entsteht auch mittelfristig ein Gebrauchtwagenmarkt. Flottenver- bände sind auch sonst ideal bei der Elektromobilität. Das Tankstellenproblem lässt sich beispielsweise leicht lö- sen. Deshalb brauchen wir die Sonderabschreibung, da- mit die Unternehmen zum jetzigen Zeitpunkt dadurch noch näher an Wirtschaftlichkeit herankommen bezie- hungsweise sie dadurch erreichen können. Außerdem müssen wir beim Bekenntnis zur Umrüs- tung des Fuhrparks des Bundes auf E-Autos weiterkom- men. Wie so häufig, muss der Bund mit gutem Beispiel vorangehen. In diesem Sinne freue ich mich über dieses Gesetz als ersten Aufschlag und bitte um wohlwollende Zustim- mung. Andreas Rimkus (SPD): Lange war Elektromobili- tät ein Thema für Liebhaber. Sie ist heute eine Idee von Mobilität, die nachhaltig und ökologisch ist und die Be- dürfnisse von Menschen und Ökonomien mit diesen Prinzipien versöhnt. Doch was bedeutet ökologische Nachhaltigkeit im verkehrspolitischen Zusammenhang eigentlich? Wenn Sie im Duden nachschlagen, werden Sie eine Definition finden, in der Nachhaltigkeit im weiteren Sinne als Prin- zip beschrieben wird, nach dem nicht mehr verbraucht werden darf, als jeweils nachwachsen, sich regenerieren, künftig wieder bereitgestellt werden kann. Im Kontext von Mobilität bedeutet das, alternative Kraftstoffstrategien zu entwickeln, sich neuen – oder auch alten – Antriebsfor- men zuzuwenden und sich langfristig von fossilen Brenn- stoffen zu verabschieden. Auch die Bürgerinnen und Bürger haben schon lange ein Bewusstsein für ökologi- sche Fragen entwickelt, und sie erwarten zu Recht von der Politik, dass in verantwortungsvoller Weise Antwor- ten auf die ökologischen Herausforderungen gefunden werden. Unsere Klimaziele sind klar formuliert: Bis 2020 wol- len wir die Treibhausgasemissionen um 40 Prozent im Vergleich zum Referenzjahr 1990 reduzieren. Die ehr- geizigen und notwendigen Ziele der Energiewende ge- lingen uns jedoch nur – darauf hat Vizekanzler Sigmar Gabriel mehrfach zu Recht hingewiesen –, wenn auch der Verkehrsbereich seinen Beitrag leisten wird. Die Abkehr von den klassischen fossilen Brennstoffen im Verkehr ist insofern ein Gebot der ökologischen Verant- wortung und der wirtschaftlichen Vernunft. Im Aktions- programm Klimaschutz der Bundesregierung wird dem Verkehrssektor ein Emmissionsminderungspotenzial von 7 bis 10 Millionen Tonnen bescheinigt. Lassen Sie uns gemeinsam die enormen Potenziale des Aktionspro- gramms Klimaschutz und des Nationalen Aktionsplans Energieeffizienz – kurz NAPE – heben und an der Um- setzung arbeiten. Nach dem Stillstand der vergangenen Jahre liegen insbesondere im Hinblick auf die Energieeffi- zienz unserer Volkswirtschaft endlich konkrete Maßnah- men und Initiativen auf dem Tisch, mit denen sich arbei- ten lässt. Mein Dank gilt an dieser Stelle insbesondere den federführenden Ministern Gabriel und Hendricks. Mit dem Elektromobilitätsgesetz machen wir nun ei- nen wichtigen Aufschlag. Die Frage, was eigentlich ge- nau unter den Begriff Elektromobilität fällt, ist maßge- bend für alle weiteren politischen und wirtschaftlichen Maßnahmen. Vor diesem Hintergrund ist die Einigung auf eine Definition ein enorm wichtiger Schritt gewesen. Ich halte es für vernünftig, technologieoffen zu bleiben und sowohl Akkumobilität als auch Brennstoffzellen- technologie zu berücksichtigen. Bei beiden handelt es sich um elektrische Antriebsformen, die noch erhebli- ches Innovationspotenzial bergen. Ich möchte an dieser Stelle auch dafür werben, dass wir die im Gesetz vorge- sehene Evaluation der Grenzwerte für Plug-in-Hybride nutzen, um uns für die Zukunft ambitioniertere Ziele als 30 Kilometer Reichweite und ab 2018 40 Kilometer zu setzen. Die Schaffung von Privilegien kann ein sinnvoller Ansatz sein. Doch sind Parkprivilegien und die Öffnung von Zufahrten auch ausreichend. Perspektivisch werden wir nicht umhinkommen, Geld in die Hand zu nehmen. Darum begrüße ich die Überlegungen zur Implementie- rung einer Sonderabschreibung für Elektrofahrzeuge. Dies wäre eine wirtschaftlich kluge Form der Technolo- gieförderung und damit ein weiterer Schritt für die Zu- kunftsfähigkeit unserer Volkswirtschaft. Nach meinem Dafürhalten ist es entscheidend, dass Politik auf der Su- che nach neuen Ideen bleibt und mit wachsamen Augen den technischen Fortschritt zur Kenntnis nimmt und ihn befördert. Unsere Aufgabe wird es sein und ist es, die Marktak- tivierung konstruktiv zu begleiten und effektive Anreiz- strukturen zu schaffen, die Elektromobilität attraktiver für die Bürgerinnen und Bürger machen. Ich nehme zur Kenntnis, dass Elektromobilität aktuell in den meisten Fällen noch zu teuer ist, die Reichweite gering und sie aufgrund einer noch unterentwickelten Lade- und Tank- infrastruktur für viele Menschen nicht ausreichend prak- tikabel erscheint. Wir müssen den Menschen die Angst nehmen, sie könnten aufgrund der geringen Reichweite und unzureichenden Lade- und Tankinfrastruktur mit ih- rem Fahrzeug liegen bleiben. Dies sind Probleme, an de- nen wir in den nächsten Jahren verstärkt arbeiten müs- sen. Ich freue mich deshalb besonders, dass wir im Bundeshaushalt zusätzliche Haushaltsmittel aufgebracht Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 76. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2014 7359 (A) (C) (D)(B) haben, um beispielsweise das 50-Wasserstofftankstellen- Programm der Nationalen Organisation für Brennstoff- zellen- und Wasserstofftechnologie voranzubringen. Wie bereits erwähnt ist für die Politik der Ausbau der Tank- und Ladeinfrastruktur eine besondere Herausfor- derung. Aus Brüssel haben wir hier klare Hausaufgaben bekommen. Mit der Richtlinie „Clean Power for Trans- port“ verpflichten sich die EU-Mitgliedstaaten zum Aus- bau von Tank- und Lademöglichkeiten. Vor dem Hinter- grund einer verantwortungsbewussten Haushaltspolitik dürfen wir jedoch nicht blind drauflosbauen, sondern müssen uns Gedanken über einen bedarfsgerechten und europäischen Standards entsprechenden Infrastruktur- ausbau machen. Dieser sollte sich daran orientieren, wel- che Technologie an welcher Stelle besonders gebraucht wird und klug eingesetzt wäre. Die große Aufgabe be- steht darin, ein wettbewerbsfähiges, ressourceneffizien- tes und nachhaltiges Verkehrsnetz in Deutschland zu etablieren. Um dies voranzutreiben, leisten in Sachen Elektromobilität vor allem unsere Mitstreiter bei den kommunalen Unternehmen beispielsweise im Rahmen der Modellregionen eine großartige Arbeit, für die ich mich im Namen meiner Fraktion herzlich bedanken möchte. So haben sich in vielen Städten die Stadtwerke schon seit längerer Zeit auf den Weg gemacht, um die Etablie- rung und den Ausbau von Elektromobilität fachlich und praktisch vor Ort zu begleiten. So sind im ganzen Land zahlreiche Best-Practice-Beispiele mit Strahlkraft ent- standen. Insbesondere werden Flottenprojekte vorange- trieben. Um die Marktdurchdringung erfolgreich zu organisie- ren, werden Fahrzeugflotten eine wichtige Rolle als Wegbereiter spielen. Ich denke da an Dienstwagen-, Car- sharing- und Nutzfahrzeugflotten in Unternehmen und Behörden. Deshalb freue ich mich besonders darüber, dass nun auch zügig ein Carsharing-Gesetz erarbeitet wird. Auch in diesem Zusammenhang darf ich auf den NAPE verweisen, der vorsieht, über konkrete Beschaf- fungsrichtlinien für Elektrofahrzeuge in Flotten des öf- fentlichen Dienstes zu sprechen. Es wäre übrigens ein richtiges Signal, wenn wir als Bundespolitiker mit gutem Beispiel vorangingen. Doch denken wir in diesem Kontext nicht nur an Au- tos. Elektromobilität umfasst mehr als nur das Automo- bil. Insbesondere für die urbane Mobilität sind Elektro- fahrräder und Elektroroller eine richtig tolle Form, sich ressourceneffizient und nachhaltig in der Metropole zu bewegen. Gerade bei jungen Menschen ist diese Form der Mobilität besonders angesagt. Ich glaube, dass wir für die Elektromobilität ein Nar- rativ brauchen. Warum das Elektromobil nicht als attraktiven Strom- speicher nutzen, bei dem ich den Strom meiner Photo- voltaik- oder Windkraftanlage über ein mobiles smartes Grid tagsüber lade oder grünen Strom in Form von Was- serstoff tanke? Lassen Sie uns doch über den Tellerrand hinausbli- cken und sehen, welche Perspektiven sich eröffnen. Ich bin davon überzeugt, dass wir noch nicht alle Möglich- keiten und Potenziale kennen, geschweige denn ausge- schöpft haben, die uns eine neue technologische Kreativi- tät für die Energiewende im Verkehrssektor von morgen bereithält. Nicht nur die Politik, sondern die ganze Gesellschaft, die Bürgerinnen und Bürger selbst, haben sich auf den Weg gemacht, die individuelle wie kollektive Fortbewe- gung zu reorganisieren und damit unsere gemeinsame Mobilität der Zukunft zu gestalten. Wir müssen gemein- sam an Lösungen arbeiten, um die Geschichte der Elek- tromobilität als Erfolgsgeschichte und im wahrsten Sinne des Wortes als Bestseller zu schreiben. Die Regierungskoalition arbeitet tagtäglich an dieser verkehrspolitischen Erzählung für eine gute Zukunft un- seres Landes. Ihnen allen wünsche ich ein frohes Weihnachtsfest und einen guten Rutsch in das neue Jahr. Thomas Lutze (DIE LINKE): Die Bundesregierung beabsichtigt, durch ein Elektromobilitätsgesetz verschie- dene Maßnahmen zur Förderung der Verbreitung von Elektroautos umzusetzen. Das klingt zunächst umwelt- freundlich und fortschrittlich – und ist es leider doch nicht. Denn die Bundesregierung möchte Elektromobilität durch die exklusive Vergabe bestimmter Privilegien at- traktiver machen. Wer sich ein Elektroauto leisten kann, soll keine Parkgebühren mehr zahlen müssen oder darf die Busspur nutzen. Gerade in Ballungsräumen hätte dies fatale Auswirkungen für die Verkehrsflüsse. Bereits jetzt dürfen in vielen Städten neben dem ÖPNV auch Radfahrer sowie Taxen die Busspuren be- nutzen. Besonders im Berufsverkehr führt dies zu Fahrt- zeitverlängerungen für ÖPNV-Nutzer. Kämen jetzt auch noch Elektroautos dazu, würde das Prinzip einer Bus- spur völlig ad absurdum geführt. Denn der Sinn einer solchen liegt darin, ein Verkehrsmittel zu bevorzugen, das auf möglichst kleiner Fläche möglichst viele Men- schen transportiert. Das Elektroauto mag zwar umwelt- freundlicher als ein Auto mit Verbrennungsmotor sein, mehr Menschen finden darin nicht Platz. Außerdem darf an dieser Stelle nicht das Elektroauto mit dem herkömm- lichen Auto verglichen werden, sondern das Elektroauto mit dem ÖPNV. Und da ist der spezifische Energiever- brauch pro Personenkilometer beim ÖPNV geringer als beim Elektroauto. Eine Bevorzugung des Elektroautos leistet keinen Beitrag für ein zügiges und umweltfreundliches Voran- kommen in unseren Städten, sondern privilegiert ledig- lich eine bestimmte Gruppe der Nutzer des Individual- verkehrs. Die bestehenden Verkehrsprobleme in den Ballungsgebieten resultieren aus einem zu schlecht aus- gebauten und zu schlecht finanzierten ÖPNV und nicht daraus, ob ein Auto elektrisch oder mit Benzin betrieben wird. Wenn die Bundesregierung aus berechtigten Gründen einen Förderbedarf für das Elektroauto sieht, muss sie 7360 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 76. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2014 (A) (C) (D)(B) sich bessere Ideen dafür einfallen lassen. Eine Förderung der Elektromobilität auf Kosten des ÖPNV ist mit der Linken nicht zu machen. Stephan Kühn (Dresden) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Deutschland will Leitmarkt und Leitanbieter für Elektromobilität werden – davon sind wir allerdings noch weit entfernt. Statt um die Tabellenführung spielen wir gegen den Abstieg. Erst vor wenigen Wochen wurde die Schließung der Li-Tec Batteriezellenfabrik in Ka- menz bei Dresden bekannt. Bei der Batterietechnologie liegen wir weit hinter den asiatischen Herstellern zurück. Dabei hat die Batterie im Elektroauto einen Anteil von etwa 40 Prozent an der Wertschöpfung. Die Entwicklung der nächsten Batteriegeneration darf deshalb nicht an Deutschland vorbeilaufen. Die Strategie der Bundesregierung zur Förderung der Elektromobilität greift insgesamt zu kurz. Soll sich die Elektromobilität durchsetzen und einen Beitrag zum Kli- maschutz leisten, reicht es nicht, den Verbrennungsmo- tor durch einen Elektromotor beim Auto zu ersetzen. Die Elektromobilität bietet Chancen für eine zukunftsfähige Mobilität, aber nur wenn wir auch den Einsatz von Elek- trobussen, Nutzfahrzeugen mit elektrischen Antrieben sowie Elektrofahrrädern stärker unterstützen und der Strom aus erneuerbaren Energien kommt. So würde die Umstellung der Elektroloks im Bahnverkehr auf Öko- strom viermal so viel Kohlendioxid einsparen wie eine Millionen Elektroautos. Mit angezogener Handbremse werden wir den Rück- stand zu anderen Ländern und Fahrzeugherstellern nicht aufholen. Länder wie Norwegen oder die Nieder- lande, mit einem deutlich höheren Marktanteil von Elek- troautos, zeigen: Wir brauchen ein Marktanreizpro- gramm für den Kauf von Elektroautos. Eine Sonder-Afa für gewerblich genutzte Fahrzeuge wäre ein erster richti- ger Schritt. Nur die Möglichkeit – wie im Elektromobili- tätsgesetz vorgesehen –, in Zukunft kostenlos parken zu dürfen, wird die Absatzzahlen von Elektroautos kaum ankurbeln. Wir brauchen einen beherzteren Vorstoß für mehr E-Mo- bilität: Der Markthochlauf für Elektroautos kann über öffentliche und gewerbliche Fahrzeugflotten sowie elek- trisch betriebene Car-Sharing-Fahrzeuge gelingen. Elek- troautos sind sehr gut für den Einsatz in Carsharing- Flotten geeignet. Um Carsharing zu fördern, wird seit mindestens 2007 über eine bundeseinheitliche Regelung zur rechtssicheren Ausweisung von Carsharing-Park- plätzen im öffentlichen Straßenraum in Kommunen dis- kutiert. Wo bleibt das von der Bundesregierung ange- kündigte Carsharing-Gesetz? Dieses wurde parallel zum Elektromobilitätsgesetz angekündigt. Hier muss endlich was passieren. Wir brauchen eine Beschaffungsoffensive für die öf- fentlichen Fuhrparks. Die öffentliche Hand muss Vorrei- ter bei der Elektromobilität sein. In Deutschland sind drei Millionen Fahrzeuge in öffentlichen Flotten und Fuhrparks zugelassen – ein riesiges Potenzial für Elekt- romobilität, gerade auch im Bereich der Nutzfahrzeuge. Es ist doch ein Armutszeugnis, dass die Bundesregie- rung ihr Minimalziel, mindestens zehn Prozent Elektro- autos in den Ministerialflotten, selbst nicht erreicht. An- kündigungen reichen nicht. Das vorgelegte Elektromobilitätsgesetz ist viel zu kurz gesprungen. Viele der von mir beschriebenen Maß- nahmen sucht man vergebens im Gesetzentwurf. In Tei- len sind die Vorschläge sogar kontraproduktiv: Welches Bild entsteht in der Öffentlichkeit, wenn künftig Ober- klassewagen wie der Porsche S E-Hybrid innerstädtisch kostenlos parken und die Busspur befahren dürfen? Diese Fahrzeuge können nur wenige Kilometer batterie- elektrisch fahren und sind im „Normalbetrieb“ wenig umweltfreundlich. Die Bundesregierung will die Busspuren freigeben, obwohl bisher keine deutsche Großstadt zu erkennen ge- geben hat, dass sie davon Gebrauch machen möchte. In Oslo wurde die Freigabe der Busspuren für Elektroautos wieder zurückgenommen, weil sie den umweltfreundli- chen Nahverkehr ausbremsen. In vielen Städten nutzen Taxis und Fahrräder zusätzlich diese Sonderspuren. Viele Ampelanlagen sind mit einer Vorrangschaltung für den Nahverkehr ausgestattet. Viel sinnvoller wäre es da- her, die Umstellung der Busflotten, die noch zu 90 Pro- zent mit Diesel fahren, auf Elektrobusse finanziell zu fördern. Das wäre ein Beitrag für Förderung der Elektro- mobilität. Dieser Gesetzentwurf ist es jedenfalls nicht! Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bun- desminister für Verkehr und digitale Infrastruktur: Die Entwicklung der Elektromobilität in Deutschland in den letzten Jahren ist sehr ermutigend. Angesichts eines Bestandes von rund 24 000 – Juli 2014 – rein elektrischen bzw. extern aufladbaren Pkw sind gegenüber den Vorjahren deutliche Lichtblicke am Markt zu verzeichnen: Im Gesamtjahr 2012 wurden noch knapp 4 200 Fahrzeuge zugelassen. Im Jahr 2013 waren es schon deutlich mehr: 7 700. Bis Ende Oktober 2014 sind rund 9 500 Fahrzeuge neu zugelassen worden. Prozentual hat sich damit der Gesamtbestand an Elektrofahrzeugen alleine bis Oktober um 70 Prozent erhöht. Und die positive Entwicklung setzt sich fort. Ganz aktuelle Zahlen vom VDA bis No- vember 2014: 11 543 Neuzulassungen in 2014. Wir hal- ten daher an unseren Zielen fest, bis 2020 1 Million Elektrofahrzeuge auf die Straßen zu bringen und Deutschland zum Leitmarkt und Leitanbieter für Elek- tromobilität zu machen. Die deutschen Hersteller sind dabei führend. Deutsch- land verfügt über eine große elektromobile Vielfalt. Wie der aktuelle Electric Vehicle Index, EVI, von McKinsey zeigt, haben wir in den vergangenen vier Jahren beim Angebot von Elektroautos den größten Fortschritt aufzu- weisen. Bis Ende dieses Jahres werden von deutschen Herstellern 17 Serienmodelle auf dem Markt sein. 2015 kommen 12 weitere hinzu. Das Ziel Leitanbieter ist da- mit bereits heute erreicht. Jetzt geht es darum, Deutsch- land auch als Leitmarkt zu positionieren. Ausgehend vom Regierungsprogramm 2011 sind schon viele Maßnahmen umgesetzt worden, die uns die- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 76. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2014 7361 (A) (C) (D)(B) sem Ziel näherbringen und das Fahren von Elektroautos attraktiver machen. Wir sind auf einem guten Weg und engagieren uns auf verschiedenen Ebenen sehr erfolg- reich. EU: Mit der Richtlinie für den Aufbau von Infrastruk- tur für alternative Kraftstoffe – Englisch: Clean-Power- for-Transport – ist im November ein klarer rechtlicher Rahmen in Kraft getreten. Die Richtlinie legt unter ande- rem Mindeststandards für Ladestecker fest und verpflichtet die Mitgliedstaaten zur Erarbeitung eines Nationalen Rahmenplans für den Aufbau von Ladeinfra- struktur, Wasserstoff- und Gastankstellen. Deutschland: Um Elektromobilität in Deutschland voranzubringen, hat die Bundeskanzlerin im Mai 2010 die Nationale Plattform Elektromobilität, NPE, ins Le- ben gerufen. Ein solches Beratergremium, in dem alle wesentlichen Akteure aus Industrie, Wissenschaft, Poli- tik, Gewerkschaften und Verbänden zum strategischen Dialog zusammenkommen, ist einmalig. Vor wenigen Tagen hat die NPE der Bundeskanzlerin den zweiten Fortschrittsbericht übergeben. Darin wird hinsichtlich der dieses Jahr endenden Marktvorberei- tungsphase Bilanz gezogen. Gleichzeitig werden Emp- fehlungen für die in 2015 beginnende Markthochlauf- phase ausgesprochen. Mit dem im September vom Kabinett beschlossenen EmobG I schaffen wir nun für die weitere Entwicklung der Elektromobilität in Deutschland eine wichtige ge- setzliche Grundlage. Wir wollen vor allem die Attraktivität für die Nutzer steigern, indem wir dieser Technologie Privilegien im alltäglichen Straßenverkehr einräumen. Wir schaffen Chancen und die notwendige Flexibilität. Dabei profitieren wir maßgeblich auch von den Er- fahrungen, die wir in unseren Modellregionen und Schaufenstern gesammelt haben. Es hat sich gezeigt, dass Bundesländer und Kommunen großes Interesse an der Einräumung von Privilegien für Elektrofahrzeuge haben. Sie haben uns wichtige Impulse geliefert. Mit dem Gesetzentwurf geben wir den Städten und Gemein- den nun Möglichkeiten, Elektrofahrzeuge zu begünsti- gen. Zugleich brauchen die Städte und Gemeinden Pla- nungs- und Rechtssicherheit, die sie mit diesem Gesetz erhalten werden. Der aktuelle Gesetzentwurf beinhaltet Ermächtigungsgrundlagen für die Möglichkeit der Bevorrechtigung von elektrischen Fahrzeugen im Stra- ßenverkehr und schafft eine Rechtsgrundlage für deren besondere Kennzeichnung. Städte und Gemeinden können künftig entscheiden, wie sie Elektroautos ganz konkret begünstigen wollen. Wir eröffnen also zusätzliche Chancen – wir schaffen keine Pflichten. Ob und wie von den Möglichkeiten Gebrauch gemacht wird, wird vor Ort abgewogen. Das Gesetz definiert, welche Fahrzeuge von den Bevorrechtigungen Gebrauch machen dürfen: Dies sind, neben reinen Batterie-Elektrofahrzeugen, auch Brenn- stoffzellenfahrzeuge. Es sollen aber auch die sogenann- ten Plug-in-Hybride privilegiert werden – und zwar jene, die einen tatsächlichen Umweltvorteil aufweisen. Hyb- ridfahrzeuge dürfen daher nur dann Privilegien nutzen, wenn ihr CO2-Ausstoß höchsten 50 Gramm pro Kilome- ter beträgt oder wenn sie über eine rein elektrische Reichweite von 30 bzw. ab 2018 dann 40 km verfügen. Das Gesetz schafft außerdem die Voraussetzung zur Kennzeichnung von Elektrofahrzeugen. Es ist vorgese- hen, dass die Kennzeichnung mittels eines „E-Kennzei- chens“ an Vorder- und Heckseite erfolgt. Dadurch kön- nen Behörden und Verkehrsteilnehmer auf den ersten Blick sehen, dass ein bestimmtes Fahrzeug Privilegie- rung in Anspruch nehmen darf. Dies wird auch zu mehr Akzeptanz in der Bevölkerung führen. Mit dem EmoG I schaffen wir die Möglichkeit, be- sondere Parkplätze zum Beispiel in verkehrsgünstigen Lagen – zum Beispiel Innenstädte, Einkaufsstraßen – mit oder ohne Zugang zur Ladeinfrastruktur nur für Elektrofahrzeuge zu reservieren. Darüber hinaus sollen die Länder die Möglichkeit erhalten, Ermäßigungen oder Befreiungen von Parkgebühren für Elektrofahrzeuge vorzusehen. Ferner können Zufahrtbeschränkungen, die aus Lärm- schutzgründen sowie zum Zwecke der Luftreinhaltung angeordnet worden sind, für Elektrofahrzeuge aufgeho- ben werden. Ich denke hier etwa an Luftkurorte, Erho- lungsgebiete oder Wohngebiete. Ich sehe aber auch gute Perspektiven für Post und Paketzusteller, also Kleintransporte. Im Rahmen der Modellregionen und Schaufenster hat das BMVI eine Reihe von Forschungsprojekten zum E-Wirtschafts- verkehr und zur City-Logistik umgesetzt. Ziel ist ein größerer Einsatz von elektrischen Lieferfahrzeugen. Vor allem bei geringeren Geschwindigkeiten kommt der wesentlich leisere Antrieb dort voll zur Geltung. Die lokale Emissionsfreiheit kann besonders für die Anwoh- ner in hochverdichteten Innenstadtquartieren oder Erho- lungsgebieten zu erheblichen Verbesserungen führen. Wir verschaffen den Straßenverkehrsbehörden die Möglichkeit, in diesen Bereichen Ausnahmen für Elek- trofahrzeuge zu treffen. Ein weiterer Punkt ist die Möglichkeit der Freigabe von Busspuren für Elektrofahrzeuge. Mir ist wichtig, an dieser Stelle zu betonen, dass wir Chancen eröffnen. Die konkrete Entscheidung einer Freigabe von Busspuren kann nur durch die zuständigen Behörden vor Ort erfol- gen. So ist sichergestellt, dass nur dort Busspuren geöff- net werden, wo dies im Einzelfall sinnvoll ist. Die Ge- währleistung eines sicheren und flüssigen allgemeinen Verkehrsablaufs hat stets Vorrang. Mit unserer Gesetzgebung erweitern wir also den Handlungsrahmen. Ob und wie er ausgefüllt wird, welche Bevorrechtigungen wo eingeführt werden, ent- scheiden die zuständigen Behörden vor Ort. Das ist auch sinnvoll. Das heute vorliegende Gesetz ist ein weiterer wichti- ger Schritt zur Förderung von Elektromobilität. Wir alle räumen dieser Technologie hohe Priorität ein, denn Elektromobilität ist auch ein entscheidender Innovati- 7362 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 76. