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    Plenarprotokoll 18/29 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 29. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 9. April 2014 I n h a l t : Tagesordnungspunkt 1: (Fortsetzung) a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes über die Feststellung des Bundes- haushaltsplans für das Haushaltsjahr 2014 (Haushaltsgesetz 2014) Drucksache 18/700 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2319 A b) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Finanzplan des Bundes 2013 bis 2017 Drucksache 17/14301 . . . . . . . . . . . . . . . . 2319 B Einzelplan 04 Bundeskanzlerin und Bundeskanzleramt Katja Kipping (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 2319 B Dr. Angela Merkel, Bundeskanzlerin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2322 B Katrin Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2328 D Thomas Oppermann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 2333 B Volker Kauder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 2337 D Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE) . . . . . . . . . 2341 B Bettina Hagedorn (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 2343 B Tabea Rößner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2345 D Gerda Hasselfeldt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 2347 C Sigrid Hupach (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 2349 D Dr. Hans-Ulrich Krüger (SPD) . . . . . . . . . . . . 2350 C Monika Grütters, Staatsministerin BK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2352 C Tabea Rößner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2353 D Dr. Eva Högl (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2354 D Rüdiger Kruse (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 2356 A Hiltrud Lotze (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2357 A Einzelplan 05 Auswärtiges Amt Dr. Frank-Walter Steinmeier, Bundesminister AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2358 A Michael Leutert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 2360 D Dr. Andreas Schockenhoff (CDU/CSU) . . . . 2361 D Dr. Frithjof Schmidt (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2364 B Niels Annen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2365 C Stefan Liebich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 2366 C Michael Brand (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 2367 C Dr. Franziska Brantner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2368 D Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2369 C Gabriela Heinrich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 2370 C Alexander Ulrich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 2371 C Thomas Dörflinger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 2372 B Karl-Georg Wellmann (CDU/CSU) . . . . . . . . 2373 D Alois Karl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . 2374 D Tagesordnungspunkt 4: – Beschlussempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses zu dem An- trag der Bundesregierung: Beteiligung Inhaltsverzeichnis II Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 29. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 9. April 2014 bewaffneter deutscher Streitkräfte am maritimen Begleitschutz bei der Hydro- lyse syrischer Chemiewaffen an Bord der CAPE RAY im Rahmen der ge- meinsamen VN/OVCW-Mission zur Vernichtung der syrischen Chemie- waffen Drucksachen 18/984, 18/1067 . . . . . . . . . 2376 D – Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung Drucksache 18/1096 . . . . . . . . . . . . . . . . . 2376 D Dr. Rolf Mützenich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 2377 A Jan van Aken (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 2378 D Dr. Johann Wadephul (CDU/CSU) . . . . . . . . . 2380 B Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2381 B Thorsten Frei (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 2382 C Julia Bartz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . 2383 B Namentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . 2384 C Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2387 D Annette Groth (DIE LINKE) (Erklärung nach § 31 GO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2384 D Tagesordnungspunkt 1: (Fortsetzung) a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes über die Feststellung des Bundes- haushaltsplans für das Haushaltsjahr 2014 (Haushaltsgesetz 2014) Drucksache 18/700 b) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Finanzplan des Bundes 2013 bis 2017 Drucksache 17/14301 Einzelplan 14 Bundesministerium der Verteidigung Dr. Ursula von der Leyen, Bundesministerin BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2385 B Michael Leutert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 2390 A Rainer Arnold (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2391 A Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2393 D Henning Otte (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 2395 C Dr. Alexander S. Neu (DIE LINKE) . . . . . . . 2397 B Henning Otte (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 2397 D Wolfgang Hellmich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 2399 B Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2399 C Doris Wagner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2401 C Ingo Gädechens (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 2402 C Karin Evers-Meyer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 2404 C Bartholomäus Kalb (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 2405 B Einzelplan 23 Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Dr. Gerd Müller, Bundesminister BMZ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2407 A Michael Leutert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 2409 C Dr. Bärbel Kofler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 2411 A Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2412 D Sabine Weiss (Wesel I) (CDU/CSU) . . . . . . . 2414 A Heike Hänsel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 2415 B Sonja Steffen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2416 D Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2418 B Jürgen Klimke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 2419 D Stefan Rebmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 2420 D Peter Stein (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . 2422 B Volkmar Klein (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 2423 B Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2424 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 2425 A Anlage 2 Erklärungen nach § 31 GO zur namentlichen Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung: Beteiligung bewaffne- ter deutscher Streitkräfte am maritimen Be- gleitschutz bei der Hydrolyse syrischer Che- miewaffen an Bord der CAPE RAY im Rahmen der gemeinsamen VN/OVCW-Mis- sion zur Vernichtung der syrischen Chemie- waffen (Tagesordnungspunkt 4) . . . . . . . . . . . 2425 C Ulla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . 2425 C Stefan Liebich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 2426 B Petra Pau (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . 2426 C Richard Pitterle (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 2426 D Halina Wawzyniak (DIE LINKE) . . . . . . . . . 