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ID1805801600

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 18/58 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 58. Sitzung Berlin, Freitag, den 10. Oktober 2014 I n h a l t : Tagesordnungspunkt 21: Unterrichtung durch die Bundesregierung: Jahresbericht der Bundesregierung zum Stand der Deutschen Einheit 2014 Drucksache 18/2665 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5363 A Iris Gleicke, Beauftragte der Bundesregierung für die neuen Bundesländer . . . . . . . . . . . . 5363 C Dr. Dietmar Bartsch (DIE LINKE) . . . . . . . . 5365 D Mark Hauptmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 5367 A Monika Lazar (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5368 A Stephan Kühn (Dresden) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5369 B Wolfgang Tiefensee (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 5370 C Roland Claus (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 5371 C Peter Stein (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . 5372 D Steffi Lemke (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5374 C Daniela Kolbe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5375 D Jana Schimke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 5376 D Sabine Poschmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 5378 C Kai Wegner (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . 5379 B Arnold Vaatz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 5380 C Steffi Lemke (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5381 D Tagesordnungspunkt 22: a) Erste Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines … Gesetzes zur Änderung des Grundge- setzes (Artikel 91 b) Drucksache 18/2710 . . . . . . . . . . . . . . . . . 5383 A b) Antrag der Abgeordneten Kai Gehring, Katja Dörner, Ekin Deligöz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Kooperationsver- bot kippen – Zusammenarbeit von Bund und Ländern für bessere Bildung und Wissenschaft ermöglichen Drucksache 18/2747 . . . . . . . . . . . . . . . . . 5383 B Dr. Johanna Wanka, Bundesministerin BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5383 C Özcan Mutlu (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5384 B Dr. Rosemarie Hein (DIE LINKE) . . . . . . . . 5386 A Hubertus Heil (Peine) (SPD) . . . . . . . . . . . . . 5388 A Katja Dörner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5390 A Albert Rupprecht (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 5391 C Nicole Gohlke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 5393 B Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD) . . . . . . . . . 5394 B Kai Gehring (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5395 D Patricia Lips (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 5396 D René Röspel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5398 A Özcan Mutlu (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5399 C Tankred Schipanski (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 5400 C Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD) . . . . . . . 5401 B Oliver Kaczmarek (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 5402 D Inhaltsverzeichnis II Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 58. Sitzung. Berlin, Freitag, den 10. Oktober 2014 Albert Rupprecht (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 5403 D Hubertus Heil (Peine) (SPD) . . . . . . . . . . . 5404 B Alexandra Dinges-Dierig (CDU/CSU) . . . . . . 5404 D Kai Gehring (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5405 D Tagesordnungspunkt 23: a) Antrag der Abgeordneten Caren Lay, Klaus Ernst, Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion DIE LINKE: Gesetzliche Deckelung und Veröffentli- chung der Zinssätze für Dispo- und Überziehungskredite Drucksache 18/2741 . . . . . . . . . . . . . . . . . 5406 D b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Recht und Verbraucher- schutz – zu dem Antrag der Abgeordneten Caren Lay, Dr. Dietmar Bartsch, Herbert Behrens, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Begrenzung und Vereinheitlichung der Zinssätze für Dispo- und Überziehungskredite – zu dem Antrag der Abgeordneten Nicole Maisch, Renate Künast, Luise Amtsberg, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN: Begrenzung von Dispositions- und Überziehungszinsen Drucksachen 18/807, 18/1342, 18/2777 . . 