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ID1802701400

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 18/27 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 27. Sitzung Berlin, Freitag, den 4. April 2014 I n h a l t : Tagesordnungspunkt 18: Antrag der Abgeordneten Philipp Mißfelder, Sibylle Pfeiffer, Frank Heinrich (Chemnitz), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Niels Annen, Dr. Bärbel Kofler, Gabriela Heinrich, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Kordula Schulz- Asche, Tom Koenigs, Omid Nouripour, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Erinnerung und Ge- denken an die Opfer des Völkermordes in Ruanda 1994 Drucksache 18/973 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2163 B Dr. Frank-Walter Steinmeier, Bundesminister AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2163 C Stefan Liebich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 2166 A Philipp Mißfelder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 2167 A Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2168 C Niels Annen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2170 B Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . 2171 C Dr. Andreas Nick (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 2172 C Gabriela Heinrich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 2174 B Dagmar G. Wöhrl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 2175 B Frank Heinrich (Chemnitz) (CDU/CSU) . . . . 2176 D Wilfried Lorenz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 2178 B Tagesordnungspunkt 19: a) Antrag der Abgeordneten Corinna Rüffer, Kerstin Andreae, Markus Kurth, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Fünf Jahre UN- Behindertenrechtskonvention – Sofort- programm für Barrierefreiheit und ge- gen Diskriminierung Drucksache 18/977 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2180 A b) Antrag der Abgeordneten Katrin Werner, Diana Golze, Sabine Zimmermann (Zwi- ckau), weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Programm zur Be- seitigung von Barrieren auflegen Drucksache 18/972 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2180 B Corinna Rüffer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2180 C Uwe Schummer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 2182 A Katrin Werner (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 2183 C Kerstin Tack (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2184 D Markus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2185 B Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2186 A Dr. Astrid Freudenstein (CDU/CSU) . . . . . . . 2187 A Sabine Zimmermann (Zwickau) (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2188 A Ulla Schmidt (Aachen) (SPD) . . . . . . . . . . . . 2188 D Jutta Eckenbach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 2190 A Katrin Kunert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 2191 A Dr. Matthias Bartke (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 2192 A Peter Weiß (Emmendingen) (CDU/CSU) . . . 2193 A Waltraud Wolff (Wolmirstedt) (SPD) . . . . . . . 2194 C Gabriele Schmidt (Ühlingen) (CDU/CSU) . . 2195 C Heike Baehrens (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2196 D Inhaltsverzeichnis II Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 27. Sitzung. Berlin, Freitag, den 4. April 2014 Uwe Lagosky (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 2197 C Dr. Martin Rosemann (SPD) . . . . . . . . . . . . . 2198 C Zusatztagesordnungspunkt 3: Antrag der Bundesregierung: Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte am maritimen Begleitschutz bei der Hydro- lyse syrischer Chemiewaffen an Bord der CAPE RAY im Rahmen der gemeinsamen VN/OVCW-Mission zur Vernichtung der syrischen Chemiewaffen Drucksache 18/984 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2200 A Dr. Ursula von der Leyen, Bundesministerin BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2200 B Jan van Aken (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 2200 C Christine Buchholz (DIE LINKE) . . . . . . . . . 2201 D Michael Roth, Staatsminister AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2203 A Heike Hänsel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 2204 A Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2205 B Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . 2205 D Michael Roth, Staatsminister AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2206 A Agnieszka Brugger (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2206 C Philipp Mißfelder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 2207 C Dr. Reinhard Brandl (CDU/CSU) . . . . . . . . . 2208 C Tagesordnungspunkt 21: Antrag der Abgeordneten Pia Zimmermann, Sabine Zimmermann (Zwickau), Matthias W. Birkwald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Deckungslücken der Sozialen Pflegeversicherung schließen und die staatlich geförderten Pflegezusatzversi- cherungen – sogenannter Pflege-Bahr – ab- schaffen Drucksache 18/591 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2209 C Pia Zimmermann (DIE LINKE) . . . . . . . . . . 2209 D Erwin Rüddel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 2210 D Pia Zimmermann (DIE LINKE) . . . . . . . . 2211 A Elisabeth Scharfenberg (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2212 C Mechthild Rawert (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 2213 C Tino Sorge (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . 2215 B Heiko Schmelzle (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 2216 D Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2217 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 2219 A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2220 A Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 27. Sitzung. Berlin, Freitag, den 4. April 2014 2163 (A) (C) (D)(B) 27. Sitzung Berlin, Freitag, den 4. April 2014 Beginn: 9.01 Uhr
