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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 18/50 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 50. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 10. September 2014 I n h a l t : Glückwünsche zum Geburtstag der Abgeord- neten Karin Evers-Meyer, Dr. Angela Merkel, Günter Lach, Dr. Harald Terpe, Dr. Wilhelm Priesmeier, Jürgen Trittin, Max Straubinger, Norbert Brackmann, Dr. Axel Troost, Bartholomäus Kalb, Karsten Möring, Volker Kauder, Hans- Peter Uhl und Wolfgang Gehrcke . . . . . . . . 4547 B Tagesordnungspunkt 1: (Fortsetzung) a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes über die Feststellung des Bundes- haushaltsplans für das Haushaltsjahr 2015 (Haushaltsgesetz 2015) Drucksache 18/2000 . . . . . . . . . . . . . . . . . 4547 B b) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Finanzplan des Bundes 2014 bis 2018 Drucksache 18/2001 . . . . . . . . . . . . . . . . . 4547 C Einzelplan 04 Bundeskanzlerin und Bundeskanzleramt Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 4547 D Dr. Angela Merkel, Bundeskanzlerin . . . . . . . 4554 B Katrin Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4560 B Thomas Oppermann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 4565 A Matthias W. Birkwald (DIE LINKE) . . . . . 4566 A Herbert Behrens (DIE LINKE) . . . . . . . . . 4568 A Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4570 A Volker Kauder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 4571 A Aydan Özoğuz, Staatsministerin BK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4574 C Gerda Hasselfeldt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 4577 A Bettina Hagedorn (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 4579 C Harald Petzold (Havelland) (DIE LINKE) . . 4581 A Monika Grütters, Staatsministerin BK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4582 B Tabea Rößner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4584 A Hiltrud Lotze (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4585 A Rüdiger Kruse (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 4586 C Ulle Schauws (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4588 A Burkhard Blienert (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 4588 D Einzelplan 09 Bundesministerium für Wirtschaft und Energie Sigmar Gabriel, Bundesminister BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4590 B Roland Claus (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 4594 B Dr. Michael Fuchs (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 4595 C Dr. Barbara Hendricks (SPD) . . . . . . . . . . 4598 A Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4598 B Wolfgang Tiefensee (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 4600 A Klaus Ernst (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . 4601 B Dr. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU) . . . . . . . . . 4603 A Klaus Ernst (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 4603 C Inhaltsverzeichnis II Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 50. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 10. September 2014 Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4605 C Sigmar Gabriel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4606 C Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4607 B Thomas Jurk (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4607 D Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . . . . 4609 A Karl Holmeier (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 4610 A Dr. Julia Verlinden (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4612 A Andreas Mattfeldt (CDU/CSU) . . . . . . . . . 4612 C Mark Hauptmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 4613 C Jan Metzler (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . 4615 A Andreas Mattfeldt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 4616 B Einzelplan 14 Bundesministerium der Verteidigung Dr. Ursula von der Leyen, Bundesministerin BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4618 B Dr. Alexander S. Neu (DIE LINKE) . . . . . . . 4620 B Rainer Arnold (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4621 D Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4624 A Henning Otte (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 4625 A Inge Höger (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . 4627 B Karin Evers-Meyer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 4628 C Agnieszka Brugger (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4629 D Ingo Gädechens (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 4631 B Gabi Weber (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4633 A Bartholomäus Kalb (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 4634 A Dr. Karl-Heinz Brunner (SPD) . . . . . . . . . . . . 4635 C Einzelplan 23 Bundesministerium für wirtschaftliche Zu- sammenarbeit und Entwicklung Dr. Gerd Müller, Bundesminister BMZ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4637 A Heike Hänsel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 4639 C Sonja Steffen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4641 A Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4642 C Jürgen Klimke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 4644 A Annette Groth (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 4645 C Dr. Bärbel Kofler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 4646 C Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4648 B Johannes Selle (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 4649 C Gabriela Heinrich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 4650 C Tobias Zech (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . 4651 D Stefan Rebmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 4652 D Volkmar Klein (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 4654 C Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4655 A Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4656 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 4657 A Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 50. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 10. September 2014 4547 (A) (C) (D)(B) 50. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 10. September 2014 Beginn: 10.31 Uhr
  • folderAnlagen
    (D) Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 50. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 10. September 2014 4657 (A) (C) (B) Anlage zum Stenografischen Bericht Liste der entschuldigten Abgeordneten (D) Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Alpers, Agnes DIE LINKE 10.09.2014 Beckmeyer, Uwe SPD 10.09.2014 Bleser, Peter CDU/CSU 10.09.2014 Buchholz, Christine DIE LINKE 10.09.2014 Connemann, Gitta CDU/CSU 10.09.2014 Dağdelen, Sevim DIE LINKE 10.09.2014 Dinges-Dierig, Alexandra CDU/CSU 10.09.2014 Färber, Hermann CDU/CSU 10.09.2014 Ferner, Elke SPD 10.09.2014 Heil (Peine), Hubertus SPD 10.09.2014 Hintze, Peter CDU/CSU 10.09.2014 Dr. Krüger, Hans-Ulrich SPD 10.09.2014 Leutert, Michael DIE LINKE 10.09.2014 Ostendorff, Friedrich BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 10.09.2014 Petry, Christian SPD 10.09.2014 Dr. Reimann, Carola SPD 10.09.2014 Sarrazin, Manuel BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 10.09.2014 Schlecht, Michael DIE LINKE 10.09.2014 Steiniger, Johannes CDU/CSU 10.09.2014 Ulrich, Alexander DIE LINKE 10.09.2014 Weinberg, Harald DIE LINKE 10.09.2014 Zimmermann, Pia DIE LINKE 10.09.2014 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Anlagen 50. Sitzung Inhaltsverzeichnis TOP 1 Einbringung Haushaltsgesetz 2015 – Finanzplan des Bundes 2014 bis 2018 Epl 04 Bundeskanzlerin und Bundeskanzleramt Epl 09 Wirtschaft und Energie Epl 14 Verteidigung Einzelplan Anlagen
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Claudia Roth


