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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 18/29 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 29. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 9. April 2014 I n h a l t : Tagesordnungspunkt 1: (Fortsetzung) a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes über die Feststellung des Bundes- haushaltsplans für das Haushaltsjahr 2014 (Haushaltsgesetz 2014) Drucksache 18/700 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2319 A b) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Finanzplan des Bundes 2013 bis 2017 Drucksache 17/14301 . . . . . . . . . . . . . . . . 2319 B Einzelplan 04 Bundeskanzlerin und Bundeskanzleramt Katja Kipping (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 2319 B Dr. Angela Merkel, Bundeskanzlerin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2322 B Katrin Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2328 D Thomas Oppermann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 2333 B Volker Kauder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 2337 D Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE) . . . . . . . . . 2341 B Bettina Hagedorn (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 2343 B Tabea Rößner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2345 D Gerda Hasselfeldt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 2347 C Sigrid Hupach (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 2349 D Dr. Hans-Ulrich Krüger (SPD) . . . . . . . . . . . . 2350 C Monika Grütters, Staatsministerin BK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2352 C Tabea Rößner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2353 D Dr. Eva Högl (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2354 D Rüdiger Kruse (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 2356 A Hiltrud Lotze (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2357 A Einzelplan 05 Auswärtiges Amt Dr. Frank-Walter Steinmeier, Bundesminister AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2358 A Michael Leutert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 2360 D Dr. Andreas Schockenhoff (CDU/CSU) . . . . 2361 D Dr. Frithjof Schmidt (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2364 B Niels Annen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2365 C Stefan Liebich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 2366 C Michael Brand (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 2367 C Dr. Franziska Brantner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2368 D Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2369 C Gabriela Heinrich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 2370 C Alexander Ulrich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 2371 C Thomas Dörflinger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 2372 B Karl-Georg Wellmann (CDU/CSU) . . . . . . . . 2373 D Alois Karl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . 2374 D Tagesordnungspunkt 4: – Beschlussempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses zu dem An- trag der Bundesregierung: Beteiligung Inhaltsverzeichnis II Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 29. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 9. April 2014 bewaffneter deutscher Streitkräfte am maritimen Begleitschutz bei der Hydro- lyse syrischer Chemiewaffen an Bord der CAPE RAY im Rahmen der ge- meinsamen VN/OVCW-Mission zur Vernichtung der syrischen Chemie- waffen Drucksachen 18/984, 18/1067 . . . . . . . . . 2376 D – Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung Drucksache 18/1096 . . . . . . . . . . . . . . . . . 2376 D Dr. Rolf Mützenich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 2377 A Jan van Aken (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 2378 D Dr. Johann Wadephul (CDU/CSU) . . . . . . . . . 2380 B Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2381 B Thorsten Frei (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 2382 C Julia Bartz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . 2383 B Namentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . 2384 C Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2387 D Annette Groth (DIE LINKE) (Erklärung nach § 31 GO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2384 D Tagesordnungspunkt 1: (Fortsetzung) a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes über die Feststellung des Bundes- haushaltsplans für das Haushaltsjahr 2014 (Haushaltsgesetz 2014) Drucksache 18/700 b) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Finanzplan des Bundes 2013 bis 2017 Drucksache 17/14301 Einzelplan 14 Bundesministerium der Verteidigung Dr. Ursula von der Leyen, Bundesministerin BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2385 B Michael Leutert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 2390 A Rainer Arnold (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2391 A Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2393 D Henning Otte (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 2395 C Dr. Alexander S. Neu (DIE LINKE) . . . . . . . 2397 B Henning Otte (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 2397 D Wolfgang Hellmich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 2399 B Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2399 C Doris Wagner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2401 C Ingo Gädechens (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 2402 C Karin Evers-Meyer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 2404 C Bartholomäus Kalb (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 2405 B Einzelplan 23 Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Dr. Gerd Müller, Bundesminister BMZ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2407 A Michael Leutert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 2409 C Dr. Bärbel Kofler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 2411 A Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2412 D Sabine Weiss (Wesel I) (CDU/CSU) . . . . . . . 2414 A Heike Hänsel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 2415 B Sonja Steffen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2416 D Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2418 B Jürgen Klimke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 2419 D Stefan Rebmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 2420 D Peter Stein (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . 2422 B Volkmar Klein (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 2423 B Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2424 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 2425 A Anlage 2 Erklärungen nach § 31 GO zur namentlichen Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung: Beteiligung bewaffne- ter deutscher Streitkräfte am maritimen Be- gleitschutz bei der Hydrolyse syrischer Che- miewaffen an Bord der CAPE RAY im Rahmen der gemeinsamen VN/OVCW-Mis- sion zur Vernichtung der syrischen Chemie- waffen (Tagesordnungspunkt 4) . . . . . . . . . . . 2425 C Ulla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . 2425 C Stefan Liebich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 2426 B Petra Pau (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . 2426 C Richard Pitterle (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 2426 D Halina Wawzyniak (DIE LINKE) . . . . . . . . . 