Rede von
Alexander
Hoffmann
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Danke, Frau Kollegin Keul, für die Frage. – Ich habe
nicht gesagt, dass in Gesetzen niemals Abwägungskrite-
rien formuliert werden.
– Nein, das war nicht meine Aussage.
Das ist genau der Punkt. Die Abwägungskriterien, die
in allen Instanzen angewandt worden sind, waren von
der ersten bis zur letzten Instanz genau dieselben. Das
heißt, wenn Sie heute mit einem Gesetz kommen, in das
Sie die Abwägungskriterien hineinschreiben, ändern Sie
in der Sache für diesen Einzelfall gar nichts.
Deshalb gibt es die Erkenntnis: Nicht überall da, wo
Sie Handlungsbedarf erkennen, besteht er auch tatsäch-
lich. Der Schutz von Grundfreiheiten und der Schutz von
Grundrechten hat Ausstrahlungswirkung in die unter-
schiedlichsten Rechtsgebiete.
Wie endet nun der Fall? Er endet wie oft in Fällen von
rechtswidriger Kündigung: Es gibt eine Abfindung ge-
gen eine Akzeptanz der ordentlichen Kündigung. In vie-
len Fällen kommt es dann noch zu einem wohlwollenden
Arbeitszeugnis. Das kann man natürlich beklagen, meine
Damen, meine Herren, aber hier stellt sich doch die
Frage: Könnten wir das mit einer gesetzlichen Regelung
verhindern?
Auch da habe ich meine Zweifel, meine Damen, meine
Herren. Es geht hier um die menschliche Seite. Wie geht
es dem Lkw-Fahrer, der in seine Firma zurückkommt?
Vielleicht ist es tatsächlich so, dass die Kolleginnen und
Kollegen, die auch solche Lkw fahren, es vielleicht
nachvollziehen können, dass er das gemacht hat. Aber
sie werden es ihm unter Umständen niemals verzeihen
können, weil ihre Arbeitsplätze daran hängen, weil das
Unternehmen ins Wanken gerät. Diese Fälle haben eine
höchstpersönliche, menschliche Seite, und wir werden
gesundes Betriebsklima niemals gesetzlich verordnen
können.
Was beinhaltet die Entscheidung noch? Zunächst ein-
mal manifestieren die Richter, dass es den Vorrang der
innerbetrieblichen Klärung geben muss. Nur in besonde-
ren Ausnahmefällen kann der Hinweisgeber gleich die
externe Klärung in die Wege leiten. Solche Ausnahme-
fälle sind Straftaten mit schweren Folgen für Einzelne
oder für die Allgemeinheit.
Mit dem Bekenntnis zur Erforderlichkeit der Abwä-
gung der widerstreitenden Interessen macht das Gericht
zudem ein Weiteres klar: Es darf keinen absoluten
Schutz von Whistleblowing jeglicher Art geben.