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    Plenarprotokoll 18/50 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 50. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 10. September 2014 I n h a l t : Glückwünsche zum Geburtstag der Abgeord- neten Karin Evers-Meyer, Dr. Angela Merkel, Günter Lach, Dr. Harald Terpe, Dr. Wilhelm Priesmeier, Jürgen Trittin, Max Straubinger, Norbert Brackmann, Dr. Axel Troost, Bartholomäus Kalb, Karsten Möring, Volker Kauder, Hans- Peter Uhl und Wolfgang Gehrcke . . . . . . . . 4547 B Tagesordnungspunkt 1: (Fortsetzung) a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes über die Feststellung des Bundes- haushaltsplans für das Haushaltsjahr 2015 (Haushaltsgesetz 2015) Drucksache 18/2000 . . . . . . . . . . . . . . . . . 4547 B b) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Finanzplan des Bundes 2014 bis 2018 Drucksache 18/2001 . . . . . . . . . . . . . . . . . 4547 C Einzelplan 04 Bundeskanzlerin und Bundeskanzleramt Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 4547 D Dr. Angela Merkel, Bundeskanzlerin . . . . . . . 4554 B Katrin Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4560 B Thomas Oppermann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 4565 A Matthias W. Birkwald (DIE LINKE) . . . . . 4566 A Herbert Behrens (DIE LINKE) . . . . . . . . . 4568 A Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4570 A Volker Kauder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 4571 A Aydan Özoğuz, Staatsministerin BK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4574 C Gerda Hasselfeldt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 4577 A Bettina Hagedorn (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 4579 C Harald Petzold (Havelland) (DIE LINKE) . . 4581 A Monika Grütters, Staatsministerin BK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4582 B Tabea Rößner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4584 A Hiltrud Lotze (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4585 A Rüdiger Kruse (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 4586 C Ulle Schauws (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4588 A Burkhard Blienert (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 4588 D Einzelplan 09 Bundesministerium für Wirtschaft und Energie Sigmar Gabriel, Bundesminister BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4590 B Roland Claus (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 4594 B Dr. Michael Fuchs (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 4595 C Dr. Barbara Hendricks (SPD) . . . . . . . . . . 4598 A Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4598 B Wolfgang Tiefensee (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 4600 A Klaus Ernst (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . 4601 B Dr. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU) . . . . . . . . . 4603 A Klaus Ernst (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 4603 C Inhaltsverzeichnis II Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 50. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 10. September 2014 Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4605 C Sigmar Gabriel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4606 C Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4607 B Thomas Jurk (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4607 D Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . . . . 4609 A Karl Holmeier (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 4610 A Dr. Julia Verlinden (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4612 A Andreas Mattfeldt (CDU/CSU) . . . . . . . . . 4612 C Mark Hauptmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 4613 C Jan Metzler (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . 4615 A Andreas Mattfeldt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 4616 B Einzelplan 14 Bundesministerium der Verteidigung Dr. Ursula von der Leyen, Bundesministerin BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4618 B Dr. Alexander S. Neu (DIE LINKE) . . . . . . . 4620 B Rainer Arnold (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4621 D Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4624 A Henning Otte (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 4625 A Inge Höger (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . 4627 B Karin Evers-Meyer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 4628 C Agnieszka Brugger (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4629 D Ingo Gädechens (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 4631 B Gabi Weber (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4633 A Bartholomäus Kalb (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 4634 A Dr. Karl-Heinz Brunner (SPD) . . . . . . . . . . . . 4635 C Einzelplan 23 Bundesministerium für wirtschaftliche Zu- sammenarbeit und Entwicklung Dr. Gerd Müller, Bundesminister BMZ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4637 A Heike Hänsel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 4639 C Sonja Steffen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4641 A Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4642 C Jürgen Klimke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 4644 A Annette Groth (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 4645 C Dr. Bärbel Kofler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 4646 C Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4648 B Johannes Selle (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 4649 C Gabriela Heinrich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 4650 C Tobias Zech (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . 4651 D Stefan Rebmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 4652 D Volkmar Klein (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 4654 C Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4655 A Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4656 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 4657 A Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 50. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 10. September 2014 4547 (A) (C) (D)(B) 50. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 10. September 2014 Beginn: 10.31 Uhr
  • folderAnlagen
    (D) Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 50. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 10. September 2014 4657 (A) (C) (B) Anlage zum Stenografischen Bericht Liste der entschuldigten Abgeordneten (D) Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Alpers, Agnes DIE LINKE 10.09.2014 Beckmeyer, Uwe SPD 10.09.2014 Bleser, Peter CDU/CSU 10.09.2014 Buchholz, Christine DIE LINKE 10.09.2014 Connemann, Gitta CDU/CSU 10.09.2014 Dağdelen, Sevim DIE LINKE 10.09.2014 Dinges-Dierig, Alexandra CDU/CSU 10.09.2014 Färber, Hermann CDU/CSU 10.09.2014 Ferner, Elke SPD 10.09.2014 Heil (Peine), Hubertus SPD 10.09.2014 Hintze, Peter CDU/CSU 10.09.2014 Dr. Krüger, Hans-Ulrich SPD 10.09.2014 Leutert, Michael DIE LINKE 10.09.2014 Ostendorff, Friedrich BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 10.09.2014 Petry, Christian SPD 10.09.2014 Dr. Reimann, Carola SPD 10.09.2014 Sarrazin, Manuel BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 10.09.2014 Schlecht, Michael DIE LINKE 10.09.2014 Steiniger, Johannes CDU/CSU 10.09.2014 Ulrich, Alexander DIE LINKE 10.09.2014 Weinberg, Harald DIE LINKE 10.09.2014 Zimmermann, Pia DIE LINKE 10.09.2014 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Anlagen 50. Sitzung Inhaltsverzeichnis TOP 1 Einbringung Haushaltsgesetz 2015 – Finanzplan des Bundes 2014 bis 2018 Epl 04 Bundeskanzlerin und Bundeskanzleramt Epl 09 Wirtschaft und Energie Epl 14 Verteidigung Einzelplan Anlagen
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Aydan Özoğuz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)



    Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und
    Kollegen! Aus durchaus unterschiedlichen Blickwinkeln
    wurde bereits gestern und auch heute darauf hingewie-
    sen, dass die Nachrichten und Geschehnisse aus aller
    Welt auch für unser Land nicht folgenlos bleiben. Ich
    glaube, dass diese vielen Beiträge auch das Ausmaß der
    Geschehnisse deutlich zeigen. Laut den Vereinten Natio-
    nen sind aktuell weltweit über 51 Millionen Menschen
    auf der Flucht, davon 17 Millionen Menschen außerhalb
    ihres Landes. Das sind unglaubliche Dimensionen, die
    natürlich auch uns erreichen. Die erschütternden Bilder
    und Nachrichten brauche ich kaum zu wiederholen; ich
    tue es trotzdem: Unfassbare Gräueltaten der IS-Terror-
    miliz, Bürgerkrieg in Syrien, Eskalation in der Ost-
    ukraine, israelisch-palästinensische Auseinandersetz-
    ungen, ein Gazastreifen, der in Trümmern liegt,
    Flüchtlingsboote auf dem Mittelmeer.

    Wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge
    für dieses Jahr mit rund 200 000 Asylanträgen rechnet,
    dann hat das natürlich auch Folgen für die Länder und
    Kommunen; das ist hier schon lange und oft genug ge-
    sagt worden. Ich möchte nur noch einmal betonen, dass
    es nicht nur bei der Unterbringung Herausforderungen
    gibt und dass sich Deutschland natürlich seiner Verant-
    wortung stellt. Wer vor Krieg, Bürgerkrieg oder Verfol-
    gung flieht, muss Schutz in unserem Land finden.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN)


    Die Asylantragsteller brauchen schneller Klarheit
    über ihren Status. Jahrelange Verfahren, wie wir sie ja
    durchaus kennen, helfen niemandem weiter. Darum
    haben wir 300 neue Stellen beim Bundesamt für Migra-





    Staatsministerin Aydan Özoğuz


    (A) (C)



    (D)(B)

    tion und Flüchtlinge eingerichtet, und in 2015 soll es
    vermutlich noch einmal einen Aufwuchs geben; mein
    Fraktionskollege Martin Gerster hat dies gestern ange-
    sprochen.

    Es nützt natürlich niemandem, wenn die Asylbewer-
    ber oft monatelang herumsitzen und nicht arbeiten dür-
    fen. Das haben wir alle miteinander erkannt. Deshalb
    werden wir das Verbot der Arbeitsaufnahme von Asylbe-
    werbern und Geduldeten auf drei Monate begrenzen.
    Diese Frist braucht man schon; so fair muss man sein.
    Wenn jemand gerade hier ankommt, kann er nicht sofort
    irgendwohin geschickt werden. Die Menschen wollen
    aber arbeiten und selbstbestimmt ein Stück zu ihrem Le-
    bensunterhalt beitragen können. Dabei geht es auch um
    Menschenwürde, die wir damit ermöglichen.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Dazu passt es auch, dass wir junge Flüchtlinge, die in
    unser Land kommen und die richtig gut und schnell sind
    – sie lernen Deutsch und machen ihre Abschlüsse; über
    sie reden wir leider nur sehr selten –, nicht vier Jahre
    lang warten lassen, bis sie eine Ausbildung machen dür-
    fen.


    (Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Woran liegt das denn? An uns nicht!)