2427 B Harald Weinberg (DIE LINKE) . . . . . . . . . . 2428 A Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 29. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 9. April 2014 III Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Herbert Behrens, Matthias W. Birkwald, Cornelia Möhring, Martina Renner, Kathrin Vogler (alle DIE LINKE) zur namentlichen Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung: Beteiligung bewaffne- ter deutscher Streitkräfte am maritimen Be- gleitschutz bei der Hydrolyse syrischer Che- miewaffen an Bord der CAPE RAY im Rahmen der gemeinsamen VN/OVCW-Mis- sion zur Vernichtung der syrischen Chemie- waffen (Tagesordnungspunkt 4) . . . . . . . . . . . 2428 A Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Christine Buchholz und Hubertus Zdebel (beide DIE LINKE) zur namentlichen Ab- stimmung über die Beschlussempfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung: Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte am maritimen Begleit- schutz bei der Hydrolyse syrischer Chemie- waffen an Bord der CAPE RAY im Rahmen der gemeinsamen VN/OVCW-Mission zur Vernichtung der syrischen Chemiewaffen (Ta- gesordnungspunkt 4) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2428 C Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Sevim Dağdelen, Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Alexander S. Neu, Heike Hänsel, Inge Höger, Annette Groth, Alexander Ulrich, Andrej Hunko, Karin Binder, Pia Zimmermann, Niema Movassat, Azize Tank, Katrin Werner (alle DIE LINKE) zur nament- lichen Abstimmung über die Beschlussemp- fehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung: Beteiligung be- waffneter deutscher Streitkräfte am maritimen Begleitschutz bei der Hydrolyse syrischer Chemiewaffen an Bord der CAPE RAY im Rahmen der gemeinsamen VN/OVCW-Mis- sion zur Vernichtung der syrischen Chemie- waffen (Tagesordnungspunkt 4) . . . . . . . . . . . 2429 A Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 29. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 9. April 2014 2319 (A) (C) (D)(B) 29. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 9. April 2014 Beginn: 9.00 Uhr
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    Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 29. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 9. April 2014 2425 (A) (C) (B) Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten (D) Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Alpers, Agnes DIE LINKE 09.04.2014 Bätzing-Lichtenthäler, Sabine SPD 09.04.2014 Ehrmann, Siegmund SPD 09.04.2014 Ernstberger, Petra SPD 09.04.2014 Dr. Fabritius, Bernd CDU/CSU 09.04.2014 Gehrcke, Wolfgang DIE LINKE 09.04.2014 Gleicke, Iris SPD 09.04.2014 Gohlke, Nicole DIE LINKE 09.04.2014 Groß, Michael SPD 09.04.2014 Hardt, Jürgen CDU/CSU 09.04.2014 Haßelmann, Britta BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 09.04.2014 Hellmuth, Jörg CDU/CSU 09.04.2014 Keul, Katja BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 09.04.2014 Lezius, Antje CDU/CSU 09.04.2014 Maisch, Nicole BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 09.04.2014 Dr. Priesmeier, Wilhelm SPD 09.04.2014 Pronold, Florian SPD 09.04.2014 Rawert, Mechthild SPD 09.04.2014 Rüthrich, Susann SPD 09.04.2014 Scharfenberg, Elisabeth BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 09.04.2014 Schlecht, Michael DIE LINKE 09.04.2014 Schwabe, Frank SPD 09.04.2014 Dr. Tauber, Peter CDU/CSU 09.04.2014 de Vries, Kees CDU/CSU 09.04.2014 Wunderlich, Jörn DIE LINKE 09.04.2014 Zech, Tobias CDU/CSU 09.04.2014 Ziegler, Dagmar SPD 09.04.2014 Anlage 2 Erklärungen nach § 31 GO zur namentlichen Abstimmung über die Be- schlussempfehlung des Auswärtigen Ausschus- ses zu dem Antrag der Bundesregierung: Betei- ligung bewaffneter deutscher Streitkräfte am maritimen Begleitschutz bei der Hydrolyse syri- scher Chemiewaffen an Bord der CAPE RAY im Rahmen der gemeinsamen VN/OVCW-Mis- sion zur Vernichtung der syrischen Chemiewaf- fen (Tagesordnungspunkt 4) Ulla Jelpke (DIE LINKE): In diesem Parlament wer- den zurzeit im Wochentakt Militäreinsätze beschlossen. Es wird umgesetzt, was die Große Koalition angekün- digt und was Bundespräsident Joachim Gauck bei der Münchner Sicherheitskonferenz gefordert haben: Deutsch- land will militärisch wieder an möglichst vielen Schau- plätzen der Welt mitmischen, Deutschland will zur welt- weiten Militärmacht werden, der bewaffnete Einsatz – früher hat man einfach Krieg gesagt – soll zur norma- len Option deutscher Außenpolitik werden. Ich bin nicht in dieses Parlament gewählt worden, um dieser militaristischen Politik zuzustimmen. Ich habe in den vielen Wahlkämpfen, die ich bislang für die PDS und die Linke geführt habe, immer klargestellt, dass ich gegen jeden deutschen Militäreinsatz bin, so wie es auch heute im Programm der Linkspartei und auch im Wahl- programm verankert ist. Es ist bezeichnend, dass eine kompromisslose Anti- kriegspolitik vom Mainstream der deutschen Medien und von deutlich über 90 Prozent dieses Hauses als „nicht regierungsfähig“ abgetan wird. Ich mache keinen Hehl daraus: Wenn die Bereitschaft zum Krieg, die Be- reitschaft zur Entsendung der Bundeswehr, die Eintritts- karte zum Regieren sein soll, dann bin ich gegen das Mitregieren. Das gilt auch bei der heutigen Abstimmung. Da ist zunächst festzuhalten: Es gibt für die von der Bundesre- gierung geforderte Militärmission nicht einmal ein UN- Mandat. Es gibt keine präzise Gefährdungseinschätzung und keinerlei konkrete Hinweise auf mögliche Angriffe auf das US-amerikanische Schiff, auf dem die Chemie- waffen neutralisiert werden sollen. Die Bundesregierung Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Anlagen 2426 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 29. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 9. April 2014 (A) (C) (D)(B) hat in ihrer Antwort auf eine schriftliche Frage vage auf mögliche „organisierte Kriminalität, Piraterie und Terro- rismus“ verwiesen. Damit lässt sich aber kein Bundes- wehrmandat rechtfertigen. Die aufgezählten „mögli- chen“ Bedrohungen sind allesamt nichtmilitärischer Natur. Ihre Abwehr ist eine Polizeiaufgabe. Das betont die Linke schon in der Kritik des „Antipiraterie“-Einsat- zes vor Somalia, und das gilt es auch jetzt zu betonen. Die EU-Mittelmeeranrainer verfügen über entspre- chende polizeiliche Ressourcen, ihre Küstenwachen und andere Grenzbehörden sind für den Einsatz auch auf See ausgestattet. Davon abgesehen ist das Mittelmeer ohne- hin schon hochmilitarisiert und wimmelt nur so von Kriegsschiffen der NATO. Ein zusätzlicher Bundes- wehreinsatz ist daher auch sachlich unnötig und dient einzig dem politischen Zweck, Deutschland wieder an eine Art vorderster Front zu bringen. Hinzu kommt, dass das Mandat, wie gewohnt, extrem „großzügig“ ist und nicht nur das Mittelmeer, sondern auch bei Bedarf den Nordatlantik mit angrenzenden See- gebieten in internationalen Gewässern umfasst. Mit an die 50 Millionen Quadratkilometer deckt das Mandat da- mit einen äußerst großen Teil der Nordhalbkugel der Erde ab. Das ist sachlich völlig unnötig und nur Aus- druck des Großmachtstrebens, das hinter dem Mandat steckt. Eine Zustimmung zu einem solchen Einsatz würde nicht nur die prinzipielle Haltung der Linken gegen Bun- deswehreinsätze im Ausland durch eine nur scheinbar harmlose Einzelfallentscheidung