Geschätzte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Wenn man sich die Entwicklung auf dem
Zinsmarkt in den letzten Jahren einmal genauer an-
schaut, dann kann man mit Blick auf die Dispozinsen ei-
gentlich nur von einem Marktversagen sprechen. Auf
der einen Seite erleben wir, dass der EZB-Leitzins und
der Euribor stetig unter 1 Prozent verharren. Für das
Guthaben auf seinem Konto bekommt man kaum noch
Zinsen. Die Zinsen bei Verbraucherkrediten, aber auch
bei Immobilienkrediten sind seit langem im Keller. Das
ist die eine Seite. Auf der anderen Seite haben die we-
nigsten Banken ihre Dispozinsen wirklich spürbar ge-
senkt. Der Durchschnitt liegt immer noch – das konnte
man jüngst in der Zeitschrift Finanztest nachlesen – bei
10,65 Prozent. Es gibt nicht wenige Banken, die immer
noch Dispozinsen in Höhe von 13 oder 14 Prozent erhe-
ben. Wir müssen festhalten: Der Markt reguliert sich
derzeit nicht selbst. Es gibt keinen funktionierenden
Wettbewerb bei den Dispozinsen.
Es stellt sich die Frage, warum das so ist. Da kann ich
jedem nur empfehlen, einmal zu seiner Verbraucherzen-
trale zu gehen und sich schildern zu lassen, wie sie an
ihre Zahlen kommt, wenn sie Erhebungen macht. Das ist
schon spannend. Sie schildert einem nicht nur, dass man
die Zahlen bei vielen Banken nicht im Internet findet,
sondern auch, dass man bei vielen Banken, selbst wenn
man gezielt telefonisch nachfragt, keine Auskunft be-
kommt. Man wird aufgefordert, in die Filiale zu kom-
men. Selbst dort findet man den Aushang nur in der letz-
ten Ecke.
Zusammenfassend kann man sagen: Wir finden einen
vollkommen intransparenten Markt vor. Marktmechanis-
men können gar nicht greifen, weil es überhaupt keine
funktionierende Vergleichbarkeit gibt. Boshaft ausge-
drückt könnte man von einer gezielten Verschleierung
sprechen.
So weit zur Analyse.
Aber die Frage ist doch: Welche Antwort geben wir
darauf, welche Antwort gibt die Politik darauf? Für uns
ist klar: Es muss mit der Politik des guten Zuredens
Schluss sein, wie sie zuletzt Ilse Aigner bemüht hat.
Warme Worte allein haben nicht geholfen, und sie wer-
den auch in Zukunft nicht helfen. Für uns als Koalition
ist aber auch klar: Eine gesetzliche Deckelung kann und
darf nur Ultima Ratio sein. Sie kann und darf nur die
letzte Lösung sein.
Die erste Frage, die wir uns stellen müssen, lautet: Gibt
es Instrumente, um den Wettbewerb wieder zu fördern
und das Marktversagen zu beseitigen? Der Vorschlag, den
der Bundesjustizminister gemacht hat, ist richtig. Wir
müssen zunächst einmal die Banken zu Transparenz
zwingen. Wir müssen sie zumindest zwingen, ihre Dis-
posätze in das Internet zu stellen, damit man sich nicht
nur selbst gezielt informieren kann, sondern damit zum
Beispiel Vergleichsportale auflisten können, welche Bank
welchen Disposatz nimmt, damit hohe Dispozinsen wie-
der zu dem werden, was sie eigentlich sein sollten, näm-
lich nichts anderes als ein Wettbewerbsnachteil, meine
sehr geehrten Damen und Herren.
Für die SPD-Fraktion möchte ich aber auch deutlich
machen: Wenn die Maßnahmen nicht greifen und wenn
wir in ein, zwei Jahren feststellen, dass die Dispozinsen
nicht gesunken sind, dann werden wir wieder eine Dis-
kussion über die gesetzliche Deckelung von Dispozinsen
führen müssen. Für uns ist klar: Es darf keine übermä-
ßige Bereicherung zulasten von überschuldeten Men-
schen geben. Das gehört sich nicht.
Machen wir uns nichts vor: Die Debatte, die wir hier
führen, ist auch eine Gerechtigkeitsdebatte. Hohe Zinsen
sind für viele Menschen gefühlt ungerecht. Deshalb ist
die Forderung, hier einzugreifen, nicht nur richtig, son-
dern auch populär. Ich habe schon, als wir das erste Mal
über die Anträge debattiert haben, gesagt, dass wir auch
den Blick auf die überschuldeten Menschen legen müs-
sen, auf diejenigen, für die Dispozinsen vielleicht ein un-
angenehmes Symptom, aber längst nicht die Ursache
sind, weil die Ursache bei ihnen wesentlich tiefer sitzt.
Wir müssen Menschen helfen, einen Weg aus der Schul-
denfalle zu finden. Deshalb ist das, was Johannes
Fechner vorhin angekündigt hat, genau richtig. Diese
Menschen müssen gezielte Beratungsangebote bekom-
men. Wir müssen auch die Banken in die Pflicht neh-
men. Wenn sie feststellen, dass sich seit langer Zeit je-
mand im Dispo befindet, dann kann man das nicht
ignorieren. Wir müssen die Banken verpflichten, eine
Beratung anzubieten und eine für die Situation passende
Lösung zu erarbeiten. Das muss auch Verpflichtung der
Banken sein, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Frau Maisch, ich gebe Ihnen recht, die Debatte ist
nicht beendet, sie fängt gerade erst an. Unsere Gesetz-
entwürfe werden kommen. Wir sind wirklich guten Mu-
tes, dass wir Regelungen auf den Weg bringen werden,
die die Dispozinsen endlich nach unten korrigieren.
Vielen Dank.