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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 18/27 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 27. Sitzung Berlin, Freitag, den 4. April 2014 I n h a l t : Tagesordnungspunkt 18: Antrag der Abgeordneten Philipp Mißfelder, Sibylle Pfeiffer, Frank Heinrich (Chemnitz), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Niels Annen, Dr. Bärbel Kofler, Gabriela Heinrich, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Kordula Schulz- Asche, Tom Koenigs, Omid Nouripour, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Erinnerung und Ge- denken an die Opfer des Völkermordes in Ruanda 1994 Drucksache 18/973 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2163 B Dr. Frank-Walter Steinmeier, Bundesminister AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2163 C Stefan Liebich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 2166 A Philipp Mißfelder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 2167 A Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2168 C Niels Annen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2170 B Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . 2171 C Dr. Andreas Nick (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 2172 C Gabriela Heinrich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 2174 B Dagmar G. Wöhrl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 2175 B Frank Heinrich (Chemnitz) (CDU/CSU) . . . . 2176 D Wilfried Lorenz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 2178 B Tagesordnungspunkt 19: a) Antrag der Abgeordneten Corinna Rüffer, Kerstin Andreae, Markus Kurth, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Fünf Jahre UN- Behindertenrechtskonvention – Sofort- programm für Barrierefreiheit und ge- gen Diskriminierung Drucksache 18/977 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2180 A b) Antrag der Abgeordneten Katrin Werner, Diana Golze, Sabine Zimmermann (Zwi- ckau), weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Programm zur Be- seitigung von Barrieren auflegen Drucksache 18/972 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2180 B Corinna Rüffer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2180 C Uwe Schummer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 2182 A Katrin Werner (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 2183 C Kerstin Tack (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2184 D Markus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2185 B Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2186 A Dr. Astrid Freudenstein (CDU/CSU) . . . . . . . 2187 A Sabine Zimmermann (Zwickau) (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2188 A Ulla Schmidt (Aachen) (SPD) . . . . . . . . . . . . 2188 D Jutta Eckenbach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 2190 A Katrin Kunert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 2191 A Dr. Matthias Bartke (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 2192 A Peter Weiß (Emmendingen) (CDU/CSU) . . . 2193 A Waltraud Wolff (Wolmirstedt) (SPD) . . . . . . . 2194 C Gabriele Schmidt (Ühlingen) (CDU/CSU) . . 2195 C Heike Baehrens (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2196 D Inhaltsverzeichnis II Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 27. Sitzung. Berlin, Freitag, den 4. April 2014 Uwe Lagosky (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 2197 C Dr. Martin Rosemann (SPD) . . . . . . . . . . . . . 