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ID1805002300

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 18/50 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 50. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 10. September 2014 I n h a l t : Glückwünsche zum Geburtstag der Abgeord- neten Karin Evers-Meyer, Dr. Angela Merkel, Günter Lach, Dr. Harald Terpe, Dr. Wilhelm Priesmeier, Jürgen Trittin, Max Straubinger, Norbert Brackmann, Dr. Axel Troost, Bartholomäus Kalb, Karsten Möring, Volker Kauder, Hans- Peter Uhl und Wolfgang Gehrcke . . . . . . . . 4547 B Tagesordnungspunkt 1: (Fortsetzung) a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes über die Feststellung des Bundes- haushaltsplans für das Haushaltsjahr 2015 (Haushaltsgesetz 2015) Drucksache 18/2000 . . . . . . . . . . . . . . . . . 4547 B b) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Finanzplan des Bundes 2014 bis 2018 Drucksache 18/2001 . . . . . . . . . . . . . . . . . 4547 C Einzelplan 04 Bundeskanzlerin und Bundeskanzleramt Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 4547 D Dr. Angela Merkel, Bundeskanzlerin . . . . . . . 4554 B Katrin Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4560 B Thomas Oppermann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 4565 A Matthias W. Birkwald (DIE LINKE) . . . . . 4566 A Herbert Behrens (DIE LINKE) . . . . . . . . . 4568 A Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4570 A Volker Kauder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 4571 A Aydan Özoğuz, Staatsministerin BK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4574 C Gerda Hasselfeldt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 4577 A Bettina Hagedorn (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 4579 C Harald Petzold (Havelland) (DIE LINKE) . . 4581 A Monika Grütters, Staatsministerin BK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4582 B Tabea Rößner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4584 A Hiltrud Lotze (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4585 A Rüdiger Kruse (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 4586 C Ulle Schauws (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4588 A Burkhard Blienert (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 4588 D Einzelplan 09 Bundesministerium für Wirtschaft und Energie Sigmar Gabriel, Bundesminister BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4590 B Roland Claus (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 4594 B Dr. Michael Fuchs (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 4595 C Dr. Barbara Hendricks (SPD) . . . . . . . . . . 4598 A Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4598 B Wolfgang Tiefensee (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 4600 A Klaus Ernst (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . 4601 B Dr. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU) . . . . . . . . . 4603 A Klaus Ernst (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 4603 C Inhaltsverzeichnis II Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 50. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 10. September 2014 Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4605 C Sigmar Gabriel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4606 C Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4607 B Thomas Jurk (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4607 D Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . . . . 4609 A Karl Holmeier (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 4610 A Dr. Julia Verlinden (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4612 A Andreas Mattfeldt (CDU/CSU) . . . . . . . . . 4612 C Mark Hauptmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 4613 C Jan Metzler (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . 4615 A Andreas Mattfeldt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 4616 B Einzelplan 14 Bundesministerium der Verteidigung Dr. Ursula von der Leyen, Bundesministerin BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4618 B Dr. Alexander S. Neu (DIE LINKE) . . . . . . . 4620 B Rainer Arnold (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4621 D Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4624 A Henning Otte (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 4625 A Inge Höger (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . 4627 B Karin Evers-Meyer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 4628 C Agnieszka Brugger (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4629 D Ingo Gädechens (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 4631 B Gabi Weber (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4633 A Bartholomäus Kalb (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 4634 A Dr. Karl-Heinz Brunner (SPD) . . . . . . . . . . . . 4635 C Einzelplan 23 Bundesministerium für wirtschaftliche Zu- sammenarbeit und Entwicklung Dr. Gerd Müller, Bundesminister BMZ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4637 A Heike Hänsel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 4639 C Sonja Steffen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4641 A Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4642 C Jürgen Klimke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 4644 A Annette Groth (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 4645 C Dr. Bärbel Kofler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 4646 C Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4648 B Johannes Selle (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 4649 C Gabriela Heinrich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 4650 C Tobias Zech (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . 4651 D Stefan Rebmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 4652 D Volkmar Klein (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 4654 C Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4655 A Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4656 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 4657 A Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 50. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 10. September 2014 4547 (A) (C) (D)(B) 50. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 10. September 2014 Beginn: 10.31 Uhr
  • folderAnlagen
    (D) Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 50. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 10. September 2014 4657 (A) (C) (B) Anlage zum Stenografischen Bericht Liste der entschuldigten Abgeordneten (D) Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Alpers, Agnes DIE LINKE 10.09.2014 Beckmeyer, Uwe SPD 10.09.2014 Bleser, Peter CDU/CSU 10.09.2014 Buchholz, Christine DIE LINKE 10.09.2014 Connemann, Gitta CDU/CSU 10.09.2014 Dağdelen, Sevim DIE LINKE 10.09.2014 Dinges-Dierig, Alexandra CDU/CSU 10.09.2014 Färber, Hermann CDU/CSU 10.09.2014 Ferner, Elke SPD 10.09.2014 Heil (Peine), Hubertus SPD 10.09.2014 Hintze, Peter CDU/CSU 10.09.2014 Dr. Krüger, Hans-Ulrich SPD 10.09.2014 Leutert, Michael DIE LINKE 10.09.2014 Ostendorff, Friedrich BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 10.09.2014 Petry, Christian SPD 10.09.2014 Dr. Reimann, Carola SPD 10.09.2014 Sarrazin, Manuel BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 10.09.2014 Schlecht, Michael DIE LINKE 10.09.2014 Steiniger, Johannes CDU/CSU 10.09.2014 Ulrich, Alexander DIE LINKE 10.09.2014 Weinberg, Harald DIE LINKE 10.09.2014 Zimmermann, Pia DIE LINKE 10.09.2014 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Anlagen 50. Sitzung Inhaltsverzeichnis TOP 1 Einbringung Haushaltsgesetz 2015 – Finanzplan des Bundes 2014 bis 2018 Epl 04 Bundeskanzlerin und Bundeskanzleramt Epl 09 Wirtschaft und Energie Epl 14 Verteidigung Einzelplan Anlagen
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Volker Kauder


