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    Plenarprotokoll 18/55 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 55. Sitzung Berlin, Freitag, den 26. September 2014 I n h a l t : Tagesordnungspunkt 19: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Einführung des Elterngeld Plus mit Part- nerschaftsbonus und einer flexibleren El- ternzeit im Bundeselterngeld- und Eltern- zeitgesetz Drucksachen 18/2583, 18/2625 . . . . . . . . . . . 5071 B Manuela Schwesig, Bundesministerin BMFSFJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5071 D Jörn Wunderlich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 5073 D Nadine Schön (St. Wendel) (CDU/CSU) . . . . 5075 A Katja Dörner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5076 C Dr. Carola Reimann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 5077 D Diana Golze (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . 5079 A Marcus Weinberg (Hamburg) (CDU/CSU) . . 5080 A Dr. Franziska Brantner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5082 B Dr. Silke Launert (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 5083 C Dr. Fritz Felgentreu (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 5084 D Bettina Hornhues (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 5086 B Eckhard Pols (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 5087 C Tagesordnungspunkt 20: a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur weiteren Entlastung von Län- dern und Kommunen ab 2015 und zum quantitativen und qualitativen Ausbau der Kindertagesbetreuung Drucksache 18/2586 . . . . . . . . . . . . . . . . . 5089 A b) Antrag der Abgeordneten Diana Golze, Matthias W. Birkwald, Nicole Gohlke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Ausbau und Qualität in der Kinderbetreuung vorantreiben Drucksache 18/2605 . . . . . . . . . . . . . . . . . 5089 B Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5089 B Diana Golze (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 5091 C Manuela Schwesig, Bundesministerin BMFSFJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5093 A Sven-Christian Kindler (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5094 C Eckhardt Rehberg (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 5095 D Susanna Karawanskij (DIE LINKE) . . . . . . . 5098 A Bettina Hagedorn (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 5099 B Dr. Franziska Brantner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5101 A Philipp Graf Lerchenfeld (CDU/CSU) . . . . . 5102 A Bernhard Daldrup (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 5103 B Marcus Weinberg (Hamburg) (CDU/CSU) . . 5105 A Ulrike Gottschalck (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 5107 A Tagesordnungspunkt 21: Erste Beratung des von den Abgeordneten Nicole Maisch, Renate Künast, Luise Amtsberg, weiteren Abgeordneten und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes über die Einführung von Gruppenverfahren Drucksache 18/1464 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5107 D Inhaltsverzeichnis II Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 55. Sitzung. Berlin, Freitag, den 26. September 2014 Renate Künast (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5108 A Sebastian Steineke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 5109 B Renate Künast (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5110 C Caren Lay (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . 5111 C Dr. Volker Ullrich (CDU/CSU) . . . . . . . . . 5112 C Dirk Wiese (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5113 B Dr. Volker Ullrich (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 5114 B Dr. Karl-Heinz Brunner (SPD) . . . . . . . . . . . . 5115 D Katja Keul (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5116 B Tagesordnungspunkt 22: Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht zum Anerkennungsgesetz Drucksache 18/1000 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5116 D Stefan Müller, Parl. Staatssekretär BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5116 D Dr. Rosemarie Hein (DIE LINKE) . . . . . . . . . 5118 B Dr. Karamba Diaby (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 5119 B Özcan Mutlu (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5120 C Cemile Giousouf (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 5121 D Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD) . . . . . . . . . 5123 A Katrin Albsteiger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 5124 A Tagesordnungspunkt 23: Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht der Bundesregierung zur Bildung für eine nachhaltige Entwicklung – 17. Le- gislaturperiode – Drucksache 17/14325 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5125 B Stefan Müller, Parl. Staatssekretär BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5125 C Dr. Rosemarie Hein (DIE LINKE) . . . . . . . . . 5126 D Saskia Esken (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5127 D Beate Walter-Rosenheimer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5128 D Dr. Claudia Lücking-Michel (CDU/CSU) . . . 5130 A Oliver Kaczmarek (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 5131 A Matern von Marschall (CDU/CSU) . . . . . . . . 