5406 D Caren Lay (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . 5407 A Mechthild Heil (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 5408 B Nicole Maisch (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5410 B Dr. Johannes Fechner (SPD) . . . . . . . . . . . . . 5411 B Dr. Volker Ullrich (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 5412 B Dennis Rohde (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5413 A Dr. Carsten Sieling (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 5413 D Tagesordnungspunkt 24: a) Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD: Europa – Vorreiter im Kampf ge- gen die Todesstrafe Drucksache 18/2738 . . . . . . . . . . . . . . . . . 5414 D b) Antrag der Abgeordneten Annette Groth, Inge Höger, Wolfgang Gehrcke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Todesstrafe weltweit ächten Drucksache 18/2740 . . . . . . . . . . . . . . . . . 5414 D Frank Schwabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5415 A Annette Groth (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 5416 A Frank Heinrich (Chemnitz) (CDU/CSU) . . . . 5417 A Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5418 D Gabriela Heinrich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 5420 A Dr. Stefan Heck (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 5420 D Tagesordnungspunkt 25: Vereinbarte Debatte: Weltmädchentag – Bil- dung und Gesundheit von Mädchen als Vo- raussetzung für Entwicklung . . . . . . . . . . . 5422 A Dr. Claudia Lücking-Michel (CDU/CSU) . . . 5422 B Annette Groth (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 5423 D Michaela Engelmeier (SPD) . . . . . . . . . . . . . 5424 C Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5426 A Martin Patzelt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 5426 D Ursula Schulte (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5428 B Tagesordnungspunkt 26: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Wirtschaft und Energie zu dem Antrag der Abgeordneten Kerstin Andreae, Anja Hajduk, Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Fördermitteltrans- parenz erhöhen Drucksachen 18/980, 18/1676 . . . . . . . . . . . . 5429 D Andrea Wicklein (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 5430 A Thomas Lutze (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 5431 A Mark Hauptmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 5432 A Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5433 B Thomas Jurk (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5434 C Hansjörg Durz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 5435 D Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5437 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 5439 A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5440 A Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 58. Sitzung. Berlin, Freitag, den 10. Oktober 2014 5363 (A) (C) (D)(B) 58. Sitzung Berlin, Freitag, den 10. Oktober 2014 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    (D) Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 58. Sitzung. Berlin, Freitag, den 10. Oktober 2014 5439 (A) (C) (B) Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten (D) Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Aken, Jan van DIE LINKE 10.10.2014 Alpers, Agnes DIE LINKE 10.10.2014 Bartz, Julia CDU/CSU 10.10.2014 Dr. Castellucci, Lars SPD 10.10.2014 Dağdelen, Sevim DIE LINKE 10.10.2014 Dr. De Ridder, Daniela SPD 10.10.2014 Evers-Meyer, Karin SPD 10.10.2014 Dr. Fuchs, Michael CDU/CSU 10.10.2014 Gastel, Matthias BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 10.10.2014 Golze, Diana DIE LINKE 10.10.2014 Göppel, Josef CDU/CSU 10.10.2014 Grindel, Reinhard CDU/CSU 10.10.2014 Grütters, Monika CDU/CSU 10.10.2014 Hartmann, Sebastian SPD 10.10.2014 Höhn, Bärbel BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 