    Mit Unterstützung des Bildungsministeriums und des In-
    nenministeriums haben wir jetzt dafür sorgen können,
    dass schon nach 15 Monaten eine Ausbildungsförderung
    gezahlt wird. Hierfür haben uns übrigens auch Unterneh-
    mer schon ein großes Dankeschön ausgesprochen.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Die Bilder, die uns vom Mittelmeer und von Lam-
    pedusa erreichen, zeigen einen unhaltbaren Zustand und
    sind unwürdig für die Europäische Union. Ich möchte
    noch einmal wiederholen: Wir müssen gemeinsam mit
    den europäischen Partnern eine faire, solidarische Auf-
    gabenaufteilung erreichen. Auch Thomas Oppermann
    hat das eben noch einmal gesagt. Deutschland nimmt
    heute 30 Prozent der Flüchtlinge auf. Ich glaube, wir
    können sagen: Außer in Schweden sehen wir eigentlich
    nirgendwo vergleichbare Anstrengungen. So darf das na-
    türlich nicht bleiben. Das ist keine Partnerschaft.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Deutschland ist mittlerweile ein richtig beliebtes
    Land. Ich glaube, es ist für manche überraschend, dass
    wir plötzlich einen solchen Stellenwert haben. Diese
    hohe Position haben wir in der OECD erreicht, weil wir
    den zweithöchsten Wanderungsgewinn nach den USA
    zu verzeichnen haben.

    Ich möchte hervorheben, dass wir eine sehr erfreuli-
    che und sehr positive Grundeinstellung der Hilfsbereit-
    schaft in unserer Bevölkerung feststellen können – ich
    glaube, das ist sehr wichtig –,


    (Bettina Hagedorn [SPD]: Ja!)

    und zwar nicht nur gegenüber Einwanderern insgesamt,
    sondern insbesondere auch gegenüber Flüchtlingen. Es
    gibt unglaubliche viele Nachbarschaftsinitiativen rund
    um Flüchtlingsheime, die sich in den letzten Monaten
    gegründet haben, um den Flüchtlingen direkt zu helfen,
    um den Kontakt zu anderen zu ermöglichen und um auf-
    zuklären. Wir alle sind uns darüber im Klaren: Die Ar-
    beit, die die Menschen in diesen Nachbarschaftsinitiati-
    ven leisten, könnten wir aus unserem Haushalt
    überhaupt nicht bezahlen. Es ist also wirklich ein Danke-
    schön an all die Menschen angebracht, die sich dort en-
    gagieren.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Ich möchte an das anschließen, was Volker Kauder
    gesagt hat. Wir haben heute Morgen an den Ausbruch
    des Zweiten Weltkrieges und die Gräueltaten der Natio-
    nalsozialisten erinnert. Vor diesem Hintergrund möchte
    ich noch einmal sagen: Wenn ich mir manche Demon-
    strationen auf deutschen Straßen anschaue, dann kann
    ich nur unterstreichen, dass diejenigen, die antisemiti-
    sche Parolen rufen, das Recht auf Meinungsfreiheit deut-
    lich überschreiten. Antisemitismus hat keinen Platz in
    unserem Land.


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Ich möchte an dieser Stelle aber auch sagen – das ist
    jetzt an Volker Kauder gerichtet –: Vor dem Hintergrund
    der deutschen Geschichte wäre es ebenso angebracht, zu
    sagen: Auch Antiziganismus hat in Deutschland keinen
    Platz.


    (Bettina Hagedorn [SPD]: Ja!)


    Natürlich ist auch niemandem damit geholfen, Islam-
    feindlichkeit auszublenden. Ich finde, dass die Brandan-
    schläge auf Moscheen, die sich im Moment häufen, uns
    durchaus nachdenklich machen müssen. Jegliche Diskri-
    minierung aufgrund von Religionszugehörigkeit oder
    Herkunft dürfen wir in Deutschland nicht dulden. Das
    muss uns doch die Geschichte gelehrt haben.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Wenn selbsternannte „Scharia-Polizisten“ durch
    Wuppertal spazieren, dann dulden wir auch das nicht.
    Das hat der nordrhein-westfälische Innenminister Ralf
    Jäger deutlich gemacht. Aber wir sollten diese Verirrten
    mit ihren abstrusen Ideen nicht wichtiger machen, als sie
    eigentlich sind. Das ist schon ein schmaler Grat, auf dem
    wir uns da bewegen.

