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ID1802705200

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 18/27 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 27. Sitzung Berlin, Freitag, den 4. April 2014 I n h a l t : Tagesordnungspunkt 18: Antrag der Abgeordneten Philipp Mißfelder, Sibylle Pfeiffer, Frank Heinrich (Chemnitz), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Niels Annen, Dr. Bärbel Kofler, Gabriela Heinrich, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Kordula Schulz- Asche, Tom Koenigs, Omid Nouripour, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Erinnerung und Ge- denken an die Opfer des Völkermordes in Ruanda 1994 Drucksache 18/973 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2163 B Dr. Frank-Walter Steinmeier, Bundesminister AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2163 C Stefan Liebich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 2166 A Philipp Mißfelder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 2167 A Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2168 C Niels Annen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2170 B Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . 2171 C Dr. Andreas Nick (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 2172 C Gabriela Heinrich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 2174 B Dagmar G. Wöhrl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 2175 B Frank Heinrich (Chemnitz) (CDU/CSU) . . . . 2176 D Wilfried Lorenz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 2178 B Tagesordnungspunkt 19: a) Antrag der Abgeordneten Corinna Rüffer, Kerstin Andreae, Markus Kurth, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Fünf Jahre UN- Behindertenrechtskonvention – Sofort- programm für Barrierefreiheit und ge- gen Diskriminierung Drucksache 18/977 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2180 A b) Antrag der Abgeordneten Katrin Werner, Diana Golze, Sabine Zimmermann (Zwi- ckau), weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Programm zur Be- seitigung von Barrieren auflegen Drucksache 18/972 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2180 B Corinna Rüffer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2180 C Uwe Schummer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 2182 A Katrin Werner (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 2183 C Kerstin Tack (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2184 D Markus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2185 B Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2186 A Dr. Astrid Freudenstein (CDU/CSU) . . . . . . . 2187 A Sabine Zimmermann (Zwickau) (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2188 A Ulla Schmidt (Aachen) (SPD) . . . . . . . . . . . . 2188 D Jutta Eckenbach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 2190 A Katrin Kunert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 2191 A Dr. Matthias Bartke (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 2192 A Peter Weiß (Emmendingen) (CDU/CSU) . . . 2193 A Waltraud Wolff (Wolmirstedt) (SPD) . . . . . . . 2194 C Gabriele Schmidt (Ühlingen) (CDU/CSU) . . 2195 C Heike Baehrens (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2196 D Inhaltsverzeichnis II Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 27. Sitzung. Berlin, Freitag, den 4. April 2014 Uwe Lagosky (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 2197 C Dr. Martin Rosemann (SPD) . . . . . . . . . . . . . 2198 C Zusatztagesordnungspunkt 3: Antrag der Bundesregierung: Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte am maritimen Begleitschutz bei der Hydro- lyse syrischer Chemiewaffen an Bord der CAPE RAY im Rahmen der gemeinsamen VN/OVCW-Mission zur Vernichtung der syrischen Chemiewaffen Drucksache 18/984 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2200 A Dr. Ursula von der Leyen, Bundesministerin BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2200 B Jan van Aken (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 2200 C Christine Buchholz (DIE LINKE) . . . . . . . . . 2201 D Michael Roth, Staatsminister AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2203 A Heike Hänsel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 2204 A Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2205 B Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . 2205 D Michael Roth, Staatsminister AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2206 A Agnieszka Brugger (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2206 C Philipp Mißfelder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 2207 C Dr. Reinhard Brandl (CDU/CSU) . . . . . . . . . 2208 C Tagesordnungspunkt 21: Antrag der Abgeordneten Pia Zimmermann, Sabine Zimmermann (Zwickau), Matthias W. Birkwald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Deckungslücken der Sozialen Pflegeversicherung schließen und die staatlich geförderten Pflegezusatzversi- cherungen – sogenannter Pflege-Bahr – ab- schaffen Drucksache 18/591 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2209 C Pia Zimmermann (DIE LINKE) . . . . . . . . . . 2209 D Erwin Rüddel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 2210 D Pia Zimmermann (DIE LINKE) . . . . . . . . 2211 A Elisabeth Scharfenberg (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2212 C Mechthild Rawert (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 2213 C Tino Sorge (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . 2215 B Heiko Schmelzle (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 2216 D Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2217 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 2219 A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2220 A Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 27. Sitzung. Berlin, Freitag, den 4. April 2014 2163 (A) (C) (D)(B) 27. Sitzung Berlin, Freitag, den 4. April 2014 Beginn: 9.01 Uhr
