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    Plenarprotokoll 18/37 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 37. Sitzung Berlin, Freitag, den 23. Mai 2014 I n h a l t : Tagesordnungspunkt 19: a) – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes über Leistungs- verbesserungen in der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Leistungs- verbesserungsgesetz) Drucksachen 18/909, 18/1489 . . . . . . . 3179 A – Bericht des Haushaltsausschusses ge- mäß § 96 der Geschäftsordnung Drucksache 18/1490. . . . . . . . . . . . . . . 3179 B b) Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Sabine Zimmermann (Zwi- ckau), Matthias W. Birkwald, Klaus Ernst, weiteren Abgeordneten und der Fraktion DIE LINKE eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verbesserung des Erwerbs- minderungsschutzes Drucksachen 18/9, 18/1489 . . . . . . . . . . . 3179 B c) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales – zu dem Antrag der Abgeordneten Matthias W. Birkwald, Sabine Zimmermann (Zwickau), Klaus Ernst, weiterer Abgeordneter und der Frak- tion DIE LINKE: Vollständige Gleich- stellung und gerechte Finanzierung der Kindererziehungszeiten in der Rente umsetzen – Mütterrente ver- bessern – zu dem Antrag der Abgeordneten Matthias W. Birkwald, Sabine Zimmermann (Zwickau), Klaus Ernst, weiterer Abgeordneter und der Frak- tion DIE LINKE: Rentenniveau an- heben, Leistungen verbessern und die wesentlichen Ursachen für sin- kende Renten und Altersarmut be- kämpfen Drucksachen 18/765, 18/767, 18/1489 . . . 3179 B Andrea Nahles, Bundesministerin BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3179 D Matthias W. Birkwald (DIE LINKE) . . . . . . . 3180 D Karl Schiewerling (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 3182 D Matthias W. Birkwald (DIE LINKE) . . . . . . . 3183 D Karl Schiewerling (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 3184 B Markus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3184 D Dr. Carola Reimann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 3186 C Peter Weiß (Emmendingen) (CDU/CSU) . . . 3187 C Michael Gerdes (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3188 D Stephan Stracke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 3189 C Dr. Martin Rosemann (SPD) . . . . . . . . . . . . . 3190 B Markus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3191 B Dr. Hans-Joachim Schabedoth (SPD) . . . . . . 3191 D Dr. Martin Rosemann (SPD) . . . . . . . . . . . . . 3192 A Sabine Weiss (Wesel I) (CDU/CSU) . . . . . . . 3192 B Nicole Maisch (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3193 A Dr. Peter Tauber (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 3193 C Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . . . . . . 3194 C Dr. Peter Tauber (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 3194 D Dr. Carsten Linnemann (CDU/CSU) . . . . . . . 3195 A Inhaltsverzeichnis II Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 37. Sitzung. Berlin, Freitag, den 23. Mai 2014 Namentliche Abstimmungen . . . . . . . 3195 D, 3196 A, 3196 B, 3203 D Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3196 C, 3198 B, 3201 A, 3205 D Tagesordnungspunkt 20: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Reform der Besonderen Ausgleichsregelung für stromkosten- und handelsintensive Unternehmen Drucksache 18/1449 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3204 C Wolfgang Tiefensee (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 3204 D Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . . . . 3208 A Dr. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 3209 A Peter Meiwald (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3210 C Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3211 C Johann Saathoff (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3213 C Caren Lay (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . 3215 A Wolfgang Tiefensee (SPD) . . . . . . . . . . . . . 3215 D Thomas Bareiß (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 3216 D Annalena Baerbock (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3217 D Florian Post (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3219 B Dr. Andreas Lenz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 3220 C Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3220 D Tagesordnungspunkt 21: Erste Beratung des von den Abgeordneten Halina Wawzyniak, Jan Korte, Ulla Jelpke, weiteren Abgeordneten und der Fraktion DIE LINKE eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Änderung des Grundgesetzes (Einführung der dreistufigen Volksgesetz- gebung in das Grundgesetz) und zur Ein- führung eines Gesetzes über das Verfahren bei Volksinitiativen, Volksbegehren und Volksentscheid (Bundesabstimmungsgesetz) und zur Änderung weiterer Gesetze Drucksache 18/825 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3222 B Halina Wawzyniak (DIE LINKE) . . . . . . . . . 3222 C Dr. Tim Ostermann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 3224 A Ralph Lenkert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 3225 A Özcan Mutlu (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3226 D Dr. Lars Castellucci (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 3228 B Michael Frieser (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 3230 A Halina Wawzyniak (DIE LINKE) . . . . . . . 3231 C Matthias Schmidt (Berlin) (SPD) . . . . . . . . . . 3232 A Tagesordnungspunkt 22: Antrag der Abgeordneten Dr. Franziska Brantner, Katja Dörner, Kai Gehring, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Qualität in der frühkindlichen Bildung fördern Drucksache 18/1459 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3233 B Dr. Franziska Brantner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3233 B Marcus Weinberg (Hamburg) (CDU/CSU) . . 3234 C Diana Golze (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 3236 B Sönke Rix (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3237 B Christina Schwarzer (CDU/CSU) . . . . . . . . . 3238 D Svenja Stadler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3240 A Paul Lehrieder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 3241 A Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3242 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 3243 A Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Frank Junge, Thomas Jurk, Daniela Kolbe, Steffen-Claudio Lemme, Jeannine Pflugradt, Dr. Simone Raatz und Susann Rüthrich (alle SPD) zur namentlichen Abstimmung über den Änderungsantrag der Abgeordneten Matthias W. Birkwald, Sabine Zimmermann (Zwickau), Roland Claus, Klaus Ernst, Katja Kipping, Jutta Krellmann, Katrin Kunert, Azize Tank, Kathrin Vogler, Harald Weinberg, Birgit Wöllert, Pia Zimmermann und der Fraktion DIE LINKE zum Entwurf eines Gesetzes über Leistungsverbesserungen in der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Leistungsverbesse- rungsgesetz) (Tagesordnungspunkt 19 a) . . . . 3243 D Anlage 3 Erklärungen nach § 31 GO zur namentlichen Abstimmung über den von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes über Leistungsverbesserungen in der gesetzli- chen Rentenversicherung (RV-Leistungsver- besserungsgesetz) (Tagesordnungspunkt 19 a) 3244 A Veronika Bellmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . 3244 A Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 37. Sitzung. Berlin, Freitag, den 23. Mai 2014 III Norbert Brackmann (CDU/CSU) . . . . . . . . 3245 A Klaus Brähmig (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 3245 B Thomas Dörflinger (CDU/CSU) . . . . . . . . . 3245 D Dr. Thomas Gebhart (CDU/CSU) . . . . . . . . 3246 B Helmut Heiderich (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 3246 D Mark Helfrich (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 3246 D Dr. Andreas Lenz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 3247 B Philipp Graf Lerchenfeld (CDU/CSU) . . . . 3247 D Andrea Lindholz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 3248 A Dr. Carsten Linnemann (CDU/CSU) . . . . . . 3248 C Jan Metzler (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 3248 D Dr. h. c. Hans Michelbach (CDU/CSU). . . . 3249 A Carsten Müller (Braunschweig) (CDU/ CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3249 B Dr. Philipp Murmann (CDU/CSU) . . . . . . . 3249 C Dr. Andreas Nick (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 3249 D Dr. Tim Ostermann (CDU/CSU) . . . . . . . . . 3250 C Kerstin Radomski (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 3251 B Josef Rief (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . 3251 C Tankred Schipanski (CDU/CSU) . . . . . . . . . 3251 D Christel Voßbeck-Kayser (CDU/CSU) . . . . 3252 A Kai Whittaker (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 3252 B Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Maik Beermann, Philipp Mißfelder, Florian Oßner, Jana Schimke, Jens Spahn, Nina Warken und Emmi Zeulner (alle CDU/CSU) zur namentlichen Abstimmung über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes über Leistungsverbesserungen in der gesetzlichen Rentenversicherung (RV- Leistungsverbesserungsgesetz) (Tagesordnungs- punkt 19 a) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3252 C Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Steffen Bilger, Steffen Kanitz, Jana Schimke, Jens Spahn und Dr. Wolfgang Stefinger (alle CDU/CSU) zur namentlichen Abstimmung über den von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurf eines Gesetzes über Leistungsver- besserungen in der gesetzlichen Rentenversi- cherung (RV-Leistungsverbesserungsgesetz) (Tagesordnungspunkt 19 a) . . . . . . . . . . . . . . 3253 B Anlage 6 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Mark Hauptmann, Dr. Heribert Hirte, Carsten Körber, Marian Wendt und Klaus-Peter Willsch (alle CDU/CSU) zur namentlichen Abstim- mung über den von der Bundesregierung ein- gebrachten Entwurf eines Gesetzes über Leistungsverbesserungen in der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Leistungsverbesse- rungsgesetz) (Tagesordnungspunkt 19 a) . . . . 3253 D Anlage 7 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Katrin Albsteiger, Dr. Stefan Heck und Johannes Steiniger (alle CDU/CSU) zur na- mentlichen Abstimmung über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf ei- nes Gesetzes über Leistungsverbesserungen in der gesetzlichen Rentenversicherung (RV- Leistungsverbesserungsgesetz) (Tagesordnungs- punkt 19 a) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3254 B Anlage 8 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Beate Müller-Gemmeke und Monika Lazar (beide BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur na- mentlichen Abstimmung über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf ei- nes Gesetzes über Leistungsverbesserungen in der gesetzlichen Rentenversicherung (RV- Leistungsverbesserungsgesetz) (Tagesordnungs- punkt 19 a) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3254 D Anlage 9 Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3255 D Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 37. Sitzung. Berlin, Freitag, den 23. Mai 2014 3179 (A) (C) (D)(B) 37. Sitzung Berlin, Freitag, den 23. Mai 2014 Beginn: 10.45 Uhr
