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    Plenarprotokoll 18/55 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 55. Sitzung Berlin, Freitag, den 26. September 2014 I n h a l t : Tagesordnungspunkt 19: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Einführung des Elterngeld Plus mit Part- nerschaftsbonus und einer flexibleren El- ternzeit im Bundeselterngeld- und Eltern- zeitgesetz Drucksachen 18/2583, 18/2625 . . . . . . . . . . . 5071 B Manuela Schwesig, Bundesministerin BMFSFJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5071 D Jörn Wunderlich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 5073 D Nadine Schön (St. Wendel) (CDU/CSU) . . . . 5075 A Katja Dörner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5076 C Dr. Carola Reimann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 5077 D Diana Golze (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . 5079 A Marcus Weinberg (Hamburg) (CDU/CSU) . . 5080 A Dr. Franziska Brantner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5082 B Dr. Silke Launert (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 5083 C Dr. Fritz Felgentreu (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 5084 D Bettina Hornhues (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 5086 B Eckhard Pols (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 5087 C Tagesordnungspunkt 20: a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur weiteren Entlastung von Län- dern und Kommunen ab 2015 und zum quantitativen und qualitativen Ausbau der Kindertagesbetreuung Drucksache 18/2586 . . . . . . . . . . . . . . . . . 5089 A b) Antrag der Abgeordneten Diana Golze, Matthias W. Birkwald, Nicole Gohlke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Ausbau und Qualität in der Kinderbetreuung vorantreiben Drucksache 18/2605 . . . . . . . . . . . . . . . . . 5089 B Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5089 B Diana Golze (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 5091 C Manuela Schwesig, Bundesministerin BMFSFJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5093 A Sven-Christian Kindler (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5094 C Eckhardt Rehberg (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 5095 D Susanna Karawanskij (DIE LINKE) . . . . . . . 5098 A Bettina Hagedorn (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 5099 B Dr. Franziska Brantner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5101 A Philipp Graf Lerchenfeld (CDU/CSU) . . . . . 5102 A Bernhard Daldrup (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 5103 B Marcus Weinberg (Hamburg) (CDU/CSU) . . 5105 A Ulrike Gottschalck (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 5107 A Tagesordnungspunkt 21: Erste Beratung des von den Abgeordneten Nicole Maisch, Renate Künast, Luise Amtsberg, weiteren Abgeordneten und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes über die Einführung von Gruppenverfahren Drucksache 18/1464 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5107 D Inhaltsverzeichnis II Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 55. Sitzung. Berlin, Freitag, den 26. September 2014 Renate Künast (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5108 A Sebastian Steineke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 5109 B Renate Künast (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5110 C Caren Lay (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . 5111 C Dr. Volker Ullrich (CDU/CSU) . . . . . . . . . 5112 C Dirk Wiese (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5113 B Dr. Volker Ullrich (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 5114 B Dr. Karl-Heinz Brunner (SPD) . . . . . . . . . . . . 5115 D Katja Keul (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5116 B Tagesordnungspunkt 22: Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht zum Anerkennungsgesetz Drucksache 18/1000 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5116 D Stefan Müller, Parl. Staatssekretär BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5116 D Dr. Rosemarie Hein (DIE LINKE) . . . . . . . . . 5118 B Dr. Karamba Diaby (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 5119 B Özcan Mutlu (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5120 C Cemile Giousouf (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 5121 D Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD) . . . . . . . . . 5123 A Katrin Albsteiger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 5124 A Tagesordnungspunkt 23: Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht der Bundesregierung zur Bildung für eine nachhaltige Entwicklung – 17. Le- gislaturperiode – Drucksache 17/14325 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5125 B Stefan Müller, Parl. Staatssekretär BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5125 C Dr. Rosemarie Hein (DIE LINKE) . . . . . . . . . 5126 D Saskia Esken (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5127 D Beate Walter-Rosenheimer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5128 D Dr. Claudia Lücking-Michel (CDU/CSU) . . . 5130 A Oliver Kaczmarek (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 5131 A Matern von Marschall (CDU/CSU) . . . . . . . . 