2198 C Zusatztagesordnungspunkt 3: Antrag der Bundesregierung: Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte am maritimen Begleitschutz bei der Hydro- lyse syrischer Chemiewaffen an Bord der CAPE RAY im Rahmen der gemeinsamen VN/OVCW-Mission zur Vernichtung der syrischen Chemiewaffen Drucksache 18/984 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2200 A Dr. Ursula von der Leyen, Bundesministerin BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2200 B Jan van Aken (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 2200 C Christine Buchholz (DIE LINKE) . . . . . . . . . 2201 D Michael Roth, Staatsminister AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2203 A Heike Hänsel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 2204 A Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2205 B Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . 2205 D Michael Roth, Staatsminister AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2206 A Agnieszka Brugger (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2206 C Philipp Mißfelder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 2207 C Dr. Reinhard Brandl (CDU/CSU) . . . . . . . . . 2208 C Tagesordnungspunkt 21: Antrag der Abgeordneten Pia Zimmermann, Sabine Zimmermann (Zwickau), Matthias W. Birkwald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Deckungslücken der Sozialen Pflegeversicherung schließen und die staatlich geförderten Pflegezusatzversi- cherungen – sogenannter Pflege-Bahr – ab- schaffen Drucksache 18/591 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2209 C Pia Zimmermann (DIE LINKE) . . . . . . . . . . 2209 D Erwin Rüddel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 2210 D Pia Zimmermann (DIE LINKE) . . . . . . . . 2211 A Elisabeth Scharfenberg (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2212 C Mechthild Rawert (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 2213 C Tino Sorge (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . 2215 B Heiko Schmelzle (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 2216 D Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2217 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 2219 A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2220 A Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 27. Sitzung. Berlin, Freitag, den 4. April 2014 2163 (A) (C) (D)(B) 27. Sitzung Berlin, Freitag, den 4. April 2014 Beginn: 9.01 Uhr
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    Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 27. Sitzung. Berlin, Freitag, den 4. April 2014 2219 (A) (C) (B) Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten (D) Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Alpers, Agnes DIE LINKE 04.04.2014 Bahr, Ulrike SPD 04.04.2014 Dr. Bartels, Hans-Peter SPD 04.04.2014 Barthel, Klaus SPD 04.04.2014 Bätzing-Lichtenthäler, Sabine SPD 04.04.2014 Bluhm, Heidrun DIE LINKE 04.04.2014 Brähmig, Klaus CDU/CSU 04.04.2014 Brase, Willi SPD 04.04.2014 Dr. Brunner, Karl-Heinz SPD 04.04.2014 Bülow, Marco SPD 04.04.2014 Dr. Diaby, Karamba SPD 04.04.2014 Ernst, Klaus DIE LINKE 04.04.2014 Ernstberger, Petra SPD 04.04.2014 Fuchtel, Hans-Joachim CDU/CSU 04.04.2014 Dr. Gauweiler, Peter CDU/CSU 04.04.2014 Gohlke, Nicole DIE LINKE 04.04.2014 Groß, Michael SPD 04.04.2014 Gunkel, Wolfgang SPD 04.04.2014 Ilgen, Matthias SPD 04.04.2014 Karawanskij, Susanna DIE LINKE 04.04.2014 Kaster, Bernhard CDU/CSU 04.04.2014 Krellmann, Jutta DIE LINKE 04.04.2014 Dr. Krings, Günter CDU/CSU 04.04.2014 Kühn-Mengel, Helga SPD 04.04.2014 Maisch, Nicole BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 04.04.2014 Meiwald, Peter BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 04.04.2014 Dr. Priesmeier, Wilhelm SPD 04.04.2014 Roth (Heringen), Michael SPD 