durchlöchern. Sie würde auch den Einsatz der Bundeswehr zum Zwecke der „Ab- wehr“ einer „Gefahr“ gutheißen, die ganz und gar im Va- gen bleibt. Und sie würde die Mandatierung der Bundes- wehr mit Polizeiaufgaben legitimieren. Das sind viele Gründe, dagegenzustimmen. Stefan Liebich (DIE LINKE): Die Debatte um den Schutz der Vernichtung der syrischen Chemiewaffen wird innerhalb meiner Fraktion kontrovers geführt. Ich respektiere viele Argumente derer, die dem vorliegenden Mandat nicht ihre Zustimmung erteilt haben, bin aber zu einem anderen Schluss gekommen. Ich habe dem Antrag der Bundesregierung zugestimmt und möchte hier meine Begründung darlegen. Ich halte den Schutz der Zerstörung von Massenver- nichtungswaffen für den besten Auftrag, den eine Armee erfüllen kann. Als am 27. September 2013 der einstim- mige Beschluss des Sicherheitsrates der Vereinten Natio- nen mit der Zustimmung Russlands und der Volksrepu- blik China für die Ausfuhr und die Vernichtung der Chemiewaffen aus Syrien – Resolution 2118 – gefasst wurde, ist eine weitere Eskalation des Bürgerkriegs ver- hindert worden. Die angekündigte Intervention der Ver- einigten Staaten von Amerika in diesen Krieg konnte so vermieden werden und der erneute Einsatz von Massen- vernichtungswaffen wurde bis zu deren vollständigem Abzug erschwert bzw. danach verhindert. Die Vereinten Nationen haben in der Resolution 2118 des Sicherheitsrates alle Mitgliedstaaten um die Hilfe bei der Beseitigung der Chemiewaffen gebeten. Dänische Schiffe bringen die Chemiewaffen unter dem Schutz rus- sischer und chinesischer Schiffe nach Italien, dort wer- den sie auf die US-amerikanische „Cape Ray“ verladen; es ist unter anderem ein deutsches Schiff, das dann den Prozess der Hydrolyse bewacht. Viele Länder beteiligen sich an diesem wichtigen Prozess. Die Bundesrepublik Deutschland steht durch ihr Han- deln in der Vergangenheit in diesem Konflikt in beson- derer Verantwortung. Die Auslieferung von Dual-Use- Gütern, die zur Herstellung von Chemiewaffen genutzt werden können, an Syrien, ein Land, das zu diesem Zeit- punkt die Chemiewaffenkonvention nicht ratifiziert hatte, war falsch. Auch darum ist es jetzt wichtig, dass die Bundesrepublik Deutschland sich in besonderem Maße bei der Vernichtung der syrischen Chemiewaffen engagiert. Ich bin für eine konsequente Abrüstung von Massen- vernichtungswaffen weltweit. Ich bin für eine starke UNO. Ich bin für eine konsequente Einhaltung des Völ- kerrechts. Daher habe ich dem Antrag der Bundesregie- rung zugestimmt. Petra Pau (DIE LINKE): Hiermit erkläre ich, dass ich zur vorliegenden Beschlussempfehlung mit Enthal- tung stimme. Erstens. Zur Abstimmung stand die Beschlussempfeh- lung des Auswärtigen Ausschusses – Drucksache 18/1067 – zu einem Antrag der Bundesregierung – Drucksache 18/984 – zur „Beteiligung bewaffneter deutscher Streit- kräfte am maritimen Begleitschutz bei der Hydrolyse syrischer Chemiewaffen an Bord der CAPE RAY im Rahmen der gemeinsamen VN/OVCW-Mission zur Ver- nichtung der syrischen Chemiewaffen“. Ich habe mit Enthaltung votiert. Zweitens. Es geht um die Vernichtung syrischer Che- miewaffen, also um Abrüstung. Das findet meine Zu- stimmung, zumal die Bundesrepublik Deutschland dafür eine große Verantwortung trägt, da sie maßgeblich an der Hochrüstung Syriens – und weiterer Staaten – betei- ligt war bzw. ist. Das spräche für ein Ja. Drittens. Zugleich ist nicht auszuschließen, dass die USA und weitere NATO-Staaten diese Beteiligung der Deutschen Bundeswehr als Entlastung missdeuten, um die angedrohte militärische Eskalation gegen Russland im aktuellen Krim-Konflikt zu forcieren. Das spräche für ein klares Nein. Viertens. Meine gewissenhafte politische Abwägung zwischen einem Ja zum militärischer Abrüstung und ei- nem Nein zu militärischer Eskalation führt mich im kon- kreten Fall zu einer Enthaltung in oben genannter Ab- stimmung. Richard Pitterle (DIE LINKE): Dem Wunsch der Bundesregierung, dem beantragten Mandat meine Zu- stimmung zu geben, kann ich nicht entsprechen. Grundsätzlich befürworte ich den Einsatz der Bundes- wehr im Ausland nicht. Dies nicht aus einer pazifisti- schen, sondern aus einer antimilitaristischen Grundhal- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 29. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 9. April 2014 2427 (A) (C) (D)(B) tung heraus, weil alle Erfahrungen zeigen, dass sich letztlich Probleme in der Welt nicht militärisch lösen las- sen. Darüber hinaus bin ich der festen Überzeugung, dass sich Deutschland aus historischen Gründen – aufgrund der bei den europäischen Völkern unvergessenen Verbrechen der Deutschen Wehrmacht – militärisch nicht engagieren sollte. Gegenwärtig erleben wir eine Politik der systemati- schen Ausweitung von Bundeswehreinsätzen, die mit der „gewachsenen Verantwortung“ Deutschlands be- gründet wird. Diese lehnt die Linke zu Recht als einzige Fraktion ab. Trotz meiner grundsätzlichen Ablehnung der deut- schen Auslandseinsätze war ich bereit, das vorliegende Mandat auf seine Zustimmungsfähigkeit zu prüfen, weil es sich meines Erachtens um keinen Kriegseinsatz han- delt. Denn eine grundsätzliche Haltung entbindet den Abgeordneten nicht von der Verantwortung, zu prüfen, ob eine Teilnahme der Bundeswehr an Abrüstungsmaß- nahmen sinnvoll wäre. Die Abrüstung und Vernichtung der chemischen Waffen Syriens sind ein positiver Schritt, der von mir und meiner Fraktion als Ganzes be- grüßt wird. Insbesondere die Entsorgung der Waffen in der niedersächsischen Anlage in Munster ist ein wichti- ger Beitrag, den Deutschland leisten kann. Die hingegen von der Bundesregierung beantragte Teilnahme einer Fregatte der Bundeswehr zur Sicherung des Vorgangs der Demontage auf einem Kriegsschiff halte ich für nicht erforderlich und für reine Symbolpoli- tik. Auf Kosten der Steuerzahler soll die Fregatte der Bundeswehr eingesetzt werden, damit Frau von der Leyen ihren Anspruch auf „Mitverantwortung“ unter- streichen kann. Die hierbei von der Bundesregierung ge- nannten Kosten von 7,2 Millionen Euro sind reine Steu- erverschwendung und könnten anderweitig sinnvoller eingesetzt werden. Als Finanzpolitiker muss ich den Einsatz daher bereits aus fiskalischen Gründen ablehnen. Ich habe mich nach gründlicher Abwägung aller Ar- gumente entschieden, mit Nein zu stimmen, aber will festhalten, dass ich ausdrücklich die Entscheidung mei- ner Kolleginnen und Kollegen respektiere, die nach Ab- wägung der Argumente zustimmen oder sich enthalten. Es ist eine Stärke unserer Fraktion, dass wir unsere un- terschiedliche Meinung respektieren und dem anders Entscheidenden nicht andere Motive für seine Entschei- dung unterstellen. Halina Wawzyniak (DIE LINKE): Der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte am maritimen Be- gleitschutz bei der Hydrolyse syrischer Chemiewaffen an Bord der „Cape Ray“ im Rahmen der gemeinsamen VN/OVCW-Mission zur Vernichtung der syrischen Che- miewaffen habe ich nicht zugestimmt. Die nachfolgen- den, im Wesentlichen vom Journalisten René Heilig be- reits im Neuen Deutschland vom 5. April 2014 unter dem Titel „Deutsche Marine als Lückenbüßer“ genann- ten Argumente haben mich zu einem Nein bei der Ab- stimmung bewogen. Erstens. Deutschland beteiligt sich an der Vernichtung der syrischen Chemiewaffen im eigenen Land, in Muns- ter. Die Abfallprodukte der Zerstörung auf hoher See werden nach Deutschland