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)


    Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kolle-

    gen! Am Mittwoch in einer Haushaltswoche dient die
    Debatte zum Etat der Bundeskanzlerin immer dazu, sich
    mit den Schwerpunkten, den großen Herausforderungen
    der deutschen Politik auseinanderzusetzen und sie darzu-
    stellen. Das heißt nicht, dass wir die vielen innenpoliti-
    schen Fragen nicht ernst nehmen; aber dafür haben wir
    ja auch die Diskussionen zu den Einzelplänen. Deswe-
    gen sollten wir uns heute – auch im Hinblick auf das,
    was die Bundeskanzlerin gesagt hat – mit den großen
    Herausforderungen beschäftigen und uns einmal an-
    schauen, welche Antworten von uns gefragt sind.

    Da ist natürlich die große Herausforderung, mit der
    wir bei Abschluss der Koalitionsverhandlungen nicht ge-
    rechnet haben und nicht rechnen konnten: die neue Si-
    tuation in der Welt und vor allem die neue Situation auch
    in Europa. Ich war von der Rede des polnischen Staats-
    präsidenten heute Morgen beeindruckt, der in einer Klar-
    heit über die Herausforderungen und die Notwendigkeit
    der Antworten gesprochen hat, wie man es sehr selten in
    Europa hört, liebe Kolleginnen und Kollegen.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Er hat davon gesprochen, dass wir es natürlich nicht hin-
    nehmen dürfen, dass die Errungenschaften in Europa,
    zum Beispiel unser Bild vom Menschen, einfach drange-
    geben werden. Es ist völlig richtig, was die Bundeskanz-
    lerin gesagt und wir hier, in diesem Deutschen Bundes-
    tag, mehrfach wiederholt haben: Wir sehen keine
    militärische Lösung des Konflikts in der Ukraine. Es
    wäre ja geradezu aberwitzig, wenn wir in diesem Jahr, in
    dem wir über den Ersten und den Zweiten Weltkrieg re-
    den, militärische Lösungen suchen würden. Eines ist
    aber auch klar: Deswegen müssen wir umso mehr mit
    den politischen Möglichkeiten, die wir haben, arbeiten,
    und die Dinge, die nicht gut laufen, auch beim Namen
    nennen.


    (Herbert Behrens [DIE LINKE]: Säbelrasseln!)


    – Einen dümmeren Zwischenruf kann man sich gar nicht
    vorstellen, als jetzt, da ich hier über humanitäre Pro-
    bleme rede, von „Säbelrasseln“ zu sprechen. Sie sollten
    sich schämen für diesen Zwischenruf!


    (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


    Jetzt werde ich Ihnen einmal etwas sagen. Ich hoffe,
    Ihnen stockt der Atem. Ich habe gesagt, wir müssen für
    unser Menschenbild eintreten und die Dinge beim
    Namen nennen. Die Kollegin Marieluise Beck hat mich
    heute Morgen auf etwas hingewiesen, was einem wirk-
    lich den Atem stocken lässt – auch darüber müssen wir
    reden, wenn wir über Sanktionen sprechen –: Natürlich
    üben die Separatisten in der Ukraine Gewalt aus, und
    natürlich werden dort mit militärischem Gerät keine
    Spielzeugveranstaltungen durchgeführt; aber noch
    schrecklicher als das ist, dass die Menschen in den
    Gebieten, in denen die Separatisten das Sagen haben, in
    einer Art und Weise bedroht werden, die wir nicht hin-
    nehmen können. Betroffen sind oft die Frauen. Es gibt
    das Beispiel von Frau Dowgan, die, weil sie sich für die
    ukrainische Armee ausgesprochen hat, an einen Pranger
    gestellt und mit Waffen bedroht worden ist


    (Arnold Vaatz [CDU/CSU]: Ja! Das ist so! Genau so! – Sabine Weiss [Wesel I] [CDU/CSU]: Ja! So ist es!)


    – das ist „Säbelrasseln“! –, die bespuckt worden ist, ge-
    schlagen worden ist, gedemütigt worden ist, über meh-
    rere Stunden hinweg. Dazu kann ich nur sagen: So etwas
    dürfen wir nicht dulden, liebe Kolleginnen und Kolle-
    gen!


    (Beifall im ganzen Hause – Arnold Vaatz [CDU/CSU], an die LINKE gewandt: Hört auf zu klatschen! Ihr braucht nicht zu klatschen!)


    – Ihr Klatschen ist mir völlig egal. – Deswegen bin ich
    der Meinung, dass wir die Sanktionen durchsetzen müs-
    sen, dass wir die Antwort geben müssen, dass wir dies
    nicht hinnehmen.

    Ich muss sagen: Diese neue Herausforderung, auf die
    wir zunächst einmal keine Antwort geben konnten, wird
    von dieser Bundesregierung großartig angenommen. Die
    Bundesregierung argumentiert und handelt richtig. Dafür
    sage ich einen herzlichen Dank der Bundeskanzlerin,
    aber genauso auch dem Bundesaußenminister. Wir kön-
    nen wirklich froh sein, in dieser Situation eine solche
    Bundesregierung unserem Land stellen zu können.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


    Das zweite große Thema, mit dem wir uns in der in-
    ternationalen Politik auseinandersetzen müssen, ist der
    Umgang mit islamistischen Terrorgruppen. Auch da gilt,
    dass wir konsequent und, wie der polnische Staatspräsi-
    dent gesagt hat, entschlossen sein müssen und diese
    Entschlossenheit denen, die in grober Weise gegen Men-
    schenrechte verstoßen, auch zeigen müssen.

