Rede von
Elisabeth
Motschmann
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es
ist von allen Seiten darauf hingewiesen worden: Die
Sicherheitslage und die humanitäre Lage in der Zentral-
afrikanischen Republik haben sich seit dem Putsch ge-
gen die Rebellenkoalition im letzten Jahr drastisch ver-
schlechtert. Die Sicherheitslage und die humanitäre
Lage gehören untrennbar zusammen. Sie sind zwei Sei-
ten einer Medaille. Wer, wie die Linken, diesen Zusam-
menhang nicht sieht oder nicht sehen will, handelt un-
verantwortlich, Herr Movassat.
Es geht nicht, dass Sie hier sagen, dass wir Beihilfe
zum Krieg leisten. Wo sind wir denn? Wir organisieren
Verwundetentransporte.
Ich kann nur sagen: Gehen Sie in sich! Ich hoffe, dass
Sie irgendwann zu der Erkenntnis kommen, dass Sie hier
komplett falsch gelegen haben.
2,8 Millionen Menschen benötigen humanitäre Hilfe.
Das sind 54 Prozent der Gesamtbevölkerung oder die
Einwohnerzahl von Schleswig-Holstein. 1,3 Millionen
bis 1,6 Millionen Menschen – da gibt es unterschiedliche
Zahlen – sind akut auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen.
Das sind 28 Prozent der Gesamtbevölkerung. Das ent-
spricht der Bevölkerungszahl einer Großstadt in unserem
Land. 625 000 Menschen sind im Land auf der Flucht.
Das sind 15 Prozent der Gesamtbevölkerung. Das ent-
spricht der Zahl der Bevölkerung des Bundeslandes, aus
dem ich komme, Bremen-Bremerhaven.
Das sind Zahlen, aber was bedeuten sie eigentlich?
Christliche und muslimische Milizen – darauf wurde
hingewiesen – ziehen abwechselnd durch das Land. Sie
morden nicht nur die direkten Gegner, sondern greifen
fast wahllos die Zivilbevölkerung an. Mord, Plünderung,
Sterben, Tod, auch von Kindern, Hunger, Mangelernäh-
rung, Vergewaltigungen, Kinder ohne Schulunterricht –
all das gehört zum Alltag in diesem Land. Unsere Minis-
terin hat gesagt: Es versinkt im Chaos.
Als ich journalistisch tätig war, bin ich in vielen
Elendsgebieten auf verschiedenen Kontinenten gewesen,
auch in Afrika. Ich kann Ihnen sagen: Die Bilder, das,
was man da sieht, vergisst man nie im Leben. Dieses
Elend, dieser Schrecken – ich wünsche Ihnen, Herr
Movassat, nicht, dass Sie das sehen oder erleben müs-
sen; aber ich wünsche Ihnen schon mehr Nachdenklich-
keit in Bezug auf das, was Sie hier gesagt haben, näm-
lich dass Sie nicht helfen wollen. Das kann ganz
bestimmt nicht unser Auftrag sein.