transportiert und von einer bundeswehreigenen Gesellschaft am Bundeswehrstand- ort Munster endgültig vernichtet. Diese Beteiligung an der Vernichtung der syrischen Chemiewaffen ist aus- drücklich zu begrüßen und zu unterstützen. Das Argu- ment, Deutschland würde sich nicht an der Vernichtung beteiligen, gilt demnach nicht. Deutschland beteiligt sich an der Vernichtung. Zweitens. Die „Cape Ray“ ist nicht schutzlos. Für ih- ren Schutz bedarf es der deutschen Marine nicht. Für den Abtransport der syrischen Kampfstoffe aus dem Hafen von Latakia durch den dänischen Frachter „Ark Futura“ und die norwegische „Taiko“ ist eine Nahsicherung vor- gesehen, die von der russischen und der chinesischen Marine gestellt wird. Derzeit sind rund 60 Prozent der syrischen Kampfstoffe, die in der Masse in Tanks gela- gert sind, auf die Schiffe gebracht. Auf hoher See über- nehmen drei Kriegsschiffe aus Norwegen, Dänemark und Großbritannien den Schutz der beiden Frachter. Die sollen die Kampfstoffe in den italienische Containerha- fen Gioia Tauro nördlich der Straße von Messina brin- gen. Dort werden diese unter Schutz der italienischen Sicherheitskräfte auf die „Cape Ray“ umgeladen. Außer- halb der italienischen Hoheitsgewässer wird das US- Spezialschiff durch die US-Navy gesichert. Das Argu- ment, die Vernichtung der Chemiewaffen müsse geschützt werden, ist richtig. Es ist aber nicht erkennbar, dass zum Schutz der Vernichtung die deutsche Marine erforderlich ist. Drittens. Die US-Mittelmeerflotte hat zwei Fregatten ins Schwarze Meer abgestellt, um vor den Krim-Gewäs- sern Manöver mit Verbündeten abzuhalten. Soweit diese beim weiteren Schutz der „Cape Ray“ fehlen sollten, kann und darf dies nicht durch die deutsche Marine aus- geglichen werden. Diese wäre dann tatsächlich Lücken- büßer und legitimiert damit das militärische Manöver vor der Krim. Militärische Manöver statt Schutz von Ab- rüstungsaktivitäten sind keine gute Begründung, um ei- nen Einsatz der deutschen Marine im Ausland als Lü- ckenbüßer zu rechtfertigen. Viertens. Das Mandat umfasst – Punkt 3 – auch Tran- sitfahrten im Mittelmeer und bei Bedarf auch im Nordat- lantik mit angrenzenden Seegebieten – also der Nord- und Ostsee. Damit sollen jene Schiffe eskortiert werden, die die nach der Hydrolyse der syrischen Kampfstoffe auf der „Cape Ray“ anfallenden chemischen Stoffe zu den endgültigen Vernichtungsstätten in Großbritannien, im deutschen Munster und nach Finnland bringen. Diese Fracht ist dann aber gar nicht mehr als Waffe verwend- bar. Ein militärischer Begleitschutz ist hier also gar nicht nötig. Ganz klar will ich aber auch sagen: Es handelt sich nicht um einen Kriegseinsatz der Bundeswehr. Krieg ist etwas anderes. Wer hier von Kriegseinsatz spricht, ver- harmlost Krieg. 2428 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 29. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 9. April 2014 (A) (C) (D)(B) Harald Weinberg (DIE LINKE): Ich bin für die Ver- nichtung dieser syrischen und aller anderen Chemiewaf- fen sowie aller weiteren Massenvernichtungswaffen – sie hätten niemals hergestellt werden dürfen –, auch wenn ich den Antrag der Bundesregierung ablehne. Ich begrüße es, dass die endgültige Entsorgung in Deutschland – Munster, GEKA – vorgenommen wird. Mit der Lieferung von Ausgangsstoffen hat Deutschland mit hoher Wahrscheinlichkeit einen wesentlichen Anteil an der Existenz dieser Chemiewaffen und leistet durch die Entsorgung einen wichtigen Beitrag zu ihrer Ver- nichtung. Für die Gesamtaktion der Vernichtung der syrischen Chemiewaffen an Bord der „Cape Ray“ ist eine Beteili- gung bewaffneter deutscher Streitkräfte am maritimen Begleitschutz aus meiner Sicht völlig entbehrlich. Das gilt selbst dann, wenn man berücksichtigt, dass die von Russland im Rahmen des NATO-Russland-Rats angebo- tene Unterstützung mit Begleitschiffen nun seitens der NATO im Zusammenhang mit der Krim-Krise abgewie- sen wurde. Sogar die Bundesverteidigungsministerin spricht von einem eher symbolischen Beitrag, den die deutsche Fregatte hier leiste. Deshalb werde ich den Antrag der Bundesregierung ablehnen. Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Herbert Behrens, Matthias W. Birkwald, Cornelia Möhring, Martina Renner, Kathrin Vogler (alle DIE LINKE) zur namentlichen Abstimmung über die Beschluss- empfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung: Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte am mariti- men Begleitschutz bei der Hydrolyse syrischer Chemiewaffen an Bord der CAPE RAY im Rahmen der gemeinsamen VN/OVCW-Mission zur Vernichtung der syrischen Chemiewaffen (Tagesordnungspunkt 4) Die Vernichtung syrischer Chemiewaffen ist ein be- deutsamer Beitrag zur Abrüstung und ein notwendiger, jedoch nicht hinreichender Beitrag zum Schutz der syri- schen Zivilbevölkerung in einem anhaltenden, grausa- men Bürgerkrieg, dem bereits Zehntausende zum Opfer gefallen sind. In Übereinstimmung mit unserer Fraktion unterstützen wir die Beteiligung Deutschlands an dieser Aktion durch die Entsorgung der Reststoffe im nieder- sächsischen Munster. Die Entsendung deutscher Solda- tinnen und Soldaten auf der Fregatte „Augsburg“ zum militärischen Begleitschutz im Rahmen der US-geführ- ten Aktion lehnen wir jedoch ab und stimmen deswegen mit Nein. Das von der Bundesregierung vorgelegte Mandat be- gründet unserer Ansicht nach weder die Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit dieses erneuten Bundeswehrein- satzes noch schafft es hinreichende Klarheit über Art und Umfang von Einsatzgebiet und Auftrag. Zudem steht dieser Einsatz symbolisch für eine Politik der syste- matischen Ausweitung von Bundeswehreinsätzen, die wir ablehnen. Wir haben uns intensiv mit dieser Frage auseinander- gesetzt und unsere Entscheidung begründet nach Abwä- gung aller Argumente getroffen. Wir erklären ausdrück- lich unseren Respekt vor denjenigen Kolleginnen und Kollegen, die nach ebenso ernsthafter Abwägung der Argumente und Hintergründe für sich zu einer anderen Schlussfolgerung gekommen sind. Wir halten das für ei- nen Gewinn an politischer Kultur. Die Linke ist diejenige Fraktion im Bundestag, die sich am deutlichsten für eine Zivilisierung der deutschen Außenpolitik, für umfassende Abrüstung, Vernichtung von Massenvernichtungswaffen und gegen Rüstungs- exporte einsetzt. Das konsequente Nein zu den Kampf- einsätzen der Bundeswehr und das Aufzeigen von Alter- nativen bleibt Grundlage unserer gemeinsamen Politik. Damit vertritt die Linke auch eine Mehrheit in der Be- völkerung, die diese Einsätze ablehnt und ohne uns keine Stimme im Bundestag hätte. Das wird auch so bleiben. Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Christine Buchholz und Hubertus Zdebel (beide DIE LINKE) zur na- mentlichen Abstimmung über die Beschluss- empfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung: Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte am mariti- men Begleitschutz bei der Hydrolyse syrischer Chemiewaffen an Bord der CAPE RAY im Rahmen der gemeinsamen VN/OVCW-Mission zur Vernichtung der syrischen Chemiewaffen (Tagesordnungspunkt 4) Wir haben heute gegen den Antrag der Bundesregie- rung zur Entsendung eines bewaffneten Kriegsschiffes der Bundeswehr mit 300 Soldatinnen und Soldaten ins Mittelmeer, den Nordatlantik und angrenzende Seege- biete gestimmt. Wir sind für die Vernichtung des syrischen Giftgases und auch dafür, dass die Reststoffe in der bundeswehrei- genen Firma GEKA in Munster vernichtet werden. Den Begleitschutz durch die Fregatte „Augsburg“ lehnen wir ab. Denn er findet nicht im luftleeren Raum statt. Er ist Teil der Neuausrichtung der Bundeswehr, die in immer mehr internationale Einsätze geschickt werden soll. Die Bundesregierung will die Öffentlichkeit weiter an Auslandseinsätze der Bundeswehr gewöhnen. Vor nicht mal einer Woche wurde ein neuer Bundeswehreinsatz in Somalia beschlossen, morgen stimmen wir über einen weiteren neuen Einsatz in der Zentralafrikanischen Re- publik ab. Wir lehnen diese Neuausrichtung ab. Die Bundesregierung nutzt die Vernichtung der Chemiewaf- fen auch, um das schlechte Bild von Auslandseinsätzen zu korrigieren. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 29. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 9. April 2014 2429 (A) (C) (D)(B) Die Bundesregierung hat in den Fachausschüssen des Bundestages falsch informiert. Sie hat ein Mandat vor- gelegt, das ein weit über den geplanten Einsatz hinaus- gehendes Einsatzgebiet vorsieht. Dieses Vorgehen zeigt zum wiederholten Mal, dass die Regierung zum Teil keine korrekten Informationen über die Planung von Bundeswehreinsätzen und die Einsätze selbst gibt. Deutsche Unternehmen haben jahrelang Material für Giftgasfabriken und Giftgasbestandteile, sogenannte Dual-Use-Güter, nach Syrien geliefert. Es wäre wichtig, sofort die Lieferung von Dual-Use-Chemikalien an Län- der, die nicht Mitglied der Chemiewaffenkonvention sind, einzustellen. Dies wäre, neben der Beteiligung an der Vernichtung des Chemiewaffenprogramms Syriens in Munster, der wichtigste Beitrag, den zukünftigen Ein- satz von Chemiewaffen zu verhindern, nicht die Entsen- dung der Bundeswehr ins Mittelmeer. Deshalb haben wir heute gegen die Entsendung der Marine gestimmt. Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Sevim Dağdelen, Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Alexander S. Neu, Heike Hänsel, Inge Höger, Annette Groth, Alexander Ulrich, Andrej Hunko, Karin Binder, Pia Zimmermann, Niema Movassat, Azize Tank, Katrin Werner (alle DIE LINKE) zur namentli- chen Abstimmung über die Beschlussempfeh- lung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung: Beteiligung be- waffneter deutscher Streitkräfte am maritimen Begleitschutz bei der Hydrolyse syrischer Che- miewaffen an Bord der CAPE RAY im Rahmen der gemeinsamen VN/OVCW-Mission zur Ver- nichtung der syrischen Chemiewaffen (Tages- ordnungspunkt 4) Wir haben heute aus prinzipieller Sicht, aber gerade auch angesichts der konkreten Sachlage gegen den An- trag der Bundesregierung zur Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte am maritimen Begleitschutz bei der Hydrolyse syrischer Chemiewaffen an Bord der „Cape Ray“ gestimmt. Wir teilen die Einschätzung aus der Friedensbewegung, von Friedensaktivisten und Frie- densforschern, dass „kein plausibler Grund erkennbar (ist), den zwischen Syrien und den Vereinten Nationen bzw. der OPCW ausgehandelten Abzug des gesamten syrischen Chemiewaffenarsenals und dessen Vernich- tung mit einer militärischen Komponente vonseiten der Bundesrepublik Deutschland zu begleiten“ (Stellung- nahme Bundesausschuss Friedensratschlag 08.04.2014). Unsere Antwort muss zivil bleiben. Wir möchten, dass der zivile Beitrag Deutschlands zur Vernichtung der syri- schen Chemiewaffen ausgeweitet wird. Deutschland darf in Zukunft nicht weiter Chemikalien oder Anlagen, die zur Herstellung von Chemiewaffen dienen, in Länder exportieren, die die Chemiewaffenkonvention nicht rati- fiziert haben. Wir haben gegen den Antrag der Bundesregierung ge- stimmt, weil wir überzeugt sind, dass unsere Antwort eben nicht militärisch sein darf. Auslandseinsätze der Bundeswehr lösen kein einziges Problem. Im Gegenteil schaffen sie ständig neue Probleme. Deutschland ist an der Vernichtung der Chemiewaffen aus Syrien beteiligt, ohne dass es an einem Auslandseinsatz teilnehmen muss: Die sichergestellten Chemiewaffen werden unter anderem nach Munster in Niedersachsen gebracht, wo sie vernichtet werden. Deutschland erbringt damit einen maßgeblichen Beitrag zur Vernichtung der Chemiewaf- fen. Das ist konkrete Abrüstungspolitik. Wir haben heute gegen den Einsatz gestimmt, weil sich zudem eine ganze Reihe von neuen Risiken, die mit dem Einsatz eines deutschen Kriegsschiffs verbunden sind, ergeben. Gerade auch vor dem Hintergrund der Be- endigung der militärischen NATO-Russland-Koopera- tion, einer neuen Eskalation der USA, Saudi-Arabiens und der Türkei mit False-Flag-Operations und der mög- lichen Vorbereitung eines Angriffskriegs gegen Syrien ist äußerste Vorsicht geboten. Auf Nachfragen konnte die Bundesregierung keine schlüssige Erklärung liefern, warum das Mandat nicht nur das Mittelmeer, sondern auch den Nordatlantik und dessen angrenzende Seege- biete umfasst. Unklar ist weiterhin, wie viele Kriegs- schiffe insgesamt überhaupt eingesetzt werden sollen. Auch was die Aufgaben angeht, ist das Mandat einfach unklar. Diese Situation gebietet es, der Bundesregierung nicht eine unwidersprochene Carte blanche für ihren Mi- litäreinsatz zu erteilen. Die Anfrage für die Entsendung des deutschen Kriegsschiffs kommt direkt von den USA. Die Frage, ob neben einer symbolischen Funktion hier eine deutsche Entlastung der Kriegsmarine der USA für andere Aufgaben nach dem Vorbild der Abstellung deut- scher Wachmannschaften zur Bewachung von US-Ka- sernen im Vorfeld des Irak-Krieges übernommen werden soll, bleibt ungeklärt. Sie stellt sich allerdings aktuell verschärft, da ein weiteres US-amerikanisches Kriegs- schiff ins Schwarze Meer entsandt wurde und die Bundeswehr hier somit eine Entlastungsfunktion für die US-Streitkräfte im Mittelmeer übernimmt. Die 12 Mil- lionen Euro für diesen neuen Militäreinsatz wären für die Aufstockung des Etats des World Food Programme für die syrischen Flüchtlinge besser aufgehoben. So stimmen wir auch deshalb gegen den Einsatz, weil er ne- ben einer symbolischen Funktion dazu beiträgt, Kriegs- schiffe für eine Eskalationspolitik der USA gegen Russ- land freizusetzen. Wir sagen aber nicht zuletzt auch heute Nein zum Einsatz deutscher Kriegsschiffe im Mittelmeer, weil es der Kontext einer verstärkt militarisierten deutschen Au- ßenpolitik ist, der eine Ablehnung des Einsatzes nahe- legt. Seit der Münchner Sicherheitskonferenz und den Erklärungen von Außenminister Steinmeier und Vertei- digungsministerin von der Leyen, mehr deutsche Welt- geltung mit einer Ausweitung deutscher Auslandsein- sätze erreichen zu wollen, wird im Bundestag nahezu in jeder Sitzungswoche über einen neuen Auslandseinsatz abgestimmt. Wie die große Mehrheit der Bevölkerung lehnen wir Auslandsabsätze der Bundeswehr ab. Deutsch- land sollte sich nicht militärisch engagieren, sondern zi- vil. Offsetdruc sellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 K kerei, Bessemerstraße 83–91, 1 öln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de 22 29. Sitzung Inhaltsverzeichnis Epl 04 Bundeskanzlerin und Bundeskanzleramt Epl 05 Auswärtiges Amt TOP 4 Bundeswehreinsatz VN/OVCW (Syrische C-Waffen) Epl 14 Verteidigung Epl 23 Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Anlagen
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Heike Hänsel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DIE LINKE.)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)


    Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kol-

    legen! „Solide“ scheint das neue Wort für „nicht ausrei-
    chend“ zu sein. Wir haben ganz neue Sprachschöpfun-
    gen. Hier wurden viele Krokodilstränen über den
    diesjährigen Entwicklungshaushalt vergossen, auch von
    Ihnen, Frau Kofler. Aber da muss ich Ihnen allen sagen:
    Das sind die Folgen der Politik, der Sie alle zugestimmt
    haben, nämlich unter anderem der Einführung der Schul-
    denbremse


    (Johannes Selle [CDU/CSU]: Das bleibt aber vernünftig!)


    bei gleichzeitiger Nichterhöhung von Steuern. Das sind
    die Folgen. Davor haben wir immer gewarnt. Wir haben
    jetzt nicht genügend Geld für dringende globale Heraus-
    forderungen und internationale Verpflichtungen – wegen
    all der Maßnahmen, denen Sie hier zugestimmt haben.
    Das zeigt sich leider auch im Entwicklungshaushalt. Das
    ist eine Folge.


    (Johannes Selle [CDU/CSU]: Aber das ist doch eine vernünftige Strategie!)


    Dadurch sind natürlich auch viele der guten Ankündi-
    gungen von Ihnen, Herr Müller, nicht sehr glaubwürdig.


    (Sabine Weiss [Wesel I] [CDU/CSU]: Warten wir es doch erst mal ab!)


    Wenn man sich anschaut, wie sich der Haushalt ge-
    genüber dem Vorjahr entwickelt, stellt man fest: Es gibt
    einen Aufwuchs um 147 Millionen Euro. Das ist schon
    einmal nicht so viel, wie im Koalitionsvertrag festgelegt
    worden ist. Dadurch erschließt sich sicher auch, warum
    der Kollege Sascha Raabe sich rechtzeitig abgesetzt hat.
    Ihm schwante wohl schon, was hinten dabei heraus-
    kommt.

    Wenn man dann auch noch die Klimagelder, die jetzt
    plötzlich im Entwicklungshaushalt verbucht werden und
    zum großen Teil eigentlich schon durch Verpflichtungs-
    ermächtigungen gebunden sind, abzieht, dann landen wir
    bei 8 Millionen Euro realem Aufwuchs, und das ist na-
    türlich, gelinde gesagt, eine Schande, eine Schande im
    Hinblick auf den Entwicklungsanspruch.


    (Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Dr. Sascha Raabe [SPD])


    In Deutschland – das wurde auch schon erwähnt – sta-
    gniert dadurch die ODA-Quote, der Anteil der Entwick-
    lungsausgaben am Bruttoinlandsprodukt, bei 0,37 Pro-
    zent.

    Die Große Koalition kann daran eigentlich sehen,
    dass sie mit ihrer Verweigerungspolitik gegenüber Steu-
    ererhöhungen – damit schonen Sie nur die Vermögenden
    in diesem Land – keinen Haushalt aufstellen kann, der
    den Anforderungen von sozialer Gerechtigkeit, Armuts-
    bekämpfung, Entwicklung, Klimaschutz und Friedens-
    politik gerecht werden kann. Ohne weltweite Umvertei-
    lung und auch ohne eine Umverteilung in diesem Land
    können Sie keine gerechte Politik machen.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Wir haben viele Vorschläge gemacht. Die Finanz-
    transaktionsteuer wurde bereits genannt. Viele kämpfen
    seit Jahren dafür, dass die Erlöse daraus für die Bekämp-





    Heike Hänsel


    (A) (C)



    (D)(B)

    fung von Armut eingesetzt werden. Aber da sieht es
    ganz dunkel aus. Es gibt immer nur Ankündigungen,
    aber keine Umsetzungen. Unsere weiteren Vorschläge
    sind: Millionärsteuer, Vermögensteuer, aber auch die
    konsequente Streichung von Rüstungs- und Militäraus-
    gaben. All das wären Möglichkeiten, um deutlich zu ma-
    chen: Wir wollen Entwicklung finanzieren, und wir kön-
    nen es auch.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Schauen wir uns einmal die Prioritäten in der Politik
    an. Man kann sich zum Beispiel ausrechnen, dass dieses
    Jahr allein für die drei neuen Militäreinsätze, die wir in
    letzter Zeit beschlossen haben, 31 Millionen Euro ausge-
    geben werden. Das ist fast viermal so viel wie der Auf-
    wuchs von 8 Millionen Euro im Entwicklungsetat.

    Im Fall der Ukraine haben Sie ebenfalls schnelle An-
    kündigungen gemacht, Herr Müller. Hier verdoppeln Sie
    den Betrag ganz locker von 20 Millionen auf 40 Millio-
    nen Euro. Da frage ich mich schon, woher das Geld
    kommen soll. Hinzu kommt aber noch, dass die Ukraine
    derzeit von einer nicht demokratisch legitimierten Re-
    gierung vertreten wird, an der faschistische Parteien be-
    teiligt sind. Der Agrarminister gehört beispielsweise der
    Swoboda-Partei an. Da frage ich mich, wie man bei der
    Zusammensetzung der derzeitigen Regierung in der
    Ukraine ein derart falsches Signal setzen und damit
    rechte Parteien hoffähig machen kann. Wir lehnen diese
    Politik ab.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Über Syrien und die Vernichtung der C-Waffen haben
    wir heute debattiert. Ich halte das Entsenden der Fregatte
    ins Mittelmeer für überflüssig.


    (Johannes Selle [CDU/CSU]: Warum?)