10.10.2014 Klare, Arno SPD 10.10.2014 Dr. Kofler, Bärbel SPD 10.10.2014 Kolbe, Daniela SPD 10.10.2014 Kretschmer, Michael CDU/CSU 10.10.2014 Krischer, Oliver BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 10.10.2014 Meiwald, Peter BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 10.10.2014 Dr. Middelberg, Mathias CDU/CSU 10.10.2014 Ostendorff, Friedrich BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 10.10.2014 Pitterle, Richard DIE LINKE 10.10.2014 Dr. Schäuble, Wolfgang CDU/CSU 10.10.2014 Schlecht, Michael DIE LINKE 10.10.2014 Schmidt (Ühlingen), Gabriele CDU/CSU 10.10.2014 Dr. Schmidt, Frithjof BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 10.10.2014 Schneider (Erfurt), Carsten SPD 10.10.2014 Schön (St. Wendel), Nadine CDU/CSU 10.10.2014 Schwartze, Stefan SPD 10.10.2014 Silberhorn, Thomas CDU/CSU 10.10.2014 Steffen, Sonja SPD 10.10.2014 Steinbach, Erika CDU/CSU 10.10.2014 Strobl (Heilbronn), Thomas CDU/CSU 10.10.2014 Dr. Terpe, Harald BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 10.10.2014 Trittin, Jürgen BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 10.10.2014 Ulrich, Alexander DIE LINKE 10.10.2014 Veit, Rüdiger SPD 10.10.2014 Dr. Wagenknecht, Sahra DIE LINKE 10.10.2014 Wöhrl, Dagmar G. CDU/CSU 10.10.2014 Wolff (Wolmirstedt), Waltraud SPD 10.10.2014 Dr. Zimmer, Matthias CDU/CSU 10.10.2014 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Anlagen 5440 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 58. Sitzung. Berlin, Freitag, den 10. Oktober 2014 (A) (C) (D)(B) Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Die folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass sie gemäß § 80 Absatz 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absehen: Auswärtiger Ausschuss Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung zum Stand der Bemühun- gen um Rüstungskontrolle, Abrüstung und Nichtver- breitung sowie über die Entwicklung der Streitkräfte- potenziale (Jahresabrüstungsbericht 2013) Drucksachen 18/933, 18/1379 (neu) Nr. 1.2 Unterrichtung durch die deutsche Delegation in der Parla- mentarischen Versammlung der NATO 58. Jahrestagung der Parlamentarischen Versammlung der NATO vom 9. bis 12. November 2012 in Prag, Tschechische Republik Drucksachen 18/1923, 18/2530 Nr. 2 Finanzausschuss Unterrichtung durch die Bundesregierung Erster Bericht des Ausschusses für Finanzstabilität zur Finanzstabilität in Deutschland Drucksachen 18/1795, 18/2048 Nr. 1.2 Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden Unionsdokumente zur Kenntnis genommen oder von ei- ner Beratung abgesehen hat. Auswärtiger Ausschuss Drucksache 18/1393 Nr. A.10 EP P7_TA-PROV(2014)0209 Drucksache 18/1935 Nr. A.1 EuB-BReg 49/2014 Drucksache 18/1935 Nr. A.2 EuB-BReg 51/2014 Drucksache 18/2055 Nr. A.1 EuB-BReg 53/2014 Drucksache 18/2533 Nr. A.3 EuB-BReg 62/2014 Drucksache 18/2533 Nr. A.4 EuB-BReg 65/2014 Drucksache 18/2533 Nr. A.5 EuB-BReg 70/2014 Drucksache 18/2533 Nr. A.6 EuB-BReg 71/2014 Drucksache 18/2533 Nr. A.8 Ratsdokument 10279/14 Drucksache 18/2533 Nr. A.9 Ratsdokument 10551/14 Drucksache 18/2533 Nr. A.10 Ratsdokument 11221/14 Drucksache 18/2533 Nr. A.11 Ratsdokument 11980/14 Drucksache 18/2533 Nr. A.12 Ratsdokument 12127/14 Drucksache 18/2533 Nr. A.13 Ratsdokument 12206/14 Drucksache 18/2677 Nr. A.1 Ratsdokument 12785/14 DCL 1 Drucksache 18/2677 Nr. A.2 Ratsdokument 12796/14 DCL 1 Innenausschuss Drucksache 18/419 Nr. A.20 EP P7_TA-PROV(2013)0376 Haushaltsausschuss Drucksache 18/2533 Nr. A.33 Ratsdokument 11121/14 Drucksache 18/2533 Nr. A.34 Ratsdokument 11473/14 Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur Drucksache 18/2055 Nr. A.11 Ratsdokument 10824/14 Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Drucksache 18/2533 Nr. A.64 Ratsdokument 10412/14 58. Sitzung Inhaltsverzeichnis TOP 21 Jahresbericht zum Stand der Deutschen Einheit TOP 22 Änderung des Grundgesetzes (Artikel 91b) TOP 23 Zinssätze für Dispo- und Überziehungskredite TOP 24 Kampf gegen die Todesstrafe TOP 25 Vereinbarte Debatte zum Weltmädchentag TOP 26 Fördermitteltransparenz Anlagen
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Wolfgang Tiefensee