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    Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 27. Sitzung. Berlin, Freitag, den 4. April 2014 2219 (A) (C) (B) Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten (D) Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Alpers, Agnes DIE LINKE 04.04.2014 Bahr, Ulrike SPD 04.04.2014 Dr. Bartels, Hans-Peter SPD 04.04.2014 Barthel, Klaus SPD 04.04.2014 Bätzing-Lichtenthäler, Sabine SPD 04.04.2014 Bluhm, Heidrun DIE LINKE 04.04.2014 Brähmig, Klaus CDU/CSU 04.04.2014 Brase, Willi SPD 04.04.2014 Dr. Brunner, Karl-Heinz SPD 04.04.2014 Bülow, Marco SPD 04.04.2014 Dr. Diaby, Karamba SPD 04.04.2014 Ernst, Klaus DIE LINKE 04.04.2014 Ernstberger, Petra SPD 04.04.2014 Fuchtel, Hans-Joachim CDU/CSU 04.04.2014 Dr. Gauweiler, Peter CDU/CSU 04.04.2014 Gohlke, Nicole DIE LINKE 04.04.2014 Groß, Michael SPD 04.04.2014 Gunkel, Wolfgang SPD 04.04.2014 Ilgen, Matthias SPD 04.04.2014 Karawanskij, Susanna DIE LINKE 04.04.2014 Kaster, Bernhard CDU/CSU 04.04.2014 Krellmann, Jutta DIE LINKE 04.04.2014 Dr. Krings, Günter CDU/CSU 04.04.2014 Kühn-Mengel, Helga SPD 04.04.2014 Maisch, Nicole BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 04.04.2014 Meiwald, Peter BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 04.04.2014 Dr. Priesmeier, Wilhelm SPD 04.04.2014 Roth (Heringen), Michael SPD 04.04.2014 Rüthrich, Susann SPD 04.04.2014 Schieder (Schwandorf), Marianne SPD 04.04.2014 Schlecht, Michael DIE LINKE 04.04.2014 Schmidt (Fürth), Christian CDU/CSU 04.04.2014 Silberhorn, Thomas CDU/CSU 04.04.2014 Dr. Sitte, Petra DIE LINKE 04.04.2014 Stritzl, Thomas CDU/CSU 04.04.2014 Dr. Terpe, Harald BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 04.04.2014 Trittin, Jürgen BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 04.04.2014 Ulrich, Alexander DIE LINKE 04.04.2014 Dr. Wagenknecht, Sahra DIE LINKE 04.04.2014 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Anlagen 2220 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 27. Sitzung. Berlin, Freitag, den 4. April 2014 (A) (C) (D)(B) Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur hat mitgeteilt, dass er gemäß § 80 Absatz 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: – Unterrichtung durch die Bundesregierung Sondergutachten der Monopolkommission gemäß § 36 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes Bahn 2013 – Reform zügig umsetzen! Drucksachen 17/14076, 18/641 Nr. 16 – Unterrichtung durch die Bundesregierung Tätigkeitsbericht 2012 der Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisen- bahnen für den Bereich Eisenbahnen mit Stellungnahme der Bundesregierung Drucksachen 18/356, 18/526 Nr. 1.4 – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht über die Projektfortschritte beim Ausbau der grenzüberschreitenden Schienenverkehrsachsen Drucksachen 18/357, 18/526 Nr. 1.5 Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden Unions- dokumente zur Kenntnis genommen oder von einer Be- ratung abgesehen hat. Wagner, Doris BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 04.04.2014 Weinberg, Harald DIE LINKE 04.04.2014 Dr. Weisgerber, Anja CDU/CSU 04.04.2014 Wunderlich, Jörn DIE LINKE 04.04.2014 Ziegler, Dagmar SPD 04.04.2014 Zypries, Brigitte SPD 04.04.2014 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Offsetdruc sellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 K Auswärtiger Ausschuss Drucksache 18/419 Nr. C.1 Ratsdokument 9706/13 Drucksache 18/419 Nr. A.2 EuB-BReg 43/2013 Drucksache 18/419 Nr. A.14 Ratsdokument 11396/13 Sportausschuss Drucksache 18/642 Nr. A.1 Ratsdokument 5842/14 Haushaltsausschuss Drucksache 18/544 Nr. A.27 Ratsdokument 5359/14 Drucksache 18/822 Nr. A.15 Ratsdokument 6266/14 Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft Drucksache 18/642 Nr. A.4 Ratsdokument 5958/14 Drucksache 18/822 Nr. A.24 Ratsdokument 6054/14 Drucksache 18/822 Nr. A.25 Ratsdokument 6445/14 Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur Drucksache 18/419 Nr. A.114 Ratsdokument 10275/13 Drucksache 18/419 Nr. A.122 Ratsdokument 13065/13 Drucksache 18/419 Nr. A.123 Ratsdokument 13234/13 Drucksache 18/419 Nr. A.126 Ratsdokument 13716/13 Drucksache 18/419 Nr. A.127 Ratsdokument 13717/13 Drucksache 18/544 Nr. A.41 Ratsdokument 5166/14 Drucksache 18/544 Nr. A.42 Ratsdokument 17967/13 Drucksache 18/544 Nr. A.43 Ratsdokument 18136/13 Drucksache 18/822 Nr. C.2 Ratsdokument 10154/13 Drucksache 18/822 Nr. C.3 Ratsdokument 10160/13 Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Drucksache 18/419 Nr. A.170 Ratsdokument 12453/13 Drucksache 18/642 Nr. A.11 Ratsdokument 5855/14 kerei, Bessemerstraße 83–91, 1 öln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de 22 27. Sitzung Inhaltsverzeichnis TOP 18 Gedenken an die Opfer des Völkermordes in Ruanda TOP 19 Programm für Barrierefreiheit ZP 3 Bundeswehreinsatz Vernichtung syrischer Chemiewaffen TOP 21 Soziale Pflegeversicherung Anlagen
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Gabriela Heinrich