    Anders sieht es bei gewaltbereiten, meist jungen
    Männern aus Deutschland aus, die von hier in den Nahen
    Osten oder nach Afghanistan reisen, um sich dort in den
    sogenannten Terrorcamps ausbilden zu lassen oder
    gleich in den Kampf zu ziehen. Hierzu möchte ich sa-
    gen: Es hat sich mir noch nie erschlossen – das konnte
    ich noch nie nachvollziehen –, wie ein Mensch in
    Deutschland auf die Idee kommen kann, in ein soge-





    Staatsministerin Aydan Özoğuz


    (A) (C)



    (D)(B)

    nanntes Ausbildungslager im Ausland zu reisen oder
    sich gar einer Terrormiliz anzuschließen. Das hat in mei-
    nen Augen weder mit dem Islam noch mit dem Thema
    Religion überhaupt irgendetwas zu tun. Deswegen ist es
    besonders wichtig, dass deutschlandweit am 19. Septem-
    ber dieses Jahres die Moscheegemeinden aufstehen wol-
    len und ein Zeichen gegen Hass und Unrecht und für
    Frieden auf der Welt setzen wollen. Ich habe den Ein-
    druck, dass viele in unserer Bevölkerung schon lange da-
    rauf warten. Es ist gut, dass ein solches Zeichen gesetzt
    wird.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Ein Beweis dafür, dass man auch mit einem sachli-
    chen Blick und ohne zu starke emotionale Aufwallungen
    an die Herausforderungen herangehen kann, ist die Um-
    setzung der Empfehlungen des Staatssekretärsausschus-
    ses bezüglich der Inanspruchnahme von Sozialleistungen
    durch EU-Bürger. Alle Ressorts haben in diesem Aus-
    schuss gemeinsam mit den Kommunen in akribischer
    Sacharbeit Daten und Fakten über die Zuwanderung nach
    Deutschland, insbesondere – weil es angesprochen
    wurde – aus Bulgarien und Rumänien, zusammengetra-
    gen.

    Das wenig überraschende Ergebnis, wenn ich das ein-
    mal so sagen darf, ist: Es ist keineswegs so, dass
    Deutschland unter der Last der rumänischen und bulgari-
    schen Zuwanderung zusammenbrechen würde. Ganz im
    Gegenteil: Die Einwanderer aus Südosteuropa sind in
    der Regel gut ausgebildet und gehen einer Arbeit nach.
    Ja, es gibt Einzelne, auf die das nicht zutrifft – das will
    ich gar nicht bestreiten –, was dazu führt, dass sich in
    den Kommunen die Herausforderungen ballen. Aber es
    ist schon erstaunlich, dass bis heute niemand so recht das
    Ausmaß eines angeblich übermäßigen Sozialleistungs-
    betrugs faktisch darstellen konnte. Der Ausschuss hat
    beschlossen, den Kommunen – ich glaube, das ist wirk-
    lich wichtig – mit insgesamt über 235 Millionen Euro
    schnell zu helfen.

    Einen unschätzbaren Beitrag zur Versachlichung der
    Debatte hat – das möchte ich in diesem Zusammenhang
    gern erwähnen – der Mediendienst Integration geleistet;
    denn viele Journalistinnen und Journalisten fragen dort
    nach Zahlen. Sie wollen wissen: Wie verhält es sich
    denn wirklich mit den Zuwanderern? Wer arbeitet? Wer
    bekommt Sozialleistungen? – Dieser Mediendienst wird
    von mir als Integrationsbeauftragter aus meinem extrem
    kleinen Budget – wenn ich das in der Haushaltsdebatte
    noch einmal anmerken darf – unterstützt. Er bereitet für
    Journalisten Daten auf und erklärt Hintergründe zu die-
    sen Themen. Ich glaube, dass das sehr hilfreich sein
    kann. Deswegen halten wir an diesem Mediendienst
    weiter fest.


    (Beifall bei der SPD)


    Zwei kurze Stichworte zum Schluss. Ein bewährtes
    Instrument für ein Gelingen der Integration sind die Inte-
    grationskurse zum Spracherwerb. Der große Erfolg die-
    ser Kurse gibt uns recht. Wir haben am Tag der offenen
    Tür des Kanzleramts ein Quiz gemacht und die Leute ge-
    fragt, wie viele Menschen so einen Kurs wohl schon ge-
    macht haben mögen. Es ist doch erstaunlich, dass die
    meisten sich höchstens 300 000 Teilnehmer vorstellen
    konnten und nicht wussten, dass es schon 1,3 Millionen
    Menschen sind, dass die Menschen Schlange stehen, um
    sich für diese Kurse anzumelden, und diese Kurse gern
    besuchen. Deswegen war es wichtig, dass die Mittel in
    diesem Bereich nicht gekürzt wurden, dass wir sie also
    erhalten konnten.


    (Beifall bei der SPD sowie der Abg. Gerda Hasselfeldt [CDU/CSU])


    Auch die Migrationsberatungsstellen für erwachsene
    Zuwanderer sind im Moment sehr stark gefordert. Das
    möchte ich nur einmal erwähnen; denn bei ihnen stehen
    die Familien vor der Tür, die ganz viel Hilfe brauchen.
    Und wenn man sich einmal die Zahlen anschaut, dann
    stellt man fest, dass mehr Menschen kommen, aber nicht
    mehr Berater vorhanden sind. Auch darüber sollten wir
    noch einmal sprechen.