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Vielen Dank, Herr Kollege.

    Weitere Wortmeldungen zu diesem Einzelplan liegen
    nicht vor.

    Wir kommen jetzt zum Geschäftsbereich des Bun-
    desministeriums für Wirtschaft und Energie, Einzel-
    plan 09.

    Ich gebe das Wort an Sigmar Gabriel, den zuständi-
    gen Minister.


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


    Sigmar Gabriel, Bundesminister für Wirtschaft und
    Energie:

    Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
    Deutschlands Wirtschaft hat sich in den vergangenen
    Jahren als sehr krisenfest und stark erwiesen. Wichtigs-
    ter Beweis dafür waren steigende Beschäftigung, stei-
    gende Löhne und Gehälter und sinkende Arbeitslosen-
    zahlen.

    Auch jetzt, wo wir uns – nicht zuletzt aufgrund der in-
    ternationalen Krisen – in einem schwierigeren Umfeld
    bewegen, erweisen sich der Arbeitsmarkt und die
    Beschäftigung sowie die Entwicklung der deutschen
    Wirtschaft als robust. Die Exportzahlen im Juli sind auf
    100 Milliarden Euro gestiegen. Und der leichte Rück-
    gang der wirtschaftlichen Entwicklung, den wir im
    zweiten Quartal gesehen haben, hat eher etwas mit Vor-
    zieheffekten in der Bauwirtschaft aufgrund des milden
    Winters zu tun als mit einem tatsächlichen konjunkturel-
    len Problem. Aber viel wichtiger für die Menschen im
    Land ist, dass sich diese wirtschaftliche Entwicklung
    auch am Arbeitsmarkt weiter zeigt.

    Wir haben mit über 42 Millionen Beschäftigten ein
    Rekordniveau bei den Arbeitsplätzen in Deutschland,
    und – das ist vielleicht noch wichtiger – wir haben mit
    mehr als 30 Millionen Beschäftigten auch ein Rekord-
    niveau bei den sozialversicherungspflichtigen Beschäfti-
    gungsverhältnissen erreicht. Das ist mehr als eine halbe
    Million zusätzlich gegenüber dem letzten Jahr.


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


    Die Arbeitslosigkeit sinkt selbst im Vergleich zum
    Vorjahresmonat noch etwas, und vor allen Dingen stei-
    gen die Löhne und Gehälter in Deutschland. Das ist gut
    für die Binnenkonjunktur, und es ist übrigens das größte
    Umverteilungsprogramm, das man sich vorstellen kann,
    viel größer jedenfalls als das, was Änderungen in der
    Steuerpolitik jemals bewirken könnten. Es ist gut, dass
    in Deutschland für gute Arbeit auch wieder mehr gute
    Löhne und Gehälter gezahlt werden, meine Damen und
    Herren.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Die gute wirtschaftliche Entwicklung hilft uns, das zu
    erreichen, was am heutigen Tag und auch gestern schon
    mehrfach angesprochen wurde, nämlich zum ersten Mal
    nach 46 Jahren einen ausgeglichenen Haushalt zu be-
    kommen. Mir fällt es immer noch schwer, zu verstehen,
    warum das in der Öffentlichkeit, aber auch im Parlament
    gelegentlich kritisiert wird. Denn abgesehen von der
    Tatsache, dass eine gute und solide Finanzpolitik das
    Vertrauen in den Investitionsstandort Deutschland stärkt,
    ist es, finde ich, auch sozialpolitisch richtig, keine Schul-
    den zu machen.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Wer hat denn Interesse an steigender Staatsverschul-
    dung? Das können doch nur Menschen sein, die so reich
    sind, dass sie eine Bank zu ihrem Eigentum zählen kön-
    nen; denn dort leiht sich der Staat das Geld. Aber die
    Menschen, die Steuergelder erarbeiten und an den Staat
    zahlen, wollen, dass in Schulen, Infrastruktur, Umwelt-
    schutz und soziale Sicherheit investiert wird, aber nicht
    mit immer mehr Anteilen von jedem Steuer-Euro in
    Zinsen, die wir für Staatsschulden zahlen. Insofern kann
    man, glaube ich, das Ergebnis gar nicht hoch genug
    loben und schätzen, dass wir es geschafft haben, mit
    Hilfe der Leistungsfähigkeit der Beschäftigten und ihrer
    Unternehmen in Deutschland dieses Ziel zu erreichen.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)