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2014 (A) (C) (D)(B) onstreiber. Jeder Schritt, der Elektromobilität für die Nutzer attraktiver macht, ist ein Schritt in eine nachhalti- gere automobile Zukunft. Wir haben in Deutschland nahezu alle notwendigen Technologien entlang der gesamten Wertschöpfungs- kette. Diese erheblichen Potenziale der deutschen Indus- trie müssen jetzt in höhere Marktanteile umgesetzt werden. Preis und Reichweite, das heißt besonders die Batterietechnik der Fahrzeuge, spielen dabei für den Kunden eine maßgebliche Rolle. Daher müssen auch diese Parameter optimiert werden, um den Umstieg auf Elektrofahrzeuge für Kunden noch attraktiver zu gestal- ten. Mit dem Elektromobilitätsgesetz I ist ein wichtiger Schritt gelungen, dem weitere folgen werden. Anlage 11 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Anträge: – Iguala ist kein Einzelfall – Zur Menschen- rechtslage in Mexiko – Menschenrechte in Mexiko schützen, Ver- handlungen zum Sicherheitsabkommen aus- setzen – Sicherheitsabkommen brauchen Standards (Tagesordnungspunkt 15) Dr. Egon Jüttner (CDU/CSU): „Iguala ist kein Ein- zelfall“. Diese Aussage ist leider ebenso traurig wie sie wahr ist. Die Sicherheitslage in Mexiko ist besorgniser- regend, und das schon seit vielen Jahren. Der Wechsel im Präsidentenamt von Calderón zu Nieto hat keine grundlegenden Verbesserungen mit sich gebracht. Die Politik scheint machtlos im Kampf gegen die Drogen- banden zu sein. Bewaffnete Auseinandersetzungen der Kartelle um die Kontrolle der Drogenmärkte sind weiter- hin an der Tagesordnung. Die allermeisten Straftaten werden nicht aufgeklärt, und die staatlichen Organe – Militär, Polizei, Justiz und Verwaltung – scheinen auf allen Ebenen tief in diese Gewaltspirale verstrickt zu sein. Es wird gefoltert, es wird gemordet und die Täter werden nicht zur Rechenschaft gezogen. Zwar gibt es immer wieder hoffnungsvolle Initiativen und Maßnahmen zur Festigung des Rechtsstaats und zur Drogenbekämpfung, aber weder die enge Zusammenar- beit mit den USA in Form von gemeinsamen Wirt- schafts- und Sozialprogrammen noch die Einrichtung von Sonderstaatsanwaltschaften zur Verfolgung der Dro- genkriminalität oder gar der Einsatz des Militärs haben die gewünschte Wirkung gezeigt. Mexiko hat wichtige internationale Instrumente zum Schutz der Menschenrechte zwar ratifiziert und in natio- nales Recht umgesetzt, aber das Land scheint trotzdem immer mehr in einem Strudel von Gewalt, Straflosigkeit, Kriminalität und Brutalität zu versinken. 98 Prozent aller Straftaten bleiben ungesühnt. Gerichtsverfahren laufen nicht objektiv und gerecht ab, Missbräuche werden nicht geahndet, Folter ist an der Tagesordnung. Tausende Lo- kalpolitiker haben sich aus Gier oder aus Angst um ihr Leben mit Mördern und Entführern eingelassen. Das ganze politische System ist korrupt. Ich gehe davon aus, dass die Analyse der sicherheits- politischen Lage in Mexiko unter uns nicht strittig ist. Angesichts dieser Lage müssen wir uns als Deutscher Bundestag aber die Frage stellen, welche Schlüsse wir für die bilaterale Zusammenarbeit ziehen und welche Forderungen wir an Mexikos Regierung stellen. Was die Tragödie von Iguala betrifft, so müssen wir eine umfas- sende Untersuchung verlangen, die internationalen recht- staatlichen Standards entspricht. Der Respekt vor den Opfern verbietet jegliche Art von politischem oder admi- nistrativem Versteckspiel. Dies muss der mexikanischen Seite unmissverständlich klar gemacht werden. Es reicht nicht, dass der Bürgermeister von Iguala in Haft ist, der Gouverneur des Bundesstaates Guerrero zurückgetreten ist und Experten der Universität Innsbruck auf Antrag der Staatsanwaltschaft Müllsäcke mit Asche und Kno- chenresten untersuchen, bei denen man vermutet, dass es sich um die 43 verschleppten Studenten handelt. Wir verlangen eine umfassende Aufklärung dieses Verbre- chens und entsprechende Konsequenzen. Mexiko darf weder von Europa noch von Deutsch- land alleine gelassen werden. Die Verhandlungen über ein Sicherheitsabkommen müssen fortgesetzt werden. Eine Vereinbarung über den Erfahrungsaustausch beim Rauschgifthandel und bei der Bekämpfung grenzüber- schreitender organisierter Kriminalität ist sinnvoll. Allerdings müssen wir Bedingungen stellen, die von mexikanischer Seite erfüllt werden müssen. Dabei muss die Frage geklärt werden, welche Rolle Militär und Bun- despolizei im Fall von Iguala gespielt haben. Es muss zugesichert werden, dass Menschenrechtsverteidiger ge- schützt werden. Es muss gegenüber der mexikanischen Regierung deutlich gemacht werden, dass Korruption und Straflosigkeit auf allen Ebenen bekämpft werden müssen. Aber es darf nicht bei bloßen Zusicherungen bleiben. Vielmehr müssen Erfolge nachgewiesen wer- den, bevor das Sicherheitsabkommen unterschrieben wird. Und es müssen die Menschenrechtsorganisationen in die Erarbeitung der Vereinbarung einbezogen werden. Ihre Forderungen und Vorschläge müssen Berücksichti- gung finden. Wir möchten Mexiko helfen und es nicht sich alleine überlassen. Aus diesem Grunde können wir der Forde- rung, kein Sicherheitsabkommen abzuschließen, nicht zustimmen. Frank Schwabe (SPD): Bereits vor ein paar Wochen habe ich mich in meiner Funktion als menschenrechts- politischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion und weitere Abgeordnete mit Abel Barrera Hernández hier in Berlin getroffen. Abel Barrera Hernández ist ein renommierter Men- schenrechtsaktivist der Organisation Tlachinollan im Bundesstaat Guerrero in Mexiko. Seit über 20 Jahren setzt er sich für die Rechte der extrem armen, marginali- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 76. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2014 7363 (A) (C) (D)(B) sierten, zumeist indigenen Bevölkerungsteile ein. Ei- gentlich Priester und Anthropologe, fungiert er als ihr Anwalt – national sowie international. Seit Ende Sep- tember ist er auch der Anwalt der Familien der 7 toten und 42 verschwundenen Studenten aus Iguala. In der Nacht vom 26. auf den 27. September 2014 hatten ihre Söhne gemeinsam mit weiteren Studenten der Univer- sität „Raúl Isidrio Burgos“ in Ayotzinapa drei Busse geka- pert, um in ihnen nach Mexiko-Stadt zu fahren. Dort wollten sie in Gedenken an das Massaker von Tlateloco 1968 demonstrieren. Wie wir alle wissen, sind diese drei Busse nie in der Hauptstadt angekommen. Sie wurden von der Polizei Iguala unter Beschuss genommen. Drei Studierende ka- men bei dieser Schießerei direkt vor Ort ums Leben. Der weitere Vorgang dieser Nacht ist nicht klar nachzuvoll- ziehen, da verschiedene Quellen unterschiedliche Anga- ben machen. Vermutlich wurden die Studenten von der Polizei eingekesselt, abgeführt und an die kriminelle Bande „Guerreros Unidos“ – Vereinigte Kämpfer – die in Verbindung zum örtlichen Drogenkartell stehen, über- geben und von diesen ermordet. All dies soll auf Geheiß des örtlichen Bürgermeisters José Luis Abarca und sei- ner Frau geschehen sein, durch politische Funktionäre also, die enge Verbindungen zur organisierten Kriminali- tät unterhalten haben sollen. Fakt ist: Seit dieser Nacht werden noch immer 42 Studenten vermisst. Nur das Schicksal eines der Vermissten ist bereits bekannt: Er wurde ermordet und verbrannt auf der Müllkippe von Cocula aufgefunden. Weitere 28 Leichen aus geheimen Massengräbern konnten nicht als die vermissten Studen- ten identifiziert werden. Die Angehörigen Familien der Opfer leben derzeit in der Escuela Normal in Ayotzinapa, dort, wo ihre Söhne lernten, betreut von Abel Barrera und seiner Organisa- tion Tlachinollan. Sie haben noch Hoffnung, sie drängen auf Aufklärung. Doch die Aufklärung verläuft schleppend und diffus. Nach Angaben der mexikanischen Regierung wurden zwar bislang 51 Menschen, die mit den Verbrechen in Verbindung stehen, festgenommen; die meisten davon sind Polizeibeamte aus den Gemeinden Iguala und Colcula. Auch der Bürgermeister Igualas und seine Frau sind mittlerweile festgenommen worden – nachdem sie fünf Wochen lang auf der Flucht waren. Von den ver- missten Studenten fehlt jedoch auch fast zwei Monate nach dem Vorfall jede Spur. Am 7. November 2014 präsentierte der Generalstaats- anwalt Jesús Murillo Karam darüber hinaus drei Gestän- dige: junge Mitglieder der „Guerreros Unidos“, die zu Protokoll gaben, dass die Studenten von Kriminellen ge- tötet und verbrannt worden seien. Die Staatsanwaltschaft hat hierfür jedoch noch immer keine Beweise vorgelegt. Überwiegende Teile der mexikanischen Bevölkerung stellen sich daher die Frage: Warum sollten ausgerechnet diese Aussagen stimmen? Nach Ansicht von Abel Barrera wollen die Strafverfolger durch die Präsentation der Aussagen dreier krimineller Jugendlicher die Auf- merksamkeit auf die organisierte Kriminalität lenken – weit weg von den Polizeikräften und staatlichen Ange- stellten. Denn: Andere Zeugen schildern, dass die Poli- zeikräfte in die Ermordung verwickelt gewesen seien. Der Fall der 42 vermissten Studenten in Iguala illus- triert einmal mehr auf schockierende Weise die Unter- wanderung von Teilen der staatlichen Institutionen durch die organisierte Kriminalität, die De-facto-Allianz mit der Mafia auf allen Ebenen – lokal, föderal und leider zum Teil auch der bundesstaatlichen Ebene. Er reiht sich ein in eine Serie von Gewalttaten, maß- geblich verübt durch Polizei- und Militärkräfte – gedeckt durch die Politik. Im Juni 2014 hatte die Polizei in der Ortschaft Tlatlaya im Bundestaat México 22 Jugendliche erschossen. Laut den involvierten Polizeibeamten han- delte es sich um Kriminelle – laut Augenzeugenberich- ten um extralegale Tötungen. Auch der Bürgermeister Igualas, José Luis Abarca, war den Behörden einschlä- gig bekannt: Ihm wird vorgeworfen, im Jahr 2013 drei Oppositionelle gefoltert und getötet zu haben. Auch wuss- ten die Behörden, dass seine Frau mit den „Guerreros Unidos“ in Verbindung stand, dass in Iguala viele Men- schen hingerichtet wurden. Anzeichen dafür waren die vielen bekannten Massengräber in Iguala und Umge- bung. Ermittelt wurde gegen sie nie. Auch die Bundesre- gierung hat sich in keinen dieser Fälle eingeschaltet. Der Fall Iguala ist auch symptomatisch für die gene- rell vernichtende Menschenrechtslage in Mexiko. Der seit dem Jahr 2006 herrschende „Guerra contra el Narco“, ausgerufen von Felipe Calderón, hat bislang zahlreiche zivile Opfer gefordert: Die offiziellen Anga- ben liegen bei 70 000 Toten und 26 000 Verschwunde- nen. Die Dunkelziffer dürfte weitaus höher sein. Das un- durchsichtige Geflecht aus korrupten Polizeibeamten, lokalen Politikern und der Mafia führt dazu, dass die Tä- ter zumeist nie gefunden, geschweige denn zur Rechen- schaft gezogen werden. Die mexikanische Menschenrechtskommission mel- dete 2013 einen Anstieg der Anzeigen wegen Folter und Misshandlungen um 600 Prozent seit dem Jahr 2003. Mexiko ist Unterzeichnerstaat der internationalen UN- Konvention gegen Folter und hat die Konvention bereits 1985 ratifiziert. Im eigenen Land scheint unter den Be- hörden allerdings eine Toleranz gegenüber Folter zu herrschen: Insgesamt wurden bislang nur sieben Perso- nen in Mexiko wegen Folter von Bundesgerichten verur- teilt. Auch im Bereich der Meinungs- und Versammlungs- freiheit ist eine alarmierende Entwicklung zu beobachten. Mehrere mexikanische Bundesstaaten haben in diesem Jahr sogenannte Gesetze „zum Schutz der Menschen- rechte und der legitimen Nutzung staatlicher Gewalt durch Einheiten der bundesstaatlichen Polizeieinheiten“ erlassen. Sie regeln die Voraussetzungen für die gewalt- same Auflösung von Demonstrationen sowie den Ein- satz von Schusswaffen. Da bereits die Äußerung von Kampfparolen als Gewaltbereitschaft eingestuft werden kann, erleichtern sie de facto den Einsatz von Polizeige- walt und schränken so die Versammlungs- und Mei- nungsfreiheit der Mexikaner extrem ein. Dies wurde auch bei den landesweiten Massenprotesten nach den 7364 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 76. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2014 (A) (C) (D)(B) Vorfällen in Iguala deutlich. Die Demonstranten werden kriminalisiert; laut Präsident Enrique Pena Nieto gefähr- den sie die Stabilität des Landes. Am 20. November wurden elf Demonstranten willkürlich festgenommen und in ein Hochsicherheitsgefängnis nach Veracruz im Westen des Landes gebracht. Ihnen wurden Mord und Aufruhr vorgeworfen. Sie hatten keinen Kontakt zu ih- ren Familien, auch Anwälte wurden ihnen zunächst nicht gewährt. Nach Angaben von Rechtsbeiständen wiesen die Demonstranten im Gefängnis Spuren von Misshand- lung auf. Dem Ausmaß an Menschenrechtsverletzungen und Gewalt steht das gleiche Ausmaß an Straflosigkeit ge- genüber: Lediglich 2 Prozent aller Delikte werden letzt- endlich verurteilt. 90 Prozent der begangenen Verbre- chen werden nicht juristisch verfolgt. Viele Urteile, die ausgesprochen werden, sind Fehlurteile. Gemeinsam mit den Angehörigen der 42 Studenten, mit Abel Barrera Hernández, mit den Tausenden De- monstranten, die seit Wochen immer wieder auf die Straße gehen und Recht und Gerechtigkeit fordern, so- wie gemeinsam mit der EU und der UN, fordere ich die grundlegende und transparente Aufklärung der Ent- führung der 43 Studenten aus Iguala. Es fehlen noch im- mer 42! Langfristig muss die mexikanische Regierung jedoch nicht nur diesen Fall zu einem Abschluss bringen. Damit Fälle wie Iguala in Zukunft verhindert werden, muss sie vor allem die Korruption, die enge Verquickung zwi- schen staatlichen Einrichtungen und kriminellen Struk- turen sowie die weitverbreitete Straflosigkeit bekämp- fen. Nur wenn dies gelingt, kann die Achtung und Verteidigung der Menschenrechte aller Mexikaner ge- währleistet werden. Solange dies noch nicht der Fall ist, sollte der Bun- destag darauf drängen, dass einige bilaterale Überein- kommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Mexiko sowie multilaterale zwischen der EU und Me- xiko auf den Prüfstand gestellt werden. Darunter fällt beispielsweise das geplante deutsch- mexikanische Sicherheitsabkommen. In seiner jetzigen inhaltlichen Form wird es unter den derzeitigen Bedin- gungen kaum der „Bekämpfung der organisierten Krimi- nalität, des Terrorismus und anderer Straftaten von er- heblicher Bedeutung“ – wie es im Vertragstext heißt – in Mexiko dienen. Diese Überlegung betrifft auch die Neuaushandlungen des Globalabkommens zwischen der EU und Mexiko. In dem neu aufgelegten Vertragswerk sollte der Menschen- rechtsklausel und vor allem auch ihrer Nichteinhaltung deutlich mehr Bedeutung beigemessen werden. So weit zu den Forderungen, die sich aus unserer Per- spektive leicht formulieren lassen. Wir dürfen allerdings nicht vergessen: Das Problem ist die Lösung des Pro- blems, wie die mexikanische Zeitung La Jornada es aus- drückt. Die schwachen Institutionen, die Gebiete und Bundesstaaten, wie beispielsweise Guerrero, in denen der Staat de facto nicht mehr existiert, nicht durchgreifen kann, die die jetzige Situation begünstigen, sind gleich- zeitig hohe Hürden bei der Bekämpfung der Gewalt und Straflosigkeit, die der mexikanische Staat allein nicht be- wältigen können wird. Die Bundesrepublik Deutschland sowie die EU sollten daher nicht nur mahnen, sondern, wo möglich, sinnvoll bei dem Aufbau von starken Institutionen unterstützen. Hier wäre zum Beispiel ein gut formuliertes Sicherheits- abkommen, in dem es nicht nur um technischen Aus- tausch geht, eine Möglichkeit. Auch sollten vielleicht die generellen Paradigmen der Drogenpolitik – auch der EU und der Bundesrepublik Deutschland – überdacht werden. Denn Mexiko, Kolum- bien und andere lateinamerikanische Staaten zeigen, dass die derzeitigen Prinzipien kaum erfolgreich sind. Vor allem aber kann jede Einzelne und jeder Einzelne von uns helfen. Auch wenn der Staatsanwalt Murillo Karam sagt „Ya me cansé“ – Ich bin es leid –, die Men- schen sind es trotz der widrigen Bedingungen noch nicht. Nicht nur in den letzten Wochen gehen die Leute als Re- aktion auf die Vorfälle in Iguala auf die Straßen; seit Jah- ren kämpfen Menschenrechtsaktivistinnen und -aktivisten wie Abel Barrera oder Anita Ancheita sowie zivilgesell- schaftliche Kräfte gegen die Regierung und staatliche Einrichtungen für die Rechte der mexikanischen Bevöl- kerung. Jeder von uns kann diesen Kampf unterstützen, auch durch das Programm des Bundestages „Parlamen- tarier schützen Parlamentarier“. Durch die Übernahme einer Patenschaft kann jeder von uns helfen, Menschen- rechtsverteidigerinnen und -verteidiger vor Repressio- nen zu schützen und ihnen so den Rücken zu stärken. Zeigen wir uns nicht nur kritisch, sondern auch soli- darisch mit der mexikanischen Bevölkerung und helfen, den mexikanischen Staat von unten zu stärken. Heike Hänsel (DIE LINKE): Mexiko befindet sich seit Bekanntwerden der 43 verschwundenen Studenten von Ayotzinapa im Ausnahmezustand. Diese Studenten wurden von der Polizei des Bundesstaates Guerrero fest- genommen und nach eigenen Angaben einer kriminellen Bande übergeben, die diese getötet und verbrannt haben soll. Seitdem finden fast täglich Demonstrationen und Proteste statt, die sich gegen diese Gewalt des Staates richten und eine umfassende Aufklärung fordern. Ich selbst bin vor wenigen Wochen nach Ayotzinapa gefah- ren und habe mit den Angehörigen der verschwundenen Studenten gesprochen, die verzweifelt sind und kein Vertrauen in die staatlichen Ermittlungen haben, die eher vertuschen als ernsthafte Aufklärung betreiben. Sie for- dern internationale Hilfe bei der Aufklärung und Schutz, denn sie fühlen sich selbst mittlerweile durch Aussagen der Regierung kriminalisiert. Die mexikanische Regierung und die Staatsanwalt- schaft, mit der ich ebenfalls gesprochen habe, wollen diesen Fall als lokales Problem korrupter Polizeieinhei- ten darstellen. Dabei sagen alle Menschenrechtsorgani- sationen in Mexiko, dass auch die Bundesebene verant- wortlich ist; so waren auch Bundespolizei und Armee vor Ort und haben nicht eingegriffen bzw. haben sogar ebenfalls die Studenten bedroht. Ayotzinapa ist nämlich Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 76. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2014 7365 (A) (C) (D)(B) nur die Spitze des Eisbergs brutaler Menschenrechtsver- letzungen in Mexiko. Die offizielle Zahl gewaltsam Ver- schwundener liegt bei 26 000 Menschen, und zwischen 50 000 bis 70 000 Menschen wurden seit 2006 ermordet. Die Straflosigkeit liegt bei 98 Prozent. Angesichts dieser Zahlen kann man nicht davon sprechen, dass es ein Inte- resse der bisherigen Regierungen gab, Aufklärung zu be- treiben, im Gegenteil, diese Gewalt dient auch dazu, Ausbeutung, Vertreibung etc. in den ländlichen Regio- nen zu zementieren. Denn in Mexiko ist seit Abschluss zahlreicher neoliberaler Freihandelsabkommen, unter anderem von NAFTA, die Armutsquote von 45 auf 51 Prozent gestiegen, die allgemeine soziale Unsicher- heit angestiegen, die auch zur Entwicklung dieser Ge- waltstrukturen, Bandenbildung beigetragen hat. Die Ge- walt in Mexiko richtet sich mittlerweile gezielt gegen MenschenrechtsverteidigerInnen, kritische Journalistin- nen und Journalisten, soziale Bewegungen etc. und er- hält somit auch das neoliberale Regime aufrecht. Ange- sichts der Tatsache dieser systematischen, jahrelangen Menschenrechtsverletzungen ist es eine Schande, dass die Bundesregierung sich mit Kritik an der mexikani- schen Regierung derart zurückhält. Mexiko ist strategi- scher Partner, das heißt nichts anderes als: Es geht hier um deutsche Wirtschaftsinteressen statt Menschen- rechte. Nun gibt es aktuell neue Informationen zu den Ge- schehnissen. Nach einem Bericht der mexikanischen Zeitung Proceso waren die Bundespolizei und der mexi- kanische Geheimdienst an jenem 26. September zu jeder Zeit informiert, was mit den Studenten passiert. Das sagt ein interner Bericht des Innenministeriums. Wenn sich dies bestätigt, dann ist das besonders brisant, denn die Bundes- regierung plant ja ein Sicherheitsabkommen ausgerechnet mit dieser Bundespolizei. Alle Menschenrechtsorganisa- tionen fordern den Stopp der Verhandlungen über diese bi- laterale Sicherheitsabkommen zwischen deutscher und mexikanischer Polizei, denn zu diesem Zeitpunkt würde dies nur der Unterstützung und Legitimation der korrup- ten Polizei dienen. Dieser Forderung schließen wir uns an. Setzen Sie die Verhandlungen zu dem geplanten Si- cherheitsabkommen aus. Zudem sind die Verhandlungen über dieses Abkommen völlig intransparent. Deshalb fordern wir als ersten Schritt, den Text zu veröffentli- chen und die Parlamente beider Länder sowie Men- schenrechtsorganisationen zu beteiligen. Dieses Abkom- men darf nicht durch den möglichen Austausch von Personendaten zu weiteren Menschenrechtsverletzungen beitragen. Auch sehen wir das Bemühen des Wirtschaftsministe- riums in Zusammenarbeit mit der deutsch-mexikani- schen Handelskammer CAMEXA, den wachsenden Markt für Sicherheitstechnologie in Mexiko zu erschlie- ßen, mit Befremden. Hier wird aus dem allgemeinen Un- sicherheitsgefühl der Bevölkerung im wahrsten Sinne des Wortes Kapital geschlagen, statt ernsthafte Aufklä- rung einzufordern. Zivil-militärische Sicherheitstechno- logie ist kein Ersatz für Rechtsstaatlichkeit und Kampf gegen Straflosigkeit und Korruption, im Gegenteil. Und wir fordern einen Stopp sämtlicher Rüstungs- exporte nach Mexiko. Es waren bereits in den letzten Jahren durch genehmigte Rüstungsexporte der Firma Heckler & Koch Waffen auch in den Bundesstaat Guerrero gelangt. Bereits letztes Jahr wurden dort zwei Studenten von Ayptzinapa durch G36-Gewehre ermor- det. Nun wurden erneut im Zusammenhang mit dem Verschwindenlassen der 43 Studenten G36-Gewehre bei den örtlichen Sicherheitskräften beschlagnahmt, die in das Verbrechen verwickelt sein sollen. Die Bundes- regierung trägt hier eine Mitverantwortung durch die Genehmigungen an Heckler & Koch. Wir setzen uns ein für den umfassenden Schutz von Menschenrechtsverteidigerinnen und Menschenrechts- verteidigern, gegen die Kriminalisierung der Proteste und Demonstrantinnen und Demonstranten und für eine umfassende Aufklärung dieser Verbrechen von Ayotzi- napa. Die Bundesregierung und die EU können nach Ayotzinapa nicht einfach zur Tagesordnung übergehen. Dafür werden wir uns weiterhin einsetzen. Die mexikanische Bevölkerung braucht unsere Soli- darität in ihrem Kampf um soziale Rechte und Men- schenrechte, Ayotzinapa somos todos – Ayotzinapa sind wir alle! Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): War Deutschland und die deutsche Außenpolitik beteiligt, als die mexikanische Polizei am 26. September drei Busse mit Studentinnen und Studenten stoppte, 6 Menschen er- schoss und 41 entführte? Die mexikanische Polizei sowohl in der Stadt Iguala als auch im Bundesstaat Guerrero setzt Gewehre der Marke Heckler & Koch ein. Sie werden seit 2006 mit Genehmigung der Bundesregierung nach Mexiko expor- tiert. Allerdings dürfen diese Gewehre – das ist kein Witz! – nicht in allen mexikanischen Bundesstaaten ein- gesetzt werden. Bei 36 dieser Gewehre besteht trotzdem der Verdacht, dass sie von der örtlichen Polizei bei dem Überfall auf die Studentinnen eingesetzt wurden. Aber das überprüft niemand. So funktioniert deutsche Rüs- tungskontrollpolitik. Wenn dann das mexikanische Fernsehen in Deutsch- land nachfragt, kann das Bundeswirtschaftsministerium wegen eines laufenden Verfahrens nicht Stellung neh- men. Das ist deutsche Außenpolitik. Deutschland mischt überall irgendwie mit, wurschtelt überall herum – ohne Plan und ohne Konzept. Dabei ist es genau das, was fehlt: ein Plan – und was noch dringender fehlt, ist die Bereitschaft, Verantwor- tung zu übernehmen. Seit nunmehr drei Jahren verhandelt Deutschland mit Mexiko über eine weiter gehende Zusammenarbeit im Rahmen eines „Sicherheitsabkommens“. Wenn man Frau Staatsministerin Böhmer folgt, hilft das, den Kampf gegen die organisierte Kriminalität er- folgreicher zu führen. Der Massenmord an den opposi- tionellen Studentinnen und Studenten hat nach ihrer Meinung mit der mexikanischen Bundespolizei, mit der Deutschland zusammenarbeiten will, nichts zu tun. 7366 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 76. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2014 (A) (C) (D)(B) Allerdings behauptet ein Rechercheteam US-ameri- kanischer und mexikanischer Experten das Gegenteil. Nach deren Recherchen war die Bundespolizei vor Ort und war vielleicht sogar eine treibende Kraft hinter der Aktion. Wir als Opposition werden dazu natürlich die Bun- desregierung befragen. Wenn wir Glück haben, werden wir zur Antwort bekommen, was wir jetzt schon wissen: Zum Beispiel hat die deutsche Polizei im Mai 2014 ei- nen Lehrgang über „Techniken und Methoden im Polizeieinsatz“ für die mexikanische Bundespolizei PFM durchgeführt. Das ist eine Einheit, die 2001 ge- gründet wurde, um den Kampf gegen den Drogenhandel zu führen. Die Frage ist, was das für „Techniken und Methoden“ sind und was daraus wird, wenn sie in Mexiko eingesetzt werden. Weiß die Bundesregierung, weiß irgendjemand in diesem Haus, was die Deutschen wirklich tun, wenn sie in Mexiko herumstolpern? Manche Expertinnen und Experten vermuten, es gehe darum, sogenannte deutsche Sicherheitstechnik zu ver- kaufen. Hat Deutschland das wirklich nötig? Im letzten Jahr bereits haben wir Grünen beantragt, die Verhandlungen über das Sicherheitsabkommen auf die Stärkung der Menschenrechte in Mexiko zu konzen- trieren. Die damalige CDU/CSU-und-FDP-Mehrheit hatte den Antrag abgelehnt. Dabei ist Mexiko ein Ort, an dem man den Zusam- menhang von Menschenrechten und Sicherheit geradezu idealtypisch studieren kann. Der sogenannte „Krieg gegen Drogen“ hat seit 2006 auf Druck der USA die mexikanische Sicherheitspolitik verändert. Die Radikalisierung der Prohibition hat – wie schon im Chicago der 20er-Jahre – dazu geführt, dass die Drogenkartelle immer reicher geworden sind und die Polizei- und Militäreinheiten bis in die Führungsebenen unterwandert haben. Im Ergebnis wurden die rechtsstaat- lichen Institutionen zerstört. Menschenrechte gelten fast nichts mehr. Nach einem aktuellen Amnesty-Bericht wird systematisch gefoltert. Trotzdem – oder besser des- halb – wurde seit 2006 die unglaubliche Zahl von etwa 100 000 Menschen ermordet – und nur wenige tausend dieser Morde wurden aufgeklärt. Jeder, der sich damit beschäftigt hat, weiß, dass der Krieg gegen Drogen gescheitert ist. Anstatt auf moder- nere Formen eines medizinisch vernünftigen Umgangs mit der Drogenabhängigkeit zu setzen und die Drogen- märkte weniger lukrativ zu machen, wird Drogenpolitik als Krieg inszeniert. Das Ergebnis ist, dass die rechts- staatliche Grundlage in schwächeren Staaten zerstört wird und die Kartelle Milliarden verdienen. Bei einer solchen Politik im fernen Mexiko mitzumischen, kann aus Sicht der deutschen Außenpolitik doch nicht ver- nünftig sein. Die deutsche Sicherheitspolitik muss stattdessen die Menschenrechte ins Zentrum stellen. Nur ist davon nicht die Rede, eher vom Gegenteil. Hat die deutsche Polizei wirklich die Absicht, die Daten deutscher oder mexika- nischer Bürgerinnen und Bürger mit Institutionen auszu- tauschen, von denen wir nicht wissen, auf welcher Seite sie stehen? Auch das Parlament erfährt erst auf wiederholte Nachfrage, wenn überhaupt, was genau bei dem Sicher- heitsabkommen verhandelt wird. Die Bundesregierung hat inzwischen mit 24 Staaten, unter anderem China, Russland und Saudi-Arabien Sicherheitsabkommen ge- schlossen, mit zwölf weiteren Ländern, zum Beispiel Ägypten, Tunesien und Oman, verhandelt sie momentan über ein solches Abkommen. Was im Rahmen der Zusammenarbeit passiert, wird nicht überprüft, nicht evaluiert. Deshalb haben wir Grünen beantragt, dass die Ver- handlungen über das Sicherheitsabkommen mit Mexiko ausgesetzt werden und dass Sicherheitsabkommen gene- rell menschenrechtlichen Standards unterworfen sein müssen. Ich fasse zusammen: Welche Strategie die deutsche Außenpolitik in Mexiko und im Übrigen auch sonst wo verfolgt, ist auf peinliche Weise unklar. Was deutsche Polizistinnen und Polizisten dort tun und mit wem sie zusammenarbeiten, weckt ungute Verdächte. Die Alternative wäre, Mexiko bei der Wiederherstel- lung des Rechtsstaates, das heißt bei der Bewältigung der humanitären und Menschenrechtskatstrophe, zu hel- fen, die durch den sogenannten Drogenkrieg entstanden ist. Deutschland soll mehr außenpolitische Verantwor- tung übernehmen, ja – das ist das Stichwort vom Anfang dieses Jahres. Damit kann man überall anfangen, auch in Mexiko. Unter den Ländern, mit denen Deutschland bereits Sicherheitsabkommen geschlossen hat und derzeit ver- handelt, ist Mexiko nicht das einzige, in dem der Staat in die systematische Verletzung von Menschenrechten ver- wickelt ist. Trotzdem enthalten Sicherheitsabkommen bisher keinerlei Anforderungen oder Bedingungen im Hinblick auf Menschenrechte oder rechtsstaatliche Prin- zipien. Ich frage mich: Warum eigentlich nicht? Es ist doch auch der Bundesregierung nicht unbekannt, wie es um Menschenrechte und Rechtsstaat in einzelnen Län- dern steht. Die Bundesregierung selbst beschreibt es als eine ih- rer vordringlichen Aufgaben, Menschenrechte zu schüt- zen und für ihre Achtung weltweit einzutreten. Im Rah- men von Sicherheitsabkommen hätte sie doch eine konkrete Möglichkeit, diese Aufgabe umzusetzen. Sonst sind sogenannte Sicherheitsabkommen doch nicht mehr als Türöffner für den Absatz deutscher Sicherheitstech- nologie und Waffen. Dr. Maria Böhmer (Staatsministerin AA): Lassen Sie mich persönlich beginnen: Seit meinem Besuch in Me- xiko Ende Oktober verfolge ich die Menschenrechtslage in dem Land mit besonderer Aufmerksamkeit. Das Ver- schwinden von 43 Studenten in der Stadt Iguala ist ein Skandal für den mexikanischen Staat und die mexikani- sche Gesellschaft. In den Fall sind Polizei, Politiker und Drogenkartelle verwickelt. Teile der staatlichen Ordnung Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 76. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2014 7367 (A) (C) (D)(B) sind von Korruption und kriminellen Interessen unter- wandert. Die Grundfesten des Staates sind erschüttert. Iguala ist eine Tragödie für die Familien der Vermiss- ten. Sie haben immer noch keinen Platz, an dem sie trau- ern können. Die Untersuchungen dauern noch an. In ei- nem Fall haben wir aber die traurige Gewissheit, dass ein Student verbrannt worden ist. Die zügige Aufklärung dieser abscheulichen Taten muss oberste Priorität haben. Ich habe mit zahlreichen Menschenrechtsaktivisten und einem Kommilitonen der verschwundenen Studenten gesprochen – die Eindrücke haben mich außerordentlich bewegt. Iguala ist leider kein Einzelfall. Die Menschen- rechtsaktivisten sprachen von der Spitze des Eisbergs. Ich habe in den zahlreichen Kommentaren, die ich in den vergangenen Wochen zur Lage in Mexiko vernommen habe, Enttäuschung gespürt und Fassungslosigkeit. Welche Schlüsse ziehen wir daraus? Wie können wir zur Verbesserung der Lage beitragen? Es gilt, die reformwilligen Kräfte zu unterstützen! Wir müssen fordern und helfen! Iguala hat erneut gezeigt, dass eine Reform des Rechtsstaates überfällig ist. Ich habe gegenüber dem me- xikanischen Staatssekretär für Menschenrechte bei mei- nem Besuch in Mexiko und auch kürzlich bei seinem Besuch in Berlin deutlich gemacht, dass wir in diesem Bereich entschiedenes Vorgehen, vor allem aber wirkli- che Fortschritte erwarten. Die Probleme des mexikanischen Rechtsstaates sind nicht neu. Wenn nur zwei Prozent aller Delikte zu einer Verurteilung führen und 90 Prozent der Verbrechen erst gar nicht verfolgt werden, besteht großer Handlungsbe- darf. Von der Verknüpfung von Kartellen und lokalen Polizeikräften sind mehrere Provinzen betroffen. Jetzt kommt es darauf an, dass die Maßnahmen zur Reform des Sicherheitsapparats, die Präsident Pena Nieto in Aussicht gestellt hat, schnellstmöglich be- schlossen und wirksam umgesetzt werden. Daran wird sich die Regierung messen lassen müssen. Ich fordere den Präsidenten, die Regierung und das Parlament auf, umgehend die notwendigen Schritte einzuleiten. Es ist wichtig und unverzichtbar, dass in Mexiko eine schonungslose Analyse durch die Medien stattfindet, dass Iguala eine noch nie dagewesene öffentliche Empö- rung und Mobilisierung der Zivilgesellschaft ausgelöst hat, und dass sich die mexikanische Regierung dieser Kritik jetzt stellt. Es wird ein langer, schwieriger Weg sein. Und es wird Rückschläge geben. Mexiko ist ein Land, das in den vergangenen Jahr- zehnten im wirtschaftlichen Bereich die Fähigkeit zu Veränderungen bewiesen hat. Die Bundesregierung verhandelt seit einiger Zeit ein Sicherheitsabkommen mit Mexiko. Es geht um Zusam- menarbeit bei der Bekämpfung, Verhütung und Aufklä- rung schwerer Straftaten der organisierten Kriminalität. Das Abkommen soll den Rechtsstaat stärken und somit auch die Menschenrechtslage in Mexiko verbessern hel- fen. Aufgrund der jüngsten Ereignisse wurden jedoch Be- denken gegen ein solches Abkommen laut. Diese Beden- ken nehmen wir sehr ernst. Die Bundesregierung wird die Verhandlungen verantwortungsvoll führen, um ein zufriedenstellendes Ergebnis zu erreichen. Darüber hinaus gilt es, gezielt zu helfen. Die Bundes- regierung ist bereit, Mexiko bei der notwendigen Stär- kung des Rechtsstaates auch ganz konkret zu unterstüt- zen. Wir haben daher der mexikanischen Regierung Unterstützung bei der Aufklärung von Gewaltverbre- chen angeboten. In einem ersten Schritt soll es um tech- nische Zusammenarbeit im Bereich der Forensik und DNA-Analyse gehen. Mexiko hat bereits seine Bereit- schaft zu dieser Kooperation signalisiert. Lassen sich mich zusammenfassen: Die Bundesregie- rung wird die Verhandlungen zum Sicherheitsabkommen im Lichte der Probleme führen, für die Iguala steht. Ein Aussetzen der Verhandlungen würde den Menschen in Mexiko in keiner Weise helfen. Die Bundesregierung wird den Dialog mit Mexiko konstruktiv fortsetzen, um einen Beitrag zur Entwicklung des Rechtsstaates zu leis- ten. Lassen Sie mich bei dieser Gelegenheit wiederholen: Ein funktionierender Rechtsstaat ist nicht nur die Vo- raussetzung für die Einhaltung menschenrechtlicher Standards. Er ist auch die Basis für die wirtschaftliche, zivilgesellschaftliche und soziale Entwicklung eines Landes. Anlage 12 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Teilumsetzung der Energieeffizienzrichtlinie und zur Verschiebung des Außerkrafttretens des § 47g Absatz 2 des Gesetzes gegen Wettbe- werbsbeschränkungen (Tagesordnungspunkt 16) Dr. Herlind Gundelach (CDU/CSU): In den letzten Wochen und Monaten hat sich einiges getan in Sachen Energieeffizienz. Und das, obwohl Deutschland schon immer eine Vorreiterrolle innehatte und vor allem auf europäischer Ebene in den letzten Jahrzehnten wichtige Maßstäbe gesetzt hat. Nach Einschätzung der Internatio- nalen Energieagentur gehört Deutschland im Gebäude- bereich sogar zur globalen Spitzengruppe. Das belegen auch die Zahlen: Das CO2-Gebäude- sanierungsprogramm hat seit 2006 Investitionen von gut 160 Milliarden Euro angestoßen. Mit den Fördermitteln wurden mehr als 3,5 Millionen Wohnungen saniert oder energieeffizient errichtet. Und betrachtet man beispiels- weise die Reduzierung des Raumwärmeverbrauchs in Gebäuden – insbesondere bei den privaten Haushalten – zeigt sich hier eine wirklich beeindruckende Verbesse- rung: Der temperaturbereinigte Wert von 2012 liegt mit 147 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr knapp 30 Prozent niedriger als noch Ende der 1990er-Jahre; da- mals waren es 205 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr. 7368 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 76. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2014 (A) (C) (D)(B) Dabei beträgt der Förderhebel öffentlicher Mittel zu privaten Investitionen 1:12 – das heißt 1 Euro Förderung löst 12 Euro Investitionen in die Steigerung der Energie- effizienz aus. Von diesen Bauaufträgen profitierten vor allem kleine und mittelständische Handwerksbetriebe aus der Region. Allein im Jahr 2013 wurden rund 440 000 Arbeitsplätze für ein Jahr gesichert oder ge- schaffen. Die Sanierung unseres Gebäudebestandes hat über- dies äußerst positive Auswirkungen auf unser Klima: Der jährliche Ausstoß des Treibhausgases CO2 verrin- gerte sich infolge der geförderten Baumaßnahmen um über 7 Millionen Tonnen und das andauernd während der durchschnittlich 30-jährigen Nutzungszeit der Maß- nahmen. Trotz dieser Erfolge war für die schwarz-rote Koali- tion von Anfang an klar: Wir müssen noch viel mehr tun. Dabei spielt weiterhin der Gebäudebereich eine wichtige Rolle, aber auch andere Bereiche müssen noch stärker in den Blick genommen werden. Mit dem Kabinettsbeschluss des NAPE, dem Natio- nalen Energieeffizienz-Aktionsplan, und der Umsetzung der Europäischen Energieeffizienz-Richtlinie erreichen wir genau das. Diese beiden Vorhaben sind zentral für unsere Strategie, die Energieeffizienz als zweite Säule der Energiewende zu etablieren. Wir schaffen damit neue Maßstäbe und heben das Thema Energieeffizienz auf eine völlig neue Ebene. So sieht der NAPE als Sofortmaßnahmen unter ande- rem die Einführung der steuerlichen Förderung für ener- getische Gebäudesanierungen, die Verstetigung und Auf- stockung der Gebäudesanierungsprogramme auf künftig 2 Milliarden Euro jährlich, die Optimierung der beste- henden Energieberatung, aber auch die Einführung eines neuen Ausschreibungsmodells für Energieeffizienz vor. Dieser marktwirtschaftliche Ansatz ermöglicht uns den Zugang zu neuen Anwendungsbereichen und birgt gro- ßes Potenzial. Überdies werden wir die Bedingungen für Contrac- ting-Verträge verbessern, was insbesondere auch für Nichtwohngebäude noch ungehobene Möglichkeiten er- schließt. Für Unternehmen haben wir bereits eine Energieeffi- zienznetzwerke-Initiative gestartet. Der Netzwerkgedanke ermöglicht den teilnehmenden Unternehmen, Energie- themen gemeinsam anzupacken, Erfahrungen auszutau- schen und so zu effektiveren Ergebnissen zu kommen. Außerdem – und damit kommen wir zum Gesetzent- wurf, den wir heute beraten, dem Energiedienstleis- tungsgesetz – werden künftig große Unternehmen, die nicht KMU sind, dazu verpflichtet, bis zum 5. Dezember 2015 ein Energieaudit durchzuführen. Diese Audits wer- den zukünftig alle vier Jahre durchgeführt werden. Wir setzen damit auch den Artikel 8 der Europäischen Ener- gieeffizienz-Richtlinie in nationales Recht um. Mir fällt bei der aktuellen Diskussion auf, dass viele sagen: Energieeffizienz ist wichtig; Energieeffizienz ist sinnvoll. Viele lassen sich aber auch zu Aussagen hinrei- ßen wie: Energieeffizienz geht doch ganz einfach. – Mir passiert das auch. Und zum Teil mag das auch wahr sein. Aber es ist leider nicht immer so einfach. Die Beratung des heute zur Debatte stehenden Energiedienstleistungs- gesetzes zeigt das einmal mehr. Energiepolitik steht immer wieder vor dem Problem, dass es zum Teil ernstzunehmende Zielkonflikte gibt. Wir haben dies mehrfach bereits beim Erneuerbare-Ener- gien-Gesetz erlebt, wo es beispielsweise für energie- intensive Unternehmen aus finanzieller Sicht sinnvoller sein kann, noch ein wenig mehr Energie zu verbrauchen, um in Bezug auf die EEG-Umlage anders klassifiziert zu werden. Und so existieren auch beim Thema Energieeffizienz in großen Unternehmen durchaus Zielkonflikte – auch wenn grundsätzlich davon ausgegangen werden kann, dass Unternehmen energieeffizient arbeiten. Schon aus Eigeninteresse! Aber dadurch können neue Richtlinien in der Summe eher kontraproduktiv wirken. Und genau darauf muss geachtet werden bei dem vor- liegenden Gesetzentwurf. Grundsätzlich begrüße ich die Einführung von Energieaudits für große Unternehmen, da wir dadurch neue Erkenntnisse über Verbesserungs- möglichkeiten und Optimierungen gewinnen können. Und ich weiß aus meinem Hamburger Wahlkreis, dass Unternehmen immer wieder interessante neue Ideen für Energieeffizienz entwickeln, auch wenn sie im europäi- schen Maßstab schon an der Spitze stehen. In Hamburg gibt es mehrere große metallverarbei- tende Betriebe, die äußerst energieintensiv sind, die aber in den letzten Jahrzehnten ihre Methoden derart weiter- entwickelt haben, dass die Erkenntnisse im Bereich der Energieeffizienz der ganzen Industrie helfen können. Beim Energiedienstleistungsgesetz muss nun darauf geachtet werden, dass die Europäische Richtlinie 1:1 umgesetzt wird. Denn ein Energieaudit zeigt mögliche Potenziale auf. Das bedeutet aber eben nicht, dass es sich direkt auf die Steigerung der Energieeffizienz auswirkt. Das heißt: Die Ausgestaltung des Energiedienstleis- tungsgesetzes sollte nicht zur Folge haben, dass die Au- ditierung Investitionskapital in merklicher Weise mini- miert. Die Energieaudits sollten sorgfältig und vollumfäng- lich durchgeführt werden. Wenn es aber die Möglichkeit zur Standardisierung gibt – beispielsweise bei großen Unternehmen mit vielen Filialstandorten, die in der Re- gel standardisiert sind –, sollte die Möglichkeit genutzt werden, Clusterlösungen anzuwenden. Wir sollten also repräsentative Audits durchführen. Diese Möglichkeit sieht die Europäische Energierichtlinie auch ausdrück- lich vor. Und nach meiner Kenntnis ermöglicht auch der vorliegende Gesetzentwurf dies. Da aber über diesen Punkt im Vorfeld der ersten Le- sung viel diskutiert wurde, möchte ich an dieser Stelle noch mal hervorheben, dass diese Möglichkeit von be- sonderer Bedeutung ist und wir diese ausdrücklich unter- stützen. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 76. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2014 7369 (A) (C) (D)(B) Grundsätzlich gilt bei der Umsetzung des Artikels 8 der Energieeffizienz-Richtlinie, dass wir darauf achten sollten, flexible Lösungen zu schaffen. Dadurch schaffen wir für die Unternehmen die Möglichkeit, effektiv zu ar- beiten und am Ende in der Summe energieeffizienter zu sein. So muss beispielsweise gewährleistet sein, dass quali- fizierte Auditoren auch aus dem eigenen Unternehmen kommen können. Viele große Unternehmen haben bereits intensiv geschultes Personal. Denn wie ich eingangs er- wähnte, haben Unternehmen immer schon ein Interesse daran gehabt, möglichst effizient zu arbeiten. Ferner dürfen die neuen Energieaudits nicht beste- hende Energiemanagementsysteme konterkarieren, denn sie ermöglichen schon heute Energieeffizienzeinsparun- gen in großem Maße. Diese Potenziale dürfen wir nicht behindern. Energieeffizienz ist nicht immer einfach, sondern zum Teil höchst komplex. Ich bin mir jedoch sicher, dass wir mit dem vorliegenden Gesetzentwurf einen weiteren Schritt vorankommen und dass wir die von mir aufge- worfenen Fragen im weiteren Verfahren klären werden. Dr. Nina Scheer (SPD): Mit diesem Gesetzentwurf beginnt der erste gesetzliche Schritt zur Umsetzung der EU-Energieeffizienz-Richtlinie, EED. Die Energieeffi- zienz kann – neben dem Ausbau der Erneuerbaren Ener- gien in allen drei Sektoren, Strom, Wärme, Mobilität – zur zweiten Säule der Energiewende werden. In den frü- heren Wahlperioden – egal, welche Parteienkonstellatio- nen die jeweiligen Koalitionsregierungen gebildet hatten, gab es zwar starke Bekenntnisse zur Energieeffi- zienz. Doch leider blieb man bei den Maßnahmen zur Umsetzung hinter den eigenen Zielvorgaben zurück. Aufgabe dieser Großen Koalition wird es in dieser Le- gislaturperiode sein müssen, die Umsetzung engagiert anzugehen und effektive sowie volkswirtschaftlich effi- ziente Instrumente und Maßnahmen zu implementieren. Mit der Vorlage des Nationalen Aktionsplans Energie- effizienz durch den Kabinettsbeschluss am 3. Dezember wurde der kommende Handlungsrahmen abgesteckt. In den kommenden Monaten und Jahren wird es darum ge- hen, die Ziele und Maßnahmen mit Leben, aber auch mit finanziellen Mitteln zu füllen bzw. umzusetzen. Der vorliegende Gesetzentwurf ist – wie gesagt – ein erster, wichtiger Schritt, um zum einen die EU-Energie- effizienz-Richtlinie umzusetzen und zum anderen die deutschen Energieeinsparziele zu erreichen. Mit dem Ge- setzentwurf werden Großunternehmen, also Unternehmen mit mindestens 250 Mitarbeitern, einem Jahresumsatz von mehr als 50 Millionen Euro oder einer Jahresbilanz- summe von mehr als 43 Millionen Euro, verpflichtet, ein unabhängiges Energieaudit durchzuführen. Das Energie- audit soll hierbei zum ersten Mal zum 5. Dezember 2015 erfolgen und danach alle vier Jahre wiederholt werden. Energieaudits führen dazu, dass Unternehmen ihre eige- nen Energieeinsparpotenziale besserer kennen und somit in gezielte Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffi- zienz investieren können. Dadurch tragen sie nicht nur dazu bei, effizienter zu wirtschaften und Energie einzu- sparen. Die Unternehmen fördern damit zugleich auch ihre Wettbewerbsfähigkeit und machen sich somit zu- kunftsfest. In den anstehenden parlamentarischen Beratungen werden wir uns eingehend diesem Gesetzentwurf wid- men und ausloten, an welchen Stellen wir noch weitere Verbesserungen in der Sache und somit zur Steigerung der Energieeffizienz vornehmen können. Dabei werden wir uns auch die Empfehlungen und Vorschläge des Um- weltausschusses des Bundesrates anschauen und prüfen – unabhängig davon, ob am morgigen Freitag das Plenum des Bundesrates diese annimmt oder nicht. Im Rahmen einer öffentlichen Anhörung von Sachverständigen aus Wissenschaft und Praxis wird sich der Ausschuss für Wirtschaft und Energie Ende Januar nächsten Jahres weitere Expertise zu möglichen Änderungsbedarfen ein- holen. Das weitere Verfahren wird aber mit Blick auf die Umsetzungsfrist für die Unternehmen zum 5. Dezember 2015 eine anspruchsvolle Aufgabe sein. So sollten wir Parlamentarier uns bemühen, den betroffenen Unterneh- men so frühzeitig wie möglich Klarheit darüber zu ver- schaffen, welche Anforderungen sie zukünftig zu erfül- len haben. Abschließend sei noch kurz erwähnt, dass dieser erste gesetzliche Umsetzungsschritt eigentlich ein Paket aus der oben beschriebenen Änderung des Energiedienstleis- tungsgesetzes, EDL-G, und einer neuen Verordnung zur Umsetzung von Artikel 14 der EU-Energieeffizienz- Richtlinie, EED, ist. Mit diesem Verordnungsentwurf wird ein verpflichtender Vergleich zu Kosten und Nut- zen der Kraft-Wärme-Kopplung, KWK, beim Neubau und der Modernisierung von Stromerzeugungs- und In- dustrieanlagen eingeführt. Dies soll dazu dienen, die Potenziale der Kraft-Wärme-Kopplung in Deutschland besser und leichter zu identifizieren und dann auch er- schließen zu können. Auch wenn der Bundestag formal nicht mit diesem Verordnungsentwurf befasst ist, sollte es an dieser Stelle zusätzlich erwähnt sein. Gleichzeitig möchte ich dies mit der Bitte an den Bundesrat verbin- den, sich zeitnah mit diesem Entwurf zu beschäftigen; leider wurde er in den Ausschusssitzungen des Bundes- rates Anfang Dezember vertagt. Zur zügigen Umsetzung der EU-Energieeffizienz-Richtlinie wäre eine Beratung in den Bundesratsausschüssen im Januar hilfreich. Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE): Die heute zur Debatte stehende Teilumsetzung der Energieeffizienz- Richtlinie dient zur 1:1-Umsetzung von Vorgaben aus der EU, die Energieaudits für größere Unternehmen vor- schreibt. Die Unternehmen werden dazu verpflichtet, ihre Energiesituation durch Fachleute erheben zu lassen. Dadurch werden noch keine Einsparungen oder Effi- zienzmaßnahmen getätigt. Trotzdem geht die EU von Einsparungen in Höhe von 20 Prozent aus, „wovon die Hälfte ohne oder mit nur geringen zusätzlichen Investi- tionen erzielt werden kann“. Die Bundesregierung ist da für Deutschland weniger optimistisch und geht von ge- ringeren Einsparungen aus. Interessant ist weniger das Gesetz selbst als sein Zu- sammenhang. Die darin enthaltenen Vorschriften des 7370 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 76. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2014 (A) (C) (D)(B) Gesetzgebers gegenüber Unternehmen sind sicherlich richtige Maßnahmen, die EU-Recht in nationales Recht umsetzen – allerdings ohne ehrgeiziger als das EU-Recht zu sein. Die Bundesregierung scheut das Ordnungsrecht wie der Teufel das Weihwasser und lässt sich nur dort darauf ein, wo sie nicht anders kann, ohne ein Vertrags- verletzungsverfahren zu riskieren. Gelobt werden kann sie dafür nicht. Eine herausragende Stellung in der EU erhält sie dadurch sicherlich auch nicht, ganz zu schwei- gen von einer Vorbildfunktion. Die Bundesregierung muss eben – was ihre Politik gegenüber größeren Unternehmen angeht – zum Jagen getragen werden. Hier wird sie mal wieder von der EU zum Jagen getragen. Kein besonderer Vorgang eigent- lich. Aber er wirft – sieht man sich daraufhin den Natio- nalen Aktionsplan Energieeffizienz noch einmal an – auch ein Licht auf die in großer Mehrheit freiwilligen Maßnahmen dieses mit großem Brimborium verabschie- deten Programms. Die Verpflichtung größerer Unternehmen zu Energie- audits wird diesen keinen großen Schrecken einjagen, denn zeitgleich hat sich die Bundesregierung natürlich bereit erklärt, die Unternehmen nach Kräften zu unter- stützen. Wir leben in Zeiten von in Watte gepackten Großunternehmen: Wenn die Bundesregierung gezwun- gen wird, den Unternehmen Maßnahmen zur Informa- tion ihres Unternehmens über eigene Effizienzmöglich- keiten vorzuschreiben – wir sprechen hier wie gesagt nicht von Vorschriften zur Einsparung von Energie –, dann leistet sie dem Folge. Stichproben sollen dann da- rüber wachen, ob diese Audits durchgeführt worden sind, nicht jedoch, ob Effizienzmaßnahmen durchgeführt wurden. Diese windelweiche Umsetzung von Effizienzwil- lensbekundungen der Bundesregierung ist angesichts der Dramatik des Klimawandels und auch angesichts der Dramatik der deutschen Klimaschutzlücke nicht ausrei- chend. Wir sehen dies als symptomatisch für die grund- legende Verweigerung von ordnungsrechtlichen Vorga- ben der Bundesregierung. Dies ist ein großer Fehler. Im Nationalen Aktionsplan Energieeffizienz steht auf Seite 3 der Satz: „Energieeffizienz kann nicht verordnet werden.“ Warum eigentlich nicht, frage ich Sie? Andere Länder machen es doch auch! Selbstverständlich muss die Verordnung von Effizienzzielen im nichtunterneh- merischen Bereich auch mit einer Abfederung für die so- zial Schwächeren einhergehen. Ich würde mir wünschen, dass es auch zu echten fest- geschriebenen Einsparungszielen im Unternehmensbe- reich käme. Doch solange nur Freiwilligkeit und Life- style propagiert werden, nimmt die Bundesregierung die Bedrohung durch den Klimawandel nicht ernst genug. Dr. Julia Verlinden (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir haben lange darauf warten müssen, dass sich das Parlament mit der Umsetzung der EU-Energieeffizienz- Richtlinie befassen darf. Nun ist es so weit, und die Bun- desregierung erfüllt bezüglich des Artikels 8 der EU- Energieeffizienz-Richtlinie ihre Pflicht. Das ist dann lei- der auch schon alles. Zu mehr als einer sogenannten 1:1- Umsetzung der Richtlinie kann sie sich nicht durchrin- gen. Die Bundesregierung hat ausgerechnet, dass Deutsch- land seine europäischen Energie-Einsparziele von 1,5 Pro- zent jährlich bis zum Jahr 2020 nach Artikel 7 der EU- Energieeffizienz-Richtlinie erreichen wird. Ich habe ja an diesen Berechnungen noch so meine Zweifel, aber mal unabhängig davon: Ihr eigenes nationales Ziel aus dem Energiekonzept von 2010, nämlich bis zum Jahr 2020 ganze 20 Prozent Primärenergie einzusparen, die- ses Ziel wird die Bundesregierung ziemlich sicher ver- fehlen, selbst wenn der vor zwei Wochen beschlossene Nationale Aktionsplan Energieeffizienz tatsächlich kom- plett umgesetzt werden sollte. Das sagen ja selbst die Experten, die im Auftrag der Bundesregierung eine Stellungnahme zum Fortschritts- bericht Energiewende erstellt haben, dass Ihre Politik hier viel zu inkonsequent ist. Da hätte die Bundesregierung nun bei der Umsetzung von Artikel 8 der Richtlinie doch die Gelegenheit nutzen können, dieses Gesetz zu Energieaudits ambitionierter auszugestalten. Ich bin doch sehr verwundert, dass Sie glauben, allein bei einer unmotivierten 1:1-Umsetzung dieser Energie- audits 50 Petajoule Energieeinsparung erreichen zu kön- nen – mehr als so manch andere Maßnahme, die Sie im Nationalen Aktionsplan Energieeffizienz ankündigen. Der vorliegende Entwurf verpflichtet Unternehmen, die nicht aus dem kleinen und mittelständischen Bereich kommen, alle vier Jahre ein Energieaudit zu machen. So weit, so gut. Das bedeutet aber auch, dass die Unterneh- men diesen Audit-Bericht vier Jahre – womöglich unge- lesen – in der Schublade liegen lassen können, ohne dass irgendetwas passiert. So würden vorhandene Energie- effizienzpotentiale zwar ermittelt, die Maßnahmen aber nicht umgesetzt und somit nicht investiert werden. Und dann heißt es wieder – leider – wie so oft beim Thema Energieeffizienz: Schön, dass wir drüber geredet haben, aber schade, dass trotzdem nix passiert ist. Es kann aber doch nicht sein, dass die Ergebnisse ei- nes verpflichtenden Energieaudits womöglich nicht um- gesetzt werden, auch wenn diese wirtschaftlich sind. Viele der identifizierten Effizienzmaßnahmen solch eines Energieaudits amortisieren sich in einem kurzen Zeitraum. Es sollte im Interesse der Unternehmen sein, diese Investitionen dann auch zu tätigen. Die Erfahrung lehrt: Leider geschieht dies oft nicht. Daher sind wir der Ansicht, dass ein alleiniges Ener- gieaudit nicht ausreichend ist. Wir können doch von den Unternehmen erwarten, wirtschaftliche Maßnahmen auch in angemessener Frist umzusetzen. Jede unnötig verbrauchte Kilowattstunde bringt Belastungen für un- sere Umwelt und zukünftige Generationen mit sich, die vermeidbar wären. Investitionen in Energieeffizienzmaßnahmen sind für die Unternehmen gleich in mehrfacher Hinsicht sinnvoll. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 76. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2014 7371 (A) (C) (D)(B) Die Unternehmen werden wettbewerbsfähiger und schützen sich vor zukünftig steigenden Preisen für Ener- gieressourcen. Die derzeit ausnahmsweise sinkenden Öl- preise werden nämlich nicht ewig weiterfallen. Deswe- gen ist es wichtig die Abhängigkeit von Energieimporten zu senken. Liebe Kolleginnen und Kollegen, Weihnachten steht vor der Tür. Lassen Sie uns Minister Gabriel doch das Geschenk machen, seinen Gesetzentwurf nach der An- hörung im Ausschuss zu verbessern, damit wir die Ein- sparpotenziale in den Unternehmen heben. Dann kann das ein kleiner Beitrag dazu sein, dass die Bundesregie- rung ihrem selbst gesteckten Ziel doch noch etwas nä- herkommt. Anlage 13 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes für mehr Kontinuität der Beitragssätze in der ge- setzlichen Rentenversicherung (Beitragssatzge- setz 2014) (Tagesordnungspunkt 19) Jana Schimke (CDU/CSU): Einmal mehr debattie- ren wir heute eine rentenpolitische Nebelkerze der Lin- ken. Einmal mehr wird den Menschen vorgegaukelt, wir könnten uns alles leisten und es koste nichts. Aber dem ist gewiss nicht so. Zu Recht verfügt unser System der Rentenversiche- rung über verschiedene Instrumentarien, um sowohl in konjunkturell und demografisch schwierigen als auch besseren Zeiten handlungsfähig zu bleiben. Dafür verfü- gen wir über die Nachhaltigkeitsrücklage des 0,2- bis 1,5-fachen der durchschnittlichen Monatsausgaben, die der Möglichkeit zur Beitragssatzsenkung oder auch -stei- gerung und letztlich auch das Instrument zur Anpassung des Rentenniveaus. All diese Elemente sind flexibel ausgestaltet und ge- ben die Möglichkeit, auf individuelle Entwicklungen re- agieren zu können, ohne die Beitragszahler und Leis- tungsempfänger über die Maßen zu strapazieren. Glücklicherweise befinden wir uns noch in der Situa- tion, dass durch die gute Arbeitsmarktlage und die hohe Beschäftigung entsprechend hohe Einnahmen in die so- zialen Sicherungssysteme im Allgemeinen und in die ge- setzliche Rente im Besonderen fließen. Momentan wird die Nachhaltigkeitsrücklage der Ren- tenversicherung bis zum Ende dieses Jahres auf circa 33,5 Milliarden Euro geschätzt. Das entspricht dem 1,82-fachen an durchschnittlichen Monatsausgaben bei der Rentenversicherung. Vor diesem Hintergrund und diesen Zahlen fordert die Fraktion Die Linke nun in ihrem Gesetzentwurf, den Rentenbeitragssatz auch für das Jahr 2015 auf dem jetzi- gen Niveau von 18,9 Prozent zu belassen. Sie vergisst jedoch, dass es im SGB VI einen wichti- gen Automatismus gibt. Demnach werden Beitragsüber- schüsse an die Beitragszahler in Form einer Beitrags- senkung zurückgegeben, wenn sie das 1,5-fache der durchschnittlichen Ausgaben eines Monats in der Ren- tenversicherung übersteigen. Eine Absenkung des Rentenbeitrags um 0,2 Prozent bedeutet für die Arbeitnehmer in unserem Land mehr Netto im Geldbeutel. Für unsere Unternehmen bedeutet es eine Reduzierung der im europäischen Vergleich ho- hen Arbeitskosten bei einem ohnehin immer schwieriger werdenden wirtschaftlichen Umfeld. Mehr Luft also, um zu investieren und Arbeitsplätze zu schaffen. Ich finde es daher gerecht, dass jene, die durch ihre Leistungsbe- reitschaft dazu beigetragen haben, dass die Rentenversi- cherung finanziell so gut dasteht, diese Überschüsse in Form sinkender Beiträge auch wieder zurückbekommen. Die mit Abstand bedenklichste Aussage im Gesetz- entwurf lautet jedoch, dass das Drei-Säulen-Modell aus gesetzlicher Rente sowie privater und betrieblicher Al- tersvorsorge gescheitert sei. Den Bürgerinnen und Bür- gern wird suggeriert, man könne sich getrost auf die ge- setzliche Rente als einzigen Pfeiler der Altersvorsorge verlassen. Das ist fatal und verkennt völlig die demogra- fische Realität, in der wir uns befinden. Wir müssen stattdessen noch stärker dafür sorgen, dass die Menschen in unserem Land privat und betrieb- lich für das Alter vorsorgen. Dafür gilt es Fehlentwick- lungen zu korrigieren und bürokratische Hemmnisse abzubauen. Darauf haben sich Union und SPD im Koali- tionsvertrag auch geeinigt. Zuletzt noch ein Wort zu dem, was Die Linke mit ei- nem möglichen finanziellen Spielraum infolge der Bei- tragsfestsetzung auf dem jetzigen Niveau anstellen würde. Im Gesetzentwurf ist nebulös etwas von „Leis- tungsverbesserungen“ bei der Rente zu lesen. Mehr wird da nicht erwähnt. Wenn man sich mit dunkelroter Ren- tenpolitik etwas näher beschäftigt, wird eines klar: Die Linke befasst sich nicht mit Leistungsverbesserungen im Sinne der Nachhaltigkeit der gesetzlichen Rente, son- dern fördert Mehrausgaben, die zutiefst generationen- ungerecht sind und rentenpolitische Träumereien wider- spiegeln. Ich rede hier von Forderungen, die „Rente 67“ abzuschaffen, die Kürzungen bei der Rentenformel – und hier insbesondere den Nachhaltigkeitsfaktor – zu streichen sowie das Rentenniveau dauerhaft auf 53 Prozent festzuschreiben. Bei künftig immer weniger Einzahlern und immer mehr Rentnern innerhalb unseres umlagefinanzierten Rentensystems sind diese Forderun- gen ein klarer Angriff auf die junge Generation. Ich empfehle daher den Kollegen der Linken die Weihnachtszeit ganz besonders intensiv zum Nachden- ken zu nutzen und zu reflektieren, was sie hier eigentlich vorhaben. Abschließend möchte ich Ihnen allen sowie allen Bürgerinnen und Bürgern ein frohes und besinnliches Weihnachtsfest sowie einen guten Rutsch in das neue Jahr 2015 wünschen. Dr. Astrid Freudenstein (CDU/CSU): Die Linke spielt sich hier Sitzungswoche für Sitzungswoche als 7372 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 76. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2014 (A) (C) (D)(B) große Schutzmacht der sogenannten kleinen Leute auf. Dass sie dann gleichzeitig mit ihrem Gesetzentwurf den Beitragssatz zur Rentenversicherung nicht senken, son- dern eher noch erhöhen will, passt nicht zusammen. Un- sere Politik hingegen steht für mehr Netto vom Brutto für Rentner und Beitragszahler. Schon in den vergangenen Jahren, in denen die schwarz- gelbe Regierung Beitragssenkungen veranlasste, redete die Linkspartei das Ende der Rentenversicherung herbei. Nur: Es kam anders. Die Nachhaltigkeitsrücklage baute sich weiter auf. Sie war 2014 so hoch wie nie zuvor. Gleichzeitig konnten Arbeitnehmer und die Wirtschaft mit Milliardenbeträgen entlastet werden. 