    Es freut mich, dass wir mit der weitestgehenden Ab-
    schaffung der Optionspflicht – das möchte ich zu guter
    Letzt sagen – ein ganz klares Signal in Richtung Ein-
    wanderungsdeutschland gegeben haben. Frau Göring-
    Eckardt, ich bin vorhin ein bisschen zusammengezuckt,
    als Sie sagten, Deutschland sei seit 1989 ein Einwande-
    rungsland. Natürlich ist Deutschland schon länger ein
    Einwanderungsland. Wir hatten immer ein bisschen Pro-
    bleme damit, das zuzugeben. Aber nun ist es vollbracht,
    wenn man so will. Wir sind mit der weitestgehenden Ab-
    schaffung der Optionspflicht dem Ganzen ein großes
    Stück näher gekommen. Es ist jetzt eben nicht mehr so
    – wie noch in meiner Generation –, dass man hier gebo-
    ren wird, groß wird und immer Ausländer bleibt und
    zum Beispiel nicht irgendwann einmal am Kabinetts-
    tisch sitzen kann. Das haben wir nun endlich geändert.
    Ich glaube, so fühlen sich die jungen Menschen auch
    wirklich als fester Bestandteil dieses Landes, ohne ihre
    Herkunft verleugnen zu müssen.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Letzter Satz – das ist für den Haushalt wichtig –: Die
    Mittel, die wir für den gesellschaftlichen Zusammenhalt
    in Deutschland, für mehr Bildungsmöglichkeiten, für
    Austausch, für Begegnung und Beratung einsetzen – das
    ist manchmal in Zahlen nicht so leicht auszudrücken –,
    sind echte Investitionen in unsere Gesellschaft und in die
    Zukunft und den Frieden unseres Landes.

    Vielen Dank.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)




Rede von Petra Pau
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DIE LINKE.)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)

Die Kollegin Gerda Hasselfeldt hat nun das Wort für

die CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)







(A) (C)



(D)(B)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Gerda Hasselfeldt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)


    Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

    In diesen Tagen spüren wir alle, dass die Welt aus den
    Fugen geraten ist. Wir erleben weltweit eine politisch
    bewegte Zeit, und zwar in einer Intensität, die wir bisher
    noch kaum erlebt haben.

    In Europa wird uns klar, dass die Folgen der Finanz-
    und Wirtschaftskrise noch nicht ganz aufgearbeitet und
    bewältigt sind. Wenn dennoch immer wieder Stimmen in
    der Richtung laut werden, doch wieder einmal kreditfi-
    nanzierte Programme aufzulegen, dann, kann ich nur sa-
    gen, hat man das alles nicht verstanden.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Gerade vor dem Hintergrund dessen, was wir sowohl
    in Europa als auch weltweit erlebt haben und erleben, ist
    es umso wichtiger, dass wir unseren Stabilitätskurs, un-
    seren Konsolidierungskurs in Deutschland so, wie er die
    letzten Jahre gefahren worden ist, fortsetzen.

    Der Haushalt 2015, meine lieben Kolleginnen und
    Kollegen, ist in der Tat ein Meilenstein. Das ist eine his-
    torische Zeitenwende; denn das erste Mal seit mehr als
    45 Jahren macht der Bund keine neuen Schulden. Das
    letzte Mal war das unter der Verantwortung des Finanz-
    ministers Franz Josef Strauß der Fall.


    (Zuruf von der CDU/CSU: Ja!)


    – Das muss einmal gesagt werden. – Heute ist es unter
    der Verantwortung von Wolfgang Schäuble der Fall. Ich
    möchte ihm persönlich, aber auch den Haushältern und
    allen, die hier in den letzten Jahren Verantwortung getra-
    gen haben, herzlich dafür danken. Denn das ist nicht nur
    das Ergebnis einer kurzfristigen Haushaltsaufstellung in
    diesem Jahr, sondern es ist das Ergebnis harter Arbeit in
    den letzten Jahren, die heute Früchte trägt und auch
    künftig tragen wird.


    (Beifall bei der CDU/CSU)


    Und wir tun das, meine Damen und Herren, ohne
    Steuererhöhungen.


    (Volker Kauder [CDU/CSU]: Genau!)


    Das ist eine ganz wichtige Botschaft, die Volker Kauder
    am Ende seiner Rede deutlich zum Ausdruck gebracht
    hat. Man kann gar nicht oft und deutlich genug betonen,
    dass dies dazugehört. Steuererhöhungen bremsen die
    Leistungsbereitschaft eines jeden Steuerpflichtigen; sie
    blockieren Investitionen. Wenn, wie im Laufe der gestri-
    gen und heutigen Debatte, von Oppositionskollegen im-
    mer wieder angemahnt wird, dass zu wenig investiert
    wird, dann sollten wir uns einmal klarmachen: Nicht nur
    die öffentlichen Haushalte tätigen Investitionen, sondern
    der wesentliche Teil der Investitionen wird durch Private
    getätigt, und zwar durch die Wirtschaft, durch unsere
    Unternehmen. Sie brauchen verlässliche Rahmenbedin-
    gungen und können keine zusätzlichen Belastungen er-
    tragen.