04.04.2014 Rüthrich, Susann SPD 04.04.2014 Schieder (Schwandorf), Marianne SPD 04.04.2014 Schlecht, Michael DIE LINKE 04.04.2014 Schmidt (Fürth), Christian CDU/CSU 04.04.2014 Silberhorn, Thomas CDU/CSU 04.04.2014 Dr. Sitte, Petra DIE LINKE 04.04.2014 Stritzl, Thomas CDU/CSU 04.04.2014 Dr. Terpe, Harald BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 04.04.2014 Trittin, Jürgen BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 04.04.2014 Ulrich, Alexander DIE LINKE 04.04.2014 Dr. Wagenknecht, Sahra DIE LINKE 04.04.2014 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Anlagen 2220 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 27. Sitzung. Berlin, Freitag, den 4. April 2014 (A) (C) (D)(B) Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur hat mitgeteilt, dass er gemäß § 80 Absatz 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: – Unterrichtung durch die Bundesregierung Sondergutachten der Monopolkommission gemäß § 36 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes Bahn 2013 – Reform zügig umsetzen! Drucksachen 17/14076, 18/641 Nr. 16 – Unterrichtung durch die Bundesregierung Tätigkeitsbericht 2012 der Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisen- bahnen für den Bereich Eisenbahnen mit Stellungnahme der Bundesregierung Drucksachen 18/356, 18/526 Nr. 1.4 – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht über die Projektfortschritte beim Ausbau der grenzüberschreitenden Schienenverkehrsachsen Drucksachen 18/357, 18/526 Nr. 1.5 Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden Unions- dokumente zur Kenntnis genommen oder von einer Be- ratung abgesehen hat. Wagner, Doris BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 04.04.2014 Weinberg, Harald DIE LINKE 04.04.2014 Dr. Weisgerber, Anja CDU/CSU 04.04.2014 Wunderlich, Jörn DIE LINKE 04.04.2014 Ziegler, Dagmar SPD 04.04.2014 Zypries, Brigitte SPD 04.04.2014 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Offsetdruc sellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 K Auswärtiger Ausschuss Drucksache 18/419 Nr. C.1 Ratsdokument 9706/13 Drucksache 18/419 Nr. A.2 EuB-BReg 43/2013 Drucksache 18/419 Nr. A.14 Ratsdokument 11396/13 Sportausschuss Drucksache 18/642 Nr. A.1 Ratsdokument 5842/14 Haushaltsausschuss Drucksache 18/544 Nr. A.27 Ratsdokument 5359/14 Drucksache 18/822 Nr. A.15 Ratsdokument 6266/14 Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft Drucksache 18/642 Nr. A.4 Ratsdokument 5958/14 Drucksache 18/822 Nr. A.24 Ratsdokument 6054/14 Drucksache 18/822 Nr. A.25 Ratsdokument 6445/14 Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur Drucksache 18/419 Nr. A.114 Ratsdokument 10275/13 Drucksache 18/419 Nr. A.122 Ratsdokument 13065/13 Drucksache 18/419 Nr. A.123 Ratsdokument 13234/13 Drucksache 18/419 Nr. A.126 Ratsdokument 13716/13 Drucksache 18/419 Nr. A.127 Ratsdokument 13717/13 Drucksache 18/544 Nr. A.41 Ratsdokument 5166/14 Drucksache 18/544 Nr. A.42 Ratsdokument 17967/13 Drucksache 18/544 Nr. A.43 Ratsdokument 18136/13 Drucksache 18/822 Nr. C.2 Ratsdokument 10154/13 Drucksache 18/822 Nr. C.3 Ratsdokument 10160/13 Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Drucksache 18/419 Nr. A.170 Ratsdokument 12453/13 Drucksache 18/642 Nr. A.11 Ratsdokument 5855/14 kerei, Bessemerstraße 83–91, 1 öln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de 22 27. Sitzung Inhaltsverzeichnis TOP 18 Gedenken an die Opfer des Völkermordes in Ruanda TOP 19 Programm für Barrierefreiheit ZP 3 Bundeswehreinsatz Vernichtung syrischer Chemiewaffen TOP 21 Soziale Pflegeversicherung Anlagen
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Norbert Lammert