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    Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 37. Sitzung. Berlin, Freitag, den 23. Mai 2014 3243 (A) (C) (B) Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten (D) Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Alpers, Agnes DIE LINKE 23.05.2014 Bätzing-Lichtenthäler, Sabine SPD 23.05.2014 Beck (Bremen), Marieluise BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 23.05.2014 Dr. Brunner, Karl-Heinz SPD 23.05.2014 Dağdelen, Sevim DIE LINKE 23.05.2014 Dr. Fabritius, Bernd CDU/CSU 23.05.2014 Dr. Finckh-Krämer, Ute SPD 23.05.2014 Gabriel, Sigmar SPD 23.05.2014 Dr. Gauweiler, Peter CDU/CSU 23.05.2014 Gohlke, Nicole DIE LINKE 23.05.2014 Groß, Michael SPD 23.05.2014 Hochbaum, Robert CDU/CSU 23.05.2014 Ilgen, Matthias SPD 23.05.2014 Kampeter, Steffen CDU/CSU 23.05.2014 Keul, Katja BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 23.05.2014 Dr. Lamers, Karl A. CDU/CSU 23.05.2014 Dr. Launert, Silke CDU/CSU 23.05.2014 Lemke, Steffi BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 23.05.2014 Mattfeldt, Andreas CDU/CSU 23.05.2014 Dr. Neu, Alexander S. DIE LINKE 23.05.2014 Petzold, Ulrich CDU/CSU 23.05.2014 Schavan, Annette CDU/CSU 23.05.2014 Dr. Schockenhoff, Andreas CDU/CSU 23.05.2014 Schwabe, Frank SPD 23.05.2014 Schwarz, Andreas SPD 23.05.2014 Silberhorn, Thomas CDU/CSU 23.05.2014 Thönnes, Franz SPD 23.05.2014 Ulrich, Alexander DIE LINKE 23.05.2014 Vaatz, Arnold CDU/CSU 23.05.2014 Dr. Wagenknecht, Sahra DIE LINKE 23.05.2014 Werner, Katrin DIE LINKE 23.05.2014 Ziegler, Dagmar SPD 23.05.2014 Zimmermann (Zwickau), Sabine DIE LINKE 23.05.2014 Zöllmer, Manfred SPD 23.05.2014 Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Frank Junge, Thomas Jurk, Daniela Kolbe, Steffen-Claudio Lemme, Jeannine Pflugradt, Dr. Simone Raatz und Susann Rüthrich (alle SPD) zur namentlichen Abstim- mung über den Änderungsantrag der Abgeord- neten Matthias W. Birkwald, Sabine Zimmermann (Zwickau), Roland Claus, Klaus Ernst, Katja Kipping, Jutta Krellmann, Katrin Kunert, Azize Tank, Kathrin Vogler, Harald Weinberg, Birgit Wöllert, Pia Zimmermann und der Frak- tion DIE LINKE zum Entwurf eines Gesetzes über Leistungsverbesserungen in der gesetzli- chen Rentenversicherung (RV-Leistungsverbes- serungsgesetz) (Tagesordnungspunkt 19 a) Mit dem RV-Leistungsverbesserungsgesetz gelingt es uns, die Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversiche- rung für Millionen Menschen zu verbessern. Wir wert- schätzen damit die Lebensleistung dieser Menschen. Das RV-Leistungsverbesserungsgesetz ist der erste renten- politische Schritt der Großen Koalition. Im Koalitions- vertrag ist zudem die Einführung einer solidarischen Le- bensleistungsrente zur Vermeidung von Altersarmut und ein Rentenüberleitungsabschlussgesetz zur Angleichung der Rentensysteme in Ost und West festgeschrieben. Mit letzterem werden auch die Entgeltpunkte in Ost und West angeglichen. Der Vorschlag der Linken ist an die- Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Anlagen 3244 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 37. Sitzung. Berlin, Freitag, den 23. Mai 2014 (A) (C) (D)(B) ser Stelle unsystematisch, da er sich auf die Entgelt- punkte von Kindererziehungszeiten beschränkt. Der Weg der Großen Koalition ist der bei weitem sachgerechtere. Deshalb lehnen wir den Änderungsantrag der Linken ab. Gleichzeitig werden wir uns weiterhin für eine zü- gige und sachgerechte Angleichung der Rentensysteme in Ost und West einsetzen. Anlage 3 Erklärungen nach § 31 GO zur namentlichen Abstimmung über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf ei- nes Gesetzes über Leistungsverbesserungen in der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Leis- tungsverbesserungsgesetz) (Tagesordnungs- punkt 19 a) Veronika Bellmann (CDU/CSU): Für Arbeiter, die nach 45 Jahren abschlagsfrei in Rente gehen können, ist die Rente mit 63 eine gute Nachricht. Auch Mütter ha- ben es verdient, beachtet zu werden. Das Rentenpaket hat aber nicht nur Gewinner, da die große Mehrheit der Beitragszahler nichts davon hat. Sie verlieren doppelt – sie zahlen mehr ein, aber bekommen weniger heraus. Immerhin soll das gesamte Rentenpaket in den kommenden 16 Jahren bis 2030 bis zu 200 Millio- nen Euro kosten. Das ist ein erheblicher Belastungsfaktor für die junge Generation, zumal von der abschlagsfreien Rente mit 63 lediglich Menschen der Geburtsjahrgänge bis 1964 profitieren. Das Rentenzugangsalter in Deutschland wird sinken, was der demografischen Lage und dem Fachkräftemangel absolut zuwiderläuft. Die Arbeitgeber in diesem Lande haben zurecht nicht nur wegen der ausbleibenden Beitragssatzung mit höhe- ren Lohnzusatzkosten zu kämpfen, ihnen entziehen die Rentenmaßnahmen auch noch die guten, erfahrenen Ar- beitskräfte. Unternehmen werden Mühe haben, die Älte- ren zu halten, wenn diese abschlagsfrei in Rente gehen können. Die abschlagsfreie Rente mit 63 steht völlig im Gegensatz zu allen Anstrengungen, die in den achtziger Jahren unternommen wurden, um die Folgen des demo- grafischen Wandels zu lindern. Insofern ist die Rente mit 63 eine erhebliche Rolle rückwärts. Bei der politisch durchaus umstrittenen Möglichkeit, nach 45 Beitragsjahren bereits ab 63 eine abschlagsfreie Rente beantragen zu können, ist es aber wenigstens ge- lungen, in den Nachverhandlungen durch eine Stichtags- regelung neue Frühverrentungsanreize zu unterbinden. Dennoch ist die gesamte Anrechnungsregel, insbe- sondere die der Arbeitslosigkeitszeiten, außerordentlich fragwürdig. Bei der bisherigen Regel der abschlags- freien Rente mit 65 war die Anrechnungszeit der Ar- beitslosigkeit prinzipiell bewusst ausgenommen, da man damit juristische Probleme verhindern wollte. Allerdings dürften die großzügige Anrechnung von Zeiten der Ar- beitslosigkeit insbesondere Arbeitnehmern in den neuen Ländern zugutekommen, die erheblich häufiger und län- ger mit Arbeitslosigkeit konfrontiert waren als in den al- ten Bundesländern. Positiv anzumerken ist hier ledig- lich, dass auch die Zeiten der Pflichtbeitragszahlungen selbstständiger Handwerker einbezogen wurden und bei Arbeitslosigkeit kurz vor dem Renteneintritt durch Insol- venz differenziert wird. In letzter Minute noch ins Rentenpaket eingetragen wurden erste Regelungen zur sogenannten Flexirente. Dadurch soll das Arbeiten nach Erreichen der Regelal- tersgrenze vereinfacht werden. Durch eine vertragliche Vereinbarung zwischen Ar- beitgeber und Arbeitnehmer während des laufenden Ver- trages kann ein Arbeitsverhältnis auch über das Errei- chen der Regelaltersgrenze hinaus verlängert werden. Eine solche Verlängerung ist auch mehrfach möglich. Das ist der absolut richtige Ansatz, denn wir müssen den Ausstieg aus dem Arbeitsleben flexibilisieren, und auch ein Arbeiten über das gesetzliche Renteneintrittsalter hinaus muss sich lohnen für Arbeitgeber und Arbeitneh- mer, die das so wollen. Die Bildung einer Arbeitsgruppe, die weitere Ansätze zur Verbesserung des geltenden Rechts für flexible Übergänge in den Ruhestand erarbei- ten soll, ist zu begrüßen. Dies gilt auch für die Verbesse- rung der Erwerbsminderungsrente und die Anhebung des Reha-Budgets. Das sind wichtige Maßnahmen, die auch für künftige Generationen die Leistungsfähigkeit der Rentenversicherung gewährleisten. Wer wegen Krankheit vorzeitig aus dem Erwerbsleben ausscheiden muss oder nicht mehr voll arbeiten kann, ist in ganz be- sonderem Maße auf die Solidarität der Versichertenge- meinschaft angewiesen. In der Regel könnten die Betrof- fenen sonst weder mit einer üppigen Rente rechnen noch an ihrer Erwerbssituation etwas ändern. Mir der verbesserten Anerkennung der Erziehungs- leistung in der Rente, der sogenannten Mütterrente, löst die Union eines ihrer wichtigsten Wahlversprechen ein. Ab 1. Juli 2014 wird für jedes vor 1992 geborene Kind ein zusätzliches Jahr Kindererziehungszeiten in der Rente gutgeschrieben. Damit werden anstelle von bisher einem nun zwei Jahre Kindererziehungszeiten angerech- net. Wer bereits Rente bezieht, erhält für jedes vor 1992 geborene Kind monatlich einen pauschalen Rentenzu- schlag von 28,61 Euro (West) bzw. 26,39 Euro (Osten). Dieser Betrag wird jedes Jahr zum 1. Juli um den Pro- zentsatz erhöht, um den die Rentenbeiträge generell an- gehoben werden. Wer noch aktive/r Arbeitnehmer/in ist, erhält für jedes vor 1992 geborene Kind einen Entgelt- punkt zusätzlich auf seinem Rentenkonto gutgeschrie- ben. Damit konnten wir die Gerechtigkeitslücke zwar nicht ganz, aber doch ein wesentliches Stück schließen. Allerdings kritisiere ich die Art und Weise der Finanzie- rung. Bislang wurden Kindererziehungszeiten, wenn sie von der gesetzlichen Rentenversicherung honoriert wur- den, immer als gesamte gesellschaftliche Leistung aus Steuermitteln finanziert. Bei der Mütterrente ist das nicht der Fall. Sie wird im Wesentlichen aus Beitrags- mitteln bezahlt, also aus der ökonomischen Leistungsfä- higkeit der Sozialversicherungspflichtigen bis zu Bei- tragsbemessungsgrenzen in der Rentenversicherung. Erst ab 2019 gibt es einen kleinen, bis auf 2 Milliarden Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 37. Sitzung. Berlin, Freitag, den 23. Mai 2014 3245 (A) (C) (D)(B) Euro anwachsenden Steuerzuschuss. Das halte ich für ei- nen absoluten Konstruktionsfehler. Insgesamt ist die Finanzierung des Rentenpaketes ein Wagnisunternehmen. Flexirente, Mütterrente, Erwerbsmin- derungsrente und Dynamisierung der Reha-Leistungen sind eindeutig positive Maßnahmen, die bei der guten Kassenlage der Rentenversicherungen und der derzeiti- gen Konjunktur auch deshalb finanziell verkraftbar sind, weil jetzt noch die geburtenschwachen Jahrgänge in Rente gehen. Das bedeutet, dass von der Ausgabenseite her kein Druck auf die Sozialkassen besteht und die erfreuliche Entwicklung am Arbeitsmarkt große Beitragsüber- schüsse in alle Sozialkassen gespült hat. Die werden aber relativ bald, vermutlich schon in vier Jahren, aufge- zehrt sein, unter anderem durch die abschlagsfreie Rente mit 63. Was dann passiert, wenn durch den Rentenein- tritt der Babyboomer-Generation der eigentliche Alters- schub einsetzt, das hat die Bundesarbeitsministerin Nahles aus ihrer Kalkulation völlig ausgeblendet. Insofern ist das Rentenpaket leider kein Beispiel für Nachhaltigkeit in der Politik. Somit ist es mir außeror- dentlich schwer gefallen, dem Rentenpaket meine Zu- stimmung zu geben. Norbert Brackmann (CDU/CSU): Die Regelung der abschlagsfreien Rente mit 63 Jahren halte ich für nicht vertretbar und ungerecht. Sie konterkariert die Rente mit 67 Jahren erheblich und passt aufgrund der Demografie gar nicht in unsere Zeit. Wir werden im Durchschnitt immer älter, und weil wir auch immer we- niger werden, müssen wir länger arbeiten. Die Bürger haben dies verstanden. Sie geht unter anderem zulasten der jüngeren Generation, die ohnehin länger arbeiten muss und geringere Rentenansprüche hat. Sie setzt aber nicht nur die Generationengerechtigkeit aufs Spiel, son- dern kann zu Spannungen zwischen jungen und alten Menschen beitragen. Auch aus ökonomischen Gesichtspunkten ist die Rente mit 63 Jahren falsch. Zahlreiche Unternehmen ha- ben auf die Facharbeiterproblematik hingewiesen, die wegen einer Frühverrentungswelle drohen kann. Als Haushaltspolitiker, der die Interessen aller Bürge- rinnen und Bürger als auch die Haushaltslage Tag für Tag im Blick haben muss, kann ich die Kosten, die auf den Bundeshaushalt voraussichtlich nach dem Griff in die Rentenkasse zukommen werden, nicht mittragen. Aufgrund der weiteren Maßnahmen im Gesetz, na- mentlich der Behebung der Ungleichbehandlung von Müttern bei der Rente – Mütterrente –, den Verbesserun- gen bei der Erwerbsminderungsrente und unter dem Gesichtspunkt der übergeordneten Interessen der Regie- rungsfähigkeit stimme ich namentlich dem RV-Leistungs- verbesserungsgesetz zu. Klaus Brähmig (CDU/CSU): Nach langen Wochen des Ringens haben sich CDU/CSU und SPD diese Wo- che über strittige Einzelheiten des großen Rentenpakets geeinigt. Die Mütterrente war mir und den Mitgliedern der CDU/CSU-Fraktion ein wichtiges Anliegen. In Zukunft werden Mütter von Kindern, die vor 1992 geboren wur- den, ein zusätzliches Erziehungsjahr in der Rente aner- kannt bekommen. Das ist eine gute Lösung; denn zu der damaligen Zeit existierte kein breites Netz aus Kinderbe- treuungseinrichtungen, das diesen Frauen erlaubt hätte, berufstätig zu sein und somit für die Rente vorzusorgen. Bei der Rente mit 63 nach 45 Beitragsjahren haben wir eine Lösung gefunden, in der nun Zeiten des Ar- beitslosengeldbezugs ohne zeitliche Beschränkung ange- rechnet werden. Gleichzeitig wurde erreicht, dass die letzten beiden Jahre vor der Rente mit 63 dabei aller- dings nicht mehr mitgezählt werden. So haben wir ver- hindert, dass Arbeitnehmer sich mit 61 arbeitslos melden können und nach zwei Jahren Arbeitslosengeld dann mit 63 nahtlos in die Rente übergehen. Ausgenommen von der individuellen Stichtagsregel gegen die Frühverren- tung sind Arbeitnehmer, die von der Insolvenz ihres Un- ternehmens oder der Geschäftsaufgabe betroffen sind. Weiterhin ist gewährleistet, dass auch freiwillig Versi- cherte, insbesondere selbstständige Handwerker, die nach 18 Jahren Pflichtbeitragszahlung in die freiwillige Versicherung gewechselt sind, nun von der Rente mit 63 profitieren können. Durch den massiven Einsatz des Wirtschaftsflügels der CDU/CSU-Fraktion wurde die sogenannte Flexi- rente ins Rentenpaket aufgenommen. In Zukunft können Arbeitnehmer, die die Regelarbeitszeitgrenze erreicht haben, beim selben Arbeitgeber auch mit einem befriste- ten Arbeitsvertrag weiterbeschäftigt werden. Damit kommt die Koalition nicht nur den Wünschen vieler Ar- beitnehmer entgegen, die sich mit 65 zu fit für die Rente fühlen. Diese