  • folderAnlagen
    Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 27. Sitzung. Berlin, Freitag, den 4. April 2014 2219 (A) (C) (B) Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten (D) Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Alpers, Agnes DIE LINKE 04.04.2014 Bahr, Ulrike SPD 04.04.2014 Dr. Bartels, Hans-Peter SPD 04.04.2014 Barthel, Klaus SPD 04.04.2014 Bätzing-Lichtenthäler, Sabine SPD 04.04.2014 Bluhm, Heidrun DIE LINKE 04.04.2014 Brähmig, Klaus CDU/CSU 04.04.2014 Brase, Willi SPD 04.04.2014 Dr. Brunner, Karl-Heinz SPD 04.04.2014 Bülow, Marco SPD 04.04.2014 Dr. Diaby, Karamba SPD 04.04.2014 Ernst, Klaus DIE LINKE 04.04.2014 Ernstberger, Petra SPD 04.04.2014 Fuchtel, Hans-Joachim CDU/CSU 04.04.2014 Dr. Gauweiler, Peter CDU/CSU 04.04.2014 Gohlke, Nicole DIE LINKE 04.04.2014 Groß, Michael SPD 04.04.2014 Gunkel, Wolfgang SPD 04.04.2014 Ilgen, Matthias SPD 04.04.2014 Karawanskij, Susanna DIE LINKE 04.04.2014 Kaster, Bernhard CDU/CSU 04.04.2014 Krellmann, Jutta DIE LINKE 04.04.2014 Dr. Krings, Günter CDU/CSU 04.04.2014 Kühn-Mengel, Helga SPD 04.04.2014 Maisch, Nicole BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 04.04.2014 Meiwald, Peter BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 04.04.2014 Dr. Priesmeier, Wilhelm SPD 04.04.2014 Roth (Heringen), Michael SPD 04.04.2014 Rüthrich, Susann SPD 04.04.2014 Schieder (Schwandorf), Marianne SPD 04.04.2014 Schlecht, Michael DIE LINKE 04.04.2014 Schmidt (Fürth), Christian CDU/CSU 04.04.2014 Silberhorn, Thomas CDU/CSU 04.04.2014 Dr. Sitte, Petra DIE LINKE 04.04.2014 Stritzl, Thomas CDU/CSU 04.04.2014 Dr. Terpe, Harald BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 04.04.2014 Trittin, Jürgen BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 04.04.2014 Ulrich, Alexander DIE LINKE 04.04.2014 Dr. Wagenknecht, Sahra DIE LINKE 04.04.2014 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Anlagen 2220 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 27. Sitzung. Berlin, Freitag, den 4. April 2014 (A) (C) (D)(B) Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur hat mitgeteilt, dass er gemäß § 80 Absatz 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: – Unterrichtung durch die Bundesregierung Sondergutachten der Monopolkommission gemäß § 36 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes Bahn 2013 – Reform zügig umsetzen! Drucksachen 17/14076, 18/641 Nr. 16 – Unterrichtung durch die Bundesregierung Tätigkeitsbericht 2012 der Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisen- bahnen für den Bereich Eisenbahnen mit Stellungnahme der Bundesregierung Drucksachen 18/356, 18/526 Nr. 1.4 – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht über die Projektfortschritte beim Ausbau der grenzüberschreitenden Schienenverkehrsachsen Drucksachen 18/357, 18/526 Nr. 1.5 Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden Unions- dokumente zur Kenntnis genommen oder von einer Be- ratung abgesehen hat. Wagner, Doris BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 04.04.2014 Weinberg, Harald DIE LINKE 04.04.2014 Dr. Weisgerber, Anja CDU/CSU 04.04.2014 Wunderlich, Jörn DIE LINKE 04.04.2014 Ziegler, Dagmar SPD 04.04.2014 Zypries, Brigitte SPD 04.04.2014 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Offsetdruc sellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 K Auswärtiger Ausschuss Drucksache 18/419 Nr. C.1 Ratsdokument 9706/13 Drucksache 18/419 Nr. A.2 EuB-BReg 43/2013 Drucksache 18/419 Nr. A.14 Ratsdokument 11396/13 Sportausschuss Drucksache 18/642 Nr. A.1 Ratsdokument 5842/14 Haushaltsausschuss Drucksache 18/544 Nr. A.27 Ratsdokument 5359/14 Drucksache 18/822 Nr. A.15 Ratsdokument 6266/14 Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft Drucksache 18/642 Nr. A.4 Ratsdokument 5958/14 Drucksache 18/822 Nr. A.24 Ratsdokument 6054/14 Drucksache 18/822 Nr. A.25 Ratsdokument 6445/14 Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur Drucksache 18/419 Nr. A.114 Ratsdokument 10275/13 Drucksache 18/419 Nr. A.122 Ratsdokument 13065/13 Drucksache 18/419 Nr. A.123 Ratsdokument 13234/13 Drucksache 18/419 Nr. A.126 Ratsdokument 13716/13 Drucksache 18/419 Nr. A.127 Ratsdokument 13717/13 Drucksache 18/544 Nr. A.41 Ratsdokument 5166/14 Drucksache 18/544 Nr. A.42 Ratsdokument 17967/13 Drucksache 18/544 Nr. A.43 Ratsdokument 18136/13 Drucksache 18/822 Nr. C.2 Ratsdokument 10154/13 Drucksache 18/822 Nr. C.3 Ratsdokument 10160/13 Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Drucksache 18/419 Nr. A.170 Ratsdokument 12453/13 Drucksache 18/642 Nr. A.11 Ratsdokument 5855/14 kerei, Bessemerstraße 83–91, 1 öln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de 22 27. Sitzung Inhaltsverzeichnis TOP 18 Gedenken an die Opfer des Völkermordes in Ruanda TOP 19 Programm für Barrierefreiheit ZP 3 Bundeswehreinsatz Vernichtung syrischer Chemiewaffen TOP 21 Soziale Pflegeversicherung Anlagen
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Peter Weiß


