Rede von
Ulla
Schmidt
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Kordula Schulz-Asche von Bündnis 90/Die Grünen
ist die nächste Rednerin.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auch
ohne Hellseherin zu sein, ist mir völlig klar, dass mit die-
ser schwarz-roten Regierung die wachsenden Probleme
im deutschen Gesundheitswesen nicht annähernd gelöst
werden. Die Große Koalition bietet keine Vision, wie die
Gesundheitsversorgung in Zukunft aussehen soll und
wie diese solidarisch finanziert werden kann. Demogra-
fischer Wandel und Fachkräftemangel seien hier bei-
spielhaft erwähnt.
Stattdessen doktert Schwarz-Rot an einzelnen Stell-
schrauben eines zunehmend maroden Systems herum.
Zwar werden mit Minimalkompromissen einzelne
Punkte aus dem Koalitionsvertrag abgearbeitet, jedoch
bleibt es die nächsten Jahre bei der ungerechten und un-
sinnigen Trennung von gesetzlicher und privater Kran-
kenversicherung. Es bleibt dabei, dass die gesetzlich
Versicherten die absehbaren Kostensteigerungen alleine
tragen müssen. Es bleibt dabei, dass die Über- und Un-
terversorgung sowie die Fehlanreize weiter existieren.
Es bleibt dabei, dass wichtige Vorhaben auf den Sankt-
Nimmerleins-Tag verschoben werden, wie die Einfüh-
rung des neuen Pflegebegriffs, eine Krankenhausreform
oder das Präventionsgesetz. Diese Koalition verschleppt
alle Reformen, die den Patienten und ihren Angehörigen,
den Versicherten und den Bürgerinnen und Bürgern zu-
gutekommen würden. Es bleibt bei notdürftigen Repara-
turen in der Krankenversorgung. Von einer modernen
Gesundheitspolitik ist diese Regierung meilenweit ent-
fernt.
Lassen Sie mich das an einem Beispiel verdeutlichen.
Schwarz-Rot hat sich ins Stammbuch, also in den Koali-
tionsvertrag, folgenden Satz geschrieben:
Wir werden noch 2014 ein Präventionsgesetz ver-
abschieden, das insbesondere die Prävention und
Gesundheitsförderung in Lebenswelten wie Kita,
Schule, Betrieb und Pflegeheim und die betriebli-
che Gesundheitsförderung stärkt und alle Sozialver-
sicherungsträger einbezieht.
Im März versprach Staatssekretärin Fischbach, dass
im Frühsommer 2014 – das ist ungefähr jetzt – Eck-
punkte für ein Präventionsgesetz vorgelegt würden.
Letzte Woche haben wir erfahren, Herr Minister Gröhe,
dass der Starttermin für das Präventionsgesetz auf Januar
2015 verschoben wurde. Herr Heiderich hat hier so ge-
tan, als wäre das Präventionsgesetz schon da. Sie, Herr
Minister Gröhe, haben in Ihrer Rede erstaunlicherweise
überhaupt keinen Ton dazu gesagt. Was ist denn da jetzt
die Fortsetzung?
Herr Minister, Sie haben gesagt: Wir geben Gas. –
Aber das, was Sie beim Präventionsgesetz machen, erin-
nert mich eher an einen Eierlauf mit Hindernissen. Nach
wie vor streiten sich Union und SPD über die wesentli-
chen Inhalte dieses Gesetzes. Inwieweit sollen die Län-
der und Kommunen für Prävention zuständig sein? Wel-
cher Stellenwert soll auf Lebenswelten bezogenen
Aktivitäten eingeräumt werden? Wie kann eine vernünf-
tige und nachhaltige Finanzierung aussehen? Warum, so
fragt man sich, übernimmt man nicht entsprechende Ge-
setzentwürfe aus der rot-grünen Regierungszeit, Ent-
schließungen des Bundesrates oder Anträge der Opposi-
tion, darunter übrigens auch einige der SPD, aus der
letzten Wahlperiode?
Was ist eigentlich das Problem?
Für uns Grüne steht nach wie vor fest: Wir brauchen
ein Präventionsgesetz, das an den Problemen der Men-
schen und ihren Lebenswelten ansetzt, das die Kompe-
tenzen der Menschen und ihre Beteiligung an der Gestal-
tung ihrer Umwelt stärkt sowie endlich einen Beitrag
zum Abbau sozial bedingter Ungleichheit von Gesund-
heitschancen leistet. Deshalb erneuern wir Grüne heute
unseren Appell: Die Zukunft der Prävention und der Ge-
sundheitsförderung kann nur gemeinsam mit den Bürge-
rinnen und Bürgern in den Kommunen gestaltet werden.
Dafür braucht es aber Mut für einen Paradigmenwech-
sel. Dieser ist bei Ihnen, bei dieser Großen Koalition,
bisher leider nicht zu erkennen.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.