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    Plenarprotokoll 18/69 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 69. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 26. November 2014 I n h a l t : Begrüßung des Präsidenten des Parlaments der Republik Estland, Herrn Eiki Nestor . . . 6495 A Tagesordnungspunkt I: (Fortsetzung) a) Zweite Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes über die Feststellung des Bundes- haushaltsplans für das Haushaltsjahr 2015 (Haushaltsgesetz 2015) Drucksachen 18/2000, 18/2002 . . . . . . . . 6495 B b) Beratung der Beschlussempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrich- tung durch die Bundesregierung: Finanz- plan des Bundes 2014 bis 2018 Drucksachen 18/2001, 18/2002, 18/2826 . 6495 B I.8 Einzelplan 04 Bundeskanzlerin und Bundeskanzler- amt Drucksachen 18/2823, 18/2824 . . . . . . . 6495 C Dr. Sahra Wagenknecht (DIE LINKE) . . . . . . 6495 D Albert Weiler (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 6500 B Dr. Angela Merkel, Bundeskanzlerin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6501 C Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6507 C Thomas Oppermann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 6512 D Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6514 A Klaus Ernst (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 6515 C Volker Kauder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 6517 D Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6521 A Volker Kauder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 6521 B Dr. Rolf Mützenich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 6521 C Marieluise Beck (Bremen) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6523 B Gerda Hasselfeldt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 6524 B Johannes Kahrs (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6526 D Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6528 A Ulrike Gottschalck (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 6529 B Sigrid Hupach (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 6530 C Rüdiger Kruse (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 6531 C Martin Dörmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 6533 A Marco Wanderwitz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 6534 A Siegmund Ehrmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 6535 C Petra Hinz (Essen) (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 6536 C Namentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . 6537 C Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6539 C I.9 Einzelplan 05 Auswärtiges Amt Drucksachen 18/2805, 18/2823 . . . . . . . 6537 D Michael Leutert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 6538 A Doris Barnett (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6541 B Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6543 B Alois Karl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . 6544 B Dr. Frank-Walter Steinmeier, Bundesminister AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6546 B Inhaltsverzeichnis II Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 69. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 26. November 2014 Marieluise Beck (Bremen) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6548 C Jan van Aken (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 6548 D Philipp Mißfelder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 6550 C Stefan Liebich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 6551 D Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6553 A Norbert Spinrath (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 6554 B Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . 6555 B Norbert Spinrath (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 6555 D Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6556 A Dr. Diether Dehm (DIE LINKE) . . . . . . . . 6556 C Heike Hänsel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 6557 A Dr. Peter Gauweiler (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 6558 B Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6559 B Thomas Dörflinger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 6560 C I.10 Einzelplan 14 Bundesministerium der Verteidigung Drucksachen 18/2813, 18/2823 . . . . . . . 6562 A Michael Leutert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 6562 B Bartholomäus Kalb (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 6563 D Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6565 B Karin Evers-Meyer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 6567 D Dr. Ursula von der Leyen, Bundesministerin BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6569 B Katrin Kunert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 6571 D Rainer Arnold (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6573 A Henning Otte (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 6574 D Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6576 A Wolfgang Hellmich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 6577 C Ingo Gädechens (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 6578 C Dirk Vöpel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6579 D I.11 Einzelplan 23 Bundesministerium für wirtschaft- liche Zusammenarbeit und Entwick- lung Drucksachen 18/2823, 18/2824 . . . . . . . 6580 D Michael Leutert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 6581 B Volkmar Klein (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 6582 C Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6584 B Sibylle Pfeiffer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 6584 D Sonja Steffen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6586 C Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6587 D Sabine Weiss (Wesel I) (CDU/CSU) . . . . . . . 6588 C Niema Movassat (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 6590 C Dr. Bärbel Kofler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 6592 A Claudia Roth (Augsburg) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6594 A Sibylle Pfeiffer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 6595 C Axel Schäfer (Bochum) (SPD) . . . . . . . . . . . . 6597 B Dagmar G. Wöhrl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 6599 A Nächste Sitzung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6600 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 6601 A Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 69. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 26. November 2014 6495 (A) (C) (D)(B) 69. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 26. November 2014 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 69. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 26. November 2014 6601 (A) (C) (B) Anlage zum Stenografischen Bericht Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Alpers, Agnes DIE LINKE 26.11.2014 Bellmann, Veronika CDU/CSU 26.11.2014 Bluhm, Heidrun DIE LINKE 26.11.2014 Dr. Braun, Helge CDU/CSU 26.11.2014 Dağdelen, Sevim DIE LINKE 26.11.2014 Feiler, Uwe CDU/CSU 26.11.2014 Dr. Gysi, Gregor DIE LINKE 26.11.2014 Dr. Harbarth, Stephan CDU/CSU 26.11.2014 Heller, Uda CDU/CSU 26.11.2014 Kermer, Marina SPD 26.11.2014 Nietan, Dietmar SPD 26.11.2014 Poß, Joachim SPD 26.11.2014 Schön (St. Wendel), Nadine CDU/CSU 26.11.2014 Tempel, Frank DIE LINKE 26.11.2014 Walter-Rosenheimer, Beate BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 26.11.2014 Wunderlich, Jörn DIE LINKE 26.11.2014 Zech, Tobias CDU/CSU 26.11.2014 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Anlagen (D) Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de 69. Sitzung Inhaltsverzeichnis EPL 04 Bundeskanzlerin und Bundeskanzleramt EPL 05 Auswärtiges Amt EPL 14 Verteidigung EPL 23 Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Anlagen
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Katrin Kunert


