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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 18/27 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 27. Sitzung Berlin, Freitag, den 4. April 2014 I n h a l t : Tagesordnungspunkt 18: Antrag der Abgeordneten Philipp Mißfelder, Sibylle Pfeiffer, Frank Heinrich (Chemnitz), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Niels Annen, Dr. Bärbel Kofler, Gabriela Heinrich, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Kordula Schulz- Asche, Tom Koenigs, Omid Nouripour, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Erinnerung und Ge- denken an die Opfer des Völkermordes in Ruanda 1994 Drucksache 18/973 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2163 B Dr. Frank-Walter Steinmeier, Bundesminister AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2163 C Stefan Liebich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 2166 A Philipp Mißfelder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 2167 A Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2168 C Niels Annen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2170 B Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . 2171 C Dr. Andreas Nick (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 2172 C Gabriela Heinrich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 2174 B Dagmar G. Wöhrl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 2175 B Frank Heinrich (Chemnitz) (CDU/CSU) . . . . 2176 D Wilfried Lorenz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 2178 B Tagesordnungspunkt 19: a) Antrag der Abgeordneten Corinna Rüffer, Kerstin Andreae, Markus Kurth, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Fünf Jahre UN- Behindertenrechtskonvention – Sofort- programm für Barrierefreiheit und ge- gen Diskriminierung Drucksache 18/977 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2180 A b) Antrag der Abgeordneten Katrin Werner, Diana Golze, Sabine Zimmermann (Zwi- ckau), weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Programm zur Be- seitigung von Barrieren auflegen Drucksache 18/972 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2180 B Corinna Rüffer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2180 C Uwe Schummer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 2182 A Katrin Werner (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 2183 C Kerstin Tack (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2184 D Markus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2185 B Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2186 A Dr. Astrid Freudenstein (CDU/CSU) . . . . . . . 2187 A Sabine Zimmermann (Zwickau) (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2188 A Ulla Schmidt (Aachen) (SPD) . . . . . . . . . . . . 2188 D Jutta Eckenbach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 2190 A Katrin Kunert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 2191 A Dr. Matthias Bartke (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 2192 A Peter Weiß (Emmendingen) (CDU/CSU) . . . 2193 A Waltraud Wolff (Wolmirstedt) (SPD) . . . . . . . 2194 C Gabriele Schmidt (Ühlingen) (CDU/CSU) . . 2195 C Heike Baehrens (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2196 D Inhaltsverzeichnis II Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 27. Sitzung. Berlin, Freitag, den 4. April 2014 Uwe Lagosky (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 2197 C Dr. Martin Rosemann (SPD) . . . . . . . . . . . . . 2198 C Zusatztagesordnungspunkt 3: Antrag der Bundesregierung: Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte am maritimen Begleitschutz bei der Hydro- lyse syrischer Chemiewaffen an Bord der CAPE RAY im Rahmen der gemeinsamen VN/OVCW-Mission zur Vernichtung der syrischen Chemiewaffen Drucksache 18/984 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2200 A Dr. Ursula von der Leyen, Bundesministerin BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2200 B Jan van Aken (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 2200 C Christine Buchholz (DIE LINKE) . . . . . . . . . 2201 D Michael Roth, Staatsminister AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2203 A Heike Hänsel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 2204 A Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2205 B Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . 2205 D Michael Roth, Staatsminister AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2206 A Agnieszka Brugger (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2206 C Philipp Mißfelder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 2207 C Dr. Reinhard Brandl (CDU/CSU) . . . . . . . . . 2208 C Tagesordnungspunkt 21: Antrag der Abgeordneten Pia Zimmermann, Sabine Zimmermann (Zwickau), Matthias W. Birkwald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Deckungslücken der Sozialen Pflegeversicherung schließen und die staatlich geförderten Pflegezusatzversi- cherungen – sogenannter Pflege-Bahr – ab- schaffen Drucksache 18/591 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2209 C Pia Zimmermann (DIE LINKE) . . . . . . . . . . 2209 D Erwin Rüddel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 2210 D Pia Zimmermann (DIE LINKE) . . . . . . . . 2211 A Elisabeth Scharfenberg (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2212 C Mechthild Rawert (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 2213 C Tino Sorge (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . 2215 B Heiko Schmelzle (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 2216 D Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2217 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 2219 A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2220 A Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 27. Sitzung. Berlin, Freitag, den 4. April 2014 2163 (A) (C) (D)(B) 27. Sitzung Berlin, Freitag, den 4. April 2014 Beginn: 9.01 Uhr
