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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 18/34 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 34. Sitzung Berlin, Freitag, den 9. Mai 2014 I n h a l t : Tagesordnungspunkt 18: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Weiterentwicklung der Finanzstruktur und der Qualität in der gesetzlichen Kranken- versicherung (GKV-Finanzstruktur- und Qualitäts-Weiterentwicklungsgesetz – GKV-FQWG) Drucksache 18/1307 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2867 B Hermann Gröhe, Bundesminister BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2867 D Harald Weinberg (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 2869 D Dr. Karl Lauterbach (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 2871 B Harald Weinberg (DIE LINKE) . . . . . . . . . 2872 C Maria Klein-Schmeink (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2873 A Jens Spahn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . 2874 B Kathrin Vogler (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 2876 C Sabine Dittmar (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2877 C Maria Klein-Schmeink (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2877 D Dr. Harald Terpe (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2879 B Dr. Karl Lauterbach (SPD) . . . . . . . . . . . . 2879 D Erich Irlstorfer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 2881 A Kathrin Vogler (DIE LINKE) . . . . . . . . . . 2881 D Helga Kühn-Mengel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 2883 A Dietrich Monstadt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 2884 B Hilde Mattheis (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2885 C Thomas Stritzl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 2886 D Tagesordnungspunkt 19: Vereinbarte Debatte: 10 Jahre „EU-Ost- erweiterung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2887 D Dr. Frank-Walter Steinmeier, Bundesminister AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2888 A Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) . . . . . . . . . 2889 D Dr. Christoph Bergner (CDU/CSU) . . . . . . . . 2891 B Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2893 A Maik Beermann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 2894 C Andrej Hunko (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 2896 A Dr. Dorothee Schlegel (SPD) . . . . . . . . . . . . . 2897 A Annalena Baerbock (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2898 A Matern von Marschall (CDU/CSU) . . . . . . . . 2899 B Dietmar Nietan (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2900 D Dr. Bernd Fabritius (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 2902 A Josip Juratovic (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2904 A Dr. Johann Wadephul (CDU/CSU) . . . . . . . . 2904 D Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) . . . . . . . . . 2906 A Dr. Johann Wadephul (CDU/CSU) . . . . . . . . 2906 C Tagesordnungspunkt 20: a) Antrag der Abgeordneten Katja Keul, Dr. Konstantin von Notz, Luise Amtsberg, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Europäi- schen Grundrechtsschutz gewährleisten – Nationale Vorratsdatenspeicherung ver- hindern Drucksache 18/1339 . . . . . . . . . . . . . . . . . 2907 A Inhaltsverzeichnis II Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 34. Sitzung. Berlin, Freitag, den 9. Mai 2014 b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Recht und Verbraucher- schutz – zu dem Antrag der Abgeordneten Jan Korte, Dr. Petra Sitte, Dr. André Hahn, weiterer Abgeordneter und der Frak- tion DIE LINKE: Endgültig auf Vor- ratsdatenspeicherung verzichten – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Konstantin von Notz, Katja Keul, Luise Amtsberg, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Vorratsdatenspei- cherung verhindern Drucksachen 18/302, 18/381, 18/999 . . . . 2907 A Katja Keul (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2907 B Dr. Volker Ullrich (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 2908 D Jan Korte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . 2909 C Christian Flisek (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2911 A Dieter Janecek (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2912 B Dr. Patrick Sensburg (CDU/CSU) . . . . . . . . . 2912 D Lars Klingbeil (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2914 B Marian Wendt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 2915 C Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2915 D Tagesordnungspunkt 21: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Geset- zes zur Änderung des Gesetzes zur Zahl- barmachung von Renten aus Beschäftigun- gen in einem Ghetto Drucksache 18/1308 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2917 A Gabriele Lösekrug-Möller, Parl. Staatssekretärin BMAS . . . . . . . . . . . 