    Bundesminister Sigmar Gabriel


    (A) (C)



    (D)(B)

    Genauso klar ist aber auch – das ist unbestritten –,
    dass uns das nur dann nachhaltig gelingen wird, wenn
    fiskalische Konsolidierung und höhere Investitionen in
    Infrastruktur, Bildung, Forschung und Entwicklung kein
    Widerspruch werden. Konsolidierung auf Kosten der
    Zukunftsfähigkeit des Landes wäre natürlich nicht der
    richtige Weg. Aber genau deshalb ist es gut, dass wir mit
    dem Haushalt und der mittelfristigen Finanzplanung
    auch die Investitionstätigkeit von Bund, Ländern und
    Gemeinden stärken.

    Wir geben 5 Milliarden Euro zusätzlich für die Ver-
    kehrsinfrastruktur. Man muss das alles zusammenrech-
    nen. In diesem Jahr, 2014, ist die letzte Stufe der Entlas-
    tung der Kommunen um 4,5 Milliarden Euro pro Jahr
    bei der Grundsicherung im Alter erreicht worden. Wir
    haben im Koalitionsvertrag verabredet – das können Sie
    in der Finanzplanung nachlesen –, die Kommunen um
    weitere 5 Milliarden Euro pro Jahr zu entlasten. Das be-
    deutet, wir erreichen in wenigen Jahren eine finanzielle
    Entlastung der Kommunen in Höhe von fast 10 Milliar-
    den Euro.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Das ist, glaube ich, ein enormer Beitrag auch zur Stär-
    kung der Investitionstätigkeit der Kommunen. Denn sie
    leisten nun einmal den Großteil der öffentlichen Ausga-
    ben für die Infrastruktur.

    3 Milliarden Euro für Forschung und Entwicklung
    und 6 Milliarden Euro für Bildungsinvestitionen in den
    Ländern: Ich glaube, dass diese Kombination – keine
    Neuverschuldung und trotzdem erhebliche Investitionen
    in die Zukunftsfähigkeit unseres Landes – zeigt, dass wir
    gerade nicht auf Kosten der Zukunft sparen.

    Richtig ist, dass wir auf mittlere Sicht einen noch
    breiteren Investitionspfad brauchen, wenn wir den wirt-
    schaftlichen Erfolg unseres Landes und damit auch ge-
    sunde Finanzen sichern wollen. Wenn Deutschland eine
    Achillesferse hat, dann sind es in der Tat die fehlenden
    Investitionen, und das schon seit mehr als zehn Jahren.
    Wir halten uns viel auf den Titel Exportweltmeister zu-
    gute, aber Investitionsweltmeister sind wir schon sehr
    lange nicht mehr.

    Deswegen ist es, glaube ich, richtig, dass sich das Par-
    lament, die Ausschüsse, die Regierung, Herr Schäuble,
    ich und viele andere mit der Frage befassen, was wir tun
    können, um zwei Dinge stärker in den Griff zu bekom-
    men, nämlich erstens die trotz dieser Investitionen noch
    immer nicht ausreichende Investitionsquote in der
    öffentlichen Infrastruktur, aber zweitens natürlich auch
    die seit mehr als zehn Jahren zu geringe Nettoinvestiti-
    onsquote in der privaten Wirtschaft bzw. in den Unter-
    nehmen. Das gefährdet auf Dauer die Wettbewerbsfähig-
    keit unseres Landes ganz erheblich. Wir dürfen nicht
    zulassen, dass Deutschland im Kern seiner Leistungs-
    stärke auf Dauer von der Substanz lebt.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Der größte Teil der Investitionen in Deutschland wird
    von Privaten getätigt. Wir werden die strukturellen Pro-
    bleme angehen müssen, damit mehr privates Kapital in
    Deutschland investiert wird. Da Herr Gysi heute Morgen
    erklärt hat, dass das in einer weiteren Welle der Privati-
    sierung der öffentlichen Daseinsvorsorge münde: Genau
    darum geht es nicht. Vielmehr geht es darum, dass wir
    überhaupt eine Infrastruktur erhalten. Es gibt am Ende
    nichts zu privatisieren, wenn die Infrastruktur gar nicht
    mehr da ist oder zu sehr verrottet ist.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Es geht auch nicht um die Neuauflage von PPP-Projek-
    ten, sondern um veränderte Rahmenbedingungen für In-
    vestitionen in die öffentliche Infrastruktur. Genauso
    wichtig ist die Frage, welche Rahmenbedingungen wir
    verändern müssen, damit die Unternehmen selbst das
    Geld in die Realwirtschaft und nicht in Spekulationsge-
    schäfte an den Finanzmärkten investieren. Ich hätte er-
    wartet, dass insbesondere die Linkspartei öffentlich sagt,
    dass das der richtige Weg ist.


    (Beifall bei der SPD – Stefan Liebich [DIE LINKE]: Herr Gysi redet doch gar nicht mehr!)