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

    Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch ich
    stehe ganz unter dem Eindruck des 9. Oktober 1989. Die
    25-Jahr-Feiern, liebe Monika Lazar, haben uns wieder
    all die Ereignisse vor Augen geführt: eine Diktatur, eine
    ehern erscheinende Mauer, ein Regime, das nicht wei-
    chen will – alles das stürzt plötzlich zusammen.

    Ich finde es ermüdend, dass wir Jahr für Jahr über die
    Frage reden müssen, ob das nun ein Unrechtsstaat war
    oder nicht. Herr Bartsch, kann man nicht einfach mal sa-
    gen – und die Zeit hier nutzen –: „Es war ein Unrechts-
    staat, wir bekennen uns dazu“? Die Transformationsleis-
    tung ist deshalb so hoch zu honorieren, weil zwei völlig
    unterschiedliche Systeme zu transformieren waren. Das
    ist das Hauptthema. Ich wünschte mir, dass Sie das end-
    lich anerkennen und dass wir dieses Kapitel schließen
    können.


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


    Eine Diktatur hat einen Kitt, der sie zusammenhält:
    Neben Repression ist das die Angst. Die Angst ist 1989
    überwunden worden. Ich möchte heute in meiner Rede
    drei Aspekte in den Mittelpunkt stellen, die mir wichtig
    erscheinen, weil sie deutlich machen, was wir aus den
    Ereignissen des 9. Oktober bzw. aus dem Herbst 1989
    mitnehmen können.

    Das Erste ist: Mut gegen Ohnmacht. Es gibt auch in
    einer Demokratie Ohnmacht. Bundespräsident Gauck
    hat gestern sehr schön gesagt: Es ist eine zum Teil selbst
    verschuldete Ohnmacht. – Lassen Sie uns den Bürgerin-
    nen und Bürgern immer wieder erklären, dass man in ei-
    nem demokratischen System sein Schicksal, seine Ange-
    legenheiten in die eigenen Hände nehmen muss. Das
    beginnt beim Engagement im Verein und endet damit,
    dass man zur Wahl geht. Es ist nicht akzeptabel, dass wir
    in Ostdeutschland und auch in Deutschland insgesamt
    eine solche Abstinenz bei Wahlen haben. Lassen Sie uns
    an die Bürgerinnen und Bürger appellieren: Seid nicht
    ohnmächtig, sondern engagiert euch!


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Das Zweite, das aus dem 9. Oktober resultiert, ist die
    Frage: Solidarität oder Abgrenzung? Wir Ostdeutsche
    sind ohne viele Vorbedingungen Teil der Europäischen
    Union geworden. Westdeutschland und die Europäische





    Wolfgang Tiefensee


    (A) (C)



    (D)(B)

    Union haben uns mit namhaften Geldbeträgen unter-
    stützt. Das hat uns die Chance gegeben, die eigenen Är-
    mel aufzukrempeln, um so weit zu kommen, wie wir
    jetzt sind.

    Interessant ist, dass die Ostdeutschen zum Teil mit
    verschränkten Armen und relativ herablassend auf die
    schauen, denen es schlechter geht. Erinnern wir uns, wie
    das noch vor 1989 am Balaton war, als man nicht ins Ho-
    tel kam und keinen Platz im Restaurant bekam, weil man
    nicht mit D-Mark zahlte. Jetzt plötzlich sind wir auf der
    Sonnenseite. Wir haben nicht zuletzt mit Blick auf die
    Vorläufer der friedlichen Revolution in der Tschechoslo-
    wakei, in Polen, in Ungarn und in der ehemaligen Sow-
    jetunion die Verpflichtung, mit denjenigen solidarisch zu
    sein, denen es nicht so gut geht.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Frau Bundeskanzlerin, wir brauchen einen Kurswech-
    sel, vor allem auch einen Kurswechsel in der Mentalität;
    dabei meine ich dieses Von-oben-herab-Agieren, das uns
    oftmals zu eigen ist. Wir brauchen einen Aufbau Süd.
    Wir brauchen eine Solidarität, durch die wir die notwen-
    digen Kräfte bündeln. Das muss auf Augenhöhe gesche-
    hen und nicht von oben herab. Das ist wichtig.

    Das Dritte, was ich sagen möchte, ist: Wir brauchen
    auch eine Solidarität denjenigen gegenüber, die außer-
    halb Europas leben. Wir erinnern uns daran, wie es war,
    als die Flüchtlinge nach Westdeutschland gekommen
    sind. Wir brauchen eine Willkommenskultur. Das ist die
    zentrale Aufgabe des 21. Jahrhunderts, die wir zu bewäl-
    tigen haben.

    Einerseits müssen die Disparitäten, die es außerhalb
    unseres Erdteils gibt, in den Blick genommen werden. In
    den nächsten Tagen fahre ich nach Bangladesch und
    Vietnam, um dort einmal mehr zu sehen: Was passiert da
    mit unseren Wertschöpfungsketten? Wie können wir
    mehr Verantwortung dafür tragen, dass der Lebensstan-
    dard auch außerhalb Deutschlands und außerhalb Euro-
    pas gehoben wird?