5132 A Tagesordnungspunkt 24: a) Antrag der Abgeordneten Heike Hänsel, Niema Movassat, Wolfgang Gehrcke, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE sowie der Abgeordneten Uwe Kekeritz, Claudia Roth (Augsburg), Dr. Frithjof Schmidt, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wirtschaftspartnerschafts- abkommen stoppen – Für neue Ver- handlungen ohne Druck und Fristen Drucksache 18/2603 . . . . . . . . . . . . . . . . . 5133 A b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für wirtschaftliche Zusam- menarbeit und Entwicklung zu dem An- trag der Abgeordneten Heike Hänsel, Niema Movassat, Wolfgang Gehrcke, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Nachhaltige Entwicklungsziele der Vereinten Nationen – Soziale Un- gleichheit weltweit überwinden Drucksachen 18/1328, 18/1916. . . . . . . . . 5133 B c) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für wirtschaftliche Zusam- menarbeit und Entwicklung zu dem An- trag der Abgeordneten Heike Hänsel, Niema Movassat, Wolfgang Gehrcke, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Verhandlungen über die Wirt- schaftspartnerschaftsabkommen – Neu- start ohne Drohungen und Fristen Drucksachen 18/1615, 18/2073 . . . . . . . . 5133 B Heike Hänsel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 5133 C Tobias Zech (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . 5134 D Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5136 C Dr. Bärbel Kofler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 5137 D Frank Heinrich (Chemnitz) (CDU/CSU) . . . . 5139 B Heike Hänsel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 5140 D Frank Heinrich (Chemnitz) (CDU/CSU) . . . . 5141 A Dr. Sascha Raabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 5141 B Nächste Sitzung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5142 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten. . . . . . 5143 A Anlage 2 Amtliche Mitteilung (Nachtrag zur 51. Sit- zung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5144 A Anlage 3 Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5144 C Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 55. Sitzung. Berlin, Freitag, den 26. September 2014 5071 (A) (C) (D)(B) 55. Sitzung Berlin, Freitag, den 26. September 2014 Beginn: 9.00 Uhr
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    Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 55. Sitzung. Berlin, Freitag, den 26. September 2014 5143 (A) (C) (B) Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten (D) Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich van Aken, Jan DIE LINKE 26.09.2014 Alpers, Agnes DIE LINKE 26.09.2014 Andreae, Kerstin BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 26.09.2014 Bär, Dorothee CDU/CSU 26.09.2014 Beckmeyer, Uwe SPD 26.09.2014 Dr. Braun, Helge CDU/CSU 26.09.2014 Dağdelen, Sevim DIE LINKE 26.09.2014 Dr. De Ridder, Daniela SPD 26.09.2014 Dobrindt, Alexander CDU/CSU 26.09.2014 Dött, Marie-Luise CDU/CSU 26.09.2014 Dröge, Katharina BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 26.09.2014 Flosbach, Klaus-Peter CDU/CSU 26.09.2014 Dr. Freudenstein, Astrid CDU/CSU 26.09.2014 Dr. Fuchs, Michael CDU/CSU 26.09.2014 Fuchtel, Hans-Joachim CDU/CSU 26.09.2014 Gastel, Matthias BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 26.09.2014 Gohlke, Nicole DIE LINKE 26.09.2014 Groth, Annette DIE LINKE 26.09.2014 Hardt, Jürgen CDU/CSU 26.09.2014 Hasselfeldt, Gerda CDU/CSU 26.09.2014 Dr. Hendricks, Barbara SPD 26.09.2014 Horb, Margaret CDU/CSU 26.09.2014 Jung, Xaver CDU/CSU 26.09.2014 Dr. Jüttner, Egon CDU/CSU 26.09.2014 Korte, Jan DIE LINKE 26.09.2014 Krellmann, Jutta DIE LINKE 26.09.2014 Kühn (Dresden), Stephan BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 26.09.2014 Kühn (Tübingen), Christian BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 26.09.2014 Liebich, Stefan DIE LINKE 26.09.2014 Liebing, Ingbert CDU/CSU 26.09.2014 Dr. Malecha-Nissen, Birgit SPD 26.09.2014 Dr. h. c. Michelbach, Hans CDU/CSU 26.09.2014 Dr. Müller, Gerd CDU/CSU 26.09.2014 Dr. Murmann, Philipp CDU/CSU 26.09.2014 Dr. Nick, Andreas CDU/CSU 26.09.2014 Nietan, Dietmar SPD 26.09.2014 Ostendorff, Friedrich BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 26.09.2014 Özdemir, Cem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 26.09.2014 Poß, Joachim SPD 26.09.2014 Dr. Raatz, Simone SPD 26.09.2014 Rachel, Thomas CDU/CSU 26.09.2014 Radomski, Kerstin CDU/CSU 26.09.2014 Scheuer, Andreas CDU/CSU 26.09.2014 Stauche, Carola CDU/CSU 26.09.2014 Steinbach, Erika CDU/CSU 26.09.2014 Dr. Steinmeier, Frank- Walter SPD 26.09.2014 Strässer, Christoph SPD 26.09.2014 Strobl (Heilbronn), Thomas CDU/CSU 26.09.2014 Dr. Tackmann, Kirsten DIE LINKE 26.09.2014 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Anlagen 5144 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 55. Sitzung. Berlin, Freitag, den 26. September 2014 (A) (C) (D)(B) Anlage 2 Amtliche Mitteilung (Nachtrag zur 51. Sitzung) Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden Unionsdokumente zur Kenntnis genommen oder von ei- ner Beratung abgesehen hat. Auswärtiger Ausschuss Drucksache 18/419 Nr. A.3 EuB-BReg 53/2013 