    – Das kann ja noch kommen. Klaus Ernst kann sagen,
    dass er es verstanden hat und gut findet. Wir sind aufge-
    klärte Menschen und glauben an die Emanzipations-
    fähigkeit jedes Menschen.

    Wir haben eine Expertenkommission aus Vertretern
    von Unternehmen, Gewerkschaften, kommunalen Spit-
    zenverbänden und Wissenschaft eingesetzt, um eine In-
    vestitionsstrategie zu entwickeln, die uns wirklich hilft,
    das Kernproblem in Deutschland in den Griff zu bekom-
    men. Der nun vorgelegte Haushalt des Bundeswirt-
    schaftsministeriums, den wir beschließen werden, liefert
    dafür schon ein paar Hilfestellungen. Zuerst sei genannt
    das gut laufende Zentrale Innovationsprogramm Mittel-
    stand. Die Mittel für das Programm werden ab 2015 dau-
    erhaft um 30 Millionen Euro erhöht. Was nicht ganz un-
    wichtig ist: Mehr als 40 Prozent der Mittel dieses
    Programms finden ihren Weg in innovative Unterneh-
    men in Ostdeutschland; denn nach wie vor haben wir
    eine Wettbewerbsfähigkeitslücke, eine Investitionslücke,
    eine Industrialisierungslücke und, wie wir heute noch
    einmal gehört haben, leider weiterhin eine Lohnlücke
    zwischen Ost- und Westdeutschland zu beklagen. Sollten
    wir den Solidarpakt 2019 abschaffen, dann müssen wir
    bis dahin alles tun, um die Unterschiede zwischen Ost
    und West bei Löhnen und Renten zu beseitigen.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Wir werden nach wie vor auf Dauer in die ostdeut-
    schen Länder investieren müssen, weil diese den Rück-
    stand auf Westdeutschland noch nicht aufgeholt haben.
    Das zweite wichtige Förderinstrument in diesem Zusam-
    menhang ist die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung
    der regionalen Wirtschaftsstruktur“. Diese Förderung
    kommt sogar zu mehr als 80 Prozent den ostdeutschen
    Bundesländern zugute. In der aktuellen Finanzplanung





    Bundesminister Sigmar Gabriel


    (A) (C)



    (D)(B)

    haben wir die Mittel für die GRW in einem ersten Schritt
    bei 600 Millionen Euro verstetigt. Wir haben sie nicht
    wie geplant absinken lassen, sondern verabredet, sie auf
    das alte Niveau ansteigen zu lassen.

    Wichtig wird aber auch sein, dass wir uns Gedanken
    darüber machen, wie wir mit den Schwierigkeiten bei
    der Kofinanzierung umgehen. Es nutzt am Ende nichts,
    wenn GRW-Mittel nur von denjenigen abgerufen werden
    können, denen es schon gut geht, während die anderen
    das nicht können, weil sie nicht kofinanzieren können.
    Dann stärken wir die Starken, schwächen aber die
    Schwachen. Deswegen glaube ich, dass wir darüber
    noch einmal reden müssen.

    Junge Unternehmen in Deutschland haben es in der
    Wachstumsphase besonders schwer; denn hierzulande
    wird im internationalen Vergleich zu wenig Wagniskapi-
    tal investiert. Ich bin deshalb dem Kollegen Schäuble
    dankbar, dass er begonnen hat, die Rahmenbedingungen
    für Wagniskapital international wettbewerbsfähiger zu
    gestalten. Wir wollen gemeinsam den neuen Markt 2.0
    in Deutschland unterstützen. Gleichzeitig beginnen wir
    aber auch damit, durch die ertragsteuerliche Freistellung
    des INVEST-Zuschusses das steuerliche Umfeld für
    Start-ups zu verbessern. Um bessere Investitionsbedin-
    gungen für Unternehmensgründungen geht es auch bei
    dem Entwurf eines Gesetzes zum Kleinanlegerschutz,
    den die Bundesregierung erarbeitet.

    Eine entscheidende Rahmenbedingung für die Stär-
    kung der Investitionstätigkeit ist natürlich die Entwick-
    lung auf dem Energiesektor. Deshalb ist die Stabilisie-
    rung des Strompreises eines der zentralen Projekte der
    Bundesregierung. Wir arbeiten weiter an einer bezahlba-
    ren Energiewende. Ich habe das hier im Haus schon ein
    paar Mal gesagt: Die Novellierung des EEG war nur der
    erste Schritt. Wir haben in dieser Legislaturperiode die
    Aufgabe, vieles von dem, was sich im Rahmen der Ener-
    giewende nebeneinander oder gegeneinander entwickelt
    hat, zu systematisieren. In diesem Jahr wird es vor allen
    Dingen um die Themen fossile Kraftwerksparks, Strom-
    marktdesign, Netze und europäische Einbindung gehen.
    Wir werden auf Dauer nicht in Europa klarkommen,
    wenn wir nicht eine gemeinsamere, harmonisiertere
    Form der Energiepolitik vorantreiben. Das wird nicht
    gehen.