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)


    Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

    Kollegen! Die UN-Behindertenrechtskonvention hat ei-
    nen Prozess ausgelöst, im Zuge dessen auch unser eige-
    nes Denken eine Veränderung erfährt.

    Zum Schluss dieser erfreulichen Debatte kann man
    feststellen: Die Idee einer inklusiven Gesellschaft ist
    mittlerweile bei uns angekommen. Sich daran zu gewöh-
    nen, war – wenn man sich die Tradition und die bisher
    geleistete Arbeit in der Behindertenpolitik in Deutsch-
    land vor Augen führt – eine echte Revolution, aber sie ist
    gelungen. Unser Bekenntnis ist klar: Ja, wir wollen eine
    inklusive Gesellschaft.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie der Abg. Corinna Rüffer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


    Das bedeutet vor allen Dingen, die Kompetenzen und
    auch den Sachverstand der Menschen mit Behinderun-
    gen ernst zu nehmen. Was heißt das? Lassen Sie mich
    ein Beispiel nennen: Im Inklusionsbeirat der Bundesre-
    gierung sitzen nicht nur Menschen, die Sachverstand ha-
    ben und über Behinderte reden, sondern dort sitzen Men-
    schen mit Behinderung, um ihre eigenen Interessen und
    Bedürfnisse zu artikulieren.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie der Abg. Corinna Rüffer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


    Das wichtigste Instrument ist der Nationale Aktions-
    plan. All die Forderungen und Wünsche, die vorgetragen
    worden sind, müssen jetzt in den Nationalen Aktions-
    plan aufgenommen werden. Wir brauchen einen Arbeits-
    plan, mit dem uns Schritt für Schritt die Umsetzung hin
    zu einer inklusiven Gesellschaft gelingt. Es geht nun da-
    rum, dass nicht Politiker über Behinderte schreiben, son-
    dern in dem Aktionsplan muss sich das wiederfinden,
    was Menschen mit Behinderung selber eingebracht ha-
    ben.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


    Eine Anpassung der Gesetzgebung im Zuge der Re-
    form der Eingliederungshilfe hin zu einem neuen Bun-
    desteilhabegesetz ist der entscheidende Schritt. Die Op-
    position kann sich jetzt natürlich hinstellen und fragen:
    Warum gibt es das nicht schon längst? Legt endlich ei-
    nen Entwurf vor! – Verehrte Kolleginnen und Kollegen,
    um Ihr Kurzzeitgedächtnis etwas aufzufrischen: Seit
    Jahren reden wir in Deutschland über die Reform der
    Eingliederungshilfe. Wir haben einen mühsamen, aber
    interessanten Prozess angestoßen. In einer Bund-Länder-
    Arbeitsgruppe haben sich Bund und Bundesländer zu-
    sammen hingesetzt und aufgeschrieben, wie eine solche
    Reform inhaltlich aussehen soll. Jetzt ist es in der Tat an
    der Zeit, die Reform der Eingliederungshilfe anzu-
    packen. Das haben wir uns als Große Koalition vorge-
    nommen.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