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


    Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kollegen und

    Kolleginnen! Meine Damen und Herren! Über 800 000
    Menschen mussten in Ruanda sterben. Sie starben, weil
    die internationale Gemeinschaft weggeschaut hat. Unser
    fraktionsübergreifender Antrag ist ein Signal, dass wir
    uns gegen das Wegschauen und gleichzeitig für Versöh-
    nung aussprechen. Worin bestand das Wegschauen der
    internationalen Staatengemeinschaft vor 20 Jahren? Die
    Friedenstruppe UNAMIR wurde verkleinert statt vergrö-
    ßert, als der Genozid schon in vollem Gang war. War-
    nungen im Vorfeld wurden nicht ernst genommen. Die
    Welt tat den Völkermord als Stammeskrieg ab. Dieses
    Versagen der internationalen Staatengemeinschaft darf
    sich niemals wiederholen.


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Mit unserem Antrag bauen wir auf dem Konzept der
    Schutzverantwortung auf. Diese Norm der Vereinten Na-
    tionen ist eine Folge des Völkermords in Ruanda. Wenn
    Staaten nicht in der Lage oder nicht willens sind, ihre
    Bevölkerung zu schützen, muss die internationale Staa-
    tengemeinschaft reagieren und diese Verantwortung
    übernehmen. Das ist zum Beispiel dann der Fall, wenn
    Menschen massenhaft ermordet werden oder ethnischen
    Säuberungen ausgesetzt sind. Ganz wichtig ist – der
    Kollege Niels Annen hat das bereits beschrieben –: Re-
    agieren ist nur eine Seite der Schutzverantwortung. Die
    internationale Gemeinschaft muss Staaten auch ermuti-
    gen, den Schutz der Bevölkerung selbst zu übernehmen,
    und Staaten müssen überhaupt erst in die Lage versetzt
    werden, dies zu leisten.

    Meine Hochachtung gilt dem Bemühen Ruandas, Sta-
    bilität und Staatlichkeit wiederherzustellen. Versöhnung
    ist die Grundlage von Stabilität, und Stabilität ist die
    Grundlage dafür, dass sich Ruanda weiterentwickelt,
    wirtschaftlich und als Demokratie. Dazu gehören dann
    auch Pressefreiheit, Meinungs- und Versammlungsfrei-
    heit sowie das Zulassen von Opposition. All das ist nicht
    einfach in einem Land, in dem vor 20 Jahren ein Geno-
    zid stattfand und die Menschen noch viel miteinander re-
    den müssen, um voranzukommen.

