Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen!
Eigentlich ist dies heute ein schönes Thema. Wir zele-
brieren heute einen Tag, den es vor drei Jahren noch
nicht gegeben hat. Es war eine Initiative der Kanadier,
diesen Mädchentag einzuführen. Wir haben uns im AwZ,
im Ausschuss für Entwicklungspolitik, intensiv damit
auseinandergesetzt und uns zunächst einmal die Frage
gestellt: Noch ein Tag, der gefeiert werden muss und an
dem gedacht werden soll? Wir sind aber ganz schnell zu
der Überzeugung gekommen, dass es durchaus ein sinn-
voller Tag ist; denn wir Entwicklungspolitiker wissen
natürlich, dass die Frau letztendlich die Trägerin der Ent-
wicklung in vielen Ländern dieses Globusses ist. Wir
wissen natürlich auch: Wenn die Frau die Trägerin der
Entwicklung ist, müssen wir dazu beitragen, dass die
Frau nicht nur Bildung hat. Es wird immer wieder von
Bildung gesprochen. Das ist richtig. Aber wir müssen
uns darüber im Klaren sein, dass die Bildung unbedingt
dafür sorgen muss, dass das Selbstbestimmungsrecht,
das Selbstbewusstsein, die Persönlichkeitsbildung domi-
nieren müssen. Eine Frau, die nur lesen und schreiben
lernt, muss nicht unbedingt eine Führungspersönlichkeit
sein. Sie muss auch nicht unbedingt Selbstbewusstsein
haben. Wir müssen das Selbstbewusstsein der Frauen
fördern.
Wir haben ein schönes Beispiel – das ist heute schon
mehrfach genannt worden –: Malala. Die damals Elfjäh-
rige hat die Initiative ergriffen und einen Internetblog
gestaltet, in dem sie für das Bildungsrecht für Mädchen
eingetreten ist. Sie hat das unter einem Pseudonym ge-
macht; denn sie wusste sehr wohl, wie gefährlich es in
Pakistan sein kann, mit dem richtigen Namen öffentlich
zu werden. Irgendwann schafften es die Taliban, heraus-
zufinden, wer hinter diesem Pseudonym steckte. Am
9. Oktober 2012 kam es zum Mordanschlag auf Malala.
Zwei Schüsse wurden abgefeuert. Einer traf sie am
Kopf, einer am Hals. Sie schwebte sehr lange in Lebens-
gefahr. Gott sei Dank wurde sie gerettet. Eine Devise,
die Malala schon immer hatte, hieß – das Zitat wurde
schon genannt –:
Ein Kind, eine Lehrkraft, ein Buch, ein Stift können
die Welt verändern.
Das ist genau der Grund, warum die Taliban sagten:
Diese Frau, dieses Mädchen ist eine Gefahr für uns. Die
Taliban wollen alles, nur keine Veränderung. Deswegen
haben sie auch auf Malala geschossen.
Der Antrag zur Einführung des Mädchentages wurde
von allen Fraktionen mitgetragen. Unsere Aufgabe wird
allerdings sein, diesen Antrag auch mit Leben zu füllen.
Es gibt schon Erfolge. Wir diskutieren im Deutschen
Parlament über den Mädchentag. Ich bitte Sie, dazu bei-
zutragen, dass die Thematik, die hinter dem Mädchentag
steht, auf keinen Fall vergessen wird und dass wir durch
viele unserer Entscheidungen die Gendergerechtigkeit
immer in den Mittelpunkt stellen.
Es gibt inzwischen viele positive Entwicklungen.
Wenn wir uns einmal die MDGs anschauen, die im Jahr
2000 verabschiedet wurden: Dort wurden zum ersten
Mal Forderungen zur Stärkung von Mädchen und Frauen
positiv formuliert. Sie haben Wirkung gezeigt. Aller-
dings sind wir mit dem Ergebnis absolut nicht zufrieden.
Gerade im Bereich der Bildung müssen wir sagen, dass
in vielen Ländern 80, 90, manchmal 96 Prozent der Kin-
der eingeschult werden. Wie viele dieser Kinder bis zum
sechsten Jahr in der Schule sind, wird nirgendwo erfasst.
Es wird auch nirgendwo erfasst, welche Qualität diese
Schulbildung hat. Also: Hier muss noch sehr viel mehr
geschehen. Es sollte im Rahmen der Entwicklungspoli-
tik mehr Hilfestellung geleistet werden.
Wir müssen uns aber auch die globale Entwicklung
stets vor Augen halten. Fragile Staaten sind eine Bedro-
hung für gesamte Gesellschaften. Aber, wie so oft, gibt
es in den Gesellschaften eine Bevölkerungsgruppe, die
stärker und empfindlicher von der jeweiligen Situation
betroffen ist als andere: Mädchen und Frauen.
Denken Sie nur an die Situation in den Flüchtlingsla-
gern. Ich habe die Ortschaft Dadaab in Kenia besucht.
Die Frage, wie Frauen in den UN-geführten Lagern ge-
schützt werden können, ist dort ein riesiges logistisches
Problem, das bis heute noch nicht zufriedenstellend ge-
löst worden ist.
Das Thema Menschenhandel wurde angesprochen,
das ist bis zu 95 Prozent Frauen- und Mädchenhandel.
Auch das ist ein Zeichen dafür, dass die Mädchen
schlechtergestellt sind als die Jungen.
Ich möchte noch einen weiteren Punkt ansprechen.
Die MDGs laufen 2015 ab, die SDGs folgen. Wir haben
mit „Plan Deutschland“ darüber gesprochen, ob sie zu-
frieden sind mit der Ausformulierung der Ziele der inter-
nationalen Gemeinschaft in Bezug auf Mädchenförde-
rung und die Gleichstellung der Frau. Es wurde klipp
und klar gesagt: Nein, das, was bisher in den SDGs for-
muliert worden ist, bleibt hinter den MDGs zurück. –
Das darf aber nicht sein. Es wird also unsere Aufgabe im
nächsten Jahr sein, die Diskussion über die SDGs fortzu-
führen und sie mit Leben zu füllen.
Danke schön.