2917 B Ulla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . 2918 A Peter Weiß (Emmendingen) (CDU/CSU) . . . 2919 A Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2920 B Kerstin Griese (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2921 D Stephan Stracke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 2923 A Tagesordnungspunkt 22: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Ge- schäftsverkehr Drucksache 18/1309 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2924 B Christian Lange, Parl. Staatssekretär BMJV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2924 B Richard Pitterle (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 2925 C Dr. Stephan Harbarth (CDU/CSU) . . . . . . . . . 2926 B Katja Keul (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2927 C Dirk Wiese (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2928 C Dr. Silke Launert (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 2929 C Nächste Sitzung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2930 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten. . . . . . 2931 A Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede des Abgeordneten Christian Petry (SPD) zur Beratung des Ent- wurfs eines Gesetzes zur Anpassung steuer- licher Regelungen an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (33. Sitzung, Ta- gesordnungspunkt 17) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2931 D Anlage 3 Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2932 C Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 34. Sitzung. Berlin, Freitag, den 9. Mai 2014 2867 (A) (C) (D)(B) 34. Sitzung Berlin, Freitag, den 9. Mai 2014 Beginn: 9.00 Uhr
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    Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 34. Sitzung. Berlin, Freitag, den 9. Mai 2014 2931 (A) (C) (B) Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten (D) Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Alpers, Agnes DIE LINKE 09.05.2014 Bätzing-Lichtenthäler, Sabine SPD 09.05.2014 Binder, Karin DIE LINKE 09.05.2014 Dobrindt, Alexander CDU/CSU 09.05.2014 Dr. Gauweiler, Peter CDU/CSU 09.05.2014 Gohlke, Nicole DIE LINKE 09.05.2014 Göring-Eckardt, Katrin BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 09.05.2014 Groß, Michael SPD 09.05.2014 Heil (Peine), Hubertus SPD 09.05.2014 Held, Marcus SPD 09.05.2014 Dr. Hendricks, Barbara SPD 09.05.2014 Hirte, Christian CDU/CSU 09.05.2014 Hoffmann, Alexander CDU/CSU 09.05.2014 Dr. Hofreiter, Anton BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 09.05.2014 Junge, Frank SPD 09.05.2014 Kekeritz, Uwe BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 09.05.2014 Dr. Kofler, Bärbel SPD 09.05.2014 Lay, Caren DIE LINKE 09.05.2014 Lotze, Hiltrud SPD 09.05.2014 Meier, Reiner CDU/CSU 09.05.2014 Mindrup, Klaus SPD 09.05.2014 Nouripour, Omid BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 09.05.2014 Dr. Rosemann, Martin SPD 09.05.2014 Rützel, Bernd SPD 09.05.2014 Schavan, Annette CDU/CSU 09.05.2014 Schmidt (Fürth), Christian CDU/CSU 09.05.2014 Spinrath, Norbert SPD 09.05.2014 Strässer, Christoph SPD 09.05.2014 Strothmann, Lena CDU/CSU 09.05.2014 Trittin, Jürgen BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 09.05.2014 Ulrich, Alexander DIE LINKE 09.05.2014 Dr. Wagenknecht, Sahra DIE LINKE 09.05.2014 Wagner, Doris BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 09.05.2014 Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede des Abgeordneten Christian Petry (SPD) zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Anpassung steuerlicher Regelungen an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (33. Sitzung, Tagesordnungspunkt 17) Vor ziemlich genau einem Jahr hat das Bundesverfas- sungsgericht die Ungleichbehandlung von eingetragenen Lebenspartnerschaften und Ehen im Steuerrecht für ver- fassungswidrig erklärt. Das Gericht stellte klar, dass das sogenannte Ehegattensplitting in seiner damaligen Form gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz verstößt. Damit hat das Gericht nochmals unterstrichen, dass der besondere Schutz der Ehe, der in unserer Verfassung festgeschrieben ist, keine Ungleichbehandlung zwischen Ehe und eingetragener Lebenspartnerschaft rechtfertigt. Für mich steht fest: Diese Entscheidung ist richtig und war absolut überfällig. Die SPD setzt sich seit Jah- ren für eine vollständige Gleichstellung von Ehen und eigetragenen Lebenspartnerschaften ein. Es muss der Grundsatz gelten: Wer gleiche Pflichten übernimmt wie in der Ehe, wer sich verspricht, für den Partner einzuste- hen, der bekommt auch die gleichen Rechte. Alles an- dere ist mit meinem Rechtsverständnis nicht vereinbar. Bereits im letzten Jahr hat der Bundestag mit den Stimmen aller Fraktionen das Einkommensteuerrecht angepasst. Hier wurde die Diskriminierung von Schwu- len und Lesben beseitigt – ein wichtiger erster Schritt. Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Anlagen 2932 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 34. Sitzung. Berlin, Freitag, den 9. Mai 2014 (A) (C) (D)(B) Allerdings blieben viele damit zusammenhängende dis- kriminierende Formulierungen im Steuerrecht unange- tastet. Die SPD hat im Sommer 2013 dazu bereits einen umfassenden Vorschlag zur Beseitigung dieser Diskri- minierungen vorgelegt. Leider wurde unser Vorschlag damals noch von der schwarz-gelben Mehrheit im Par- lament blockiert. Heute haben wir eine neue Bundesre- gierung, die diese Ungleichbehandlungen endlich besei- tigt. Damit sind wir beim Kern der heutigen Debatte: Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf des Bundesfinanz- ministeriums werden noch bestehende Ungleichbehand- lungen der eingetragenen Lebenspartnerschaft etwa in den Bereichen des Bundeskindergeldgesetzes, des Ei- genheimzulagegesetzes, der Abgabenordnung und des Altersvorsorge-Zertifizierungsgesetzes abgeschafft. Die Bundesregierung hat es sich zur Aufgabe ge- macht, die vielen, kleinteiligen technischen Änderungen in einem Gesetz zu bündeln. Dieses liegt nun dem Deut- schen Bundestag vor und wird heute in den zuständigen Fachausschuss überwiesen. Ich bin mir sicher, dass un- sere Änderungsvorschläge auf breite Zustimmung sto- ßen werden. Die Abschaffung von Diskriminierung von eingetragenen Lebenspartnerschaften im Steuerrecht muss schließlich im Interesse aller im Deutschen Bun- destag vertretenen Fraktionen liegen. Kurzum: Im Steuerrecht hat die Bundesregierung da- mit ihre Hausaufgaben gemacht. Ich will an dieser Stelle aber auch auf andere, offen gebliebene Fragen bei der Gleichstellung der eingetrage- nen Lebenspartnerschaft eingehen: Die Unionsfraktion hat lange gesetzliche Änderungen für eingetragene Lebenspartnerschaften blockiert und musste erst vom Bundesverfassungsgericht zu einem Umdenken gezwungen werden. Auch heute sind sich SPD und Union etwa in der Frage nach einem vollen Adoptionsrecht für eingetragene Lebenspartnerschaften uneins. Das bedauere ich sehr. Ich blicke aber dennoch optimistisch in die Zukunft, wenn ich in unseren Koalitionsvertrag schaue, in dem wir verabredet haben, dass „bestehende Diskriminierun- gen von gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften in allen gesellschaftlichen Bereichen beendet werden“. Wir als SPD fordern bereits seit Jahren die vollstän- dige Gleichstellung der eingetragenen Lebenspartner- schaften. Ich nehme unseren Koalitionspartner daher beim Wort. Unser Justizminister Heiko Maas hat mit seinem Gesetzentwurf zur Sukzessivadoption hier die Marschrute vorgegeben. Ich bin mir sicher, dass wir in den kommenden Jahren weitere Schritte hin zur vollstän- digen Gleichstellung gehen werden. Regenbogenfamilien sind Teil unseres Alltags. Das gilt nicht nur für Großstädte wie Berlin oder Hamburg, sondern auch für die vielen ländlichen Gegenden in Deutschland. Überall dort leben Kinder glücklich in Re- genbogenfamilien zusammen und meistern ihren Alltag. Diese Vielfalt ist eine Bereicherung für unsere Gesell- schaft, die es auch mit unserem politischen Wirken zu unterstützen gilt. In den kommenden Beratungen im Finanzausschuss werden wir dieses Thema noch mal ausführlich diskutie- ren. Ich bin überzeugt, dass der vorliegende Gesetzent- wurf dabei im großen Konsens verabschiedet wird. Es ist wichtig, dass fraktionsübergreifend ein Signal hin zur Abschaffung von Diskriminierungen von eingetragenen Lebenspartnerschaften gesendet wird. Der Deutsche Bundestag übernimmt damit auch eine Vorbildfunktion: für eine offene, für eine tolerante und für eine bunte Ge- sellschaft, in der wir leben wollen. Anlage 3 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner 921. Sitzung am 11. April 2014 beschlossen, dem nachstehenden Gesetz zuzustim- men: Gesetz zu dem Abkommen vom 8. April 2013 zwi- schen der Bundesrepublik Deutschland und der Re- publik Östlich des Uruguay über Soziale Sicherheit Darüber hinaus hat der Bundesrat in seiner 921. Sit- zung am 11. April 2014 gemäß § 3 Absatz 1 Satz 2 Num- mer 1 bis 3, Satz 3 bis 5 des Standortauswahlgesetzes folgende Mitglieder der „Kommission Lagerung hoch radioaktiver Abfallstoffe“ gewählt: Vorsitz der Kommission im Wechsel je Sitzung: Ursula Heinen-Esser Michael Müller Vertreter der Wissenschaft: Dr. Detlef Appel (Geologe) Hartmut Gaßner (Jurist) Prof. Dr. Armin Grunwald (Physik und Biologie) Dr. Ulrich Kleemann (Geologe) Prof. Dr.