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


    Es gibt auch in meinem Ministerium eine große Bau-
    stelle, an der wir in diesem Jahr verstärkt arbeiten müs-
    sen. Das ist die sehr lange Vernachlässigung des Themas
    Energieeffizienz. Am Ende des Jahres werden wir in der
    Bundesregierung einen Aktionsplan Energieeffizienz
    vorlegen, weil wir – das hat uns die Europäische Union
    ins Stammbuch geschrieben – hier eine Lücke haben, die
    in den letzten Jahren entstanden ist.

    Energie, Fachkräfte, Digitalisierung und immer wie-
    der Investitionsstärke – das zeigt, dass wir auch unab-
    hängig von außenpolitischen Krisen eine ganze Reihe
    von Aufgaben vor uns haben, die die Bundesregierung
    angepackt hat, die uns aber noch sehr viel Arbeit und
    auch Entscheidungsbedarf hier im Haus verschaffen
    werden.

    Natürlich spielt für unsere wirtschaftliche Entwick-
    lung Europa nach wie vor die bedeutendste Rolle. Nicht
    China ist unser wichtigster Exportpartner, sondern die
    Europäische Union und die Euro-Zone. Deswegen ist es
    von großer Bedeutung, dass wir immer wieder öffentlich
    klarmachen, dass, wenn wir in Europa investieren – was
    Deutschland nun wirklich getan hat –, das nicht reiner
    Altruismus ist, sondern ganz viel mit den Arbeitsplätzen
    in unserem Land zu tun hat.

    Um es in diesen Tagen, in denen viel über eine Alter-
    native für Deutschland gesprochen wird, auch einmal
    auszusprechen: Für Mitarbeiter und Professoren des öf-
    fentlichen Dienstes, die sich einer solchen Partei an-
    schließen, oder für ehemalige Wirtschaftslobbyisten mag
    es egal sein, wohin die deutsche Industrie Exportpro-
    dukte ausführt und wohin nicht. Für Facharbeiter und
    Angestellte dieses Landes ist das nicht egal.


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Wir brauchen Europa auch, um Arbeitsplätze in unse-
    rem Land zu halten. Deswegen rate ich dazu, dass wir
    dieser Propaganda offensiv entgegentreten, gerade bei
    denen, die sich Sorgen machen, gerade bei denen, die
    nicht sicher sind, ob diese komplizierte Welt überhaupt
    noch beherrschbar ist. Denen müssen wir sagen: Europa
    ist nicht die Gefahr, sondern die Antwort, gerade für ein
    exportorientiertes Land. Dazu gibt es eben keine Alter-
    native für Deutschland.


    (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Das heißt auch, dass wir insbesondere schauen müs-
    sen, wie wir die beiden Aufgaben zusammenbekommen,
    die in vielen Ländern Europas nach wie vor nicht bear-
    beitet worden sind. Das ist der Stau bei strukturellen
    Reformen. Das wissen die Franzosen, das wissen die Ita-
    liener, und das wissen viele andere. Aber wir Deutsche
    wissen aus eigener Erfahrung auch: Es gibt einen Re-
    formbedarf auch bei Investitionen und Wachstumsim-
    pulsen. Deutschland hätte 2003 die Agenda 2010 nach
    meiner Einschätzung nicht durchsetzen können, wenn
    wir zeitgleich noch 20 Milliarden Euro zusätzlich hätten
    einsparen müssen. Der Unterschied zu Frankreich ist:
    Frankreich hat nur die Defizitkriterien überschritten und
    ansonsten nichts gemacht.

    Ich glaube, dass wir den Stabilitäts- und Wachstums-
    pakt nicht zu ändern brauchen und ihn nicht ändern soll-
    ten; aber wir müssen jede Flexibilität nutzen, die wir in
    Europa haben, um verbindliche und nachvollziehbare
    Reformvorhaben mit einer Wachstums- und Investitions-
    strategie zu verbinden. Sonst kommen wir aus der euro-
    päischen Krise nicht heraus.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Am Ende sind es aber nicht nur Förderprojekte oder
    gesetzliche Rahmenbedingungen, die über die Wettbe-





    Bundesminister Sigmar Gabriel


    (A) (C)



    (D)(B)

    werbsfähigkeit unseres Landes entscheiden. Ich glaube,
    mindestens ebenso entscheidend ist die Frage, mit wel-
    cher Haltung wir eigentlich an die Herausforderungen
    herangehen: ängstlich und risikoscheu oder offensiv und
    selbstbewusst.

    Ich will das einmal an zwei Beispielen der aktuellen
    Debatte deutlich machen. Natürlich ist es so, dass die
    Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft auch
    Risiken mit sich bringt und dass wir schwere Entschei-
    dungen vor uns haben, zum Beispiel wie wir Datensi-
    cherheit, das Recht auf Persönlichkeitsschutz oder die
    Freiheitsrechte des Einzelnen ins Verhältnis zu dem brin-
    gen, was jetzt gemeinhin unter der Überschrift „Big
    Data“ gehandelt wird und was, na klar, auf der anderen
    Seite große Geschäftsmodelle ermöglicht.

    Natürlich ist das ein Problem. Natürlich wissen wir,
    dass es nicht von selbst passieren wird, dass der deutsche
    Maschinen- und Anlagenbau und die Automobilindus-
    trie noch die Innovationstreiber ihrer Bereiche sein
    werden; vielmehr hoffen Google und andere, dass sie in
    Zukunft die Innovationstreiber einer digitalisierten In-
    dustrie 4.0 sein werden.