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DIE LINKE.)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)


    Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kol-

    legen! Frau von der Leyen, mein Kollege Michael
    Leutert hat deshalb auf die Rekrutierung Minderjähriger
    hingewiesen, weil Deutschland eben nun einmal gegen
    die UN-Kinderrechtskonvention verstößt. Das darf man
    an dieser Stelle auch erwähnen.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Außenminister Steinmeier hat vor kurzem gesagt,
    dass wir im Ukraine-Konflikt sorgfältig auf unsere öf-
    fentliche Sprache achten sollten, wenn wir zu einer Lö-
    sung beitragen wollen. Wir stimmen dem ausdrücklich
    zu; denn auch der Westen trägt Verantwortung für diesen
    Konflikt. Die Kanzlerin hingegen hat auf dem G-20-
    Gipfel ausschließlich Russland scharf kritisiert.

    Der aktuelle Scherbenhaufen in der internationalen
    Politik ist riesig. Wir müssen verdammt aufpassen, dass
    wir nicht in einen neuen Kalten Krieg schlittern. Es ging
    und geht um militärische Eindämmung und um die Iso-
    lierung Russlands.





    Katrin Kunert


    (A) (C)



    (D)(B)

    Deutschland hat bereits den viertgrößten Militärhaus-
    halt der NATO und den siebtgrößten Militärhaushalt der
    Welt. Alle NATO-Mitglieder zusammen geben zwölfmal
    mehr für Militär aus als Russland. Darüber sollten wir in
    diesem Hohen Haus einmal reden.


    (Beifall bei der LINKEN – Henning Otte [CDU/CSU]: Können wir gerne machen! – Rainer Arnold [SPD]: Aber wir wollen Russland nichts Böses, egal wie viel wir ausgeben!)


    Der Bundespräsident und die Verteidigungsministerin
    predigen, Deutschland müsse mehr Verantwortung in der
    Welt übernehmen. Das will die Linke auch. Wir verste-
    hen unter Verantwortung, dass von deutschem Boden nie
    wieder Krieg ausgehen darf und dass die Auslandsein-
    sätze der Bundeswehr beendet werden sollen.