    Dass diese Entwicklung uns Sorgen machen muss,
    zeigen die jüngsten Ankündigungen, und dass dieses
    Thema uns über viele, viele Monate, wahrscheinlich
    Jahre beschäftigen wird, ist doch für uns eine unglaubli-
    che Herausforderung. Deswegen werden der Einsatz für
    Frieden, für Menschenrechte und für Religionsfreiheit





    Volker Kauder


    (A) (C)



    (D)(B)

    sowie die Bekämpfung dieses islamistischen Terrors in
    der nächsten Zeit immer ein Thema unserer Politik in der
    Großen Koalition sein müssen und auch sein.

    Es muss uns doch wirklich erschrecken und dann zum
    Handeln bringen, wenn wir lesen, dass die verschiede-
    nen Terrorgruppen jetzt in einen Wettbewerb um die
    größtmögliche Aufmerksamkeit eintreten. In diesen
    Tagen haben wir erfahren, dass al-Qaida sagt: „Wir kom-
    men einfach nicht mehr vor, weil nur noch über ISIS und
    deren Brutalität gesprochen wird. Wir wollen das än-
    dern, und deswegen werden wir uns jetzt unserer Glau-
    bensgeschwister in Asien annehmen. Wir haben bereits
    einen Chef von al-Qaida in Indien benannt“. – Dass es
    nicht nur dabei bleiben wird, kann man in diesen Tagen
    in Indien ganz genau sehen. Zum ersten Mal werden in
    den Slumgebieten in Indien Großplakate aufgestellt, auf
    denen Israel dafür verantwortlich gemacht wird, dass
    Kinder verletzt werden, und für vieles andere mehr, um
    damit in solchen Gebieten zunächst einmal ein Bewusst-
    sein zu schaffen. Das Nächste wird sein, dass man natür-
    lich über den Einsatz der Muslime in Indien sprechen
    wird. Da kann ich nur sagen: Man muss aufmerksam
    sein, und natürlich muss man den Menschen vor Ort hel-
    fen, damit sie denen nicht auf den Leim gehen.

    Frau Göring-Eckardt, ich teile Ihre Auffassung, dass
    man nur mit Strafrecht die Dinge nicht regeln kann, aber
    es gibt Herausforderungen, bei denen man auch mit dem
    Strafrecht eine moralische Kompetenz in diesem Land
    beweisen muss. Ich kann nur sagen: Es macht mir große
    Sorgen – ich finde es unglaublich und hätte nie damit ge-
    rechnet –, dass wir am Sonntag wenige Meter von die-
    sem Reichstagsgebäude entfernt eine Kundgebung des
    Zentralrats der Juden unter dem Thema „Steh auf! Nie
    wieder Judenhass!“ haben müssen. Es ist unglaublich,
    dass das notwendig geworden ist. Da kann ich nur sagen:
    Es ist richtig, dass wir mit mehreren Maßnahmen den
    Antisemitismus bekämpfen, unter anderem auch mit
    dem Strafrecht. Damit sorgen wir dafür, dass bestimmte
    Thesen in unserem Land nicht ungestraft gesagt oder
    wiederholt werden dürfen.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Dr. Gregor Gysi [DIE LINKE])


    Natürlich muss abgewogen werden, aber von vornhe-
    rein nur die soziale Kompetenz herauszustellen und zu
    sagen: „Strafrecht geht nicht“, halte ich für falsch.


    (Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber das habe ich gar nicht gesagt, Herr Kauder!)


    Ich bin der Meinung, dass mehrere Dinge geschehen
    müssen. Wenn jetzt aber wieder gerufen wird, dass wir
    besondere Maßnahmen und Projekte brauchen, dann
    kann ich nur sagen: Der Einsatz für Toleranz, das Lernen
    aus unserer Geschichte – nie wieder Judenhass –, das ge-
    hört nach meiner Auffassung schon zur Grundausbil-
    dung in unseren Schulen. Das kann man nicht nach dem
    Motto wegschieben: Der Bund muss irgendwelche Pro-
    jekte auflegen. Ich finde es erschreckend, wenn ich in
    Berichten lese, dass junge Leute wenig Ahnung von dem
    haben, was war. Geschichtsunterricht und damit Kennt-
    nis über das, was in unserem Land einmal war und nie
    wieder sein darf, kann nicht das Thema von Projekten
    der Bundesregierung sein, sondern muss Thema der
    Ausbildung in unseren Schulen sein.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Da sind in besonderer Weise auch unsere Länder gefor-
    dert.

    Da wir über das Thema Flüchtlinge reden: Ich bin
    einverstanden – ich habe das am letzten Montag hier ge-
    sagt; da gab es noch eine breite Übereinstimmung –,
    dass wir Flüchtlinge in unserem Land aufnehmen und al-
    les dafür tun müssen, dass sie anständig untergebracht
    sind. Dass dies natürlich eine große Herausforderung für
    viele Kommunen ist, wissen wir; auch die Oberbürger-
    meister, die der Partei der Grünen angehören, sagen,
    dass das eine Herausforderung ist. Deswegen denke ich,
    hier brauchen wir gar nicht groß über das, was im Bun-
    desrat passieren muss, zu diskutieren.