    Das sind objektiv existierende Herausforderungen.
    Nur, ich glaube, es gibt überhaupt keinen Grund dafür,
    dass wir sie in Deutschland und Europa ängstlich ange-
    hen müssen. Wir – wir Deutschen, viele andere in Eu-
    ropa mit uns – sind die Ausrüster der Industrialisierung
    der Welt. Wir haben den modernsten und besten Auto-
    mobilbau, den modernsten und besten Maschinen- und
    Anlagenbau. Es müsste doch wirklich mit dem Teufel
    zugehen – würde ich fast sagen; eigentlich hat der Teufel
    hier im Parlament nichts verloren –, wenn es uns nicht
    gelingen würde, das auch in Zukunft aufrechtzuerhalten.
    Da muss der Schwerpunkt der Auseinandersetzung um
    die Frage „Wohin gehen Investitionen, und wo finden
    Innovationen statt?“ liegen. Das ist nicht nur ein Risiko,
    sondern es ist vor allen Dingen eine Riesenchance, die
    Industrialisierung der Welt in Zukunft auf ein neues und
    höheres Niveau zu bringen.

    Natürlich bin ich ganz sicher, dass es uns mit der eu-
    ropäischen Datenschutz-Grundverordnung gelingen kann,
    Standards zu schaffen, die Europa zum sichersten Stand-
    ort für Daten machen.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Das, glaube ich, ist es, wofür wir sorgen müssen.

    Ein weiterer Punkt sind die Freihandelsabkommen,
    über die heute schon ein paarmal diskutiert wurde. Na-
    türlich gibt es berechtigte Sorgen. Ich teile die öffentlich
    geäußerten nicht alle. Es gibt eine Menge Vermutungen
    und Ängste, die etwas damit zu tun haben, dass die bis-
    herige Verhandlungsführung durch die Europäische
    Union und die Amerikaner hinreichend dafür Sorge ge-
    tragen hat, dass jeder seine Ängste abladen konnte. Ich
    habe einmal gesagt: Wenn man die Absicht hätte, das ge-
    plante Freihandelsabkommen mit den USA zu Fall zu
    bringen, dann muss man es so machen, wie die Europäi-
    sche Kommission es bisher vorangetrieben hat; denn
    dann ist relativ sicher, dass es am Ende keiner mitma-
    chen wird. Deswegen ist Transparenz sehr wichtig. Wir
    hier in Deutschland schaffen Transparenz. Wir haben ei-
    nen entsprechenden Beirat geschaffen. Ich hoffe, dass es
    die Europäische Union auch tut.

    Natürlich ist es auch so – das ist auch meine Überzeu-
    gung; es war übrigens auch die Überzeugung der alten
    Bundesregierung –, dass man für eine solche Verhand-
    lung zwischen zwei entwickelten Rechtssystemen kein
    Investitionsschutzabkommen braucht.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Das war schon für die alte Regierung keine Frage.

    Jetzt muss man sich aber entscheiden, ob man diese
    Verhandlungen sozusagen risikoavers, ängstlich und mit
    wenig Selbstbewusstsein betreibt und dann auch noch
    die Forderung aufstellt, die Verhandlungen am besten
    gleich abzubrechen. Übrigens, wer die Verhandlungen
    mit den Vereinigten Staaten abbrechen will, der soll öf-
    fentlich keine Reden mehr über die notwendigen Nach-
    haltigkeitsregeln, die sozialen und ökonomischen Re-
    geln der Globalisierung halten.


    (Andreas Mattfeldt [CDU/CSU]: Ja!)


    Wer sich nicht traut, mit den Vereinigten Staaten zu ver-
    handeln, der soll den Menschen keine Hoffnung machen,
    der Rest der Welt werde mit uns Nachhaltigkeitsstan-
    dards verabreden. Das ist nicht der Fall.


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Widerspruch bei der LINKEN)


    – Im Unterschied zu Ihnen bin ich bekanntlich Sozialde-
    mokrat. Ich weiß aufgrund der 151-jährigen Geschichte
    der Sozialdemokratie, dass Forderungen nach revolutio-
    nären Veränderungen in der Regel nichts bringen,


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


    sondern dass man sich auf den Weg machen muss,
    Schritt für Schritt, über Kompromisse.


    (Zuruf des Abg. Stefan Liebich [DIE LINKE])


    – Der Unterschied zu Ihnen ist: Wir bekennen uns seit
    151 Jahren zu Kompromissen. In Ihren Vorläuferorgani-
    sationen ist das bekanntermaßen etwas anders gewesen.


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


    Ich bin dagegen, dass wir naiv an die geplanten Ab-
    kommen herangehen. Ich bin dagegen, dass wir da blau-
    äugig herangehen. Es will übrigens auch niemand ein
    weißes Blatt Papier unterschreiben. Wir haben gerade
    noch einmal klargestellt, dass es sich um ein gemischtes
    Abkommen handelt, das deswegen auch hier im Bundes-
    tag beschlossen werden muss. Aber wogegen ich bin, ist,
    dass wir so tun, als ob es uns besser geht, wenn wir gar
    nicht verhandeln, wenn wir mit niemandem reden.


