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    Plenarprotokoll 18/29 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 29. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 9. April 2014 I n h a l t : Tagesordnungspunkt 1: (Fortsetzung) a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes über die Feststellung des Bundes- haushaltsplans für das Haushaltsjahr 2014 (Haushaltsgesetz 2014) Drucksache 18/700 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2319 A b) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Finanzplan des Bundes 2013 bis 2017 Drucksache 17/14301 . . . . . . . . . . . . . . . . 2319 B Einzelplan 04 Bundeskanzlerin und Bundeskanzleramt Katja Kipping (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 2319 B Dr. Angela Merkel, Bundeskanzlerin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2322 B Katrin Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2328 D Thomas Oppermann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 2333 B Volker Kauder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 2337 D Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE) . . . . . . . . . 2341 B Bettina Hagedorn (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 2343 B Tabea Rößner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2345 D Gerda Hasselfeldt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 2347 C Sigrid Hupach (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 2349 D Dr. Hans-Ulrich Krüger (SPD) . . . . . . . . . . . . 2350 C Monika Grütters, Staatsministerin BK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2352 C Tabea Rößner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2353 D Dr. Eva Högl (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2354 D Rüdiger Kruse (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 2356 A Hiltrud Lotze (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2357 A Einzelplan 05 Auswärtiges Amt Dr. Frank-Walter Steinmeier, Bundesminister AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2358 A Michael Leutert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 2360 D Dr. Andreas Schockenhoff (CDU/CSU) . . . . 2361 D Dr. Frithjof Schmidt (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2364 B Niels Annen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2365 C Stefan Liebich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 2366 C Michael Brand (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 2367 C Dr. Franziska Brantner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2368 D Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2369 C Gabriela Heinrich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 2370 C Alexander Ulrich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 2371 C Thomas Dörflinger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 2372 B Karl-Georg Wellmann (CDU/CSU) . . . . . . . . 2373 D Alois Karl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . 2374 D Tagesordnungspunkt 4: – Beschlussempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses zu dem An- trag der Bundesregierung: Beteiligung Inhaltsverzeichnis II Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 29. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 9. April 2014 bewaffneter deutscher Streitkräfte am maritimen Begleitschutz bei der Hydro- lyse syrischer Chemiewaffen an Bord der CAPE RAY im Rahmen der ge- meinsamen VN/OVCW-Mission zur Vernichtung der syrischen Chemie- waffen Drucksachen 18/984, 18/1067 . . . . . . . . . 2376 D – Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung Drucksache 18/1096 . . . . . . . . . . . . . . . . . 2376 D Dr. Rolf Mützenich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 2377 A Jan van Aken (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 2378 D Dr. Johann Wadephul (CDU/CSU) . . . . . . . . . 2380 B Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2381 B Thorsten Frei (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 2382 C Julia Bartz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . 2383 B Namentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . 2384 C Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2387 D Annette Groth (DIE LINKE) (Erklärung nach § 31 GO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2384 D Tagesordnungspunkt 1: (Fortsetzung) a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes über die Feststellung des Bundes- haushaltsplans für das Haushaltsjahr 2014 (Haushaltsgesetz 2014) Drucksache 18/700 b) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Finanzplan des Bundes 2013 bis 2017 Drucksache 17/14301 Einzelplan 14 Bundesministerium der Verteidigung Dr. Ursula von der Leyen, Bundesministerin BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2385 B Michael Leutert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 2390 A Rainer Arnold (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2391 A Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2393 D Henning Otte (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 2395 C Dr. Alexander S. Neu (DIE LINKE) . . . . . . . 2397 B Henning Otte (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 2397 D Wolfgang Hellmich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 2399 B Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2399 C Doris Wagner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2401 C Ingo Gädechens (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 2402 C Karin Evers-Meyer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 2404 C Bartholomäus Kalb (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 2405 B Einzelplan 23 Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Dr. Gerd Müller, Bundesminister BMZ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2407 A Michael Leutert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 2409 C Dr. Bärbel Kofler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 2411 A Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2412 D Sabine Weiss (Wesel I) (CDU/CSU) . . . . . . . 2414 A Heike Hänsel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 2415 B Sonja Steffen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2416 D Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2418 B Jürgen Klimke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 2419 D Stefan Rebmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 2420 D Peter Stein (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . 2422 B Volkmar Klein (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 2423 B Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2424 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 2425 A Anlage 2 Erklärungen nach § 31 GO zur namentlichen Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung: Beteiligung bewaffne- ter deutscher Streitkräfte am maritimen Be- gleitschutz bei der Hydrolyse syrischer Che- miewaffen an Bord der CAPE RAY im Rahmen der gemeinsamen VN/OVCW-Mis- sion zur Vernichtung der syrischen Chemie- waffen (Tagesordnungspunkt 4) . . . . . . . . . . . 2425 C Ulla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . 2425 C Stefan Liebich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 2426 B Petra Pau (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . 2426 C Richard Pitterle (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 2426 D Halina Wawzyniak (DIE LINKE) . . . . . . . . . 2427 B Harald Weinberg (DIE LINKE) . . . . . . . . . . 2428 A Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 29. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 9. April 2014 III Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Herbert Behrens, Matthias W. Birkwald, Cornelia Möhring, Martina Renner, Kathrin Vogler (alle DIE LINKE) zur namentlichen Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung: Beteiligung bewaffne- ter deutscher Streitkräfte am maritimen Be- gleitschutz bei der Hydrolyse syrischer Che- miewaffen an Bord der CAPE RAY im Rahmen der gemeinsamen VN/OVCW-Mis- sion zur Vernichtung der syrischen Chemie- waffen (Tagesordnungspunkt 4) . . . . . . . . . . . 2428 A Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Christine Buchholz und Hubertus Zdebel (beide DIE LINKE) zur namentlichen Ab- stimmung über die Beschlussempfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung: Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte am maritimen Begleit- schutz bei der Hydrolyse syrischer Chemie- waffen an Bord der CAPE RAY im Rahmen der gemeinsamen VN/OVCW-Mission zur Vernichtung der syrischen Chemiewaffen (Ta- gesordnungspunkt 4) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2428 C Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Sevim Dağdelen, Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Alexander S. Neu, Heike Hänsel, Inge Höger, Annette Groth, Alexander Ulrich, Andrej Hunko, Karin Binder, Pia Zimmermann, Niema Movassat, Azize Tank, Katrin Werner (alle DIE LINKE) zur nament- lichen Abstimmung über die Beschlussemp- fehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung: Beteiligung be- waffneter deutscher Streitkräfte am maritimen Begleitschutz bei der Hydrolyse syrischer Chemiewaffen an Bord der CAPE RAY im Rahmen der gemeinsamen VN/OVCW-Mis- sion zur Vernichtung der syrischen Chemie- waffen (Tagesordnungspunkt 4) . . . . . . . . . . . 2429 A Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 29. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 9. April 2014 2319 (A) (C) (D)(B) 29. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 9. April 2014 Beginn: 9.00 Uhr