-Ing. Wolfram Kudla (Bauingenieur; Boden- und Felsenmechanik) Michael Sailer (Chemiker) Hubert Steinkemper (Jurist) Prof. Dr. Bruno Thomauske (Physiker) Vertreter der gesellschaftlichen Gruppen: Edeltraud Glänzer (Deutscher Gewerkschaftsbund) Dr. Ralf Güldner (Bundesverband der Deutschen Industrie) Prof. Dr. Gerd Jäger (Bundesverband der Deutschen In- dustrie) Ralf Meister (Evangelische Kirche in Deutschland) Prof. Dr. Georg Milbradt (Kommissariat der Deutschen Bischöfe) Erhard Ott (Deutscher Gewerkschaftsbund) N.N. (Umweltverbände) N.N. (Umweltverbände) Mitglieder der Landesregierungen: Minister Franz Untersteller (Baden-Württemberg) Staatsminister Dr. Marcel Huber (Bayern) Minister Christian Pegel (Mecklenburg-Vorpommern) Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 34. Sitzung. Berlin, Freitag, den 9. Mai 2014 2933 (A) (C) (D)(B) Minister Stefan Wenzel (Niedersachsen) Minister Garrelt Duin (Nordrhein-Westfalen) Ministerpräsident Stanislaw Tillich (Sachsen) Ministerpräsident Dr. Reiner Haselhoff (Sachsen-Anhalt) Minister Dr. Robert Habeck (Schleswig-Holstein) Stellvertretende Mitglieder der Landesregierungen: Senator Michael Müller (Berlin) Ministerin Anita Tack (Brandenburg) Senator Dr. Joachim Lohse (Bremen) Staatsministerin Priska Hinz (Hessen) Senatorin Jutta Blankau-Rosenfeldt (Hamburg) Staatsministerin Eveline Lemke (Rheinland-Pfalz) Minister Reinhold Jost (Saarland) Minister Jürgen Reinholz (Thüringen) Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat mit- geteilt, dass sie den Antrag Erneute Überprüfung der Deutschen Energieagentur (dena) durch den Bundes- rechnungshof auf Drucksache 18/181 zurückzieht. Die folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass sie gemäß § 80 Absatz 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absehen: Auswärtiger Ausschuss – Unterrichtung durch die deutsche Delegation in der Parla- mentarischen Versammlung der NATO Frühjahrstagung der Parlamentarischen Versammlung der NATO vom 25. bis 28. Mai 2012 in Tallinn, Estland Drucksachen 18/231, 81/817 Nr. 1 – Unterrichtung durch die Delegation der Bundesrepublik Deutschland in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Tagung der Parlamentarischen Versammlung des Euro- parates vom 23. bis 27. April 2012 in Straßburg Drucksachen 18/625, 18/817 Nr. 3 Ausschuss für Wirtschaft und Energie – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung über ein Konzept zur För- derung, Entwicklung und Markteinführung von geo- thermischer Stromerzeugung und Wärmenutzung Drucksachen 16/13128, 18/770 Nr. 13 Bericht gem. § 56a GO-BT des Ausschusses für Bil- dung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Technikfolgenabschätzung (TA) Gesetzliche Regelungen für den Zugang zur Informa- tionsgesellschaft Drucksachen 17/11959, 18/641 Nr. 7 – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesnetzagentur nach § 112a Absatz 3 des Energiewirtschaftsgesetzes zu den Erfahrungen mit der Anreizregulierung Drucksachen 18/536, 18/817 Nr. 2 Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht über Verkehrsverlagerungen auf das nachge- ordnete Straßennetz infolge der Einführung der Lkw- Maut auf vier- und mehrstreifigen Bundesstraßen Drucksachen 18/689, 18/817 Nr. 7 – Unterrichtung durch die Bundesregierung Verkehrsinvestitionsbericht für das Berichtsjahr 2012 Drucksachen 18/580, 18/891 Nr. 1 Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgen- abschätzung Unterrichtung durch die Bundesregierung 15. Bericht des Ausschusses für die Hochschulstatistik für den Zeitraum 1. Juni 2008 bis 31. Mai 2012 Drucksachen 17/13668, 18/641 Nr. 11 Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden Unionsdokumente zur Kenntnis genommen oder von ei- ner Beratung abgesehen hat. Auswärtiger Ausschuss Drucksache 18/1048 Nr. A.1 EuB-BReg 23/2014 Drucksache 18/1048 Nr. A.2 EuB-BReg 25/2014 Drucksache 18/1048 Nr. A.3 Ratsdokument 7505/14 Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft Drucksache 18/1048 Nr. A.13 Ratsdokument 7635/14 Ausschuss für Gesundheit Drucksache 18/642 Nr. C.10 Ratsdokument 12751/12 Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit Drucksache 18/419 Nr. A.128 EP P7_TA-PROV(2013)0443 Drucksache 18/419 Nr. A.129 Ratsdokument 11064/13 Drucksache 18/419 Nr. A.130 Ratsdokument 11851/13 Drucksache 18/419 Nr. A.131 Ratsdokument 11917/13 Drucksache 18/419 Nr. A.132 Ratsdokument 12242/13 Drucksache 18/419 Nr. A.133 Ratsdokument 12633/13 Drucksache 18/419 Nr. A.134 Ratsdokument 13068/13 Drucksache 18/419 Nr. A.135 Ratsdokument 13457/13 Drucksache 18/419 Nr. A.136 Ratsdokument 14637/13 Drucksache 18/419 Nr. A.137 Ratsdokument 14912/13 Drucksache 18/419 Nr. A.138 Ratsdokument 15030/13 Drucksache 18/419 Nr. A.139 Ratsdokument 15051/13 2934 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 34. Sitzung. Berlin, Freitag, den 9. Mai 2014 (A) (C) (B) Drucksache 18/419 Nr. A.140 Ratsdokument 15468/13 Drucksache 18/419 Nr. A.141 Ratsdokument 15845/13 Drucksache 18/419 Nr. A.142 Ratsdokument 15878/13 Drucksache 18/419 Nr. A.143 Ratsdokument 15889/13 Drucksache 18/544 Nr. A.44 Ratsdokument 5190/14 (D) 34. Sitzung Inhaltsverzeichnis TOP 18 Finanzstruktur und Qualität in der GKV TOP 19 10 Jahre „EU-Osterweiterung“ TOP 20 Vorratsdatenspeicherung TOP 21 Renten aus Beschäftigung in einem Ghetto TOP 22 Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr Anlagen
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Ulla Jelpke