    12 Millionen Euro sollen dafür ausgegeben werden.


    (Sabine Weiss [Wesel I] [CDU/CSU]: Sie wollen doch immer Abrüstung!)


    Gleichzeitig fehlt beispielsweise viel Geld für das World
    Food Programme. Sie brauchen für die syrischen Flücht-
    linge in diesem Jahr 2 Milliarden Dollar. Sie haben uns
    im Ausschuss aber mitgeteilt, dass bisher erst 10 Prozent
    finanziert sind. Ich habe im EZ-Haushalt keine Aufsto-
    ckung der Mittel für das World Food Programme gese-
    hen. Wir fordern daher eine deutliche Erhöhung der Mit-
    tel für die syrischen Flüchtlinge, und wir fordern zudem
    einen Sondertitel im EZ-Haushalt, um im Rahmen der
    Übergangshilfe mehr für syrische Flüchtlinge machen zu
    können.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Ich komme zum Beitrag für den Europäischen Ent-
    wicklungsfonds. Hier kritisieren wir seit Jahren, dass
    nach wie vor Steuergelder für Militärmissionen der Eu-
    ropäischen Union im Rahmen der sogenannten Afrika-
    Friedensfazilität verwendet werden. Diese Finanzierung
    ist übrigens rechtlich eigentlich nicht zu vertreten; denn
    das Europaparlament kann darüber gar nicht entschei-
    den. Deshalb unsere konkrete Forderung an Sie, Herr
    Müller: Setzen Sie sich dafür ein, dass der Europäische
    Entwicklungsfonds für rein zivile Zwecke verwendet
    wird! Wir wollen eine Zivilklausel für die Ausgaben auf
    europäischer Ebene.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Wir fordern außerdem seit längerem die Einführung
    sowohl eines afrikanischen zivilen Friedensdienstes wie
    auch eines europäischen zivilen Friedensdienstes. Das
    wären gute Antworten auf die Herausforderungen, vor
    denen wir stehen. Sie selbst, Herr Müller, sagen, dass
    wir die Probleme in diesen Ländern militärisch nicht lö-
    sen können. Wir brauchen hingegen mehr Instrumente.
    Die Arbeit des zivilen Friedensdienstes stagniert leider
    im Moment. Für ihn wird weniger Geld zur Verfügung
    gestellt als für die neuen Militäreinsätze, die beschlossen
    wurden.

    Zum Schluss möchte ich noch erwähnen, dass Sie
    neue Regeln für den Markt erwähnt haben, Herr Müller.
    Aber auch da appelliere ich an Sie: Schauen Sie sich ein-
    mal die EU-Handelspolitik an! Wir sehen nicht nur beim
    EU-USA-Abkommen, sondern auch bei den Wirtschafts-
    partnerschaftsabkommen mit Afrika Probleme. Mit dieser
    Handelspolitik wird dereguliert, aber es werden keine
    neuen Regeln für den Markt eingeführt. Das ist für viele
    Länder des Südens ein Riesenproblem.

    Deadline ist der 1. Oktober. Ab diesem Zeitpunkt
    müssen etliche afrikanische Länder viel mehr Zölle auf
    ihre Ausfuhren in die EU zahlen. Wir halten das für sit-
    tenwidrig, weil dadurch in diesen Ländern viel zerstört
    wird. Herr Müller, deshalb fordern wir Sie auf: Setzen
    Sie sich für einen Stopp dieser Wirtschaftspartner-
    schaftsabkommen ein! Dann können Sie die Politik, die
    Sie hier ankündigen, auch umsetzen.

    Herzlichen Dank.


    (Beifall bei der LINKEN)




Rede von Ulla Schmidt
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

Vielen Dank. – Nächste Rednerin ist die Kollegin

Sonja Steffen, SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Sonja Steffen


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


    Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr

    Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte
    Damen und Herren! Ich freue mich, dass ich in dieser
    Legislaturperiode Mitglied im Haushaltsausschuss bin.
    Ich freue mich noch mehr, dass ich meinen Wunsch-Ein-
    zelplan erhalten habe, nämlich den Einzelplan für Ent-
    wicklungszusammenarbeit. Ich merke allerdings bei der
    Einarbeitung in das Thema, dass ich Schwierigkeiten
    habe, weil ich bei manchen Fragen zwischen zwei Wel-
    ten stehe. Auf der einen Seite schlägt in mir natürlich das
    Herz einer Unterstützerin der weltweiten Armutsbe-
    kämpfung, auf der anderen Seite weiß ich aber auch,
    dass ich als Haushälterin auf den vereinbarten Konsoli-
    dierungskurs der Großen Koalition pochen muss.


    (Johannes Selle [CDU/CSU]: Sehr gute Bemerkung!)






    Sonja Steffen


    (A) (C)



    (D)(B)

    Es gilt also, einen Weg zu finden zwischen vernünftiger
    Haushaltspolitik auf der einen Seite und den finanziellen
    Verpflichtungen und Verantwortungen, die wir im Be-
    reich der Entwicklungszusammenarbeit haben, auf der
    anderen Seite.


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


    Die uns zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel
    – da gebe ich meinen Vorrednern recht – führen, gerade
    vor dem Hintergrund des ehrgeizigen Ziels der Schul-
    denreduzierung, zu einem sehr begrenzten Spielraum.
    Mit einem Etat von 6,44 Milliarden Euro haben wir im
    Vergleich zum gesamten Bundeshaushalt einen recht
    deutlichen Aufwuchs zu verzeichnen. Frau Hajduk, ich
    habe übrigens ausgerechnet, dass es 2,3 Prozent sind. Da-
    bei habe ich die Zahlen des Jahres 2013 zugrunde gelegt.
    Sie haben vorhin 3,7 Prozent genannt. Dabei ist natürlich
    klar, dass sich viele an dieser Stelle mehr gewünscht hät-
    ten; selbstverständlich auch wir Sozialdemokraten.

    Insgesamt stellen wir in dieser Legislaturperiode
    2 Milliarden Euro an ODA-Mitteln mehr zur Verfügung,
    als die mittelfristige Finanzplanung der schwarz-gelben
    Koalition ursprünglich vorsah. Es gibt in dieser Woche
    aktuelle Zahlen. 2013 beträgt die ODA-Quote 0,38 Pro-
    zent. Wie es im Moment aussieht, werden wir die ODA-
    Quote in dieser Legislaturperiode zumindest halten.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Unser ursprüngliches ODA-Ziel von 0,7 Prozent des
    Bruttonationaleinkommens in 2015 werden wir aller Vo-
    raussicht nach nicht erreichen. Ich verweise an dieser
    Stelle darauf, dass in Großbritannien die ODA-Quote
    sehr gut erreicht ist. Dort beträgt sie 2013 0,72 Prozent.
    Das liegt unter anderem daran, dass Großbritannien die-
    sen Etat vor die Klammer zieht. Unabhängig von der je-
    weiligen Regierungskonstellation diskutiert man dort
    nicht über den Aufwuchs in diesem Etat, sodass man die
    ODA-Quote jetzt gut erreicht hat.