    (Beifall bei der LINKEN – Ingo Gädechens [CDU/CSU]: Wer gewährleistet dann die Sicherheit?)


    Diese schaffen keine nachhaltige Sicherheit und sollen
    allein im nächsten Jahr 460 Millionen Euro kosten. Das
    lehnt die Linke ab.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Stattdessen müssen Strukturen kollektiver Sicherheit ge-
    schaffen und gestärkt werden. Für uns ist das vor allem
    die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in
    Europa. Sie ist die einzige regionale Sicherheitsorganisa-
    tion, in der Russland und die USA gleichberechtigte
    Mitglieder sind. Frieden und Sicherheit in Europa sind
    nur mit und nicht gegen Russland möglich.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Die Linke fordert die Beschaffung eines Flugzeugs im
    Rahmen des Vertrages über den Offenen Himmel; denn
    durch gemeinsame Beobachtungsflüge kann mehr
    Transparenz geschaffen werden.

    Verantwortung bedeutet für uns auch Mut zur Eigen-
    initiative. Beenden Sie das Duckmäusertum gegenüber
    den USA, und setzen Sie sich für die Aufhebung der
    Sanktionen im Interesse der Menschen in Russland und
    in Deutschland ein. Wir brauchen den Dialog mit Russ-
    land, und wir brauchen eine neue Ostpolitik im Geiste
    von Willy Brandt.


    (Beifall bei der LINKEN – Ingo Gädechens [CDU/CSU]: Der arme Willy Brandt!)


    Wir wollen eine nachhaltige Friedenspolitik, und da-
    für muss die deutsche Wirtschaft entmilitarisiert werden.
    Wir fordern einen Konversionsfonds in Höhe von
    2,5 Milliarden Euro, der aus dem Reingewinn der Bun-
    desbank gespeist wird. Mit diesem Geld kann der not-
    wendige Strukturwandel sozial und ökologisch gestaltet
    werden. Konkrete Investitionen in den Umbau der Pro-
    duktion und in die berufliche Qualifizierung der Be-
    schäftigten werden so möglich. Weiterhin wollen wir
    nicht mehr genutzte Bundeswehrliegenschaften den
    Kommunen kostengünstig überlassen. Konversion geht –
    wenn man sie denn will.


    (Beifall bei der LINKEN)

    Noch einige Bemerkungen zur Attraktivitätsoffensive
    der Bundeswehr. Frau Ministerin, haben Sie sich eigent-
    lich gefragt, warum so viele Soldatinnen und Soldaten
    bereits ihre Grundausbildung abbrechen? Haben Sie sich
    gefragt, warum es ausgerechnet unter den Offizieren so
    viele Kriegsdienstverweigerungen gibt? Die Ursachen
    sind doch nicht der fehlende Flachbildschirm oder
    schlecht renovierte Stuben; vielmehr ist es die Ausrich-
    tung der Bundeswehr auf mehr Auslandseinsätze und
    falsche Versprechungen bei der Rekrutierung.


    (Florian Hahn [CDU/CSU]: Ach Gott! Das kriegt auch keiner mit, dass es Auslandseinsätze gibt!)


    Die üppigen Zuzahlungen für Spezialkräfte in Aus-
    landseinsätzen sind in diesem Zusammenhang der fal-
    sche Anreiz.


    (Beifall bei der LINKEN)

    Richtig dagegen sind die geplanten Solderhöhungen für
    die freiwillig Wehrdienstleistenden, deren Bezahlung
    bislang unter dem Mindestlohnniveau liegt.


    (Ingo Gädechens [CDU/CSU]: Bitte?)

    Es muss auch bei der Bundeswehr einen Mindestlohn
    geben.

    In Ihrem Haushaltsentwurf gibt es nur eine Linie: die
    Orientierung auf mehr Auslandseinsätze. In meinem
    Wahlkreis befindet sich das größte Gefechtsübungszen-
    trum. Dort soll eine Kriegsübungsstadt entstehen, in der
    die Bundeswehr und andere NATO-Truppen künftige
    Einsatzszenarien trainieren sollen.