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DIE LINKE.)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)


    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es wird

    in der Tat höchste Zeit für diesen Gesetzentwurf, der Un-
    gerechtigkeiten beim Umgang mit früheren Ghettobe-
    wohnern und -bewohnerinnen endlich beendet. Die Um-
    setzung dieses Ghettorentengesetzes ist wahrlich kein
    Ruhmesblatt gewesen. Erst hatte man den Überlebenden
    eine Rente zugesagt, dann hat man 90 Prozent aller An-
    träge abgelehnt. Wie demütigend muss es für die Betrof-
    fenen gewesen sein, sich von deutschen Beamtinnen und
    Beamten und von der Rentenkasse den Vorwurf anhören
    zu müssen, sie seien gar nicht in einem Ghetto gewesen
    oder sie hätten dort nicht „freiwillig“ gearbeitet?

    Erst 2009 hat das Bundessozialgericht eine Neuüber-
    prüfung angeordnet, in deren Folge wenigstens die
    Hälfte der Anträge doch noch bewilligt wurde. Prompt
    kam die nächste Ungerechtigkeit: Obwohl versprochen
    war, dass die Rente ab 1997 auszuzahlen ist, flossen die
    Gelder erst mit Wirkung ab 2005. Das ist nicht nur eine
    gefühlte Ungerechtigkeit, wie es in der Gesetzesbegrün-
    dung heißt.


    (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Für viele Überlebende geht es sehr praktisch darum, dass
    ihnen Tausende von Euro verlorengegangen sind, zum
    Beispiel einem 90-Jährigen, der Anspruch auf 8 000
    Euro Nachzahlung hätte. Dass ihm bisher vorgerechnet
    wurde, er werde diese Summe durch den höheren Ren-
    tenzuschlag bis zu seinem 98. Geburtstag ausgeglichen
    haben, ist einfach absurd gewesen. Deswegen ist es rich-
    tig, diese Nachzahlungen jetzt zu ermöglichen.


    (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Richtig ist ebenfalls, jetzt auch solche Ghettos zu be-
    rücksichtigen, die nicht direkt von den Nazis kontrolliert
    worden waren, sondern von ihren Komplizen und Kom-
    plizinnen, etwa in der Slowakei und in Rumänien. Auch
    das Ghetto in Schanghai konnte ja nur eingerichtet wer-
    den, weil die Nazis mit ihrer Vernichtungspolitik Juden
    und Jüdinnen dazu zwangen, zu fliehen. Dieses Unrecht
    so weit wie möglich wiedergutzumachen, gehört zur
    deutschen Verantwortung. Ich bin angenehm überrascht
    davon, dass der Entwurf von Ministerin Nahles dieser
    Verantwortung in einem so weitreichenden Umfang
    nachkommt.