5132 A Tagesordnungspunkt 24: a) Antrag der Abgeordneten Heike Hänsel, Niema Movassat, Wolfgang Gehrcke, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE sowie der Abgeordneten Uwe Kekeritz, Claudia Roth (Augsburg), Dr. Frithjof Schmidt, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wirtschaftspartnerschafts- abkommen stoppen – Für neue Ver- handlungen ohne Druck und Fristen Drucksache 18/2603 . . . . . . . . . . . . . . . . . 5133 A b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für wirtschaftliche Zusam- menarbeit und Entwicklung zu dem An- trag der Abgeordneten Heike Hänsel, Niema Movassat, Wolfgang Gehrcke, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Nachhaltige Entwicklungsziele der Vereinten Nationen – Soziale Un- gleichheit weltweit überwinden Drucksachen 18/1328, 18/1916. . . . . . . . . 5133 B c) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für wirtschaftliche Zusam- menarbeit und Entwicklung zu dem An- trag der Abgeordneten Heike Hänsel, Niema Movassat, Wolfgang Gehrcke, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Verhandlungen über die Wirt- schaftspartnerschaftsabkommen – Neu- start ohne Drohungen und Fristen Drucksachen 18/1615, 18/2073 . . . . . . . . 5133 B Heike Hänsel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 5133 C Tobias Zech (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . 5134 D Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5136 C Dr. Bärbel Kofler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 5137 D Frank Heinrich (Chemnitz) (CDU/CSU) . . . . 5139 B Heike Hänsel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 5140 D Frank Heinrich (Chemnitz) (CDU/CSU) . . . . 5141 A Dr. Sascha Raabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 5141 B Nächste Sitzung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5142 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten. . . . . . 5143 A Anlage 2 Amtliche Mitteilung (Nachtrag zur 51. Sit- zung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5144 A Anlage 3 Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5144 C Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 55. Sitzung. Berlin, Freitag, den 26. September 2014 5071 (A) (C) (D)(B) 55. Sitzung Berlin, Freitag, den 26. September 2014 Beginn: 9.00 Uhr
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    Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 55. Sitzung. Berlin, Freitag, den 26. September 2014 5143 (A) (C) (B) Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten (D) Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich van Aken, Jan DIE LINKE 26.09.2014 Alpers, Agnes DIE LINKE 26.09.2014 Andreae, Kerstin BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 26.09.2014 Bär, Dorothee CDU/CSU 26.09.2014 Beckmeyer, Uwe SPD 26.09.2014 Dr. Braun, Helge CDU/CSU 26.09.2014 Dağdelen, Sevim DIE LINKE 26.09.2014 Dr. De Ridder, Daniela SPD 26.09.2014 Dobrindt, Alexander CDU/CSU 26.09.2014 Dött, Marie-Luise CDU/CSU 26.09.2014 Dröge, Katharina BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 26.09.2014 Flosbach, Klaus-Peter CDU/CSU 26.09.2014 Dr. Freudenstein, Astrid CDU/CSU 26.09.2014 Dr. Fuchs, Michael CDU/CSU 26.09.2014 Fuchtel, Hans-Joachim CDU/CSU 26.09.2014 Gastel, Matthias BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 26.09.2014 Gohlke, Nicole DIE LINKE 26.09.2014 Groth, Annette DIE LINKE 26.09.2014 Hardt, Jürgen CDU/CSU 26.09.2014 Hasselfeldt, Gerda CDU/CSU 26.09.2014 Dr. Hendricks, Barbara SPD 26.09.2014 Horb, Margaret CDU/CSU 26.09.2014 Jung, Xaver CDU/CSU 26.09.2014 Dr. Jüttner, Egon CDU/CSU 26.09.2014 Korte, Jan DIE LINKE 26.09.2014 Krellmann, Jutta DIE LINKE 26.09.2014 Kühn (Dresden), Stephan BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 26.09.2014 Kühn (Tübingen), Christian BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 26.09.2014 Liebich, Stefan DIE LINKE 26.09.2014 Liebing, Ingbert CDU/CSU 26.09.2014 Dr. Malecha-Nissen, Birgit SPD 26.09.2014 Dr. h. c. Michelbach, Hans CDU/CSU 26.09.2014 Dr. Müller, Gerd CDU/CSU 26.09.2014 Dr. Murmann, Philipp CDU/CSU 26.09.2014 Dr. Nick, Andreas CDU/CSU 26.09.2014 Nietan, Dietmar SPD 26.09.2014 Ostendorff, Friedrich BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 26.09.2014 Özdemir, Cem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 26.09.2014 Poß, Joachim SPD 26.09.2014 Dr. Raatz, Simone SPD 26.09.2014 Rachel, Thomas CDU/CSU 26.09.2014 Radomski, Kerstin CDU/CSU 26.09.2014 Scheuer, Andreas CDU/CSU 26.09.2014 Stauche, Carola CDU/CSU 26.09.2014 Steinbach, Erika CDU/CSU 26.09.2014 Dr. Steinmeier, Frank- Walter SPD 26.09.2014 Strässer, Christoph SPD 26.09.2014 Strobl (Heilbronn), Thomas CDU/CSU 26.09.2014 Dr. Tackmann, Kirsten DIE LINKE 26.09.2014 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Anlagen 5144 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 55. Sitzung. Berlin, Freitag, den 26. September 2014 (A) (C) (D)(B) Anlage 2 Amtliche Mitteilung (Nachtrag zur 51. Sitzung) Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden Unionsdokumente zur Kenntnis genommen oder von ei- ner Beratung abgesehen hat. Auswärtiger Ausschuss Drucksache 18/419 Nr. A.3 EuB-BReg 53/2013 Drucksache 