    Deshalb ist unser Credo: keine Steuererhöhungen in
    dieser Legislaturperiode. Darauf können sich die Men-
    schen verlassen. Das haben wir vor der Wahl gesagt, und
    das halten wir über die ganze Legislaturperiode ein.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Dr. Eva Högl [SPD] – Harald Petzold [Havelland] [DIE LINKE]: Darauf können sich vor allem die Millionäre in diesem Land verlassen!)


    Liebe Kolleginnen und Kollegen, ein ausgeglichener
    Haushalt ist nichts, das man als Monstranz vor sich her-
    trägt. Er ist auch kein Selbstzweck. Nein, er ist aus drei-
    erlei Gründen, die ich ansprechen möchte, besonders
    wichtig:

    Erstens ist er ein Zeichen der Verlässlichkeit. Verläss-
    lichkeit ist die Basis für Vertrauen; ohne Vertrauen fin-
    den keine Investitionen statt. Es ist die wesentliche
    Grundlage für wirtschaftliche Betätigung und wirtschaft-
    lichen Erfolg in einem Land, dass sich all diejenigen, die
    investieren und wirtschaftlich tätig sind, auf Rahmenbe-
    dingungen verlassen können, die ihnen den entsprechen-
    den Spielraum geben.

    Das Zweite ist: Wir schaffen damit Spielraum für die
    notwendigen Schwerpunkte und die notwendigen öffent-
    lichen Investitionen, beispielsweise im Infrastrukturbe-
    reich, sowohl im Verkehr als auch in der digitalen Infra-
    struktur, oder auch im Bildungs- und Forschungsbereich.
    Das wurde heute schon mehrfach angesprochen. 15 Mil-
    liarden Euro allein in diesem Jahr für Bildung: Das ist
    mehr als doppelt so viel wie 2005. Es geht aber auch um
    Schwerpunkte im sozialen Bereich wie das, was wir in
    den vergangenen Jahren für die Entlastung der Kommu-
    nen gemacht haben und immer noch machen, und zwar
    bei Aufgaben, für die der Bund eigentlich gar nicht zu-
    ständig ist.

    Das Dritte und ganz Wesentliche ist, dass wir keine
    Politik auf Kosten der jüngeren Generation machen. Wir
    sind uns vielmehr bewusst, dass das Allerbeste, was wir
    den jungen Menschen, unseren Kindern und Enkelkin-
    dern, mitgeben können, schuldenfreie Haushalte sind:
    keine Schulden, sondern Chancen, dass sie sich entfalten
    und auf die aktuellen Herausforderungen ihrer Zeit ent-
    sprechende Antworten geben können und entsprechende
    Spielräume haben.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Das Beste, was wir für unsere wirtschaftliche Ent-
    wicklung tun können, und das Beste, was wir für unsere
    Kinder und Enkelkinder tun können, das machen wir mit
    diesem Haushalt 2015.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Wenn, wie in der gestrigen und heutigen Debatte, die
    Kollegen aus der Opposition versuchen, das madigzu-
    machen und kleinzureden,


    (Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Das macht schon der Deutschlandfunk!)


    dann muss ich sagen: Jeder, der diese Erfolgsgeschichte,
    nämlich einen ausgeglichenen Haushalt ohne Neuver-
    schuldung und Steuererhöhungen mit entsprechenden in-





    Gerda Hasselfeldt


    (A) (C)



    (D)(B)

    vestiven Schwerpunkten, madigmacht, dokumentiert da-
    mit: Er hat mit dieser Erfolgsgeschichte nichts zu tun.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    So ist es auch: Die Herrschaften von der Opposition ha-
    ben an dieser Erfolgsgeschichte keinen Anteil.


    (Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Das sehen wir aber anders!)


    Sie haben keinen Beitrag dazu geleistet.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Ach, Frau Hasselfeldt!)


    Dieser ausgeglichene Haushalt ist auch ein richtiges
    Signal in Richtung Europa. Wenn uns Europa in den
    letzten Jahren eines gelehrt hat, dann war es dies: Eine
    zu hohe Staatsverschuldung blockiert Leistungsbereit-
    schaft, Investitionen, Wachstum und damit eine weitere
    positive Entwicklung und schafft Krisen. Das haben wir
    alle miteinander erlebt.

    Es war die zu hohe Staatsverschuldung in den einzel-
    nen Ländern, die die Krise in Europa herbeigeführt hat.
    Deshalb war es richtig, wie wir gehandelt haben.