2427 B Harald Weinberg (DIE LINKE) . . . . . . . . . . 2428 A Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 29. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 9. April 2014 III Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Herbert Behrens, Matthias W. Birkwald, Cornelia Möhring, Martina Renner, Kathrin Vogler (alle DIE LINKE) zur namentlichen Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung: Beteiligung bewaffne- ter deutscher Streitkräfte am maritimen Be- gleitschutz bei der Hydrolyse syrischer Che- miewaffen an Bord der CAPE RAY im Rahmen der gemeinsamen VN/OVCW-Mis- sion zur Vernichtung der syrischen Chemie- waffen (Tagesordnungspunkt 4) . . . . . . . . . . . 2428 A Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Christine Buchholz und Hubertus Zdebel (beide DIE LINKE) zur namentlichen Ab- stimmung über die Beschlussempfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung: Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte am maritimen Begleit- schutz bei der Hydrolyse syrischer Chemie- waffen an Bord der CAPE RAY im Rahmen der gemeinsamen VN/OVCW-Mission zur Vernichtung der syrischen Chemiewaffen (Ta- gesordnungspunkt 4) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2428 C Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Sevim Dağdelen, Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Alexander S. Neu, Heike Hänsel, Inge Höger, Annette Groth, Alexander Ulrich, Andrej Hunko, Karin Binder, Pia Zimmermann, Niema Movassat, Azize Tank, Katrin Werner (alle DIE LINKE) zur nament- lichen Abstimmung über die Beschlussemp- fehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung: Beteiligung be- waffneter deutscher Streitkräfte am maritimen Begleitschutz bei der Hydrolyse syrischer Chemiewaffen an Bord der CAPE RAY im Rahmen der gemeinsamen VN/OVCW-Mis- sion zur Vernichtung der syrischen Chemie- waffen (Tagesordnungspunkt 4) . . . . . . . . . . . 2429 A Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 29. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 9. April 2014 2319 (A) (C) (D)(B) 29. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 9. April 2014 Beginn: 9.00 Uhr
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    Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 29. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 9. April 2014 2425 (A) (C) (B) Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten (D) Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Alpers, Agnes DIE LINKE 09.04.2014 Bätzing-Lichtenthäler, Sabine SPD 09.04.2014 Ehrmann, Siegmund SPD 09.04.2014 Ernstberger, Petra SPD 09.04.2014 Dr. Fabritius, Bernd CDU/CSU 09.04.2014 Gehrcke, Wolfgang DIE LINKE 09.04.2014 Gleicke, Iris SPD 09.04.2014 Gohlke, Nicole DIE LINKE 09.04.2014 Groß, Michael SPD 09.04.2014 Hardt, Jürgen CDU/CSU 09.04.2014 Haßelmann, Britta BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 09.04.2014 Hellmuth, Jörg CDU/CSU 09.04.2014 Keul, Katja BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 09.04.2014 Lezius, Antje CDU/CSU 09.04.2014 Maisch, Nicole BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 09.04.2014 Dr. Priesmeier, Wilhelm SPD 09.04.2014 Pronold, Florian SPD 09.04.2014 Rawert, Mechthild SPD 09.04.2014 Rüthrich, Susann SPD 09.04.2014 Scharfenberg, Elisabeth BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 09.04.2014 Schlecht, Michael DIE LINKE 09.04.2014 Schwabe, Frank SPD 09.04.2014 Dr. Tauber, Peter CDU/CSU 09.04.2014 de Vries, Kees CDU/CSU 09.04.2014 Wunderlich, Jörn DIE LINKE 09.04.2014 Zech, Tobias CDU/CSU 09.04.2014 Ziegler, Dagmar SPD 09.04.2014 Anlage 2 Erklärungen nach § 31 GO zur namentlichen Abstimmung über die Be- schlussempfehlung des Auswärtigen Ausschus- ses zu dem Antrag der Bundesregierung: Betei- ligung bewaffneter deutscher Streitkräfte am maritimen Begleitschutz bei der Hydrolyse syri- scher Chemiewaffen an Bord der CAPE RAY im Rahmen der gemeinsamen VN/OVCW-Mis- sion zur Vernichtung der syrischen Chemiewaf- fen (Tagesordnungspunkt 4) Ulla Jelpke (DIE LINKE): In diesem Parlament wer- den zurzeit im Wochentakt Militäreinsätze beschlossen. Es wird umgesetzt, was die Große Koalition angekün- digt und was Bundespräsident Joachim Gauck bei der Münchner Sicherheitskonferenz gefordert haben: Deutsch- land will militärisch wieder an möglichst vielen Schau- plätzen der Welt mitmischen, Deutschland will zur welt- weiten Militärmacht werden, der bewaffnete Einsatz – früher hat man einfach Krieg gesagt – soll zur norma- len Option deutscher Außenpolitik werden. Ich bin nicht in dieses Parlament gewählt worden, um dieser militaristischen Politik zuzustimmen. Ich habe in den vielen Wahlkämpfen, die ich bislang für die PDS und die Linke geführt habe, immer klargestellt, dass ich gegen jeden deutschen Militäreinsatz bin, so wie es auch heute im Programm der Linkspartei und auch im Wahl- programm verankert ist. Es ist bezeichnend, dass eine kompromisslose Anti- kriegspolitik vom Mainstream der deutschen Medien und von deutlich über 90 Prozent dieses Hauses als „nicht regierungsfähig“ abgetan wird. Ich mache keinen Hehl daraus: Wenn die Bereitschaft zum Krieg, die Be- reitschaft zur Entsendung der Bundeswehr, die Eintritts- karte zum Regieren sein soll, dann bin ich gegen das Mitregieren. Das gilt auch bei der heutigen Abstimmung. Da ist zunächst festzuhalten: Es gibt für die von der Bundesre- gierung geforderte Militärmission nicht einmal ein UN- Mandat. Es gibt keine präzise Gefährdungseinschätzung und keinerlei konkrete Hinweise auf mögliche Angriffe auf das US-amerikanische Schiff, auf dem die Chemie- waffen neutralisiert werden sollen. Die Bundesregierung Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Anlagen 2426 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 29. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 9. April 2014 (A) (C) (D)(B) hat in ihrer Antwort auf eine schriftliche Frage vage auf mögliche „organisierte Kriminalität, Piraterie und Terro- rismus“ verwiesen. Damit lässt sich aber kein Bundes- wehrmandat rechtfertigen. Die aufgezählten „mögli- chen“ Bedrohungen sind allesamt nichtmilitärischer Natur. Ihre Abwehr ist eine Polizeiaufgabe. Das betont die Linke schon in der Kritik des „Antipiraterie“-Einsat- zes vor Somalia, und das gilt es auch jetzt zu betonen. Die EU-Mittelmeeranrainer verfügen über entspre- chende polizeiliche Ressourcen, ihre Küstenwachen und andere Grenzbehörden sind für den Einsatz auch auf See ausgestattet. Davon abgesehen ist das Mittelmeer ohne- hin schon hochmilitarisiert und wimmelt nur so von Kriegsschiffen der NATO. Ein zusätzlicher Bundes- wehreinsatz ist daher auch sachlich unnötig und dient einzig dem politischen Zweck, Deutschland wieder an eine Art vorderster Front zu bringen. Hinzu kommt, dass das Mandat, wie gewohnt, extrem „großzügig“ ist und nicht nur das Mittelmeer, sondern auch bei Bedarf den Nordatlantik mit angrenzenden See- gebieten in internationalen Gewässern umfasst. Mit an die 50 Millionen Quadratkilometer deckt das Mandat da- mit einen äußerst großen Teil der Nordhalbkugel der Erde ab. Das ist sachlich völlig unnötig und nur Aus- druck des Großmachtstrebens, das hinter dem Mandat steckt. Eine Zustimmung zu einem solchen Einsatz würde nicht nur die prinzipielle Haltung der Linken gegen Bun- deswehreinsätze im Ausland durch eine nur