    Der Antrag erkennt die Bemühungen um Aufarbei-
    tung und Versöhnung in Ruanda ausdrücklich an. Grund-
    lage dafür ist, die Täter zu bestrafen und alles dafür zu
    tun, dass sich Glutnester des Konflikts nicht wieder ent-
    zünden. Wir müssen uns Folgendes vor Augen führen:
    Heute leben in Ruanda die Täter von damals neben den
    Opfern und deren Angehörigen. Am 20. Jahrestag des
    Völkermords werden unsägliche Albträume wiederkeh-
    ren, Albträume, die von abgehackten Gliedmaßen han-
    deln, von Macheten und von Vergewaltigung. Meine
    Hochachtung gebührt daher den Menschen in Ruanda.
    Sie sind bereit, sich zu versöhnen.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Vergewaltigung als Kriegshandlung zu beschreiben
    und aufzuarbeiten, ist ein Tabuthema – nicht nur in
    Ruanda –, das es zu brechen gilt. Mir ist das wichtig;
    denn in Ruanda wurden unzählige Frauen vielfach brutal
    vergewaltigt. Viele unter ihnen mussten vorher die Er-
    mordung ihrer Familien mit ansehen. Viele wurden
    schwanger. Viele wurden mit HIV infiziert. Sie wurden
    schwanger mit Kindern, die sie nicht lieben konnten,
    traumatisierte Kinder und traumatisierte Mütter, Kinder,
    die nicht geliebt und die verstoßen wurden. So etwas
    kann einer der teuflischsten Kreisläufe werden, die
    denkbar sind. Deswegen ist es so wichtig, dass unser An-
    trag Ruanda ermutigt, sich noch mehr zu kümmern, sich
    noch mehr zu kümmern, Tabus aufzuheben und den
    Traumata zu begegnen. Das ist auch der Punkt, wo wir
    weiter unterstützen müssen und unterstützen können.
    Ein Beispiel dafür ist der Zivile Friedensdienst. Er unter-
    stützt die Reintegration von Flüchtlingen und die Frie-
    densarbeit in der Region Große Seen. Er kümmert sich
    auch um traumatisierte Menschen, insbesondere um von
    Gewalt betroffene Frauen.

    Ruanda ist bei allen Fortschritten noch immer ein sehr
    armes Land. Aber es gibt auch Erfolge, auf denen wir
    weiter aufbauen sollten. So hat Ruanda zum Beispiel
    eine Krankenversicherung. Rund 90 Prozent der Men-
    schen sind krankenversichert. Das wurde von der GIZ
    und mit Mitteln der Entwicklungszusammenarbeit unter-
    stützt. Die unzähligen Projekte von Rheinland-Pfalz





    Gabriela Heinrich


    (A) (C)



    (D)(B)

    wurden bereits beschrieben. Auch hier wird Ruanda in
    seiner Entwicklung unterstützt. Es sind Partnerschaften
    und Projekte wie diese, mit denen wir unterstützen, dass
    der Versöhnungsprozess fortgeführt wird. Mit unserem
    Antrag wollen wir solche Projekte stärken und setzen da-
    mit auf Prävention.

    Meine Damen und Herren, die historische Verantwor-
    tung Deutschlands gegenüber Ruanda ist älter als
    20 Jahre; das wurde bereits erwähnt. Meine afrikani-
    schen Freunde weisen mich immer wieder darauf hin,
    dass das Deutsche Reich und Belgien als Kolonial-
    mächte beteiligt waren, die Menschen künstlich in Hutu
    und Tutsi einzuteilen. Eine rassistische Politik setzte die
    Tutsi als Elite des Landes fest. Dadurch bildete sich der
    Gegensatz dieser Völkergruppen erst richtig heraus und
    dies, obwohl die Menschen die gleiche Sprache spre-
    chen.