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    Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 29. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 9. April 2014 2425 (A) (C) (B) Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten (D) Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Alpers, Agnes DIE LINKE 09.04.2014 Bätzing-Lichtenthäler, Sabine SPD 09.04.2014 Ehrmann, Siegmund SPD 09.04.2014 Ernstberger, Petra SPD 09.04.2014 Dr. Fabritius, Bernd CDU/CSU 09.04.2014 Gehrcke, Wolfgang DIE LINKE 09.04.2014 Gleicke, Iris SPD 09.04.2014 Gohlke, Nicole DIE LINKE 09.04.2014 Groß, Michael SPD 09.04.2014 Hardt, Jürgen CDU/CSU 09.04.2014 Haßelmann, Britta BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 09.04.2014 Hellmuth, Jörg CDU/CSU 09.04.2014 Keul, Katja BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 09.04.2014 Lezius, Antje CDU/CSU 09.04.2014 Maisch, Nicole BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 09.04.2014 Dr. Priesmeier, Wilhelm SPD 09.04.2014 Pronold, Florian SPD 09.04.2014 Rawert, Mechthild SPD 09.04.2014 Rüthrich, Susann SPD 09.04.2014 Scharfenberg, Elisabeth BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 09.04.2014 Schlecht, Michael DIE LINKE 09.04.2014 Schwabe, Frank SPD 09.04.2014 Dr. Tauber, Peter CDU/CSU 09.04.2014 de Vries, Kees CDU/CSU 09.04.2014 Wunderlich, Jörn DIE LINKE 09.04.2014 Zech, Tobias CDU/CSU 09.04.2014 Ziegler, Dagmar SPD 09.04.2014 Anlage 2 Erklärungen nach § 31 GO zur namentlichen Abstimmung über die Be- schlussempfehlung des Auswärtigen Ausschus- ses zu dem Antrag der Bundesregierung: Betei- ligung bewaffneter deutscher Streitkräfte am maritimen Begleitschutz bei der Hydrolyse syri- scher Chemiewaffen an Bord der CAPE RAY im Rahmen der gemeinsamen VN/OVCW-Mis- sion zur Vernichtung der syrischen Chemiewaf- fen (Tagesordnungspunkt 4) Ulla Jelpke (DIE LINKE): In diesem Parlament wer- den zurzeit im Wochentakt Militäreinsätze beschlossen. Es wird umgesetzt, was die Große Koalition angekün- digt und was Bundespräsident Joachim Gauck bei der Münchner Sicherheitskonferenz gefordert haben: Deutsch- land will militärisch wieder an möglichst vielen Schau- plätzen der Welt mitmischen, Deutschland will zur welt- weiten Militärmacht werden, der bewaffnete Einsatz – früher hat man einfach Krieg gesagt – soll zur norma- len Option deutscher Außenpolitik werden. Ich bin nicht in dieses Parlament gewählt worden, um dieser militaristischen Politik zuzustimmen. Ich habe in den vielen Wahlkämpfen, die ich bislang für die PDS und die Linke geführt habe, immer klargestellt, dass ich gegen jeden deutschen Militäreinsatz bin, so wie es auch heute im Programm der Linkspartei und auch im Wahl- programm verankert ist. Es ist bezeichnend, dass eine kompromisslose Anti- kriegspolitik vom Mainstream der deutschen Medien und von deutlich über 90 Prozent dieses Hauses als „nicht regierungsfähig“ abgetan wird. Ich mache keinen Hehl daraus: Wenn die Bereitschaft zum Krieg, die Be- reitschaft zur Entsendung der Bundeswehr, die Eintritts- karte zum Regieren sein soll, dann bin ich gegen das Mitregieren. Das gilt auch bei der heutigen Abstimmung. Da ist zunächst festzuhalten: Es gibt für die von der Bundesre- gierung geforderte Militärmission nicht einmal ein UN- Mandat. Es gibt keine präzise Gefährdungseinschätzung und keinerlei konkrete Hinweise auf mögliche Angriffe auf das US-amerikanische Schiff, auf dem die Chemie- waffen neutralisiert werden sollen. Die Bundesregierung Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Anlagen 2426 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 29. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 9. April 2014 (A) (C) (D)(B) hat in ihrer Antwort auf eine schriftliche Frage vage auf mögliche „organisierte Kriminalität, Piraterie und Terro- rismus“ verwiesen. Damit lässt sich aber kein Bundes- wehrmandat rechtfertigen. Die aufgezählten „mögli- chen“ Bedrohungen sind allesamt nichtmilitärischer Natur. Ihre Abwehr ist eine Polizeiaufgabe. Das betont die Linke schon in der Kritik des „Antipiraterie“-Einsat- zes vor Somalia, und das gilt es auch jetzt zu betonen. Die EU-Mittelmeeranrainer verfügen über entspre- chende polizeiliche Ressourcen, ihre Küstenwachen und andere Grenzbehörden sind für den Einsatz auch auf See ausgestattet. Davon abgesehen ist das Mittelmeer ohne- hin schon hochmilitarisiert und wimmelt nur so von Kriegsschiffen der NATO. Ein zusätzlicher Bundes- wehreinsatz ist daher auch sachlich unnötig und dient einzig dem politischen Zweck, Deutschland wieder an eine Art vorderster Front zu bringen. Hinzu kommt, dass das Mandat, wie gewohnt, extrem „großzügig“ ist und nicht nur das Mittelmeer, sondern auch bei Bedarf den Nordatlantik mit angrenzenden See- gebieten in internationalen Gewässern umfasst. Mit an die 50 Millionen Quadratkilometer deckt das Mandat da- mit einen äußerst großen Teil der Nordhalbkugel der Erde ab. Das ist sachlich völlig unnötig und nur Aus- druck des Großmachtstrebens, das hinter dem Mandat steckt. Eine Zustimmung zu einem solchen Einsatz würde nicht nur die prinzipielle Haltung der Linken gegen Bun- deswehreinsätze im Ausland durch eine nur scheinbar harmlose Einzelfallentscheidung durchlöchern. Sie würde auch den Einsatz der Bundeswehr zum Zwecke der „Ab- wehr“ einer „Gefahr“ gutheißen, die ganz und gar im Va- gen bleibt. Und sie würde die Mandatierung der Bundes- wehr mit Polizeiaufgaben legitimieren. Das sind viele Gründe, dagegenzustimmen. Stefan Liebich (DIE LINKE): Die Debatte um den Schutz der Vernichtung der syrischen Chemiewaffen wird innerhalb meiner Fraktion kontrovers geführt. Ich respektiere viele Argumente derer, die dem vorliegenden Mandat nicht ihre Zustimmung erteilt haben, bin aber zu einem anderen Schluss gekommen. Ich habe dem Antrag der Bundesregierung zugestimmt und möchte hier meine Begründung darlegen. Ich halte den Schutz der Zerstörung von Massenver- nichtungswaffen für den besten Auftrag, den eine Armee erfüllen kann. Als am 27. September 2013 der einstim- mige Beschluss des Sicherheitsrates der Vereinten Natio- nen mit der Zustimmung Russlands und der Volksrepu- blik China für die Ausfuhr und die Vernichtung der Chemiewaffen aus Syrien – Resolution 2118 – gefasst wurde, ist eine weitere Eskalation des Bürgerkriegs ver- hindert worden. Die angekündigte Intervention der Ver- einigten Staaten von Amerika in diesen Krieg konnte so vermieden werden und der erneute Einsatz von Massen- vernichtungswaffen wurde bis zu deren vollständigem Abzug erschwert bzw. danach verhindert. Die Vereinten Nationen haben in der Resolution 2118 des Sicherheitsrates alle Mitgliedstaaten um die Hilfe bei der Beseitigung der Chemiewaffen gebeten. Dänische Schiffe bringen die Chemiewaffen unter dem Schutz rus- sischer und chinesischer Schiffe nach Italien, dort wer- den sie auf die US-amerikanische „Cape Ray“ verladen; es ist unter anderem ein deutsches Schiff, das dann den Prozess der Hydrolyse bewacht. Viele Länder beteiligen sich an diesem wichtigen Prozess. Die Bundesrepublik Deutschland steht durch ihr Han- deln in der Vergangenheit in diesem Konflikt in beson- derer Verantwortung. Die Auslieferung von Dual-Use- Gütern, die zur Herstellung von Chemiewaffen genutzt werden können, an Syrien, ein Land, das zu diesem Zeit- punkt die Chemiewaffenkonvention nicht ratifiziert hatte, war falsch. Auch darum ist es jetzt wichtig, dass die Bundesrepublik Deutschland sich in besonderem Maße bei der Vernichtung der syrischen Chemiewaffen engagiert. Ich bin für eine konsequente Abrüstung von Massen- vernichtungswaffen weltweit. Ich bin für eine starke UNO. Ich bin für eine konsequente Einhaltung des Völ- kerrechts. Daher habe ich dem Antrag der Bundesregie- rung zugestimmt. Petra Pau (DIE LINKE): Hiermit erkläre ich, dass ich zur vorliegenden Beschlussempfehlung mit Enthal- tung stimme. Erstens. Zur Abstimmung stand die Beschlussempfeh- lung des Auswärtigen Ausschusses – Drucksache 18/1067 – zu einem Antrag der Bundesregierung – Drucksache 18/984 – zur „Beteiligung bewaffneter deutscher Streit- kräfte am maritimen Begleitschutz bei der Hydrolyse syrischer Chemiewaffen an Bord der CAPE RAY im Rahmen der gemeinsamen VN/OVCW-Mission zur Ver- nichtung der syrischen Chemiewaffen“. Ich habe mit Enthaltung votiert. Zweitens. Es geht um die Vernichtung syrischer Che- miewaffen, also um Abrüstung. Das findet meine Zu- stimmung, zumal die Bundesrepublik Deutschland dafür eine große Verantwortung trägt, da sie maßgeblich an der Hochrüstung Syriens – und weiterer Staaten – betei- ligt war bzw. ist. Das spräche für ein Ja. Drittens. Zugleich ist nicht auszuschließen, dass die USA und weitere NATO-Staaten diese Beteiligung der Deutschen Bundeswehr als Entlastung missdeuten, um die angedrohte militärische Eskalation gegen Russland im aktuellen Krim-Konflikt zu forcieren. Das spräche für ein klares Nein. Viertens. Meine gewissenhafte politische Abwägung zwischen einem Ja zum militärischer Abrüstung und ei- nem Nein zu militärischer Eskalation führt mich im kon- kreten Fall zu einer Enthaltung in oben genannter Ab- stimmung. Richard Pitterle (DIE LINKE): Dem Wunsch der Bundesregierung, dem beantragten Mandat meine Zu- stimmung zu geben, kann ich nicht entsprechen. Grundsätzlich befürworte ich den Einsatz der Bundes- wehr im Ausland nicht. Dies nicht aus einer pazifisti- schen, sondern aus einer antimilitaristischen Grundhal- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 29. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 9. April 2014 2427 (A) (C) (D)(B) tung heraus, weil alle Erfahrungen zeigen, dass sich letztlich Probleme in der Welt nicht militärisch lösen las- sen. Darüber hinaus bin ich der festen Überzeugung, dass sich Deutschland aus historischen Gründen – aufgrund der bei den europäischen Völkern unvergessenen Verbrechen der Deutschen Wehrmacht – militärisch nicht engagieren sollte. Gegenwärtig erleben wir eine Politik der systemati- schen Ausweitung von Bundeswehreinsätzen, die mit der „gewachsenen Verantwortung“ Deutschlands be- gründet wird. Diese lehnt die Linke zu Recht als einzige Fraktion ab. Trotz meiner grundsätzlichen Ablehnung der deut- schen Auslandseinsätze war ich bereit, das vorliegende Mandat auf seine Zustimmungsfähigkeit zu prüfen, weil es sich meines Erachtens um keinen Kriegseinsatz han- delt. Denn eine grundsätzliche Haltung entbindet den Abgeordneten nicht von der Verantwortung, zu prüfen, ob eine Teilnahme der Bundeswehr an Abrüstungsmaß- nahmen sinnvoll wäre. Die Abrüstung und Vernichtung der chemischen Waffen Syriens sind ein positiver Schritt, der von mir und meiner Fraktion als Ganzes be- grüßt wird. Insbesondere die Entsorgung der Waffen in der niedersächsischen Anlage in Munster ist ein wichti- ger Beitrag, den Deutschland leisten kann. Die hingegen von der Bundesregierung beantragte Teilnahme einer Fregatte der Bundeswehr zur Sicherung des Vorgangs der Demontage auf einem Kriegsschiff halte ich für nicht erforderlich und für reine Symbolpoli- tik. Auf Kosten der Steuerzahler soll die Fregatte der Bundeswehr eingesetzt werden, damit Frau von der Leyen ihren Anspruch auf „Mitverantwortung“ unter- streichen kann. Die hierbei von der Bundesregierung ge- nannten Kosten von 7,2 Millionen Euro sind reine Steu- erverschwendung und könnten anderweitig sinnvoller eingesetzt werden. Als Finanzpolitiker muss ich den Einsatz daher bereits aus fiskalischen Gründen ablehnen. Ich habe mich nach gründlicher Abwägung aller Ar- gumente entschieden, mit Nein zu stimmen, aber will festhalten, dass ich ausdrücklich die Entscheidung mei- ner Kolleginnen und Kollegen respektiere, die nach Ab- wägung der Argumente zustimmen oder sich enthalten. Es ist eine Stärke unserer Fraktion, dass wir unsere un- terschiedliche Meinung respektieren und dem anders Entscheidenden nicht andere Motive für seine Entschei- dung unterstellen. Halina Wawzyniak (DIE LINKE): Der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte am maritimen Be- gleitschutz bei der Hydrolyse syrischer Chemiewaffen an Bord der „Cape Ray“ im Rahmen der gemeinsamen VN/OVCW-Mission zur Vernichtung der syrischen Che- miewaffen habe ich nicht zugestimmt. Die nachfolgen- den, im Wesentlichen vom Journalisten René Heilig be- reits im Neuen Deutschland vom 5. April 2014 unter dem Titel „Deutsche Marine als Lückenbüßer“ genann- ten Argumente haben mich zu einem Nein bei der Ab- stimmung bewogen. Erstens. Deutschland beteiligt sich an der Vernichtung der syrischen Chemiewaffen im eigenen Land, in Muns- ter. Die Abfallprodukte der Zerstörung auf hoher See werden nach Deutschland transportiert und von einer bundeswehreigenen Gesellschaft am Bundeswehrstand- ort Munster endgültig vernichtet. Diese Beteiligung an der Vernichtung der syrischen Chemiewaffen ist aus- drücklich zu begrüßen und zu unterstützen. Das Argu- ment, Deutschland würde sich nicht an der Vernichtung beteiligen, gilt demnach nicht. Deutschland beteiligt sich an der Vernichtung. Zweitens. Die „Cape Ray“ ist nicht schutzlos. Für ih- ren Schutz bedarf es der deutschen Marine nicht. Für den Abtransport der syrischen Kampfstoffe aus dem Hafen von Latakia durch den dänischen Frachter „Ark Futura“ und die norwegische „Taiko“ ist eine Nahsicherung vor- gesehen, die von der russischen und der chinesischen Marine gestellt wird. Derzeit sind rund 60 Prozent der syrischen Kampfstoffe, die in der Masse in Tanks gela- gert sind, auf die Schiffe gebracht. Auf hoher See über- nehmen drei Kriegsschiffe aus Norwegen, Dänemark und Großbritannien den Schutz der beiden Frachter. Die sollen die Kampfstoffe in den italienische Containerha- fen Gioia Tauro nördlich der Straße von Messina brin- gen. Dort werden diese unter Schutz der italienischen Sicherheitskräfte auf die „Cape Ray“ umgeladen. Außer- halb der italienischen Hoheitsgewässer wird das US- Spezialschiff durch die US-Navy gesichert. Das Argu- ment, die Vernichtung der Chemiewaffen müsse geschützt werden, ist richtig. Es ist aber nicht erkennbar, dass zum Schutz der Vernichtung die deutsche Marine erforderlich ist. Drittens. Die US-Mittelmeerflotte hat zwei Fregatten ins Schwarze Meer abgestellt, um vor den Krim-Gewäs- sern Manöver mit Verbündeten abzuhalten. Soweit diese beim weiteren Schutz der „Cape Ray“ fehlen sollten, kann und darf dies nicht durch die deutsche Marine aus- geglichen werden. Diese wäre dann tatsächlich Lücken- büßer und legitimiert damit das militärische Manöver vor der Krim. Militärische Manöver statt Schutz von Ab- rüstungsaktivitäten sind keine gute Begründung, um ei- nen Einsatz der deutschen Marine im Ausland als Lü- ckenbüßer zu rechtfertigen. Viertens. Das Mandat umfasst – Punkt 3 – auch Tran- sitfahrten im Mittelmeer und bei Bedarf auch im Nordat- lantik mit angrenzenden Seegebieten – also der Nord- und Ostsee. Damit sollen jene Schiffe eskortiert werden, die die nach der Hydrolyse der syrischen Kampfstoffe auf der „Cape Ray“ anfallenden chemischen Stoffe zu den endgültigen Vernichtungsstätten in Großbritannien, im deutschen Munster und nach Finnland bringen. Diese Fracht ist dann aber gar nicht mehr als Waffe verwend- bar. Ein militärischer Begleitschutz ist hier also gar nicht nötig. Ganz klar will ich aber auch sagen: Es handelt sich nicht um einen Kriegseinsatz der Bundeswehr. Krieg ist etwas anderes. Wer hier von Kriegseinsatz spricht, ver- harmlost Krieg. 2428 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 29. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 9. April 2014 (A) (C) (D)(B) Harald Weinberg (DIE LINKE): Ich bin für die Ver- nichtung dieser syrischen und aller anderen Chemiewaf- fen sowie aller weiteren Massenvernichtungswaffen – sie hätten niemals hergestellt werden dürfen –, auch wenn ich den Antrag der Bundesregierung ablehne. Ich begrüße es, dass die endgültige Entsorgung in Deutschland – Munster, GEKA – vorgenommen wird. Mit der Lieferung von Ausgangsstoffen hat Deutschland mit hoher Wahrscheinlichkeit einen wesentlichen Anteil an der Existenz dieser Chemiewaffen und leistet durch die Entsorgung einen wichtigen Beitrag zu ihrer Ver- nichtung. Für die Gesamtaktion der Vernichtung der syrischen Chemiewaffen an Bord der „Cape Ray“ ist eine Beteili- gung bewaffneter deutscher Streitkräfte am maritimen Begleitschutz aus meiner Sicht völlig entbehrlich. Das gilt selbst dann, wenn man berücksichtigt, dass die von Russland im Rahmen des NATO-Russland-Rats angebo- tene Unterstützung mit Begleitschiffen nun seitens der NATO im Zusammenhang mit der Krim-Krise abgewie- sen wurde. Sogar die Bundesverteidigungsministerin spricht von einem eher symbolischen Beitrag, den die deutsche Fregatte hier leiste. Deshalb werde ich den Antrag der Bundesregierung ablehnen. Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Herbert Behrens, Matthias W. Birkwald, Cornelia Möhring, Martina Renner, Kathrin Vogler (alle DIE LINKE) zur namentlichen Abstimmung über die Beschluss- empfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung: Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte am mariti- men Begleitschutz bei der Hydrolyse syrischer Chemiewaffen an Bord der CAPE RAY im Rahmen der gemeinsamen VN/OVCW-Mission zur Vernichtung der syrischen Chemiewaffen (Tagesordnungspunkt 4) Die Vernichtung syrischer Chemiewaffen ist ein be- deutsamer Beitrag zur Abrüstung und ein notwendiger, jedoch nicht hinreichender Beitrag zum Schutz der syri- schen Zivilbevölkerung in einem anhaltenden, grausa- men Bürgerkrieg, dem bereits Zehntausende zum Opfer gefallen sind. In Übereinstimmung mit unserer Fraktion unterstützen wir die Beteiligung Deutschlands an dieser Aktion durch die Entsorgung der Reststoffe im nieder- sächsischen Munster. Die Entsendung deutscher Solda- tinnen und Soldaten auf der Fregatte „Augsburg“ zum militärischen Begleitschutz im Rahmen der US-geführ- ten Aktion lehnen wir jedoch ab und stimmen deswegen mit Nein. Das von der Bundesregierung vorgelegte Mandat be- gründet unserer Ansicht nach weder die Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit dieses erneuten Bundeswehrein- satzes noch schafft es hinreichende Klarheit über Art und Umfang von Einsatzgebiet und Auftrag. Zudem steht dieser Einsatz symbolisch für eine Politik der syste- matischen Ausweitung von Bundeswehreinsätzen, die wir ablehnen. Wir haben uns intensiv mit dieser Frage auseinander- gesetzt und unsere Entscheidung begründet nach Abwä- gung aller Argumente getroffen. Wir erklären ausdrück- lich unseren Respekt vor denjenigen Kolleginnen und Kollegen, die nach ebenso ernsthafter Abwägung der Argumente und Hintergründe für sich zu einer anderen Schlussfolgerung gekommen sind. Wir halten das für ei- nen Gewinn an politischer Kultur. Die Linke ist diejenige Fraktion im Bundestag, die sich am deutlichsten für eine Zivilisierung der deutschen Außenpolitik, für umfassende Abrüstung, Vernichtung von Massenvernichtungswaffen und gegen Rüstungs- exporte einsetzt. Das konsequente Nein zu den Kampf- einsätzen der Bundeswehr und das Aufzeigen von Alter- nativen bleibt Grundlage unserer gemeinsamen Politik. Damit vertritt die Linke auch eine Mehrheit in der Be- völkerung, die diese Einsätze ablehnt und ohne uns keine Stimme im Bundestag hätte. Das wird auch so bleiben. Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Christine Buchholz und Hubertus Zdebel (beide DIE LINKE) zur na- mentlichen Abstimmung über die Beschluss- empfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung: Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte am mariti- men Begleitschutz bei der Hydrolyse syrischer Chemiewaffen an Bord der CAPE RAY im Rahmen der gemeinsamen VN/OVCW-Mission zur Vernichtung der syrischen Chemiewaffen (Tagesordnungspunkt 4) Wir haben heute gegen den Antrag der Bundesregie- rung zur Entsendung eines bewaffneten Kriegsschiffes der Bundeswehr mit 300 Soldatinnen und Soldaten ins Mittelmeer, den Nordatlantik und angrenzende Seege- biete gestimmt. Wir sind für die Vernichtung des syrischen Giftgases und auch dafür, dass die Reststoffe in der bundeswehrei- genen Firma GEKA in Munster vernichtet werden. Den Begleitschutz durch die Fregatte „Augsburg“ lehnen wir ab. Denn er findet nicht im luftleeren Raum statt. Er ist Teil der Neuausrichtung der Bundeswehr, die in immer mehr internationale Einsätze geschickt werden soll. Die Bundesregierung will die Öffentlichkeit weiter an Auslandseinsätze der Bundeswehr gewöhnen. Vor nicht mal einer Woche wurde ein neuer Bundeswehreinsatz in Somalia beschlossen, morgen stimmen wir über einen weiteren neuen Einsatz in der Zentralafrikanischen Re- publik ab. Wir lehnen diese Neuausrichtung ab. Die Bundesregierung nutzt die Vernichtung der Chemiewaf- fen auch, um das schlechte Bild von Auslandseinsätzen zu korrigieren. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 29. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 9. April 2014 2429 (A) (C) (D)(B) Die Bundesregierung hat in den Fachausschüssen des Bundestages falsch informiert. Sie hat ein Mandat vor- gelegt, das ein weit über den geplanten Einsatz hinaus- gehendes Einsatzgebiet vorsieht. Dieses Vorgehen zeigt zum wiederholten Mal, dass die Regierung zum Teil keine korrekten Informationen über die Planung von Bundeswehreinsätzen und die Einsätze selbst gibt. Deutsche Unternehmen haben jahrelang Material für Giftgasfabriken und Giftgasbestandteile, sogenannte Dual-Use-Güter, nach Syrien geliefert. Es wäre wichtig, sofort die Lieferung von Dual-Use-Chemikalien an Län- der, die nicht Mitglied der Chemiewaffenkonvention sind, einzustellen. Dies wäre, neben der Beteiligung an der Vernichtung des Chemiewaffenprogramms Syriens in Munster, der wichtigste Beitrag, den zukünftigen Ein- satz von Chemiewaffen zu verhindern, nicht die Entsen- dung der Bundeswehr ins Mittelmeer. Deshalb haben wir heute gegen die Entsendung der Marine gestimmt. Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Sevim Dağdelen, Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Alexander S. Neu, Heike Hänsel, Inge Höger, Annette Groth, Alexander Ulrich, Andrej Hunko, Karin Binder, Pia Zimmermann, Niema Movassat, Azize Tank, Katrin Werner (alle DIE LINKE) zur namentli- chen Abstimmung über die Beschlussempfeh- lung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung: Beteiligung be- waffneter deutscher Streitkräfte am maritimen Begleitschutz bei der Hydrolyse syrischer Che- miewaffen an Bord der CAPE RAY im Rahmen der gemeinsamen VN/OVCW-Mission zur Ver- nichtung der syrischen Chemiewaffen (Tages- ordnungspunkt 4) Wir haben heute aus prinzipieller Sicht, aber gerade auch angesichts der konkreten Sachlage gegen den An- trag der Bundesregierung zur Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte am maritimen Begleitschutz bei der Hydrolyse syrischer Chemiewaffen an Bord der „Cape Ray“ gestimmt. Wir teilen die Einschätzung aus der Friedensbewegung, von Friedensaktivisten und Frie- densforschern, dass „kein plausibler Grund erkennbar (ist), den zwischen Syrien und den Vereinten Nationen bzw. der OPCW ausgehandelten Abzug des gesamten syrischen Chemiewaffenarsenals und dessen Vernich- tung mit einer militärischen Komponente vonseiten der Bundesrepublik Deutschland zu begleiten“ (Stellung- nahme Bundesausschuss Friedensratschlag 08.04.2014). Unsere Antwort muss zivil bleiben. Wir möchten, dass der zivile Beitrag Deutschlands zur Vernichtung der syri- schen Chemiewaffen ausgeweitet wird. Deutschland darf in Zukunft nicht weiter Chemikalien oder Anlagen, die zur Herstellung von Chemiewaffen dienen, in Länder exportieren, die die Chemiewaffenkonvention nicht rati- fiziert haben. Wir haben gegen den Antrag der Bundesregierung ge- stimmt, weil wir überzeugt sind, dass unsere Antwort eben nicht militärisch sein darf. Auslandseinsätze der Bundeswehr lösen kein einziges Problem. Im Gegenteil schaffen sie ständig neue Probleme. Deutschland ist an der Vernichtung der Chemiewaffen aus Syrien beteiligt, ohne dass es an einem Auslandseinsatz teilnehmen muss: Die sichergestellten Chemiewaffen werden unter anderem nach Munster in Niedersachsen gebracht, wo sie vernichtet werden. Deutschland erbringt damit einen maßgeblichen Beitrag zur Vernichtung der Chemiewaf- fen. Das ist konkrete Abrüstungspolitik. Wir haben heute gegen den Einsatz gestimmt, weil sich zudem eine ganze Reihe von neuen Risiken, die mit dem Einsatz eines deutschen Kriegsschiffs verbunden sind, ergeben. Gerade auch vor dem Hintergrund der Be- endigung der militärischen NATO-Russland-Koopera- tion, einer neuen Eskalation der USA, Saudi-Arabiens und der Türkei mit False-Flag-Operations und der mög- lichen Vorbereitung eines Angriffskriegs gegen Syrien ist äußerste Vorsicht geboten. Auf Nachfragen konnte die Bundesregierung keine schlüssige Erklärung liefern, warum das Mandat nicht nur das Mittelmeer, sondern auch den Nordatlantik und dessen angrenzende Seege- biete umfasst. Unklar ist weiterhin, wie viele Kriegs- schiffe insgesamt überhaupt eingesetzt werden sollen. Auch was die Aufgaben angeht, ist das Mandat einfach unklar. Diese Situation gebietet es, der Bundesregierung nicht eine unwidersprochene Carte blanche für ihren Mi- litäreinsatz zu erteilen. Die Anfrage für die Entsendung des deutschen Kriegsschiffs kommt direkt von den USA. Die Frage, ob neben einer symbolischen Funktion hier eine deutsche Entlastung der Kriegsmarine der USA für andere Aufgaben nach dem Vorbild der Abstellung deut- scher Wachmannschaften zur Bewachung von US-Ka- sernen im Vorfeld des Irak-Krieges übernommen werden soll, bleibt ungeklärt. Sie stellt sich allerdings aktuell verschärft, da ein weiteres US-amerikanisches Kriegs- schiff ins Schwarze Meer entsandt wurde und die Bundeswehr hier somit eine Entlastungsfunktion für die US-Streitkräfte im Mittelmeer übernimmt. Die 12 Mil- lionen Euro für diesen neuen Militäreinsatz wären für die Aufstockung des Etats des World Food Programme für die syrischen Flüchtlinge besser aufgehoben. So stimmen wir auch deshalb gegen den Einsatz, weil er ne- ben einer symbolischen Funktion dazu beiträgt, Kriegs- schiffe für eine Eskalationspolitik der USA gegen Russ- land freizusetzen. Wir sagen aber nicht zuletzt auch heute Nein zum Einsatz deutscher Kriegsschiffe im Mittelmeer, weil es der Kontext einer verstärkt militarisierten deutschen Au- ßenpolitik ist, der eine Ablehnung des Einsatzes nahe- legt. Seit der Münchner Sicherheitskonferenz und den Erklärungen von Außenminister Steinmeier und Vertei- digungsministerin von der Leyen, mehr deutsche Welt- geltung mit einer Ausweitung deutscher Auslandsein- sätze erreichen zu wollen, wird im Bundestag nahezu in jeder Sitzungswoche über einen neuen Auslandseinsatz abgestimmt. Wie die große Mehrheit der Bevölkerung lehnen wir Auslandsabsätze der Bundeswehr ab. Deutsch- land sollte sich nicht militärisch engagieren, sondern zi- vil. Offsetdruc sellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 K kerei, Bessemerstraße 83–91, 1 öln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de 22 29. Sitzung Inhaltsverzeichnis Epl 04 Bundeskanzlerin und Bundeskanzleramt Epl 05 Auswärtiges Amt TOP 4 Bundeswehreinsatz VN/OVCW (Syrische C-Waffen) Epl 14 Verteidigung Epl 23 Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Anlagen
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Ulla Schmidt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