    (Beifall bei der LINKEN und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Kai Whittaker [CDU/ CSU])


    Zur Selbstzufriedenheit, meine Damen und Herren, gibt
    es trotzdem keinen Grund. Ich möchte daran erinnern,
    dass die jetzige Lösung für Tausende von Betroffenen zu
    spät kommt. Rund 7 000 Menschen haben schon die
    Neuüberprüfung der Anträge 2009 nicht mehr erlebt.
    Vorstöße der Linken, der SPD und der Grünen, die in
    eine ähnliche Richtung zielten wie der jetzt vorliegende
    Gesetzentwurf, wurden vor einem Jahr mit Stimmen der
    Union und der FDP abgeblockt. Seither sind wieder ei-
    nige Hundert Betroffene gestorben.

    Ich möchte die Gelegenheit nutzen, mich bei den Ho-
    locaustüberlebenden ausdrücklich für ihre Kraft zu be-
    danken, beharrlich ihr Recht einzufordern. Das gilt auch
    für Historiker und mutige Richter, denen es zu verdan-
    ken ist, dass das Bundessozialgericht in seinem Be-
    schluss von 2009 die Ablehnungspraxis kritisch beurteilt
    hat.


    (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Ich möchte an dieser Stelle namentlich den Sozialrichter
    Jan-Robert von Renesse nennen, der schon früh erkannt
    hatte, dass die Formulare der Rentenkassen dem Schick-
    sal der NS-Opfer nicht gerecht wurden, und deswegen
    persönliche Anhörungen auch in Israel durchführte. Da-
    für wurde er von seinen Vorgesetzten zusammenge-
    staucht, gemobbt und von diesen Fällen abgezogen. Ge-
    dankt wurde ihm nur von den Überlebenden. Wir, die
    Linke, möchten uns diesem Dank ausdrücklich anschlie-
    ßen


    (Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


    und das Justizministerium in NRW auffordern, die Schi-
    kanen gegen Richter Renesse endlich einzustellen.


    (Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Zum Schluss möchte ich noch einen Appell an die
    Bundesregierung richten: Vergessen Sie nicht die Über-
    lebenden der polnischen Ghettos! Es wird gern überse-
    hen, dass in Polen lebende Betroffene bisher keinen Cent
    an Renten erhalten haben. Das liegt an zugegebenerma-
    ßen komplizierten Regelungen des deutsch-polnischen
    Sozialversicherungsabkommens, was aber kein Grund
    sein kann, dieses spezielle Unrecht einfach hinzuneh-
    men.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Ministerin Nahles war dieser Tage in Polen und hat lei-
    der wieder keine Lösung mitgebracht, nur die Ankündi-
    gung, dass weitere Gespräche geführt werden. Frau
    Nahles – sie ist heute nicht da; aber die Staatssekretärin
    kann das sicherlich übermitteln –, das reicht nicht. Wir
    denken, dieser Punkt darf nicht auf die lange Bank ge-
    schoben werden; sonst lebt kein Betroffener mehr.

    Wenn es darum geht, Gerechtigkeit für NS-Opfer her-
    zustellen, haben wir schon viel zu viel Zeit verloren.
    Deshalb ist es gut und richtig, dass wir uns heute, was
    den hier vorgelegten Gesetzentwurf betrifft, einig sind.
    Ich hoffe auch, dass er so schnell wie möglich verab-
    schiedet wird, damit die Renten endlich ausgezahlt wer-
    den.





    Ulla Jelpke


    (A) (C)



    (D)(B)

    Herzlichen Dank.


    (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)




Rede von Dr. h.c. Edelgard Bulmahn
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

Als nächster Redner hat der Kollege Weiß das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Katja Mast [SPD])



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Peter Weiß


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)


    Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kolle-

    gen! Es ist in der Tat unvorstellbar für uns, für die heute
    lebende Generation, was das Leben in Ghettos, in die die
    Nazidiktatur und ihre Helfershelfer Menschen gepfercht
    haben, wirklich bedeutet hat. Deswegen möchte ich noch
    einmal daran erinnern, dass vor zwei Jahren, am 27. Ja-
    nuar 2012, Marcel Reich-Ranicki von dieser Stelle aus
    uns allen mit seiner Rede einen sehr beeindruckenden
    und tiefen Einblick in die Situation des Warschauer
    Ghettos damals gegeben hat.