    (Beifall bei der SPD)


    Wir sollten uns allmählich ernsthafte Gedanken da-
    rüber machen, wie es mit diesen Zielen auch bei uns
    weitergehen soll. Außerdem dürfen wir die bereitgestell-
    ten 2 Milliarden Euro nicht als Deckel betrachten, erst
    recht nicht als geschlossenen Deckel, sondern sie kön-
    nen nur ein Minimum an zur Verfügung gestellten Mit-
    teln im Bereich der internationalen Zusammenarbeit
    sein. Das haben Sie, Herr Minister Müller, gerade schon
    gesagt.

    Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bin froh,
    dass wir zumindest erreicht haben, dass der Abwärts-
    trend, der während der schwarz-gelben Koalition leider
    entstanden ist, die sogenannte Niebel-Delle – darüber ist
    heute schon geredet worden –, endlich beendet werden
    konnte und dass es mit der Entwicklungspolitik endlich
    wieder aufwärts geht.

    2014 wird in diesem Einzelplan nicht gekürzt, auch
    nicht, zumindest wenn es nach mir geht, in der Bereini-
    gungssitzung. Der Etat des Entwicklungsministeriums
    wird im Vergleich zum Haushalt 2013 um 147 Millionen
    Euro aufwachsen und im Vergleich zum ersten Regie-
    rungsentwurf von CDU/CSU und FDP sogar um
    160 Millionen Euro steigen. Es liegt an uns, diesen
    Spielraum an Aufwuchs, den wir haben, qualitativ und
    inhaltlich möglichst sinnvoll umzusetzen.

    Sehr geehrte Damen und Herren, Anfang des Jahres
    war ich in Vietnam und habe mir die Arbeit der
    Friedrich-Ebert-Stiftung angeschaut. Wir haben Parla-
    mentarier besucht, wir haben mit ihnen über das Sozial-
    versicherungswesen diskutiert. Ich konnte mir nicht nur
    ein Bild von den dortigen Verhältnissen machen, son-
    dern auch von der wirklich großartigen Arbeit, die von
    den Stiftungen vor Ort geleistet wird. Dabei ist mir die
    Bedeutung des politischen Dialogs und der Beratung mit
    und in den Partnerländern sehr eindrucksvoll bewusst
    geworden. Diese Arbeit ist vielleicht auf den ersten
    Blick viel weniger greifbar, als wenn Schulen oder Brun-
    nen gebaut werden, aber langfristig kann sie sehr
    nachhaltig sein. Wir wollen uns deshalb im parlamenta-
    rischen Verfahren die entsprechenden Zahlen im Einzel-
    plan noch einmal ganz genau anschauen.


    (Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich glaube, das ist wichtig!)


    Ich denke, dass wir die Stiftungen und auch andere zivil-
    gesellschaftliche Einrichtungen – Frau Kofler hat vorhin
    schon den Zivilen Friedensdienst genannt – noch stärker
    unterstützen müssen, als dies im gegenwärtigen Haus-
    haltsentwurf vorgesehen ist.


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie des Abg. Peter Meiwald [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


    Insbesondere die Arbeit dieser Einrichtungen wird in
    den nächsten Jahren weiter an Bedeutung gewinnen,
    wenn es um die Begleitung demokratischer Prozesse in
    den Transformationsstaaten geht, also in den Staaten, die
    sich gerade im politischen Umbruch befinden. Durch
    sinnvolle Unterstützung vor Ort können wir unseren Teil
    dazu beitragen, dass diese Staaten demokratische und
    rechtsstaatliche Strukturen erhalten, dass Konflikte ein-
    gedämmt werden und dass Menschenrechte verwirklicht
    werden können.

    Hier schließt sich auch die Flüchtlingsproblematik an,
    die Sie, Herr Minister, in einer Ihrer drei Sonderinitiati-
    ven aufgreifen möchten. Die Bilder der syrischen Bevöl-
    kerung und insbesondere der syrischen Flüchtlinge sind
    uns allen präsent. Nicht nur Sie, Herr Minister, blicken
    voller Sorge auf die Flüchtlingscamps im Libanon und in
    Jordanien. Ich freue mich deshalb über den neuen
    Schwerpunkt „Fluchtursachen bekämpfen, Flüchtlinge
    reintegrieren“, für den im Haushalt 70 Millionen Euro
    veranschlagt worden sind. Insgesamt ist die Flüchtlings-
    problematik tatsächlich sehr vielschichtig. Den besten
    Beitrag können wir leisten, indem wir helfen, dass die
    Menschen nicht mehr gezwungen sind, ihre Gebiete, ihre
    Heimat zu verlassen. Denn eines steht fest: Niemand
    flüchtet ohne Not aus seiner Heimat.


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Michael Leutert [DIE LINKE])






    Sonja Steffen


    (A) (C)



    (D)(B)

    Aber es geht dabei auch um die aktuelle Situation in den
    Flüchtlingscamps und um die Zukunft im Aufnahme-
    land, übrigens auch in Deutschland.

    Eine weitere Sonderinitiative soll der weltweiten Be-
    kämpfung von Hunger und Unterernährung dienen.
    Auch bei dieser Aufgabe, Herr Minister, sind wir Sozial-
    demokraten ganz an Ihrer Seite. Bei einer Reise in ein
    Entwicklungs- oder Schwellenland wird man sich ein-
    mal mehr bewusst, welch hohen Lebensstandard wir in
    Deutschland haben und auf welch hohem wirtschaftli-
    chen Niveau wir hier leben. Es versteht sich daher von
    selbst, dass es unsere gesamtgesellschaftliche Verant-
    wortung ist, dort Unterstützung und Hilfe zu leisten.
    Dieses Prinzip gilt für uns Sozialdemokraten innerhalb
    Deutschlands genauso wie weltweit.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Wir können und wollen es nicht hinnehmen, dass nach
    wie vor mehr als 800 Millionen Menschen weltweit an
    Hunger leiden.

    Zum Schluss eine kameralistische Anmerkung. Es
    gibt eine Besonderheit im Haushaltsplan: Die Sonderini-
    tiativen sind nicht in einzelnen Titeln ausgewiesen, son-
    dern es werden global Gelder veranschlagt, ohne diese
    auf einzelne Titel zu verteilen oder sie bestimmten Insti-
    tutionen und Instrumenten zuzuordnen. Es ist daher im
    Moment noch nicht klar, durch wen, wie und wo genau
    diese Gelder verwendet werden, zumal die Mittel dieser
    drei Initiativen auch noch untereinander deckungsfähig
    sein sollen. Dies ermöglicht auf der einen Seite Flexibili-
    tät – die wünscht man sich –; auf der anderen Seite be-
    steht aber auch die Gefahr, dass die Mittelverwendung
    undurchsichtig wird. Ich denke, das kann nicht im Inte-
    resse unseres Parlaments liegen. Ich kann Ihnen deshalb
    versichern, lieber Herr Minister, dass die SPD-Bundes-
    tagsfraktion Sie bei der Umsetzung der Sonderinitiativen
    tatkräftig unterstützen wird. Allerdings werden wir auch
    genau darauf achten, dass die Mittel sinnvoll und brei-
    tenwirksam eingesetzt werden. Denn es gilt, was Sie
    schon oft betont haben: Jeder Euro soll tatsächlich in der
    Entwicklungshilfe ankommen.

    Vor diesem Hintergrund freue ich mich auf spannende
    und konstruktive Haushaltsberatungen.

    Vielen Dank.


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)