Rede von
Arnold
Vaatz
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das weiß ich. Sie haben dem zweiten Satz, den ich
dazu sagen wollte – das war ein Wort zur Selbstkritik –,
vorgegriffen. Mir ist es auch nicht eingefallen. Also
Schwamm drüber. Es war aber keine Glanzleistung,
meine Damen und Herren. Das müssen wir schon einmal
zugeben.
Jetzt hat sich bei den Vorrednern so viel ereignet, dass
ich mein Manuskript praktisch wegschmeißen kann.
Als Erstes: Herr Bartsch, Sie haben mit großem Pa-
thos eingeklagt, dass es noch keine gleichen Lebensver-
hältnisse zwischen Ost und West gibt, obwohl das in der
Verfassung festgeschrieben ist.
Die Festschreibung in der Verfassung allein nutzt nichts,
denn es bedarf dazu gewisser Grundlagen. Wissen Sie,
wir hätten diese gleichen Lebensverhältnisse zwischen
Ost und West schon längst, wenn es keine SED und
keine DDR gegeben hätte.
Ohne SED und DDR würden sich diese ungleichen Le-
bensverhältnisse nicht so exakt an der ehemaligen
deutsch-deutschen Grenze festmachen.
Herr Bartsch, wir hätten sie möglicherweise schneller,
wenn Sie die 25 Jahre von damals bis heute nicht dazu
genutzt hätten, alles zu unternehmen, um möglichst viel
von den alten Strukturen der DDR zu konservieren, die
alten Besitzstände fortzuschreiben und uns ausschließ-
lich auf konsumtive Ziele auszurichten. Das ist das Pro-
blem.
Sie haben den Wiederaufbau nach Kräften verhindert.
Sie haben gewünscht, dass sich dieses neue Staatswesen
durch Überforderung so stark wie möglich selber schä-
digt, damit Sie immer mit Häme und Spott auf die Dinge
eingehen konnten, die noch nicht erreicht waren.
Das ist Ihre wirkliche Rolle.
Meine Damen und Herren, ich bin im Übrigen wie
Helmut Kohl auch der Auffassung,
dass es damals nicht der Freundlichkeit und der Güte der
Sowjetführung zu verdanken war, dass sie uns gewähren
ließ, sondern in erster Linie ihrer Schwäche. Anderer-
seits ist es aber auch so – das hat auch Helmut Kohl am
19. Dezember vor der Frauenkirche in Dresden ganz
deutlich gesagt –: Ohne den unbedingten Willen zur Ge-
waltlosigkeit und ohne die Tatsache, dass wir damals
Rachegelüste und Ähnliches im Keim erstickt haben
– wir wollten uns ja nicht an jemandem rächen, sondern
aus dieser Situation heraus –, wäre die ganze Sache ver-
mutlich nicht friedlich geblieben. Wenn sie nicht fried-
lich geblieben wäre, dann wäre, glaube ich, eine deut-
sche Wiedervereinigung nicht gelungen; das muss ganz
klar sein.
Jetzt gehe ich einmal kurz auf das ein, was Frau Lazar
und Frau Lemke gesagt haben. Wissen Sie, das Problem
ist folgendes: Sicher haben damals eine Reihe von SED-
Leuten eingelenkt und ihre Genossen gemahnt, dass sie
ihre Waffen nicht auspacken sollen;
aber dafür, dass ein Mensch oder eine Partei nicht mor-
det oder nicht morden lässt, muss man ihm bzw. ihr nicht
danken, sondern das ist selbstverständlich.
Und man muss sich meiner Meinung nach vor Menschen
in Acht nehmen, die Dank dafür einfordern, dass sie
nicht gemordet haben.