scheinbar harmlose Einzelfallentscheidung durchlöchern. Sie würde auch den Einsatz der Bundeswehr zum Zwecke der „Ab- wehr“ einer „Gefahr“ gutheißen, die ganz und gar im Va- gen bleibt. Und sie würde die Mandatierung der Bundes- wehr mit Polizeiaufgaben legitimieren. Das sind viele Gründe, dagegenzustimmen. Stefan Liebich (DIE LINKE): Die Debatte um den Schutz der Vernichtung der syrischen Chemiewaffen wird innerhalb meiner Fraktion kontrovers geführt. Ich respektiere viele Argumente derer, die dem vorliegenden Mandat nicht ihre Zustimmung erteilt haben, bin aber zu einem anderen Schluss gekommen. Ich habe dem Antrag der Bundesregierung zugestimmt und möchte hier meine Begründung darlegen. Ich halte den Schutz der Zerstörung von Massenver- nichtungswaffen für den besten Auftrag, den eine Armee erfüllen kann. Als am 27. September 2013 der einstim- mige Beschluss des Sicherheitsrates der Vereinten Natio- nen mit der Zustimmung Russlands und der Volksrepu- blik China für die Ausfuhr und die Vernichtung der Chemiewaffen aus Syrien – Resolution 2118 – gefasst wurde, ist eine weitere Eskalation des Bürgerkriegs ver- hindert worden. Die angekündigte Intervention der Ver- einigten Staaten von Amerika in diesen Krieg konnte so vermieden werden und der erneute Einsatz von Massen- vernichtungswaffen wurde bis zu deren vollständigem Abzug erschwert bzw. danach verhindert. Die Vereinten Nationen haben in der Resolution 2118 des Sicherheitsrates alle Mitgliedstaaten um die Hilfe bei der Beseitigung der Chemiewaffen gebeten. Dänische Schiffe bringen die Chemiewaffen unter dem Schutz rus- sischer und chinesischer Schiffe nach Italien, dort wer- den sie auf die US-amerikanische „Cape Ray“ verladen; es ist unter anderem ein deutsches Schiff, das dann den Prozess der Hydrolyse bewacht. Viele Länder beteiligen sich an diesem wichtigen Prozess. Die Bundesrepublik Deutschland steht durch ihr Han- deln in der Vergangenheit in diesem Konflikt in beson- derer Verantwortung. Die Auslieferung von Dual-Use- Gütern, die zur Herstellung von Chemiewaffen genutzt werden können, an Syrien, ein Land, das zu diesem Zeit- punkt die Chemiewaffenkonvention nicht ratifiziert hatte, war falsch. Auch darum ist es jetzt wichtig, dass die Bundesrepublik Deutschland sich in besonderem Maße bei der Vernichtung der syrischen Chemiewaffen engagiert. Ich bin für eine konsequente Abrüstung von Massen- vernichtungswaffen weltweit. Ich bin für eine starke UNO. Ich bin für eine konsequente Einhaltung des Völ- kerrechts. Daher habe ich dem Antrag der Bundesregie- rung zugestimmt. Petra Pau (DIE LINKE): Hiermit erkläre ich, dass ich zur vorliegenden Beschlussempfehlung mit Enthal- tung stimme. Erstens. Zur Abstimmung stand die Beschlussempfeh- lung des Auswärtigen Ausschusses – Drucksache 18/1067 – zu einem Antrag der Bundesregierung – Drucksache 18/984 – zur „Beteiligung bewaffneter deutscher Streit- kräfte am maritimen Begleitschutz bei der Hydrolyse syrischer Chemiewaffen an Bord der CAPE RAY im Rahmen der gemeinsamen VN/OVCW-Mission zur Ver- nichtung der syrischen Chemiewaffen“. Ich habe mit Enthaltung votiert. Zweitens. Es geht um die Vernichtung syrischer Che- miewaffen, also um Abrüstung. Das findet meine Zu- stimmung, zumal die Bundesrepublik Deutschland dafür eine große Verantwortung trägt, da sie maßgeblich an der Hochrüstung Syriens – und weiterer Staaten – betei- ligt war bzw. ist. Das spräche für ein Ja. Drittens. Zugleich ist nicht auszuschließen, dass die USA und weitere NATO-Staaten diese Beteiligung der Deutschen Bundeswehr als Entlastung missdeuten, um die angedrohte militärische Eskalation gegen Russland im aktuellen Krim-Konflikt zu forcieren. Das spräche für ein klares Nein. Viertens. Meine gewissenhafte politische Abwägung zwischen einem Ja zum militärischer Abrüstung und ei- nem Nein zu militärischer Eskalation führt mich im kon- kreten Fall zu einer Enthaltung in oben genannter Ab- stimmung. Richard Pitterle (DIE LINKE): Dem Wunsch der Bundesregierung, dem beantragten Mandat meine Zu- stimmung zu geben, kann ich nicht entsprechen. Grundsätzlich befürworte ich den Einsatz der Bundes- wehr im Ausland nicht. Dies nicht aus einer pazifisti- schen, sondern aus einer antimilitaristischen Grundhal- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 29. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 9. April 2014 2427 (A) (C) (D)(B) tung heraus, weil alle Erfahrungen zeigen, dass sich letztlich Probleme in der Welt nicht militärisch lösen las- sen. Darüber hinaus bin ich der festen Überzeugung, dass sich Deutschland aus historischen Gründen – aufgrund der bei den europäischen Völkern unvergessenen Verbrechen der Deutschen Wehrmacht – militärisch nicht engagieren sollte. Gegenwärtig erleben wir eine Politik der systemati- schen Ausweitung von Bundeswehreinsätzen, die mit der „gewachsenen Verantwortung“ Deutschlands be- gründet wird. Diese lehnt die Linke zu Recht als einzige Fraktion ab. Trotz meiner grundsätzlichen Ablehnung der deut- schen Auslandseinsätze war ich bereit, das vorliegende Mandat auf seine Zustimmungsfähigkeit zu prüfen, weil es sich meines Erachtens um keinen Kriegseinsatz han- delt. Denn eine grundsätzliche Haltung entbindet den Abgeordneten nicht von der Verantwortung, zu prüfen, ob eine Teilnahme der Bundeswehr an Abrüstungsmaß- nahmen sinnvoll wäre. Die Abrüstung und Vernichtung der chemischen Waffen Syriens sind ein positiver Schritt, der von mir und meiner Fraktion als Ganzes be- grüßt wird. Insbesondere die Entsorgung der Waffen in der niedersächsischen Anlage in Munster ist ein wichti- ger Beitrag, den Deutschland leisten kann. Die hingegen von der Bundesregierung beantragte Teilnahme einer Fregatte der Bundeswehr zur Sicherung des Vorgangs der Demontage auf einem Kriegsschiff halte ich für nicht erforderlich und für reine Symbolpoli- tik. Auf Kosten der Steuerzahler soll die Fregatte der Bundeswehr eingesetzt werden, damit Frau von der Leyen ihren Anspruch auf „Mitverantwortung“ unter- streichen kann. Die hierbei von der Bundesregierung ge- nannten Kosten von 7,2 Millionen Euro sind reine Steu- erverschwendung und könnten anderweitig sinnvoller eingesetzt werden. Als Finanzpolitiker muss ich den Einsatz daher bereits aus fiskalischen Gründen ablehnen. Ich habe mich nach gründlicher Abwägung aller Ar- gumente entschieden, mit Nein zu stimmen, aber will festhalten, dass ich ausdrücklich die Entscheidung mei- ner Kolleginnen und Kollegen respektiere, die nach Ab- wägung der Argumente zustimmen oder sich enthalten. Es ist eine Stärke unserer Fraktion, dass wir unsere un- terschiedliche Meinung respektieren und dem anders Entscheidenden nicht andere Motive für seine Entschei- dung unterstellen. Halina Wawzyniak (DIE LINKE): Der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte am maritimen Be- gleitschutz bei der Hydrolyse syrischer Chemiewaffen an Bord der „Cape Ray“ im Rahmen der gemeinsamen VN/OVCW-Mission zur Vernichtung der syrischen Che- miewaffen habe ich nicht zugestimmt. Die nachfolgen- den, im Wesentlichen vom Journalisten René Heilig be- reits im Neuen Deutschland vom 5. April 2014 unter dem Titel „Deutsche Marine als Lückenbüßer“ genann- ten Argumente haben mich zu einem Nein bei der Ab- stimmung bewogen. Erstens. Deutschland beteiligt sich an der Vernichtung der syrischen Chemiewaffen im eigenen Land, in Muns- ter. Die Abfallprodukte der Zerstörung