Drucksache 18/419 Nr. A.18 Ratsdokument 14716/13 Drucksache 18/544 Nr. A.1 EuB-BReg 10/2014 Drucksache 18/544 Nr. A.8 Ratsdokument 18099/13 Drucksache 18/822 Nr. A.3 EuB-BReg 16/2014 Drucksache 18/822 Nr. A.5 EP P7_TA-PROV(2014)0098 Drucksache 18/822 Nr. A.6 EP P7_TA-PROV(2014)0101 Drucksache 18/897 Nr. A.1 Ratsdokument 6902/14 Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz Drucksache 18/419 Nr. A.38 Ratsdokument 8179/13 Drucksache 18/822 Nr. A.8 EP P7_TA-PROV(2014)0064 Drucksache 18/822 Nr. A.9 Ratsdokument 5445/14 Drucksache 18/1393 Nr. A.26 Ratsdokument 7910/14 Drucksache 18/1393 Nr. A.27 Ratsdokument 8151/14 Ausschuss für Arbeit und Soziales Drucksache 18/1524 Nr. A.9 Ratsdokument 9008/14 Dr. Terpe, Harald BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 26.09.2014 Ulrich, Alexander DIE LINKE 26.09.2014 Veit, Rüdiger SPD 26.09.2014 Vogel (Kleinsaara), Volkmar CDU/CSU 26.09.2014 Weiss (Wesel I), Sabine CDU/CSU 26.09.2014 Wicklein, Andrea SPD 26.09.2014 Widmann-Mauz, Annette CDU/CSU 26.09.2014 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur Drucksache 18/1524 Nr. A.12 Ratsdokument 6587/14 Drucksache 18/1524 Nr. A.13 Ratsdokument 8290/14 Drucksache 18/1524 Nr. A.14 Ratsdokument 9143/14 Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Drucksache 18/544 Nr. A.49 EP P7_TA-PROV(2013)0546 Drucksache 18/1707 Nr. A.8 Ratsdokument 9802/14 Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Drucksache 18/1524 Nr. A.15 Ratsdokument 8814/14 Drucksache 18/1659 Nr. A.1 KOM(2014)324 endg. Anlage 3 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner 925. Sitzung am 19. Sep- tember 2014 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Ab- satz 2 des Grundgesetzes nicht zu stellen: – Achtes Gesetz zur Änderung des Weingesetzes – Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Fortent- wicklung des Meldewesens – Zweites Gesetz zur Änderung des Staatsangehö- rigkeitsgesetzes Der Bundesrat hat hierzu ferner folgende Entschlie- ßung gefasst: 1. Der Bundesrat begrüßt, dass mit dem Zweiten Gesetz zur Änderung des Staatsangehörig- keitsgesetzes ein weiterer, wichtiger Schritt zu einem modernen Staatsangehörigkeitsrecht in Deutschland gegangen wird. 2. Der Bundesrat nimmt zur Kenntnis, dass der Koalitionsvertrag auf Bundesebene vorsieht, dass für in Deutschland geborene und aufge- wachsene Kinder ausländischer Eltern in Zu- kunft der Optionszwang entfällt und die Mehr- staatigkeit akzeptiert wird. 3. Der Bundesrat begrüßt, dass diese Vereinba- rung im Koalitionsvertrag durch das Gesetz der Bundesregierung nun zeitnah umgesetzt wurde. Er stellt fest, dass das vorgelegte Gesetz diese Umsetzung in deutlich besserer Form vor- nimmt als dies im ursprünglichen Gesetzent- wurf des Bundesministeriums des Innern von Anfang Februar vorgesehen war. So wurde der Kreis der optionspflichtigen Kinder, für die künftig die Optionspflicht entfällt, erheblich er- weitert. Dadurch wird nach ersten Schätzungen der Optionszwang für mehr als 90 Prozent der Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 55. Sitzung. Berlin, Freitag, den 26. September 2014 5145 (A) (C) (D)(B) jetzt noch Optionspflichtigen entfallen. Für diese Personengruppe wird also eine deutliche Verbesserung erreicht werden. 4. Der Bundesrat stellt fest, dass sich mit dem vorliegenden Gesetz allerdings die Widersprü- che innerhalb des Staatsangehörigkeitsrechts verstärken, weil die Öffnung beispielsweise nicht auch im Einbürgerungsrecht nachvoll- zogen wird. Weitere Modernisierungsschritte bleiben diesbezüglich notwendig. 5. Der Bundesrat bedauert, dass die Bundesregie- rung sich nicht auf eine umfassende gesetzli- che Regelung verständigen konnte, die die vollständige und vorbehaltlose Abschaffung des Optionsverfahrens und die Aufgabe des Grundsatzes der Vermeidung von Mehrstaatig- keit vorsieht. 6. Der Bundesrat verweist in diesem Zusammen- hang auf seinen Gesetzentwurf vom 5. Juli 2013 (vergleiche Bundesratsdrucksache 461/13 (Beschluss)). Der vom Bundesrat beschlossene Gesetzentwurf sah eine Streichung des Grund- satzes der Vermeidung von Mehrstaatigkeit ins- gesamt aus dem Staatsangehörigkeitsgesetz ebenso vor, wie die vollständige Aufhebung der Optionsregelung in § 29 des Staatsangehörig- keitsgesetzes (vergleiche Artikel 1 Nummer 7 der Bundesratsdrucksache 461/13 (Beschluss)). Der Bundesrat hält an den Zielen seines Be- schlusses vom 5. Juli 2013 fest. Insbesondere sollte nach dem mit dem Gesetzentwurf der Bundesregierung gegangenen ersten Schritt so- wohl im Interesse der Betroffenen als auch aus verwaltungsökonomischer Sicht in einem zwei- ten Schritt die Optionsregelung vollständig auf- gehoben werden. – Gesetz zur Einstufung weiterer Staaten als sichere Herkunftsstaaten und zur Erleichterung des Ar- beitsmarktzugangs für Asylbewerber und gedul- dete Ausländer – Gesetz zur Änderung des Umweltinformationsge- setzes – Gesetz zu dem Abkommen vom 9. September 2013 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik der Philippinen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen – Gesetz zu dem Luftverkehrsabkommen vom 25. und 30. April 2007 zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika einerseits und der Europäi- schen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten an- derseits (Vertragsgesetz EU-USA-Luftverkehrsab- kommen – EU-USA-LuftverkAbkG) – Gesetz zu dem Europa-Mittelmeer-Luftverkehrs- abkommen vom 15. Dezember 2010 zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten ei- nerseits und dem Haschemitischen Königreich Jordanien anderseits (Vertragsgesetz Europa- Mittelmeer-Jordanien-Luftverkehrsabkommen – Euromed-JOR-LuftverkAbkG) – Gesetz zu dem Abkommen vom 26. Juni 2012 zwi- schen der Europäischen Union und ihren Mitglied- staaten und der Republik Moldau über den Ge- meinsamen Luftverkehrsraum (Vertragsgesetz EU-Moldau-Luftverkehrsabkommen – EU-MDA- LuftverkAbkG) Darüber hinaus hat der Bundesrat in seiner 925. Sit- zung am 19. September 2014 beschlossen, zu dem Ent- wurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundes- haushaltsplans für das Haushaltsjahr 2015 gemäß Artikel 110 Absatz 3 des Grundgesetzes und zu dem Finanzplan des Bundes 2014 bis 2018 gemäß § 9 Ab- satz 2 Satz 2 des Gesetzes zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft und gemäß § 50 Ab- satz 3 Satz 1 des Haushaltsgrundsätzegesetzes wie folgt Stellung zu nehmen: 1. Die positive gesamtwirtschaftliche Entwicklung in den vergangenen Jahren hat maßgeblich zur Konsoli- dierung des Bundeshaushalts beigetragen. Nicht zu- letzt die Zunahme der Steuereinnahmen bewirkte eine stetige Verringerung des Finanzierungsdefizits des Bundes. Die gute Lage am Arbeitsmarkt führte da- rüber hinaus zu einer verhältnismäßig stabilen Ent- wicklung der Sozialausgaben. Der Bundeshaushalt profitiert zudem in besonderem Maße von dem anhal- tend niedrigen Zinsniveau, das ebenfalls jährlich für erhebliche Entlastungen sorgt. Hinzu tritt eine vorübergehende Kürzung der Zuschüsse an einzelne Sozialversicherungszweige (Gesundheitsfonds und Gesetzliche Rentenversicherung). 2. Der Bundesrat erkennt an, dass die Bundesregierung nach einem avisierten strukturellen Überschuss 2014 nun mit dem Entwurf 2015 erstmals seit dem Jahr 1969 einen Haushalt ohne Nettokreditaufnahme erreichen kann. Im Vergleich zu den bisherigen Pro- gnosen mehren sich jedoch die Anzeichen für eine konjunkturelle Abkühlung. Die derzeitigen geopoliti- schen Unruhen zum Beispiel in der Ukraine und im Nahen Osten wirken zunehmend dämpfend auf die deutsche Wirtschaft, wobei das vollständige Ausmaß der zukünftigen Risiken derzeit noch nicht absehbar ist. Die anhaltende Nachfrageschwäche aus dem Eu- roraum belastet zusätzlich die wirtschaftliche Ent- wicklung. Zudem würde eine Normalisierung des all- gemeinen Zinsniveaus zu einer deutlichen Steigerung der Zinsausgaben führen. Um die Zielsetzung eines Haushalts ohne Neuverschuldung langfristig abzusi- chern, bedarf es daher weiterer Konsolidierungsan- strengungen. Dabei ist auch die Sicherung der ge- samtstaatlichen Einnahmenbasis unerlässlich, um die Finanzierung notwendiger Investitionen sowie zu- kunftswirksamer und wachstumsstärkender Maßnah- men von Bund, Ländern und Kommunen im Rahmen der verfassungsrechtlichen Verschuldungsgrenzen zu gewährleisten. 5146 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 55. Sitzung. Berlin, Freitag, den 26. September 2014 (A) (C) (D)(B) 3. Der Bundesrat begrüßt die Bereitschaft der Bundesre- gierung, in dieser Legislaturperiode vermehrt in die Bereiche Bildung, Forschung, Verkehr und Infra- struktur zu investieren. Angesichts bedeutender In- vestitionsdefizite sieht er aber die Notwendigkeit, da- rüber hinausgehende zusätzliche Mittel in diese Zukunftsbereiche umzulenken. Dies würde weitere Wachstumsimpulse freisetzen und einer möglichen Erlahmung der Konjunktur entgegenwirken. 4. Der Bundesrat bittet in diesem Zusammenhang die Bundesregierung, im Bereich Verkehr und Infrastruk- tur alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um künftig mehr Planbarkeit, Verlässlichkeit und Flexibi- lität sicherzustellen. 5. Der Bundesrat erwartet, dass im Haushaltsentwurf 2015 des Bundes die für den Verkehrsbereich bereit- gestellten Regionalisierungsmittel erhöht werden. Der derzeitige Ansatz sollte zumindest um die zur De- ckung von Kostensteigerungen dringend erforderliche und bisher erfolgte Dynamisierung von jährlich 1,5 Prozent aufgestockt werden. Tatsächlich benötigt wird ein Betrag von 8,5 Milliarden Euro, wie das Gut- achten „Revision der Regionalisierungsmittel“ festge- stellt hat. Bei einem Einfrieren des Betrags bis zur Revision der Regionalisierungsmittel würde die Fi- nanzierungslücke zu den tatsächlichen ÖPNV-Kosten eine Größenordnung erreichen, die aus den Länder- haushalten nicht geschlossen werden kann. 6. Der Bundesrat stellt fest, dass eine Reihe an Faktoren einer verlässlichen und bedarfsgerechten Finanzie- rung von Bundesfernstraßen in den Ländern derzeit entgegensteht. Für eine nachhaltige und bedarfsge- rechte Finanzierung muss die Planung, Verfügbarkeit und Steuerung der Finanzmittel im Bundesfernstra- ßenbau deutlich verbessert werden. Darüber hinaus bittet der Bundesrat die Bundesregierung, die Zweck- ausgabenpauschale für Planung und Baubegleitung in angemessener Weise zu erhöhen. 