    Aber Thomas Oppermann hat doch recht: Wir spielen
    nicht die eine Gruppe gegen die andere aus. Ich denke,
    ein Schuh wird daraus – das wäre das Richtige –, wenn
    wir uns hier im Bundestag sagen würden – die Linke hat
    ja auch ein bisschen Einfluss; zumindest an einer Lan-
    desregierung ist sie beteiligt. –: Die Herausforderung,
    die wir in der Flüchtlingspolitik haben, stellt sich nicht
    nur diesem Haus, sondern sie muss sich im Bundesrat
    fortsetzen. Deswegen müssen wir dort zu einer gemein-
    samen Lösung kommen. Ich bin davon überzeugt, dass
    dies auch gelingen wird. Die ersten Botschaften haben
    wir vernommen. Ich sage auch hier: Natürlich sind wir
    bereit, in einem Gespräch mit Ihnen über viele Punkte zu
    reden. Ich kann nur sagen: Nehmen Sie dieses Angebot
    an, damit wir in den nächsten Tagen im Bundesrat zu ei-
    ner guten Lösung kommen. Sie helfen damit vor allem
    den Kommunen in unserem Land.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bei Ihnen muss man leider immer so lange warten!)


    – Wir können nachher, Frau Göring-Eckardt, über die
    Vorschläge des grünen Ministerpräsidenten Kretschmann
    reden. Sie gehen schon in eine ganz gute Richtung.

    Was die Aufnahme von Flüchtlingen angeht, sage ich
    also Ja. Aber ich habe schon am Montag darauf hinge-
    wiesen, dass es natürlich genauso notwendig ist, die
    Situation vor Ort zu verbessern. Da möchte ich die
    Bundesregierung, sehr geehrter Herr Bundesaußen-
    minister, bitten, noch einmal genauer hinzuschauen. Ich
    hatte gestern ein Gespräch mit Vertretern der Jesiden.
    Sie haben mir berichtet, dass bis heute in großen Gebie-
    ten, in Dohuk beispielsweise, die Hilfe noch nicht richtig
    angekommen sei. Ich habe sie gebeten, dies auch dem
    UNHCR mitzuteilen. Offenbar gibt es da noch immer
    Probleme. Ich wäre dankbar, wenn man sich darum
    kümmert.





    Volker Kauder


    (A) (C)



    (D)(B)

    Es gibt einen zweiten Punkt, mit dem ich noch nicht
    zufrieden bin. Wir haben noch immer keine Antwort und
    keine Lösung aus Europa. Es ist nicht allein Sache der
    Bundesregierung, wie wir den Flüchtlingen helfen. Es
    vergeht Woche für Woche, der Winter kommt, die Re-
    genzeit kommt, und die Zeit wird immer knapper, um
    dort für eine entsprechende Unterbringung zu sorgen.
    Ich habe die herzliche Bitte, dass man hier noch einmal
    auf die EU-Kommission zugeht. Geld ist dort vorhan-
    den; das wissen wir. Dort hat man das Geld. Es muss
    jetzt endlich einmal einen Ruck geben und sich etwas
    tun. Wir können die Leute im Nordirak nicht einfach sit-
    zen lassen. Deswegen sage ich: Ja, es ist richtig, dass wir
    Waffenhilfe leisten. Aber wir werden mehr als die
    50 Millionen Euro in die Hand nehmen müssen, um den
    Flüchtlingen vor Ort zu helfen. Das Geld ist da. Ich habe
    die Bitte an die Bundesregierung, Europa da einmal et-
    was Beine zu machen, damit das endlich vorangeht.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, neben diesen gro-
    ßen Herausforderungen in der Außenpolitik bleibt in un-
    serem Land und in Europa natürlich die große Aufgabe,
    weiter für Wachstum zu sorgen und damit die Grund-
    lagen für den Wohlstand in unserem Land und in Europa
    zu legen. Wachstum entsteht in unserer Wirtschaft. Des-
    wegen ist es völlig richtig, wenn die Bundeskanzlerin in
    ihrer Regierungserklärung darauf hinweist, dass wir in
    einem wichtigen neuen Feld, nämlich im Bereich Indus-
    trie 4.0 und im Bereich Internet, vorankommen müssen
    und dass wir dort neue Start-ups, also neue Firmengrün-
    der, brauchen. Gerade von diesen Firmengründern hören
    wir, dass es für sie nicht nur ein Thema ist, wie sie an
    Kapital kommen, sondern dass sie sich natürlich auch
    wünschen, ja geradezu verlangen, dass man sie in ihrer
    Startphase von bürokratischen Gängeleien weitgehend
    befreit. Die haben andere Sorgen. Deswegen, Herr Bun-
    deswirtschaftsminister, bin ich dankbar für das Signal,
    dass man überlege, gerade bei Start-up-Unternehmen
    eine ganze Reihe von bürokratischen Auflagen einmal
    eine Zeit lang auszusetzen. Deswegen, lieber Kollege
    Oppermann, kann ich nur sagen: Gerade diese Firmen
    brauchen hohe Flexibilität und nicht neue Arbeitszeit-
    modelle; das regeln die schon selber. Deswegen warne
    ich vor „Stressverordnungen“ und neuen Arbeitszeitmo-
    dellen.


    (Beifall bei der CDU/CSU)


    Ich finde – dazu stehen wir in der Union –: Wir haben
    eine ganze Reihe von Dingen gemacht, die wir im Koali-
    tionsvertrag vereinbart haben. Ich nenne die Rente mit
    63 und den Mindestlohn. Wir werden auch die anderen
    Punkte, die wir im Koalitionsvertrag stehen haben, wie
    die Frauenquote, umsetzen. Aber dann muss es auch gut
    sein.


    (Gerda Hasselfeldt [CDU/CSU]: Ja!)