    (Rainer Arnold [SPD]: Russland hätte so eine gerne gekauft!)


    Es soll Hochhäuser, Supermärkte, ein Armenviertel und
    sogar eine U-Bahn geben; wohl gemerkt, die einzige U-
    Bahn in ganz Sachsen-Anhalt. Das hat nichts, aber auch
    gar nichts mit dem Verteidigungsauftrag, wie er im
    Grundgesetz geschrieben steht, zu tun. Die Linke for-
    dert: Stoppen Sie den Bau des Gefechtsübungszentrums!


    (Beifall bei der LINKEN – Lachen des Abg. Norbert Barthle [CDU/CSU] – Henning Otte [CDU/CSU]: Meine Güte! Das ist eine Wahlkreisrede!)


    Für die Bundesregierung steht das Militärische immer
    an oberster Stelle. Für die Folgen ihrer Politik interes-
    siert sie sich leider nur wenig. Das wird im Umgang mit
    den Radargeschädigten der Bundeswehr und der NVA
    deutlich. Es ist schäbig, wie die Regierung mit den Ra-
    daropfern umgeht. Von den oft unheilbar Krebskranken
    wird verlangt, dass sie in jahrzehntelangen Gerichtsver-
    fahren selbst beweisen, dass sie radioaktiver Strahlung
    ausgesetzt waren. Viele von ihnen sterben, bevor sie eine
    Entschädigung erhalten. Das ist wirklich ein Skandal!


    (Beifall bei der LINKEN – Ingo Gädechens [CDU/CSU]: Sie kennen die Härtefall-Stiftung, die wir geschaffen haben, gar nicht!)


    – Das ist anscheinend nicht ausreichend. Waren Sie bei
    den Gesprächen mit dem Staatssekretär dabei?


    (Ingo Gädechens [CDU/CSU]: Ja!)






    Katrin Kunert


    (A) (C)



    (D)(B)

    Es war beschämend, wie er sich verhalten hat. Ich würde
    an Ihrer Stelle ganz ruhig sein.


    (Beifall bei der LINKEN – Ingo Gädechens [CDU/CSU]: Nein, das bin ich nicht!)


    Die Linke fordert eine erleichterte Anerkennungs-
    praxis durch die Umkehr der Beweislast. Frau Ministe-
    rin, auch der Wehrbeauftragte schlägt diese Verbesse-
    rung vor. Laden Sie die Folgen Ihrer Militärpolitik nicht
    auf dem Rücken der Soldatinnen und Soldaten ab.

    Bei der Regierung stehen alle Zeichen auf Militär,
    Auslandseinsätze und Rüstung. Wir als Linke setzen auf
    Abrüstung, Landesverteidigung und eine friedliche Kon-
    fliktlösung. Aber dazu fällt Ihnen leider nichts ein. Wir
    werden diesen Haushalt ablehnen.

    Danke schön.


    (Beifall bei der LINKEN)




Rede von Ulla Schmidt
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

Vielen Dank. – Für die SPD-Fraktion erhält nun

Rainer Arnold das Wort.


(Beifall bei der SPD)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Rainer Arnold


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


    Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

    Nur ein Satz an die Linke, damit jeder sieht, welcher Un-
    fug dort geredet wird: Bei dieser Regierung stehen alle
    Zeichen auf Militär.


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


    Frau Kollegin, es sind 3 300 Soldaten in internationa-
    len Friedensmissionen,


    (Christine Buchholz [DIE LINKE]: Herr Oberlehrer!)


    meist im Auftrag der Vereinten Nationen. In der Spitze
    waren es knapp 11 000. Es sind also deutlich weniger
    geworden – und nicht mehr, so wie Sie tun.


    (Heike Hänsel [DIE LINKE]: Aber mehr Mandate!)