1 Prozent hat der Beitragssatz seit 2011 schon gutgemacht. Das zeigt: Die finanzielle Lage der Rentenversicherung ist sehr gut. Es zeigt aber auch, dass die Finanzen von vielen ver- schiedenen Faktoren abhängig sind. Man muss nicht un- bedingt den Beitrag künstlich hoch halten, wie Sie das verlangen, liebe Linke. Das Verhältnis von beitragszahlenden Beschäftigten zu Rentenempfängern ist viel wichtiger. Und da haben wir in den vergangenen Jahren durch eine kluge und ge- zielte Arbeitsmarktpolitik, zum Beispiel mit dem Pro- gramm „Perspektive 50plus“, sichtbare Fortschritte ge- macht: Die Zahl der Beitragszahler stieg deutlich. Immer mehr Menschen, vor allem Frauen und Ältere, kamen in sozialversicherungspflichtige Arbeit. Allein bei den 60- bis 64-Jährigen gab es seit 2010 einen Aufwuchs um rund eine halbe Million auf 1,6 Millionen Beschäftigte. Diese Veränderungen bilden das stabile Fundament der Rentenkasse. Gleichzeitig sorgt die Beschäftigung dafür, dass die Beschäftigten selbst höhere Renten erwarten können und die Gefahr der Altersarmut sinkt. Stichwort: Altersarmut. Die Befürchtungen der Lin- ken, wir würden uns mit der Beitragssenkung nun jeden Handlungsspielraum in dieser Frage nehmen, haben wir gerade dieses Jahr eindrucksvoll widerlegt. Trotz der Bei- tragssenkungen der vergangenen Jahre haben wir Leis- tungsverbesserungen für Millionen Versicherte erreicht. Dabei zielen vor allem die sogenannte Mütterrente und eine verbesserte Erwerbsminderungsrente auf potenziell von Altersarmut gefährdete Gruppen. Und trotz dieser zusätzlichen Ausgaben steht die Rentenversicherung fi- nanziell so gut da, dass der Beitrag gesenkt werden kann. Darüber sollten wir uns alle lieber freuen, als den Arbeit- nehmern und Arbeitgebern im Land ihre Entlastung streitig machen zu wollen. Das Problem der Altersarmut steht ja auch weiterhin auf unserer Agenda. Mit der solidarischen Lebensleis- tungsrente, die wir im Koalitionsvertrag vereinbart ha- ben, wollen wir es noch entschiedener angehen. Denn es kann nicht im Sinne der Rentenversicherung sein, dass Menschen, die ein Leben lang Beiträge gezahlt und Kin- der erzogen haben, nur eine sehr niedrige Rente erhalten. Bis 2017 wollen wir an dieser Situation etwas ändern. Da wir die Leistung aus Steuern finanzieren wollen, muss auch dafür der Beitrag nicht künstlich hoch gehal- ten werden. Und zu guter Letzt: Der gesenkte Beitrag wird vo- raussichtlich über Jahre stabil gehalten werden können. Beitragssprünge, die die Linke herbeiredet, sind nicht zu erwarten. Was können wir also zusammenfassend festhalten? Die rentenpolitischen Ängste und Befürchtungen der Linkspartei sind durch Daten, Fakten und einen Blick in die Wirklichkeit zu entkräften. Die Beitragssenkung aus- zusetzen, würde die Leistungsträger unseres Landes tref- fen. Das sind auch die „kleinen Leute“, die Monat für Monat unsere Sozialversicherungssysteme am Laufen halten. Wir halten es für richtig, dass diese Menschen nicht mehr zahlen, als zur Finanzierung der Renten ge- braucht wird. Deshalben sinken im kommenden Jahr die Arbeitskosten der Wirtschaft um rund eine Milliarde Euro, und die Arbeitnehmer werden ebenfalls um diese Summe entlastet. Sie haben es sich verdient! Dr. Martin Rosemann (SPD): Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Linken, mit Ihrem Gesetzentwurf fordern Sie uns auf, auch für nächstes Jahr eine Senkung des Beitragssatzes auszusetzen und die gesetzlichen Grundlagen zur Festsetzung der Beitragssätze noch in diesem Jahr zu ändern, das heißt die Deckelung der Nachhaltigkeitsrücklage aufzugeben und die Min- destrücklage anzuheben. Grundsätzlich halte ich Ihren Vorschlag für diskus- sionswürdig. Aber – wie so oft – weckt der Titel Ihres Gesetzentwurfs gewisse Hoffnungen, der konkrete Inhalt bleibt dann aber weit hinter den geweckten Erwartungen zurück. Für mich heißt das: Ginge es Ihnen um eine Erhöhung der Mindest- und Höchstrücklage in der gesetzlichen Rentenversicherung, um dann auch eine echte Demogra- fiereserve anzusparen, könnte man darüber reden. Wer aber den Gesetzentwurf liest, merkt schnell, dass es darum eben nicht geht. Sie sprechen von Leistungsverbesserungen. Dahinter steht aber der Rückfall in das Frühverrentungszeitalter; genau so, wie Sie es in Ihrem Antrag „Rentenniveau an- heben, Leistungen verbessern und die wesentlichen Ur- sachen für sinkende Renten und Altersarmut bekämp- fen“ vom März dieses Jahres auch schon skizziert haben. Damals habe ich vorgerechnet, dass dies im Jahr 2030 circa 55 Milliarden Euro kostet und damit einer Erhö- hung des Beitragssatzes um 6 Prozentpunkte entspre- chen würde. Ihnen geht es in Wahrheit um die Anhebung des Bei- tragssatzes in einem Umfang, der zukünftigen Beitrags- zahlern nicht zugemutet werden kann. Von Beitragskontinuität und einem Ausgleich zwi- schen den Generationen kann daher keine Rede sein. Das ist keine Politik, für die wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten stehen. Unsere Politik ist eine zielgenaue Leistungsausweitung, um unterschiedlichen Erwerbsbiografien gerecht zu werden, Lebensleistungen besser anzuerkennen und Altersarmut zu bekämpfen. Deshalb haben wir mit dem ersten Rentenpaket die Mütterrente eingeführt, einen früheren Rentenzugang für Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 76. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2014 7373 (A) (C) (D)(B) besonders langjährig Versicherte ermöglicht, die Erwerbs- minderungsrenten erhöht und das Rehabudget demogra- fiefest gemacht. Deshalb werden wir in dieser Legislatur- periode auch die solidarische Lebensleistungsrente und die Ost-West-Rentenangleichung auf den Weg bringen. Bemerkenswert ist aber auch der Zeitpunkt, zu dem Sie Ihren Gesetzentwurf eingebracht haben. Ihnen geht es offenbar vor allem darum, kurzfristig die Beitragssen- kung zum 1. Januar 2015 zu verhindern. Ein Verfahren, für das die Regierung aus den Reihen der Opposition im vergangenen Jahr noch kritisiert wurde. Aber unsere Ministerin hält sich an Recht und Gesetz. Und so wird es im Jahr 2015 zu einer Beitragssenkung von 0,2 Prozentpunkten von 18,9 Prozent auf 18,7 Pro- zent kommen. Dies ist eine Beitragssatzsenkung mit Au- genmaß, die eine verdiente Entlastung für die Arbeitneh- merinnen und Arbeitnehmer in Deutschland darstellt. Möglich ist diese Senkung des Beitragssatzes wegen einer anhaltend guten Lage auf dem Arbeitsmarkt. Diese gute Arbeitsmarktentwicklung war möglich, weil eine rot-grüne Bundesregierung den Mut zu überfälligen Strukturreformen hatte, weil sozialdemokratische Minis- ter in der letzten Großen Koalition für die notwendige konjunkturelle Stabilisierung während der Krise 2008/09 gesorgt haben und weil damals verantwortungsbewusste Unternehmen und Betriebsräte gemeinsam die Möglich- keiten der internen Flexibilität genutzt haben, um Be- schäftigung zu halten. Aber die Beitragssatzsenkung ist auch konjunkturpo- litisch sinnvoll, insbesondere weil gleichzeitig der Bei- trag zur Pflegeversicherung steigt. Zudem ist ein geringerer Beitragssatz nicht nur posi- tiv für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, son- dern führt auch für die Rentnerinnen und Rentner zu ei- ner höheren Rentenanpassung in der Zukunft. Bemerkenswert ist das Verhältnis der Linken zu höhe- ren Beitragssätzen. Ausgerechnet Sie vergessen, dass Beiträge die Steuern des kleinen Mannes sind. Natürlich ist es angesichts der demografischen Verän- derungen wichtig, die langfristigen Herausforderungen für die Finanzierung der gesetzlichen Rentenversiche- rung und für die Alterssicherung allgemein in den Blick zu nehmen. Deshalb verfolgen wir das Prinzip „Reha vor Rente“, ermöglichen wir flexible Übergänge in den Ruhestand, werden wir im kommenden Jahr die Stärkung der zwei- ten Säule der Altersvorsorge in Angriff nehmen, haben wir die Erhöhung des Bundeszuschusses ab 2018 durch- gesetzt. Um dauerhaft ein stabiles Rentenniveau zu sichern, Altersarmut vorzubeugen und die Belastung der Versi- cherten zu begrenzen, sind weitere Maßnahmen erfor- derlich. Das Angebot zur Zusammenarbeit richtet sich ausdrücklich an alle Fraktionen in diesem Haus. Mit ih- ren Vorschlägen hierzu ist die Linke aber mit Sicherheit nicht der richtige Ratgeber. Matthias W. Birkwald (DIE LINKE): Die Linke im Bundestag ist gegen die beschlossene Beitragssatzsen- kung im kommenden Jahr, und Die Linke im Bundestag steht für eine seriöse, stabile und verlässliche Finanzie- rung der gesetzlichen Rentenversicherung in den nächs- ten Jahren. Davon ist die aktuelle Rentenpolitik von Union und SPD meilenweit entfernt. Die Große Koalition befindet sich im rentenpoliti- schen Blindflug. Warum Blindflug? Die Große Koalition verpulvert die gut gefüllte Rentenkasse und spielt mit den Versi- cherten, den Medien und den gewählten Abgeordneten Katz und Maus. Am 3. Dezember hatte ich im Ausschuss für Arbeit und Soziales eine ganz einfache Frage gestellt: Was kos- tet jetzt die Rente ab 63 in den nächsten Jahren? Die Antwort: Bis 2019 kommen im Unterschied zu den ur- sprünglichen Kalkulationen im Rentenpaket sage und schreibe zusätzliche Kosten von 4,5 Milliarden Euro auf uns zu. Sie, Frau Ministerin Nahles, hatten es im Minis- terium bisher schlicht versäumt, für die Rente ab 63/65 die Beitragsausfälle, die Kosten der Vorzieheffekte und die Kosten der zusätzlich von der CSU begünstigten Handwerker mal auf Heller und Pfennig aufzuschreiben und das der Öffentlichkeit auch zu sagen. Ihre Motive sind mir egal, und mir ging es dabei auch nicht darum, die Angst vor der Frühverrentungswelle, die von Union und Wirtschaftsvertretern so gern herbei- geredet wird, zu befeuern. Im Gegenteil: Wir brauchen Möglichkeiten zum früheren Ausstieg gerade für die Fleißigen und Kranken. Aber ich will, dass das gerecht und transparent finanziert wird. Kollegin Schmidt von der SPD hatte in der ersten Le- sung unseres Gesetzes gesagt: „Für anderes werden wir Geld in die Hand nehmen müssen: Dazu gehören die An- gleichung des aktuellen Rentenwerts Ost auf das west- deutsche Niveau, die Bekämpfung der Altersarmut und die Stabilisierung des Sicherungsniveaus für ein anstän- diges Rentenniveau oder auch eine noch bessere Absi- cherung der Erwerbsminderung.“ Ja, Kollegin Schmidt. Alles wichtig und richtig. Sie werden dafür nur kein Geld mehr haben. Gegenwärtig sind 35,1 Milliarden in der Rentenkasse sprich Nachhaltigkeitsrücklage. Aber das wird sich rasch ändern; denn bis 2019 klauen Sie Beiträge in Höhe von 36,5 Milliarden für die „Mütterrente“, die eigentlich aus Steuern finanziert werden müsste. Und genau in dieser Situation, in der Sie im Blindflug Beitragseinnahmen verschleudern, wollen SPD und Union die Beiträge noch weiter senken, von 18,9 auf 18,7 Prozent. Das sind bis 2019 noch mal über 12 Milliarden Euro, die fehlen. Die Vertreterversammlung der DRV Bayern Süd hat das besser verstanden. Am 26. November 2014 hat sie eine Resolution mit folgendem Inhalt verabschiedet: Die Mindestrücklage, also das untere Auffangnetz, soll von 0,2 auf mindestens 0,5 Monatsausgaben angehoben wer- den. Warum fordert die DRV Bayern Süd und übrigens https://www.ihre-vorsorge.de/index.php?id=55&tx_ttnews%5Btt_news%5D=10095&cHash=def043ed760f1cda01248ed06beb89b8 7374 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 76. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2014 (A) (C) (D)(B) auch die Rentenversicherung Oldenburg-Bremen das? Ich zitiere: „Aufgrund der Finanzschätzung ist abzuse- hen, dass ab 2019 die Liquiditätssicherung der Renten- versicherung gefährdet ist. Gemäß der Vorausberechnun- gen für 2019 würde eine Nachhaltigkeitsrücklage von 0,2 Monatsausgaben 4,4 Milliarden Euro entsprechen.“ Ich übersetze das mal in Klartext: Durch die Fehlfi- nanzierung der sogenannten „Mütterrente“ fahren Sie die Rentenkasse innerhalb weniger Jahre auf fast null. Dieses Jahr 33,5 Milliarden, in zwei Jahren 24 Milliar- den, 2018 8,7 Milliarden und 2019 5,2 Milliarden. Das nenne ich Blindflug mit anschließendem Totalcrash. Sie schröpfen die Rentenkasse in fünf Jahren um knapp 30 Milliarden Euro. Warum ist das verheerend? Weil Sie damit blind sind für das Absinken des Rentenniveaus. Ihre vollmundigen Versprechungen, den Verfall der gesetzlichen Rente durch die private Altersvorsorge ausgleichen zu können, haben sich nicht erfüllt. Sie mussten das in Ihrem Ren- tenversicherungsbericht wieder zugeben und die Süd- deutsche Zeitung schrieb am 15. November: „Riestern funktioniert nicht!“ Der Focus legte am 8. Dezember nach: „Lasst Riester sterben!“ Die Swiss Life, der größte Lebensversicherungskon- zern der Schweiz, folgte diesem Rat umgehend und stellt zum 31. Dezember 2014 sein hauseigenes Riester-Pro- dukt, die „Champion Riester”, ein. Völlig zu Recht. Die Zahl der abgeschlossenen Riester-Verträge in Deutschland stagniert bei 16 Millio- nen. Davon sind drei Millionen ruhend gestellt. Nur sechs Millionen werden voll gefördert. Ja, sage ich; lasst die staatliche Riesterförderung sterben. Wir könnten jährlich drei bis vier Milliarden Euro Förderung in die Stabilisierung des Rentenniveaus stecken. Und lassen Sie uns dafür gemeinsam für die nächsten Jahre einen vernünftigen Beitragspfad festlegen, statt den Menschen weiter windige Policen aufzuschwatzen. Deshalb: Erhöhen wir die Mindestreserve auf 0,5 Mo- natsausgaben. 0,2 Monatsausgaben reichen zum Beispiel bei konjunkturellen Einbrüchen nicht. Stabilisieren wir den Beitragssatz vorläufig auf 18,9 Prozent und schaffen wir den unsinnigen Zwang zur Beitragssatzsenkung ab, statt Jahr für Jahr das Rentenniveau zu senken. Investie- ren wir in die gesetzliche Rente, damit sie wieder sicher ist, damit sie wieder vor Altersarmut schützt. Markus Kurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die gesetzliche Rentenversicherung erlebt momentan eine Phase finanzieller und demografischer Stabilität. Die gute Konjunktur, ein hoher Beschäftigungsstand und nicht zuletzt die Dämpfung der Rentenanpassungen in den vergangenen zwölf Jahren führten sowohl zu niedrigeren Beitragssätzen als auch zu einer Rekordrücklage der Rentenversicherung. Gleichwohl steht die gesetzliche Rentenversicherung vor großen Herausforderungen: Die steigende Lebenserwartung und der demografische Wan- del führen zu einer deutlich verlängerten Rentenbezugs- dauer sowie einer immer größeren Zahl an Rentnerinnen und Rentnern, denen immer weniger erwerbstätige Bei- tragszahlerinnen und -zahler gegenüberstehen. Politisches Handeln ist erforderlich, um zu verhin- dern, dass der Anstieg der Regelaltersgrenze auf 67 Jahre zu einer Rentenkürzung für diejenigen wird, die aus un- terschiedlichen Gründen ihren Beruf nicht bis zum regu- lären Renteneintritt ausüben können. Dies betrifft insbe- sondere die Abschläge bei Erwerbsminderungsrenten, die Mittel für Reha-Maßnahmen sowie die erhöhte Re- gelaltersgrenze für Menschen mit Schwerbehinderun- gen. Es ist eine zentrale Frage der Generationengerech- tigkeit, dass auch die heutigen Versicherten eine realistische Aussicht auf ein angemessenes Rentenni- veau haben und vor Altersarmut geschützt werden. Gleichzeitig ist auf einen moderaten Beitragssatzanstieg zu achten, um die Auswirkungen auf die Arbeitneh- merinnen und Arbeitnehmer sowie Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber abzufedern. Unter den genannten Vo- raussetzungen ist es erforderlich, sorgsam mit den müh- sam erworbenen finanziellen Spielräumen umzugehen und diese nicht leichtfertig aufs Spiel zu setzen. Aus diesen Gründen haben wir uns schon in der Ver- gangenheit für eine Beitragssatzstabilität ausgesprochen – siehe Anträge 17/11010 und 18/611. Diese garantiert, dass wir die beitragsfinanzierten Leistungen im Zusam- menhang mit einer längeren Lebensarbeitszeit – Rente mit 67 – verbessern können. Unsere Vorschläge zur Ab- schaffung der Abschläge bei der Erwerbsminderungs- rente, ausreichende Reha-Mittel sowie der Rücknahme der Anhebung der Regelaltersgrenze für schwerbehin- derte Menschen auf 65 Jahre kosten die Rentenkasse jährlich rund zwei Milliarden Euro. Zudem haben wir uns dafür ausgesprochen, für den zu erwartenden Bei- tragssatzanstieg schon heute Vorsorge zu treffen, um die Auswirkungen auf die Arbeitnehmerinnen und Arbeit- nehmer sowie Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber abzu- federn. Eine Beitragssatzsenkung zum 1. Januar 2015 würde den Beitragssatz ab dem Jahr 2019 wohl noch sprunghafter ansteigen lassen, als durch die Ausgaben des Rentenpakets schon heute prognostiziert. Wie schon in der Rede zur ersten Lesung des Gesetz- entwurfs der Linksfraktion dargelegt, werden wir die hier abzustimmende Initiative ablehnen. Eine gänzliche Abschaffung der Obergrenze erachten wir für nicht sinn- voll. Ohne eine Obergrenze gäbe es überhaupt keine Systematik für die Beitragssatzfestsetzung mehr. Anlage 14 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Vierten Geset- zes zur Änderung des Fahrpersonalgesetzes (Tagesordnungspunkt 20) Oliver Wittke (CDU/CSU): Mit dem 4. Gesetz zur Änderung des Fahrpersonalgesetzes setzen wir die am 28. Februar 2014 verkündete EU-Verordnung 165/2014 um. Neben Verbesserungen bei Wirksamkeit und Effi- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 76. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2014 7375 (A) (C) (D)(B) zienz des Fahrtenschreibersystems für Fahrzeuge zur Gü- terbeförderung mit mehr als 3,5 Tonnen und für Fahr- zeuge zur Personenbeförderung mit mehr als neun Insassen schaffen wir die notwendigen Grundlagen zur Anpassung von Bußgeldvorschriften und der Fahrperso- nalverordnung. Darüber hinaus haben die Koalitionsfraktionen einen Änderungsantrag vorgelegt, der im Wesentlichen der Stellungnahme des Bundesrates aus dem November die- ses Jahres folgt. Mit einstimmigem Beschluss haben sich die Bundesländer dafür stark gemacht, die Anordnungs- befugnis der Bundesländer gegenüber weiteren Unter- nehmen der Beförderungskette auszuweiten, die Bußgeld- rahmen bei Verstößen anzuheben sowie das Verbringen der wöchentlichen Ruhezeit in der Fahrerkabine zu un- terbinden. Es ist gut, dass CDU/CSU und SPD sich darauf ver- ständigt haben, die Anordnungsbefugnis gegenüber wei- teren Unternehmen der Beförderungskette auszuweiten. Zwar war dies materiellrechtlich auch bislang schon möglich und wurde von einzelnen Bundesländern auch bisher praktiziert; wir stellen dies im Gesetz zukünftig aber klar heraus und beseitigen mögliche Missverständ- nisse. Auf diese Weise kommen wir zum einen unserer Fürsorgepflicht gegenüber den Fahrern nach und sorgen zum anderen für mehr Sicherheit auf unseren Straßen. Darüber hinaus passen wir den Bußgeldrahmen nach oben an, um den Verfolgungsbehörden einen größeren Spielraum zu geben sowie große Unternehmen mit emp- findlichen Bußgeldern belegen zu können. Auch beim dritten Punkt folgen wir den Einlassungen des Bundesrates. Auch wir sehen es kritisch, wenn Fern- fahrer die wöchentliche Ruhezeit im Lkw verbringen. Dieses Problem wollen auch wir angehen. Bevor wir aber eine nationale Lösung verfolgen, sollten wir versuchen, das Problem auf europäischer Ebene zu regeln. Die Güterströme auf der Straße finden immer mehr transnational statt. Auf einer Tour kann ein Fahrer gut und gerne fünf oder mehr Länder innerhalb der Europäi- schen Union durchqueren. Die nationalen Alleingänge von Belgien und Frankreich mit den daraus folgenden Ausweichverkehren auf Parkplätze und Raststätten in Deutschland im grenznahen Raum haben gezeigt, was passiert, wenn in jedem Land unterschiedliche oder gar keine Regeln gelten. Wir wollen deshalb keinen regulati- ven Flickenteppich, sondern einen Rechtsrahmen für alle Länder. Erst wenn das nicht möglich erscheint, müssen wir auf nationaler Ebene tätig werden. In diesem Zusam- menhang bin ich froh, dass die Bundesregierung signali- siert hat, im ersten Halbjahr des kommenden Jahres ent- sprechende Gespräche auf europäischer Ebene zu führen und notfalls ab Mitte 2015 die Initiative für ein nationa- les Gesetzgebungsverfahren zu starten. In einem vierten Punkt passen wir die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Ausbildung für Ersthelfer an heutige Erfordernisse an. Nachdem eine Studie von ADAC und Deutschem Roten Kreuz 2012 zu dem Er- gebnis kam, dass die Lernwirksamkeit durch zu viel Lernstoff eingeschränkt war, haben die Unfallversiche- rungsträger und die Bundesarbeitsgemeinschaft Erste Hilfe die Erste-Hilfe-Ausbildung einer Revision unter- zogen. Das Ergebnis ist eine Erste-Hilfe-Ausbildung, die sich zukünftig auf die Vermittlung der lebensrettenden Maßnahmen, einfache Erste-Hilfe-Maßnahmen sowie grundsätzliche Handlungsstrategien fokussiert. Da die zukünftige Ausbildung auch in ausreichendem Maße straßenverkehrliche Belange und Themen berücksichti- gen wird, kann für den Bereich des Straßenverkehrs auf die Alternative der Vermittlung von „Grundzügen der Versorgung Unfallverletzter“ einerseits und „Erste- Hilfe-Ausbildung“ andererseits verzichtet werden. Dies ist unter anderem auch ein Beitrag zum Bürokratieabbau und zur Entlastung der Wirtschaft. Ich freue mich, dass wir mit dem Änderungsantrag von CDU/CSU und SPD nunmehr das vierte Gesetz zur Änderung des Fahrpersonalgesetzes in einer Form be- schließen, dass auch im Bundesrat eine große Zustim- mung finden wird. Florian Oßner (CDU/CSU): Die vorgeschriebenen Lenk- und Ruhezeiten von Lkw- und Busfahrern sind sinnvoll und tragen in hohem Maße zur Verbesserung der Sicherheit im Straßenverkehr bei. Ohne diese Rege- lungen würde die Zahl der schweren Verkehrsunfälle durch Übermüdung oder Erschöpfung von Fahrern si- cherlich erheblich höher liegen. Die Europäische Union hat durch die Verordnung (EU) Nr. 165/2014 vom 4. Februar diesen Jahres die Vorschriften über Einbau, Benutzung und Prüfung von Fahrtenschreibern bzw. Kontrollgeräten im Interesse ei- ner größeren Klarheit vereinfacht und neu geordnet. Nunmehr muss das Fahrpersonalgesetz an die erfolgten Änderungen des Unionsrechts angepasst werden. Da die einzelnen Regelungen, die mit dem vorliegen- den Gesetz geändert werden, im Wesentlichen techni- scher bzw. redaktioneller Natur sind, möchte ich gern die Gelegenheit nutzen, darauf hinzuweisen, wie wichtig die Lkw-Speditionen für uns als Exportnation sind. Gerade für die vielen weltweit erfolgreichen mittelständischen Unternehmen im ländlichen Raum ist und bleibt der Lkw als Transportmittel eine wichtige Stütze. Dazu ist es auch erforderlich, die notwendigen Infra- strukturen zu schaffen. Am 27. Oktober hat bereits der Bundesrat dem von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf grundsätz- lich zugestimmt und nur einige geringfügige Änderun- gen und Ergänzungen vorgeschlagen. Diese Wünsche haben wir seitens der Koalitionsfraktionen mit einem entsprechenden Änderungsantrag übernommen. Zudem haben wir selbst noch weitere Anpassungen empfohlen. Nur in einem Punkt verfolgen wir einen anderen An- satz als der Bundesrat, nämlich bei der Frage, ob Lkw- Fahrer ihre regelmäßige Wochenruhezeit in der Fahrer- kabine ableisten dürfen – denn unserer Überzeugung nach bedarf es hier einer europäischen Regelung und keines nationalen Alleingangs. 