    Vielen Dank. – Weitere Wortmeldungen zu diesem

    Einzelplan liegen nicht vor.

    Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundes-
    ministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit
    und Entwicklung, Einzelplan 23.

    Das Wort hat jetzt für die Bundesregierung der Bun-
    desminister Dr. Müller.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


    Dr. Gerd Müller, Bundesminister für wirtschaftliche
    Zusammenarbeit und Entwicklung:

    Frau Präsidentin, es ist mir eine besondere Freude!
    Meine sehr verehrten Damen und Herren! Entwicklungs-
    politik hat unter dieser Regierung, unter der Regierung
    Merkel, einen besonders hohen Stellenwert. Wir legen
    mit der beschlossenen Steigerung heute den höchsten
    Etat in der Geschichte des BMZ vor.

    Mein Vorgänger hat mir eine ODA-Quote von
    0,37 Prozent hinterlassen, mit abfallenden Finanzie-
    rungsansätzen für 2015 bis 2017. Die Haushaltspolitiker
    wissen dies genau. Diese Delle – manche nennen sie die
    Niebel-Delle – gleichen wir aus und setzen erhebliche
    Mittel obendrauf.

    Außerdem steigen die Verpflichtungsermächtigungen
    um 2,7 Milliarden Euro auf 7,55 Milliarden Euro.

    Ich möchte mich an dieser Stelle bei all jenen, die in
    den Koalitionsverhandlungen dazu beigetragen haben,
    aber insbesondere bei den Haushältern herzlich dafür be-
    danken, dass wir dieses Ergebnis erzielen konnten. Ich
    hoffe, dass wir das in den Haushaltsberatungen bis zur
    zweiten Lesung umsetzen können. Danke schön!


    (Beifall bei der CDU/CSU)


    Die Entwicklungszusammenarbeit ist erfolgreich,
    wirksam und effizient. Wir arbeiten heute in der Welt mit
    70 Ländern zusammen. Ich möchte mich an dieser Stelle
    auch ganz herzlich bei all unseren Expertinnen und Ex-
    perten weltweit bedanken, denen ich zum Teil begegnet
    bin: von der GIZ, von UNICEF, von der Welthunger-
    hilfe, den Kirchen, dem Roten Kreuz und den privaten
    Organisationen, von den Hunderten, ja Tausenden Orga-
    nisationen der Zivilgesellschaft, die ein breites Spektrum
    abdecken. Vielen herzlichen Dank allen, die in der Welt
    großartige Arbeit leisten.