7. Der Bundesrat weist erneut auf die Festlegung im Zuge der Einigung zur nationalen Umsetzung des Fis- kalpakts und des Stabilitäts- und Wachstumspakts hin, in dieser Legislaturperiode ein neues Bundesteil- habegesetz zu erarbeiten und in Kraft zu setzen, das die rechtlichen Vorschriften zur Eingliederungshilfe ablöst. Er bekräftigt seine Erwartung an eine Rege- lung, die mit Wirkung zum 1. Januar 2017 eine jährli- che Entlastung von 5 Milliarden Euro sicherstellt. 8. Die Bundesregierung hat angekündigt, im Herbst 2014 einen Gesetzentwurf mit Korrekturen und Nach- justierungen am Steuerrecht vorzulegen. Auch der Bundesrat sieht steuerpolitischen Handlungsbedarf. Er fordert die Bundesregierung erneut dazu auf, die von den Ländern für erforderlich gehaltenen weiteren steuerrechtlichen Änderungsbedarfe zeitnah zusam- menzutragen und deren Umsetzung zügig und in en- ger Abstimmung mit den Ländern vorzubereiten. Der Bundesrat erinnert in diesem Zusammenhang auch an die weiteren steuerpolitischen Vorhaben der Bundesregierung etwa im Kampf gegen missbräuchli- che Steuergestaltungen und grenzüberschreitende Ge- winnverlagerungen international operierender Unter- nehmen. Der Bundesrat geht davon aus, dass die Bundesregie- rung auf der Basis der mit den Ländern im Frühjahr vereinbarten Eckpunkte noch im Jahr 2014 einen Ge- setzentwurf zur Verschärfung der Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung und zum Absehen von Verfol- gung in besonderen Fällen (§§ 371, 398a Abgaben- ordnung) beschließen wird. 9. Der Bundesrat unterstützt die Zielvorgabe der Bun- desregierung im Koalitionsvertrag für die 18. Legisla- turperiode, bis zum Jahr 2018 in Deutschland eine flä- chendeckende Versorgung mit schnellem Internet mit Bandbreiten von mindestens 50 Mbit/s bereitzustel- len. 10.Der Bundesrat erkennt an, dass die Bundesregierung Maßnahmen zur Abmilderung der mit der Bundes- wehrreform und dem Abzug der Gaststreitkräfte ver- bundenen Schließung von Standorten vorgenommen hat. So können in den Haushaltsjahren 2015 bis 2018 Konversionsgrundstücke an Kommunen vergünstigt abgegeben werden. Die nähere Konkretisierung des entsprechenden Haushaltsvermerks im Haushalt 2015 sollte in Abstimmung mit den Ländern erfolgen. Auf- grund der erheblichen Tragweite der Bundeswehrre- form und des Abzugs der Gaststreitkräfte bittet der Bundesrat darum, die Kommunen bei Bedarf durch ergänzende Hilfen des Bundes zu unterstützen. 11.Der vorsorgende Hochwasserschutz stellt besonders vor dem Hintergrund des Hochwassers im Juni 2013 einen bedeutenden und gemeinsam von Bund und Ländern stärker wahrzunehmenden Aufgabenschwer- punkt dar. Der Bundesrat erinnert an die von den Agrarministerinnen und -ministern sowie den Um- weltministerinnen und -ministern geforderte Aufstel- lung eines Nationalen Hochwasserschutzprogramms. Er erwartet damit einhergehend eine aufgabenge- rechte Finanzausstattung, die sowohl eine Aufsto- ckung des Plafonds in der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küsten- schutz“ (GAK) als auch zusätzliche Mittel für einen Sonderrahmenplan Hochwasserschutz innerhalb der GAK beinhaltet, um die in einem Nationalen Hoch- wasserschutzprogramm vorgesehenen Maßnahmen zeitgerecht in Angriff nehmen zu können. Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Ju- gend hat mitgeteilt, dass er gemäß § 80 Absatz 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Unterrichtung der Antidiskriminierungsstelle des Bundes Gemeinsamer Bericht der Antidiskriminierungsstelle des Bundes und die in ihrem Zuständigkeitsbereich be- troffenen Beauftragten der Bundesregierung und des Deutschen Bundestages 2010 Drucksache 17/4325 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 55. Sitzung. Berlin, Freitag, den 26. September 2014 5147 (A) (C) (B) Unterrichtung der Antidiskriminierungsstelle des Bundes Zweiter Gemeinsamer Bericht der Antidiskriminie- rungsstelle des Bundes und der in ihrem Zuständig- keitsbereich betroffenen Beauftragten der Bundesregie- rung und des Deutschen Bundestages Diskriminierung im Bildungsbereich und Arbeitsleben Drucksachen 17/14400, 18/641 Nr. 21 Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden Unionsdokumente zur Kenntnis genommen oder von ei- ner Beratung abgesehen hat. Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft Drucksache 18/1935 Nr. A.10 Ratsdokument 9934/14 Drucksache 18/2533 Nr. A.43 ERH 8/2014 Drucksache 18/2533 Nr. A.44 Ratsdokument 10911/14 Drucksache 18/2533 Nr. A.45 Ratsdokument 11283/14 Drucksache 18/2533 Nr. A.46 Ratsdokument 11288/14 Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe Drucksache 18/419 Nr. A.157 Ratsdokument 11738/13 Drucksache 18/419 Nr. A.158 Ratsdokument 11857/13 Drucksache 18/544 Nr. A.46 EP P7_TA-PROV(2013)0545 Drucksache 18/544 Nr. A.48 EP P7_TA-PROV(2013)0594 Drucksache 18/1393 Nr. A.39 Ratsdokument 8806/14 Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Drucksache 18/419 Nr. A.173 Ratsdokument 14116/13 Drucksache 18/1707 Nr. A.6 EP P7_TA-PROV(2014)0395 (D) 55. Sitzung Inhaltsverzeichnis TOP 19 Elterngeld Plus und flexiblere Elternzeit TOP 20 Ausbau der Kindertagesbetreuung TOP 21 Einführung von Gruppenverfahren TOP 22 Bericht zum Anerkennungsgesetz TOP 23 Bericht zur Bildung für eine nachhaltige Entwicklung TOP 24 Entwicklungspolitik Anlagen
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Rosemarie Hein