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    Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 27. Sitzung. Berlin, Freitag, den 4. April 2014 2219 (A) (C) (B) Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten (D) Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Alpers, Agnes DIE LINKE 04.04.2014 Bahr, Ulrike SPD 04.04.2014 Dr. Bartels, Hans-Peter SPD 04.04.2014 Barthel, Klaus SPD 04.04.2014 Bätzing-Lichtenthäler, Sabine SPD 04.04.2014 Bluhm, Heidrun DIE LINKE 04.04.2014 Brähmig, Klaus CDU/CSU 04.04.2014 Brase, Willi SPD 04.04.2014 Dr. Brunner, Karl-Heinz SPD 04.04.2014 Bülow, Marco SPD 04.04.2014 Dr. Diaby, Karamba SPD 04.04.2014 Ernst, Klaus DIE LINKE 04.04.2014 Ernstberger, Petra SPD 04.04.2014 Fuchtel, Hans-Joachim CDU/CSU 04.04.2014 Dr. Gauweiler, Peter CDU/CSU 04.04.2014 Gohlke, Nicole DIE LINKE 04.04.2014 Groß, Michael SPD 04.04.2014 Gunkel, Wolfgang SPD 04.04.2014 Ilgen, Matthias SPD 04.04.2014 Karawanskij, Susanna DIE LINKE 04.04.2014 Kaster, Bernhard CDU/CSU 04.04.2014 Krellmann, Jutta DIE LINKE 04.04.2014 Dr. Krings, Günter CDU/CSU 04.04.2014 Kühn-Mengel, Helga SPD 04.04.2014 Maisch, Nicole BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 04.04.2014 Meiwald, Peter BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 04.04.2014 Dr. Priesmeier, Wilhelm SPD 04.04.2014 Roth (Heringen), Michael SPD 04.04.2014 Rüthrich, Susann SPD 04.04.2014 Schieder (Schwandorf), Marianne SPD 04.04.2014 Schlecht, Michael DIE LINKE 04.04.2014 Schmidt (Fürth), Christian CDU/CSU 04.04.2014 Silberhorn, Thomas CDU/CSU 04.04.2014 Dr. Sitte, Petra DIE LINKE 04.04.2014 Stritzl, Thomas CDU/CSU 04.04.2014 Dr. Terpe, Harald BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 04.04.2014 Trittin, Jürgen BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 04.04.2014 Ulrich, Alexander DIE LINKE 04.04.2014 Dr. Wagenknecht, Sahra DIE LINKE 04.04.2014 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Anlagen 2220 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 27. Sitzung. Berlin, Freitag, den 4. April 2014 (A) (C) (D)(B) Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur hat mitgeteilt, dass er gemäß § 80 Absatz 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: – Unterrichtung durch die Bundesregierung Sondergutachten der Monopolkommission gemäß § 36 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes Bahn 2013 – Reform zügig umsetzen! Drucksachen 17/14076, 18/641 Nr. 16 – Unterrichtung durch die Bundesregierung Tätigkeitsbericht 2012 der Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisen- bahnen für den Bereich Eisenbahnen mit Stellungnahme der Bundesregierung Drucksachen 18/356, 18/526 Nr. 1.4 – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht über die Projektfortschritte beim Ausbau der grenzüberschreitenden Schienenverkehrsachsen Drucksachen 18/357, 18/526 Nr. 1.5 Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden Unions- dokumente zur Kenntnis genommen oder von einer Be- ratung abgesehen hat. Wagner, Doris BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 04.04.2014 Weinberg, Harald DIE LINKE 04.04.2014 Dr. Weisgerber, Anja CDU/CSU 04.04.2014 Wunderlich, Jörn DIE LINKE 04.04.2014 Ziegler, Dagmar SPD 04.04.2014 Zypries, Brigitte SPD 04.04.2014 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Offsetdruc sellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 K Auswärtiger Ausschuss Drucksache 18/419 Nr. C.1 Ratsdokument 9706/13 Drucksache 18/419 Nr. A.2 EuB-BReg 43/2013 Drucksache 18/419 Nr. A.14 Ratsdokument 11396/13 Sportausschuss Drucksache 18/642 Nr. A.1 Ratsdokument 5842/14 Haushaltsausschuss Drucksache 18/544 Nr. A.27 Ratsdokument 5359/14 Drucksache 18/822 Nr. A.15 Ratsdokument 6266/14 Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft Drucksache 18/642 Nr. A.4 Ratsdokument 5958/14 Drucksache 18/822 Nr. A.24 Ratsdokument 6054/14 Drucksache 18/822 Nr. A.25 Ratsdokument 6445/14 Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur Drucksache 18/419 Nr. A.114 Ratsdokument 10275/13 Drucksache 18/419 Nr. A.122 Ratsdokument 13065/13 Drucksache 18/419 Nr. A.123 Ratsdokument 13234/13 Drucksache 18/419 Nr. A.126 Ratsdokument 13716/13 Drucksache 18/419 Nr. A.127 Ratsdokument 13717/13 Drucksache 18/544 Nr. A.41 Ratsdokument 5166/14 Drucksache 18/544 Nr. A.42 Ratsdokument 17967/13 Drucksache 18/544 Nr. A.43 Ratsdokument 18136/13 Drucksache 18/822 Nr. C.2 Ratsdokument 10154/13 Drucksache 18/822 Nr. C.3 Ratsdokument 10160/13 Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Drucksache 18/419 Nr. A.170 Ratsdokument 12453/13 Drucksache 18/642 Nr. A.11 Ratsdokument 5855/14 kerei, Bessemerstraße 83–91, 1 öln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de 22 27. Sitzung Inhaltsverzeichnis TOP 18 Gedenken an die Opfer des Völkermordes in Ruanda TOP 19 Programm für Barrierefreiheit ZP 3 Bundeswehreinsatz Vernichtung syrischer Chemiewaffen TOP 21 Soziale Pflegeversicherung Anlagen
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Andreas Nick