    Es ist ein wichtiges Ziel der ruandischen Regierung,
    diese Einteilung wieder aufzuheben. Es gehört zur Ver-
    söhnung, diesen Gegensatz aufzulösen. Versöhnung ist
    möglich. Wer könnte das besser verstehen als wir Deut-
    sche, die wir uns mit ganz Europa versöhnen mussten?

    Ruanda muss für uns eine Warnung sein, nicht weg-
    zuschauen und unsere Verantwortung wahrzunehmen.
    Das bedeutet die Prävention von Konflikten und Men-
    schenrechtsverletzungen. Das bedeutet aber auch Wie-
    deraufbau und Versöhnung. Letzteres ist für Ruanda die
    beste Prävention.

    Vielen Dank.


    (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)




Rede von Dr. Norbert Lammert
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

Für die CDU/CSU-Fraktion hat jetzt die Kollegin

Dagmar Wöhrl das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dagmar G. Wöhrl


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)


    Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es

    ist heute Morgen schon viel von internationaler Verant-
    wortung damals und heute gesprochen worden. Ich
    möchte Ihnen zunächst einmal zwei Zitate vorlesen. Ers-
    tes Zitat:

    Am Abend zuvor spielten meine Kinder mit den
    Nachbarskindern, mein Mann unterhielt sich mit ih-
    rem Vater und ich kochte … das Abendessen. Am
    Tag darauf kamen sie und töteten meine Familie.
    Man sagt mir nun, ich solle nach vorne schauen.
    Mein Mann und meine Kinder wurden ermordet.
    Wie kann ich also verzeihen?

    Zweites Zitat:

    Als sie unsere Stadt einnahmen, haben sie zuerst
    meinen Vater erschossen. Als sie dann wieder zu
    unserem Haus kamen, wollten sie die angeblich
    versteckten Waffen bei uns mitnehmen. Meine
    Mutter und meine Schwester sagten ihnen, dass wir
    keine Waffen im Hause hätten. Als ich wieder nach
    Hause kam, fand ich sie beide tot auf dem Fußbo-
    den. Ich bin nun ganz alleine.

    Liebe Kolleginnen und Kollegen, erkennen Sie einen
    Unterschied? Das erste Zitat ist 20 Jahre alt, das zweite
    nur ein paar Monate. Das erste stammt aus Ruanda, das
    zweite aus der Zentralafrikanischen Republik. Das stellt
    uns vor die Frage, wie es heute mit unserer internationa-
    len Schutzverantwortung steht, zumindest gegen die
    schlimmsten Verbrechen: Völkermord und Verbrechen
    gegen die Menschlichkeit.

    Wir haben es gehört: Zwischen dem 6. April und dem
    17. Juli 1994 wurden in Ruanda über 800 000 Menschen
    ermordet – kaltblütig, systematisch, grausam –, das
    heißt, fast 10 Prozent der Bevölkerung. Mit anderen
    Worten: mindestens 8 000 Menschen am Tag, in der Mi-
    nute fünf Tote. Eine mediale Hetzkampagne im Land
    stachelte die Mörder zusätzlich an. Radiosender melde-
    ten: Das Grab ist nur halb voll. Wer hilft uns, es zu fül-
    len? – Nur eine halbe Stunde nach dem Abschuss des
    Flugzeuges des Präsidenten wurden die ersten Tutsi und
    Oppositionspolitiker ermordet. Es war ein organisierter
    Völkermord. Es war kein Bürgerkrieg. Es war auch kein
    Stammeskrieg, wie die Weltpresse damals einfältig ti-
    telte. Es war vorbereitet. Hutu-Milizen hatten vorberei-
    tete Listen mit Namen und Adressen von allen Tutsis.
    Wochen vorher wurden über 100 000 Macheten aus
    China bestellt. Das hätten Warnungen sein sollen.

    Wer Ruanda kennt, liebe Kolleginnen und Kollegen,
    weiß, dass Ruanda ein kleines Land ist. Es ist das am
    dichtesten bevölkerte Land in ganz Afrika: 432 Einwoh-
    ner pro Quadratkilometer. Es gab einen Verteilungs-
    kampf um knappe Ressourcen.