    Richtlinie und Richtschnur für das Handeln dieser
    Regierung ist auch im Verteidigungsbereich der Koali-
    tionsvertrag. Herr Kollege Lindner, Sie mögen ja kriti-
    sieren, dass die Regierung und die Ministerin das Fal-
    sche tun; das ist Ihre Aufgabe. Aber so zu tun, als ob
    nichts getan werde, das geht wirklich an der Sache vor-
    bei. Schauen Sie in den Koalitionsvertrag, und Sie wer-
    den feststellen: Alles, und zwar wirklich alles, was wir
    damals aufgeschrieben haben, ist entweder abgearbeitet
    oder bereits aufs Gleis gesetzt. Das gilt für die Evaluie-
    rung, die wir in den nächsten Wochen diskutieren wer-
    den und bei der wir feststellen werden, dass sich die
    Welt verändert hat und man heute andere Antworten ge-
    ben muss.

    Das gilt natürlich auch für die Attraktivität des Solda-
    tenberufes. Alle konkreten Forderungen, die wir aufge-
    schrieben haben, hat die Ministerin in einem sehr großen
    Paket aufs Gleis gesetzt. Dabei ist uns ein Punkt beson-
    ders wichtig: Wir wollen, dass die Zeitsoldaten bei ihrer
    sozialen Altersabsicherung den Angestellten im öffentli-
    chen Bereich gleichgestellt werden. Ich denke, darüber
    werden wir in den nächsten Wochen noch ein wenig dis-
    kutieren und noch einiges verbessern können.


    (Beifall bei der SPD)


    Dies gilt auch für die Neustrukturierung der Beschaf-
    fungsprozesse. Natürlich war die Kumulierung der Pro-
    bleme in den letzten Wochen ein Weckruf. Die einzelnen
    Fakten sind uns nicht wirklich neu, aber ihre Kumulie-
    rung hat zu Recht eine hohe Aufmerksamkeit geweckt.
    Dabei zeigt sich natürlich schon – Sie sprachen das
    Thema Boxer an –, dass alte Anordnungen, wie zum
    Beispiel die Befüllung eines Gerätes statt zu 100 Prozent
    nur zu 70 Prozent, letztlich ein Irrweg sind. Dort haben
    Betriebswirte und Sparkommissare formuliert und nicht
    Sicherheitspolitiker. Wir Sicherheitspolitiker wissen,
    dass die Geräte und die personelle Vorhaltung bei Streit-
    kräften eben nicht betriebswirtschaftlich, sondern Vor-
    sorge sind. Das heißt, Redundanzen und Reserven sind
    in diesem System immer erforderlich, und wir werden in
    dieser Koalition versuchen, in den nächsten Jahren auch
    dort Veränderungen herbeizuführen.

    Dazu gehört auch der Auftrag im Koalitionsvertrag,
    Verantwortung für die Rüstungswirtschaft zu überneh-
    men. Auch dies werden wir tun. Die Ministerin hat die-
    sen schwierigen Prozess der Neu- und besseren Struktu-
    rierung der Beschaffungsprozesse benannt. Ich nenne ein
    weiteres Thema: Wir wollen auch die Debatte über
    Kernfähigkeiten zügig abschließen. In den verteidi-
    gungspolitischen Richtlinien für das Jahr 2011 – diese
    haben wir nicht verfasst, trotzdem steht dort an einer
    Stelle etwas wirklich Richtiges drin – heißt es: Kernfä-
    higkeiten sind auch dort, wo die Bundeswehr signifi-
    kante und international anerkannte Fähigkeiten ein-
    bringt.