    Ich rate uns, uns in der Koalition nicht jeden Tag und an
    jedem Wochenende in irgendwelchen Interviews neue
    mögliche Belastungen für die deutsche Wirtschaft ein-
    fallen zu lassen, liebe Kolleginnen und Kollegen.


    (Beifall bei der CDU/CSU)


    Das ist bei der Investitionsfrage eher ein Problem als
    vieles andere: wenn ich als Unternehmer nicht weiß, was
    alles noch auf mich zukommt.


    (Zuruf von der CDU/CSU: Sehr richtig! – Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Könnt ihr das nicht zu Hause bereden unter euch?)


    Das hemmt die Investitionsbereitschaft mehr als alles
    andere. Deswegen bin ich froh über die Signale, die ich
    vernommen habe.

    Meine sehr verehrten Damen und Herren, ja, wir
    brauchen natürlich auch Investitionen in unserem Land,
    Investitionen in die Infrastruktur. Das ist angesprochen
    worden. Deswegen können Sie ganz sicher sein: So, wie
    wir alle anderen Punkte im Koalitionsvertrag umgesetzt
    haben, werden wir auch mit dem derzeitigen Lieb-
    lingsthema der Medien, der Maut, bis Ende des Jahres zu
    einem guten Ergebnis kommen. Da dürfen Sie ganz si-
    cher sein, dass wir das schaffen und packen.


    (Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ein gutes Ergebnis kann auch sein, dass man es nicht macht!)


    – Ja, wissen Sie, Frau Göring-Eckardt, das, was Sie mir
    manchmal als gute Ergebnisse vorschlagen, entpuppt
    sich bei näherem Hinschauen meist als schlecht. Deswe-
    gen können wir das nicht machen.


    (Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber bei der Maut wäre es schon gut, man würde es nicht machen!)


    Es gibt ein paar Punkte, in denen wir uns einig sind, aber
    an den allermeisten Punkten kann man erkennen: Von
    Wirtschaft verstehen Sie nun wirklich nicht so viel. Das
    muss ich einmal deutlich formulieren.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach, Herr Kauder! Billig! – Zuruf des Abg. Dr. Gregor Gysi [DIE LINKE])


    – Sie sowieso schon gar nicht, Herr Gysi. Sie sind da
    jetzt der schlechteste Ratgeber; nein, nein.

    Deswegen ist es richtig, dass wir beim Thema Wirt-
    schaft helfen, in neue Entwicklungen hineinzukommen.
    Auch da werden in dieser Regierung die richtigen Ent-
    scheidungen getroffen.

    Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolle-
    ginnen und Kollegen, für all die großen Aufgaben, die
    vor uns liegen – Frieden schaffen in Europa, in der
    Ukraine, den islamistischen Terror bekämpfen und dafür
    sorgen, dass unsere Wirtschaft weiter wachsen kann und
    damit auch der Wohlstand –, werden mit diesem Bundes-
    haushalt die Voraussetzungen geschaffen.

    Dieser Bundeshaushalt, mit dem zum ersten Mal seit
    langem keine neuen Schulden aufgenommen werden,





    Volker Kauder


    (A) (C)



    (D)(B)

    was auch für die nächsten Jahre versprochen wird,
    schafft die Grundlagen für neue Entscheidungsmöglich-
    keiten. Es wird die Botschaft vermittelt: Wir werden mit
    dem auskommen, was wir haben. Mit dem auskommen,
    was wir haben, heißt auch, dass wir sowohl die Bürge-
    rinnen und Bürger als auch die Wirtschaft am Wohlstand
    beteiligen. Deswegen bleibt es dabei – auch wenn der
    eine oder andere meint, er müsse jetzt wieder eine an-
    dere Diskussion führen; aber die Kanzlerin hat es hier
    gesagt, der Vizekanzler hat es gesagt, der Finanzminister
    hat es gesagt, und ich kann es nur noch einmal bestäti-
    gen –: Es wird mit uns in dieser Koalition keine Steuer-
    erhöhungen geben. Alles andere ist Quatsch, liebe Kolle-
    ginnen und Kollegen.


    (Beifall bei der CDU/CSU)


    Es wird mit uns keine Steuererhöhungen geben; das
    haben wir zugesagt, und dabei bleibt es. Das ist eine
    zentrale Botschaft, die sich auch an unsere Wirtschaft
    richtet: Ihr könnt euer Geld investieren, ihr könnt für
    Wachstum sorgen und damit für eine gute Situation in
    unserem Land. – Wir schaffen dafür eine wichtige Vo-
    raussetzung. Gestern Abend beim Parlamentarischen
    Abend im Haus der Deutschen Wirtschaft ist man immer
    wieder angesprochen worden auf das Thema „qualifi-
    zierte Arbeitskräfte“. Die Industrie 4.0 verlangt natürlich
    entsprechende Ausbildung.

    Wenn ich den ein oder anderen aus der Linksfraktion
    da so höre, muss ich denken: Wo sind die denn die ganze
    Zeit unterwegs? – Es wird in unserem Land so viel für
    Bildung und Ausbildung ausgegeben wie nirgendwo in
    Europa, liebe Kolleginnen und Kollegen. Da brauchen
    wir überhaupt keine Hinweise von einigen in diesem
    Haus. Was im Bildungs- und Forschungsministerium ge-
    tan wird, ist ein Supervorbild für ganz Europa, liebe Kol-
    leginnen und Kollegen.


    (Beifall bei der CDU/CSU – Harald Petzold [Havelland] [DIE LINKE]: Das stimmt nicht!)