    Es war ein ethnischer Konflikt, der seit Generationen
    brodelte und dann zum Ausbruch kam. Es gab nur ein
    Ziel. Das einzige Ziel war, die Minderheit der Tutsis
    vollständig auszurotten. Während in Ruanda blindwütig
    gemordet wurde – dies wurde angesprochen –, hat die
    internationale Gemeinschaft versagt: die Vereinten Na-
    tionen, der Westen, die afrikanischen Bruderstaaten und
    die Weltpresse. Es fehlte der Mut, international Verant-
    wortung zu übernehmen, der Mut, die Situation zu ver-
    stehen, der Mut einzugreifen und der Mut, gegen die
    Instrumentalisierung von Glaube und Ethnien vorzuge-
    hen. Durch eine ehrliche Analyse damals wären wir ge-
    zwungen gewesen, einzugreifen. Mut hatte damals nie-
    mand außer einigen Ruandern, die unter Einsatz ihres
    Lebens versucht haben, ihren Brüdern und ihren
    Schwestern zu helfen und sie vor den Mordlustigen zu
    verstecken, so wie der Direktor des Hôtel des Mille
    Collines in Kigali, der mehr als 1 000 Menschen gerettet
    hat.

    Haben wir aus dem Versagen damals Lehren gezo-
    gen? – Es hat sich das Rechtsinstitut der Schutzverant-
    wortung entwickelt. Der Internationale Strafgerichtshof
    für Ruanda wurde eingerichtet; heute nimmt der Interna-
    tionale Strafgerichtshof in Den Haag über seine Recht-
    sprechung Einfluss. Es ist das erste Mal, dass die Straflo-
    sigkeit für schwerwiegende Verbrechen politischer
    Amtsträger beendet wurde. Es ist das erste Mal, dass
    Vergewaltigung als Begehungsform des Völkermordes





    Dagmar G. Wöhrl


    (A) (C)



    (D)(B)

    vor Gericht anerkannt worden ist. Die Vereinten Natio-
    nen haben sich bei den Friedensmissionen einen neuen
    strategischen Ansatz gegeben, nämlich dass die zentra-
    len Aufgaben der Schutz der Zivilbevölkerung, der
    Schutz der Menschenrechte sind und dass ein robustes
    Mandat, nicht nur eines zur Selbstverteidigung, notwen-
    dig sein kann.

    Inzwischen sind 20 Jahre vergangen. Ruanda wird als
    Musterland dargestellt mit Wachstumsraten von 8 Pro-
    zent. Die Weltbank hat Ruanda letztes Jahr als unterneh-
    merfreundlichstes Land ganz Afrikas bezeichnet. Der
    Wiederaufbau schreitet voran, auch dank internationaler
    Unterstützung, auch dank deutscher Unterstützung im
    Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit. Ruanda
    übernimmt international Verantwortung. Ruanda ist zu
    einem verlässlichen Partner bei Friedensmissionen auf
    dem afrikanischen Kontinent geworden. Allein 850 Sol-
    daten aus Ruanda sind an MISCA beteiligt, der Mission
    in der Zentralafrikanischen Republik, auch aufgrund der
    eigenen schmerzlichen und leidvollen Erfahrungen.

    Es besteht Nachholbedarf; das ist klar. In den Berei-
    chen Meinungsfreiheit und politische Teilhabe ist noch
    viel zu tun. Trotz vieler Fortschritte ist – das ist uns be-
    wusst – ein nachhaltiger innerer Friede noch nicht gege-
    ben. Die Unterscheidung zwischen Hutus und Tutsis ist
    präsent, auch wenn die Verfassung heute eine Unter-
    scheidung verbietet. Es gibt noch viele traumatisierte
    Täter und Opfer. Zur Versöhnung wurden die Gacaca-
    Gerichte eingerichtet, an denen bis 2012 2 Millionen
    Fälle verhandelt wurden. Aber kann sich ein Täter mit
    dem Opfer versöhnen, das er vergewaltigt und gefoltert
    hat, dessen Familie er ermordet hat? Opfer und Täter le-
    ben notgedrungen noch heute Tür an Tür. Man versucht
    zu verdrängen; vergessen wird man kaum können.

    Wir versuchen, die Menschen bei der Versöhnung zu
    unterstützen. Dies tun wir mit unserem Zivilen Friedens-
    dienst und mit der GIZ, die gemeinsam mit dem Dach-
    verband IBUKA die Überlebenden des Genozids bei
    dem Versöhnungsprozess in den Dörfern unterstützt.
    Dieser Tage gedenken Millionen Ruander ihrer verstor-
    benen Familienmitglieder. Der Verlust ist jedoch nicht
    mehr gutzumachen.