    Damit ist klar: Die Verteidigungsministerin muss an
    dieser Stelle sagen, wo wir diese anerkannten Fähigkei-
    ten haben. Die anderen Ressorts müssen ihren sicher-
    heitspolitischen Beitrag leisten, und das Wirtschaftsres-
    sort muss die Frage klären: Wie hilft man den
    Unternehmen bei den schwierigen Anpassungsprozessen
    in den nächsten Jahren? Deshalb begrüßen wir es, dass
    es eine Staatssekretärsrunde gibt, die diese Themen zu-
    künftig kooperativ bearbeiten will. Die Kernfähigkeiten
    sind kein Pingpongspiel, das zwischen den Ressorts hin-
    und hergeht. Es ist eine gemeinsame Verantwortung die-
    ser Koalition.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Nach dieser Anforderung aus den alten Verteidi-
    gungspolitischen Richtlinien ist natürlich auch klar, dass
    Gefechtsfahrzeuge, Raketenabwehr und U-Boote in
    Deutschland eine besondere Ausprägung haben und des-
    halb auch zu diesen Schlüsselfähigkeiten gehören müs-
    sen. Wenn wir dies ernst nehmen, werden wir in den
    nächsten Jahren auch über Forschung sprechen müssen.
    Ich bin nicht der Auffassung – wir diskutieren das als
    Parlamentarier schon lange –, dass die etwa 300 Millio-





    Rainer Arnold


    (A) (C)



    (D)(B)

    nen Euro tatsächlich dem Technologieland Deutschland
    entsprechend dem Haushalt zur Verfügung stehen. Wir
    werden die Forschungsmittel genau dort, wo wir Kernfä-
    higkeiten definiert haben, in den nächsten Jahren ver-
    stärken müssen, damit wir auch im Jahr 2030 moderne
    Streitkräfte haben.


    (Zuruf von der CDU/CSU: Sehr gut!)


    Wenn der Koalitionsvertrag abgearbeitet wird, ist
    trotzdem nicht alles gut; das wissen wir, denn die Welt
    hat sich verändert.

    Niemand hätte sich vorgestellt, dass in Europa mit
    Waffengewalt Grenzen verändert werden. Das hat Aus-
    wirkungen auf die Debatten in der NATO. Die NATO
    muss sich deshalb mit Sicherheit nicht neu erfinden.
    Aber die Reaktionsfähigkeiten und die -geschwindigkei-
    ten in der NATO werden sich verändern, und das wird
    auch Auswirkungen auf die Organisation der Bundes-
    wehr haben. Entscheidend bleibt aber: Es darf nicht der
    geringste Zweifel entstehen, dass Artikel 5 für alle gilt.
    Die NATO ist politisch entschlossen, das durchzusetzen
    und damit zu zeigen: Wir sind verlässlich.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Entscheidend ist und bleibt auch in Zukunft, dass die
    NATO ihre Fähigkeiten so sichtbar zur Schau stellt, dass
    jeder weiß, er hat dagegen keine Chance, dass jeder
    weiß, die NATO ist ein überlegenes Bündnis. Das wollen
    wir deshalb, weil wir wissen, dass dann, wenn unsere
    Fähigkeiten sichtbar sind, wir sie aller Wahrscheinlich-
    keit nach nicht brauchen werden. Das ist das eigentliche
    Ziel.

    Die zweite Veränderung in der Welt – darüber wurde
    schon viel gesprochen – ist das Auftreten der brutalen
    Terroristen des sogenannten IS. Es handelt sich nicht
    mehr – das ist schon neu – um diese alte asymmetrische
    Bedrohung, über die wir jahrelang gesprochen haben.
    Das ist jetzt nicht mehr asymmetrisch. Es haben sich
    möglicherweise sogar die Vorzeichen bei der Symmetrie
    verschoben. Es wird nämlich Staatlichkeit durch Terro-
    risten organisiert. Ich fand es schon beeindruckend, was
    die Königin Rania von Jordanien zu diesem Thema ge-
    sagt hat. Sie vertrat zum einen deutlich ihre Meinung,
    auch gegenüber der arabischen Welt, dass jeder Verant-
    wortung trägt und dass hinter den Angriffen dieser Ideo-
    logen eine übelste Ideologie und ein globaler Machtan-
    spruch steckt. Zugleich sagte sie: Ideologien sind nicht
    mit Kugeln zu beseitigen.