Regel ist auch eine Maßnahme gegen den Facharbeitermangel, der infolge der demografischen Entwicklung auf Deutschland zukommt. Angesichts der oben genannten Änderungen kann mit der jetzt beschlos- senen Regelung zur Rente mit 63 die befürchtete Früh- verrentungswelle verhindert werden. Aus den oben genannten Gründen stimme ich dem Rentenpaket der Bundesregierung zu. Ich glaube, dass die CDU/CSU-Fraktion durch ihr vehementes Eintreten eine Reform verhindert hat, die meine Zustimmung nicht mehr erhalten hätte. Die Tatsache, dass hier konsumtive Ausgaben erhöht werden und die Finanzierung stärker von der kommenden Generation getragen werden muss, macht mir meine Zustimmung grundsätzlich nicht ein- fach. Da die CDU/CSU-Fraktion sich innerhalb der Ge- setzgebung aber bei wichtigen Punkten über die eher nicht zufriedenstellenden Ergebnisse aus den Koalitions- verhandlungen durchsetzen konnte, stimme ich dem Ge- setz zu. Koalitionstreue ist dabei für mich ein wichtiges Argument. Thomas Dörflinger (CDU/CSU): Nach reiflicher Überlegung werde ich dem oben genannten Gesetz heute meine Zustimmung erteilen. Ausschlaggebend hierfür sind die Neuregelungen im Bereich der Mütterrente, für die ich mich seit Jahren selbst eingesetzt habe, der Ein- stieg in eine flexiblere Altersgrenze – Flexirente – und 3246 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 37. Sitzung. Berlin, Freitag, den 23. Mai 2014 (A) (C) (D)(B) die Anhebung des Reha-Deckels in der gesetzlichen Rentenversicherung – GRV. Die Regelungen zum abschlagsfreien Renteneintritt mit 63 nach 45 Versicherungsjahren bleiben für mich trotz der durch die CDU/CSU-Bundestagsfraktion er- zielten Veränderungen gegenüber dem ursprünglichen Gesetzentwurf sowohl renten- als auch ordnungs- und beitragspolitisch der falsche Weg. Dabei soll nicht ver- kannt werden, dass es Personen gibt, die im fraglichen Alter aus psychischen oder physischen Gründen nicht mehr in der Lage sind, voll am Erwerbsleben teilzuneh- men. Deren berechtigte Interessen wären über eine ver- besserte Erwerbsminderungsrente aber sinnvoller be- rücksichtigt als über die jetzt getroffene Regelung zur Rente mit 63. Der Deutsche Bundestag hat sich im März 2007 mit dem „Rentenversicherungs-Altersgrenzenanpassungsge- setz“ nach intensiven Beratungen auf die sukzessive Anhebung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre ver- ständigt. Dies bleibt hinsichtlich der demografischen Entwicklung in Deutschland und mit Blick auf das Ge- bot der Generationengerechtigkeit der richtige Weg. Mit dem abschlagsfreien Renteneintritt mit 63 nach 45 Versi- cherungsjahren wird dieser Weg mindestens für einen Übergangszeitraum verlassen; die Rechnung dafür be- zahlen kommende Generationen der Beitragszahlenden. Es ist zu erwarten, dass die Europäische Kommission in ihren länderspezifischen Reformempfehlungen schon in Kürze auch die Rentenpolitik in Deutschland unter die Lupe nehmen wird. Angesichts der zu Recht und nicht zuletzt aus Deutschland ausgesprochenen rentenpoliti- schen Mahnungen an die Adresse anderer EU-Mitglied- staaten ist die vorgesehene Regelung zur Rente mit 63 auch unter europapolitischen Gesichtspunkten wenig hilfreich. Ich begrüße die Aufnahme der so genannten Flexi- rente in das Gesamtpaket. Die Diskussion zu diesem Thema zeigt freilich auch, dass es eine Reihe von grund- sätzlichen Fragen an die Rentenpolitik der Zukunft gibt. Die Große Koalition hat leider die Chance nicht genutzt, eine große Rentenreform anzugehen. Mit dem Sockel- rentenmodell der katholischen Sozialverbände hätte dazu mindestens eine solide und durchgerechnete Alter- native zur Debatte gestanden. Dr. Thomas Gebhart (CDU/CSU): Ich stimme dem Rentenpaket zu. Drei von vier Teilen des Kompromisses halte ich ausdrücklich für richtig: Insbesondere die Müt- terrente – stärkere Anrechnung von Zeiten der Erziehung von Kindern, die vor 1992 geboren sind – unterstütze ich mit Nachdruck. Rund 9 Millionen Mütter – in einigen Fällen auch Väter – werden davon zu Recht profitieren und erhalten ab dem 1. Juli für jedes Kind einen zusätzli- chen Rentenpunkt. Sie haben häufiger als heute wegen der Erziehung ihrer Kinder auf Berufstätigkeit verzich- tet, Kindergartenplätze waren seltener, und der berufli- che Wiedereinstieg war deutlich schwieriger als heute. Auch die Aufstockung der Mittel für Rehabilitations- maßnahmen und die Verbesserungen bei der Erwerbs- minderungsrente sind zu begrüßen. Kritisch hingegen sehe ich, gerade vor dem Hinter- grund der demografischen Entwicklung in Deutschland, jenen Teil: die konkreten Regelungen zur abschlagsfreien Rente mit 63 Jahren. Dabei habe ich durchaus Verständnis für die Forderung, dass diejenigen, die 45 Jahre hart ge- arbeitet haben, abschlagsfrei in Rente gehen können. Die nunmehr vorgesehene Regelung geht jedoch deutlich über diese Forderung hinaus – zum Beispiel, indem Zei- ten des Arbeitslosengeldbezugs ohne zeitliche Befris- tung angerechnet werden. Mit der Einführung der abschlagsfreien Rente mit 63 wird deren Auslaufen gleich mit beschlossen. Die ab- schlagsfreie Rente mit 63 gilt nur vorübergehend. Die Altersgrenze wird in den nächsten Jahren wieder schritt- weise auf 65 angehoben. Einige Jahrgänge werden also von der Neuregelung profitieren. Folgende Jahrgänge sowie all diejenigen, die bereits in Rente sind, hingegen nicht. Dies wirft neue Fragen der Gerechtigkeit auf. Ist es beispielsweise fair, dass diejenigen, die nächstes Jahr mit 63 – ohne Abschläge – in Rente gehen werden, deut- lich besser gestellt werden als diejenigen, die im vergan- genen Jahr im Alter von 63 – mit Abschlägen – in Rente gegangen sind? Ich begrüße, dass es der Union gelungen ist, den Ge- setzentwurf in den parlamentarischen Beratungen an ei- nigen Stellen zu verbessern. Beispielsweise soll miss- bräuchlichen Frühverrentungen vorgebeugt werden. Das Rentenpaket ist ein Kompromiss. Teile finden meine ausdrückliche Zustimmung. Andere Teile sehe ich kritisch. Unser parlamentarisches Regierungssystem funk- tioniert nur, wenn die Beteiligten bereit sind, auch Kom- promisse zu schließen und diese dann mitzutragen. Da- rin sehe ich auch einen Teil meiner Verantwortung als Abgeordneter. Helmut Heiderich (CDU/CSU): Mit dem Kompro- miss zum Rentenpaket wird erstmals die Tür zu einer persönlichen Flexibilisierung des Rentenalters aufgesto- ßen. Dies entspricht meiner politischen Vorstellung, den Entscheidungen jedes Einzelnen stärker gerecht zu wer- den. Trotzdem bleibt die Rente mit 63 eine „Rolle rück- wärts“, wie dies der ehemals für die Rente verantwortli- che Minister Franz Münterfering am prominentesten aufgezeigt hat. Diese Regelung privilegiert eine kleine Gruppe, während alle anderen Arbeitnehmer dadurch Nachteile erleiden. Ebenso geben wir den anderen Län- dern Europas, von denen wir seit Jahren eine Verlänge- rung der Lebensarbeitszeit verlangen, damit ein falsches Signal. Die Rente mit 63 wurde aber im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD festgeschrieben. Da ich diese Vereinbarung in ihrer Gesamtheit unterstützt habe, stimme ich dem verbesserten Rentenpaket jetzt trotz die- ser Bedenken zu. Mark Helfrich (CDU/CSU): Als Mitglied des Bun- destagsausschusses für Arbeit und Soziales habe ich zusammen mit vielen anderen Abgeordnetenkolleginnen Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 37. Sitzung. Berlin, Freitag, den 23. Mai 2014 3247 (A) (C) (D)(B) und -kollegen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion in den letzten Wochen daran gearbeitet, dass beim Rentenpaket mindestens noch zwei entscheidende Veränderungen vorgenommen wurden: Erstens musste eine Frühverren- tungswelle, bei der über den zweijährigen Bezug von Arbeitslosengeld die Menschen de facto schon mit 61 Jahren in Ruhestand hätten gehen können, sicher aus- geschlossen werden. Zweitens brauchte es einen konkre- ten Einstieg in die Flexirente. Denn mit der Flexirente soll der flexible Übergang vom Erwerbsleben in den Ru- hestand sowohl vor als auch nach der Regelaltersgrenze erleichtert werden. Mit dem heutigen Einstieg in die Fle- xirente und dem Entschließungsantrag von CDU/CSU und SPD zur weiteren Ausgestaltung des Flexirenten- Modells senden wir das entscheidende Signal, dass wir nicht vergessen haben, worauf es in einer älter werden- den Gesellschaft ankommt. Beide für mich kritischen Punkte sind Teil des heute zur Abstimmung stehenden Rentenpaketes geworden. Im Ergebnis kann und werde ich dem erzielten Kompro- miss bzw. dem vorliegenden Rentenpaket zustimmen. Dennoch ist es mir wichtig, mit dieser persönlichen Erklärung im parlamentarischen Verfahren festzuhalten, dass ich große grundsätzliche Bedenken bezüglich der Signalwirkung und der Kosten des Rentenpakets habe. Das vorliegende Rentenpaket bedeutet für kommende Generationen eine hohe finanzielle Belastung. Zudem ist und bleibt gerade die Rente mit 63 in einer immer älter werdenden Gesellschaft ein falsches Signal. Sie ist eine Rolle rückwärts, weg von den unstrittig erfolgreichen Reformen, welche vor einigen Jahren mit der Agenda 2010 und der Rente mit 67 gegen große Widerstände durchgeführt wurden. Seitdem hat meines Erachtens ein wichtiger Lernprozess in unserem Land stattgefunden: Die Menschen in Deutschland haben das Prinzip einer längeren Lebensarbeitszeit zunehmend verinnerlicht. Ich verbinde meine heutige Zustimmung zugleich mit der Forderung und Erwartung, dass die Große Koalition zeitnah das Flexirenten-Modell konkret umsetzt sowie massive Anstrengungen zur Sicherung unseres Fachkräf- tebedarfs unternimmt. Dr. Andreas Lenz (CDU/CSU): Zusammen mit vie- len anderen Abgeordneten der CDU/CSU-Bundestags- fraktion habe ich in den letzten Wochen immer gefor- dert, dass es beim Rentenpaket mindestens noch zwei entscheidende Veränderungen geben muss: Erstens muss eine Frühverrentungswelle, bei der über den zweijähri- gen Bezug von Arbeitslosengeld die Menschen schon mit 61 Jahren in Quasi-Rente gehen könnten, sicher aus- geschlossen werden, und zweitens braucht es einen kon- kreten Einstieg in die Flexirente, einen flexibleren Ren- teneintritt. Denn mit der Flexirente senden wir ein sehr wichtiges Signal, dass wir verstanden haben, worauf es in einer älter werdenden Gesellschaft ankommt. Beide Punkte sind Teil des zur Abstimmung stehenden Renten- paketes. Zudem wird verbindlich eine Arbeitsgruppe zur weiteren Ausgestaltung des Flexirenten-Modells einge- setzt. Was wir wirklich brauchen, ist eine flexiblere Handhabung individueller Erwerbsbiografien und damit auch die Möglichkeit, länger zu arbeiten und dafür auch finanziell belohnt zu werden. Durch die getroffenen Ver- einbarungen wird die Entwicklung zur Rente mit 67 zwar verzögert, aber nicht gestoppt. Die Rente mit 63 wird schrittweise wieder zur Rente mit 65. Mit diesem Kompromiss, der Teile unserer Forderun- gen beinhaltet, werde ich dem vorliegenden Rentenpaket zustimmen. Das mache ich in dem Bewusstsein und der Verantwortung, dass in einer Großen Koalition Kompro- misse gemacht werden müssen und nur ein verlässliches Miteinander zur erfolgreichen Umsetzung der im Koali- tionsvertrag getroffenen Vereinbarungen führt. Dennoch ist mir heute wichtig, mit dieser persönli- chen Erklärung im parlamentarischen Verfahren festzu- halten, dass ich große grundsätzliche Bedenken bezüg- lich der Signalwirkung und der Kosten des Rentenpakets habe. Das vorliegende Rentenpaket bedeutet für kom- mende Generationen eine hohe finanzielle Belastung. Zudem ist und bleibt gerade die Rente mit 63 in einer immer älter werdenden Gesellschaft ein falsches Signal. Sie ist eine Rolle rückwärts, weg von den Reformen, welche die CDU/CSU gemeinsam mit den Sozialdemo- kraten vor einigen Jahren mit der Agenda 2010 und der Rente mit 67 gegen große Widerstände durchgesetzt hat. Seitdem hat meines Erachtens ein wichtiger Lernprozess in unserem Land stattgefunden. Arbeitgeber und Arbeit- nehmer haben das Prinzip einer längeren Lebensarbeits- zeit zunehmend verinnerlicht. Die wirtschaftlichen Er- folge dieser Reformen sind nicht von der Hand zu weisen. Die Zustimmung zu dem Rentenpaket ist nur mög- lich, weil es Deutschland im Moment wirtschaftlich so gut geht wie seit über 20 Jahren nicht mehr. Damit ist dann aber die heutige Verabschiedung dieses Gesetzes gleichzeitig Verpflichtung, Strukturreformen einzulei- ten, die Deutschland wettbewerbsfähiger machen und damit Wachstum ermöglichen. Diese Reformen beinhal- ten nach meinem Dafürhalten auch Änderungen im Pen- sionsrecht. Philipp Graf Lerchenfeld (CDU/CSU): Ich