    Heute sehen wir: Portugal, Irland und Spanien haben
    den Rettungsschirm verlassen. Griechenland und Zypern
    haben zumindest Fortschritte erzielt und sind auf einem
    guten Weg. Aber wir wissen auch, dass wir noch nicht
    am Ende angelangt sind, dass wir noch nicht das eigent-
    liche Ziel erreicht haben. Das werden wir nur dann errei-
    chen, wenn wirklich jedes Land seine Hausaufgaben
    macht, wenn in jedem der betroffenen Länder die not-
    wendigen Strukturreformen durchgeführt werden und
    für solide Haushalte gesorgt wird.

    Unser Kurs war richtig, der da lautete: Wir wollen die
    Problemländer nicht aus ihrer Verantwortung entlassen.
    Solidarität ja, aber nur in Verbindung mit Solidität.
    Keine Vergemeinschaftung von Schulden und keine
    Aufweichung der Stabilitätskriterien. – Das gilt für alle
    Länder. Das gilt in Zukunft und aktuell für Italien und
    Frankreich. Dabei muss es auch bleiben. Dass diese Li-
    nie erfolgreich ist, haben die letzten Monate gezeigt.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Thomas Oppermann [SPD])


    Wir erleben – das ist in allen Debattenbeiträgen deut-
    lich zum Ausdruck gekommen – eine Welt voller Krisen;
    gerade heute ist mir das bei der Rede des polnischen
    Staatspräsidenten wieder ganz bewusst geworden. Bei
    all den Krisen rings um uns herum mit ihren unterschied-
    lichen Ursachen muss uns doch immer wieder klar sein,
    welch großer Segen es ist, dass wir in der Europäischen
    Union verankert sind, dass wir in einer Europäischen
    Union als Friedens- und Freiheitsunion leben können, in
    einer Gemeinschaft, in der nicht irgendwelche Gebiets-
    ansprüche oder geostrategische Einflusssphären eine
    Rolle spielen. Vielmehr ist die Europäische Union ge-
    prägt von Freiheit, Frieden und dem Selbstbestimmungs-
    recht der Völker. Das ist ein riesiges Glück für uns. Ich
    bin – das sage ich ganz offen – jeden Tag dankbar dafür,
    erst recht angesichts der Krisen, die wir in der Welt erle-
    ben.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie der Abg. Marieluise Beck [Bremen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


    Vor diesem Hintergrund ist es verständlich, dass sich
    beispielsweise auch die Menschen in der Ukraine danach
    sehnen. Daher ist es unsererseits notwendig, nicht nur
    einfach zuzuschauen, sondern dies auch zu verteidigen
    und entsprechend politisch zu handeln. Ich unterstütze
    deshalb mit großem Engagement alle Entscheidungen,
    die die Bundeskanzlerin und der Bundesaußenminister
    in den letzten Wochen und Monaten vorbereitet und ge-
    troffen haben. Es kann natürlich keine militärische Lö-
    sung geben. Es muss eine politische Lösung geben. Ge-
    spräche müssen weiterhin geführt werden. Aber es
    müssen auch klare Worte fallen, und es muss klare Kante
    gezeigt werden. Für den bisher eingeschlagenen Weg bin
    ich sehr dankbar. Ich bitte, auf diesem fortzufahren.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Natürlich sind wir angesichts der Krisen als traditio-
    nelles Zufluchtsland auch mit Herausforderungen kon-
    frontiert, die größere Anstrengungen von uns verlangen
    als in früheren Jahren. Wir rechnen in diesem Jahr mit
    etwa 200 000 Flüchtlingen; das wurde bereits ange-
    sprochen. Ich möchte meinerseits den Mitarbeitern des
    Bundesamts für Migration und Flüchtlinge in Nürnberg,
    das ich letzte Woche besucht habe, sehr herzlich für die
    Arbeit danken, die dort geleistet wurde und geleistet
    wird. Ich möchte auch all jenen danken, die in den Städ-
    ten und Gemeinden bei der Betreuung der Flüchtlinge
    ehrenamtlich Hilfe leisten. Es ist großartig, was in vielen
    Städten und Gemeinden geleistet wird.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Wir haben hier einige Aufgaben zu bewältigen. Ich
    plädiere dafür, dass wir das gemeinsam machen, in ge-
    meinsamer Verantwortung des Bundes, der Länder und
    der Kommunen, aber auch Europas. Ich wünsche dem
    Bundesinnenminister viel Erfolg bei seinen Verhandlun-
    gen, wenn es darum geht, auch die anderen europäischen
    Länder ein Stück weit stärker in die Pflicht zu nehmen.

    Es kann nicht sein, dass die Flüchtlinge, die in Italien
    ankommen, nicht registriert werden, ihnen aber ein Zug-
    ticket gegeben wird, mit dem sie Richtung Norden fah-
    ren können. Das ist nicht im Sinne dessen, was auf euro-
    päischer Ebene vereinbart wurde, das ist nicht im Sinne
    des europäischen Geistes. An dieses Problem muss man
    herangehen, man muss es artikulieren, und das tut der
    Bundesinnenminister. Dafür bin ich sehr dankbar.