18/419 Nr. A.18 Ratsdokument 14716/13 Drucksache 18/544 Nr. A.1 EuB-BReg 10/2014 Drucksache 18/544 Nr. A.8 Ratsdokument 18099/13 Drucksache 18/822 Nr. A.3 EuB-BReg 16/2014 Drucksache 18/822 Nr. A.5 EP P7_TA-PROV(2014)0098 Drucksache 18/822 Nr. A.6 EP P7_TA-PROV(2014)0101 Drucksache 18/897 Nr. A.1 Ratsdokument 6902/14 Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz Drucksache 18/419 Nr. A.38 Ratsdokument 8179/13 Drucksache 18/822 Nr. A.8 EP P7_TA-PROV(2014)0064 Drucksache 18/822 Nr. A.9 Ratsdokument 5445/14 Drucksache 18/1393 Nr. A.26 Ratsdokument 7910/14 Drucksache 18/1393 Nr. A.27 Ratsdokument 8151/14 Ausschuss für Arbeit und Soziales Drucksache 18/1524 Nr. A.9 Ratsdokument 9008/14 Dr. Terpe, Harald BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 26.09.2014 Ulrich, Alexander DIE LINKE 26.09.2014 Veit, Rüdiger SPD 26.09.2014 Vogel (Kleinsaara), Volkmar CDU/CSU 26.09.2014 Weiss (Wesel I), Sabine CDU/CSU 26.09.2014 Wicklein, Andrea SPD 26.09.2014 Widmann-Mauz, Annette CDU/CSU 26.09.2014 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur Drucksache 18/1524 Nr. A.12 Ratsdokument 6587/14 Drucksache 18/1524 Nr. A.13 Ratsdokument 8290/14 Drucksache 18/1524 Nr. A.14 Ratsdokument 9143/14 Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Drucksache 18/544 Nr. A.49 EP P7_TA-PROV(2013)0546 Drucksache 18/1707 Nr. A.8 Ratsdokument 9802/14 Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Drucksache 18/1524 Nr. A.15 Ratsdokument 8814/14 Drucksache 18/1659 Nr. A.1 KOM(2014)324 endg. Anlage 3 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner 925. Sitzung am 19. Sep- tember 2014 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Ab- satz 2 des Grundgesetzes nicht zu stellen: – Achtes Gesetz zur Änderung des Weingesetzes – Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Fortent- wicklung des Meldewesens – Zweites Gesetz zur Änderung des Staatsangehö- rigkeitsgesetzes Der Bundesrat hat hierzu ferner folgende Entschlie- ßung gefasst: 1. Der Bundesrat begrüßt, dass mit dem Zweiten Gesetz zur Änderung des Staatsangehörig- keitsgesetzes ein weiterer, wichtiger Schritt zu einem modernen Staatsangehörigkeitsrecht in Deutschland gegangen wird. 2. Der Bundesrat nimmt zur Kenntnis, dass der Koalitionsvertrag auf Bundesebene vorsieht, dass für in Deutschland geborene und aufge- wachsene Kinder ausländischer Eltern in Zu- kunft der Optionszwang entfällt und die Mehr- staatigkeit akzeptiert wird. 3. Der Bundesrat begrüßt, dass diese Vereinba- rung im Koalitionsvertrag durch das Gesetz der Bundesregierung nun zeitnah umgesetzt wurde. Er stellt fest, dass das vorgelegte Gesetz diese Umsetzung in deutlich besserer Form vor- nimmt als dies im ursprünglichen Gesetzent- wurf des Bundesministeriums des Innern von Anfang Februar vorgesehen war. So wurde der Kreis der optionspflichtigen Kinder, für die künftig die Optionspflicht entfällt, erheblich er- weitert. Dadurch wird nach ersten Schätzungen der Optionszwang für mehr als 90 Prozent der Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 55. Sitzung. Berlin, Freitag, den 26. September 2014 5145 (A) (C) (D)(B) jetzt noch Optionspflichtigen entfallen. Für diese Personengruppe wird also eine deutliche Verbesserung erreicht werden. 4. Der Bundesrat stellt fest, dass sich mit dem vorliegenden Gesetz allerdings die Widersprü- che innerhalb des Staatsangehörigkeitsrechts verstärken, weil die Öffnung beispielsweise nicht auch im Einbürgerungsrecht nachvoll- zogen wird. Weitere Modernisierungsschritte bleiben diesbezüglich notwendig. 5. Der Bundesrat bedauert, dass die Bundesregie- rung sich nicht auf eine umfassende gesetzli- che Regelung verständigen konnte, die die vollständige und vorbehaltlose Abschaffung des Optionsverfahrens und die Aufgabe des Grundsatzes der Vermeidung von Mehrstaatig- keit vorsieht. 6. Der Bundesrat verweist in diesem Zusammen- hang auf seinen Gesetzentwurf vom 5. Juli 2013 (vergleiche Bundesratsdrucksache 461/13 (Beschluss)). Der vom Bundesrat beschlossene Gesetzentwurf sah eine Streichung des Grund- satzes der Vermeidung von Mehrstaatigkeit ins- gesamt aus dem Staatsangehörigkeitsgesetz ebenso vor, wie die vollständige Aufhebung der Optionsregelung in § 29 des Staatsangehörig- keitsgesetzes (vergleiche Artikel 1 Nummer 7 der Bundesratsdrucksache 461/13 (Beschluss)). Der Bundesrat hält an den Zielen seines Be- schlusses vom 5. Juli 2013 fest. Insbesondere sollte nach dem mit dem Gesetzentwurf der Bundesregierung gegangenen ersten Schritt so- wohl im Interesse der Betroffenen als auch aus verwaltungsökonomischer Sicht in einem zwei- ten Schritt die Optionsregelung vollständig auf- gehoben werden. – Gesetz zur Einstufung weiterer Staaten als sichere Herkunftsstaaten und zur Erleichterung des Ar- beitsmarktzugangs für Asylbewerber und gedul- dete Ausländer – Gesetz zur Änderung des Umweltinformationsge- setzes – Gesetz zu dem Abkommen vom 9. September 2013 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik der Philippinen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen – Gesetz zu dem Luftverkehrsabkommen vom 25. und 30. April 2007 zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika einerseits und der Europäi- schen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten an- derseits (Vertragsgesetz EU-USA-Luftverkehrsab- kommen – EU-USA-LuftverkAbkG) – Gesetz zu dem Europa-Mittelmeer-Luftverkehrs- abkommen vom 15. Dezember 2010 zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten ei- nerseits und dem Haschemitischen Königreich Jordanien anderseits (Vertragsgesetz Europa- Mittelmeer-Jordanien-Luftverkehrsabkommen – Euromed-JOR-LuftverkAbkG) – Gesetz zu dem Abkommen vom 26. Juni 2012 zwi- schen der Europäischen Union und ihren Mitglied- staaten und der Republik Moldau über den Ge- meinsamen Luftverkehrsraum (Vertragsgesetz EU-Moldau-Luftverkehrsabkommen – EU-MDA- LuftverkAbkG) Darüber hinaus hat der Bundesrat in seiner 925. Sit- zung am 19. September 2014 beschlossen, zu dem Ent- wurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundes- haushaltsplans für das Haushaltsjahr 2015 gemäß Artikel 110 Absatz 3 des Grundgesetzes und zu dem Finanzplan des Bundes 2014 bis 2018 gemäß § 9 Ab- satz 2 Satz 2 des Gesetzes zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft und gemäß § 50 Ab- satz 3 Satz 1 des Haushaltsgrundsätzegesetzes wie folgt Stellung zu nehmen: 1. Die positive gesamtwirtschaftliche Entwicklung in den vergangenen Jahren hat maßgeblich zur Konsoli- dierung des Bundeshaushalts beigetragen. Nicht zu- letzt die Zunahme der Steuereinnahmen bewirkte eine stetige Verringerung des Finanzierungsdefizits des Bundes. Die gute Lage am Arbeitsmarkt führte da- rüber hinaus zu einer verhältnismäßig stabilen Ent- wicklung der Sozialausgaben. Der Bundeshaushalt profitiert zudem in besonderem Maße von dem anhal- tend niedrigen Zinsniveau, das ebenfalls jährlich für erhebliche Entlastungen sorgt. Hinzu tritt eine vorübergehende Kürzung der Zuschüsse an einzelne Sozialversicherungszweige (Gesundheitsfonds und Gesetzliche Rentenversicherung). 2. Der Bundesrat erkennt an, dass die Bundesregierung nach einem avisierten strukturellen Überschuss 2014 nun mit dem Entwurf 2015 erstmals seit dem Jahr 1969 einen Haushalt ohne Nettokreditaufnahme erreichen kann. Im Vergleich zu den bisherigen Pro- gnosen mehren sich jedoch die Anzeichen für eine konjunkturelle Abkühlung. Die derzeitigen geopoliti- schen Unruhen zum Beispiel in der Ukraine und im Nahen Osten wirken zunehmend dämpfend auf die deutsche Wirtschaft, wobei das vollständige Ausmaß der zukünftigen Risiken derzeit noch nicht absehbar ist. Die anhaltende Nachfrageschwäche aus dem Eu- roraum belastet zusätzlich die wirtschaftliche Ent- wicklung. Zudem würde eine Normalisierung des all- gemeinen Zinsniveaus zu einer deutlichen Steigerung der Zinsausgaben führen. Um die Zielsetzung eines Haushalts ohne Neuverschuldung langfristig abzusi- chern, bedarf es daher weiterer Konsolidierungsan- strengungen. Dabei ist auch die Sicherung der ge- samtstaatlichen Einnahmenbasis unerlässlich, um die Finanzierung notwendiger Investitionen sowie zu- kunftswirksamer und wachstumsstärkender Maßnah- men von Bund, Ländern und Kommunen im Rahmen der verfassungsrechtlichen Verschuldungsgrenzen zu gewährleisten. 5146 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 55. Sitzung. Berlin, Freitag, den 26. September 2014 (A) (C) (D)(B) 3. Der Bundesrat begrüßt die Bereitschaft der Bundesre- gierung, in dieser Legislaturperiode vermehrt in die Bereiche Bildung, Forschung, Verkehr und Infra- struktur zu investieren. Angesichts bedeutender In- vestitionsdefizite sieht er aber die Notwendigkeit, da- rüber hinausgehende zusätzliche Mittel in diese Zukunftsbereiche umzulenken. Dies würde weitere Wachstumsimpulse freisetzen und einer möglichen Erlahmung der Konjunktur entgegenwirken. 4. Der Bundesrat bittet in diesem Zusammenhang die Bundesregierung, im Bereich Verkehr und Infrastruk- tur alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um künftig mehr Planbarkeit, Verlässlichkeit und Flexibi- lität sicherzustellen. 5. Der Bundesrat erwartet, dass im Haushaltsentwurf 2015 des Bundes die für den Verkehrsbereich bereit- gestellten Regionalisierungsmittel erhöht werden. Der derzeitige Ansatz sollte zumindest um die zur De- ckung von Kostensteigerungen dringend erforderliche und bisher erfolgte Dynamisierung von jährlich 1,5 Prozent aufgestockt werden. Tatsächlich benötigt wird ein Betrag von 8,5 Milliarden Euro, wie das Gut- achten „Revision der Regionalisierungsmittel“ festge- stellt hat. Bei einem Einfrieren des Betrags bis zur Revision der Regionalisierungsmittel würde die Fi- nanzierungslücke zu den tatsächlichen ÖPNV-Kosten eine Größenordnung erreichen, die aus den Länder- haushalten nicht geschlossen werden kann. 6. Der Bundesrat stellt fest, dass eine Reihe an Faktoren einer verlässlichen und bedarfsgerechten Finanzie- rung von Bundesfernstraßen in den Ländern derzeit entgegensteht. Für eine nachhaltige und bedarfsge- rechte Finanzierung muss die Planung, Verfügbarkeit und Steuerung der Finanzmittel im Bundesfernstra- ßenbau deutlich verbessert werden. Darüber hinaus bittet der Bundesrat die Bundesregierung, die Zweck- ausgabenpauschale für Planung und Baubegleitung in angemessener Weise zu erhöhen. 