auf hoher See werden nach Deutschland transportiert und von einer bundeswehreigenen Gesellschaft am Bundeswehrstand- ort Munster endgültig vernichtet. Diese Beteiligung an der Vernichtung der syrischen Chemiewaffen ist aus- drücklich zu begrüßen und zu unterstützen. Das Argu- ment, Deutschland würde sich nicht an der Vernichtung beteiligen, gilt demnach nicht. Deutschland beteiligt sich an der Vernichtung. Zweitens. Die „Cape Ray“ ist nicht schutzlos. Für ih- ren Schutz bedarf es der deutschen Marine nicht. Für den Abtransport der syrischen Kampfstoffe aus dem Hafen von Latakia durch den dänischen Frachter „Ark Futura“ und die norwegische „Taiko“ ist eine Nahsicherung vor- gesehen, die von der russischen und der chinesischen Marine gestellt wird. Derzeit sind rund 60 Prozent der syrischen Kampfstoffe, die in der Masse in Tanks gela- gert sind, auf die Schiffe gebracht. Auf hoher See über- nehmen drei Kriegsschiffe aus Norwegen, Dänemark und Großbritannien den Schutz der beiden Frachter. Die sollen die Kampfstoffe in den italienische Containerha- fen Gioia Tauro nördlich der Straße von Messina brin- gen. Dort werden diese unter Schutz der italienischen Sicherheitskräfte auf die „Cape Ray“ umgeladen. Außer- halb der italienischen Hoheitsgewässer wird das US- Spezialschiff durch die US-Navy gesichert. Das Argu- ment, die Vernichtung der Chemiewaffen müsse geschützt werden, ist richtig. Es ist aber nicht erkennbar, dass zum Schutz der Vernichtung die deutsche Marine erforderlich ist. Drittens. Die US-Mittelmeerflotte hat zwei Fregatten ins Schwarze Meer abgestellt, um vor den Krim-Gewäs- sern Manöver mit Verbündeten abzuhalten. Soweit diese beim weiteren Schutz der „Cape Ray“ fehlen sollten, kann und darf dies nicht durch die deutsche Marine aus- geglichen werden. Diese wäre dann tatsächlich Lücken- büßer und legitimiert damit das militärische Manöver vor der Krim. Militärische Manöver statt Schutz von Ab- rüstungsaktivitäten sind keine gute Begründung, um ei- nen Einsatz der deutschen Marine im Ausland als Lü- ckenbüßer zu rechtfertigen. Viertens. Das Mandat umfasst – Punkt 3 – auch Tran- sitfahrten im Mittelmeer und bei Bedarf auch im Nordat- lantik mit angrenzenden Seegebieten – also der Nord- und Ostsee. Damit sollen jene Schiffe eskortiert werden, die die nach der Hydrolyse der syrischen Kampfstoffe auf der „Cape Ray“ anfallenden chemischen Stoffe zu den endgültigen Vernichtungsstätten in Großbritannien, im deutschen Munster und nach Finnland bringen. Diese Fracht ist dann aber gar nicht mehr als Waffe verwend- bar. Ein militärischer Begleitschutz ist hier also gar nicht nötig. Ganz klar will ich aber auch sagen: Es handelt sich nicht um einen Kriegseinsatz der Bundeswehr. Krieg ist etwas anderes. Wer hier von Kriegseinsatz spricht, ver- harmlost Krieg. 2428 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 29. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 9. April 2014 (A) (C) (D)(B) Harald Weinberg (DIE LINKE): Ich bin für die Ver- nichtung dieser syrischen und aller anderen Chemiewaf- fen sowie aller weiteren Massenvernichtungswaffen – sie hätten niemals hergestellt werden dürfen –, auch wenn ich den Antrag der Bundesregierung ablehne. Ich begrüße es, dass die endgültige Entsorgung in Deutschland – Munster, GEKA – vorgenommen wird. Mit der Lieferung von Ausgangsstoffen hat Deutschland mit hoher Wahrscheinlichkeit einen wesentlichen Anteil an der Existenz dieser Chemiewaffen und leistet durch die Entsorgung einen wichtigen Beitrag zu ihrer Ver- nichtung. Für die Gesamtaktion der Vernichtung der syrischen Chemiewaffen an Bord der „Cape Ray“ ist eine Beteili- gung bewaffneter deutscher Streitkräfte am maritimen Begleitschutz aus meiner Sicht völlig entbehrlich. Das gilt selbst dann, wenn man berücksichtigt, dass die von Russland im Rahmen des NATO-Russland-Rats angebo- tene Unterstützung mit Begleitschiffen nun seitens der NATO im Zusammenhang mit der Krim-Krise abgewie- sen wurde. Sogar die Bundesverteidigungsministerin spricht von einem eher symbolischen Beitrag, den die deutsche Fregatte hier leiste. Deshalb werde ich den Antrag der Bundesregierung ablehnen. Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Herbert Behrens, Matthias W. Birkwald, Cornelia Möhring, Martina Renner, Kathrin Vogler (alle DIE LINKE) zur namentlichen Abstimmung über die Beschluss- empfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung: Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte am mariti- men Begleitschutz bei der Hydrolyse syrischer Chemiewaffen an Bord der CAPE RAY im Rahmen der gemeinsamen VN/OVCW-Mission zur Vernichtung der syrischen Chemiewaffen (Tagesordnungspunkt 4) Die Vernichtung syrischer Chemiewaffen ist ein be- deutsamer Beitrag zur Abrüstung und ein notwendiger, jedoch nicht hinreichender Beitrag zum Schutz der syri- schen Zivilbevölkerung in einem anhaltenden, grausa- men Bürgerkrieg, dem bereits Zehntausende zum Opfer gefallen sind. In Übereinstimmung mit unserer Fraktion unterstützen wir die Beteiligung Deutschlands an dieser Aktion durch die Entsorgung der Reststoffe im nieder- sächsischen Munster. Die Entsendung deutscher Solda- tinnen und Soldaten auf der Fregatte „Augsburg“ zum militärischen Begleitschutz im Rahmen der US-geführ- ten Aktion lehnen wir jedoch ab und stimmen deswegen mit Nein. Das von der Bundesregierung vorgelegte Mandat be- gründet unserer Ansicht nach weder die Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit dieses erneuten Bundeswehrein- satzes noch schafft es hinreichende Klarheit über Art und Umfang von Einsatzgebiet und Auftrag. Zudem steht dieser Einsatz symbolisch für eine Politik der syste- matischen Ausweitung von Bundeswehreinsätzen, die wir ablehnen. Wir haben uns intensiv mit dieser Frage auseinander- gesetzt und unsere Entscheidung begründet nach Abwä- gung aller Argumente getroffen. Wir erklären ausdrück- lich unseren Respekt vor denjenigen Kolleginnen und Kollegen, die nach ebenso ernsthafter Abwägung der Argumente und Hintergründe für sich zu einer anderen Schlussfolgerung gekommen sind. Wir halten das für ei- nen Gewinn an politischer Kultur. Die Linke ist diejenige Fraktion im Bundestag, die sich am deutlichsten für eine Zivilisierung der deutschen Außenpolitik, für umfassende Abrüstung, Vernichtung von Massenvernichtungswaffen und gegen Rüstungs- exporte einsetzt. Das konsequente Nein zu den Kampf- einsätzen der Bundeswehr und das Aufzeigen von Alter- nativen bleibt Grundlage unserer gemeinsamen Politik. Damit vertritt die Linke auch eine Mehrheit in der Be- völkerung, die diese Einsätze ablehnt und ohne uns keine Stimme im Bundestag hätte. Das wird auch so bleiben. Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Christine Buchholz und Hubertus Zdebel (beide DIE LINKE) zur na- mentlichen Abstimmung über die Beschluss- empfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung: Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte am mariti- men Begleitschutz bei der Hydrolyse syrischer Chemiewaffen an Bord der CAPE RAY im Rahmen der gemeinsamen VN/OVCW-Mission zur Vernichtung der syrischen Chemiewaffen (Tagesordnungspunkt 4) Wir haben heute gegen den Antrag der Bundesregie- rung zur Entsendung eines bewaffneten Kriegsschiffes der Bundeswehr mit 300 Soldatinnen und Soldaten ins Mittelmeer, den Nordatlantik und angrenzende Seege- biete gestimmt. Wir sind für die Vernichtung des syrischen Giftgases und auch dafür, dass die Reststoffe in der bundeswehrei- genen Firma GEKA in Munster vernichtet werden. Den Begleitschutz durch die Fregatte „Augsburg“ lehnen wir ab. Denn er findet nicht im luftleeren Raum statt. Er ist Teil der Neuausrichtung der Bundeswehr, die in immer mehr internationale Einsätze geschickt werden soll. Die Bundesregierung will die Öffentlichkeit weiter an Auslandseinsätze der Bundeswehr gewöhnen. Vor nicht mal einer Woche wurde ein neuer Bundeswehreinsatz in Somalia beschlossen, morgen stimmen wir über einen weiteren neuen Einsatz in der Zentralafrikanischen Re- publik ab. Wir lehnen diese Neuausrichtung ab. Die Bundesregierung nutzt die Vernichtung der Chemiewaf- fen auch, um das schlechte Bild von Auslandseinsätzen zu korrigieren. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 29. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 9. April 2014 2429 (A) (C) (D)(B) Die Bundesregierung hat in den Fachausschüssen des Bundestages falsch informiert. Sie hat ein Mandat vor- gelegt, das ein weit über den geplanten Einsatz hinaus- gehendes Einsatzgebiet vorsieht. Dieses Vorgehen zeigt zum wiederholten Mal, dass die Regierung zum Teil keine korrekten Informationen über die Planung von Bundeswehreinsätzen und die Einsätze selbst gibt. Deutsche Unternehmen haben jahrelang Material für Giftgasfabriken und Giftgasbestandteile, sogenannte Dual-Use-Güter, nach Syrien geliefert. Es wäre wichtig, sofort die Lieferung von Dual-Use-Chemikalien an Län- der, die nicht Mitglied der Chemiewaffenkonvention sind, einzustellen. Dies wäre, neben der Beteiligung an der Vernichtung des Chemiewaffenprogramms Syriens in Munster, der wichtigste Beitrag, den zukünftigen Ein- satz von Chemiewaffen zu verhindern, nicht die Entsen- dung der Bundeswehr ins Mittelmeer. Deshalb haben wir heute gegen die Entsendung der Marine gestimmt. Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Sevim Dağdelen, Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Alexander S. Neu, Heike Hänsel, Inge Höger, Annette Groth, Alexander Ulrich, Andrej Hunko, Karin Binder, Pia Zimmermann, Niema Movassat, Azize Tank, Katrin Werner (alle DIE LINKE) zur namentli- chen Abstimmung über die Beschlussempfeh- lung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung: Beteiligung be- waffneter deutscher Streitkräfte am maritimen Begleitschutz bei der Hydrolyse syrischer Che- miewaffen an Bord der CAPE RAY im Rahmen der gemeinsamen VN/OVCW-Mission zur Ver- nichtung der syrischen Chemiewaffen (Tages- ordnungspunkt 4) Wir haben heute aus prinzipieller Sicht, aber gerade auch angesichts der konkreten Sachlage gegen den An- trag der Bundesregierung zur Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte am maritimen Begleitschutz bei der Hydrolyse syrischer Chemiewaffen an Bord der „Cape Ray“ gestimmt. Wir teilen die Einschätzung aus der Friedensbewegung, von Friedensaktivisten und Frie- densforschern, dass „kein plausibler Grund erkennbar (ist), den zwischen Syrien und den Vereinten Nationen bzw. der OPCW ausgehandelten Abzug des gesamten syrischen Chemiewaffenarsenals und dessen Vernich- tung mit einer militärischen Komponente vonseiten der Bundesrepublik Deutschland zu begleiten“ (Stellung- nahme Bundesausschuss Friedensratschlag 08.04.2014). Unsere Antwort muss zivil bleiben. Wir möchten, dass der zivile Beitrag Deutschlands zur Vernichtung der syri- schen Chemiewaffen ausgeweitet wird. Deutschland darf in Zukunft nicht weiter Chemikalien oder Anlagen, die zur Herstellung von Chemiewaffen dienen, in Länder exportieren, die die Chemiewaffenkonvention nicht rati- fiziert haben. Wir haben gegen den Antrag der Bundesregierung ge- stimmt, weil wir überzeugt sind, dass unsere Antwort eben nicht militärisch sein darf. Auslandseinsätze der Bundeswehr lösen kein einziges Problem. Im Gegenteil schaffen sie ständig neue Probleme. Deutschland ist an der Vernichtung der Chemiewaffen aus Syrien beteiligt, ohne dass es an einem Auslandseinsatz teilnehmen muss: Die sichergestellten Chemiewaffen werden unter anderem nach Munster in Niedersachsen gebracht, wo sie vernichtet werden. Deutschland erbringt damit einen maßgeblichen Beitrag zur Vernichtung der Chemiewaf- fen. Das ist konkrete Abrüstungspolitik. Wir haben heute gegen den Einsatz gestimmt, weil sich zudem eine ganze Reihe von neuen Risiken, die mit dem Einsatz eines deutschen Kriegsschiffs verbunden sind, ergeben. Gerade auch vor dem Hintergrund der Be- endigung der militärischen NATO-Russland-Koopera- tion, einer neuen Eskalation der USA, Saudi-Arabiens und der Türkei mit False-Flag-Operations und der mög- lichen Vorbereitung eines Angriffskriegs gegen Syrien ist äußerste Vorsicht geboten. Auf Nachfragen konnte die Bundesregierung keine schlüssige Erklärung liefern, warum das Mandat nicht nur das Mittelmeer, sondern auch den Nordatlantik und dessen angrenzende Seege- biete umfasst. Unklar ist weiterhin, wie viele Kriegs- schiffe insgesamt überhaupt eingesetzt werden sollen. Auch was die Aufgaben angeht, ist das Mandat einfach unklar. Diese Situation gebietet es, der Bundesregierung nicht eine unwidersprochene Carte blanche für ihren Mi- litäreinsatz zu erteilen. Die Anfrage für die Entsendung des deutschen Kriegsschiffs kommt direkt von den USA. Die Frage, ob neben einer symbolischen Funktion hier eine deutsche Entlastung der Kriegsmarine der USA für andere Aufgaben nach dem Vorbild der Abstellung deut- scher Wachmannschaften zur Bewachung von US-Ka- sernen im Vorfeld des Irak-Krieges übernommen werden soll, bleibt ungeklärt. Sie stellt sich allerdings aktuell verschärft, da ein weiteres US-amerikanisches Kriegs- schiff ins Schwarze Meer entsandt wurde und die Bundeswehr hier somit eine Entlastungsfunktion für die US-Streitkräfte im Mittelmeer übernimmt. Die 12 Mil- lionen Euro für diesen neuen Militäreinsatz wären für die Aufstockung des Etats des World Food Programme für die syrischen Flüchtlinge besser aufgehoben. So stimmen wir auch deshalb gegen den Einsatz, weil er ne- ben einer symbolischen Funktion dazu beiträgt, Kriegs- schiffe für eine Eskalationspolitik der USA gegen Russ- land freizusetzen. Wir sagen aber nicht zuletzt auch heute Nein zum Einsatz deutscher Kriegsschiffe im Mittelmeer, weil es der Kontext einer verstärkt militarisierten deutschen Au- ßenpolitik ist, der eine Ablehnung des Einsatzes nahe- legt. Seit der Münchner Sicherheitskonferenz und den Erklärungen von Außenminister Steinmeier und Vertei- digungsministerin von der Leyen, mehr deutsche Welt- geltung mit einer Ausweitung deutscher Auslandsein- sätze erreichen zu wollen, wird im Bundestag nahezu in jeder Sitzungswoche über einen neuen Auslandseinsatz abgestimmt. Wie die große Mehrheit der Bevölkerung lehnen wir Auslandsabsätze der Bundeswehr ab. Deutsch- land sollte sich nicht militärisch engagieren, sondern zi- vil. Offsetdruc sellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 K kerei, Bessemerstraße 83–91, 1 öln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de 22 29. Sitzung Inhaltsverzeichnis Epl 04 Bundeskanzlerin und Bundeskanzleramt Epl 05 Auswärtiges Amt TOP 4 Bundeswehreinsatz VN/OVCW (Syrische C-Waffen) Epl 14 Verteidigung Epl 23 Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Anlagen
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hans-Ulrich Krüger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


    Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

    Die Große Koalition macht eine gute Arbeit.


    (Volker Kauder [CDU/CSU]: Richtig!)


    Dies beweist der jetzt vorliegende Gesetzentwurf zum
    Haushalt. Wir brauchen auch in diesem Jahr, wie es un-
    ser geehrter, leider viel zu früh verstorbener Kollege
    Peter Struck anlässlich eines derartigen Einbringungs-
    vorgangs einmal gesagt hat, „unser Licht nicht unter den
    Scheffel zu stellen“. Einen auf der einen Seite strukturell
    ausgeglichenen Haushalt und auf der anderen ein in den
    Koalitionsverhandlungen gutes und sozial gerechtes,
    aber vor allen Dingen finanzierbares Investitionspro-
    gramm zu gestalten, das, liebe Kolleginnen und Kolle-
    gen, ist eine Kunst. Und wir alle wissen: Kunst kommt
    von Können.

    Die Koalition hat sich viel vorgenommen, und sie
    wird auch viel erreichen. Für eine Haushaltskonsolidie-
    rung braucht man zum einen Disziplin und zum anderen
    eine gute gesamtwirtschaftliche Entwicklung. Beide
    Faktoren liegen vor, ja, sie geben uns den Spielraum, die
    in den Koalitionsverhandlungen prioritär vereinbarten
    Ziele umzusetzen: die Rente mit 63, die Mütterrente, In-
    vestitionen in Bildung und Forschung, Unterstützung der
    Kommunen.

    Gestaltungsspielräume zu nutzen und gleichzeitig zu-
    künftige Generationen zu entlasten, sind von jeher so-
    zialdemokratische Anliegen.


    (Beifall bei der SPD)


    Mit der in der letzten Großen Koalition im Grundgesetz
    verankerten Schuldenbremse haben wir eine Grundlage
    hierfür bereits geschaffen. Mit den mutigen Reformen
    noch unter Gerhard Schröder sowie dem entschlossenen
    und heute auch schon mehrfach angesprochenen Han-
    deln des Finanzministers Peer Steinbrück und des Ar-
    beitsministers Olaf Scholz während der Finanzkrise
    durch ein umfassendes Konjunkturpaket haben wir eine
    weitere Basis dafür geschaffen, dass wir heute über ei-
    nen strukturell ausgeglichenen Haushalt für das Jahr
    2014 beraten können und für 2015 einen Haushalt ganz
    ohne neue Schulden vorzeigen wollen und werden.


    (Beifall bei der SPD)






    Dr. Hans-Ulrich Krüger


    (A) (C)



    (D)(B)

    Das nenne ich „Investieren in die Zukunft“.

    Wie ich schon eingangs feststellte: Zum einen einen
    strukturell ausgeglichenen Haushalt aufzustellen und
    zum anderen Geld für wichtige Investitionen in die Hand
    zu nehmen, ist eine Kunst. Beides ist voneinander ab-
    hängig. Ich kann behaupten, dass die SPD die in der Re-
    gierung vorhandenen Spielräume für die richtigen Priori-
    täten nutzt. Lassen Sie mich das kurz vorstellen.

    Die Lebensleistung von Menschen muss anerkannt
    werden. Wer 45 Jahre gearbeitet hat, darf und soll die
    Früchte seiner Arbeit auch ernten können; die Kollegin
    Hasselfeldt hat soeben zutreffend darauf hingewiesen.
    Das heißt, wer mit 18 oder sogar früher angefangen hat,
    hart zu arbeiten, kann mit 63 in den Ruhestand gehen.
    Nicht jeder von uns leistet einen solchen Solidaritätsbei-
    trag, indem er derart lange Beiträge in unser Sozialversi-
    cherungssystem einzahlt. Insofern ist die Anerkennung
    der Lebensleistung dieser Menschen nicht nur sozial ge-
    recht, sondern auch sachgerechte Fürsorge des Staates.
    Deswegen liegt die Zustimmung für die Rente mit 63 für
    langjährig Versicherte in der Bevölkerung bei 87 Prozent
    und bei den 18- bis 34-Jährigen sogar bei 89 Prozent.
    Gerade der Großteil der jungen Generation steht voll-
    ständig hinter dem Plan, Menschen, die jahrzehntelang
    hart gearbeitet haben, einen früheren Rentenzugang
    ohne Abschläge zu ermöglichen. Der Rentenbeitragssatz
    in der Deutschen Rentenversicherung bleibt 2014 also
    bei 18,9 Prozent. Es bleibt damit beim Status quo.

    Damit, liebe Kolleginnen und Kollegen, nicht genug:
    Wir verbessern auch die Anerkennung von Kindererzie-
    hungszeiten in der Rente für Väter und Mütter, deren
    Kinder vor 1992 geboren wurden. Auch das ist ein Ge-
    bot der Fairness. Eltern, die ihre Kinder erziehen, wis-
    sen, was das heißt. Kindererziehung und Kinderbetreu-
    ung sind ein Fulltime-Job. Von daher ist es nur fair und
    sozial gerecht, dass die Kindererziehungszeit mit einem
    weiteren Entgeltpunkt berechnet wird. Zukünftig, also
    ab dem 1. Juli 2014, erhalten demgemäß Väter und Müt-
    ter, deren Kinder vor 1992 geboren wurden, pro Kind
    zwei Jahre Erziehungszeit angerechnet und damit eine
    erhöhte Rente.

    Diese „Mütterrente“ wird zunächst aus den Beiträgen
    der Rentenversicherung und den Rücklagen finanziert.
    Als SPD – das bekenne ich ganz freimütig – hätten wir
    uns vorstellen können, hierfür Steuermittel heranzuzie-
    hen. Dies jedoch war aus den bekannten Gründen in den
    Verhandlungen nicht umsetzbar. Somit wird es 2019 ei-
    nen zusätzlichen Bundeszuschuss aus Steuermitteln an
    die gesetzliche Rentenversicherung geben. Diese Mittel
    werden dann bis 2022 auf 2 Milliarden Euro jährlich er-
    höht. Sie sehen, meine Damen und Herren, auch die
    Mütterrente ist ein Gebot staatlicher Fairness.

    Einen dritten Punkt möchte ich ebenfalls noch erwäh-
    nen, nämlich die Erwerbsminderungsrente. Auch diese er-
    höhen wir. Die Erwerbsminderungsrente erhalten bekann-
    termaßen Menschen, die aus gesundheitlichen Gründen,
    zum Beispiel wegen eines Unfalls, nicht mehr berufstätig
    sein können. Auch hier ist staatliche Fairness angebracht.
    Wir werden daher die Erwerbsminderungsrente ebenfalls
    ab dem 1. Juli 2014 um 5 Prozent erhöhen. Nur ein hand-
    lungsfähiger Staat ist in der Lage, sich stark zu machen
    für sozialen Ausgleich und gesellschaftliche Teilhabe.
    Das tun wir. Das wollen wir.

    Ein weiterer wichtiger Förderungsschwerpunkt sind In-
    vestitionen in Bildung und Forschung. Bildung und For-
    schung ist und wird ein Schwerpunkt unserer gemeinsa-
    men Politik bleiben. 14 Milliarden Euro werden hierfür
    im Haushalt zur Verfügung gestellt. Wir reagieren damit
    auch auf die stark gestiegene Zahl von Studienanfängern
    und -anfängerinnen. Es ist gut und wichtig, dass immer
    mehr junge Menschen aus allen gesellschaftlichen Schich-
    ten einen guten Schulabschluss schaffen und Zugang zu
    den Universitäten und so zu optimaler Chancengleichheit
    im Leben erhalten. Das kostet Geld. Von daher ist es
    nicht nur richtig, sondern notwendig, dass der Bund
    2014 circa 1,8 Milliarden Euro zur Verfügung stellt, wo-
    mit die Länder bei der Schaffung zusätzlicher Studien-
    plätze unterstützt werden. In diesem Zusammenhang
    müssen natürlich auch die Studienbedingungen und die
    Qualität der Lehre verbessert werden. Wir müssen es da-
    rüber hinaus auch als Baustelle und Hausaufgabe für die
    aktuelle Legislatur ansehen, eine grundlegende Reform
    des BAföG zu erarbeiten und auch zu beschließen.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Ein besonderes Anliegen sozialdemokratischer Poli-
    tik ist die Stärkung der Leistungsfähigkeit unseres Bil-
    dungssystems. Um es mit den Worten der nordrhein-
    westfälischen Ministerpräsidentin Hannelore Kraft aus-
    zudrücken: „Wir wollen kein Kind zurücklassen.“ Das
    Gleiche gilt für Schüler, Jugendliche und Studenten. An-
    ders gesagt: Die Chancen junger Menschen dürfen nicht
    vom Geldbeutel der Eltern abhängen.