    Was zu den sicheren Herkunftsländern vorhin gesagt
    wurde, teile ich. Wir sind darüber in Gesprächen. Ich
    hoffe sehr, dass wir zu einem Ergebnis kommen; denn es
    kann nicht sein, dass 20 Prozent der Asylbewerber in
    Deutschland aus drei Ländern des Westbalkans kommen,
    wobei deren Anerkennungsquote weniger als 1 Prozent





    Gerda Hasselfeldt


    (A) (C)



    (D)(B)

    beträgt. Das blockiert die Arbeit der Mitarbeiter im
    BAMF, das blockiert auch alle Aufnahmemöglichkeiten.

    Ich möchte die Diskussion sehr sachlich führen und
    darauf hinweisen, dass die Einstufung als sicheres Her-
    kunftsland nicht bedeutet, dass die Menschen, die aus
    diesen Ländern kommen, kein Asylverfahren bekom-
    men. Es geht nur darum, dass die Beweislast anders ist,
    dass die Verfahren verkürzt werden können. Es hat na-
    türlich jeder Einzelne ein Recht darauf, dass sein Antrag
    geprüft wird. Dies will ich nur zur Klarheit sagen, weil
    gelegentlich eine Legendenbildung erfolgt, die den Tat-
    sachen nicht entspricht.

    Meine Damen und Herren, ich habe vorhin vom
    Haushalt der Schwerpunkte gesprochen. Wir haben in
    diesem wie auch schon im vergangenen Haushalt deutli-
    che Schwerpunkte gesetzt. Ein ganz wesentlicher ist der
    Schwerpunkt Bildung und Forschung. Wenn uns vor we-
    nigen Tagen der Präsident des Fraunhofer-Instituts ge-
    sagt hat, dass wir beim Handel mit Produkten, die auf
    Forschung und Entwicklung basieren, an zweiter Stelle
    weltweit stehen, hinter China und noch vor den USA,
    dann macht das deutlich, dass die Anstrengungen der
    letzten Jahre nicht irgendwo verpufft sind, sondern sicht-
    bar und spürbar sind. Die Hightech-Strategie, die Exzel-
    lenzinitiative, der Hochschulpakt – all das waren und
    sind Anstrengungen des Bundes in den vergangenen Jah-
    ren und aktuell, die weitergeführt werden und die zu die-
    sem positiven Ergebnis geführt haben. Wir können heute
    sagen: Wir sind ein wichtiges Forschungsland in der
    Welt. Das haben wir uns in den letzten Jahren aufgebaut.

    Der zweite Schwerpunkt liegt auf dem Bereich Sozia-
    les, Kinder, Familie. Wir reden heute schon gar nicht
    mehr über das Elterngeld; in manchen Ländern, wie in
    Bayern, gibt es auch noch das Landeserziehungsgeld. Es
    gibt das Betreuungsgeld und die Kindertagesbetreuung.
    Wir haben vieles für Familien mit Kindern getan, und
    wir tun das auch weiterhin, obwohl der Bund zum Bei-
    spiel für die Kinderbetreuung gar nicht originär zustän-
    dig ist. Das tun wir aus der festen Überzeugung heraus,
    dass unsere Politik eine Politik ist, die den Kindern, Ju-
    gendlichen und jungen Familien bei der Bewältigung der
    neuen Herausforderungen, vor denen sie stehen, hilft.

    Das Gleiche gilt übrigens auch in anderen Sozialbe-
    reichen, was ich aufgrund der Zeit nicht mehr vertiefen
    kann.

    Aber eines will ich noch sagen: Wenn wir die Men-
    schen fragen, wie es ihnen geht, wenn wir die Umfrage-
    werte sehen, wenn wir die objektiven Zahlen unserer Be-
    schäftigungs- und Wirtschaftsentwicklung sehen, dann
    merken wir: Die Menschen sind zufrieden. Sie erkennen
    an, dass diese Bundesregierung sie durch schwierigste
    internationale Krisen gut, ja bestens gesteuert hat. Sie er-
    kennen an, dass Deutschland eine hohe Reputation, ja
    höchste Anerkennung in der Welt genießt, nicht zuletzt
    durch die Arbeit der Bundeskanzlerin. Sie erkennen an,
    dass wir eine hervorragende Beschäftigungssituation ha-
    ben. Sie erkennen an, dass wir einen starken Mittelstand
    haben, den wir auch pflegen müssen, und sie erkennen
    an, dass wir eine stabile Sozialversicherung mit hohen
    Sozialstandards im ganzen Land haben.
    Diese Anerkennung und der Haushalt 2015 sind eine
    gute Grundlage, damit auch weiterhin erfolgreich gear-
    beitet werden kann.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)