    Auf der anderen Seite haben wir uns mit der Frage zu
    beschäftigen, wie wir mit den Flüchtlingen umgehen,
    wie wir mit denjenigen umgehen, die zu uns kommen
    wollen, weil wir einen höheren Lebensstandard haben.
    Das ist die zentrale Aufgabe. Wir können die Schotten
    dichtmachen. Das würde eine Weile gehen. Dann wür-
    den wir uns aber verhalten wie früher der Junker, der um
    seine Grundstücke einen Zaun gezogen hat; und die an-
    deren haben daran gerüttelt. Nein, wir brauchen einen
    Plan, wie wir mit denjenigen umgehen, denen es drecki-
    ger geht als uns. Auch das ist eine Botschaft des 9. Okto-
    ber 1989: Wir brauchen Solidarität auch denjenigen ge-
    genüber, die es schlechter haben als wir. Alle Kräfte
    müssen gebündelt werden, damit wir dieses Mensch-
    heitsproblem im 21. Jahrhundert lösen. Ansonsten wird
    es auch für uns schwierig werden. Wir sind verpflichtet
    dazu.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Das sind für mich die Botschaften des 9. Oktober
    1989. Lassen Sie uns mit dieser Kraft, mit diesem Stolz
    des 9. Oktober 1989 diese Herausforderung gemeinsam
    angehen.

    Vielen Dank.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)




Rede von Dr. Norbert Lammert
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

Das Wort erhält nun der Kollege Roland Claus für die

Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Roland Claus


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)


    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vielleicht

    zu Beginn etwas zur Versöhnung: Ich habe in der De-
    batte über den letzten Jahresbericht zum Stand der Deut-
    schen Einheit und in den Jahren zuvor häufig beklagt,
    dass es im Bundestag eine unsichtbare ostdeutsche
    Mehrheit bei dieser Frage gibt. Ich habe heute den Ein-
    druck, dass sich das wesentlich gebessert hat. Wir erfah-
    ren wesentlich mehr Zuspruch bei diesem Thema. Ich
    stelle mit Befriedigung fest: Es geht doch, links wirkt!


    (Beifall bei der LINKEN – Widerspruch bei der CDU/CSU)


    Seitens der CDU ist uns gesagt worden: Wir entlassen
    Sie nicht aus Ihrer Verantwortung für die Geschichte. Da
    muss ich Ihnen antworten: Das ist ungeheuer anmaßend.
    Wir entscheiden noch immer selbst, wie wir uns dazu
    verhalten. Und wir wollen nicht aus dieser Verantwor-
    tung entlassen werden. Das entscheiden aber nicht Sie.


    (Beifall bei der LINKEN – Zurufe von der CDU/CSU)


    Ich habe nicht vergessen, wie ich mit 34 Jahren in
    Halle Abend für Abend der Adressat für Protest und Kri-
    tik von Tausenden Bürgerinnen und Bürgern war. Die
    unter solchen Schmerzen und Bitternissen gewonnenen
    Erkenntnisse bleiben für uns in der Erinnerung und sind
    uns eine Mahnung. Wir haben auch nicht vergessen, dass
    unsere Vorgängerpartei nicht in der Lage war, sich selbst
    geistig zu befreien,


    (Mark Hauptmann [CDU/CSU]: Das sind Sie doch bis heute nicht!)


    sondern eine Befreiung von außen nötig hatte. Diese Er-
    kenntnisse haben uns geprägt, und die werden wir in Er-
    innerung behalten.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Der Jahresbericht beginnt mit einem historischen
    Rückblick. Das ist ebenso angemessen wie inzwischen
    auch vielseitig verklärt. Wir hatten noch nie eine solche
    Flut von Umfragen dazu, wie man die deutsche Einheit
    interpretieren kann. In diesem Zusammenhang kann man





    Roland Claus


    (A) (C)



    (D)(B)

    die Frage stellen: Was ist eigentlich der Unterschied zwi-
    schen Gott und den Historikern? Die Antwort lautet:
    Gott kann die Geschichte nicht mehr ändern.