    Dass wir im Deutschen Bundestag 2002 ein Gesetz
    beschlossen haben, mit dem wir den Menschen, die im
    Ghetto einer Arbeit nachgingen, um zu überleben, einen
    eigenen Rentenanspruch zugesprochen haben, war, wie
    ich finde, eine richtige, gute und nicht nur symbolträch-
    tige Entscheidung. Ich glaube, wir können gemeinsam
    ein Stück stolz darauf sein, dass wir das geschafft haben.
    Ja, die Menschen, die im Ghetto einer Arbeit nachgin-
    gen, erhalten einen eigenen Rentenanspruch: Das war
    die Entscheidung des Bundestages. Sie war richtig, gut
    und wegweisend.


    (Beifall im ganzen Hause)


    Auf das, was anschließend geschehen ist, können wir
    nicht wahnsinnig stolz sein; das ist richtig. Die Deutsche
    Rentenversicherung hat die Bestimmungen des Ghetto-
    rentengesetzes in der Praxis nämlich so eng ausgelegt,
    dass rund 90 Prozent der Anträge abgelehnt worden
    sind. Ich will ganz klar sagen: Es war 2002 nicht die Ab-
    sicht der deutschen Parlamentarier, ein Gesetz zu verab-
    schieden, bei dem 90 Prozent der Betroffenen anschlie-
    ßend gar keine Leistung bekommen, weil die meisten
    Anträge durch die Behörden abgelehnt werden.


    (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Die damalige rot-grüne-Bundesregierung, die ich als
    CDU-Abgeordneter nicht unbedingt verteidigen muss
    – in diesem Fall tue ich das aber gerne –, hat damals üb-
    rigens schnell reagiert, indem sie eine eigene Entschädi-
    gungsleistung in Höhe von 2 000 Euro eingeführt hat,
    die jeder, dessen Antrag abgelehnt wurde, beantragen
    konnte und auch unbürokratisch und schnell erhalten
    hat. Um das deutlich zu machen: Es gab anschließend
    also kein Nichtstun, sondern es ist schnell reagiert wor-
    den.

    Dann kam im Jahr 2009 – das ist schon erwähnt wor-
    den – die wegweisende Entscheidung des Bundessozial-
    gerichts, mit der die Möglichkeit eröffnet wurde, dieses
    Gesetz praxisnäher umzusetzen und wesentlich mehr
    Anträge zu genehmigen. Deswegen richte ich noch ein-
    mal einen Dank für diese wegweisende Entscheidung an
    die damaligen Sozialrechtler, mit der sie unser Gesetz so
    zur Anwendung gebracht haben, wie es eigentlich ge-
    dacht war.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)


    Im deutschen Sozialrecht gibt es aber eine Bestim-
    mung, die für alle Sozialleistungen gilt, nämlich dass
    man eine Sozialleistung nur vier Jahre rückwirkend ge-
    nehmigt bekommen kann. Das führt im Fall der Bezieher
    einer Ghettorente ab 2005 allerdings dazu, dass deren
    monatliche Rente wesentlich höher ist – um bis zu
    45 Prozent höher – als die Rente, die ab dem Jahr 1997
    monatlich ausgezahlt wird.

    Man ging davon aus, dass das, was einem entgangen
    ist, weil der ursprüngliche Rentenantrag nicht genehmigt
    wurde, durch diesen höheren monatlichen Zahlbetrag
    der Rente ungefähr ausgeglichen wird. In vielen Gesprä-
    chen mit Betroffenen haben wir allerdings feststellen
    müssen, dass das subjektive Gerechtigkeitsbefinden
    trotzdem massiv gestört ist,


    (Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war ja auch objektiv falsch!)


    weil sich die Betroffenen fragen: Warum bekommt der
    eine die Rente rückwirkend ab 1997 ausgezahlt und ich
    erst ab 2005?

    Wir haben dann darüber diskutiert, ob man denjeni-
    gen, die erst ab 2005 eine Rente erhalten, für den Zeit-
    raum von 1997 bis 2005 nicht einfach einen Einmalbe-
    trag als Entschädigung zahlen könnte. Wir haben das
    sehr ernsthaft erwogen, aber feststellen müssen, dass die
    Betroffenen auch mit einer solchen Regelung nicht zu-
    frieden gewesen wären, sondern das nach wie vor als re-
    lativ ungerecht empfunden hätten.