    (Beifall bei der SPD)


    Auch die Forschung wird weiter gestärkt, liebe Kolle-
    ginnen und Kollegen. Die entsprechenden Einrichtungen
    erhalten 5 Prozent höhere Zuwendungen.

    Eine weitere prioritäre Maßnahme – das wurde heute
    schon angesprochen – ist die Erhöhung der Mittel für die
    Städtebauförderung. Ich erinnere nur daran, dass das
    Projekt „Soziale Stadt“ zuletzt noch mit 28,5 Millionen
    Euro, also knapp 30 Millionen Euro, dotiert war. Wir ha-
    ben mittlerweile eine Dotation von 150 Millionen Euro
    festgelegt. Ich erinnere daran, dass wir die Mittel für die
    Städtebauförderung auf 700 Millionen Euro angehoben
    haben.


    (Beifall bei der SPD)


    Das ist etwas, was angesichts der Lage der Kommunen
    bitter nötig ist.

    Im Zusammenhang mit den Kommunen komme ich
    nun zu einem zentralen und wichtigen Thema dieses
    Bundeshaushalts. Ja, wir haben im Koalitionsvertrag
    vereinbart, dass der Bund die Kommunen finanziell ent-
    lastet. Das ist angesichts der Belastung finanzschwacher
    Städte und Gemeinden bitter nötig. Viele Städte und
    Kommunen, die erhebliche Leistungen zu erbringen ha-
    ben, können ihre Haushalte kaum noch stemmen. Sie
    stehen häufig unter dem Druck von Haushaltssiche-





    Dr. Hans-Ulrich Krüger


    (A) (C)



    (D)(B)

    rungskonzepten und verlieren damit das ureigenste kom-
    munale Instrument der Selbstverwaltungshoheit. An die-
    ser Stelle sind wir gefordert.

    Ab 2014 – auch das ist angesprochen worden – über-
    nimmt der Bund vollständig die Kosten der Grundsiche-
    rung in Höhe von aktuell 5,5 Milliarden Euro. Das ist ein
    großer, für die Gemeinden direkt positiv spürbarer Er-
    folg sozialdemokratischer Politik, der – ich erinnere da-
    ran – nicht zuletzt aufgrund der rot-grünen Hartnäckig-
    keit im Vermittlungsausschuss zustande gekommen ist.

    Ferner haben wir vereinbart, dass die Kommunen im
    Rahmen der Verabschiedung des Bundesteilhabegeset-
    zes in einem Umfang von 5 Milliarden Euro jährlich von
    den Kosten der Eingliederungshilfe für behinderte Men-
    schen entlastet werden. Wir stehen fest zur Verabschie-
    dung des Bundesteilhabegesetzes in dieser Legislatur;
    daran wird nicht gerüttelt. Und eines, liebe Kolleginnen
    und Kollegen, ist auch klar: Bis dieses Gesetz erarbeitet
    ist, werden die Kommunen, beginnend ab Januar 2015,
    um 1 Milliarde Euro jährlich entlastet. Ziel ist es, dass
    das Bundesministerium für Arbeit und Soziales noch in
    diesem Jahr mit den Arbeiten an diesem Gesetzgebungs-
    vorhaben beginnt. Im Zuge des Bundesteilhabegesetzes
    soll die Eingliederungshilfe zu einem modernen Teilha-
    berecht weiterentwickelt werden, das Leben von Men-
    schen mit Behinderung eindeutig und konkret verbessert
    werden. Wir werden daher alles dafür tun, dass dieses
    Gesetz in 2016 verabschiedet wird. Wir definieren auch
    ganz klar das angestrebte Ziel, bereits 2017 zu einer hö-
    heren Entlastung der Kommunen zu kommen.

    Sie sehen, meine Damen und Herren, auf der einen
    Seite einen strukturell ausgeglichenen Haushalt zu prä-
    sentieren und auf der anderen Seite Zukunftsinvestitio-
    nen für die Menschen in unserem Land vorzusehen,
    schließt sich nicht aus, nein, das ist unabdingbar mitei-
    nander verbunden. Wir betreiben insofern eine Politik
    der ökonomischen Vernunft.

    Lassen Sie mich, liebe Kolleginnen und Kollegen, an-
    gesichts der Debatte um die Einnahmen und Ausgaben
    der öffentlichen Hand zum Schluss noch ein paar Sätze
    zur Steuerehrlichkeit in unserer Gesellschaft sagen, einem
    Thema, welches uns, die Medien und die Menschen im
    Land in den letzten Wochen sehr bewegt hat. Ich möchte
    daher in diesem Zusammenhang daran erinnern, dass es
    der nordrhein-westfälische Finanzminister Norbert
    Walter-Borjans war, der mit dem beharrlichen, damals
    von vielen beschimpften, heute aber von fast allen bejah-
    ten Ankauf von Steuer-CDs nicht nur eine Diskussion
    über Steuerehrlichkeit und Steuermoral in Gang gesetzt
    hat, sondern auch dafür gesorgt hat, dass so mancher hin-
    terzogene Steuereuro doch noch in die Staatskasse ge-
    flossen ist.


    (Beifall bei der SPD)


    Nordrhein-Westfalen hat für den Kauf von Steuer-CDs
    bislang einen einstelligen Millionenbetrag ausgegeben
    und dadurch im Gegenzug mehr als 300 Millionen Euro
    an entzogenen Steuern für die Bürger eingenommen –
    wie ich finde, eine gute Rendite.
    Sie sehen, liebe Kolleginnen und Kollegen – auch an
    die Opposition gerichtet –: Die Große Koalition packt an
    allen Fronten, auf allen Ebenen die Probleme an. Wir
    sind auf einem sehr guten Weg. Diesen werden wir wei-
    tergehen. Ich lade Sie daher ein, unsere Arbeit bei den
    Haushaltsberatungen zu unterstützen.

    Ich danke Ihnen.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)




Rede von Petra Pau
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DIE LINKE.)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)

Das Wort hat die Staatsministerin und Beauftragte der

Bundesregierung für Kultur und Medien, Monika
Grütters.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


M
  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Monika Grütters


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)



    Liebe Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!
    Gleich zwei Ereignisse haben uns Kulturfreunde – übrigens
    weltweit – in den letzten Tagen sehr bewegt: Das eine war
    der Durchbruch bei der Bearbeitung des sogenannten
    Schwabinger Kunstfundes und das andere die große Aus-
    stellung von Ai Weiwei im Martin-Gropius-Bau. Ich finde,
    beide Ereignisse – deshalb erwähne ich sie hier eingangs –
    sagen sehr viel aus über unser Verständnis als Kulturnation.