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)


    Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

    „Wir möchten Ihnen mitteilen, dass wir morgen mit un-
    seren Familien umgebracht werden.“ So steht es in ei-
    nem am 15. April 1994 in Mugonero geschriebenen
    Brief. Das Zitat ist auch Titel eines Buches mit Berichten
    über das unvorstellbare Grauen des Völkermords in
    Ruanda.

    Wir gedenken heute der Opfer. Von April bis Juli
    1994 verloren in Ruanda mehr als 800 000 Menschen ihr
    Leben durch unvorstellbare Gewalttaten, die das maleri-
    sche Land der tausend Hügel in ein Meer von Blut und
    Tränen verwandelten. In knapp 100 Tagen töteten Ange-
    hörige der Hutu-Mehrheit etwa 75 Prozent der im Land
    lebenden Tutsi-Minderheit ebenso wie moderate Hutus,
    die sich dem Völkermord widersetzten. Wir ehren des-
    halb heute auch die Bemühungen derjenigen Ruander,
    die sich oft unter Einsatz ihres eigenen Lebens für die
    Rettung von Frauen, Männern und Kindern eingesetzt
    haben, zum Beispiel der über 1 200 in das Hôtel des
    Mille Collines in Kigali geflohenen Menschen, an deren
    Rettung der preisgekrönte Film Hotel Ruanda erinnert.

    Die Ereignisse in Ruanda waren keineswegs – darin
    sind sich die meisten Beobachter heute einig – ein hefti-
    ger Ausbruch uralter „Stammesfehden“ zwischen Hutu
    und Tutsi, traditionellen Ackerbauern und Viehzüchtern.
    Sie tragen vielmehr zahlreiche Merkmale eines systema-
    tischen und geplanten Völkermords als Teil eines bruta-
    len Machtkampfs, bei dem nicht zuletzt – das wurde
    schon angesprochen – der Einsatz von Radiosendern als
    „Hassmedien“ zur Aufstachelung der Gewalt eine wich-
    tige Rolle spielte.