    In der Debatte gerieten ein paar Dinge durcheinander.
    Gestern ist mehr über die Entlastung der Kommunen in
    Höhe von 5 Milliarden Euro gesprochen worden als über
    den Inhalt der Eingliederungshilfe selbst. Ich will klipp
    und klar sagen: Ja, der Bund, wir als Große Koalition,
    stehen zu unserer Zusage, im Rahmen der Reform die
    kommunale Seite um insgesamt 5 Milliarden Euro zu
    entlasten und uns an den Kosten der Eingliederungshilfe
    zu beteiligen. Aber bevor es zu einer Entlastung kommt,
    müssen die Inhalte stimmen. Das ist das Wesentliche:
    Wir wollen eine inhaltliche Reform der Eingliederungs-
    hilfe. Das ist unser Ziel.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie der Abg. Corinna Rüffer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


    Wenn wir über eine inklusive Gesellschaft sprechen,
    dann sprechen wir natürlich über unterschiedliche Arten
    von Behinderungen. Ich möchte darauf aufmerksam ma-
    chen, dass der Personenkreis der Menschen mit psychi-
    schen Behinderungen oft vergessen wird. Unter den rund
    7,3 Millionen schwerbehinderten Menschen, die in der
    Bundesstatistik verzeichnet sind – ich sage das aus-
    drücklich einschränkend –, befindet sich – amtlich fest-
    gestellt – 1 Million Menschen mit seelischen Behinde-
    rungen. Wir wissen, dass langfristig psychisch kranke
    Menschen von sich aus vielfach keine Anerkennung als
    Schwerbehinderte beantragen.

    Aktuell leben in Deutschland 1,4 Millionen Men-
    schen mit der ärztlich gestellten Diagnose Demenz unter
    uns. Aber nur etwa ein Drittel dieser Personen beantragt
    von sich aus, dass amtlich eine Schwerbehinderung fest-
    gestellt wird.

    Ein zweiter Hinweis: Im Zusammenhang mit der
    wachsenden Anzahl der Menschen mit seelischen Behin-
    derungen muss man die dramatisch steigende Zahl der





    Peter Weiß (Emmendingen)



    (A) (C)



    (D)(B)

    Menschen berücksichtigen, die wegen psychischer Er-
    krankungen, wegen psychischer Störungen auf eine Er-
    werbstätigkeit verzichten müssen und Erwerbsminde-
    rungsrente beantragen. Deshalb ist es wichtig, auch an
    die seelisch behinderten Menschen zu denken, wenn
    man von Menschen mit Behinderungen spricht.

    Natürlich haben Menschen mit psychischen Störun-
    gen andere Probleme als zum Beispiel Menschen mit ei-
    ner Gehbehinderung oder einer Sinnesbehinderung. Sie
    brauchen auch andere Formen von Unterstützung. Ich
    will das kurz an drei Punkten verdeutlichen.

    Erstens: Teilhabe. Die gesellschaftliche Teilhabe ist
    ein zentrales Thema. Um erwerbstätig sein zu können,
    benötigen Menschen mit psychischen Behinderungen
    auf ihre Bedürfnisse zugeschnittene Arbeitsbedingungen
    und Unterstützungsangebote.

    Zweitens: Barrierefreiheit. Bezogen auf einen Roll-
    stuhlfahrer können wir Barrierefreiheit sehr leicht defi-
    nieren. Bezogen auf einen Menschen mit seelischen Be-
    hinderungen fällt uns das sehr schwer. Menschen mit
    seelischer Behinderung haben oft Schwierigkeiten in so-
    zialen Beziehungen. Sie reagieren vielleicht besonders
    sensibel auf bestimmte Stressfaktoren. Sie haben viel-
    leicht Ängste, die die Alltagsbewältigung, die Teilhabe
    am Leben in der Gesellschaft erschweren.