    Gestern konnten wir immerhin erleichtert feststellen,
    dass Herr Gurlitt sich bereit erklärt hat, die Raubkunst
    freiwillig – das ist erstmals in der Geschichte der Repu-
    blik so – an die Erben der damaligen, meist jüdischen
    Besitzer zurückzugeben. Das ist nicht nur ein großer Er-
    folg in diesem spektakulären Fall, sondern das zeigt vor
    allem, dass Deutschland auch 70 Jahre nach Ende des
    Zweiten Weltkrieges nicht aufhört, seine Vergangenheit
    aufzuarbeiten, selbst wenn es wehtut.


    (Beifall der Abg. Dr. Eva Högl [SPD])


    – Ich finde, dass das, worum es hier geht, einen Applaus
    wert ist, insbesondere weil sich ein Privater, der das
    nicht hätte tun müssen, freiwillig dazu bereit erklärt hat.
    Vor allen Dingen wird eines dabei sichtbar: Es geht im
    Einzelfall nicht immer nur um den materiellen Aus-
    gleich, sondern auch um die Anerkennung der Opferbio-
    grafien,


    (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


    also auch um so etwas wie die moralische Durchdrin-
    gung unser aller Geschichte.

    Vor genau einer Woche haben wir im Martin-Gropius-
    Bau die weltweit größte Ausstellung des Künstlers Ai
    Weiwei eröffnet, die deshalb weltweit so viel Aussehen
    erregt, weil er in China unter Hausarrest steht und weil
    seine Kunst, die subversiv ist und manchmal fast verfüh-
    rerisch ästhetisch, obwohl er in allen seinen Arbeiten im-
    mer wieder auch die Unterdrückung, die er erfahren hat,





    Staatsministerin Monika Grütters


    (A) (C)



    (D)(B)

    aufarbeitet, so etwas ist wie ein Manifest gegen Unge-
    rechtigkeit und gegen Willkür.

    Daran wird deutlich, dass Kunst und Kultur – das gilt
    nicht nur für Deutschland, sondern überall – kein dekora-
    tiver Luxus sind, sondern eine Haltung, ein Modus des
    Zusammenlebens. Die Künstler denken über die Bedin-
    gungen unserer Existenz und über die Verfasstheit einer
    Gesellschaft nach, und man kann eine Gesellschaft sehr
    genau daran erkennen, wie sie mit ebendiesen Künstlern
    umgeht. Das ist eine Art Lackmustest für die Demokratie
    und für die Achtung der Menschenrechte. Friedrich
    Schiller hat das, wie ich finde, einmal sehr poetisch in
    die Worte gefasst: „Die Kunst ist eine Tochter der Frei-
    heit.“

    Der Schutz dieser Freiheiten, unter denen Geist und
    Kultur gedeihen, muss deshalb auch oberster Grundsatz
    jeder verantwortlichen Kulturpolitik sein; denn es kann
    ja nur der Staat sein, der diese Kunst und diese Freiheit
    schützt. Das heißt, wenn wir heute über den Kulturetat
    der Bundesregierung sprechen, dann sprechen wir über
    nichts Geringeres als über die Grundlage unseres Zu-
    sammenlebens.

    Ganz konkret: Ein Staat wie Deutschland, der reich an
    kulturellen Traditionen ist, dessen Brüche aber auch sehr
    radikal sind, muss eben auch im Umgang mit seinen
    Kulturgütern Klarheit schaffen und nach fairen und ge-
    rechten Lösungen suchen. Deshalb bin ich sehr dankbar
    – und das ist nicht banal –, dass wir die Mittel für Prove-
    nienzrecherche und für die Rückgabe tatsächlich noch in
    diesem Haushalt für 2014 verdoppeln konnten.

    Es kann sein, dass das Deutsche Zentrum Kulturgut-
    verluste spät kommt, aber es kommt noch zur rechten
    Zeit. Das macht einmal mehr deutlich, wie wichtig uns
    die Aufgabe ist. Deshalb bin ich wirklich dankbar und
    immer noch beeindruckt, dass ausgerechnet meine israe-
    lische Kollegin Limor Livnat bei unserem Besuch unver-
    mittelt – das war nicht geplant – einmal mehr gesagt hat,
    sie bewundere, was wir in der kurzen Zeit gemacht ha-
    ben. Sie fragte sogar, ob wir deutsche Provenienzfor-
    scher in israelische Museen schicken können. Wenn das
    kein Vertrauensbeweis ist!


    (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


    Jetzt, verehrte liebe Kollegin Rößner, komme ich zur
    Medienpolitik, und zwar zu dem Teil, den der Bund zu
    verantworten hat. Ich weiß, Sie haben sich ins ZDF ver-
    bissen, aber das ist und bleibt Ländersache. – Übrigens,
    zu persönlichen Raufereien: Ich neige wirklich nicht
    dazu, gleich meinen Amtsvorgänger aus dem Amt zu ja-
    gen.

    Kommen wir also zur Medienpolitik des Bundes.
    Die Krisen in der Ukraine und der Arabische Frühling
    – oder das, was davon übrig geblieben ist – zeigen uns
    einmal mehr, wie wichtig unabhängiger, freier Journa-
    lismus ist. Die Deutsche Welle als Auslandssender
    steht eben für Meinungsfreiheit, Pressefreiheit, Men-
    schenrechte, Demokratie und soziale Marktwirtschaft.


    (Lachen der Abg. Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

    – Da können Sie gerne lachen. Ich finde, es ist nicht zum
    Lachen, sondern wichtiger denn je.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Entschuldigung!)


    Der Wettbewerb um die Weltöffentlichkeit, um Werte
    und Ideen hat sich drastisch verschärft. Die Deutsche
    Welle konkurriert inzwischen mit mindestens 26 interna-
    tionalen Sendern, und viele von denen stehen eben nicht
    für freie Meinungsäußerung, sondern für eine aggressive
    und tendenziöse Berichterstattung und nicht selten für
    Zensur und Propaganda. Trotzdem ist es der Deutschen
    Welle in den letzten Jahren gelungen, die Nutzung ihres
    Angebots um 17 Prozent auf immerhin 101 Millionen
    Zuschauer pro Woche zu steigern. Ich glaube, das ist ein
    Zeichen für hohe Glaubwürdigkeit. Sie setzt daneben na-
    türlich auch mit mutigen Entscheidungen ein Zeichen,
    wie der, die Satiresendung des Ägypters Bassem Youssef
    in ihr Programm zu übernehmen; da hat es starke Kon-
    kurrenz, nicht zuletzt von der BBC, gegeben.

    Deshalb ist es wichtig, dass wir die Deutsche Welle stär-
    ken. Dies haben wir in diesem Haushalt kurzfristig mit min-
    destens 2 Millionen Euro mehr – auch über ODA-Mittel –
    getan, und das soll nicht das letzte Wort gewesen sein.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Helfen Sie also mit, die Deutsche Welle zu stärken und
    zu stabilisieren.

    Noch ein paar Worte zum Thema Filmförderfonds. Er
    ist hier angesprochen worden. Dafür standen jahrelang
    60 Millionen Euro zur Verfügung. Das verteidige ich
    auch. Als die Mittel einmalig auf 70 Millionen Euro auf-
    gestockt wurden, sind – das müssten Sie wissen – nur
    62 Millionen Euro abgeflossen, nicht mehr.

    Ich finde es traurig, dass wir alle die Filmförderung
    immer nur auf diesen einen Fonds reduzieren und nichts
    über die Drehbuchpreise, über die Förderung des Kin-
    derfilms in Deutschland, über das Oberhausener Film-
    festival und beispielsweise über die Berlinale sagen. Ich
    fände es besser, wenn wir die Filmförderung ernst näh-
    men. Sie steht ganz oben auf unserer Agenda und nimmt
    mehr Raum ein als fast alle anderen Themen.


    (Beifall bei der CDU/CSU)