    (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Ich sage Ihnen: Diese Menschen freuen sich, dass wir für
    unsere Arbeit im Wesentlichen die Unterstützung aller
    Parteien im Bundestag haben.

    Die Welt steht vor gewaltigen Herausforderungen,
    und Entwicklungspolitik heute ist eine Investition in die
    Zukunft, den Frieden, Herr Verteidigungsstaatssekretär,
    und das Leben. Allein 25 000 Kinderherzen haben heute
    aufgehört zu schlagen, weil diese Kinder nichts zu Essen
    hatten, keine Medikamente bekommen haben, nicht ge-
    impft wurden oder kein sauberes Trinkwasser hatten. Für
    uns ist dies alles unvorstellbar. Ich will Ihnen, liebe Zu-
    schauerinnen und Zuschauer auf der Tribüne, die Sie ge-
    rade Ihre Frühjahrsdiät in der Fastenzeit machen, um Ihr
    Übergewicht zu verlieren, jetzt kein schlechtes Gewissen
    einreden, aber es stellt sich schon die Frage, warum wir,
    die 20 Prozent der Menschheit auf der Sonnenseite des
    Lebens, unter anderem hier in Europa und in Deutsch-
    land, uns herausnehmen, 80 Prozent des Wohlstandes,
    des Besitzes und der Ressourcen für uns zu beanspru-
    chen. Dies müssen wir hinterfragen.


    (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    25 000 Kinderherzen haben heute aufgehört, zu schla-
    gen, aber 250 000 Menschen sind heute neu auf der
    Welt. Es gibt pro Jahr 80 Millionen Menschen mehr.
    Man kann diese Zahlen kaum fassen. Die Bevölkerung
    Afrikas wird sich in den nächsten 50 Jahren verdoppeln.
    Die Bevölkerungszahlen in Europa stagnieren. Manche
    sagen, wir vergreisen. Die Bevölkerung in Asien wächst
    auf 4 bis 5 Milliarden auf. Dies bringt gewaltige Heraus-
    forderungen mit sich: 30 Prozent mehr Wasser, 40 Pro-
    zent mehr Energie und 50 Prozent mehr Nahrung bis
    2030. Aber ich sage Ihnen: Diese Herausforderungen
    sind mit der Entwicklungspolitik, mit der Entwicklungs-
    zusammenarbeit zu lösen. Wir machen uns an die Arbeit.

    Dabei muss Nachhaltigkeit unser Prinzip aller Ent-
    wicklungen sein. Ökonomisch muss das Ziel die Ent-
    kopplung von Wirtschaftswachstum und Ressourcenver-
    brauch sein. Ich habe heute ein aktuelles Bild aus Peking
    von meinem Sohn bekommen, der gerade dort ist. Die
    Sicht dort beträgt unter 10 Meter. Ich könnte meinen
    Staatssekretär Fuchtel, der in den Reihen der CDU/CSU
    sitzt, trotz aller Mächtigkeit und aller Breite nicht sehen,
    ohne Scheinwerfer einzuschalten.


    (Heiterkeit – Dr. Bärbel Kofler [SPD]: Kaum vorstellbar!)


    Das ist heute die Smogsituation in Peking, und das hat
    natürlich gewaltige Auswirkungen auf unser Klima welt-
    weit. Deshalb sage ich: Wir benötigen weltweit verbind-
    liche ökologische und soziale Standards.

    Ich habe vergangene Woche das Thema Textilwirt-
    schaft angesprochen. Wir setzen hier ein wichtiges
    Signal. Ich lade die deutsche Textilwirtschaft ein – ich
    hoffe, dies wird gelingen –, mit Blick auf den Jahrestag
    des Fabrikeinsturzes in Bangladesch mit uns ein Textil-
    siegel umzusetzen, das ökologische und soziale Stan-
    dards auch für die Näherinnen in Vietnam und in Bang-
    ladesch setzt.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Ich möchte auch auf Folgendes hinweisen: Dazu ge-
    hört auch die weltweite Durchsetzung des Verursacher-
    prinzips und der Wahrheit über die tatsächlichen ökolo-
    gischen Kosten des Transports. Wir können darüber
    diskutieren, wie wir das in der Zukunftscharta konkret
    umsetzen. Der unbegrenzte Freihandel, der für viele die





    Bundesminister Dr. Gerd Müller


    (A) (C)



    (D)(B)

    Vision ist, ist nicht unsere Vision. Der Markt braucht
    Grenzen und Regeln.


    (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


    Ich knüpfe an das an, was die Enquete-Kommission des
    Deutschen Bundestages vor Jahren erarbeitet hat: Wir
    brauchen die Standards einer ökologisch-sozialen
    Marktwirtschaft, und diese gilt es weltweit, bei der
    WTO, dem IWF, bei der Weltbank, bei der ILO, aber
    auch im Freihandelsabkommen mit den USA, zu veran-
    kern.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Unsere Entwicklungspolitik ist wertegebunden. Das
    heißt, jeder Mensch hat das unteilbare Recht auf Leben,
    auf Würde, auf Nahrung, auf Wasser und auf die Einhal-
    tung grundlegender Grundrechte. Wir können und wer-
    den helfen, bestehende Probleme zu lösen. Die Entwick-
    lungszusammenarbeit und -politik ist erfolgreich. Die
    Menschen fragen uns aber: Liebe Haushälter, haben eure
    Ausgaben einen Sinn? Ich bin nun 120 Tage im Amt,
    und überall werde ich gefragt: Du bringst Millionen nach
    Mali oder in den Südsudan, zum Beispiel in ein Flücht-
    lingscamp. Hat das denn einen Sinn? Wie wirkt sich das
    aus? – Wir müssen den Menschen vermitteln, dass es
    Sinn macht und wir erfolgreich sind.

    Ich möchte ein paar Zahlen zum Thema Hunger nen-
    nen. Trotz der täglich wachsenden Bevölkerung hat sich
    das Vorkommen von Armut und Hunger statistisch gese-
    hen seit 1990 halbiert. Das ist schon ein großartiger Er-
    folg der Entwicklungszusammenarbeit weltweit.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


    Ich komme zum Thema Gesundheit, Seuchen und
    Krankheiten. Seit 1990 hat sich die Mutter-Kind-Sterb-
    lichkeit weltweit um 50 Prozent reduziert. Die HIV-
    Quote hat sich um 22 Prozent verringert. Die Polio-
    Quote liegt praktisch bei null. Die Anzahl der Malaria-
    Erkrankungen, insbesondere in Afrika, hat sich um
    25 Prozent verringert. Das ist alles eine Folge großer
    Anstrengungen. An dieser Stelle möchte ich natürlich
    die großen Impfaktionen und -kampagnen nennen. Des-
    halb, verehrte Haushälter, bitten wir um Unterstützung:
    Wir wollen und werden den Globalen Fonds, den
    GFATM, verstärken.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


    Sie haben vorgeschlagen, dass zusätzliche Mittel in
    Höhe von 40 Millionen Euro zur Verfügung gestellt wer-
    den. Wir haben für die nächsten drei Jahre eine entspre-
    chende Zusage gegeben. Frau Kofler, Sie haben das
    stark unterstützt. Ich glaube, das Geld kommt genau da
    an, wo es notwendig ist – bei den Menschen und insbe-
    sondere den Kindern.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

    Wir werden den GAVI-Fonds für Spezialisten weiter
    ausbauen, wenn die Haushälter das akzeptieren. Wir
    werden aber auch die bilaterale Bereitstellung von Mit-
    teln für Impfaktionen weiter erhöhen.

    Kommen wir zum Thema Kriege, Bürgerkriege und
    Konflikte. Wir haben soeben den Verteidigungshaushalt
    diskutiert. Wenn man nach Afrika schaut, sieht es so aus,
    als wenn nur gekämpft würde und es nur Kriege, Kon-
    flikte und Katastrophen gäbe. Dies ist aber nicht der Fall.
    Seit 1990 hat sich die Anzahl der Toten durch Kriege
    und Bürgerkriege von 200 000 auf 50 000 im Jahr redu-
    ziert. Diese Zahlen sind natürlich nach wie vor schreck-
    lich. Sie sehen aber, dass sich in der Welt und insbeson-
    dere in Afrika einiges bessert.