    Deswegen bin ich froh, dass wir jetzt eine klare Rege-
    lung treffen. Mit der Änderung machen wir Folgendes
    möglich: Derjenige, der damit einverstanden ist, dass er
    erst ab 2005 diese Rente bekommt – dafür erhält er aber
    einen höheren monatlichen Zahlbetrag –, kann dabei
    bleiben. Wer dagegen eine Neuberechnung seiner Rente
    möchte, die dann rückwirkend ab 1997 ausgezahlt wird
    – dafür erhält er aber einen niedrigeren monatlichen
    Zahlbetrag –, der kann diese Lösung wählen.

    Ich glaube, damit kann jeder Betroffene für sich per-
    sönlich eine Entscheidung treffen, und ich hoffe, dass
    das subjektive Ungerechtigkeitsempfinden, das mit der
    bisherigen Praxis verbunden ist, damit der Vergangen-
    heit angehört. Das ist ein wichtiger Schritt, um dem Ge-
    rechtigkeitsempfinden der Betroffenen nach ihrem
    schweren Schicksal, das sie erlebt haben, ein Stück weit
    zu entsprechen.

    Wir eröffnen die Möglichkeit, Anträge jetzt oder auch
    erst in Zukunft zu stellen. Diejenigen, die bislang zum
    Beispiel aufgrund der Befürchtung, bei der bisherigen
    Genehmigungspraxis ohnehin keine Chance zu haben,
    keinen Antrag gestellt haben, sollten jetzt den Mut auf-





    Peter Weiß (Emmendingen)



    (A) (C)



    (D)(B)

    bringen – dazu möchte ich sie auch ausdrücklich auffor-
    dern –, einen Antrag auf eine Ghettorente zu stellen,
    wenn die Voraussetzungen bei ihnen vorliegen.

    Bei selbstkritischer Betrachtung – so müssen wir sa-
    gen – hat es viel zu lange gedauert, bis bei der Ausle-
    gung dieses Gesetzes die Erkenntnis Platz gegriffen hat,
    dass eine Ghettobeschäftigung nicht mit den Maßstäben
    eines allgemeinen versicherungspflichtigen Beschäfti-
    gungsverhältnisses klassischer Art gemessen werden
    kann.

    Ich glaube, dass wir jetzt insgesamt eine Regelung
    treffen, die dem Gerechtigkeitsempfinden der Menschen
    tatsächlich entspricht und mit der dafür gesorgt wird,
    dass jeder für sich selbst ermessen kann, mit welcher Re-
    gelung er gerne seine Ghettorente beantragt und mit wel-
    cher finanziellen Regelung er glaubt, besser zu fahren.
    Logischerweise spielt auch die Frage, wie hoch der
    Zahlbetrag ist, eine große Rolle, auch wenn es, ehrlich
    gesagt, mehr um geringe Rentenansprüche geht. Es sind
    keine Riesensummen, die da monatlich ausbezahlt wer-
    den.


    (Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der Gesamtbetrag ist schon vierstellig! Das ist für die Leute schon was!)


    Ich finde, dass man bei einer solchen Debatte auch
    auf Folgendes hinweisen sollte. Der finanzielle Beitrag
    einer Ghettorente ist nur der eine Aspekt. Der andere As-
    pekt ist ein eher moralischer. Ich darf seit einigen Jahren
    Präsident des Maximilian-Kolbe-Werks sein, einer Insti-
    tution, die aus der katholischen Versöhnungsarbeit he-
    raus entstanden ist. Dieses Werk steht mit den heute
    noch unter uns lebenden Menschen, die einst von den
    Nazis in KZs, Ghettos oder in Lager verbracht worden
    waren, im Dialog und gewährt ihnen Hilfe.

    Für mich ist beeindruckend: Dass die Frauen und
    Männer, die sich nach den schrecklichen Erfahrungen in
    der Nazidiktatur einstmals geschworen hatten, nie mehr
    deutschen Boden zu betreten, nie mehr die deutsche
    Sprache zu benutzen, die zusammengezuckt sind, wenn
    irgendwo Deutsch gesprochen worden ist, weil sie sich
    dadurch automatisch an die Nazischergen erinnert fühl-
    ten, heute – hochbetagt! – bereit sind, nach Deutschland
    zu kommen, an Universitäten und Schulen als Zeitzeu-
    gen für Gespräche zur Verfügung zu stehen und ihre
    Gastgeber in Deutschland als „unsere Freunde“ bezeich-
    nen, ist für mich das eigentliche Wunder der Aussöh-
    nung. Für dieses Wunder der Aussöhnung können wir
    Deutsche nur dankbar sein.

    Vielen Dank.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)