    (Heiterkeit bei der LINKEN)


    Ich will mich deshalb an die Fakten halten. Wie be-
    werten Bürgerinnen und Bürger die deutsche Einheit?
    Das ist in der Tat sehr interessant: Im Osten bewerten
    75 Prozent die deutsche Einheit positiv, im Westen sind
    das nur 48 Prozent. Das heißt, nicht einmal die Hälfte
    der Bürgerinnen und Bürger im Westen und Süden der
    Republik bewertet die Einheit positiv. Nehmen wir die
    unter 30-Jährigen, also die Jahrgänge 85 und jünger: Im
    Osten bewerten 96 Prozent von ihnen die deutsche Ein-
    heit positiv und im Westen 66 Prozent. Das sind Men-
    schen, die keinerlei Erfahrungen aus dem geteilten
    Deutschland haben. Hier reproduziert sich also ge-
    schichtliche Erfahrung auf eine interessante Weise. Aber
    das muss uns doch auffordern, daraus etwas abzuleiten.
    Der Grund für diese unterschiedliche Einschätzung ist
    natürlich, dass im Westen und Süden die Vereinigung
    keine positiven Erfahrungen für die Menschen und ihren
    Lebensalltag gebracht hat. Das Einzige, das im Bewusst-
    sein geblieben ist, ist, dass der Soli zu zahlen ist. Nichts
    oder fast gar nichts aus der DDR wurde für deutschland-
    tauglich erklärt. Das war ein Fehler.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Dietmar Bartsch ist hier bereits darauf eingegangen,
    dass der Jahresbericht in seiner Analyse wesentlich bes-
    ser, genauer und präziser geworden ist. Ja, das stimmt:
    Die Analyse ist besser. Aber leider ist das bei den
    Schlussfolgerungen nicht der Fall. Deshalb lautet die
    Denksportaufgabe für uns weiterhin: Was lernen wir für
    ganz Deutschland aus dieser Entwicklung im Osten, aus
    diesen Umbrüchen, aus diesem Umgang mit der Trans-
    formation? Wir haben das in unserem Entschließungsan-
    trag ausdrücklich deutlich gemacht und diese Transfor-
    mationserfahrungen – wenn ich das übersetze –, also
    persönlich gemachte Erfahrungen bei der Bewältigung
    gesellschaftlicher Umbrüche, hervorgehoben.

    Sie haben hier einen anderen Begriff benutzt und ge-
    sagt: Wir haben bedeutende Anpassungsleistungen er-
    bracht. – Das fanden Sie auch noch besonders prima. Ich
    kann nicht finden, dass Anpassung an ein System – wie
    im Westen so auf Erden – die Lösung der Zukunftsauf-
    gaben ist. Wir müssen in dieser Situation neu denken
    und gerade das, was der Osten als Erfahrungsvorsprung
    neu einbringt, aufnehmen. Da ist „Anpassungsleistung“
    für mich kein positiv besetzter Begriff.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Ich wünsche mir deshalb, dass wir über diese beson-
    deren Erfahrungen, die im Osten für die ganze Republik
    gemacht wurden, noch weiter nachdenken und dass wir
    zur Kenntnis nehmen, dass wir natürlich noch eine un-
    gleiche wirtschaftliche und Einkommensentwicklung
    haben. Wir stagnieren bei zwei Dritteln. Wir erreichen
    bei den kommunalen Steuern im Osten nur 58 Prozent
    des Bundesniveaus. Der Knüller ist natürlich das, was
    Sie sich bei der Mütterrente geleistet haben: 25 Jahre
    deutsche Einheit und dann noch immer eine ungleiche
    Anerkennung von Erziehungsleistungen – das ist ein
    Skandal. Das wird Ihnen die Linke nie durchgehen las-
    sen.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Es gibt im Osten viele Ansätze für neue Entwick-
    lungspfade in Sachen sozialökologischer Umbau, bei der
    Förderung erneuerbarer Energien und beim Stadtumbau.
    All diese Erkenntnisse und all diese gewonnenen Erfah-
    rungen – auch die gemachten Fehler – stellen ein Feld
    dar, das völlig brachliegt und viel zu wenig für die ge-
    samtdeutsche Entwicklung genutzt wird.