    Die Koalition hat sofort gehandelt. Wir haben auch
    sofort Schwerpunkte gesetzt. Wir investieren 160 Mil-
    lionen Euro in die drei Sonderinitiativen „Eine Welt
    ohne Hunger“, „Fluchtursachen bekämpfen, Flüchtlinge
    reintegrieren“ und „Stabilisierung in Nordafrika und
    dem Nahen Osten“ sowie in den Klimaschutz.

    Entwicklungszusammenarbeit leistet Friedens- und
    Versöhnungsarbeit. Wir stärken die Konfliktprävention.
    Deshalb unterstützen wir auch die Arbeit der Afrikani-
    schen Union in genau diesem Bereich. Wir fördern den
    Religionsdialog. Wir entwickeln in unseren Partnerlän-
    dern Rechtskultur und unterstützen den Aufbau von
    Rechtsstaatlichkeit. Wir schützen Kinder, Frauen und
    Menschenrechte. Erstmals setzen wir mit einer Sonder-
    initiative zur Beseitigung des Flüchtlingselends einen ei-
    genen Schwerpunkt.

    Frau Roth, Sie haben einige Camps besucht.


    (Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja!)


    Wir müssen uns der Frage der Reintegration dieser Men-
    schen stellen. Wer soll und wird diese Arbeit leisten?
    Unsere Finanztitel sind dazu nicht ausreichend. Wir
    müssen hierzu eine Zukunftsstrategie entwickeln.


    (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Ich war mit einigen von Ihnen zu Besuch in den
    Camps im Südsudan, an der syrischen Grenze und in der
    Zentralafrikanischen Republik. Man schaut in den Him-
    mel, wenn man leuchtende Kinderaugen sieht, aber man
    schaut in die Hölle, wenn man das Elend sieht, in denen
    diese Kinder leben müssen. Sie haben dennoch Hoff-
    nung auf ein besseres Leben und auf eine bessere Zu-
    kunft. Dabei bauen diese Menschen insbesondere auf
    uns. Wir werden sie nicht vergessen. Mein Respekt und
    Dank gilt allen, die zwischen den Fronten kämpfen und
    helfen.

    Ich möchte noch einmal Syrien ansprechen. Die Men-
    schen dort befinden sich in einer besonders dramatischen
    Lage. Das humanitäre Völkerrecht muss gelten. Wir
    brauchen einen weltweiten Aufschrei. Eine Rettungsak-
    tion für das syrische Volk muss eingeleitet werden. Hier
    spielt sich vor unseren Augen die größte humanitäre Ka-
    tastrophe seit Jahrzehnten ab.





    Bundesminister Dr. Gerd Müller


    (A) (C)



    (D)(B)


    (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Das darf und kann nicht sein. Wir sprechen hier nicht
    wie beim Südsudan oder bei der Zentralafrikanischen
    Republik von 1 000 oder 2 000 Toten, wir sprechen hier
    von 120 000 oder 140 000 Toten. Assad muss seine
    Grenzen für humanitäre Hilfe öffnen. Die Welt darf sich
    nicht mit dem heute diskutierten Abzug von Chemiewaf-
    fen zufriedengeben. Wir haben dazu einen begleitenden
    Militäreinsatz beschlossen – das unterstützen wir –; aber
    wo bleibt ein Beschluss der Weltgemeinschaft und auch
    Europas zu humanitärer Hilfe für 10 Millionen flüch-
    tende, sterbende, hungernde Syrer?


    (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    An dieser Stelle wird sehr deutlich: Weder im Südsu-
    dan noch in der Zentralafrikanischen Republik ist ein
    militärisches Mandat ausreichend. Ein militärisches
    Mandat muss eingebettet sein in einen ganzheitlichen
    Prozess. Wir brauchen einen ganzheitlichen, vernetzten
    Ansatz. Vernetzte Entwicklungspolitik heißt für mich:
    humanitäre Hilfe, Stabilität, technischer Wiederaufbau,
    staatliche Strukturen. Ich sage an dieser Stelle: Militär
    allein schafft noch keine Lebensperspektive. Deshalb
    muss für alle zukünftigen Mandate die Gleichwertigkeit
    zwischen den zivilen – der Entwicklungszusammenar-
    beit – und den militärischen Komponenten gelten.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Die Entwicklungszusammenarbeit ist immer umfas-
    send gefordert; das zeigt das Beispiel Afghanistan. Ich
    bin mit Blick auf Afghanistan optimistisch; aber ich sage
    hier auch in der Haushaltsdebatte: Im Haushalt 2015
    müssen wir die Mittel für Afghanistan verstärken. Mit
    230 Millionen Euro für die EZ sind die Aufgaben, die
    auf uns zukommen, nicht zu lösen.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der Abg. Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


    Meine Botschaft an dieser Stelle ist nicht Resignation,
    sondern Aufbruch, neues Denken und Mut, Investitionen
    in Zukunft, Frieden und das Leben. Meine Überzeugung
    ist: Heute, im 21. Jahrhundert, könnten und können wir
    die Probleme lösen, wenn wir mutig anpacken. Der Pla-
    net schenkt uns die Lebensgrundlagen wie Wasser, Bo-
    den, Sauerstoff, Ressourcen für 10 Milliarden Men-
    schen; das sagen alle Wissenschaftler. Warum müssen
    dann täglich 25 000 Kinder verhungern? Warum liefern
    wir nicht unser Wissen, Technik, Innovation? Die Wis-
    senschaft stellt uns das Wissen bereit. Zusammen mit an-
    gewandter Technik können wir heute Lösungen verwirk-
    lichen.

    Ich möchte am Schluss darauf hinweisen: Ich habe
    am 1. April zusammen mit vielen von Ihnen den Prozess
    zur Entwicklung einer gemeinsamen Zukunftscharta
    „EINEWELT – Unsere Verantwortung“ gestartet. Wir la-
    den die Zivilgesellschaft – alle Schüler, Schülerinnen,
    Jugendgruppen, jeden, der mitmachen will – zu einem
    Onlinedialog ein. Entwicklungszusammenarbeit ist
    spannend und geht alle an. Wir laden Sie ein, mitzuma-
    chen, 2014 mit uns die Weichen zu stellen für 2015 und
    die Zukunft. Meine lieben Schülerinnen und Schüler auf
    der Tribüne, vielleicht schicken Sie uns morgen direkt
    eine Mail, bringen Ihre Ideen ein. 2015 werden wir ein
    neues Klimaabkommen verabschieden, die G-7- oder
    G-8-Präsidentschaft in Deutschland haben, die Fort-
    schreibung der Millenniumsziele hier diskutieren und
    verabschieden. Dazu brauchen wir Ihre Unterstützung,
    einen breiten gesellschaftlichen Dialog, zu dem wir Sie
    einladen. Gemeinsam sind wir stark. Gemeinsam werden
    wir erfolgreich sein. Das Parlament hat das letzte Wort
    beim Haushalt. Herzlichen Dank an alle Haushälter und
    Kolleginnen und Kollegen für die freundschaftliche und
    partnerschaftliche Zusammenarbeit!

    Danke schön.


    (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)




Rede von Ulla Schmidt
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

Vielen Dank, Herr Minister. – Für die Fraktion Die

Linke erhält jetzt das Wort Michael Leutert.


(Beifall bei der LINKEN)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Michael Leutert


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DIE LINKE.)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)


    Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

    Sehr geehrter Herr Minister! Das Bundesministerium für
    wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung will
    dieses Jahr knapp 6,5 Milliarden Euro für Entwicklungs-
    hilfe ausgeben. Sie haben es selber angesprochen: Das
    ist ganz klar zu wenig. Deutschland hat sich internatio-
    nal verpflichtet – dazu standen alle Bundesregierungen,
    egal ob Rot-Grün oder Schwarz-Rot oder Schwarz-Gelb –,
    bis zum Jahr 2015 0,7 Prozent des Bruttoinlandspro-
    dukts für die Entwicklungspolitik zur Verfügung zu stel-
    len. Das wären aktuell 19 Milliarden Euro. Hier gibt es
    also eine Lücke, die geschlossen werden muss, und zwar
    bis zum nächsten Jahr, also im Haushalt 2015. Mich
    würde interessieren, wie Sie das bis zum nächsten Jahr
    bewerkstelligen wollen.