7. Der Bundesrat weist erneut auf die Festlegung im Zuge der Einigung zur nationalen Umsetzung des Fis- kalpakts und des Stabilitäts- und Wachstumspakts hin, in dieser Legislaturperiode ein neues Bundesteil- habegesetz zu erarbeiten und in Kraft zu setzen, das die rechtlichen Vorschriften zur Eingliederungshilfe ablöst. Er bekräftigt seine Erwartung an eine Rege- lung, die mit Wirkung zum 1. Januar 2017 eine jährli- che Entlastung von 5 Milliarden Euro sicherstellt. 8. Die Bundesregierung hat angekündigt, im Herbst 2014 einen Gesetzentwurf mit Korrekturen und Nach- justierungen am Steuerrecht vorzulegen. Auch der Bundesrat sieht steuerpolitischen Handlungsbedarf. Er fordert die Bundesregierung erneut dazu auf, die von den Ländern für erforderlich gehaltenen weiteren steuerrechtlichen Änderungsbedarfe zeitnah zusam- menzutragen und deren Umsetzung zügig und in en- ger Abstimmung mit den Ländern vorzubereiten. Der Bundesrat erinnert in diesem Zusammenhang auch an die weiteren steuerpolitischen Vorhaben der Bundesregierung etwa im Kampf gegen missbräuchli- che Steuergestaltungen und grenzüberschreitende Ge- winnverlagerungen international operierender Unter- nehmen. Der Bundesrat geht davon aus, dass die Bundesregie- rung auf der Basis der mit den Ländern im Frühjahr vereinbarten Eckpunkte noch im Jahr 2014 einen Ge- setzentwurf zur Verschärfung der Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung und zum Absehen von Verfol- gung in besonderen Fällen (§§ 371, 398a Abgaben- ordnung) beschließen wird. 9. Der Bundesrat unterstützt die Zielvorgabe der Bun- desregierung im Koalitionsvertrag für die 18. Legisla- turperiode, bis zum Jahr 2018 in Deutschland eine flä- chendeckende Versorgung mit schnellem Internet mit Bandbreiten von mindestens 50 Mbit/s bereitzustel- len. 10.Der Bundesrat erkennt an, dass die Bundesregierung Maßnahmen zur Abmilderung der mit der Bundes- wehrreform und dem Abzug der Gaststreitkräfte ver- bundenen Schließung von Standorten vorgenommen hat. So können in den Haushaltsjahren 2015 bis 2018 Konversionsgrundstücke an Kommunen vergünstigt abgegeben werden. Die nähere Konkretisierung des entsprechenden Haushaltsvermerks im Haushalt 2015 sollte in Abstimmung mit den Ländern erfolgen. Auf- grund der erheblichen Tragweite der Bundeswehrre- form und des Abzugs der Gaststreitkräfte bittet der Bundesrat darum, die Kommunen bei Bedarf durch ergänzende Hilfen des Bundes zu unterstützen. 11.Der vorsorgende Hochwasserschutz stellt besonders vor dem Hintergrund des Hochwassers im Juni 2013 einen bedeutenden und gemeinsam von Bund und Ländern stärker wahrzunehmenden Aufgabenschwer- punkt dar. Der Bundesrat erinnert an die von den Agrarministerinnen und -ministern sowie den Um- weltministerinnen und -ministern geforderte Aufstel- lung eines Nationalen Hochwasserschutzprogramms. Er erwartet damit einhergehend eine aufgabenge- rechte Finanzausstattung, die sowohl eine Aufsto- ckung des Plafonds in der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küsten- schutz“ (GAK) als auch zusätzliche Mittel für einen Sonderrahmenplan Hochwasserschutz innerhalb der GAK beinhaltet, um die in einem Nationalen Hoch- wasserschutzprogramm vorgesehenen Maßnahmen zeitgerecht in Angriff nehmen zu können. Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Ju- gend hat mitgeteilt, dass er gemäß § 80 Absatz 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Unterrichtung der Antidiskriminierungsstelle des Bundes Gemeinsamer Bericht der Antidiskriminierungsstelle des Bundes und die in ihrem Zuständigkeitsbereich be- troffenen Beauftragten der Bundesregierung und des Deutschen Bundestages 2010 Drucksache 17/4325 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 55. Sitzung. Berlin, Freitag, den 26. September 2014 5147 (A) (C) (B) Unterrichtung der Antidiskriminierungsstelle des Bundes Zweiter Gemeinsamer Bericht der Antidiskriminie- rungsstelle des Bundes und der in ihrem Zuständig- keitsbereich betroffenen Beauftragten der Bundesregie- rung und des Deutschen Bundestages Diskriminierung im Bildungsbereich und Arbeitsleben Drucksachen 17/14400, 18/641 Nr. 21 Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden Unionsdokumente zur Kenntnis genommen oder von ei- ner Beratung abgesehen hat. Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft Drucksache 18/1935 Nr. A.10 Ratsdokument 9934/14 Drucksache 18/2533 Nr. A.43 ERH 8/2014 Drucksache 18/2533 Nr. A.44 Ratsdokument 10911/14 Drucksache 18/2533 Nr. A.45 Ratsdokument 11283/14 Drucksache 18/2533 Nr. A.46 Ratsdokument 11288/14 Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe Drucksache 18/419 Nr. A.157 Ratsdokument 11738/13 Drucksache 18/419 Nr. A.158 Ratsdokument 11857/13 Drucksache 18/544 Nr. A.46 EP P7_TA-PROV(2013)0545 Drucksache 18/544 Nr. A.48 EP P7_TA-PROV(2013)0594 Drucksache 18/1393 Nr. A.39 Ratsdokument 8806/14 Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Drucksache 18/419 Nr. A.173 Ratsdokument 14116/13 Drucksache 18/1707 Nr. A.6 EP P7_TA-PROV(2014)0395 (D) 55. Sitzung Inhaltsverzeichnis TOP 19 Elterngeld Plus und flexiblere Elternzeit TOP 20 Ausbau der Kindertagesbetreuung TOP 21 Einführung von Gruppenverfahren TOP 22 Bericht zum Anerkennungsgesetz TOP 23 Bericht zur Bildung für eine nachhaltige Entwicklung TOP 24 Entwicklungspolitik Anlagen
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Matern von Marschall von Bieberstein