    Das schafft Zukunft für eine junge Generation.Die
    Länder müssen allerdings ihren Beitrag dazu leisten. Der
    Bund hat den Ländern Geld gegeben für Hochschule, für
    Ausbildung. Einige Länder wollen wenigstens den we-
    sentlichen Teil dieses Geldes dafür einsetzen; das kann
    ich gerade noch akzeptieren. Aber vor dem Hintergrund,
    dass Bildung und Ausbildung das entscheidende Zu-
    kunftsprojekt für unser Land ist, kann ich es nicht akzep-
    tieren, wenn einige rot-grün-geführte Bundesländer den
    wesentlichen Teil dieser Mittel, die vom Bund kommen,
    nicht für Hochschule und Ausbildung ausgeben wollen,
    sondern für viele andere Dinge. Ich kann nur sagen: Wer
    so argumentiert, hat jedes Recht verloren, zu sagen: „Der
    Bund muss mehr für Bildung und Ausbildung tun“, liebe
    Kolleginnen und Kollegen.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Deswegen werden wir da auch nicht nachlassen; wir
    werden in den Landtagen nachfragen, wofür das Geld
    eingesetzt wird.
    Ich bitte auch die SPD-Bundestagsfraktion, unseren
    Koalitionspartner, dass wir uns dieses Projekt, das wir
    gemeinsam auf den Weg gebracht haben, nicht unterhöh-
    len lassen von denjenigen, die glauben, sie könnten das
    Geld für alle möglichen Haushaltszwecke, aber nicht für
    Hochschule und Ausbildung einsetzen. Dafür tragen wir
    in dieser Koalition Verantwortung.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Damit, liebe Kolleginnen und Kollegen, sind die gro-
    ßen Herausforderungen beschrieben. Ich bin sicher, dass
    diese Koalition und diese von der Koalition getragene
    – nicht nur getragene, sondern in jeder Hinsicht unter-
    stützte – Bundesregierung diesen Aufgaben und Heraus-
    forderungen gerecht werden.


    (Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU – Beifall bei Abgeordneten der SPD)




Rede von Petra Pau
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DIE LINKE.)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)

Das Wort hat die Staatsministerin und Beauftragte für

Migration, Flüchtlinge und Integration, Özoğuz.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


A
  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Aydan Özoğuz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)



    Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und
    Kollegen! Aus durchaus unterschiedlichen Blickwinkeln
    wurde bereits gestern und auch heute darauf hingewie-
    sen, dass die Nachrichten und Geschehnisse aus aller
    Welt auch für unser Land nicht folgenlos bleiben. Ich
    glaube, dass diese vielen Beiträge auch das Ausmaß der
    Geschehnisse deutlich zeigen. Laut den Vereinten Natio-
    nen sind aktuell weltweit über 51 Millionen Menschen
    auf der Flucht, davon 17 Millionen Menschen außerhalb
    ihres Landes. Das sind unglaubliche Dimensionen, die
    natürlich auch uns erreichen. Die erschütternden Bilder
    und Nachrichten brauche ich kaum zu wiederholen; ich
    tue es trotzdem: Unfassbare Gräueltaten der IS-Terror-
    miliz, Bürgerkrieg in Syrien, Eskalation in der Ost-
    ukraine, israelisch-palästinensische Auseinandersetz-
    ungen, ein Gazastreifen, der in Trümmern liegt,
    Flüchtlingsboote auf dem Mittelmeer.

    Wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge
    für dieses Jahr mit rund 200 000 Asylanträgen rechnet,
    dann hat das natürlich auch Folgen für die Länder und
    Kommunen; das ist hier schon lange und oft genug ge-
    sagt worden. Ich möchte nur noch einmal betonen, dass
    es nicht nur bei der Unterbringung Herausforderungen
    gibt und dass sich Deutschland natürlich seiner Verant-
    wortung stellt. Wer vor Krieg, Bürgerkrieg oder Verfol-
    gung flieht, muss Schutz in unserem Land finden.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN)


    Die Asylantragsteller brauchen schneller Klarheit
    über ihren Status. Jahrelange Verfahren, wie wir sie ja
    durchaus kennen, helfen niemandem weiter. Darum
    haben wir 300 neue Stellen beim Bundesamt für Migra-





    Staatsministerin Aydan Özoğuz


    (A) (C)



    (D)(B)

    tion und Flüchtlinge eingerichtet, und in 2015 soll es
    vermutlich noch einmal einen Aufwuchs geben; mein
    Fraktionskollege Martin Gerster hat dies gestern ange-
    sprochen.

    Es nützt natürlich niemandem, wenn die Asylbewer-
    ber oft monatelang herumsitzen und nicht arbeiten dür-
    fen. Das haben wir alle miteinander erkannt. Deshalb
    werden wir das Verbot der Arbeitsaufnahme von Asylbe-
    werbern und Geduldeten auf drei Monate begrenzen.
    Diese Frist braucht man schon; so fair muss man sein.
    Wenn jemand gerade hier ankommt, kann er nicht sofort
    irgendwohin geschickt werden. Die Menschen wollen
    aber arbeiten und selbstbestimmt ein Stück zu ihrem Le-
    bensunterhalt beitragen können. Dabei geht es auch um
    Menschenwürde, die wir damit ermöglichen.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Dazu passt es auch, dass wir junge Flüchtlinge, die in
    unser Land kommen und die richtig gut und schnell sind
    – sie lernen Deutsch und machen ihre Abschlüsse; über
    sie reden wir leider nur sehr selten –, nicht vier Jahre
    lang warten lassen, bis sie eine Ausbildung machen dür-
    fen.


    (Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Woran liegt das denn? An uns nicht!)