    Das Thema wird uns also noch lange beschäftigen,
    und auch die Menschen in Deutschland – wir sehen das
    derzeit bei vielen Diskussionen – merken, wie ernsthaft
    das ist. Sie verstehen auch, dass in bestimmten Situatio-
    nen Diplomatie aktiv bleiben muss – die Bundesregie-
    rung leistet hier Vorbildliches; das wurde schon häufig
    gesagt –, man sich gleichzeitig aber solch brutalem fun-
    damentalen Terrorismus notfalls auch mit Waffengewalt
    entgegenstellen muss. Wenn man das nicht selber kann,
    wenn man das nicht selber will, weil das vielleicht auch
    nicht besonders effektiv ist – das hat man im Irak bei den
    Amerikanern gesehen –, bleibt eben nur der Weg, denje-
    nigen zu helfen, die das auch in unserem Interesse tun.

    Vor diesem Hintergrund ist es richtig, dass ein neues
    Weißbuch aufgelegt wird. Im Ergebnis wird darin die
    Veränderung in dieser Welt sichtbar, und am Ende wer-
    den wir aus meiner Sicht eine neue Debatte bekommen,
    und zwar nicht über eine neue Bundeswehr oder eine
    ganz neue Reform, sondern darüber, was die Streitkräfte
    in Zukunft können müssen. Dies darf in Zukunft nicht,
    wie in der Vergangenheit allzu häufig geschehen, vom
    Diktat der leeren Kassen abgeleitet werden,


    (Zurufe von der LINKEN)


    sondern es muss davon abgeleitet werden, was wir als
    Deutsche in die internationale Politik einbringen können
    und einbringen wollen.

    Manche Soldaten haben in den letzten Jahren ja im-
    mer wieder gesagt: Was wollt ihr mit eurer Debatte errei-
    chen? Wir bieten euch doch ein möglichst breites Spekt-
    rum an Fähigkeiten an, damit ihr Politikerinnen und
    Politiker auswählen könnt. – Das ist der falsche Ansatz,
    um es ganz klar zu sagen. Wir Politiker definieren, wel-
    che Fähigkeiten unsere Streitkräfte brauchen. Die Solda-
    ten setzen das dann operativ um. Das ist die richtige Rei-
    henfolge. Damit kommt allerdings auch Verantwortung
    auf uns zu: Wenn wir diese Aufgaben definiert haben,
    müssen wir schon dafür sorgen, dass die Streitkräfte die
    dafür notwendigen Mittel bekommen.

    Deshalb bin ich dankbar, dass unsere Haushälterin
    – ihr möchte ich an dieser Stelle wirklich danken – nicht
    nur die schwarze Null im Auge hatte, sondern immer
    auch im Blick hatte, dass es bei der Bundeswehr nicht
    nur um Waffen geht, sondern in erster Linie auch um
    Menschen. Sie hat vor diesem Hintergrund wichtige Bei-
    träge geleistet, dass der Haushalt im nächsten Jahr aus-
    kömmlich ist. Herzlichen Dank! In Zukunft werden wir
    Debatten führen, bei denen das ebenfalls sichtbar wird.
    So wird das Attraktivitätsprogramm seriös und nachhal-
    tig in zukünftigen Haushalten abgebildet werden. Das ist
    ganz wichtig für die Glaubwürdigkeit.

    In diesem Sinne: Recht herzlichen Dank. Ich denke,
    wir sind auf einem guten Weg. In drei Jahren wird man
    sagen können: Diese Große Koalition hat die Herausfor-
    derung angenommen, die Chancen, die sich für die Bun-
    deswehr boten, ergriffen und ihre Aufgaben erledigt.

    Herzlichen Dank.


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)