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DIE LINKE.)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)


    Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen

    und Kollegen! Ende dieses Jahres geht sie also zu Ende,
    die UN-Dekade „Bildung für nachhaltige Entwicklung“,
    und in jeder Legislatur legte die Bundesregierung einen
    Bericht vor, wie das Thema nachhaltige Entwicklung in
    den unterschiedlichen Bildungsbereichen untersetzt
    wird. Über fast 80 Seiten werden darin Projekte und Ini-
    tiativen aller Bundesministerien und der Länder aufge-
    zählt, und man könnte ob der Fülle schier beeindruckt
    sein. Die Bundesregierung scheint nach dem Motto zu
    arbeiten: Wer vieles bringt, wird manchem etwas brin-
    gen. Ich wage aber zu behaupten, dass die Fülle allein
    noch kein Ausweis für Qualität und schon gar nicht für
    Nachhaltigkeit ist.


    (Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Das Gegenteil auch nicht!)






    Dr. Rosemarie Hein


    (A) (C)



    (D)(B)

    Darum verstehe ich die Grundkritik des Bündnisses
    für Zukunftsbildung. Das ist ein Zusammenschluss von
    Umweltakteuren, Gewerkschaften und international agie-
    renden Verbänden. Sie alle haben sicherlich den Brief
    bekommen. Das Bündnis kritisiert die Begrenztheit der
    Projekte. Bildung für nachhaltige Entwicklung werde in
    Deutschland noch immer einzelnen Personen und Insti-
    tutionen überlassen, schreibt es in seinem Brief.

    Es reicht eben nicht, alle Ministerien und Beauftrag-
    ten der Bundesregierung über ihre Initiativen berichten
    zu lassen, wobei alles aufgezählt wird, was irgendwie
    unter der – ich zitiere den Staatssekretär – Fahne der
    UN-Dekade versammelt werden kann. Dazu gehören der
    Ausbau der frühkindlichen Bildung – das sicherlich –
    und die Häuser der kleinen Forscher ebenso wie das Bil-
    dungs- und Teilhabepaket – dies halte ich übrigens über-
    haupt nicht für nachhaltig –, aber es wird kein Wort über
    die Defizite und Problemsichten verloren. Das fehlt mir
    in diesem Bericht.

    Übrigens fehlt erstaunlicherweise auch das Programm
    „Kultur macht stark“. Da hat das Bildungsministerium
    den nachhaltigen Ansatz wohl gar nicht erkannt. Ich
    finde, das ist nachhaltig. Ich finde außerdem, dass sich
    einige Bereiche, auch in den Ländern, zu einseitig auf
    ökologische, umweltpolitische und globale Fragen kon-
    zentrieren; dabei geht es bei der Bildung für eine nach-
    haltige Entwicklung auch um Gerechtigkeitsfragen, um
    soziale Gerechtigkeit und Generationengerechtigkeit.

    Nachhaltig sein heißt nämlich, dass etwas für lange
    Zeit hält oder bleibt. So beschreibt es Wikipedia. Nach-
    haltig ist im deutschen Bildungssystem aber vor allem
    die Ungerechtigkeit beim Zugang zu Bildung, und das
    hat nachhaltige Folgen für Berufsperspektiven und per-
    sönliches Wohlergehen. Das hat uns der jüngste OECD-
    Bericht zum wiederholten Male unter die Nase gerieben.
    Das ist nichts Neues. Darum sind Fragen des Bildungs-
    zugangs und des Bildungserfolgs Nachhaltigkeitsfragen.
    Ich verstehe nicht, warum immer noch über 100 000 Schü-
    lerinnen und Schüler mit Hauptschulabschluss jedes Jahr
    im Übergangssystem geparkt werden, wenn wir landauf,
    landab über einen Fachkräftemangel klagen.