7376 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 76. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2014 (A) (C) (D)(B) Dies zeigt sich schon am Beispiel von Frankreich und Belgien, die eine solche nationale Regelung eingeführt haben, wodurch sich das Problem nur in die Nachbarlän- der verschoben hat. In diesem Zusammenhang begrüßen wir ausdrücklich die Zusicherung der Bundesregierung in der gestrigen Sitzung des Ausschusses für Verkehr und digitale Infra- struktur, dass bis Mitte nächsten Jahres eine derartige eu- roparechtliche Regelung geschaffen werden soll und erst für den Fall, dass dies bis dahin nicht möglich sein sollte – als Ultima Ratio – eine nationale Regelung geschaffen wird. Lassen Sie mich die aus meiner Sicht wichtigsten Punkte des vorliegenden Gesetzentwurfes kurz darstel- len: Als Erstes sei die Erweiterung der Anordnungsbefug- nis genannt. Nach derzeit geltendem Recht können Auf- sichtsbehörden Maßnahmen, wie zum Beispiel das Ver- langen von Auskünften und Unterlagen, nur gegenüber Arbeitgebern anordnen. Oft gibt es aber auch andere Beteiligte in der Beförde- rungskette, wie zum Beispiel Spediteure, Haupt- und Unterauftragnehmer, die ihrer Mitverantwortung nicht nachkommen oder die der Aufsichtsbehörde Auskünfte, Unterlagen oder den Zutritt verweigern. Diesem Um- stand tragen wir mit den erfolgten Änderungen im Fahr- personalgesetz nun Rechnung und dehnen die Anord- nungsbefugnis auch auf diese weiteren Beteiligten aus. Der zweite Punkt ist die Verdoppelung des Bußgeld- rahmens bei Fahrerverstößen. Hier geht es um die Um- setzung verschiedener oberlandesgerichtlicher Urteile. Aufgrund dieser Urteile sind Fahrverstöße über den Unternehmer in Tateinheit zu ahnden. Das bedeutet im Klartext: Bei größeren Betrieben wird die maximale Bußgeldsumme von gegenwärtig 15 000 Euro sehr schnell erreicht. Kleinere Unternehmen werden daher gegenüber größeren Unternehmen bei der Ahndung be- nachteiligt. Mit der Erhöhung des Bußgeldrahmens auf 30 000 Euro stellen wir sicher, dass auch schwerste Ver- stöße von Unternehmern, Fahrzeughaltern, Verladern, Spediteuren, Reiseveranstaltern und Fahrvermittlern an- gemessen geahndet werden können. Dies bedeutet aber keineswegs, dass wir unsere Unternehmen an den Pran- ger stellen wollen. Als Letztes will ich noch die Anpassung der Erste- Hilfe-Ausbildung nennen. Diese war durch eine 16 Un- terrichtseinheiten umfassende Ausbildung stark über- frachtet, was – wie Studien vom ADAC und Deutschem Roten Kreuz belegt haben – oftmals nur zu einer sehr ge- ringen Akzeptanz und einem nur schwachen Lerneffekt geführt hat. Dies darf bei einem so grundsätzlich wichti- gen Thema wie der Verkehrssicherheit nicht sein. Hie- rauf haben wir reagiert und die Erste-Hilfe-Ausbildung an die Bedürfnisse der Praxis angepasst. Sie wird sich daher zukünftig auf die Vermittlung der lebensrettenden Maßnahmen und einfache Erste-Hilfe-Maßnahmen so- wie grundsätzliche Handlungsstrategien fokussieren. Auch hier möchte ich die Gelegenheit nutzen und mich bei den Erste-Hilfe-Ausbildern für ihre vorzügliche Arbeit bedanken. All dies sind sinnvolle und notwendige Anpassungen. Daher freue ich mich auf Ihre breite Zustimmung zu unserem Gesetzentwurf. Udo Schiefner (SPD): Unser Leben ist heute in er- heblichem Maße von den Leistungen der Transport- und Logistikbranche abhängig. Die Fahrerinnen und Fahrer der Lastkraftwagen sind wesentliche Stützpfeiler des wirtschaftlichen Erfolges in Deutschland und unseres Wohlergehens. Anerkennung und Wertschätzung erhal- ten sie dafür kaum. Im Gegenteil hat ihre Arbeit ein un- berechtigt schlechtes Ansehen. Vor allem sind sie oft die ersten und einzigen, die zur Rechenschaft gezogen wer- den, wenn sie gegen Regeln verstoßen. Doch sie versto- ßen oft gegen Regeln, weil sie versuchen, den straffen Anforderungen ihrer Arbeitgeber und Auftraggeber ge- recht zu werden. Für viele Berufskraftfahrer, oft im Auf- trag ausländischer Unternehmen auf den Autobahnen unterwegs, kommt hinzu, dass sie unter unwürdigen Be- dingungen arbeiten und leben müssen. Es gibt im Sinne der Fahrerinnen und Fahrer wahrlich vieles zu verbes- sern. Mit den Beschlüssen zum Fahrpersonalgesetz und Festlegungen zum weiteren Vorgehen, die wir in dieser Woche im Ausschuss für Verkehr und digitale Infra- struktur gefasst haben und die heute im Plenum bestätigt werden, nehmen wir die oft prekäre Situation der Fahrer im Transportgewerbe in den Blick. Es sind kleine aber wichtige Schritte, die wir jetzt gehen – wir müssen uns für das kommende Jahr weitere, größere vornehmen. Besonders besorgen muss uns, dass immer mehr Be- rufskraftfahrer in Europa bis zu drei Monate außerhalb ihres Heimatlandes im Lkw unterwegs sind. Sie sind da- bei dubiosen Beschäftigungssystemen unterworfen. Ih- nen wird oft der Zugang zu sozialen und Arbeitnehmer- rechten verwehrt. Sie verbringen dabei all ihre Nächte und Wochenenden in ihrem Lkw auf den Rastplätzen, und sie fahren für Dumpinglöhne quer durch Europa. Für Fahrzeuge und Fahrer, die ihre Heimatstandorte nur noch gelegentlich sehen, ist deren Einsatz aber kei- neswegs durch die europäische Dienstleistungsfreiheit gedeckt. Im Moment jedoch können sich die Flottenbe- treiber den Fiskal- und Sozialstandards der jeweiligen Länder entziehen, in denen sie sich überwiegend betäti- gen. Diesem Nomadentum auf den Rastplätzen Europas müssen wir ein Ende bereiten. Mit Artikel 8 Ziffer 8 der EU-Verordnung 561/2006 ist die Voraussetzung gege- ben, dagegen vorzugehen. Wir könnten verhindern, dass die regelmäßige wöchentliche Ruhezeit im Fahrzeug verbracht wird. Wir haben jedoch noch keine entspre- chende Bußgeldandrohung im Fahrpersonalgesetz. In der bisherigen Diskussion wurde angenommen, das EU-Recht treffe keine Aussage darüber, wo eine regel- mäßige wöchentliche Ruhezeit zu verbringen ist, um als vorschriftsmäßig zu gelten. Die Vorschrift enthalte kein konkretes Verbot, sich während der regelmäßigen wö- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 76. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2014 7377 (A) (C) (D)(B) chentlichen Ruhezeit im Fahrzeug aufzuhalten. Diese In- terpretation der Verordnung teile ich nicht, denn die EU- Verordnung sagt: In zwei jeweils aufeinander folgenden Wochen hat der Fahrer mindestens zwei regelmäßige wöchentliche Ruhezeiten oder eine regelmäßige wö- chentliche Ruhezeit und eine reduzierte wöchentliche Ruhezeit von mindestens 24 Stunden einzuhalten. Wich- tig sind hier die zu unterscheidenden Begriffe regelmä- ßige und reduzierte wöchentliche Ruhezeit. Weiter heißt es nämlich, dass nicht am Standort eingelegte tägliche Ruhezeiten und reduzierte wöchentliche Ruhezeiten im Fahrzeug verbracht werden können. Regelmäßige wö- chentliche Ruhezeiten im Fahrzeug werden in dieser Ausnahme explizit nicht benannt. Rein EU-rechtlich spräche also nichts gegen eine Bußgeldandrohung für das Verbringen der regelmäßigen wöchentlichen Ruhe- zeit im Fahrzeug. Deshalb erwarte ich, dass wir in dieser Frage zügig vorankommen. In der gestrigen Sitzung des Ausschusses für Verkehr und digitale Infrastruktur haben wir zunächst, weitge- hend einmütig, kleine aber wichtige Änderungen des Fahrpersonalgesetzes beraten. Mit abschließender Le- sung und Beschluss heute im Parlament verbessern wir wichtige Aspekte bezogen auf die Ausrüstung der Lkw und Fernbusse mit Fahrtenschreibern und verbessern da- mit die Kontrollmöglichkeiten zur Einhaltung der Regeln – auch und gerade bezogen auf die Ruhezeiten. Vor allem aber haben wir zwei wichtige Einwände des Bundesrates aufgenommen. Erstens wird die Anordnungsbefugnis er- weitert. Die Kontrollbehörden können in Zukunft bei Ver- stößen auch gegenüber Verladern, Spediteuren, Reiseve- ranstaltern, Hauptauftragnehmern, Unterauftragnehmern und Fahrervermittlungsagenturen aufsichtlich tätig wer- den. Zweitens verdoppeln wir den Bußgeldrahmen von derzeit maximal 15 000 Euro bei Fahrerverstößen auf 30 000 Euro. Sinnvoll sind beide Ausweitungen, denn nach gelten- dem Recht sind Verlader, Spediteure etc. zwar bereits für die Einhaltung der in den Verordnungen benannten Vor- schriften verantwortlich. Dazu gehört, dass die von ihnen vertraglich vereinbarten Beförderungszeitpläne nicht ge- gen die Verordnungen verstoßen. Es gibt jedoch regel- mäßig das Problem, dass die Aufsichtsbehörden der Länder von den beteiligten Unternehmen keine Aus- künfte, Unterlagen oder Zutritt zu Geschäftsräumen ver- langen können. Diese Unternehmen werden nun besser kontrollierbar. Das bedeutet vor allem, dass die Schuld- frage nicht länger am Fahrer hängen bleibt. Der höhere Bußgeldrahmen macht es zudem möglich, bei besonders schweren Verstößen größere Unternehmen angemesse- ner zu belangen. Bisher schien das Bußgeld für große Unternehmen leicht zu verkraften, während es kleinere Unternehmen durchaus stark belasten kann. Den nach meiner Auffassung sehr wichtigen Aspekt der Ruhezeiten, den der Bundesrat einbringen wollte, greifen wir nur indirekt auf. Die Bundesregierung hatte den Wunsch geäußert, sich diesem Thema zunächst im Sinne einer europäischen Lösung zu nähern. Dem hätten wir zwar vorgreifen können, die EU-Verordnung gäbe uns dazu durchaus den Spielraum. Aber zunächst die eu- ropäische Lösung anzugehen, macht ebenfalls Sinn. Wenn auf dem Weg schnell eine Einigung erfolgt, ist noch mehr erreicht. Deshalb begrüße ich ausdrücklich die im Ausschuss gemachte Zusage des Ministeriums, das Thema bereits im Januar 2015 mit den europäischen Partnern anzuge- hen. Die ebenfalls klar formulierte Aussage zum weite- ren Vorgehen möchte ich unbedingt festhalten: Sollte ab- sehbar nicht bis Juli 2015 eine Lösung erkennbar werden, werden wir den Weg der nationalen Gesetzge- bung beschreiten, denn in der grundsätzlichen Beurtei- lung des Nomadentums auf den europäischen Rastplät- zen gibt es offenbar über Fraktionsgrenzen hinweg keinen Dissens. Ich erwarte deshalb, dass wir die Buß- geldandrohung bei Ruhezeitverstößen bezogen auf die regelmäßige wöchentliche Ruhezeit im nächsten Jahr be- kommen werden. So können wir uns weiter in Richtung würdiger Arbeits- und fairer Wettbewerbsbedingungen in der Transport- und Logistikbranche bewegen. Thomas Lutze (DIE LINKE): Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf setzt der Deutsche Bundestag eine EU- Verordnung über neue Anforderungen an Fahrtenschrei- ber in nationales Recht um. Die Reform des Gesetzes soll zu mehr Effizienz und Wirksamkeit von Fahrtenschreibern führen. Da somit die Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten besser kontrolliert werden kann, begrüßen wir den Gesetzentwurf und wer- den der Beschlussempfehlung zustimmen. Dass den Aufsichtsbehörden in den Ländern mehr Kontrollmöglichkeiten eingeräumt werden und die mög- lichen Bußgelder für Verstöße angehoben wurden, findet unsere Zustimmung. Die Erhöhung der möglichen Buß- gelder ist schon aufgrund der unterschiedlichen Finanz- stärke von kleineren und größeren Unternehmen gebo- ten. Nicht einverstanden sind wir allerdings damit, dass das Problem des Verbringens der Ruhezeiten im Lkw mit dem Hinweis auf Europa auf die lange Bank geschoben werden soll. Würde sich Deutschland an Frankreich oder Belgien orientieren, die Regelungen gegen das Über- nachten im Lkw bereits umgesetzt haben, käme dies dem Fahrpersonal unmittelbar zugute. Außerdem mahnt Die Linke an, bei einer künftigen Reform des Gesetzes Unklarheiten im Bezug auf Aus- nahmeregelungen und den Datenschutz auszuräumen. Stephan Kühn (Dresden) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Das Fahrpersonalgesetz regelt zentrale Sozialvor- schriften für die Beschäftigen im Transport- und Spedi- tionsgewerbe wie zum Beispiel die Lenk- und Ruhezeiten. Die aktuellen Entwicklungen im Transportsektor, die durch die weitgehende Liberalisierung des Gewerbes und die Veränderungen infolge des Beitritts unserer ost- europäischen Nachbarn in die Europäische Union ge- prägt ist, macht Änderungen beim Gesetz notwendig. Maßstab für Änderungen am Fahrpersonalgesetz muss die Verbesserung der sozialen Situation der Fahrer sein. Die neue EU-Verordnung zur Verbesserung der Wirk- samkeit und Effizienz von Fahrtenschreibersystemen 7378 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 76. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2014 (A) (C) (D)(B) machte Änderungen des Fahrpersonalgesetzes notwen- dig. Der Bundesrat hat in seiner einstimmig angenomme- nen Stellungnahme die Gelegenheit genutzt und Ände- rungen des Fahrpersonalgesetzes in einigen Punkten ein- gefordert. Wir begrüßen, dass Sie sich in zwei Punkten zu sinn- vollen Ergänzungen bzw. Änderungen des Fahrpersonal- gesetzes durchringen konnten. Die Erweiterung der Anforderungsbefugnis, mit der die zuständigen Aufsichtsbehörden die Handhabe be- kommen, gegen alle Beteiligten einer Beförderungskette tätig zu werden, ist notwendig und daher richtig. Bei- spielsweise werden dadurch auch Unterauftragnehmer und Fahrvermittlungsagenturen stärker in die Pflicht ge- nommen. Auch die Verdoppelung des Bußgeldrahmens bei Fah- rerverstößen von 15 000 auf 30 000 Euro findet ausdrück- lich unsere Zustimmung. Insbesondere die jüngste Recht- sprechung, die bei Ahndung von Fahrerverstößen über den Unternehmer von Tateinheit ausgehen, wodurch die maximale Bußgeldsumme schnell ausgeschöpft war, macht eine Anpassung erforderlich. Wo Licht ist, ist auch Schatten. Nicht nachvollziehbar ist für uns, warum Sie sich um ein Verbot des Verbrin- gens der Wochenruhezeit in der Fahrerkabine herumdrü- cken. Wenn man die Schilderungen von Brancheninsidern hört, dann läuft es einem angesichts der erbärmlichen so- zialen Lage der Fahrer einfach nur kalt den Rücken run- ter. Unter dem Deckmantel der Dienstleistungsfreiheit unterlaufen einige Unternehmen mit Sitz in Osteuropa über Subunternehmen jegliche Sozialvorschriften, in- dem sie mit Fahrern und Fahrzeugen aus dem Ausland auch die Kabotageregeln umgehen und so die Branche in einen ruinösen Wettbewerb drängen, der auf dem Rü- cken der Fahrer ausgetragen wird. Dumpinglöhne und miese Arbeitszeitregelungen sind die unübersehbare Folge. Es soll Fahrer geben, die monatelang Arbeits- und Freizeit in „ihrem“ Lkw verbringen. Hier bringt auch der Verweis auf eine europäische Re- gelung nichts, liebe Kollegen von der Union. Wie lange wollen Sie denn die geschilderten Missstände noch dul- den? Ja, es kann dann in Grenzregionen zu einer Verla- gerung des Problems kommen, so wie wir es heute von der deutsch-französischen Grenze kennen. Aber dies ist ein regional begrenztes Problem. Jede Regelung im na- tionalen Rahmen bewirkt eine deutliche Verbesserung der jetzigen Zustände. Im Übrigen müssen wir hier auf die Vorbild- und Signalwirkung setzen: Wenn mehr Län- der das Verbringen der Wochenruhezeit im Lkw verbie- ten, dann ziehen andere Länder sukzessive nach. Das be- legen ja gerade die Beispiele Belgien und Frankreich, wo entsprechende Vergehen mit Bußgeldern geahndet werden. Wir könnten außerdem schon heute eine Sanktionie- rung haben, wenn nicht das Bundesverkehrsministerium länger an einer bizarren Auslegung der EU-Verordnung 561/2006 festhalten würde. Der dortige Artikel 8 Absatz 8 steckt nämlich den Rahmen für ein bußgeldbewährtes Verbot, die regelmä- ßige Wochenruhezeit im Fahrzeug zu verbringen, schon heute ab. Es kommt wohl auf die Rechtsauffassung an. Aus unserer Sicht ergibt sich hieraus die notwendige Präzisierung des Fahrpersonalgesetzes. Leider konnten Sie sich in diesem entscheidenden Punkt nicht zu einer überfälligen Neuregelung durchrin- gen, sodass wir uns beim Gesetzentwurf enthalten wer- den. Anlage 15 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Weiterentwicklung des Personalrechts der Be- amtinnen und Beamten der früheren Deutschen Bundespost (Tagesordnungspunkt 21) Norbert Brackmann (CDU/CSU): Mit dem Gesetz- entwurf zur „Weiterentwicklung des Personalrechts der Beamtinnen und Beamten der früheren Deutschen Bun- despost“ wollen wir zwei Dinge erreichen. Erstens soll die unternehmerische Freiheit der Postnachfolgeunter- nehmen auch zukünftig sichergestellt werden. Zweitens wollen wir für die noch über 100 000 aktiven Beamten der ehemaligen Deutschen Bundespost die Weiterbe- schäftigung im Postnachfolgebereich für den Fall si- chern, dass ihr Unternehmen vor Umstrukturierungen steht. Worum geht es genau? Mit der Privatisierung der Deutschen Bundespost wurde vor mehr als 20 Jahren ein neuer Weg beschritten. Die Beamten der Deutschen Bundespost wurden an die Nachfolgeunternehmen, die Aktiengesellschaften Deutsche Post AG, Telekom AG und Deutsche Postbank AG, übertragen. Während der Bund als Dienstherr noch immer die Verantwortung für die Beamten trägt, liegt die Weiterbeschäftigungs- und Kostentragungspflicht aus- schließlich bei den Postnachfolgeunternehmen. Doch ihre Beschäftigung unter marktwirtschaftlichen Bedingungen stellt für die Unternehmen zunehmend eine besondere Herausforderung dar. Seit der Privatisierung bewegen sich die Postnachfolgeunternehmen unter Wettbewerbs- bedingungen. Sie sind heute auf internationalen Märkten tätig und müssen sich dort fortlaufend im Wettbewerb bewähren. Die Postbeamten sind Teil dieser unternehmerischen Entwicklung. Jedoch hat das Postpersonalrecht mit der Entwicklung nicht Schritt gehalten. Die globalen Kon- zernbildungen sowie die Ausgründung von Tochter- und Enkelunternehmen waren schlichtweg bei der Schaffung des Postpersonalrechtes in diesem Umfang nicht abseh- bar. Deshalb würden die Unternehmen bei einer gesell- schaftsrechtlichen Umwandlung durch Verschmelzung Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 76. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2014 7379 (A) (C) (D)(B) oder Spaltung vor der Herausforderung stehen, dass sie die Postbeamten in einem neuen Unternehmen nicht weiterbeschäftigen könnten. Denn die Postbeamten sind nicht einfach an jedes private Unternehmen übertragbar. Auch die für Arbeitnehmer geltenden Schutzvorschriften sind auf die Postbeamten nicht anwendbar. Dies bedeutet im Fall einer Unternehmensumstruktu- rierung, dass die Postbeamten zum Bund zurückkehren. Das ist aber nicht der Wunsch der Postnachfolgeunter- nehmen, denn die Beamten sichern durch ihre Arbeitser- fahrung den Unternehmen wichtige Kompetenzen und unternehmerisches Wissen. Und es ist auch nicht im Sinne der Beamten, die im Postnachfolgebereich weiter- beschäftigt werden wollen. Der Gesetzentwurf sieht deshalb vor, die Bundesre- gierung zu ermächtigen, dass sie per Rechtsverordnung private Unternehmen, die in einem wirtschaftlichen oder rechtlichen Nachfolgeverhältnis zu einem Postnachfol- geunternehmen stehen, mit der Weiterbeschäftigung und Kostentragung beleihen können. Diese Beleihung setzt voraus, dass der Bund vor Er- lass der Rechtsverordnung das Nachfolgeunternehmen prüft, ob es eine Weiterbeschäftigung und die Kosten tra- gen kann. Zur Sicherheit des Bundes und der Postbeam- ten wird eine Sicherheitsleistung festgesetzt, die das Un- ternehmen erbringen muss. Durch diese Maßnahmen schützen wir die Postbeamten vor einer unsicheren Wei- terbeschäftigung. Wir schützen die Interessen der Beam- ten, indem wir unsere Verantwortung gegenüber den Postbeamten wahrnehmen und alles unternehmen, um für eine nachhaltige, amtsangemessene Weiterbeschäfti- gung zu sorgen. Ich bin davon überzeugt, dass wir mit diesem Gesetz im Interesse der Postbeamten Sinnvolles regeln. Im wei- teren parlamentarischen Verfahren ist Zeit und Gelegen- heit, die vom Bundesrat, den Gewerkschaften und Ver- bänden vorgebrachten Bedenken zu regeln. Michael Frieser (CDU/CSU): Mit dem im Oktober diesen Jahres durch die Bundesregierung eingebrachten Gesetzentwurf liegt uns ein ausgewogener Reformvor- schlag vor, mit dem wir eine für alle Seiten zufrieden- stellende und effiziente Modernisierung des Postdienst- rechts erreichen werden. Die von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble eingebrachten Gegenäußerungen zur Stellungnahme des Bundesrates unterstützen dies und zeigen, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Mit einer Weiterentwicklung der organisatorischen Strukturen und rechtlichen Instrumentarien zielt die Re- form darauf ab, die Beschäftigungsverhältnisse der noch rund 100 000 bei Postnachfolgeunternehmen beschäftig- ten Bundesbeamtinnen und Bundesbeamten nachhaltig zu sichern. In einer im Gesetzentwurf vorgesehenen Vor- schrift wird statuiert, dass im Falle einer Unternehmens- umstrukturierung neben unternehmensstrategischen Über- legungen auch die Belange der bei dem Unternehmen beschäftigten Beamtinnen und Beamten und die Interes- sen des Dienstherren Bund an der weiteren Erfüllung der gesetzlichen Verpflichtungen des Nachfolgeunterneh- mens mit einzubeziehen sind. Um dies später in der Pra- xis sicherzustellen und dem Bundesministerium als dem zuständigen Ressort seine Kontrollfunktion zu ermögli- chen, sieht die Vorschrift eine Anzeigepflicht des Vor- stands sowie ein Informationsrecht des Ministeriums vor. Zusätzlich wird es die Möglichkeit der Anforderung einer Sicherheitsleistung geben. Damit wird gewährleis- tet, dass die gesetzlichen Pflichten der Unternehmen nach der Umwandlung erfüllt werden und eine Belas- tung des Bundeshaushalts durch Unternehmensumstruk- turierungen zuverlässig verhindert wird. Ein weiterer Aspekt des Gesetzes ist die viel disku- tierte Möglichkeit, private Unternehmen mit der Wahr- nehmung von Dienstherrenbefugnissen des Bundes zu beleihen. Dazu müssen zunächst die bestehenden gesetz- lichen Vorschriften um eine Ermächtigungsgrundlage zur Beleihung von sekundären Postnachfolgeunterneh- men, also solchen Unternehmen, die aus den derzeitigen Postnachfolgeunternehmen Deutsche Post AG, Deutsche Telekom AG und Deutsche Postbank AG hervorgehen, ergänzt werden. Wichtig hierbei ist, um den Einwänden besorgter Bür- gerinnen und Bürger zu begegnen: Es kommen lediglich solche Unternehmen infrage, „die in einem rechtlichen oder wirtschaftlichen Nachfolgeverhältnis zum ehemali- gen Sondervermögen Deutsche Bundespost stehen“. Weitere Wirtschaftsunternehmen sind für die Beleihung nicht vorgesehen, und die Befürchtung mancher Beam- tinnen und Beamten zukünftig an McDonald’s oder Karstadt „ausgeliehen“ zu werden ist damit unbegrün- det. Auch darf die Regelung lediglich als Ultima Ratio verstanden werden. Eine Beschäftigung der Beamtinnen und Beamten im Postnachfolgeunternehmen selbst und nicht im daraus entstehenden sekundären Postnachfolge- unternehmen bleibt immer oberstes Ziel. Bei der Ent- scheidung über eine etwaige Beleihung mit Dienstherrn- befugnissen werden stets auch die Spitzenorganisationen der Gewerkschaften beteiligt, um die Interessen der Be- schäftigten zu vertreten. Für die Unternehmen bringt der Gesetzentwurf durch mehr Flexibilität beim Einsatz der Beamtinnen und Beamten auch wirtschaftliche Chancen mit sich. Den unternehmerischen Entwicklungen der vergangenen knapp 20 Jahre seit der Privatisierung wird damit Rechnung getragen. Auch wollen wir mit dem Gesetz die dienstrechtlichen Zuständigkeiten für die inzwischen rund 275 000 Versor- gungsempfängerinnen und Versorgungsempfänger der ehemaligen Deutschen Bundespost und die Zuständig- keiten für die Bearbeitung der Beihilfe für die rund 100 000 bei Postnachfolgeunternehmen beschäftigten Beamtinnen und Beamten auf die Bundesanstalt für Post und Telekommunikation Deutsche Bundespost übertra- gen. Eine solche Zentralisierung ist eine zeitgemäße Maßnahme, bei der auch in Zukunft hohe Qualitätsstan- dards gesichert werden. Dr. Hans-Ulrich Krüger (SPD): Zurzeit sind immer noch gut 100 000 Bundesbeamtinnen und Bundesbeamte bei den Postnachfolgeunternehmen, also Deutsche Post AG, Deutsche Telekom AG und Deutsche Postbank AG, 7380 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 76. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2014 (A) (C) (D)(B) beschäftigt. Mit dem nun vorliegenden Entwurf des Gesetzes zur Weiterentwicklung des Personalrechts der Beamtinnen und Beamten der Deutschen Bundespost sollen die organisatorischen Strukturen und rechtlichen Instrumentarien im Postnachfolgebereich weiterentwi- ckelt werden. Des Weiteren wird beabsichtigt, die Be- schäftigung der Bundesbeamtinnen und Bundesbeamten, die bei den Postnachfolgeunternehmen tätig sind, nach- haltig zu sichern. Um diese Ziele zu erreichen, werden die vorhandenen gesetzlichen Vorschriften um eine Ermächtigungsgrund- lage zur Beleihung von sekundären Postnachfolgeunter- nehmen ergänzt. Dies ist deswegen nötig, da bei einer gesellschaftsrechtlichen Umwandlung der Postnachfol- geunternehmen die bisherige Pflicht der Unternehmen zur Weiterbeschäftigung und Kostentragung der dort be- schäftigten Beamtinnen und Beamten wieder den Dienstherrn Bund träfe. Ein solcher „Rückfall“ kann aber nicht im Interesse aller Beteiligten, also Beamten- schaft, Unternehmen, Bund, sein, da eine angemessene Verwendung der Beamtinnen und Beamten in der Bun- desverwaltung nicht möglich ist. Zudem wird mit dem Gesetzentwurf die dienstrechtli- che Zuständigkeit der Postnachfolgeunternehmen be- schränkt und die Beihilfebearbeitung zentralisiert. Die Postnachfolgeunternehmen sind nicht nur für die aktiven Beamtinnen und Beamten dienstrechtlich zu- ständig, sondern auch für die Pensionärinnen und Pensionäre sowie deren Hinterbliebene. Nun ist es mitt- lerweile so, dass die Zahl der Versorgungsempfänger der früheren Deutschen Bundespost die Zahl der noch beschäftigten Beamtinnen und Beamten weit übertrifft. 100 000 Aktiven stehen circa 275 000 Versorgungsemp- fänger gegenüber. Es ist absehbar, dass sich dieses Verhältnis zukünftig noch weiter in Richtung Versor- gungsempfänger verschieben wird, da neue Beamtenver- hältnisse nicht mehr begründet werden. Dies hätte dann zur Folge, dass die Postnachfolgeunternehmen bei einer unveränderten Aufgabenzuweisung die Verantwortung für die Betreuung der Versorgungsempfängerinnen und Versorgungsempfänger noch Jahrzehnte, nachdem die letzten Beamtinnen und Beamten aus dem aktiven Dienst ausgeschieden sind, übernehmen müssten. Dies erscheint weder dienstrechtlich sachgerecht noch be- triebswirtschaftlich sinnvoll. Es macht daher Sinn, dass mit dem Ausscheiden der Postbeamtinnen und Postbeamten aus dem aktiven Dienst, die dienstrechtliche Zuständigkeit der Postnach- folgeunternehmen endet. Zukünftig wird deshalb die Bundesanstalt für Post und Telekommunikation Deut- sche Bundespost, eine Anstalt im Geschäftsbereich des BMF, diesen Personenkreis betreuen. Gleiches gilt auch für die Bearbeitung der Beihilfe für die noch aktiven Be- amtinnen und Beamten der Postnachfolgeunternehmen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, nun haben auch Sie sicher in den letzten Wochen viele Eingaben mit geäu- ßerten Bedenken der Bediensteten erhalten. Unter ande- rem wird befürchtet, dass die Dienstherrnbefugnisse per Rechtsverordnung auf jedes x-beliebige Unternehmen übertragen werden könnten, mit der Folge, dass bei- spielsweise eine Warenhauskette oder ein Fastfoodres- taurant künftig das Recht einer Versetzung oder Beförde- rung innehat. Des Weiteren wird die Sorge geäußert, dass durch die Zentralisierung der Bearbeitung der Bei- hilfeanträge eine pünktliche Bearbeitung der Beihilfean- träge nicht mehr gewährleistet sei und somit ausstehende Arztrechnungen nicht mehr pünktlich bezahlt werden. Diese Bedenken sind natürlich sehr ernst zu nehmen. Ich halte sie aber für unbegründet. So enthält § 38 Absatz 2 PostPersRG-E ausschließ- lich eine Ermächtigungsgrundlage für die Bundesregie- rung, durch Rechtsverordnung solche Unternehmen mit Sitz im Inland als Postnachfolgeunternehmen zu bestim- men und damit auch mit Dienstherrenbefugnissen zu be- leihen, „die in einem rechtlichen oder wirtschaftlichen Nachfolgeverhältnis zum ehemaligen Sondervermögen Deutsche Bundespost stehen.“ Damit kommen also nur solche Unternehmen in Betracht, die im Wege einer Umwandlung aus einem der derzeitigen primären Post- nachfolgeunternehmen hervorgegangen sind. Insofern ist eine Beleihung von Warenkaufhäusern oder auch Fast- foodrestaurants bereits nach dem Wortlaut der Vorschrift ausgeschlossen, da diese Unternehmen eben nicht in ei- nem rechtlichen oder wirtschaftlichen Nachfolgeverhält- nis zum ehemaligen Sondervermögen Deutsche Bundes- post stehen. Hinzu kommt, dass vor Erlass einer Rechtsverord- nung die Spitzenorganisationen der zuständigen Ge- werkschaften nach § 118 des Bundesbeamtengesetzes zu beteiligen sind. Sollte dann ein anderes Unternehmen beliehen werden, gelten selbstverständlich die bisheri- gen beamtenrechtlichen Grundsätze fort. Zum einen werden die Beamtinnen und Beamten unter Wahrung ihrer Rechtsstellung zu den bisherigen Konditionen wei- terbeschäftigt, zum andern greifen die Benachteiligungs- verbote des Postpersonalrechtsgesetzes. Auch die Bedenken gegen eine Zentralisierung der Bearbeitung der Beihilfeanträge halte ich für unbegrün- det. Über 90 Prozent der Beihilfeberechtigten aus dem Postnachfolgebereich sind von der Zentralisierung rechts- praktisch gar nicht betroffen. Im sogenannten „vereinig- ten Verfahren“ werden deren Beihilfeangelegenheiten wie bisher von der Postbeamtenkrankenkasse übernom- men. Nur diejenigen, die nicht bei der Postbeamtenkran- kenkasse ergänzend krankenversichert sind, werden von der Zentralisierung betroffen sein. Die Zuständigkeiten bei der Bearbeitung der beamtenrechtlichen Beihilfe im Postnachfolgebereich sind derzeit leider nicht einheit- lich. Formal erfolgt in der Regel die Festsetzung der Bei- hilfe durch das mit Dienstherrenbefugnissen beliehene Postnachfolgeunternehmen. Faktisch aber erfolgt die Bearbeitung teils durch das Postnachfolgeunternehmen selbst, teils durch das Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen und durch die Postbeam- tenkrankenkasse. Es liegt in der Natur der Sache, dass eine solche Zuständigkeitsverteilung häufig fehleranfäl- lig ist und zu uneinheitlichen Entscheidungen führt. Insofern halte ich es für richtig, dass die langfristige Sicherung eines hohen Qualitätsstandards bei der Bear- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 76. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2014 7381 (A) (C) (D)(B) beitung der Beihilfe im Bundesinteresse liegt. Daher ist es meines Erachtens vernünftig, hier ein einheitliches Fallmanagement und eine zentrale Sachbearbeitung ein- zuführen. Ich denke, dass dies zu einer nachhaltigen Qualitätssicherung führen kann. Wir werden im Verlaufe der Gesetzesberatungen die Bedenken der Bediensteten – so hoffe ich – weitestge- hend ausräumen und dann zu einer richtigen und sinn- vollen Weiterführung des Personalrechts der Beamtin- nen und Beamten der früheren Deutschen Bundespost kommen. Frank Tempel (DIE LINKE): Die Linke hat in den letzten Jahren mit Sorge die zunehmend negativen Ent- wicklungen für die Beamtinnen und Beamten der Post- nachfolgeunternehmungen verfolgt. Beispielweise sind aus unserer Sicht die Aufstiegsmöglichkeiten für die Be- amtinnen und Beamtinnen in den Postnachfolgeunter- nehmungen völlig unzureichend. Zwar ist dieses Pro- blem im öffentlichen Dienst allgemein weit verbreitet, besteht hier aber verschärft. Seit der Postprivatisierung 1995 hat sich der Umgang mit den Beschäftigten in den Nachfolgeunternehmungen der Post in vielen Details als änderungswürdig herausge- stellt. Dabei sollte der Anspruch sein, die Interessen des Bundes, der Unternehmen und der Beschäftigten glei- chermaßen zu berücksichtigen. Wir haben erhebliche Zweifel, ob sich dies so im Gesetzentwurf niederge- schlagen hat. Die Bundesregierung hatte den Gewerkschaften den „Gesetzentwurf zur Weiterentwicklung des Personalrechts der Beamtinnen und Beamten der früheren Deutschen Bundespost“ zur Stellungnahme zugeleitet. Es sollte selbst- verständlich sein, dass ein so weitgehender Einschnitt in das Personalrecht von über 100 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern jenseits der Einholung von Stellungnahmen eine breitere Diskussion und Beteiligung der Gewerk- schaften erforderlich macht. Leider sind in den letzten Wochen kaum Anzeichen erkennbar gewesen, dass die Bundesregierung die Diskussion sucht oder befördert. Im vorliegenden Gesetz gibt es einzelne begrüßens- werte Änderungen, etwa bei der Regelung der Lebens- arbeitszeitkonten. Insgesamt stellt der Entwurf des Bundes aber den Versuch dar, sich gegen eine etwaige Rücknah- meverpflichtung gegenüber den Beamtinnen und Beamten abzusichern, falls Eigentumsänderungen oder betriebliche Umstrukturierungen der Postnachfolgeunternehmungen die Frage nach dem Status der Beamtinnen und Beamten aufkommen lassen. Dabei ist die verfassungsrechtliche Situation völlig eindeutig: Nach Artikel 143 b Absatz 3 des Grundgesetzes wer- den die bei der Deutschen Bundespost tätigen Beamtin- nen und Beamten unter Wahrung ihrer Rechtsstellung und der Verantwortung des Dienstherrn, des Bundes, bei den privaten Unternehmen beschäftigt. Diese Unterneh- men üben Dienstherrenbefugnisse aus. Die drei Unter- nehmen, Deutsche Post AG, Deutsche Postbank AG und Deutsche Telekom AG, sind explizit benannt. Die Erwei- terung der Zuweisungsmöglichkeiten von Tätigkeiten an andere Unternehmen, die Erleichterung von Versetzun- gen zu anderen Unternehmen und Behörden und die vor- gesehene Ausweitung der Möglichkeit zu unterwertigem Einsatz der Beamtinnen und Beamten stehen im Gegen- satz zu Artikel 143 b und den wesentlichen beamten- rechtlichen Grundsätzen. Sie würden einer verfassungs- rechtlichen Überprüfung nicht standhalten. Ein zweiter wesentlicher Bestandteil des Gesetzes ist die Überführung der dienstrechtlichen Betreuung der rund 275 000 Versorgungsempfängerinnen und Versor- gungsempfänger auf die Bundesanstalt für Post und Te- lekommunikation. Auch die Bearbeitung der Beihilfe würde an diese Stelle übergehen. Wir sind in Sorge, dass bei einer überstürzten Zentralisierung der Beihilferege- lung und der Fürsorge für Krankheit, Pflege und Geburt die Aufgaben nicht im üblichen Umfang wahrgenom- men werden können. Die negativen Folgen einer übereil- ten Umstrukturierung konnten im vergangenen Jahr bei der Abgabe der Beihilfestelle der Bundeswehr an das Finanz- und das Innenministerium beobachtet werden: Ein riesiger Abarbeitungsstau und monatelange Warte- zeiten bei der Kostenerstattung für die Bediensteten wa- ren die Folge. Die Fraktion Die Linke wird aus all diesen Gründen dem Gesetzpaket in seiner jetzigen Form keine Zustim- mung erteilen können. Irene Mihalic (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): In der Vergangenheit hatte der Bundesrechnungshof wiederholt kritisiert, dass die Postbeamtenversorgung nicht über eine öffentlich-rechtliche Einrichtung, sondern über ei- nen eingetragenen Verein organisiert war. Soweit nun auch haushaltsrelevante Personalverwaltungsaufgaben, insbesondere die Versorgungs- und Beihilfebearbeitung, bei der Bundesanstalt für Post und Telekommunikation Deutsche Bundespost zusammengeführt werden, ist das vernünftig. Doch der Teufel steckt oft im Detail. Und so verste- cken sich auch in Ihrem Gesetzentwurf einige andere Regelungen, deren Sinn und Rechtmäßigkeit hier doch infrage gestellt werden müssen. Denn hier werden grundlegende Rechte der Beamtinnen und Beamten in den Postnachfolgeunternehmen ausgehöhlt. Und das, nachdem diese Beamtinnen und Beamten schon vielfach diversen Umbrüchen ausgesetzt wurden. Ich möchte Nachfolgendes betonen: Wir sprechen hier von mehr als 100 000 Bundesbeamtinnen und -beamten, für die Sie eine Fürsorgepflicht haben. So soll in § 2 das Rechtsverhältnis der Beamten und Beamtinnen neu geregelt werden, und zwar werden die Beamten und Beamtinnen danach auch bei dem Post- nachfolgeunternehmen beschäftigt, dem sie nach der Verkündung dieses Gesetzes durch eine Rechtsverord- nung nach § 38 Absatz 2 Satz 4 oder durch eine Einzel- entscheidung zugeordnet werden. Was sind denn das für Postnachfolgeunternehmen? Welche Einzelfallentscheidungen sind denn anvisiert? 7382 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 76. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2014 (A) (C) (B) Tatsächlich bedeutet dies eine weitere Unklarheit für die Beamten: Wohin wird die Reise gehen? Wem können sie bundesweit ohne ihre Zustimmung und ohne zeitliche Begrenzung „zugeordnet“ werden? Das haben Sie bis- lang nicht gesagt. Was für eine Rechtsverordnung schwebt Ihnen da vor, und was ist überhaupt der kon- krete Hintergrund für einen solchen Regelungsbedarf? Darüber haben Sie bislang geschwiegen. In diesem Sinne wirkt auch die neue Regelung der Rechtsverhältnisse der Postnachfolgeunternehmen in § 38. Danach sollen nun Postnachfolgeunternehmen nicht nur die in § 1 Absatz 2 des Postumwandlungsge- setzes genannten inländischen Unternehmen sein, son- dern die Bundesregierung wird nun ermächtigt, durch Rechtsverordnung, Unternehmen als Postnachfolgeun- ternehmen zu bestimmen. Ich möchte an dieser Stelle an unser Grundgesetz er- innern. Dort ist in Artikel 143 b geregelt, dass die Wei- terbeschäftigung der Bundesbeamten „unter Wahrung ihrer Rechtsstellung“ bei den privaten Unternehmen er- folgt. Damit sind die jetzigen Unternehmen gemeint. In- wiefern Ihr Vorhaben hier verfassungskonform ist, wage ich zumindest zu bezweifeln. Zudem wird der § 6 neu gefasst und die Verwendung auf einem Arbeitsposten mit geringerer Wertigkeit gere- gelt. Es ist ja gut, dass hier auf die Zumutbarkeit abge- stellt wird, aber auf die Zustimmung soll es erst bei einer mehr als zweijährigen Tätigkeit ankommen. Für die Rechte der Beamtinnen und Beamten bei der Post tragen Sie ganz direkt auch Verantwortung. Ich bitte Sie darum, dieser Verantwortung auch gerecht zu wer- den. (D) Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de 76. Sitzung Inhaltsverzeichnis TOP 3 Regierungserklärung zum Europäischen Rat ZP 2 Finanzhilfen zugunsten Griechenlands TOP 5 Kostenübernahme bei künstlicher Befruchtung ZP 3 Überweisung im vereinfachten Verfahren TOP 27, ZP 4 Abschließende Beratungen ohne Aussprache ZP 5 Aktuelle Stunde zur Kritik an der Infrastrukturabgabe TOP 6 Wahl des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages TOP 7, ZP 6 Bundeswehreinsatz in Afghanistan (RSM) TOP 8 Bundeswehreinsatz ACTIVE ENDEAVOUR (OAE) TOP 9 20-Jahres-Bilanz der Bahnreform TOP 10 Aufgabenplanung der Deutschen Welle 2014 – 2017 TOP 11 Versorgungsausgleichsgesetz TOP 12 Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes TOP 13 Schutz vor Schadstoffen in Spielzeugen TOP 14 Elektromobilitätsgesetz TOP 15 Menschenrechtslage in Mexiko TOP 16 Teilumsetzung der Energieeffizienzrichtlinie TOP 17 Sozialversicherungsmitgliedschaft von Gefangenen TOP 18 Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung TOP 19 Beitragsätze in der Rentenversicherung TOP 20 Änderung des Fahrpersonalgesetzes TOP 21 Personalrecht der Beamten der früheren Bundespost Anlagen
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Michael Fuchs