    In seinem Buch Handschlag mit dem Teufel – Die
    Mitschuld der Weltgemeinschaft am Völkermord in
    Ruanda schreibt der kanadische General Roméo
    Dallaire:





    Dr. Andreas Nick


    (A) (C)



    (D)(B)

    Ich habe in Ruanda dem Teufel die Hand geschüt-
    telt. Ich habe ihn gesehen, gerochen und berührt.

    Er ist an dieser Erfahrung fast zerbrochen. Als Komman-
    deur der in Ruanda stationierten Blauhelmtruppen
    musste er ertragen, dass ihm trotz seiner eindringlichen
    Berichte seitens der Weltgemeinschaft die benötigte
    Hilfe verweigert wurde, um den Völkermord zu stoppen.
    Wir bedauern daher auch nachdrücklich die wenig ent-
    schiedene Rolle der internationalen Gemeinschaft, die
    trotz vielfältiger Informationen über das mörderische
    Handeln vor Ort nicht ausreichend versucht hat, diese
    Gräuel zu beenden.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


    Ein Völkermord wie der in Ruanda ist teuflisch; aber
    er ist kein Werk des Teufels, sondern er wird von Men-
    schen an Menschen begangen. Wir Europäer, wir Deut-
    schen zumal, haben an dieser Stelle mit Blick auf unsere
    eigene Geschichte wahrlich keinen Anlass zu Hochmut
    gegenüber den Menschen in Afrika. Die Ortsnamen
    Auschwitz und Srebrenica sind dafür Mahnung genug.

    Fassungslos stehen wir aber immer wieder vor diesen
    Ereignissen und fragen: Wie ist das möglich? Wie kön-
    nen Menschen sich derart entmenschlichen, dass sie zu
    solchen Taten fähig werden? Die Entmenschlichung
    steht dabei nicht am Ende, sondern bereits am Anfang,
    nämlich die Entmenschlichung des anderen in den Au-
    gen der späteren Täter als entscheidender Schritt auf
    dem Weg zur eigenen Entmenschlichung, die derartige
    Verbrechen erst möglich macht. Das Gegenüber wird re-
    duziert auf seine vermeintliche Zugehörigkeit zu einer
    andersartigen Gruppe; ein einzelnes seiner vielen Identi-
    tätsmerkmale wird verabsolutiert, sei es die Sprache, das
    religiöse Bekenntnis, die ethnische Herkunft oder der so-
    ziale Status. Wenn der andere Mensch aber nicht mehr
    als in seinem Menschsein gleich und gleichwertig ange-
    sehen wird, dann ist eine ganz wesentliche Hemm-
    schwelle zur Entmenschlichung der Täter gefallen.

    Die Philosophin Hannah Arendt hat zu Recht darauf
    hingewiesen, dass Völkermord – anders als es sich in ei-
    ner wenig treffsicheren deutschen Übersetzung einge-
    bürgert hat – im Kern nicht ein „Verbrechen gegen die
    Menschlichkeit“ ist, sondern ein „Verbrechen gegen die
    Menschheit“. Genau deshalb kann sich die Völkerge-
    meinschaft ihrer Verantwortung nicht entziehen, wie sie
    es 1994 in Ruanda viel zu lange getan hat. Denn erst bei
    der Aufarbeitung des Völkermords in Ruanda wurde die
    UN-Konvention über die Verhütung und Bestrafung des
    Völkermordes aus dem Jahre 1948 erstmals praktisch
    angewendet: Im November 1994 wurde der Internatio-
    nale Strafgerichtshof für Ruanda eingesetzt. Mit rund
    60 Verurteilungen vor allem der Drahtzieher – hochran-
    gige Politiker, Offiziere, Amtsträger und Journalisten –
    hat das sogenannte Arusha-Tribunal durchaus Maßstäbe
    gesetzt: Erstmals wurde ein Regierungschef wegen Völ-
    kermord verurteilt, und auch die Rolle der sogenannten
    Hassmedien wurde juristisch aufgearbeitet.