stimme dem Entwurf eines Gesetzes über Leistungsverbesserun- gen in der gesetzlichen Rentenversicherung mit großen Bedenken zu. Die in dem Gesetzentwurf enthaltenen Regelungen zur Einführung einer abschlagsfreien Rente mit 63 nach 45 Beitragsjahren, bei der Zeiten des Bezugs von Ar- beitslosengeld I unbegrenzt angerechnet werden, halte ich angesichts des demografischen Wandels und eines zunehmenden Fachkräftemangels für ein falsches Signal. Die Verbesserungen, die an dem ursprünglich vorge- legten Gesetzentwurf durch die Verhandlungen in letzter Zeit vorgenommen wurden, veranlassen mich, dem nun- mehr vorliegenden Gesetzentwurf trotz meiner grund- sätzlichen Bedenken zuzustimmen. Diese Änderungen gehen in die richtige Richtung, zeigen aber auch auf, dass wir noch erheblichen Änderungsbedarf für diesen 3248 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 37. Sitzung. Berlin, Freitag, den 23. Mai 2014 (A) (C) (D)(B) Gesetzentwurf haben, mit dem wir uns in den kommen- den Jahren dringend beschäftigen müssen. Andrea Lindholz (CDU/CSU): Nach schwierigen Verhandlungen haben wir heute das Gesetz über die Leistungsverbesserungen in der gesetzlichen Rentenver- sicherung verabschiedet. Damit kann das Rentenpaket planmäßig zum 1. Juli 2014 in Kraft treten. Die Mütterrente war der Union und mir persönlich ein wichtiges Anliegen. Wer Kinder erzieht, leistet einen es- senziellen Beitrag für unsere Gesellschaft – egal wann die Kinder geboren wurden. Die Anerkennung der Erzie- hungsleistungen vor 1992 mit der Mütterrente ist eine Frage der Gerechtigkeit. Trotzdem ist mir die Zustimmung zu diesem Geset- zespaket nicht leichtgefallen. Unsere Gesellschaft wird immer älter, während wir gleichzeitig immer weniger Kinder bekommen. Diese schleichende Entwicklung stellt unsere Sozialsysteme vor gewaltige Herausforde- rungen. Immer weniger Beitragszahler müssen immer mehr Renten bezahlen. Mit Blick auf die nachkommen- den Generationen müssen wir den demografischen Wan- del verantwortungsbewusst und nachhaltig gestalten. Vor diesem Hintergrund ist es richtig, dass wir bis zum Jahr 2030 schrittweise die Rente mit 67 einführen. Immer mehr Menschen bleiben auch im Alter leistungs- stark und wollen weiterarbeiten. Unsere schrumpfende Gesellschaft und die deutschen Unternehmen können auf die Leistungsfähigkeit erfahrener Fachkräfte nicht ver- zichten. Dieser richtige Schritt in die Zukunft drohte nun durch die Verkürzung des Rentenalters auf 63 zurückge- setzt zu werden. Dennoch habe ich dem Gesetzespaket heute zuge- stimmt, und zwar aus vier Gründen: Erstens verhindern wir die befürchtete Frühverrentungswelle, indem Zeiten der Arbeitslosigkeit in den beiden Jahren vor dem Ren- teneintritt nicht als Arbeitszeit angerechnet werden. Zweitens setzen wir mit der Flexirente ein wichtiges Si- gnal: Derjenige, der gern länger arbeiten möchte, darf und soll dies in Zukunft auch tun. Der Rente mit 63 steht dadurch die Perspektive der freiwilligen Weiterbeschäf- tigung im Rentenalter gegenüber. Drittens war es uns als CSU wichtig, freiwillige Beitragszahler nicht schlechter- zustellen. Das ist uns mit der Berücksichtigung der frei- willigen Beiträge gelungen. Viertens ist die Rente mit 63 nur ein Übergangsmodell und wird bis zum Jahr 2030 schrittweise zu einer Rente mit 65 umgewandelt. Dieses Rentenpaket stellt unsere Gesellschaft und die künftigen Generationen vor finanzielle Herausforderun- gen. Mit der Mütterrente und den anderen Regelungen des Pakets schließen wir jedoch gravierende Gerechtig- keitslücken in unserem Rentensystem und würdigen die Lebensleistung der Menschen. Die konkreten Verbesse- rungen für Millionen von Bürgerinnen und Bürgern sind gerechtfertigt und daher insgesamt zu begrüßen. Demokratische Politik funktioniert nicht ohne Kom- promissbereitschaft. Selten kann man alle seine Forde- rungen umsetzen. Daher bin ich bereit, diesen insgesamt vernünftigen Kompromiss zur Rente und die Vereinba- rung aus dem Koalitionsvertrag trotz meiner begründe- ten Vorbehalte mitzutragen. Dr. Carsten Linnemann (CDU/CSU): Die Finanzie- rung des Rentenpakets ist nicht nur grundfalsch, sondern sie geht von Annahmen aus, die mit hoher Wahrschein- lichkeit so nicht eintreten werden. Schon heute ist abseh- bar, dass die Beiträge zur Rentenversicherung steigen müssen, und zwar schneller als vor wenigen Jahren noch erwartet. Gleichzeitig werden die Rentenbezüge sinken, und die Rücklagen der Rentenkasse werden bis 2017 aufgebraucht sein. Die abschlagsfreie Rente mit 63 ist einer der Kardi- nalfehler des Rentenpakets; denn sie entzieht dem Ar- beitsmarkt wertvolle Fachkräfte. Diese werden eine Lücke hinterlassen, die aufgrund des demografischen Wandels nur schwer zu schließen sein wird. Viele Unter- nehmen haben schon heute Probleme, offene Stellen zu besetzen. Die Rente mit 63 wird dieses Problem zusätz- lich verschärfen. Umso wichtiger ist es, dass der Rente mit 63 etwas entgegengesetzt wird. Mit der Flexirente ist uns dies ge- lungen – gleichwohl sie die grundsätzlichen Fehler des Rentenpakets nicht aufwiegen kann. Aber die Flexirente sendet ein entscheidendes Signal in einer älter und fitter werdenden Gesellschaft: Derjenige, der im Alter gern freiwillig länger arbeiten möchte, darf dies künftig auch. Das Verbot der Befristung bei Weiterbeschäftigung im Rentenalter wird fallen. Zudem wird sich eine Expertengruppe in den kom- menden Monaten mit der Frage beschäftigen, wie die Flexibilisierung des Übergangs vom Berufsleben in den Ruhestand weiter vorangetrieben werden kann. Die Chance auf einen Paradigmenwechsel in der Rentende- batte ist also da. Wir müssen sie jetzt aber auch nutzen. Jan Metzler (CDU/CSU): Zusammen mit vielen Ab- geordnetenkollegen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion habe ich in den letzten Wochen immer wieder gefordert, dass es beim Rentenpaket mindestens zwei entschei- dende Veränderungen geben muss: Erstens muss eine Frühverrentungswelle, bei der über den zweijährigen Bezug von Arbeitslosengeld die Menschen schon mit 61 Jahren in Quasi-Rente gehen könnten, ausgeschlos- sen werden. Zweitens braucht es ein konkretes Bekennt- nis zur Flexirente, einem flexibleren Renteneintritt. Denn mit der Flexirente senden wir das entscheidende Signal, nämlich dass wir verstanden haben, worauf es in einer älter werdenden Gesellschaft ankommt. Beide Punkte sind nun Teil des zur Abstimmung stehenden Rentenpaketes. Zudem wird verbindlich eine Arbeits- gruppe zur weiteren Ausgestaltung des Flexirenten-Mo- dells eingesetzt. Neben den erwähnten Verbesserungen, unterstütze ich den Passus zur Mütterrente und verstehe darüber hinaus die Forderung, dass diejenigen, die 45 Jahre hart gear- beitet haben, abschlagsfrei in Rente gehen können. Je- doch habe ich grundsätzliche Bedenken in Bezug auf die Kosten, die damit verbundene Frage der Generationen- gerechtigkeit und die Frage nach der Fairness früheren Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 37. Sitzung. Berlin, Freitag, den 23. Mai 2014 3249 (A) (C) (D)(B) und künftigen Rentenjahrgängen gegenüber. Einige Jahr- gänge werden also von der Neuregelung profitieren, Fol- gejahrgänge sowie all diejenigen, die bereits in Rente sind, hingegen nicht. Das Rentenpaket ist ein Kompromiss, dem ich heute zustimme. Dennoch ist es mir wichtig, mit dieser persön- lichen Erklärung im parlamentarischen Verfahren festzu- halten, dass ich grundsätzliche Bedenken zum Rentenpa- ket als Ganzes habe. Jedoch bin ich mir bewusst, dass unser parlamentarisches System nur funktioniert, wenn die Abgeordneten als gewählte Vertreter der Bürgerin- nen und Bürger bereit sind, auch Kompromisse zu schließen und diese dann mitzutragen. Darin sehe ich ei- nen Teil meiner Verantwortung als Abgeordneter. Die Zustimmung zu dem Rentenpaket ist zudem nur möglich, weil es Deutschland im Moment wirtschaftlich so gut geht wie seit über 20 Jahren nicht mehr. Damit ist dann aber die Verabschiedung des Gesetzes gleichzeitig Verpflichtung, Strukturreformen einzuleiten, die Deutsch- land wettbewerbsfähig erhalten und damit nachhaltiges Wachstum möglich machen. Dr. h. c. Hans Michelbach (CDU/CSU): Ich stimme dem Entwurf eines Gesetzes über Leistungsverbesserun- gen in der gesetzlichen Rentenversicherung mit großen Bedenken zu. Die in dem Gesetzentwurf enthaltenen Regelungen zur Einführung einer abschlagsfreien Rente mit 63 nach 45 Beitragsjahren, bei der Zeiten des Bezugs von Ar- beitslosengeld I unbegrenzt angerechnet werden, halte ich angesichts des demografischen Wandels und eines zunehmenden Fachkräftemangels für ein falsches Si- gnal. Gerade die Anrechenbarkeit von Zeiten der Arbeitslo- sigkeit führt zu Fehlanreizen und neuen Ungerechtigkei- ten. Durch deren Einbeziehung entstehen auch Schieflagen etwa gegenüber Landwirten und bestimmten Selbststän- digen, die freiwillige Beiträge in die Rentenkasse be- zahlt haben. Diese Ungerechtigkeiten müssen wir im Blick behalten. Im Ergebnis zeigen diese Schieflagen aber nur, dass wir spätestens in der nächsten Legislaturperiode darauf hinwirken müssen, die Anrechenbarkeit von Zeiten der Arbeitslosigkeit wieder zu beseitigen. Der Generatio- nenvertrag ist sonst in Gefahr. Carsten Müller (Braunschweig) (CDU/CSU): Dem Gesetzentwurf der Bundesregierung über Leistungsver- besserungen in der gesetzlichen Rentenversicherung – RV- Leistungsverbesserungsgesetz – stimme ich zu. Ich gebe allerdings zu Protokoll, dass ich vor dem Hintergrund des demografischen Wandels und aus Gründen der Ge- nerationengerechtigkeit die Einführung der abschlags- freien Rente mit 63 Jahren bzw. nach 45 Beitragsjahren sehr skeptisch sehe. Zum einen hat die junge Generation die durch diese Regelung entstehenden Kosten zu tragen. Besonders über die prognostizierte Entwicklung des zukünftigen Rentenniveaus bin ich in diesem Zusammenhang sehr besorgt. Zum anderen schafft die Rente mit 63 Anreize, früher in Rente zu gehen, und gefährdet damit das Ziel der Rente mit 67. Für mich steht außer Frage: Um dem Fachkräftemangel in unserem Land zu begegnen sowie Wachstum und Beschäftigung zu sichern, brauchen wir längere und nicht kürzere Lebensarbeitszeiten. Motivation, dem Gesetzentwurf als Gesamtpaket zu- zustimmen, ist die Einführung der Mütterrente. Ich be- grüße es, dass Mütter von vor 1992 geborenen Kindern eine bessere Anerkennung ihrer Erziehungsleistung in der Rente erhalten. Damit wird eine Gerechtigkeitslücke verkleinert, weil Geburten nach 1992 bislang deutlich besser gestellt waren. Dr. Philipp Murmann (CDU/CSU): Das Sozialversi- cherungssystem in Deutschland ist weltweit einzigartig und ein Eckpfeiler unserer Sozialen Marktwirtschaft. Mit dem Generationenvertrag haben wir ein Solidarsys- tem zwischen der rentenbeziehenden und der beitrags- zahlenden Generation geschaffen. Dieser Ausgleich ist sinnvoll und funktionierte bisher. Der demografische Wandel bringt aber neue Heraus- forderungen mit sich. Die durchschnittliche Lebenszeit erhöht sich – glücklicherweise – und damit auch die Be- zugsdauer der Rente. Gleichzeitig werden immer weni- ger Kinder geboren. Zudem ändern sich die Altersbio- graphien – Bildung, Arbeit und Privatleben findet nicht mehr vorwiegend sequentiell, sondern parallel statt. Das Rentenpaket, vor allem die Rente mit 63, sendet daher ein falsches Signal und bietet keine Antworten auf die drängenden Zukunftsfragen. Positiv hervorzuheben ist der Einstieg in die Flexirente, die Verhinderung einer Frühverrentungswelle, Verbesserungen bei der Erwerbs- minderungsrente und die Aufstockung des Reha-Bud- gets. Einige dieser dringend notwenigen Verbesserungen konnten erst im letzten Moment und auf Druck einer Gruppe von Abgeordneten erreicht werden, der ich ebenfalls angehöre. Insgesamt gesehen wird mit diesen Maßnahmen aber die Wirtschaft von heute und die Jugend von morgen stark belastet. Die für das Rentenpaket erheblichen finanziellen Mittel stehen nicht für andere dringend er- forderliche Investitionen in Bildung, Forschung oder In- frastruktur zur Verfügung. Die vielfältige Kritik ist daher berechtigt. Dennoch ist das Rentenpaket Bestandteil unseres Ko- alitionsvertrages, mit dem wir für Deutschland eine so- lide Regierung stellen können. Diese Regierung ist not- wendig, damit Deutschland in Europa und der Welt wettbewerbsfähig bleibt und den Standort insgesamt vo- ranbringt. Die Zustimmung zu diesem Gesetzespaket fällt schwer. Dennoch habe ich mich nach Abwägung aller Umstände dazu entschieden, die Mehrheitsentscheidung unserer Fraktion mitzutragen. Erfolgreiche Politik ist