    Drittens: Selbstbestimmung. Für Menschen mit psy-
    chischen Erkrankungen ist Selbstbestimmung ein wich-
    tiges und spezifisches Thema, weil sie oft große Schwie-
    rigkeiten haben, eine für sie sinnvolle Entscheidung zu
    treffen. Dann müssen Betreuer oder Gerichte für sie ent-
    scheiden. Wir haben in der letzten Legislaturperiode das
    Betreuungsrecht reformiert und die Schwelle für Zwangs-
    maßnahmen, also für Unterbringung oder Zwangsbe-
    handlung, deutlich erhöht. Auch das war ein wichtiger
    Beitrag zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskon-
    vention. Dieser Prozess ist noch nicht abgeschlossen.

    Neben dem, was wir rechtlich oder durch finanzielle
    Unterstützung regeln können, ist, wie ich finde, für die
    Idee einer inklusiven Gesellschaft von großer Bedeu-
    tung, dass sich die vielen guten Beispiele, die wir in un-
    serem Land haben, vervielfältigen. Deshalb fand ich die
    Idee des früheren Behindertenbeauftragten der Bundes-
    regierung, Hubert Hüppe, sehr gut, eine sogenannte in-
    klusive Landkarte ins Leben zu rufen.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Für all die tollen Beispiele, die wir in unserem Land ha-
    ben, gilt: Man konnte beantragen, in dieser Landkarte
    verzeichnet zu werden. Nicht der Behindertenbeauf-
    tragte hat entschieden, wer aufgenommen wird, sondern
    Menschen mit Behinderung haben den Auswahlprozess
    mitgestaltet und entschieden, wer in die Landkarte auf-
    genommen wird. Die besten Beispiele wurden ausge-
    zeichnet. Ich glaube, in den kommenden Jahren wird es
    entscheidend darauf ankommen, dass wir dafür sorgen,
    dass die vielen guten Beispiele für eine inklusive Gesell-
    schaft in Deutschland sich möglichst rasch vervielfälti-
    gen, sodass wir in einigen Jahren sagen können: Auf die-
    ser inklusiven Landkarte gibt es keine weißen Flecken
    mehr.

    Vielen Dank.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)




Rede von Claudia Roth
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Weiß. Es ist gut, dass Sie

Herrn Hüppe erwähnt haben. – Herr Hüppe, ich glaube,
das ganze Haus dankt Ihnen für das, was Sie in diesem
Bereich geleistet haben.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Seien Sie mal nicht so bescheiden! Wir danken Ihnen
nicht nur für die Landkarte.

Nächste Rednerin: Waltraud Wolff für die SPD.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Waltraud Wolff


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


    Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und

    Herren auf den Zuschauerrängen! Liebe Kolleginnen
    und Kollegen! Wir alle haben übereinstimmend festge-
    stellt: Alle Menschen haben den Anspruch und das
    Recht auf eine gleichberechtigte Teilhabe am gesell-
    schaftlichen Leben. Das hört sich sehr groß an; darüber
    ist ja schon vielfältig diskutiert worden. Vor fünf Jahren
    wurde dieses Ziel in der UN-Behindertenrechtskonven-
    tion festgehalten. Deutschland war das erste Land, das
    diese Konvention unterzeichnet und ratifiziert hat, aber
    wir sind natürlich noch nicht am Ende des Weges. Auch
    unser Ziel ist eine inklusive Gesellschaft. Jeder Mensch
    soll seine eigene Lebenssituation so weit wie möglich
    selbst gestalten können.


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


    Das ist unser Anspruch. Eines kann ich Ihnen sagen, so
    wie ich hier stehe: Bis zum Ende dieser Legislaturpe-
    riode werden wir auf diesem Weg ein großes Stück vor-
    angekommen sein.

    Die Behindertenrechtskonvention beschreibt die Ein-
    schränkungen von Menschen mit Behinderungen als ab-
    hängig von der Wechselbeziehung zwischen den indivi-
    duellen Fähigkeiten eines Menschen und den Barrieren,
    auf die er trifft. Aufgrund einer Beeinträchtigung ist man
    also nicht per se dafür prädestiniert, dass man nicht un-
    eingeschränkt am gesellschaftlichen Leben teilhaben
    kann. Oft ist es doch die Umwelt, die aus einer Beein-
    trächtigung erst eine Behinderung macht.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Hier gilt es, den Finger in die Wunde zu legen. Bei-
    spiel: Wenn Fußgänger die Welt planen würden, könnte
    das durchaus eine Welt voller Stufen und Treppen sein.
    Natürlich hätte das für einen Rollifahrer gravierende
    Auswirkungen. In dieser Welt ist aber nicht der Rollstuhl





    Waltraud Wolff (Wolmirstedt)



    (A) (C)



    (D)(B)

    die Barriere, sondern die Barriere sind die Treppen. Da-
    rum müssen diese Treppen weg.