    Das Bundesministerium der Verteidigung hatte es im
    Übrigen wirklich schwer, etwas zum Bericht beizusteu-
    ern. In den 45 mageren Zeilen kommt das Wort „Um-
    weltschutz“ genau achtmal vor. Das sollte man loben.
    Entschuldigung, aber ich kann an dieser Stelle nur sar-
    kastisch sein. In meinem Bundesland baut die Bundes-
    wehr gerade in der einzigartigen Colbitz-Letzlinger
    Heide eine Geisterstadt mit U-Bahn für die Ausbildung
    zu Kriegseinsätzen. Das hat doch nichts mit Umwelt-
    schutz zu tun. Wenn dann noch in den Schulen für den
    Dienst in der Bundeswehr geworben wird, ist das keine
    Bildung für eine nachhaltige Entwicklung. Diese Kritik
    muss an dieser Stelle sein.

    Doch es werden in dem Bericht auch sehr viele inte-
    ressante Initiativen genannt, die verstetigt werden soll-
    ten. Aber wie das geschehen soll, darüber liest man
    nichts. Auch aus der Rede des Staatssekretärs haben wir
    nichts erfahren können. Vielleicht hofft die Bundesregie-
    rung auf Erleuchtung auf der Abschlusskonferenz in der
    kommenden Woche in Bonn, oder Frau Ministerin bringt
    Ideen aus Japan mit. Auch das könnte sein. Vielleicht
    nehmen Sie auch die nachdenklichen Töne aus einigen
    Ländern auf, wie die vom Kultusministerium aus Sach-
    sen-Anhalt, das das „inflationäre Nebeneinander von
    Themen“ – das war ein Zitat – kritisierte.

    Vielleicht lesen Sie auch noch einmal nach, was der
    Beauftragte der Bundesregierung für Menschen mit Be-
    hinderungen geschrieben hat, nämlich dass der – Zitat –
    „Erwerb von eigenverantwortlichen und nachhaltigen
    Handlungsoptionen … nicht in einem separierenden und
    ausgrenzenden Bildungs-, Ausbildungs- und Arbeitssys-
    tem gelingen“ wird.

    Und vielleicht verbinden Sie das auch mit der im Be-
    richt zu lesenden Einsicht, dass Nachhaltigkeit schon bei
    der Planung von Schulgebäuden, bei der Rhythmisie-
    rung des Schulalltags und bei der Bereitstellung eines
    gesunden Schulfrühstücks und Schulmittagessens be-
    ginnt und ebenso notwendig ist wie soziales Lernen, de-
    mokratische Beteiligung und Bildungsthemen wie Ener-
    giewende, nachhaltige Lebensweise, Mobilität und
    biologische Vielfalt.

    Da haben wir ein gewaltiges Arbeitspensum, und die
    Bundesregierung kann sich da nicht herausreden mit
    dem Verweis auf Länderzuständigkeiten und auch nicht
    mit dem Hinweis darauf, dass man die Finanzierung des
    BAföG jetzt komplett übernimmt.

    Danke schön.


    (Beifall bei der LINKEN)




Rede von Ulla Schmidt
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

Vielen Dank. – Nächste Rednerin ist Saskia Esken,

SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Saskia Esken


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


    Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

    Sehr geehrte Damen und Herren!

    Planst du für ein Jahr, so säe Korn, planst du für ein
    Jahrzehnt, so pflanze Bäume, planst du für ein Le-
    ben, so bilde Menschen.

    So machte schon im 4. Jahrhundert vor unserer Zeitrech-
    nung der chinesische Philosoph Kuan Chung Tzu deut-
    lich: Bildung und Nachhaltigkeit gehören untrennbar zu-
    sammen.

    Ich will das an einem Beispiel verdeutlichen. Müll-
    vermeidung, Mülltrennung, Recycling von Wertstoffen –
    vor 20 Jahren waren diese Begriffe eng abgegrenzten,
    wohlinformierten Kreisen vorbehalten. Heute sind die
    Deutschen Weltmeister im Mülltrennen. Wir recyceln,
    was das Zeug hält, und die Wissenschaft beginnt, die
    Tage zu zählen, bis es lukrativ sein wird, alte Deponien
    auszuräumen und das Material dem Recycling zuzufüh-
    ren.

    Wie ist dieses Kunststück gelungen, liebe Kollegin-
    nen und Kollegen? Sicher gibt es hier den einen oder die
    andere, der oder die sich diese Entwicklung gerne als Er-
    folg der eigenen Gesetzgebung auf die Fahnen schreiben
    würde, und das ist ja auch nicht ganz von der Hand zu





    Saskia Esken


    (A) (C)



    (D)(B)

    weisen. Die Umweltgesetzgebung und ihre Regelungen
    zum Umgang mit Abfall, die uns heute selbstverständ-
    lich erscheinen, waren zur Zeit ihrer Entstehung und
    Durchsetzung nicht unumstritten. Es war eine rot-grüne
    Koalition, die diese Gesetzgebung vorangetrieben hat.
    Damit hat sie nicht nur zum Schutz der natürlichen Le-
    bensgrundlagen, sondern am Ende auch zur wirtschaftli-
    chen Stärke unseres Landes beigetragen.


    (Beifall bei der SPD)


    Zur Wahrheit gehört aber auch: Der Gesetzgebung ge-
    lingt es kaum, innerhalb von 20 Jahren, also in so kurzer
    Zeit, Gewohnheiten zu verändern und einen Wandel der
    Haltung in den Köpfen der Menschen zu verankern. Die-
    ses Kunststück haben Bildungseinrichtungen vollbracht.
    Sie haben die Entstehung, Vermeidung und Trennung
    von Müll thematisiert. Die Kinder lernten verschiedene
    Müllsorten kennen und trennen und wurden sich so der
    Konsequenzen des eigenen Verhaltens bewusst.