am Ende auch immer eine Mannschaftsleistung. Dr. Andreas Nick (CDU/CSU): Meine sehr grund- sätzlichen Bedenken gegen die sogenannte „Rente mit 3250 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 37. Sitzung. Berlin, Freitag, den 23. Mai 2014 (A) (C) (D)(B) 63“ habe ich bereits unmittelbar nach Abschluss der Koalitionsverhandlungen im November zum Ausdruck gebracht. Eine – wenn auch vorübergehende – Absen- kung der Altersgrenze, noch dazu unter Anrechnung von Zeiten der Arbeitslosigkeit, für einige wenige Geburts- jahrgänge muss unter dem Gesichtspunkt der Generatio- nengerechtigkeit sowie des Fachkräftemangels am Ar- beitsmarkt als Signal in die falsche Richtung verstanden werden. In dieser Auffassung fühle ich mich auch durch die Ergebnisse der Anhörung im Gesetzgebungsverfah- ren ausdrücklich bestätigt. Daher habe ich alle Bemühungen aus meiner Fraktion unterstützt, zumindest in einigen der ganz besonders kri- tischen Aspekte Veränderungen gegenüber dem ur- sprünglichen Entwurf der Bundesregierung zu erreichen. Zusammen mit vielen anderen Abgeordneten der CDU/ CSU-Bundestagsfraktion habe ich deshalb in den letzten Wochen immer gefordert, dass es beim Rentenpaket mindestens noch drei entscheidende Veränderungen ge- ben muss: Erstens muss eine Frühverrentungswelle, bei der über den zweijährigen Bezug von Arbeitslosengeld die Men- schen schon mit 61 Jahren in Quasi-Rente gehen könn- ten, sicher ausgeschlossen werden. Zweitens dürfen Zeiten der Selbstständigkeit, für die freiwillige Rentenbeiträge geleistet wurden, nicht grund- sätzlich schlechter gestellt werden als Zeiten der Ar- beitslosigkeit. Drittens ist ein konkreter Einstieg in einen flexibleren Renteneintritt – Flexirente – erforderlich. Vor allem mit der Flexirente senden wir das entschei- dende Signal, dass wir verstanden haben, worauf es in einer älter werdenden Gesellschaft ankommt. Diese Punkte sind nunmehr weitgehend Teil des zur Abstim- mung stehenden Rentenpaketes. Zudem wird verbind- lich eine Arbeitsgruppe zur weiteren Ausgestaltung des Flexirenten-Modells eingesetzt. Durch die getroffenen Vereinbarungen wird die Entwicklung zur Verlängerung der Lebensarbeitszeit, Rente mit 67, zwar verzögert, aber nicht grundsätzlich gestoppt. Die „Rente mit 63“ wird bis 2029 schrittweise wieder zur „Rente mit 65“ nach 45 Versicherungsjahren. Mit dem nunmehr vorliegenden Kompromiss, der zu- mindest Teile dieser Forderungen berücksichtigt, werde ich dem Rentenpaket in einer Gesamtbeurteilung aller Teilaspekte zustimmen. Ich tue dies in dem Bewusstsein und der Verantwortung, dass in einer Großen Koalition Kompromisse gemacht werden müssen und nur ein ver- lässliches Miteinander zur erfolgreichen Umsetzung der im Koalitionsvertrag getroffenen Vereinbarungen führt. Dennoch ist mir heute wichtig, mit dieser persönli- chen Erklärung im parlamentarischen Verfahren festzu- halten, dass ich weiterhin große grundsätzliche Beden- ken bezüglich der Signalwirkung und der Kosten des Rentenpakets habe: Das vorliegende Rentenpaket bedeutet für kommende Generationen eine hohe finanzielle Belastung. Zudem ist und bleibt gerade die Rente mit 63 in einer immer älter werdenden Gesellschaft ein falsches Signal. Sie ist eine Rolle rückwärts, weg von den Reformen, welche die CDU/CSU gemeinsam mit den Sozialdemokraten vor ei- nigen Jahren mit der Agenda 2010 und der Rente mit 67 gegen große Widerstände durchgesetzt haben. Seitdem hat meines Erachtens ein wichtiger Lernprozess in unse- rem Land stattgefunden. Arbeitgeber und Arbeitnehmer haben das Prinzip einer längeren Lebensarbeitszeit zu- nehmend verinnerlicht. Die wirtschaftlichen Erfolge die- ser Reformen sind nicht von der Hand zu weisen. Insbesondere die Unternehmen, die auf die Gefahr ei- nes noch stärker werdenden Fachkräftemangels durch frühere Verrentungen hinweisen, aber auch diejenigen, die vor einer übermäßigen Belastung kommender Gene- rationen warnen, haben gewichtige Argumente auf ihrer Seite. Die Zustimmung zu dem Rentenpaket ist überhaupt nur deshalb möglich, weil es Deutschland im Moment wirtschaftlich so gut geht wie seit über 20 Jahren nicht mehr. Damit ist dann aber die heutige Verabschiedung dieses Gesetzes gleichzeitig auch Verpflichtung, weitere Strukturreformen einzuleiten, die Deutschland wettbe- werbsfähiger und damit nachhaltiges Wachstum möglich machen. Dr. Tim Ostermann (CDU/CSU): Der Gesetzent- wurf über Leistungsverbesserungen in der gesetzlichen Rentenversicherung, über den der Bundestag in seiner heutigen Sitzung abstimmt, besteht als Rentenpaket aus Regelungen zur abschlagsfreien Rente mit 63, zur Müt- terrente, zur Erwerbsminderungsrente und zum Reha- Budget. Ich werde in der 3. Lesung für das Rentenpaket stim- men. Zu dieser Entscheidung bin ich nach reiflicher Überlegung gelangt, da ich für drei der vier Bestandteile des Pakets – nämlich für die vorgeschlagenen Regelun- gen zur Mütterrente, zur Erwerbsminderungsrente und zum Reha-Budget – eintrete. Dagegen sehe ich die Vor- schläge zur Rente mit 63 aus folgenden Gründen kri- tisch: Die abschlagsfreie Rente mit 63 nach 45 Beitragsjah- ren widerspricht dem Grundsatz der Generationenge- rechtigkeit und bedeutet eine teilweise Rücknahme der seit 2005 gemachten Reformschritte zur Sicherung der Zukunftsfähigkeit unserer Rentensysteme in Deutsch- land. Mit der vorgesehenen Regelung wird das richtige Ziel der Rente mit 67 konterkariert. Nach meiner Auf- fassung wird eine – vor dem Hintergrund der schon jetzt bestehenden Regelungen zur frühzeitigen Rente mit 65 – nur sehr kleine Gerechtigkeitslücke durch eine größere Gerechtigkeitslücke zuungunsten der nachfolgenden Ge- nerationen geschlossen. Die Rente mit 63 setzt auch vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung und des bereits bestehen- den Fachkräftemangels in der Wirtschaft ein politisch falsches Signal. Durch die Möglichkeit, frühzeitig in Rente zu gehen, wird der Fachkräftemangel weiter ver- schärft. Wir brauchen gerade ältere Arbeitnehmer und eine insgesamt längere Lebensarbeitszeit, um unser Ren- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 37. Sitzung. Berlin, Freitag, den 23. Mai 2014 3251 (A) (C) (D)(B) tensystem stabil und Deutschland wettbewerbsfähig zu halten. Der Vergleich mit anderen Ländern zeigt, dass die Deutschen den Arbeitsmarkt relativ früh verlassen, obwohl die Lebenserwartung überdurchschnittlich hoch ist. Das Renteneintrittsalter konnte dank der Reformen der letzten Jahre dem internationalen Durchschnitt ange- nähert werden. Die Rente mit 63 bedroht diesen Erfolg. Daher stellt die Rente mit 63 auch ein falsches Signal an unsere europäischen Partner dar. Deutschland steht bislang für eine Politik der Wettbewerbsfähigkeit und der Strukturreformen, um der Staatsschuldenkrise zu be- gegnen. Die Glaubwürdigkeit unserer Politik ist gefähr- det, wenn wir neue Wohltaten versprechen, zugleich aber weiterhin Reformen von unseren europäischen Part- nern einfordern. Des Weiteren sehe ich die Anrechnung von Arbeitslo- senzeiten als Beitragszeiten kritisch. Dies bedeutet eine Abkehr vom bisherigen System. Ihre Anrechnung ist un- ter Gerechtigkeitsaspekten nur schwerlich vereinbar mit der nur bedingten Anrechenbarkeit freiwilliger Beiträge, die viele Selbstständige in die Rentenversicherung leis- ten. Zu begrüßen ist allerdings, dass die negativen Folgen der abschlagsfreien Rente mit 63 durch die Einigung zwischen den Koalitionsfraktionen zur Verhinderung ei- ner weiteren Frühverrentungswelle und zur Erleichte- rung eines flexiblen Renteneintritts deutlich abgemildert werden konnten. Dadurch, dass nun Zeiten des Arbeits- losengeldbezugs in den letzten zwei Jahren vor Eintritt in die Rente mit 63 grundsätzlich nicht mehr mitgezählt werden, wird eine missbräuchliche Frühverrentung aus- geschlossen. Ferner wurde in die Beratung des Renten- pakets auch das Thema der flexiblen Übergänge vom Beruf in die Rente eingebracht. In Zukunft wird es mög- lich sein, das Arbeitsverhältnis auch nach Erreichen der Regelaltersgrenze einvernehmlich fortzusetzen. Eine Ar- beitsgruppe wird Vorschläge entwickeln, wie Arbeit und Rente besser als bisher kombiniert werden können. So- wohl das flexible Weiterarbeiten bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze als auch danach wird Inhalt der Bera- tungen sein. Meines Erachtens können damit die Folgen der Rente mit 63 so weit abgemildert werden, dass meine Beden- ken hiergegen nicht mehr so schwer wiegen, als dass ich dem Rentenpaket insgesamt nicht zustimmen könnte. Das mache ich in dem Bewusstsein und in der Verant- wortung, dass in einer Großen Koalition Kompromisse gemacht werden müssen und nur ein verlässliches Mit- einander zur erfolgreichen Umsetzung der im Koali- tionsvertrag getroffenen Vereinbarungen führt. Aus diesen Gründen werde ich daher dem Gesetzent- wurf über Leistungsverbesserungen in der gesetzlichen Rentenversicherung zustimmen. Kerstin Radomski (CDU/CSU): Mit dem vorliegen- den Rentenpaket stimmen wir heute über die Rente mit 63, die Mütterrente, die Verbesserung der Erwerbsmin- derungsrente und die Erhöhung des Reha-Budgets ab. Ich werde dem vorliegenden Rentenpaket zustimmen. Das mache ich in dem Bewusstsein und der Verantwor- tung, dass in einer Großen Koalition Kompromisse gemacht werden müssen und nur ein verlässliches Mit- einander zur erfolgreichen Umsetzung der im Koali- tionsvertrag getroffenen Vereinbarungen führt. Zudem befürworte ich ausdrücklich die Verbesserung der Er- werbsminderungsrente und die Erhöhung des Reha-Bud- gets. Dennoch ist mir heute wichtig, mit dieser persönli- chen Erklärung im parlamentarischen Verfahren festzu- halten, dass ich große grundsätzliche Bedenken bezüg- lich der Signalwirkung und der Kosten des Rentenpakets habe. Das vorliegende Rentenpaket bedeutet für kom- mende Generationen eine hohe finanzielle Belastung. Zudem ist und bleibt gerade die Rente mit 63 in einer immer älter werdenden Gesellschaft ein falsches Signal. Sie ist eine Rolle rückwärts, weg von den Reformen, welche die CDU/CSU gemeinsam mit den Sozialdemo- kraten vor einigen Jahren mit der Agenda 2010 und der Rente mit 67 gegen große Widerstände durchgesetzt hat. Seitdem hat meines Erachtens ein wichtiger Lernprozess in unserem Land stattgefunden. Arbeitgeber und Arbeit- nehmer haben das Prinzip einer längeren Lebensarbeits- zeit zunehmend verinnerlicht. Die wirtschaftlichen Er- folge dieser Reformen sind nicht von der Hand zu weisen. Josef Rief (CDU/CSU): Das am heutigen Tag zur Abstimmung stehende Rentenversicherungs-Leistungs- verbesserungsgesetz verbessert im Besonderen die Rente der Mütter, deren Kinder vor 1992 geboren wurden. Dafür habe ich mich eingesetzt, dies habe ich den Müttern ver- sprochen, daher stimme ich dem Gesetzentwurf heute zu. Nicht einverstanden bin ich mit der getroffenen Rege- lung zur abschlagsfreien Rente mit 63. Zum einen wider- spricht die Anrechnung der Zeiten von Arbeitslosigkeit dem Gedanken, dass gerade für diejenigen Verbesserun- gen erzielt werden sollten, die 45 Jahre hart gearbeitet haben; Stichwort: jahrzehntelange Erwerbsarbeit. Zum anderen vermisse ich an dieser Stelle die 1 : 1 gleichstel- lende Einbeziehung von Landwirten, die LAK-pflicht- versichert waren, sowie die Gleichstellung aller gesetzli- chen Rentenversicherungsarten. Hier werde ich mich für Nachbesserungen einsetzen. Tankred Schipanski (CDU/CSU): Dem Gesetzent- wurf der Koalitionsfraktionen stimme ich zu. Der gefun- dene Kompromiss geht in wesentlichen Teilen auf Aus- sagen zurück, die während des Wahlkampfs 2013 von den Koalitionsparteien gemacht wurden. Die Umsetzung dieser Versprechen ist im Sinne der Verlässlichkeit und Berechenbarkeit von Politik richtig. Ich begrüße insbe- sondere die Mütterrente, die Verbesserungen bei der Er- werbsminderungsrente und die Erhöhung des Budgets für Reha-Leistungen. Gleichwohl möchte ich von der Möglichkeit Gebrauch machen, meine Bedenken bezüglich der Auswirkung die- ses Gesetzes in Hinsicht auf Generationengerechtigkeit, Verfügbarkeit von Fachkräften und langfristige Stabilität des Bundeshaushalts zum Ausdruck zu bringen. 