    (Volker Kauder [CDU/CSU]: So ist es!)


    Wir sind das exportstärkste Land Europas. Wir müs-
    sen uns doch wohl zu dem Ziel eines möglichst umfas-





    Bundesminister Sigmar Gabriel


    (A) (C)



    (D)(B)

    senden Freihandels – am liebsten natürlich über die
    WTO, aber wenn es nicht geht, dann auch in bilateralen
    Abkommen – bekennen. Wer, wenn nicht wir, hat eigent-
    lich ein Interesse an Freihandel?


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


    Deswegen, glaube ich, geht es aufgeklärter Politik
    nicht darum, naiv damit umzugehen. Es geht auch nicht
    darum, die eigenen Interessen nicht klar zu definieren.
    Aufgeklärte Politik hat nicht die Aufgabe, Ängste zu
    schüren, sondern die, die Fragen der Bevölkerung klar
    und eindeutig zu beantworten


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    und am Ende eines Prozesses zur Beantwortung der
    Frage zu kommen, wie man sich entscheidet. Man darf
    nicht bereits am Anfang alles abbrechen und sagen: Ich
    mache nicht mehr mit.


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


    Deswegen: keine Naivität, aber Selbstbewusstsein
    Europas und Deutschlands. Ich glaube, dass am Ende die
    Haltung darüber entscheidet, ob wir erfolgreich sind
    oder nicht. Ich finde, unser Land und seine Bürgerinnen
    und Bürger, Wirtschaft, Politik, Gesellschaft, NGOs, Ge-
    werkschaften haben wirklich Grund, die Herausforde-
    rungen, die auf uns zukommen – sie sind wahrlich nicht
    klein –, mit großer Zuversicht und Selbstbewusstsein an-
    zugehen und mit dieser Haltung die Zukunft des Landes
    zu beeinflussen und nicht ängstlich zurücksteckend die
    Chancen zu vergeben, die in all diesen Herausforderun-
    gen immer auch stecken.

    Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)




Rede von Claudia Roth
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Sigmar Gabriel. – Der nächste Redner

in der Debatte: Roland Claus für Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Roland Claus


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DIE LINKE.)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)


    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Da der

    Bundeswirtschaftsminister gleich zu Beginn seiner Rede
    die Infrastrukturkompetenz der Linkspartei hervorgeho-
    ben hat, muss ich den Ball natürlich aufnehmen. Es geht
    um die Frage der privaten Beteiligung an öffentlichen
    Infrastrukturinvestitionen. Da will ich von einem Vor-
    gang erzählen, an dem ich intensiv beteiligt war.

    Vor fast zwei Jahren hat ein Chemieunternehmen in
    Wittenberg dem Bund 35 Millionen Euro für den Ausbau
    einer Umgehungsstraße angeboten – ohne Bedingun-
    gen –, weil sich dort Bürgerinitiativen und mehrere Un-
    ternehmen einig waren. Der Bund war bis heute nicht in
    der Lage, mit dieser Schenkung auch nur umzugehen.
    Deshalb zweifle ich an den Infrastrukturkapazitäten die-
    ser Bundesregierung, Herr Minister, und das müssen Sie
    sich dann auch gefallen lassen.


    (Beifall bei der LINKEN)

    Ich denke, Wirtschaftspolitik steht in diesen bewegten
    Tagen in der besonderen Verantwortung, einen Beitrag
    zu Frieden, einer gerechten globalen Entwicklung und
    Abrüstung zu leisten. Ich glaube, wenn ich diesen Satz
    vor einem Jahr gesagt hätte, hätte ich noch den Zwi-
    schenruf geerntet: Wovon träumen Sie nachts?


    (Mark Hauptmann [CDU/CSU]: Sie träumen auch heute noch!)


    Aber ich will mit der Verflechtung von Wirtschafts-, Au-
    ßen- und Sicherheitspolitik beginnen. Bekanntlich hat
    die EU weitere Sanktionen gegen Russland beschlossen,
    hat sie zunächst angedroht. Jetzt will ich nur einen einzi-
    gen Fakt benennen, um die Absurdität dieses Vorgangs
    zu kennzeichnen.

    Sie haben vor einer Woche mit großer Mehrheit Waf-
    fenlieferungen in den Irak beschlossen. Im Moment ist
    die Fluggesellschaft Wolga-Dnjepr damit befasst, diese
    Waffen in den Irak zu fliegen. Der Dnjepr ist bekanntlich
    der größte Strom in der Ukraine, und die Wolga ist der
    größte Strom im Westen Russlands. Nun muss man wis-
    sen, dass Wolga-Dnjepr ein russisches Flug-, Logistik-
    und Handelsunternehmen ist – mit ukrainischer Beteili-
    gung. Dann muss man noch wissen, dass Wolga-Dnjepr
    vor kurzem 49 Prozent der Air Cargo Germany, also ei-
    ner deutschen Luftfrachtgesellschaft, erworben hat. Diese
    Verflechtung von Wirtschaftsstrukturen macht kenntlich,
    wie absurd die Vorstellung ist, man könnte Sicherheits-,
    Friedens- und Außenpolitik mit Wirtschaftssanktionen
    beeinflussen.