    Mit Unterstützung des Bildungsministeriums und des In-
    nenministeriums haben wir jetzt dafür sorgen können,
    dass schon nach 15 Monaten eine Ausbildungsförderung
    gezahlt wird. Hierfür haben uns übrigens auch Unterneh-
    mer schon ein großes Dankeschön ausgesprochen.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Die Bilder, die uns vom Mittelmeer und von Lam-
    pedusa erreichen, zeigen einen unhaltbaren Zustand und
    sind unwürdig für die Europäische Union. Ich möchte
    noch einmal wiederholen: Wir müssen gemeinsam mit
    den europäischen Partnern eine faire, solidarische Auf-
    gabenaufteilung erreichen. Auch Thomas Oppermann
    hat das eben noch einmal gesagt. Deutschland nimmt
    heute 30 Prozent der Flüchtlinge auf. Ich glaube, wir
    können sagen: Außer in Schweden sehen wir eigentlich
    nirgendwo vergleichbare Anstrengungen. So darf das na-
    türlich nicht bleiben. Das ist keine Partnerschaft.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Deutschland ist mittlerweile ein richtig beliebtes
    Land. Ich glaube, es ist für manche überraschend, dass
    wir plötzlich einen solchen Stellenwert haben. Diese
    hohe Position haben wir in der OECD erreicht, weil wir
    den zweithöchsten Wanderungsgewinn nach den USA
    zu verzeichnen haben.

    Ich möchte hervorheben, dass wir eine sehr erfreuli-
    che und sehr positive Grundeinstellung der Hilfsbereit-
    schaft in unserer Bevölkerung feststellen können – ich
    glaube, das ist sehr wichtig –,


    (Bettina Hagedorn [SPD]: Ja!)

    und zwar nicht nur gegenüber Einwanderern insgesamt,
    sondern insbesondere auch gegenüber Flüchtlingen. Es
    gibt unglaubliche viele Nachbarschaftsinitiativen rund
    um Flüchtlingsheime, die sich in den letzten Monaten
    gegründet haben, um den Flüchtlingen direkt zu helfen,
    um den Kontakt zu anderen zu ermöglichen und um auf-
    zuklären. Wir alle sind uns darüber im Klaren: Die Ar-
    beit, die die Menschen in diesen Nachbarschaftsinitiati-
    ven leisten, könnten wir aus unserem Haushalt
    überhaupt nicht bezahlen. Es ist also wirklich ein Danke-
    schön an all die Menschen angebracht, die sich dort en-
    gagieren.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Ich möchte an das anschließen, was Volker Kauder
    gesagt hat. Wir haben heute Morgen an den Ausbruch
    des Zweiten Weltkrieges und die Gräueltaten der Natio-
    nalsozialisten erinnert. Vor diesem Hintergrund möchte
    ich noch einmal sagen: Wenn ich mir manche Demon-
    strationen auf deutschen Straßen anschaue, dann kann
    ich nur unterstreichen, dass diejenigen, die antisemiti-
    sche Parolen rufen, das Recht auf Meinungsfreiheit deut-
    lich überschreiten. Antisemitismus hat keinen Platz in
    unserem Land.


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Ich möchte an dieser Stelle aber auch sagen – das ist
    jetzt an Volker Kauder gerichtet –: Vor dem Hintergrund
    der deutschen Geschichte wäre es ebenso angebracht, zu
    sagen: Auch Antiziganismus hat in Deutschland keinen
    Platz.


    (Bettina Hagedorn [SPD]: Ja!)


    Natürlich ist auch niemandem damit geholfen, Islam-
    feindlichkeit auszublenden. Ich finde, dass die Brandan-
    schläge auf Moscheen, die sich im Moment häufen, uns
    durchaus nachdenklich machen müssen. Jegliche Diskri-
    minierung aufgrund von Religionszugehörigkeit oder
    Herkunft dürfen wir in Deutschland nicht dulden. Das
    muss uns doch die Geschichte gelehrt haben.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Wenn selbsternannte „Scharia-Polizisten“ durch
    Wuppertal spazieren, dann dulden wir auch das nicht.
    Das hat der nordrhein-westfälische Innenminister Ralf
    Jäger deutlich gemacht. Aber wir sollten diese Verirrten
    mit ihren abstrusen Ideen nicht wichtiger machen, als sie
    eigentlich sind. Das ist schon ein schmaler Grat, auf dem
    wir uns da bewegen.

    Anders sieht es bei gewaltbereiten, meist jungen
    Männern aus Deutschland aus, die von hier in den Nahen
    Osten oder nach Afghanistan reisen, um sich dort in den
    sogenannten Terrorcamps ausbilden zu lassen oder
    gleich in den Kampf zu ziehen. Hierzu möchte ich sa-
    gen: Es hat sich mir noch nie erschlossen – das konnte
    ich noch nie nachvollziehen –, wie ein Mensch in
    Deutschland auf die Idee kommen kann, in ein soge-





    Staatsministerin Aydan Özoğuz


    (A) (C)



    (D)(B)

    nanntes Ausbildungslager im Ausland zu reisen oder
    sich gar einer Terrormiliz anzuschließen. Das hat in mei-
    nen Augen weder mit dem Islam noch mit dem Thema
    Religion überhaupt irgendetwas zu tun. Deswegen ist es
    besonders wichtig, dass deutschlandweit am 19. Septem-
    ber dieses Jahres die Moscheegemeinden aufstehen wol-
    len und ein Zeichen gegen Hass und Unrecht und für
    Frieden auf der Welt setzen wollen. Ich habe den Ein-
    druck, dass viele in unserer Bevölkerung schon lange da-
    rauf warten. Es ist gut, dass ein solches Zeichen gesetzt
    wird.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Ein Beweis dafür, dass man auch mit einem sachli-
    chen Blick und ohne zu starke emotionale Aufwallungen
    an die Herausforderungen herangehen kann, ist die Um-
    setzung der Empfehlungen des Staatssekretärsausschus-
    ses bezüglich der Inanspruchnahme von Sozialleistungen
    durch EU-Bürger. Alle Ressorts haben in diesem Aus-
    schuss gemeinsam mit den Kommunen in akribischer
    Sacharbeit Daten und Fakten über die Zuwanderung nach
    Deutschland, insbesondere – weil es angesprochen
    wurde – aus Bulgarien und Rumänien, zusammengetra-
    gen.