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)


    Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen! Liebe

    Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr
    Sarrazin, eines muss richtiggestellt werden: Die Liste,
    von der Sie die ganze Zeit gesprochen haben, ist eine
    Liste, die von den Finanzministern angefordert wurde
    mit dem Ziel, baureife Projekte, obendrein auch noch
    möglichst im Rahmen von PPP, also mit privaten Inves-
    titionen, so schnell wie möglich umzusetzen. Das haben
    Sie in Ihren Ausführungen vielleicht vergessen. Es geht
    also darum, mit diesen Projekten so schnell wie möglich
    voranzukommen. Dass dies Projekte sind, die es schon
    länger gibt – sonst könnten sie nicht baureif sein –, liegt
    natürlich auf der Hand.


    (Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt aber gar nicht! Das Terminal 3 wird gerade von der Hessischen Landesregierung daraufhin überprüft, ob es ökonomisch sinnvoll ist!)


    Meine Damen und Herren, Deutschland ist und war in
    den vergangenen Jahren der Stabilitätsanker in der Euro-
    päischen Union. Wir sind das einzige Land, das es fertig-
    gebracht hat, einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen.


    (Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir haben eine Verschuldungsquote von 75 Prozent!)


    Und: Wir haben das Vertrauen in die Euro-Zone gestärkt.
    Gott sei Dank ist uns das gelungen. Da bedanke ich mich
    vor allen Dingen bei der Bundeskanzlerin und beim
    Bundesfinanzminister. Denn sie sind diejenigen gewe-
    sen, die dafür gesorgt haben, dass dieses Vertrauen wie-
    der da ist.


    (Beifall bei der CDU/CSU)


    Dass sich das gelohnt hat, sieht man daran – die Bun-
    deskanzlerin hat es eben erwähnt –, dass Portugal, Irland
    und Spanien aus der Krise raus sind und aus den Ret-
    tungsprogrammen ausgestiegen sind; genau das war un-
    ser Ziel. Dass Griechenland in diesem Jahr voraussicht-
    lich sogar einen Primärüberschuss erzielt, kann man ja
    wohl wirklich nur als Erfolg dieser Politik bezeichnen.
    Darauf sollten wir stolz sein.

    Aber es liegen nach wie vor zahlreiche Herausforde-
    rungen vor uns, die noch nicht bewältigt sind. Wenn man
    sich das schwache Wachstum in Europa vor Augen führt
    – die EZB hat verkündet, dass es etwa 1 Prozent betra-
    gen wird – und es in Relation zum Wachstum in den
    USA setzt – dort wird es 3 Prozent Wachstum geben –,
    dann wird deutlich, dass wir noch ein gutes Stück zu ge-
    hen haben.

    Die Bundeskanzlerin nennt immer drei Zahlen, näm-
    lich: In Europa leben ungefähr 7 Prozent der Weltbevöl-
    kerung, wir haben einen Anteil am Weltinlandsprodukt
    von etwa 25 Prozent, und 50 Prozent der weltweiten
    Sozialausgaben werden in Europa getätigt. Dass wir uns
    dies à la longue ohne Wachstum leisten können, wage
    ich zu bezweifeln. Deswegen muss es unsere Aufgabe
    sein, für ein vernünftiges Wachstum zu sorgen.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    7216 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 76. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2014

    Dr. Michael Fuchs


    (A) (C)



    (D)(B)

    Das gilt mit Sicherheit auch im Hinblick auf das 315-
    Milliarden-Euro-Programm, das Jean-Claude Juncker
    aufgelegt hat. Damit wird das Ziel verfolgt, Investitionen
    zu fördern, die sinnvoll sind, und nicht irgendwelche
    Projekte durchzuführen, die kein Mensch braucht.


    (Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So wie die Bundesregierung!)


    Das gilt auch im Hinblick auf die Billionen Euro von
    Herrn Draghi. Hier habe ich allerdings Bedenken, wenn
    ich an die „Dicke Bertha“ und an „Bazooka“ denke, in
    deren Rahmen mittlerweile 3 Billionen Euro für den
    Aufkauf von Anleihen – im Wesentlichen von Staatsan-
    leihen; denn so viele Unternehmensanleihen gibt es auf
    dem europäischen Anleihemarkt überhaupt nicht – auf-
    gewendet wurden. Das zeigt mir, dass da irgendetwas in
    die falsche Richtung läuft. Hier sollten wir sehr gut auf-
    passen.

    Entscheidend ist aber, dass wir in Europa eine Struk-
    turreform hinbekommen, die den Wettbewerbsvorteil
    Europas ausweitet bzw. die Wettbewerbsfähigkeit Euro-
    pas steigert. Es gibt eine Reihe von Programmen und
    Dingen, die dafür sorgen, dass wir in Europa weiterkom-
    men, und dafür müssen wir uns einsetzen.

    An allererster Stelle sei hier eine nachhaltige Stabili-
    tätspolitik genannt. An zweiter Stelle muss es auch eine
    europäische Energiekostenregelung geben. Wir müssen
    in Energiefragen in Europa gemeinsam und über die
    Grenzen hinaus handeln, wir müssen uns auch mit der
    demografischen Entwicklung nicht nur in Deutschland,
    sondern in ganz Europa beschäftigen, wir brauchen eine
    leistungsstarke, moderne Infrastruktur inklusive des
    Ausbaus von Breitbandnetzen nicht nur in Deutschland,
    sondern über alle Grenzen hinaus; und last, but not least
    brauchen wir einen freien Außenhandel.

    TTIP ist einer der wesentlichen Faktoren, mit dem wir
    den freien Außenhandel verstärken können.


    (Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Genau!)


    Wir müssen begreifen, dass wir jetzt weltweite Stan-
    dards setzen können. Indem wir als Erste ein Abkommen
    mit den Amerikanern schließen, setzen wir Standards
    und Normen auf europäischem Niveau.


    (Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Das haben Sie aber nicht gemacht!)


    Nebenbei bemerkt: In vielen Bereichen sind die Stan-
    dards in den USA deutlich höher als bei uns. Fragen Sie
    doch einmal in der pharmazeutischen Industrie nach, wie
    hoch die Zulassungsschranken für Arzneimittel in den
    USA im Vergleich zu uns sind. Bei uns sind sie wesent-
    lich niedriger als in den USA.


    (Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Kanada!)


    Das zeigt, dass auf beiden Seiten zum Teil Standards
    gesetzt wurden, die so hoch sind, dass sie kaum einer er-
    füllen kann.


    (Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: TiSA!)

    Wir sollten es gemeinsam so schnell wie möglich hinbe-
    kommen, vernünftige Standards mit den beiden großen
    Blöcken zu vereinbaren.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Wenn die Kaufkraft in einem Bereich 800 Millionen
    Euro beträgt, wird das auch auf andere Bereiche über-
    schwappen. Sie wissen, dass die Doha-Runde vor Jahren
    zu einem Stillstand gekommen ist. Auf diese Art könn-
    ten wir das gesamte Welthandelssystem wiederbeleben.
    Deswegen muss es unser vorrangiges Ziel sein – hier
    sind wir alle in diesem Hohen Hause gefordert –, so
    schnell wie möglich auf den Pfad der Tugend zurückzu-
    kehren und dafür zu sorgen, dass TTIP unterzeichnet
    wird.


    (Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Was ist denn mit Kanada? Warum haben Sie das mit Kanada nicht gemacht? – Gegenruf des Abg. Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Das mit Kanada ist doch super gelaufen!)


    – Ein vor allen Dingen bei Ihnen vorhandener latenter
    Antiamerikanismus darf hier nicht ausgelebt werden. So
    wollen wir uns das nicht kaputtmachen lassen.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Sie haben es doch nicht gekonnt! – Gegenruf des Abg. Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Höherer Investitionsschutz als bei CETA!)


    Ein Punkt sollte noch angesprochen werden, der uns
    intensiv beschäftigen muss, nämlich der demografische
    Wandel, der in Deutschland zu heftigen Folgen führt. Im
    letzten Jahr sind in Deutschland 33 500 Ausbildungsstel-
    len nicht besetzt worden. In diesem Jahr werden es
    wahrscheinlich noch weit mehr sein. Das zeigt, wie
    schwierig die Situation in Deutschland ist.

    Schauen Sie sich einmal die Altersstruktur der unter-
    schiedlichen Länder an. Mit im Durchschnitt 46,1 Jahren
    haben wir zusammen mit Japan die älteste Bevölkerung.
    In Frankreich beträgt das durchschnittliche Alter
    40,9 Jahre, in den USA 37,6 Jahre, in China 36,7 Jahre,
    in Brasilien 30,7 Jahre und in Indien gar nur 27 Jahre.
    Das zeigt, dass sich hier etwas gewaltig verändert und
    dass sich bei uns etwas verändern muss.

    Deswegen finde ich das, was Thomas Oppermann
    eben gesagt hat, richtig: Wir brauchen auch ein vernünf-
    tiges Einwanderungsmodell bezogen auf Länder außer-
    halb Europas. Das halte ich für notwendig, und ich
    glaube, wir können das auch schaffen. Vielleicht denken
    wir einmal über das kanadische Modell nach, was si-
    cherlich ein Hinweisgeber sein kann.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Lassen Sie mich zum Schluss noch eines sagen: Vor
    kurzem wurde der ifo-Wirtschaftsklimaindex veröffent-
    licht. Er ist zum zweiten Mal hintereinander positiv. Das
    zeigt: Auch in der Wirtschaft erwartet man, dass die Si-
    tuation im nächsten Jahr besser wird. Das ist eine frohe
    Botschaft kurz vor Weihnachten.

    Ich wünsche Ihnen ein schönes Weihnachtsfest.

    Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 76. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. Dezember 2014 7217

    Dr. Michael Fuchs


    (A) (C)



    (D)(B)


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Axel Schäfer [Bochum] [SPD])




Rede von Claudia Roth
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Michael Fuchs. Ich wünsche Ihnen auch

ein schönes Weihnachtsfest. – Der nächste Redner ist
Christian Petry für die SPD.


(Beifall bei der SPD)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Christian Petry


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


    Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kolle-

    gen! Regierungserklärungen zum Europäischen Rat ha-
    ben als Schwerpunkt oftmals natürlich auch die Reform-
    programme des Europäischen Semesters, die hier schon
    genannt worden sind. In diesem Zusammenhang wird
    auch über das Investitionsprogramm diskutiert.

    Herr Sarrazin, Sie bauen hier einen Pappkameraden
    auf und machen ihn dann auch noch selber kaputt. Wir
    können gerne über parlamentarische Beteiligungen und
    darüber diskutieren, wie diese Investitionslisten zu-
    stande kommen. Hier bin ich auch für Kritik offen. Wir
    sollten aber auch zur Kenntnis nehmen, dass wesentlich
    mehr Mittel für den Bereich der Digitalen Agenda und
    für den Bereich der Energiewende angemeldet wurden
    als für den Autobahnbau. Das sollte man fairerweise zur
    Kenntnis nehmen.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Manuel Sarrazin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: In Deutschland!)


    Außerdem sollte man zur Kenntnis nehmen, dass wir
    mitten in einem Diskussionsprozess sind. Die Situation
    so darzustellen, als wäre dieser Prozess schon abge-
    schlossen, als könnte hier nichts mehr passieren, ist
    gänzlich falsch.


    (Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Schon abgeschlossen!)


    Wir sind gerne bereit, darüber zu reden, inwieweit
    eine finanzielle Flankierung der Maßnahmen durch
    Deutschland, etwa über die KfW, möglich ist. Warum
    denn nicht? Wir sind doch mitten in einem Diskussions-
    prozess, der noch nicht abgeschlossen ist.

    Daher war das ein Pappkamerad, der aufgestellt und
    anschließend niedergeschmettert wurde. Das hat mit der
    Realität in diesem Fall aber nichts zu tun.


    (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Norbert Barthle [CDU/CSU])


    Wir müssen beim Europäischen Semester natürlich
    auch aufpassen; denn seine Leitlinien stammen noch aus
    der alten Ära. Juncker hat etwas Neues angestoßen. Er
    hat als Erster gesagt, dass wir mehr Investitionen brau-
    chen. Die Austeritätspolitik ist damit etwas zurückge-
    gangen. Wir müssen Investitionsanreize in Europa schaf-
    fen. Angesichts 25 Millionen Arbeitsloser und davon
    5 Millionen arbeitsloser Jugendlicher wird deutlich, wie
    wichtig diese Kehrtwende in der europäischen Politik
    ist.
    Mit diesem Investitionsvorstoß hat sich die wirt-
    schaftspolitische Debatte grundlegend geändert. Nicht
    nur wir reden von Investitionen, sondern auch Frau
    Merkel und Herr Schäuble. Das ist insgesamt gut für die
    Große Koalition. Ich glaube, mit dieser europäischen
    Initiative, die wir positiv begleiten sollten, sind wir auf
    einem guten Weg.

    Trotz vieler Kritikpunkte, trotz vieler offener Fragen,
    wie was zustande kommt, wie geprüft wird und was am
    Ende gefördert wird, sollten wir die Erreichung des Ziels
    unterstützen, weg von den fehlenden Investitionen und
    hin zur Schaffung von mehr Wirtschaftskraft und zur
    Schaffung von Nachfrage und damit auch zur Schaffung
    von mehr Arbeitsplätzen in Europa. Das ist ein positiver
    Ansatz. Insoweit unterstützen wir diese Initiative.


    (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Gunther Krichbaum [CDU/CSU])


    Europäischer Mehrwert und schnelle Umsetzbarkeit,
    das sind die Maßstäbe, die hier gesetzt werden. Ebenfalls
    vorgegeben ist, dass es keine regionale oder sektorale
    Gewichtung gibt. Die Strukturreformen, die durch das
    Europäische Semester vorgegeben sind, sind nicht der
    Maßstab des Investitionsprogramms. Das halte ich auch
    für gut so.

    Ich halte es auch für gut, dass eine unabhängige Ex-
    pertengruppe diese 900 gemeldeten Projekte prüft, damit
    wir im Laufe des Jahres 2015 zu einem umsetzungsfähi-
    gen Konzept kommen. Jetzt haben wir noch ein halbes
    Jahr lang Zeit, dies seitens des Deutschen Bundestags
    bzw. der Bundesrepublik Deutschland mit Mitteln zu
    flankieren, die wir in den Bereichen einsetzen, in denen
    das sinnvoll ist. Wir sind gerne bereit, diese Debatte zu
    eröffnen.

    Ich glaube, die im Rahmen des Europäischen Rats ge-
    fassten Beschlüsse sind gut für Europa. Insofern ist der
    heutige Tag ein guter Tag. Wir sollten unsere Bundesre-
    gierung unterstützen, diesen Weg weiter zu gehen, dies
    auch in der vorweihnachtlichen Zeit.

    In diesem Sinne wünsche ich uns allen eine schöne
    vorweihnachtliche Zeit und frohe Weihnachten. Glück
    auf!


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)