    (Beifall bei der SPD)


    Aus solchen und aus vielen anderen Gründen haben
    wir im Koalitionsvertrag ein zutiefst sinnvolles und
    menschliches Ziel definiert:

    Menschen mit und ohne Behinderungen sollen zu-
    sammen spielen, lernen, leben, arbeiten und wohnen.
    In allen Bereichen des Lebens sollen Menschen mit
    Behinderungen selbstverständlich dazugehören –
    und zwar von Anfang an.


    (Beifall bei der SPD)


    An circa 20 Stellen im Koalitionsvertrag gibt es dazu
    Aussagen. Als ich diese gefunden habe, war ich etwas
    erstaunt, aber ich habe mich natürlich sehr darüber ge-
    freut. Es gibt größere und kleinere Baustellen, die zu be-
    arbeiten sind. Diese betreffen im Grunde genommen alle
    Fachgebiete.

    Wir haben festgestellt: Wir wollen die Eingliede-
    rungshilfe zu einem modernen Teilhabegesetz machen.
    Wir wollen eine gemeinsame Bildung vorantreiben und
    einen Arbeitsmarkt schaffen, der auch Menschen mit
    Behinderungen offensteht. Wir wollen Barrieren ab-
    bauen. Wir brauchen einen leichteren Zugang für Men-
    schen mit Behinderungen zu Transportmitteln. Jeder
    kennt das: Ein Rollstuhlfahrer muss erst bei der Bahn an-
    rufen, damit er überhaupt in den ICE kann. Wir brauchen
    einen besseren Zugang zu Informationen und Kommuni-
    kationsmöglichkeiten. Wir werden in der Gesundheits-
    versorgung viel ändern und gerade bei der Vorsorge
    mehr tun.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Mir ist eines ganz besonders wichtig: Wir wollen das
    Selbstbestimmungsrecht hilfebedürftiger Erwachsener
    stärken. Willy Brandt hat in den 70er-Jahren von Men-
    schen mit Behinderungen als Erster von Mitbürgern ge-
    sprochen. Warum, frage ich, dürfen Menschen mit Be-
    hinderungen, die unter voller Betreuung stehen, heute
    nicht zur Wahl gehen? Diese Diskriminierung muss ein
    Ende haben.


    (Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Barrierefreiheit verknüpfen wir immer mit einem
    Rolli. Klar, wir wollen da sehr viel tun. Aber Barriere-
    freiheit fängt im Kopf an, und zwar bei uns allen. Als
    Opposition kann man zwar sagen, dass die Regierung
    nicht genug tut, aber zum Beispiel für einen inklusiven
    Arbeitsmarkt können wir nur den Rahmen setzen. Wir
    brauchen auch Arbeitgeber, die bereit sind, Menschen
    mit Behinderungen einzustellen.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Corinna Rüffer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber wir müssen den Rahmen auch machen!)

    Barrierefreiheit hat also auch etwas mit Bildungsarbeit,
    mit dem Abbau von Vorurteilen zu tun. Hierbei müssen
    wir alle mithelfen.

    Wenn ich von gemeinsamem Lernen und einem ge-
    meinsamen Arbeitsmarkt rede, heißt das nicht gleichzei-
    tig, dass es keine Werkstätten für Behinderte und keine
    Sonderschulen für Kinder mit Förderbedarf geben soll.
    Diese werden wir auch in der Zukunft brauchen. In die-
    sem Punkt müssen Eltern Sicherheit haben.


    (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Uwe Schummer [CDU/CSU])


    Wir wollen Teilhabe statt Fürsorge. Wir wollen ein
    gemeinsames Spielen, Lernen, Wohnen und Arbeiten er-
    möglichen. Wir tun etwas. Lassen Sie uns das auch ge-
    meinsam mit der Opposition tun.

    Herzlichen Dank.


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)