    In Reaktion auf das Versagen der internationalen Ge-
    meinschaft in Ruanda wurde das Konzept der Schutzver-
    antwortung, der Responsibility to Protect, entwickelt
    und 2005 von den Vereinten Nationen verabschiedet
    – Kollege Mißfelder ist darauf schon ausführlich einge-
    gangen –: Schutz vor Kriegsverbrechen, ethnischen Säu-
    berungen und anderen Menschheitsverbrechen. Dabei
    geht es um eine dreifache Verpflichtung der Staatenge-
    meinschaft: zur Prävention, zur Reaktion und zum Wie-
    deraufbau.

    Wo steht Ruanda heute? Mehr als drei Viertel der Ru-
    ander sind jünger als 36 Jahre, viele haben im Völker-
    mord ihre Eltern verloren und sind als Waisen aufge-
    wachsen. Neben der Aufarbeitung durch die nationalen
    Gerichte haben bis 2012 etwa 200 000 Laienrichter in
    den wiederbelebten traditionellen Gacaca-Gerichten am
    Prozess von Wahrheitsfindung, Gerechtigkeit und Ver-
    söhnung mitgewirkt. Die Bezugnahme auf ethnische
    Identitäten als Hutu oder Tutsi ist heute verboten. Bei al-
    len noch bestehenden Problemen, auch in der Festigung
    demokratischer Strukturen und umfassender bürgerli-
    cher Rechte: Ein Mitte der 90er-Jahre als kaum lebensfä-
    hig erachtetes Land gilt heute in vielen Bereichen als Er-
    folgsgeschichte, als eines der sichersten und am
    wenigsten korrupten Länder Afrikas. Mit einem wirt-
    schaftlichen Wachstum von jährlich 7 bis 8 Prozent ist
    Ruanda auf gutem Wege, die meisten Millenniumsziele
    der Vereinten Nationen zu erreichen.

    Wir unterstützen die erfolgreichen Ansätze zur wirt-
    schaftlichen Zusammenarbeit und Entwicklung in Ru-
    anda in vielfältiger Weise. Viele Menschen in meiner
    Heimat Rheinland-Pfalz haben dabei eine ganz beson-
    dere und persönliche Beziehung zum Land der tausend
    Hügel; denn auf Initiative des damaligen Ministerpräsi-
    denten Bernhard Vogel ist Ruanda seit 1982 das Partner-
    land von Rheinland-Pfalz. Es ist eine Partnerschaft, die
    trotz aller Verwerfungen den Genozid 1994 nicht nur
    überlebt, sondern sich bis heute als eines der wirksams-
    ten und beständigsten Hilfsprogramme in Ruanda
    erwiesen hat. Es ist eine beispielhafte Graswurzelpart-
    nerschaft, auf Augenhöhe, mit breitem zivilgesellschaft-
    lichem Engagement und konkreten Projekten:
    250 Schulpartnerschaften, 50 Initiativgruppen und mehr
    als 1 000 erfolgreich umgesetzte Kleinprojekte sind eine
    eindrucksvolle Bilanz.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Lassen Sie mich kurz nur wenige Beispiele aus mei-
    nem Wahlkreis nennen. Die Gemeinde Holzheim ist mit
    930 Einwohnern die kleinste Gemeinde in Rheinland-
    Pfalz, die seit 1988 eine kommunale Partnerschaft in
    Ruanda unterhält. Aus Veranstaltungserlösen und priva-
    ten Spenden sind in dieser Zeit über 300 000 Euro pro-
    jektbezogen nach Ruanda geflossen, für Wasser- und
    Stromversorgung, eine Primarschule und eine Gesund-
    heitsstation. – Die Kreishandwerkerschaft Rhein-Wes-
    terwald hat vor kurzem ein Schulbauprojekt für 300 Kin-
    der finanziert. Die Wirtschaftsjunioren Westerwald-
    Lahn sammeln, ebenfalls unter dem Dach der Stiftung
    „fly and help“, derzeit für ein vergleichbares Projekt. –
    Der Verein „Hilfe für Ruanda aus Hachenburg e. V.“
    engagiert sich seit 2005 in vielfältigen Projekten vor al-





    Dr. Andreas Nick


    (A) (C)



    (D)(B)

    lem im medizinischen Bereich, bei Bildung und Land-
    wirtschaft.