    Herr Minister, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich
    glaube, die Glaubwürdigkeit Deutschlands wird nicht
    am militärischen Engagement Deutschlands oder an der
    Übernahme von mehr Verantwortung auf internationaler
    Ebene gemessen, sondern entscheidend für unsere
    Glaubwürdigkeit wird sein, ob wir Zusagen – insbeson-
    dere diese Zusage – einhalten werden.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Herr Minister, in Bezug auf die inhaltliche Ausrich-
    tung der Entwicklungshilfe sind wir uns, glaube ich, alle
    einig. Sie haben gerade von der Zukunftscharta „EINE-
    WELT – Unsere Verantwortung“ gesprochen, und in Ih-
    rer Auftaktrede zur Eröffnung der Diskussion darüber
    sagten Sie – Sie haben das gerade auch selbst erwähnt;
    ich möchte es aber gerne noch einmal zitieren –:





    Michael Leutert


    (A) (C)



    (D)(B)

    Wir müssen die Globalisierung so gestalten, dass
    sie den Menschen dient. Markt braucht Regeln und
    Macht braucht Grenzen. Nachhaltigkeit muss das
    Prinzip aller Entwicklung, ja, allen Tuns sein.

    Das könnte in unserem Parteiprogramm stehen und
    kann ich unterschreiben. Ich glaube, hier werden wir uns
    einig.


    (Volkmar Klein [CDU/CSU]: Das bleibt aber trotzdem richtig!)


    – Ja, das bleibt richtig.

    Auch an den Zielen gibt es nichts zu kritisieren: ers-
    tens weltweite Armut bekämpfen, zweitens Frieden si-
    chern und Demokratie verwirklichen, drittens Globali-
    sierung gerecht gestalten und viertens Umwelt schützen.
    All diese Ziele teilt die Linke, und wir unterstützen das
    BMZ dabei, mit dem nicht ausreichenden Geld die Pro-
    jekte zu finanzieren, mit denen diese Ziele verwirklicht
    werden können.

    Allerdings wissen auch Sie – zumindest konnte ich
    das einem Interview auf Zeit Online vom 23. Januar
    2014 entnehmen –: „Mehr Geld allein bringt aber auch
    nichts“. Das Geld muss natürlich auch wirksam einge-
    setzt werden. Ich möchte noch einen Schritt weitergehen
    und sagen: Es darf auch von anderer Stelle kein Geld
    eingesetzt werden, mit welchem die gesetzten Ziele wie-
    derum untergraben werden.

    Ich möchte hier – das habe ich heute schon einmal ge-
    macht; die Haushälter freuen sich über so etwas immer –
    wiederum einen Vorschlag einbringen, der in der Ent-
    wicklungshilfe viel bewirken könnte und gar kein Geld
    kosten würde. Ich spreche von der Unterbindung von
    Waffenexporten, und zwar von ganz bestimmten Waffen.

    Es ist bekannt, dass Deutschland Waffen in alle mög-
    lichen Länder exportiert. Dabei spielt es derzeit leider
    keine Rolle, ob es demokratische Länder oder Länder
    mit menschenverachtenden Regimen sind. Wir liefern
    genauso selbstverständlich nach Spanien wie nach Katar,
    Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate.
    Leider werden deutsche Waffen auch in Konfliktregio-
    nen geliefert: Indien und Pakistan stehen genauso selbst-
    verständlich auf der Exportliste wie die Zentralafrikani-
    sche Republik und Nigeria.

    Sie, Herr Minister – das ist jetzt die Klammer zu Ih-
    rem Ministerium –, sind Mitglied des Bundessicherheits-
    rates, der über Waffenexporte entscheiden kann, und der
    verantwortliche Wirtschaftsminister ist der SPD-Vorsit-
    zende Gabriel. Ich glaube, Sie können sich sehr schnell
    einig werden, diese Situation dort zu verändern. Das
    würden wir zumindest sehr begrüßen. Wie gesagt: Das
    würde kein Geld kosten.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Das Problem ist ja, dass diese Handfeuerwaffen aus
    deutscher Produktion – es geht hier hauptsächlich um
    Kleinwaffen – immer wieder in Krisengebieten auftau-
    chen. Das ist im Übrigen nicht nur ein Kritikpunkt der
    Linken, sondern das wurde auch von den Kirchen in
    Deutschland immer wieder ganz deutlich kritisiert.
    Allein 2012 hat die Bundesregierung die Ausfuhr von
    67 000 kleinen und leichten Waffen genehmigt. Das Sturm-
    gewehr G36 – die Standardwaffe der Bundeswehr – taucht
    in Konfliktgebieten auf, zum Beispiel in Libyen, Georgien
    und zuletzt auch in Mexiko, wo es auch eine quasi militäri-
    sche Auseinandersetzung gibt, nämlich einen Drogen-
    krieg mit über 70 000 Toten.


    (Sabine Weiss [Wesel I] [CDU/CSU]: Einzelplan 23!)


    – Ja, jetzt komme ich zum Einzelplan 23, sehr verehrte
    Kollegin.


    (Sabine Weiss [Wesel I] [CDU/CSU]: Gott sei Dank!)


    Mexiko ist nämlich Zielland deutscher Entwicklungs-
    hilfe.

    Ich meine: Das passt nicht zusammen. Auf der einen
    Seite leisten wir Entwicklungshilfe für diese Länder, und
    auf der anderen Seite gibt es Unternehmen bei uns im
    Land – zum Beispiel Heckler & Koch –, die mit ihren
    Waffenlieferungen die Gerüste, die wir durch unsere
    Entwicklungshilfe aufbauen, wieder einreißen. Das ist
    nicht der richtige Weg; das muss und kann geändert wer-
    den.


    (Beifall bei der LINKEN – Dagmar G. Wöhrl [CDU/CSU]: Zusammenarbeit! – Sabine Weiss [Wesel I] [CDU/CSU]: Wir arbeiten zusammen!)


    Das Problem an diesen Gewehren ist, dass sie relativ
    preiswert sind – ein neues Modell kostet 1 700 Euro –,
    und sie sind leicht zu bedienen und sehr leicht zu heben;
    das G36 wiegt nämlich nur 3,5 Kilogramm. Das können
    Kinder hochheben, und genau das passiert auch in den
    Konfliktgebieten.

    Es sterben nicht nur 25 000 Kinder jeden Tag wegen
    Hungers, sondern weltweit sind auch 250 000 Kinder als
    Kindersoldaten im Einsatz, leider eben auch in Ländern
    – es gibt zum Beispiel auf den Philippinen und in Indien
    Kindersoldaten –, die sowohl Zielländer für unsere Ent-
    wicklungshilfe als auch Zielländer für Waffenexporte – es
    werden unter anderem Kleinwaffen dorthin geliefert – sind.

    Es gibt im Haushalt des Einzelplans 23 den Titel – das
    ist eine Sonderinitiative – „Fluchtursachen bekämpfen“.
    Dafür werden 170 Millionen Euro eingestellt, 100 Mil-
    lionen Euro davon sind Verpflichtungsermächtigungen.
    Eine Fluchtursache – das ist ganz klar – sind bewaffnete
    Konflikte. Das Geld allein wird nicht ausreichen, um
    diese Fluchtursachen zu minimieren.

    Also fordere ich Sie hier noch einmal auf: Helfen Sie
    mit, Herr Minister, die Exporte von Handfeuerwaffen in
    Konfliktregionen zu unterbinden. Damit kommen wir
    dem selbst gesteckten Ziel der Entwicklungspolitik,
    nämlich der Friedenssicherung, ein großes Stück näher,
    und zwar ganz ohne zusätzliche Mittel. Vor allem würde
    man damit Vertrauen und Glaubwürdigkeit zurückge-
    winnen. Die Unterstützung der Linken haben Sie auf
    diesem Weg auf alle Fälle.


    (Beifall bei der LINKEN)







    (A) (C)



    (D)(B)