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)


    Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

    Kollegen! Ich freue mich, dass ich als Mitglied im Parla-
    mentarischen Beirat für nachhaltige Entwicklung diese
    Debatte heute abschließen darf.

    Ich möchte, vielleicht durchaus im Einklang mit den
    Kolleginnen und Kollegen anderer Fraktionen, sagen:
    Wir sind auf einem guten Weg. Es gibt eine Fülle von
    Einzelinitiativen. Aber wir sind tatsächlich noch weit da-
    von entfernt, nachhaltige Bildung – bis hinunter in die
    Länder und Kommunen – systematisch zu etablieren.
    Das wird eine Aufgabe für die Zukunft sein.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Darüber hinaus – das sage ich als Europapolitiker –
    brauchen wir nicht nur in Deutschland eine Nachhaltig-
    keitsstrategie, zu der auch Bildung zählt. Wir brauchen
    sie insbesondere auf europäischer Ebene. Wir müssen in
    Europa eine gemeinsame Strategie zur Nachhaltigkeit
    überhaupt erst einmal entwickeln. Daran werden wir im
    Parlamentarischen Beirat für Nachhaltigkeit arbeiten,
    und zwar schon in Kürze.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Die Einzelinitiativen vor Ort, die sehr viel mit unmit-
    telbarer Erfahrung zu tun haben, ohne die so etwas gar
    nicht funktionieren kann, sind unglaublich wichtig.
    Wenn ich die jungen Menschen, wie wir sie hier heute
    als Zuhörer haben, sehe, dann stelle ich mir eine Schul-
    klasse vor, die eine Streuobstwiese pflegt und später dort
    Äpfel ernten kann. Wenn man so etwas macht, weiß
    man, dass man Ressourcen schont, dass man Natur
    schont und dass man aber auch ein Wirtschaftsgut er-
    zeugt hat. Das sind viele Einzelbeispiele für das, was
    Nachhaltigkeit ist.

    Auf der Tribüne sehe ich auch viele Leute, die schöne
    T-Shirts tragen. Viele Menschen müssen heute aber erst
    einmal lernen, zu verstehen: Wo kommt das T-Shirt
    überhaupt her? Unter welchen Bedingungen ist es produ-
    ziert worden? Was hat die Näherin bekommen? Was hat
    der Handel bekommen? Was bekommt eigentlich der,
    der das Label draufdruckt? Das sind ganz wichtige Fra-
    gen. Diese Fragen müssen in der Bildung zur nachhalti-
    gen Entwicklung gestellt und beantwortet werden. Denn
    nur dadurch lernt der Einzelne, persönlich Verantwor-
    tung zu übernehmen. Das ist von wesentlicher Bedeu-
    tung.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Ich möchte auch sagen, dass der Begriff der Nachhal-
    tigkeit ein Konzept beschreibt, das vielleicht nicht über-
    all das Gleiche ist. Darüber müssen wir sprechen, insbe-
    sondere auch mit Blick auf Europa. Ob „durabilité“ und
    „Nachhaltigkeit“ tatsächlich dasselbe Konzept beschrei-
    ben, wird erst herauszufinden sein. Ich könnte mir vor-
    stellen und wünsche mir, dass „Nachhaltigkeit“, viel-
    leicht ähnlich wie „Kindergarten“, ein Lehnwort in
    anderen europäischen Sprachen wird. Darüber würde ich
    mich sehr freuen.

    Ich komme aus Freiburg. Dort planen wir einen ober-
    rheinischen Hochschulverbund mit dem Elsass in Frank-
    reich und der Schweiz. Das ist ein europäisches Projekt.
    Herr Staatssekretär, ich meine, dass Forschung über das
    Thema Nachhaltigkeit von größter Bedeutung ist. Viel-
    leicht könnte ein Leistungszentrum für die Forschung
    über Nachhaltigkeit bei uns in Freiburg aufgebaut wer-
    den.

    Ich komme auf die europäische Ebene zurück. Der
    Parlamentarische Beirat wird in Kürze nach Brüssel rei-
    sen. Wir werden den Kommissionspräsidenten Jean-
    Claude Juncker daran erinnern, dass er im vergangenen
    Jahr, als Kofi Annan von Bertelsmann den Preis für
    Nachhaltigkeit erhielt, bei seiner Laudatio Folgendes ge-
    sagt hat – ich zitiere es jetzt –:

    Die schönste … Definition von Nachhaltigkeit …
    bringt uns nicht weiter, wenn wir Nachhaltigkeit
    nicht auch politisch, wirtschaftlich, gesellschaftlich
    und … persönlich umsetzen. … Europa muss bei
    diesem Prozess voranschreiten.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    In dieser Aussage wollen wir Herrn Juncker bestäti-
    gen. Wir wollen ihn aber auch herausfordern. Das wird
    die Aufgabe sein, die sich der Parlamentarische Beirat
    für Nachhaltigkeit in diesem Bereich gestellt hat. Das ist
    ganz wichtig, weil wir in Europa, auch und gerade in
    Zeiten von Krieg und Terror, das Prinzip der Nachhaltig-
    keit, welches auch ein Prinzip von Kooperation und





    Matern von Marschall


    (A) (C)



    (D)(B)

    Friedlichkeit ist, besonders ernstnehmen müssen und es
    nicht hinter all die anderen aktuellen, wichtigen und dra-
    matischen Aufgaben hintanstellen dürfen. Denn nur
    dann haben wir die Möglichkeit, unseren Kindern und
    Enkelkindern eine Welt zu hinterlassen, in der auch sie
    die Chance auf ein gelingendes Leben haben.

    Danke.


    (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)




Rede von Dr. h.c. Edelgard Bulmahn
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird die Überweisung auf Drucksa-
che 17/14325 an die in der Tagesordnung aufgeführten
Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit einverstan-
den? – Das ist der Fall. Damit ist die Überweisung so be-
schlossen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 24 a bis 24 c auf:

a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Heike
Hänsel, Niema Movassat, Wolfgang Gehrcke,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE
LINKE sowie der Abgeordneten Uwe Kekeritz,
Claudia Roth (Augsburg), Dr. Frithjof Schmidt,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN

Wirtschaftspartnerschaftsabkommen stop-
pen – Für neue Verhandlungen ohne Druck
und Fristen
Drucksache 18/2603

b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für wirtschaftliche Zu-
sammenarbeit und Entwicklung (19. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Heike Hänsel,
Niema Movassat, Wolfgang Gehrcke, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE

Nachhaltige Entwicklungsziele der Vereinten
Nationen – Soziale Ungleichheit weltweit über-
winden
Drucksachen 18/1328, 18/1916

c) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für wirtschaftliche Zu-
sammenarbeit und Entwicklung (19. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Heike Hänsel,
Niema Movassat, Wolfgang Gehrcke, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE

Verhandlungen über die Wirtschaftspartner-
schaftsabkommen – Neustart ohne Drohun-
gen und Fristen
Drucksachen 18/1615, 18/2073

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
die Aussprache 38 Minuten vorgesehen. – Ich höre kei-
nen Widerspruch. Das ist dann so beschlossen.

Damit eröffne ich die Aussprache und erteile als ers-
ter Rednerin Heike Hänsel das Wort.


(Beifall bei der LINKEN)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Heike Hänsel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)


    Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

    Wir besprechen heute als letzten Tagesordnungspunkt
    dieser Woche die großen Zukunftsfragen der Welt und
    damit eigentlich die wichtigsten Fragen – leider ganz am
    Ende der Sitzungswoche. Es geht um globale Ziele, die
    sich die Weltgemeinschaft ab 2015 gemeinsam stecken
    will, die sogenannten nachhaltigen Entwicklungsziele,
    auf Englisch: Sustainable Development Goals, allge-
    mein abgekürzt als SDGs. Das sage ich für die Gäste,
    weil ich mir sicher bin, dass viele noch nicht davon ge-
    hört haben.

    Ein erster Entwurf dieser Ziele wurde im Rahmen der
    UN-Generalversammlung vorgestellt, die zurzeit tagt. Es
    geht um 17 nachhaltige Entwicklungsziele. Ganz oben
    steht natürlich das Ziel, die Armut zu überwinden. Wir
    müssen die weltweiten Ressourcen schonen, den Klima-
    schutz vorantreiben und die weltweite Ungleichheit be-
    kämpfen. Es geht um Zielvorgaben, die für die Länder
    des Südens, aber genauso für die Industrieländer gelten
    sollen.

    Wir haben dazu einen Antrag eingebracht, noch vor
    der Sommerpause, also schon vor einigen Monaten, weil
    wir über dieses Thema hier im Parlament diskutieren
    wollten. Die erste Frage, die wir uns stellen müssen, ist
    die Frage der Partizipation, der Beteiligung. Alle waren
    sich einig – es gab viele Verlautbarungen der Regierun-
    gen –: Ja, wir wollen eine ganz breite Beteiligung, weil
    es um die Entwicklung unserer Gesellschaften geht. –
    Ich muss sagen: Wir haben jetzt zwar Ziele vorgelegt be-
    kommen, es kommt auch zu einer Beteiligung; aber
    wenn ich hier fragen würde, wer schon einmal von den
    Entwicklungszielen gehört hat, dann würde ich vermut-
    lich erfahren, dass es die wenigsten sind. Das ist ein gro-
    ßer Kritikpunkt. Wenn wir über so wichtige Fragen dis-
    kutieren, braucht es viel breitere Diskussionsprozesse
    und eine ernsthafte Beteiligung der Zivilgesellschaft.


    (Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Wir haben vorgeschlagen, mit dem Thema in die
    Schulen, in die Universitäten und in die Kommunen zu
    gehen. All das wäre wichtig, um einen breiten Diskus-
    sionsprozess anzustoßen; denn alle Menschen sind da-
    von betroffen. Es geht um ihren Lebensstil, darum, was
    sie konsumieren. All das sind wichtige Fragen; wir dis-
    kutieren sie mit Schulklassen. Aber es ist doch wichtig,
    die Beteiligung auch institutionell zu verankern. Ich
    hätte mir von der Bundesregierung gewünscht, dass sie
    einen viel breiteren Prozess anstößt, dass sie die Diskus-
    sion nicht auf der Ebene der NGOs, der Nichtregierungs-
    organisationen, belässt – NGOs sind wichtig, aber es
    sind spezielle Gruppen –, sondern das Thema mehr in
    die Öffentlichkeit trägt. Ich denke, da muss man mehr
    machen.