    Was diese Partnerschaft so wertvoll macht, ist, neben
    ihrer Nachhaltigkeit, der unmittelbare Bezug und die
    Vielzahl der persönlichen Begegnungen zwischen Men-
    schen aus Ruanda und Rheinland-Pfalz. Alle Besucher
    berichten von der Freude und der Dankbarkeit und von
    strahlenden Kinderaugen, die sie in der Begegnung mit
    den Menschen in Ruanda erleben durften und die sie als
    große persönliche Bereicherung empfinden. „Wir sind
    nach dieser Reise andere Menschen als vorher“ – so be-
    schrieb kürzlich ein Reisender seine Erfahrung.

    Der frühere Bundespräsident Horst Köhler hat vor ei-
    nigen Tagen gesagt:

    Was wir für die deutsch-afrikanischen Beziehungen
    brauchen, ist eine neue Bescheidenheit in unserer
    Haltung und eine neue Leidenschaft in unserem
    Handeln.

    Die heutige Erinnerung an den Völkermord in Ruanda
    vor 20 Jahren gibt dazu allen Anlass und die Partner-
    schaft von Rheinland-Pfalz mit Ruanda ein gutes Bei-
    spiel.

    Vielen Dank.


    (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)




Rede von Dr. Norbert Lammert
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

Ich erteile das Wort jetzt der Kollegin Gabriela

Heinrich für die SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Gabriela Heinrich


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


    Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kollegen und

    Kolleginnen! Meine Damen und Herren! Über 800 000
    Menschen mussten in Ruanda sterben. Sie starben, weil
    die internationale Gemeinschaft weggeschaut hat. Unser
    fraktionsübergreifender Antrag ist ein Signal, dass wir
    uns gegen das Wegschauen und gleichzeitig für Versöh-
    nung aussprechen. Worin bestand das Wegschauen der
    internationalen Staatengemeinschaft vor 20 Jahren? Die
    Friedenstruppe UNAMIR wurde verkleinert statt vergrö-
    ßert, als der Genozid schon in vollem Gang war. War-
    nungen im Vorfeld wurden nicht ernst genommen. Die
    Welt tat den Völkermord als Stammeskrieg ab. Dieses
    Versagen der internationalen Staatengemeinschaft darf
    sich niemals wiederholen.


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Mit unserem Antrag bauen wir auf dem Konzept der
    Schutzverantwortung auf. Diese Norm der Vereinten Na-
    tionen ist eine Folge des Völkermords in Ruanda. Wenn
    Staaten nicht in der Lage oder nicht willens sind, ihre
    Bevölkerung zu schützen, muss die internationale Staa-
    tengemeinschaft reagieren und diese Verantwortung
    übernehmen. Das ist zum Beispiel dann der Fall, wenn
    Menschen massenhaft ermordet werden oder ethnischen
    Säuberungen ausgesetzt sind. Ganz wichtig ist – der
    Kollege Niels Annen hat das bereits beschrieben –: Re-
    agieren ist nur eine Seite der Schutzverantwortung. Die
    internationale Gemeinschaft muss Staaten auch ermuti-
    gen, den Schutz der Bevölkerung selbst zu übernehmen,
    und Staaten müssen überhaupt erst in die Lage versetzt
    werden, dies zu leisten.

    Meine Hochachtung gilt dem Bemühen Ruandas, Sta-
    bilität und Staatlichkeit wiederherzustellen. Versöhnung
    ist die Grundlage von Stabilität, und Stabilität ist die
    Grundlage dafür, dass sich Ruanda weiterentwickelt,
    wirtschaftlich und als Demokratie. Dazu gehören dann
    auch Pressefreiheit, Meinungs- und Versammlungsfrei-
    heit sowie das Zulassen von Opposition. All das ist nicht
    einfach in einem Land, in dem vor 20 Jahren ein Geno-
    zid stattfand und die Menschen noch viel miteinander re-
    den müssen, um voranzukommen.