    Deshalb ist Sanktionspolitik in aller Regel kontra-
    produktiv. Sie ist aber auch eine Irreführung der Öf-
    fentlichkeit. Ich hätte gar nichts gegen die Idee einer
    Sanktionspolitik, wenn Sie mal darauf kämen, wenn es
    um Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien und Katar
    geht, meine Damen und Herren.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Ich will noch einen Fall internationaler Wirtschafts-
    politik ansprechen: die Verhandlungen über die transat-
    lantischen Freihandelsabkommen zwischen der Europäi-
    schen Union und den USA, Kanada und anderen, die im
    Moment im Wesentlichen als Geheimverhandlungen
    stattfinden. Der Bundesfinanzminister hat gestern bei
    der Einbringung seines Etats einen sehr bemerkenswer-
    ten Satz zu den Abkommen gesagt: Wir wollen sie zu ei-
    nem guten Ergebnis verhandeln, aber auf Augenhöhe. –
    So etwa Schäuble.

    Neben mir saß zu dem Zeitpunkt eine junge Kollegin
    aus München, und die fragte mich: Du kennst doch den
    Finanzminister schon länger. Glaubt der das wirklich?
    Glaubt der das angesichts einer Situation, in der Abhör-
    und Ausspähaktionen durch die NSA unvermindert fort-
    gesetzt werden? – Ich bin ihr die Antwort noch schuldig
    geblieben und hoffe auf Unterstützung durch den Bun-
    desfinanzminister. Ich bin übrigens froh, dass gestern
    aus den Reihen der SPD eine ganze Reihe kritischer Äu-
    ßerungen zu den Freihandelsabkommen gemacht wur-
    den.





    Roland Claus


    (A) (C)



    (D)(B)

    Zu einigen Elementen Ihres Etats für das nächste
    Jahr:

    Herr Wirtschaftsminister, wir wissen: Fast die Hälfte
    dieses Etats wird für Subventionen bei Steinkohle sowie
    Luft- und Raumfahrt aufgebraucht. Gewiss, bei der
    Kohle stehen wir im Wort; aber bei Luft- und Raumfahrt
    handelt es sich um die Subventionierung staatsnaher
    Monopolisten. Nur ein Drittel dessen, was in die Luft-
    und Raumfahrt geht, verwenden wir für Innovations-
    forschung und Innovationsförderung bei kleinen und
    mittelständischen Unternehmen – und das alles vor
    dem Hintergrund der Tatsache, dass wir uns alle mit
    schöner Regelmäßigkeit vor dem deutschen Mittelstand
    verneigen. Natürlich ist das Zentrale Innovationspro-
    gramm Mittelstand gut und unterstützenswert. Es findet
    auch unsere Unterstützung. Aber angesichts der Heraus-
    forderungen, vor denen wir stehen, ist es viel zu gering.
    Ich will darauf verweisen, dass uns in diesem Jahr nur
    drei Monate für die Umsetzung dieses Programms zur
    Verfügung stehen, weil bekanntlich der Etat 2014 erst
    spät verabschiedet wurde und der Dezember ja der Kas-
    senmonat ist.


    (Thomas Jurk [SPD]: Wir haben doch VEs!)


    Das Bundeswirtschaftsministerium hat uns, die wir nach-
    gefragt haben, bislang immer gesagt: Du musst keine
    Sorge haben, das wird in Ordnung kommen. – Trotzdem
    schlagen wir für den Fall, dass es doch klemmen sollte,
    vor – in diesem Fall und auch bei großen Verkehrsinfra-
    strukturvorhaben –, im Haushalt Vorsorge zu treffen und
    Überjährigkeit zu beschließen. Wenn wir sie nicht brau-
    chen, umso besser.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Ich will zum Schluss noch auf die Wirtschaft im Os-
    ten zu sprechen kommen, wohl wissend, dass es inzwi-
    schen schick geworden ist, nicht mehr über den Osten zu
    reden. Selbstverständlich weiß ich auch, welche Pro-
    bleme im Ruhrgebiet und in Bremen zu finden sind.
    Selbstverständlich weiß ich, dass es inzwischen manche
    Leuchttürme im Osten gibt, über die wir reden. Das ist
    im Detail alles richtig, aber insgesamt falsch. Sie können
    das beispielsweise ablesen am Industrieatlas der DAX-
    Unternehmen, den die Beauftragte für die neuen Bun-
    desländer vor kurzem veröffentlicht hat. Oder Sie
    können sich die Veröffentlichung über die Zahl der Mil-
    lionäre, also die Einkommensverteilung, im Osten an-
    schauen. Deshalb werden wir weiter vorschlagen, die
    Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen
    Wirtschaftsstruktur“ zu fördern, wohl wissend, wie kom-
    pliziert es bei der Kofinanzierung ist. Wir werden Ein-
    sparungen beim Luft- und Raumfahrtzentrum zugunsten
    des Zentralen Innovationsprogramms Mittelstand vor-
    schlagen.