    (Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Gabriela Heinrich [SPD])


    Uns geht es, wenn ich mir die Ziele anschaue, vor al-
    lem um die Frage der sozialen Ungleichheit; das ist die





    Heike Hänsel


    (A) (C)



    (D)(B)

    größte Herausforderung. Wir kennen zum Teil die Zah-
    len; ich will eine nennen: Die 85 reichsten Personen
    weltweit besitzen ungefähr so viel wie die Hälfte der
    Weltbevölkerung. Ich denke, diese Zahl spricht für sich.
    Deshalb ist unsere große Forderung: Wir müssen den
    Kampf gegen die soziale Ungleichheit weltweit und
    auch in unserer eigenen Gesellschaft an die erste Stelle
    setzen.


    (Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Es gibt einen weiteren Punkt, der mich wundert. Die
    vorherigen Ziele, die 2015 auslaufenden Millenniums-
    entwicklungsziele, befassten sich auch mit dem Thema
    Frieden. Dies wird in den neuen Zielen kaum themati-
    siert. Wir sehen doch weltweit die Kriege und Krisen;
    wir wissen ja gar nicht mehr, auf welche Kriegsregion
    wir zuerst schauen sollen. Deshalb hatten wir von An-
    fang an gefordert: Die Friedenspolitik muss in die Ent-
    wicklungsziele aufgenommen werden. Frieden und Ent-
    wicklung sind zwei Seiten einer Medaille.


    (Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Ganz konkret haben wir gesagt: Es muss um Rüstungs-
    export, aber auch um Abrüstung gehen. Weltweit werden
    1,2 Billionen Euro für Rüstung ausgegeben. Diese kön-
    nen wir doch in Ausgaben für Entwicklung umwidmen.
    Das ist doch die zentrale Herausforderung. Wir brauchen
    das Geld für Entwicklung.


    (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Wir haben noch einen zweiten Antrag eingebracht,
    den wir gemeinsam mit den Grünen verfasst haben, was
    ich sehr begrüße. Wir haben ihn vorgelegt, weil nächste
    Woche, am 1. Oktober, eine Deadline der Europäischen
    Union endet. Es geht um Handelsfragen, die eine zen-
    trale Rolle spielen, wenn es um die Bekämpfung sozialer
    Ungleichheiten geht.

    Viele Menschen engagieren sich momentan sehr da-
    für, dass das TTIP, das Freihandelsabkommen mit den
    USA, nicht zustande kommt. Es gibt aber auch andere
    Wirtschaftsabkommen mit den Ländern des Südens, vor
    allem mit den afrikanischen Ländern. Die afrikanischen
    Länder haben sich zwölf Jahre gegen das Ansinnen der
    Europäischen Union gewehrt, Wirtschaftspartnerschafts-
    abkommen abzuschließen, da dies für sie große Verände-
    rungen zur Folge hätte: die Öffnung und Liberalisierung
    ihrer Märkte, gleicher Zugang von EU und afrikanischen
    Ländern. All das bedroht massiv die Existenz von Klein-
    bauern und viele Arbeitsplätze. Deswegen haben wir
    von Anfang an gesagt: Wir wollen diese Form der Wirt-
    schaftspartnerschaftsabkommen nicht. Wir wollen neue
    Mandate, durch die die selbstbestimmte Entwicklung in
    den Ländern gestärkt wird.


    (Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    In der nächsten Woche, am 1. Oktober, läuft die
    Deadline der EU ab. Die EU hat den verschiedenen afri-
    kanischen Ländergruppen gesagt: Wer bis dahin nicht
    unterzeichnet hat, für den fällt der zollfreie Zugang zu
    den Märkten weg. Das betrifft einige Länder, die sich in
    den letzten Jahren viel aufgebaut haben; konkret ist Ke-
    nia zu nennen. Sie gelten in der EU als Mitteleinkom-
    mensländer. Falls sie die Wirtschaftspartnerschaftsab-
    kommen nicht unterschreiben, fällt ab dem 1. Oktober
    der zollfreie Zugang zu den Märkten weg. Das ist reine
    EU-Erpressungspolitik, und die lehnen wir ab.


    (Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Wir fordern, dass der freie Zugang zu den Märkten über
    den 1. Oktober hinaus aufrechterhalten wird.

    Zum Schluss möchte ich noch erwähnen, dass es in
    Kenia um 500 000 Arbeitsplätze im Blumensektor geht,
    die konkret betroffen wären, wenn Zölle auf den Export
    von Blumen erhoben würden. In erster Linie würde das
    viele Fairtrade-Blumen betreffen. Diese Strukturen wur-
    den unter anderem durch deutsche Entwicklungsgelder
    aufgebaut. Wir können als Entwicklungspolitiker doch
    nicht unterstützen, dass die EU diese Länder erpresst
    und dass Projekte, die mit deutschen bzw. EU-Entwick-
    lungsgeldern aufgebaut wurden, in ihrer Existenz be-
    droht werden. Ich bitte die Bundesregierung: Setzen Sie
    sich dafür ein, dass der zollfreie Zugang für all diese
    Produkte aus Kenia über den 1. Oktober hinaus erhalten
    bleibt.

    Danke.


    (Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)