    Der Antrag erkennt die Bemühungen um Aufarbei-
    tung und Versöhnung in Ruanda ausdrücklich an. Grund-
    lage dafür ist, die Täter zu bestrafen und alles dafür zu
    tun, dass sich Glutnester des Konflikts nicht wieder ent-
    zünden. Wir müssen uns Folgendes vor Augen führen:
    Heute leben in Ruanda die Täter von damals neben den
    Opfern und deren Angehörigen. Am 20. Jahrestag des
    Völkermords werden unsägliche Albträume wiederkeh-
    ren, Albträume, die von abgehackten Gliedmaßen han-
    deln, von Macheten und von Vergewaltigung. Meine
    Hochachtung gebührt daher den Menschen in Ruanda.
    Sie sind bereit, sich zu versöhnen.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Vergewaltigung als Kriegshandlung zu beschreiben
    und aufzuarbeiten, ist ein Tabuthema – nicht nur in
    Ruanda –, das es zu brechen gilt. Mir ist das wichtig;
    denn in Ruanda wurden unzählige Frauen vielfach brutal
    vergewaltigt. Viele unter ihnen mussten vorher die Er-
    mordung ihrer Familien mit ansehen. Viele wurden
    schwanger. Viele wurden mit HIV infiziert. Sie wurden
    schwanger mit Kindern, die sie nicht lieben konnten,
    traumatisierte Kinder und traumatisierte Mütter, Kinder,
    die nicht geliebt und die verstoßen wurden. So etwas
    kann einer der teuflischsten Kreisläufe werden, die
    denkbar sind. Deswegen ist es so wichtig, dass unser An-
    trag Ruanda ermutigt, sich noch mehr zu kümmern, sich
    noch mehr zu kümmern, Tabus aufzuheben und den
    Traumata zu begegnen. Das ist auch der Punkt, wo wir
    weiter unterstützen müssen und unterstützen können.
    Ein Beispiel dafür ist der Zivile Friedensdienst. Er unter-
    stützt die Reintegration von Flüchtlingen und die Frie-
    densarbeit in der Region Große Seen. Er kümmert sich
    auch um traumatisierte Menschen, insbesondere um von
    Gewalt betroffene Frauen.

    Ruanda ist bei allen Fortschritten noch immer ein sehr
    armes Land. Aber es gibt auch Erfolge, auf denen wir
    weiter aufbauen sollten. So hat Ruanda zum Beispiel
    eine Krankenversicherung. Rund 90 Prozent der Men-
    schen sind krankenversichert. Das wurde von der GIZ
    und mit Mitteln der Entwicklungszusammenarbeit unter-
    stützt. Die unzähligen Projekte von Rheinland-Pfalz





    Gabriela Heinrich


    (A) (C)



    (D)(B)

    wurden bereits beschrieben. Auch hier wird Ruanda in
    seiner Entwicklung unterstützt. Es sind Partnerschaften
    und Projekte wie diese, mit denen wir unterstützen, dass
    der Versöhnungsprozess fortgeführt wird. Mit unserem
    Antrag wollen wir solche Projekte stärken und setzen da-
    mit auf Prävention.

    Meine Damen und Herren, die historische Verantwor-
    tung Deutschlands gegenüber Ruanda ist älter als
    20 Jahre; das wurde bereits erwähnt. Meine afrikani-
    schen Freunde weisen mich immer wieder darauf hin,
    dass das Deutsche Reich und Belgien als Kolonial-
    mächte beteiligt waren, die Menschen künstlich in Hutu
    und Tutsi einzuteilen. Eine rassistische Politik setzte die
    Tutsi als Elite des Landes fest. Dadurch bildete sich der
    Gegensatz dieser Völkergruppen erst richtig heraus und
    dies, obwohl die Menschen die gleiche Sprache spre-
    chen.

    Es ist ein wichtiges Ziel der ruandischen Regierung,
    diese Einteilung wieder aufzuheben. Es gehört zur Ver-
    söhnung, diesen Gegensatz aufzulösen. Versöhnung ist
    möglich. Wer könnte das besser verstehen als wir Deut-
    sche, die wir uns mit ganz Europa versöhnen mussten?

    Ruanda muss für uns eine Warnung sein, nicht weg-
    zuschauen und unsere Verantwortung wahrzunehmen.
    Das bedeutet die Prävention von Konflikten und Men-
    schenrechtsverletzungen. Das bedeutet aber auch Wie-
    deraufbau und Versöhnung. Letzteres ist für Ruanda die
    beste Prävention.

    Vielen Dank.


    (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)