    Aber auch heute, liebe Kolleginnen und Kollegen,
    werden Menschen getötet, leben noch immer viele Men-
    schen in Gefahr vor Folter und Vergewaltigung. Ich
    denke an Syrien mit inzwischen über 150 000 Toten. Ich
    denke an den Südsudan. Ich denke an die Zentralafrika-
    nische Republik, in der ein blutiger Konflikt zwischen
    Moslems und Christen stattfindet und ein Versöhnungs-
    prozess in weiter Ferne ist. Er hat noch nicht einmal be-
    gonnen. Das Morden geht weiter. Wie müssen wir, wie
    muss eine verantwortungsbewusste Weltgemeinschaft
    darauf reagieren?

    Der Genozid hat die Weltbevölkerung aufgeschreckt.
    Es ist gut, dass wir heute diese Debatte führen. Vor
    20 Jahren haben wir sie nicht geführt. Das war ein ganz
    großer Fehler. Wir haben die Verantwortung, Menschen
    weltweit zu schützen, denen Mord und Vergewaltigung
    droht. Wir wissen aber auch, dass der Einfluss, auf natio-
    nale Konflikte zu reagieren, oft begrenzt ist. Ein Engage-
    ment kann gefährlich sein. Das Leben unserer Soldaten
    kann auf dem Spiel stehen. Verantwortung zu überneh-
    men heißt nicht, dass wir uns künftig überall militärisch
    engagieren müssen. Verantwortung zu übernehmen heißt
    vielmehr, sich nach Kräften und Möglichkeiten inner-
    halb der Europäischen Union und innerhalb der Verein-
    ten Nationen zu engagieren, zu vermitteln, präventiv tä-
    tig zu werden, um gemeinsam Gräueltaten frühzeitig zu
    verhindern.

    Die Weltgemeinschaft muss lernen, öfter mit einer
    Stimme zu sprechen; denn nur dann schaffen wir es,
    Konflikte auch helfend mit zu beseitigen. Wir müssen
    das Konzept der Schutzverantwortung mit unseren Part-
    nern noch konkreter ausgestalten und die Entwicklung
    eigener afrikanischer Instrumente zur Krisenprävention
    unterstützen. Wir versuchen, im Rahmen unserer Mög-
    lichkeiten, auch im Rahmen der Entwicklungszusam-
    menarbeit, Einfluss zu nehmen, frühzeitig gezielte ent-
    wicklungspolitische und präventive Maßnahmen zu
    ergreifen, damit unsere Partnerländer sich selbst helfen
    können, um wirtschaftliche Stabilität, politische Teil-
    habe und langfristigen Frieden für sich zu erreichen.

    Ruanda ist seit 2000 ein Schwerpunktland der bilate-
    ralen Zusammenarbeit. Wir wissen, dass unser Antrag
    heute auch zeigt: Wir müssen und werden uns weiterhin
    für die Stärkung der Demokratie und der Menschen-
    rechte als Grundlage des Friedens in Ruanda einsetzen.
    Wir werden Ruanda weiterhin beim Aufbau einer star-
    ken Zivilgesellschaft und unabhängiger Medien unter-
    stützen. Wir haben die Verpflichtung – die Opfer, die Er-
    mordeten verpflichten uns –, Menschen in anderen
    Ländern, die von Gräueltaten bedroht sind oder an denen
    Gräueltaten verübt werden, zu helfen. Es müssen noch
    viele mutige Schritte getan werden, bis wir wirklich und
    ehrlich von einer internationalen Verantwortung spre-
    chen können.

    Wir gedenken heute zusammen mit den Ruandern ih-
    rer Opfer, zu denen auch viele unschuldige Hutus gehö-
    ren – auch das muss man erwähnen –, die versucht ha-
    ben, Unterstützung zu leisten. Ich glaube, wir alle
    gemeinsam hier im Hause können zusichern, dass wir sie
    auf dem Weg zu Stabilität und langfristigem Frieden
    auch weiterhin begleiten werden.

    Vielen Dank.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)