Rede von
Manuel
Sarrazin
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Frau Kollegin Hänsel, auch wenn es keine Freihan-
delsabkommen zwischen der Europäischen Union und
afrikanischen Staaten gibt – mir sind zumindest in die-
sem Moment keine bekannt –:
Ich finde ebenfalls, dass beispielsweise die Praxis der
Fischereiabkommen, so wie sie ausgeführt wird, nicht
geht und dringend überarbeitungsbedürftig ist. Deswe-
gen haben wir uns im Europäischen Parlament immer
gegen diese Fischereiabkommen gewandt. Der Kollege
Frithjof Schmidt hat das in seiner Zeit im Europäischen
Parlament an vorderster Front getan, gegen viele Lobby-
isten aus vielen Mitgliedstaaten. Da kann man dann die
grundsätzliche Frage aufwerfen: Glaubt man eigentlich,
Sachen eher verändern zu können, indem man für andere
politische Mehrheiten auf europäischer Ebene sorgt,
oder glaubt man, Sachen würden besser, wenn die Natio-
nalstaaten für sich diese Politik so fortsetzen?
Die Frage, die hier besprochen wurde, dreht sich um
die konkrete Situation, dass Menschen über das Mittel-
meer fliehen, aber nicht jedem Menschen das individu-
elle Recht gewährt wird, die Fluchtursachen in einem
rechtsstaatlichen Verfahren bewerten zu lassen und dann
nach Recht und Gesetz behandelt zu werden. Ich sage
Ihnen aus meiner Erfahrung: Ein großes Problem bei
dieser Praxis ist, dass die nationale Innenpolitik und der
nationale Grenzschutz jeweils so handeln, wie es in
ihrem nationalen Interesse angeblich am besten ist, näm-
lich so, dass möglichst wenige in das eigene Land kom-
men. Was wir dagegensetzen müssen, ist eine euro-
päische Vision von humanen europäischen Regeln, die
im Zweifelsfall auch gegen nationale Interessen durch-
gesetzt werden. Dafür braucht man mehr Europa, nicht
weniger Europa, wie Sie es immer fordern.