3252 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 37. Sitzung. Berlin, Freitag, den 23. Mai 2014 (A) (C) (D)(B) Bei der Mütterrente wäre es sachgerechter, diese aus Steuermitteln zu finanzieren. Es handelt sich dabei um eine versicherungsfremde Leistung. Es wäre mir in Hinblick auf die Verfügbarkeit qualifi- zierter Fachkräfte insbesondere sinnvoll erschienen, die Berücksichtigung der Zeiten des Bezugs von Entgelt- ersatzleistungen der Arbeitsförderung – ALG I – auf ma- ximal fünf Jahre zu begrenzen. Diese Forderung findet sich leider nicht wieder. In jedem Fall ist es angesichts der demografischen Entwicklung sinnvoll, an der Rente mit 67 grundsätzlich festzuhalten und diese nicht weiter auszuhöhlen. Bereits jetzt ist absehbar, dass in der Zukunft Erhö- hungen des Rentenbeitragssatzes und Erhöhungen des Steuerzuschusses für die Rentenversicherung erforder- lich sein werden. Dies erscheint mir im Sinne der Gene- rationengerechtigkeit ein problematisches Signal und im Sinne eines langfristigen ausgeglichenen Bundeshaus- halts zumindest eine zusätzliche Herausforderung. Christel Voßbeck-Kayser (CDU/CSU): Unser An- spruch ist es, Politik zu gestalten. Als einer der Kern- punkte der aktuellen Legislaturperiode wurde im Rah- men des Koalitionsvertrags zwischen CDU/CSU und SPD die Rente mit 63 vereinbart. Grundsätzlich stimme ich diesem Gesetz zu, möchte jedoch dazu folgende Er- klärung abgeben: Die Regelung im Rahmen der Rente mit 63, in der die unbegrenzte Anerkennung von Zeiten der Arbeitslosig- keit bei der Ermittlung der Rentenbeitragsjahre festge- schrieben wird, lehne ich als falsches Signal in einer älter werdenden Gesellschaft weiter ab. Es muss eine Begrenzung geben, das heißt keine unbegrenzte Aner- kennung in Form von Rentenleistung für diejenigen, die weniger zur Erhaltung unseres Solidarsystems Rente beigetragen haben. Wir brauchen einen Paradigmenwechsel in unserer Gesellschaft – einen flexiblen Renteneintritt und die Möglichkeit länger zu arbeiten; denn unser Land braucht junge Menschen, die sich etwas zutrauen, aber eben auch die Älteren, die neben gutem Fachwissen auch über ei- nen großen Erfahrungsschatz verfügen. Daher begrüße ich es ausdrücklich, dass eine Arbeitsgruppe „Flexible Übergänge in den Ruhestand“ sich bis zum Herbst mit diesen Fragen befassen und zu verbindlichen Lösungen kommen wird. Kai Whittaker (CDU/CSU): In den vergangenen Wochen und Monaten wurde kontrovers über das Ren- tenpaket diskutiert. Von den vier Bestandteilen des Ren- tenpakets – Mütterrente, Reha-Budget, Erwerbsminde- rungsrente und Rente mit 63 – wurde die Rente mit 63 am heftigsten kritisiert. Ich halte die Signalwirkung der Rente mit 63 für grundlegend falsch. In einer immer äl- ter werdenden Gesellschaft müssen wir Möglichkeiten schaffen, dass Menschen flexibler vom Beruf in die Rente wechseln können. Mit der Flexirente setzen wir als CDU/CSU-Fraktion die richtigen Akzente für die Zukunft. Die Flexirente läutet einen systemischen Wan- del ein, der aufgrund der demografischen Entwicklung dringend erforderlich ist. Wir dürfen die Reformen – zum Beispiel Rente mit 67 – der vergangenen Jahre nicht zurückdrehen, sondern müssen uns den Herausfor- derungen der Zeit stellen. Die Kompromisse bei der Rente mit 63 zeigen, dass wir diese Herausforderungen am besten verstanden haben. Mit einem „rollierenden Stichtag“ wird verhindert, dass sich der Fachkräfte- mangel in Zukunft noch verschärft. Wir müssen das Wis- sen der älteren Menschen nutzen, anstatt es fahrlässig zu verschwenden. Neben diesen Kompromissen sind für meine Zustimmung die anderen drei Komponenten des Rentenpakets entscheidend. Die Mütterrente schließt eine Gerechtigkeitslücke für jene Mütter, die ihre Kinder vor 1992 geboren haben. Das Reha-Budget und die Er- werbsminderungsrente sind wichtige und notwendige Schritte, um auf den steigenden Bedarf in diesen Berei- chen zu reagieren. Aus den oben genannten Gründen kann ich dem Ren- tenpaket zustimmen. Die Rente mit 63 ist eine Moment- aufnahme, die es in dieser Form nicht mehr geben wird. Wir müssen Strukturreformen einleiten, damit wir in ei- ner alternden Gesellschaft wettbewerbsfähig bleiben. Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Maik Beermann, Philipp Mißfelder, Florian Oßner, Jana Schimke, Jens Spahn, Nina Warken und Emmi Zeulner (alle CDU/CSU) zur namentlichen Abstimmung über den von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurf eines Gesetzes über Leistungs- verbesserungen in der gesetzlichen Rentenver- sicherung (RV-Leistungsverbesserungsgesetz) (Tagesordnungspunkt 19 a) Zusammen mit vielen anderen Abgeordneten der CDU/CSU-Bundestagsfraktion haben wir in den letzten Wochen immer gefordert, dass es beim Rentenpaket mindestens noch zwei entscheidende Veränderungen ge- ben muss: Erstens muss eine Frühverrentungswelle, bei der über den zweijährigen Bezug von Arbeitslosengeld die Menschen schon mit 61 Jahren in Quasi-Rente gehen könnten, sicher ausgeschlossen werden und zweitens braucht es einen konkreten Einstieg in die Flexirente, ei- nen flexibleren Renteneintritt. Denn mit der Flexirente senden wir das entscheidende Signal, dass wir verstan- den haben, worauf es in einer älter werdenden Gesell- schaft ankommt. Beide Punkte sind Teil des zur Abstim- mung stehenden Rentenpaketes. Zudem wird verbindlich eine Arbeitsgruppe zur weiteren Ausgestal- tung des Flexirenten-Modells eingesetzt. Durch die ge- troffenen Vereinbarungen wird die Entwicklung zur Rente mit 67 zwar verzögert, aber nicht gestoppt. Die Rente mit 63 wird schrittweise wieder zur Rente mit 65. Mit diesem Kompromiss, der Teile unserer Forderun- gen beinhaltet, werden wir dem vorliegenden Renten- paket zustimmen. Das machen wir in dem Bewusstsein und der Verantwortung, dass in einer Großen Koalition Kompromisse gemacht werden müssen und nur ein ver- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 37. Sitzung. Berlin, Freitag, den 23. Mai 2014 3253 (A) (C) (D)(B) lässliches Miteinander zur erfolgreichen Umsetzung der im Koalitionsvertrag getroffenen Vereinbarungen führt. Dennoch ist uns heute wichtig, mit dieser persönli- chen Erklärung im parlamentarischen Verfahren festzu- halten, dass wir große grundsätzliche Bedenken bezüg- lich der Signalwirkung und der Kosten des Rentenpakets haben. Das vorliegende Rentenpaket bedeutet für kom- mende Generationen eine hohe finanzielle Belastung. Zudem ist und bleibt gerade die Rente mit 63 in einer immer älter werdenden Gesellschaft ein falsches Signal. Sie ist eine Rolle rückwärts, weg von den Reformen, welche die CDU/CSU gemeinsam mit den Sozialdemo- kraten vor einigen Jahren mit der Agenda 2010 und der Rente mit 67 gegen große Widerstände durchgesetzt hat. Seitdem hat unseres Erachtens ein wichtiger Lernprozess in unserem Land stattgefunden. Arbeitgeber und Arbeit- nehmer haben das Prinzip einer längeren Lebensarbeits- zeit zunehmend verinnerlicht. Die wirtschaftlichen Er- folge dieser Reformen sind nicht von der Hand zu weisen. Insbesondere die Unternehmen, die auf die Gefahr ei- nes noch stärker werdenden Fachkräftemangels durch frühere Verrentungen hinweisen, aber auch diejenigen, die vor einer übermäßigen Belastung kommender Gene- rationen warnen, haben gewichtige Argumente auf ihrer Seite. Die Zustimmung zu dem Rentenpaket ist nur mög- lich, weil es Deutschland im Moment wirtschaftlich so gut geht wie seit über 20 Jahren nicht mehr. Damit ist dann aber die heutige Verabschiedung dieses Gesetzes gleichzeitig Verpflichtung, Strukturreformen einzuleiten, die Deutschland wettbewerbsfähiger machen und damit nachhaltiges Wachstum ermöglichen. Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Steffen Bilger, Steffen Kanitz, Jana Schimke, Jens Spahn und Dr. Wolfgang Stefinger (alle CDU/CSU) zur namentlichen Abstimmung über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes über Leistungsverbesserungen in der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Leistungs- verbesserungsgesetz) (Tagesordnungspunkt 19 a) Zusammen mit vielen anderen Abgeordneten der CDU/CSU-Bundestagsfraktion haben wir in den letzten Wochen immer gefordert, dass es beim Rentenpaket mindestens noch zwei entscheidende Veränderungen ge- ben müsse: Erstens müsse eine Frühverrentungswelle, bei der über den zweijährigen Bezug von Arbeitslosen- geld die Menschen schon mit 61 Jahren in Quasi-Rente gehen könnten, sicher ausgeschlossen werden, und zwei- tens bräuchte es einen konkreten Einstieg in die Flexi- rente, einem flexibleren Renteneintritt. Denn mit der Flexirente senden wir das entscheidende Signal, dass wir verstanden haben, worauf es in einer älter werdenden Gesellschaft ankommt. Beide Punkte sind Teil des zur Abstimmung stehenden Rentenpaketes. Zudem wird verbindlich eine Arbeitsgruppe zur weiteren Ausgestal- tung des Flexirenten-Modells eingesetzt. Durch die ge- troffenen Vereinbarungen wird die Entwicklung zur Rente mit 67 zwar verzögert, aber nicht gestoppt. Die Rente mit 63 wird schrittweise wieder zur Rente mit 65. Mit diesem Kompromiss, der Teile unserer Forderun- gen beinhaltet, werden wir dem vorliegenden Renten- paket zustimmen. Das machen wir in dem Bewusstsein und der Verantwortung, dass in einer Großen Koalition Kompromisse gemacht werden müssen und nur ein ver- lässliches Miteinander zur erfolgreichen Umsetzung der im Koalitionsvertrag getroffenen Vereinbarungen führt. Dennoch ist uns heute wichtig, mit dieser persönlichen Erklärung im parlamentarischen Verfahren festzuhalten, dass wir große grundsätzliche Bedenken bezüglich der Si- gnalwirkung und der Kosten des Rentenpaketes haben. Das vorliegende Rentenpaket bedeutet für kommende Generationen eine hohe finanzielle Belastung. Zudem ist und bleibt gerade die Rente mit 63 in einer immer älter werdenden Gesellschaft ein falsches Signal. Sie ist eine Rolle rückwärts, weg von den Reformen, welche die CDU/CSU gemeinsam mit den Sozialdemokraten vor ei- nigen Jahren mit der Agenda 2010 und der Rente mit 67 gegen große Widerstände durchgesetzt hat. Seitdem hat unseres Erachtens ein wichtiger Lernprozess in unserem Land stattgefunden. Arbeitgeber und Arbeitnehmer ha- ben das Prinzip einer längeren Lebensarbeitszeit zuneh- mend verinnerlicht. Die wirtschaftlichen Erfolge dieser Reformen sind nicht von der Hand zu weisen. Insbesondere die Unternehmen, die auf die Gefahr ei- nes noch stärker werdenden Fachkräftemangels durch frühere Verrentungen hinweisen, aber auch diejenigen, die vor einer übermäßigen Belastung kommender Gene- rationen warnen, haben gewichtige Argumente auf ihrer Seite. Die Zustimmung zu dem Rentenpaket ist nur mög- lich, weil es Deutschland im Moment wirtschaftlich so gut geht wie seit über 20 Jahren nicht mehr. Damit ist dann aber die heutige Verabschiedung dieses Gesetzes gleichzeitig Verpflichtung, Strukturreformen einzuleiten, die Deutschland wettbewerbsfähiger machen und damit nachhaltiges Wachstum ermöglichen. Anlage 6 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Mark Hauptmann, Dr. Heribert Hirte, Carsten Körber, Marian Wendt und Klaus-Peter Willsch (alle CDU/ CSU) zur namentlichen Abstimmung über den von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurf eines Gesetzes über Leistungsverbesse- rungen in der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Leistungsverbesserungsgesetz) (Tagesord- nungspunkt 19 a) Wir haben dem Gesetz über Leistungsverbesserungen in der gesetzlichen Rentenversicherung aus folgenden Gründen nicht zugestimmt: Das RV-Leistungsverbesserungsgesetz enthält eine große finanzielle Belastung für die heutigen und zukünf- tigen Generationen. Bereits zum 1. Januar 2014 mussten die Beitragszahler auf eine Senkung des Rentenbeitrages 3254 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 37. Sitzung. Berlin, Freitag, den 23. Mai 2014 (A) (C) (D)(B) verzichten. Bis zum Jahr 2030 belaufen sich die Kosten des Gesetzes auf mindestens 160 Milliarden Euro. An- dere Schätzungen gehen von mindestens 230 Milliarden aus. Diese finanziellen Aufwendungen wurden zum gro- ßen Teil noch nicht erwirtschaftet, sondern müssen von den Steuerzahlern, Rentenbeitragszahlern und Rentnern in den kommenden Jahrzehnten aufgebracht werden. Die Rücklagen aus der Rentenversicherung werden bis 2017 verbraucht sein. Die Hauptlast für die Leistungen aus dem Gesetz tragen die heutigen und zukünftigen Renten- beitragszahler. Wirtschaftsexperten sehen das RV-Leis- tungsverbesserungsgesetz dabei als eine spürbare Um- verteilung von Jung zu Alt an. Dies widerspricht dem Gedanken der Generationengerechtigkeit. Die Spiel- räume für jüngere Generationen, eigenverantwortlich privat für das Alter vorzusorgen, werden durch die mit dem Gesetz verbundenen, höheren Rentenbeiträge ein- geschränkt. Die im Gesetz enthaltene Rente mit 63 birgt die Ge- fahr einer Frühverrentungswelle. Diese kann auch nicht dadurch wirksam begrenzt werden, indem die letzten zwei Jahre des Arbeitslosengeldbezugs vor der ab- schlagsfreien Rente