    Also: Schulkinder haben im täglichen Handeln ge-
    lernt, was ökologische und gesellschaftliche Verantwor-
    tung bedeuten – und das mit viel Erfolg. Was haben die
    Kinder dann gemacht mit ihrem neuen Wissen? Sie ha-
    ben es nach Hause getragen zu ihren Eltern, zu ihren
    Großeltern, und damit hat eine einzige Schülergenera-
    tion eine ganze Gesellschaft weitergebildet.


    (Beifall bei der SPD)


    Sehr geehrte Damen und Herren, diese kleine Anek-
    dote zeigt: Bildung ist Nachhaltigkeit. Die Nachhaltig-
    keitsstrategie einer Regierung kann ökologische, ökono-
    mische, soziale und kulturelle Nachhaltigkeit zur
    obersten Maxime des Regierungshandelns machen, Ge-
    setze und Verordnungen hervorbringen und Beiräte ein-
    richten; um diese Haltung auch in der Gesellschaft zu
    verankern, ist Bildung notwendig.

    Als Sozialdemokratin ist mir in diesem Vierklang die
    soziale Nachhaltigkeit ein besonderes Anliegen. Das
    Augenmerk wird hier auf die zukunftsfähige, zwischen
    Generationen, Kulturen und Geschlechtern ausgegli-
    chene gerechte Entwicklung einer Gesellschaft gerichtet.
    Für eine nachhaltig sozial stabile Gesellschaft müssen
    wir Chancengleichheit für alle Menschen und insbeson-
    dere für Kinder und Jugendliche anstreben, die Integra-
    tion von Menschen jedweder Herkunft und Kultur för-
    dern, auch von all denen, die heute noch draußen stehen,
    und für gleiche Rechte für Frauen und Männer sorgen.


    (Beifall bei der SPD – Zustimmung der Abg. Katrin Albsteiger [CDU/CSU])


    In Deutschland ist es deshalb an der Zeit, die sehr guten
    Ansätze, die heute schon in vielen Bildungseinrichtun-
    gen für die Verankerung der Nachhaltigkeit in der Ge-
    sellschaft sorgen, zu verstärken und zu verstetigen.

    Wie das aussehen könnte, zeigt sich derzeit in Baden-
    Württemberg bei der Entwicklung eines neuen Bildungs-
    plans. „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ wird eines
    der fünf Leitprinzipien darstellen, also über alle Fächer
    hinweg Basis der Erziehung und Bildung sein. Ver-
    gleichbare Schritte wurden auch in anderen Bundeslän-
    dern vollzogen, sodass wir sagen können: Ein Anfang ist
    gemacht.
    Sehr geehrte Damen und Herren, auch wenn die zu
    Ende gehende UN-Dekade eine globale Verantwortung
    für die Bildung für nachhaltige Entwicklung nahelegt,
    haben wir in den Industriestaaten doch eine ganz beson-
    dere Rolle zu spielen. Viele Jahrzehnte haben wir den
    Wohlstand unserer Hemisphäre aufgebaut, ohne Rück-
    sicht auf den Ressourcenverbrauch, auf die Umwelt oder
    auf die sozialen und kulturellen Lebensbedingungen der
    Menschen in aller Welt.

    Auch heute noch verbraucht Deutschland ein Vielfa-
    ches der Ressourcen, die uns, global betrachtet, zustehen
    würden. Wir selbst spüren die Folgen dieses Raubbaus
    kaum, doch die Menschen in den Entwicklungsländern
    leiden darunter. Hier fehlt das saubere Trinkwasser. Hier
    fehlt das Getreide, das wir für die Fleischerzeugung ver-
    brauchen. Und hier fehlt das Geld, um sich gegen die
    Veränderung des Klimas zu schützen. Seien wir ehrlich:
    Diese Welt würde nicht mehr lange existieren, wenn sich
    alle nach der Art der Industrieländer entwickeln würden.


    (Beifall bei der SPD)


    Als Bildungspolitikerin möchte ich es nicht versäu-
    men, darauf zu verweisen, dass zu einer nachhaltigen
    Entwicklung auch eine nachhaltige Bildung selbst, also
    eine Nachhaltigkeit der Bildung, gehört. Dabei geht es
    immer weniger um die Vermittlung eines Wissens-
    kanons. Angesichts einer Wissensgesellschaft im Wan-
    del ist es notwendig, dass junge Menschen zukunftsfä-
    hige Kompetenzen entwickeln können und dazu befähigt
    und motiviert werden, ein Leben lang weiter zu lernen.
    Das sogenannte Bulimie-Lernen, also die Aneignung
    von Stoff ausschließlich für eine Prüfung, muss endlich
    der Vergangenheit angehören; denn das ist das Gegenteil
    von Nachhaltigkeit.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der Abg. Dr. Rosemarie Hein [DIE LINKE])


    Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr verehr-
    ten Damen und Herren, mit der Bildung für nachhaltige
    Entwicklung nehmen wir uns vor – um das Zitat vom
    Anfang meiner Rede nochmals aufzugreifen –, für die
    Dauer eines ganzen Lebens zu planen und darüber hi-
    naus. Wer Verantwortung für die Zukunft übernehmen
    will, muss Nachhaltigkeit zur obersten Maxime machen.
    Bildung für Nachhaltigkeit ist der Weg dorthin.

    Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)