    Das wenig überraschende Ergebnis, wenn ich das ein-
    mal so sagen darf, ist: Es ist keineswegs so, dass
    Deutschland unter der Last der rumänischen und bulgari-
    schen Zuwanderung zusammenbrechen würde. Ganz im
    Gegenteil: Die Einwanderer aus Südosteuropa sind in
    der Regel gut ausgebildet und gehen einer Arbeit nach.
    Ja, es gibt Einzelne, auf die das nicht zutrifft – das will
    ich gar nicht bestreiten –, was dazu führt, dass sich in
    den Kommunen die Herausforderungen ballen. Aber es
    ist schon erstaunlich, dass bis heute niemand so recht das
    Ausmaß eines angeblich übermäßigen Sozialleistungs-
    betrugs faktisch darstellen konnte. Der Ausschuss hat
    beschlossen, den Kommunen – ich glaube, das ist wirk-
    lich wichtig – mit insgesamt über 235 Millionen Euro
    schnell zu helfen.

    Einen unschätzbaren Beitrag zur Versachlichung der
    Debatte hat – das möchte ich in diesem Zusammenhang
    gern erwähnen – der Mediendienst Integration geleistet;
    denn viele Journalistinnen und Journalisten fragen dort
    nach Zahlen. Sie wollen wissen: Wie verhält es sich
    denn wirklich mit den Zuwanderern? Wer arbeitet? Wer
    bekommt Sozialleistungen? – Dieser Mediendienst wird
    von mir als Integrationsbeauftragter aus meinem extrem
    kleinen Budget – wenn ich das in der Haushaltsdebatte
    noch einmal anmerken darf – unterstützt. Er bereitet für
    Journalisten Daten auf und erklärt Hintergründe zu die-
    sen Themen. Ich glaube, dass das sehr hilfreich sein
    kann. Deswegen halten wir an diesem Mediendienst
    weiter fest.


    (Beifall bei der SPD)


    Zwei kurze Stichworte zum Schluss. Ein bewährtes
    Instrument für ein Gelingen der Integration sind die Inte-
    grationskurse zum Spracherwerb. Der große Erfolg die-
    ser Kurse gibt uns recht. Wir haben am Tag der offenen
    Tür des Kanzleramts ein Quiz gemacht und die Leute ge-
    fragt, wie viele Menschen so einen Kurs wohl schon ge-
    macht haben mögen. Es ist doch erstaunlich, dass die
    meisten sich höchstens 300 000 Teilnehmer vorstellen
    konnten und nicht wussten, dass es schon 1,3 Millionen
    Menschen sind, dass die Menschen Schlange stehen, um
    sich für diese Kurse anzumelden, und diese Kurse gern
    besuchen. Deswegen war es wichtig, dass die Mittel in
    diesem Bereich nicht gekürzt wurden, dass wir sie also
    erhalten konnten.


    (Beifall bei der SPD sowie der Abg. Gerda Hasselfeldt [CDU/CSU])


    Auch die Migrationsberatungsstellen für erwachsene
    Zuwanderer sind im Moment sehr stark gefordert. Das
    möchte ich nur einmal erwähnen; denn bei ihnen stehen
    die Familien vor der Tür, die ganz viel Hilfe brauchen.
    Und wenn man sich einmal die Zahlen anschaut, dann
    stellt man fest, dass mehr Menschen kommen, aber nicht
    mehr Berater vorhanden sind. Auch darüber sollten wir
    noch einmal sprechen.

    Es freut mich, dass wir mit der weitestgehenden Ab-
    schaffung der Optionspflicht – das möchte ich zu guter
    Letzt sagen – ein ganz klares Signal in Richtung Ein-
    wanderungsdeutschland gegeben haben. Frau Göring-
    Eckardt, ich bin vorhin ein bisschen zusammengezuckt,
    als Sie sagten, Deutschland sei seit 1989 ein Einwande-
    rungsland. Natürlich ist Deutschland schon länger ein
    Einwanderungsland. Wir hatten immer ein bisschen Pro-
    bleme damit, das zuzugeben. Aber nun ist es vollbracht,
    wenn man so will. Wir sind mit der weitestgehenden Ab-
    schaffung der Optionspflicht dem Ganzen ein großes
    Stück näher gekommen. Es ist jetzt eben nicht mehr so
    – wie noch in meiner Generation –, dass man hier gebo-
    ren wird, groß wird und immer Ausländer bleibt und
    zum Beispiel nicht irgendwann einmal am Kabinetts-
    tisch sitzen kann. Das haben wir nun endlich geändert.
    Ich glaube, so fühlen sich die jungen Menschen auch
    wirklich als fester Bestandteil dieses Landes, ohne ihre
    Herkunft verleugnen zu müssen.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Letzter Satz – das ist für den Haushalt wichtig –: Die
    Mittel, die wir für den gesellschaftlichen Zusammenhalt
    in Deutschland, für mehr Bildungsmöglichkeiten, für
    Austausch, für Begegnung und Beratung einsetzen – das
    ist manchmal in Zahlen nicht so leicht auszudrücken –,
    sind echte Investitionen in unsere Gesellschaft und in die
    Zukunft und den Frieden unseres Landes.

    Vielen Dank.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)