nicht mehr mitgezählt werden. Wir- kungsvolle Verbesserungen wie eine Stichtagsregelung oder Begrenzung der Anrechnungszeiten von Arbeitslo- sigkeit werden im Gesetz nicht berücksichtigt. Ange- sichts des demografischen Wandels, des sich verschär- fenden Fachkräftemangels und der Notwendigkeit für längere Lebensarbeitszeiten setzt das RV-Leistungsver- besserungsgesetz die falschen Anreize, die den Wohl- stand in unserem Land zukünftig gefährden können. Schließlich sendet das Gesetz ein falsches Signal an unsere europäischen Partner. Länder wie Spanien, Ita- lien, Griechenland und Portugal unternehmen Anstren- gungen, um ihre Haushalte zu sanieren und Strukturrefor- men auf den Weg zu bringen. Deutschland muss in dieser Situation als wirtschaftliches Zugpferd in der Europäischen Union weiter mit gutem Beispiel vorange- hen und zeigen, dass Reformen eine wichtige Grundlage für gesellschaftlichen Wohlstand sind. Das RV-Leistungs- verbesserungsgesetz widerspricht diesem Weg. Ebenso läuft die im Gesetz enthaltene Rente mit 63 dem Euro- Plus-Pakt entgegen, für den sich Deutschland zur Be- kämpfung der europäischen Schuldenkrise mit Nach- druck eingesetzt hat. Anlage 7 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Katrin Albsteiger, Dr. Stefan Heck und Johannes Steiniger (alle CDU/CSU) zur namentlichen Abstimmung über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes über Leistungsverbesserungen in der gesetzlichen Rentenversicherung (RV- Leistungsverbesserungsgesetz) (Tagesordnungs- punkt 19 a) Nach sorgfältiger Abwägung und reiflicher Überle- gung haben wir uns entschlossen, dem Rentenpaket nicht zuzustimmen. Insbesondere die Regelungen zur Rente mit 63 lehnen wir ab. Sie widerspricht der Genera- tionengerechtigkeit, weil die Lasten unfair verteilt wer- den. Die Unterzeichner dieser Erklärung sind die ehema- lige Landesvorsitzende und die aktuellen Landesvorsit- zenden der Jugendorganisationen ihrer Partei in Bayern, Hessen und Rheinland-Pfalz. Das Mandat im Deutschen Bundestag verpflichtet uns als junge Abgeordnete, die Interessen der jüngeren Generation in besonderer Weise im Blick zu behalten. Trotz der erzielten Verbesserungen im Gesetzgebungsverfahren überwiegen jedoch unsere persönlichen Bedenken in Bezug auf die Rente mit 63. Gleichwohl erkennen wir an, dass Teilmaßnahmen des Rentenpakets Gerechtigkeitslücken schließen. Auch die in den Nachverhandlungen eingebrachte Flexirente begrüßen wir. Sie weist aus unserer Sicht den richtigen Weg in einen zukunftsfesten Übergang vom Arbeitsle- ben in den Ruhestand. Umso wichtiger ist es, dass die konsequente Weiterentwicklung und Umsetzung dieser Reform kein Lippenbekenntnis bleibt. Nach Prognosen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales belaufen sich die Kosten des Rentenpakets bis 2030 auf 160 Milliarden Euro zulasten des Renten- systems. Bereits jetzt wissen wir, dass die Rücklagen in wenigen Jahren aufgebraucht sein werden. Damit ist eine erhebliche Mehrbelastung für künftige Beitragszah- ler verbunden. Durch das RV-Leistungsverbesserungsgesetz ergibt sich eine zusätzliche einseitige Belastung, die zur not- wendig gewordenen privaten Altersvorsorge hinzu- kommt. Wir verlassen den eingeschlagenen Weg, die so- zialen Sicherungssysteme demografiefest zu gestalten. Die unvermeidbare Einführung der Rente mit 67 war ein politischer Kraftakt. Unser Land ist auf die Lebenserfah- rung, Kompetenz und Arbeitsleistung Älterer angewie- sen. Die Signalwirkung der Rente mit 63 stellt demge- genüber das bislang Erreichte wieder infrage. In Europa steht Deutschland sehr gut da und nimmt wirtschafts-, sozial- und finanzpolitisch eine Vorreiterrolle ein. Dies ist unbestritten ein Erfolg der zukunftsorientier- ten Politik der vergangenen Jahre. Richtigerweise ver- pflichten sich die Mitgliedstaaten der Europäischen Union im Euro-Plus-Pakt zu tiefgreifenden Reformen in den Rentensystemen. Mit dem jetzigen Rentenpaket sendet Deutschland ein grundlegend falsches Signal nach außen. Die Anpassung des Rentensystems an die demografische Entwicklung wird durch das RV-Leistungsverbesserungs- gesetz verpasst und in die Zukunft verschoben. Anlage 8 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Beate Müller-Gemmeke und Monika Lazar (beide BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN) zur namentlichen Abstimmung über den von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurf eines Gesetzes über Leistungsverbesserun- gen in der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Leistungsverbesserungsgesetz) (Tagesord- nungspunkt 19 a) Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 37. Sitzung. Berlin, Freitag, den 23. Mai 2014 3255 (A) (C) (D)(B) Eine Reform muss sicherstellen, dass bei der Rente die Verschiedenheit der Lebens- und Erwerbsbiografien und ebenso die unterschiedlichen Belastungen in der Ar- beitswelt besser als bisher berücksichtigt werden. Denn es macht einen Unterschied, ob jemand lange Zeit am Bau, in der Altenpflege oder Universitätslehre tätig war und ob jemand mit 15 Jahren oder erst mit 28 Jahren in das Berufsleben eingestiegen ist. Vor dem Hintergrund der Rente mit 67 sind deshalb flexible Übergänge in die Rente notwendig. Die Rente ab 63 nach 45 Beitragsjah- ren geht insofern in die richtige Richtung und ebenso die Verbesserungen bei der Erwerbsminderungsrente und beim Reha-Budget. Bei der Ausgestaltung aber haben wir Kritikpunkte. Nicht zustimmungsfähig ist für uns aber insbesondere die Finanzierung der Mütterrente, denn angesichts der demografischen Herausforderung haben für uns die Stabilisierung des Rentensystems und ein angemessen hohes Rentenniveau oberste Priorität. Die Richtung des Gesetzes mit der Rente ab 63 stimmt – die Ausgestaltung und die Finanzierung der Mütterrente aber kritisieren wir. Deshalb können wir we- der ablehnen noch zustimmen. In der Konsequenz wer- den wir uns enthalten. Die Kosten für die verbesserte Anrechnung von Kin- dererziehungszeiten in Höhe von rund 6,7 Milliarden Euro jährlich wird die Große Koalition nahezu komplett aus Beitragsmitteln der gesetzlichen Rentenversicherung finanzieren. Das können wir nur als unverantwortlich und falsch bezeichnen. Denn wenn Leistungen keine Beitragseinnahmen gegenüberstehen, lassen sich die dauerhaft höheren Ausgaben nur vorübergehend mit den Rücklagen der Rentenversicherung decken. Die aufge- bauten Reserven sind in kürzester Zeit verbraucht. In der Folge steigen die Beiträge stark, und gleichzeitig sinkt das Rentenniveau insbesondere zulasten von Familien mit niedrigem Einkommen. Für uns ist es eine zentrale Frage der Generationengerechtigkeit, dass auch die heu- tigen Versicherten eine realistische Aussicht auf ein an- gemessenes Rentenniveau haben und vor Altersarmut geschützt werden. Zudem zahlen alle Versicherten der gesetzlichen Rentenversicherung über höhere Renten- beiträge und geringere Renten für die verbesserten Leis- tungen. Die in berufsständischen Versorgungswerken versicherten Ärztinnen und Ärzte oder Abgeordnete müssen sich indes nicht an der Finanzierung beteiligen. Wenn sie Kinder erziehen, erhalten sie aber ebenfalls diese Leistungen der Rentenversicherung. Das ist nicht gerecht. Deshalb müssen Leistungen des Familienaus- gleichs als gesamtgesellschaftliche Aufgabe unabding- bar solidarisch durch Steuermittel finanziert werden. Das Erreichen einer abschlagsfreien Rente kann nicht unterschiedslos für alle ausgestaltet werden. Deshalb stehen wir uneingeschränkt zur Rente ab 63 Jahren. Wer 45 Jahre das Rentensystem gestützt hat, soll verdienter- maßen ohne Abschläge in den Ruhestand gehen können. Die Rente ab 63 Jahren der Großen Koalition ist aber eine Mogelpackung. Sie gilt nur für bestimmte Jahr- gänge und steigt schon nach zwei Jahre kontinuierlich wieder auf 65 Jahre. Ungerecht ist auch, dass nicht alle Zeiten von Arbeitslosigkeit gleichermaßen angerechnet werden. Vor allem die vom Wirtschaftsflügel der CDU verhandelte sogenannte rollierende Stichtagsregelung, dass die letzten beiden Jahre der Arbeitslosigkeit nicht auf die 45 Beitragsjahre angerechnet werden, schafft neue Ungerechtigkeiten. Damit werden Personen, die 61 Jahre alt sind und unfreiwillig arbeitslos werden, be- nachteiligt. Das widerspricht nicht nur der Intention des Gesetzes, der rollierende Stichtag birgt zudem verfas- sungsrechtliche Risiken. Für Personen, die in besonderem Maße unter den He- rausforderungen eines höheren Renteneintrittsalters lei- den, greift die Rente ab 63 Jahren vor allem zu kurz. An- gestellte in der Holz- und Kunststoffverarbeitung müssen im Durchschnitt bereits mit 59 Jahren aus dem Erwerbsleben scheiden – oft unfreiwillig –, Maurer be- reits mit 61 Jahren. Notwendig sind flexiblere Übergänge in die Rente, denn die Arbeitsbelastung ist individuell und auch entlang der verschiedenen Branchen und Berufs- gruppen sehr unterschiedlich. Deshalb muss eine solidari- sche Rentenversicherung die individuelle Leistungsfähig- keit und gesundheitliche Belastbarkeit berücksichtigen und flexible Übergangslösungen in den Ruhestand er- möglichen – beispielsweise eine vorgezogene Teilrente ab 60 Jahren. Hier fehlt der Großen Koalition aber der politische Gestaltungswille. Notwendig wären insbeson- dere weitgehende Verbesserungen bei der Erwerbsmin- derungsrente. Hier verlängert die Große Koalition zwar die Zurechnungszeiten um zwei Jahre. Das reicht aber nicht aus. Gerecht wäre generell eine Erwerbsminde- rungsrente ohne Abschläge; denn wer arbeitsbedingt krank wird und nicht mehr arbeiten kann, hat dennoch ein würdevolles Leben verdient. Wir kritisieren an vielen Stellen das Gesetz im Detail, dennoch ist es ein erster Schritt, die unterschiedlichen Le- bens- und Erwerbsbiografien bei der Rente besser zu be- rücksichtigen. Eine Zustimmung ist aber für uns nicht mög- lich aufgrund der äußerst problematischen Finanzierung. Denn damit gibt es nur begrenzt Gestaltungsspielraum für weitere notwendige Maßnahmen gegen Altersarmut – bei- spielsweise für die Einführung einer Garantierente. Die größte Herausforderung sehen wir insbesondere in der Sta- bilisierung des Rentensystems, damit das Vertrauen in die Rente über die Generationen hinweg bestehen bleibt. Not- wendig wäre eine Demografiereserve, um ein angemesse- nes Rentenniveau zu garantieren, denn alle Menschen ha- ben das Recht auf ein Leben in Würde im Alter. Anlage 9 Amtliche Mitteilungen Die folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass sie gemäß § 80 Absatz 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absehen: Haushaltsausschuss – Unterrichtung durch die Delegation des Deutschen Bundes- tages in der Konferenz gemäß Artikel 13 des Vertrags über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion (Fiskalvertrag) Tagung der Konferenz gemäß Artikel 13 des Fiskalver- trags am 16. und 17. Oktober 2013 in Wilna, Litauen Drucksachen 18/679, 18/817 Nr. 5 3256 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 37. Sitzung. Berlin, Freitag, den 23. Mai 2014 (A) (C) (B) Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union – Unterrichtung durch das Bundesministerium der Finanzen gemäß § 9 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bundesregierung und Deutschem Bundestag in Angelegen- heiten der Europäischen Union Beitritt Lettlands zum Euroraum Drucksachen 17/13831, 18/641 Nr. 14 Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden Unionsdokumente zur Kenntnis genommen oder von ei- ner Beratung abgesehen hat. Innenausschuss Drucksache 18/419 Nr. A.31 Ratsdokument 15493/13 Drucksache 18/419 Nr. A.32 Ratsdokument 15494/13 Drucksache 18/419 Nr. A.33 Ratsdokument 16378/13 Drucksache 18/544 Nr. A.10 Ratsdokument 5522/14 Drucksache 18/544 Nr. A.20 Ratsdokument 17622/13 Drucksache 18/544 Nr. A.21 Ratsdokument 17625/13 Drucksache 18/897 Nr. A.2 Ratsdokument 6988/14 Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Drucksache 18/419 Nr. A.180 EP P7_TA-PROV(2013)0323 Drucksache 18/419 Nr. A.181 Ratsdokument 10713/13 Drucksache 18/419 Nr. A.185 Ratsdokument 12989/13 Drucksache 18/544 Nr. A.53 Ratsdokument 5020/14 Drucksache 18/642 Nr. A.13 Ratsdokument 5633/14 Drucksache 18/822 Nr. C.7 Ratsdokument 9590/13 Drucksache 18/822 Nr. C.8 Ratsdokument 9592/13 (D) 37. Sitzung Inhaltsverzeichnis TOP 19 Leistungsverbesserungen in der Rentenversicherung TOP 20 Ausgleich für stromkostenintensive Unternehmen TOP 21 Volksinitiative, Volksbegehren und Volksentscheid TOP 22 Frühkindliche Bildung Anlagen
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Michael Frieser


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)


    Abgesehen von der Tatsache, dass das ein bisschen

    von der Diskussion ablenkt, will ich mich gerne auf die
    Frage einlassen. Ich widerspreche selbstverständlich
    dem Begriff „Kauder-Doktrin“. Eine solche Doktrin gibt
    es in keiner Weise. In dieser Frage gibt es in der CDU/
    CSU-Fraktion noch nicht einmal einen Fraktionszwang.

    Sie müssen es uns schon selbst überlassen, mit wem
    wir als Demokraten entweder erklärtermaßen kraft Ver-
    trägen oder aber manchmal aus Sympathie gemeinsame
    Anträge einbringen. Wenn die CDU/CSU-Fraktion zu ei-
    nem Ergebnis kommt und das, was sie in einen Antrag
    aufnimmt, für richtig hält, bin ich der Auffassung, dass
    es dafür nicht unbedingt des Briefkopfes der Linken be-
    darf. Es gibt in diesem Hause aber sehr wohl auch Grup-
    penanträge, in denen Abgeordnete unabhängig von ihrer
    Fraktionszugehörigkeit übereinstimmen.

    Frau Kollegin, ich muss trotzdem sagen: Damit täu-
    schen Sie über den Grundgedanken und das Problem,
    über das wir diskutieren, nicht hinweg. Im Ergebnis
    bleibt es dabei. Sie können die deutsche Politik nicht
    nach Buffetart organisieren, indem Sie sagen: Das passt
    mir gerade in mein Konzept der marktschreierischen
    Politik. – Sie tun damit nicht nur der Politik und den
    Menschen keinen Gefallen, sondern Sie vergehen sich
    ein Stück weit auch – ausgerechnet am heutigen Ge-
    denktag – am Grundgesetz. Das wollen wir nicht. Des-
    halb bleibt es bei unserer ablehnenden Haltung gegen-
    über Ihrem Gesetzentwurf. Ich glaube, das ist ganz gut
    so.


    (Beifall bei der CDU/CSU – Halina Wawzyniak [DIE LINKE]: Wir sehen uns nächste Sitzungswoche!)







    (A) (C)



    (D)(B)



Rede von Claudia Roth
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke, Herr Kollege Frieser. Ich wünsche Ihnen eine

schöne Fußballsaison. Das ist Ausdruck meines Mit-
leids.


(Stephan Mayer [Altötting] [CDU/CSU]: FC Augsburg!)


– Ja, wir sind auf Platz acht.


(Michael Frieser [CDU/CSU]: Wir bereuen nicht nur die Liebe nicht, sondern auch das Mitleid nicht!)


Der letzte Redner in dieser Debatte ist Matthias
Schmidt für die SPD.


(Beifall bei der SPD)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Matthias Schmidt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


    Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

    Herren auf den Zuschauertribünen! Liebe Kolleginnen
    und Kollegen! Wir diskutieren heute in erster Beratung
    den Gesetzentwurf der Linken, der einen sehr langen
    und sperrigen Titel trägt. Die Präsidentin hat ihn am An-
    fang komplett vorgelesen. Damit der Titel des Gesetz-
    entwurfs auf die Anzeigetafel passt, musste er etwas ver-
    kürzt werden. Nun ist dort nur noch zu lesen:
    Volksinitiative, Volksbegehren und Volksentscheid. Das
    trifft auch den Kern Ihres Gesetzentwurfs, beschreibt ihn
    aber nicht umfassend; denn er enthält weitere Aspekte,
    über die wir sehr intensiv reden sollten.

    Etwas verkürzt und flapsig ausgedrückt, wollen die
    Linken mit ihrem Gesetzentwurf etwas mehr Demokra-
    tie wagen.


    (Halina Wawzyniak [DIE LINKE]: Richtig!)


    Das findet natürlich – die Parallele zum Zitat von Willy
    Brandt ist unverkennbar – die Sympathie der Sozialde-
    mokratie.


    (Halina Wawzyniak [DIE LINKE]: Sehr gut!)


    Auch wir sind für Volksinitiativen, Volksbegehren und
    Volksentscheide. So haben wir es auch in unserem Wahl-
    programm zur Bundestagswahl 2013 festgeschrieben.
    Hier im Plenum haben wir an zahlreichen Stellen und in
    verschiedenen Legislaturperioden Anträge in diese Rich-
    tung gestellt. In unserem schwarz-roten Regierungspro-
    gramm findet sich dazu allenfalls eine Andeutung. Das
    liegt daran – das weiß jeder –, dass die Union dem
    Thema gegenüber eher kritisch eingestellt ist. Die Kolle-
    gen von der Union haben das eben argumentativ ausge-
    führt. Unter demokratischen Aspekten muss ich sagen:
    Man kann auch diesen Argumenten folgen und zu dieser
    Erkenntnis kommen, obwohl auf der linken Seite des
    Hauses in der Mehrheit eine andere Auffassung herrscht.

    Frau Kollegin Wawzyniak, wenn man ein Gesetz än-
    dern will – Sie wollen sogar das Grundgesetz ändern –,
    dann muss es einen Zustand geben, dem man unbedingt
    abhelfen will. Sie haben sich aber gar nicht die Mühe ge-
    macht, einen Zustand zu beschreiben, dem Sie abhelfen
    wollen. Vielmehr haben Sie in Ihrer Argumentation
    gleich Bezug darauf genommen, was der Kollege Brand,
    den ich im Übrigen sehr schätze, in den Jahren 2003 und
    2008 gesagt hat, und haben versucht, das zu entkräften.
    Anschließend haben Sie uns und den Grünen ein Diskus-
    sionsangebot unterbreitet, nicht aber der Union. Sie wis-
    sen sicherlich, dass es zur Änderung des Grundgesetzes
    einer Zweidrittelmehrheit bedarf und dass die Union
    über mehr als ein Drittel der Stimmen verfügt.


    (Halina Wawzyniak [DIE LINKE]: Ich dachte, Sie überzeugen die Union und bringen die dann mit!)


    Das alles passt nicht richtig zusammen.

    Ihr Gesetzentwurf bietet uns allerdings eine gute Ge-
    legenheit, den Zustand unserer Demokratie zu beleuch-
    ten. Das haben wir schon heute früh in der Feierstunde
    getan. Dem Grundgesetz und damit der parlamentari-
    schen Demokratie wurde ein gutes Zeugnis ausgestellt.
    Die kurzfristigen Debatten sind natürlich immer sehr
    kontrovers und werden in der Regel so geführt, dass die
    Opposition alles schlecht findet, was die Regierung vor-
    trägt, während die die Regierung tragenden Fraktionen
    das, was die Regierung macht, ganz gut finden und das
    voranbringen. Das gehört zum Austausch in einer parla-
    mentarischen Demokratie selbstverständlich dazu.

    Um den Zustand der parlamentarischen Demokratie
    einschätzen zu können, ist es allerdings hilfreich, eher
    auf die langen Linien zu schauen. Da schneidet die par-
    lamentarische Demokratie sehr gut ab. Die Politik der
    Westintegration Adenauers stellt heute niemand mehr in-
    frage. Auch Willy Brandts Ostpolitik, die damals heiß
    umkämpft war, wird heute von keiner Seite mehr infrage
    gestellt. Beides zusammen führte zur deutschen Einheit.

    Im Rückblick kann man immer sagen: Die Kompro-
    misse, die wir hier im Bundestag nach langen Diskussio-
    nen finden, können sich sehen lassen. Im Großen und
    Ganzen wird von der Bevölkerung langfristig akzeptiert,
    was wir hier machen. Es gibt eine Ausnahme. Einmal hat
    der Bundestag mit seiner Entscheidung danebengelegen.
    Das war aus meiner Sicht der Boykott der Olympischen
    Spiele in Moskau 1980. Damals hat der Bundestag eine
    falsche Entscheidung getroffen. Auch im Rückblick hat
    sich diese Entscheidung nicht als richtig erwiesen.

    Wenn Sie meinen Ausführungen folgen, könnten Sie
    den Eindruck haben, ich stünde der Einführung direkter
    demokratischer Elemente sehr kritisch gegenüber. Dem
    ist aber nicht so. Ich stelle nur Fragen und versuche, mir
    ein Bild zu machen. Im Ergebnis komme ich zu der Er-
    kenntnis, dass die direkte Demokratie eine sehr gute Er-
    gänzung unserer parlamentarischen Demokratie sein
    könnte.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


    Sie zwingt uns Parlamentarier dazu, zu kommunizieren
    und zu argumentieren. Das machen wir augenscheinlich
    nicht an jeder Stelle genug. Die Initiative „Mehr Demo-
    kratie“ hat dafür gute Beispiele geliefert und gute Argu-
    mente aufgeschrieben. In Berlin gibt es – Herr Mutlu hat
    vorhin schon darauf hingewiesen – aktuell einen Volks-
    entscheid. Es geht um das Tempelhofer Feld. Es wird in





    Matthias Schmidt (Berlin)



    (A) (C)



    (D)(B)

    der Stadt momentan sehr heiß argumentiert. Ich bin si-
    cher, dass sich am Ende die guten Argumente für eine
    behutsame Randbebauung des Tempelhofer Feldes
    durchsetzen werden und dafür eine Mehrheit gefunden
    wird.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Halina Wawzyniak [DIE LINKE]: Das sehe ich anders!)