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)


    Nehmen Sie bitte Platz. Die Sitzung ist eröffnet.

    Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich
    begrüße Sie alle herzlich zur voraussichtlich letzten Ple-
    narsitzung dieser Woche.

    Ich habe Ihnen mit Blick auf die nächste Sitzungswo-
    che, die ja unmittelbar bevorsteht, mitzuteilen, dass sich
    der Ältestenrat in seiner gestrigen Sitzung darauf ver-
    ständigt hat, während der Haushaltsberatungen ab dem
    8. April wie üblich keine Befragung der Bundesregie-
    rung, keine Fragestunde und auch keine Aktuellen Stun-
    den durchzuführen. Als Präsenztage sind die Tage von
    Montag, dem 7. April, bis Freitag, dem 11. April, festge-
    legt worden. Erhebt sich dagegen Widerspruch? – Das
    ist nicht der Fall. Dann haben wir das so vereinbart.

    Ich rufe Tagesordnungspunkt 18 auf:

    Beratung des Antrags der Abgeordneten Philipp
    Mißfelder, Sibylle Pfeiffer, Frank Heinrich

    (Chemnitz), weiterer Abgeordneter und der

    Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten
    Niels Annen, Dr. Bärbel Kofler, Gabriela
    Heinrich, weiterer Abgeordneter und der Frak-
    tion der SPD sowie der Abgeordneten Kordula
    Schulz-Asche, Tom Koenigs, Omid Nouripour,
    weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
    NIS 90/DIE GRÜNEN

    Erinnerung und Gedenken an die Opfer des
    Völkermordes in Ruanda 1994

    Drucksache 18/973

    Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
    diese Aussprache 96 Minuten vorgesehen. – Auch dazu
    kann ich keinen Widerspruch erkennen, sodass wir so
    verfahren können.

    Dazu liegt ein Antrag vor, über den wir dann später
    befinden werden.

    Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort zu-
    nächst dem Bundesminister des Auswärtigen, Frank-
    Walter Steinmeier.


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

    Dr. Frank-Walter Steinmeier, Bundesminister des
    Auswärtigen:

    Die Berge Ruandas strömen Wärme und Behaglich-
    keit aus. Sie locken durch Schönheit und Stille,
    kristallene Luft, Ruhe und die Vollkommenheit ih-
    rer Linien und Formen. Am Morgen füllt durchsich-
    tiger Nebel die grünen Täler.

    Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! So
    beschreibt Richard Kapuscinski die Landschaft von
    Ruanda. „Land der tausend Hügel“ wird Ruanda deshalb
    auch im Volksmund dort genannt.

    Einer der tausend Hügel liegt in Murambi. Hierhin
    waren Zehntausende Tutsi geflüchtet, als vor 20 Jahren
    der Massenmord in Ruanda begann. „Oben am Hügel in
    der neu gebauten Schule seid ihr sicher“, hatte der Bi-
    schof gesagt. Genau an diesem Morgen, am 21. April
    1994, umstellten Milizen die Schulgebäude und began-
    nen zu morden, mit Macheten, Messern und Knüppeln –
    ein Blutrausch, der kein Ende nehmen wollte. Zehntau-
    sende Menschen starben auf diesem Hügel an einem ein-
    zigen Tag. Jonathan Nturo hat das Massaker als kleiner
    Junge überlebt. Heute sagt er beim Blick über den Hü-
    gel: Ich wundere mich manchmal, dass hier noch Gras
    wächst, dass das Leben weitergeht.

    Liebe Kolleginnen und Kollegen, ja, es ist schwer, zu
    begreifen, dass die Erde sich weiterdreht nach einem sol-
    chen Grauen des Völkermords. Dieses Gefühl kennt je-
    der von uns, vielleicht vom ersten Besuch in Bergen-
    Belsen, Buchenwald oder Auschwitz. Es beschleicht je-
    den, der an solche Orte kommt. Aber auch überall dort
    wächst noch Gras. Jetzt im Frühling blühen sogar die
    Bäume.

    Als Deutscher bin ich vorsichtig mit historischen Ver-
    gleichen. Sie werden der Einzigartigkeit und Unver-
    gleichbarkeit dieser Verbrechen und insbesondere der
    Dimension nationalsozialistischer Verbrechen nie ge-
    recht. Sie werden aber auch der Geschichte und den un-
    terschiedlichen Kulturen Afrikas nicht gerecht. Und
    trotzdem: Als Deutscher kann man von einem Völker-
    mord in Afrika nicht sprechen, ohne an den von uns
    selbst zu verantwortenden Völkermord zu denken. Das





    Bundesminister Dr. Frank-Walter Steinmeier


    (A) (C)



    (D)(B)

    sind Schicksalsmomente unserer Kontinente. Sie prägen
    unser Handeln bis heute und prägen eben auch – davon
    rede ich – die Beziehungen unserer Völker zueinander.
    Unsere Schicksalsmomente mögen so unterschiedlich
    sein wie die Landschaften – die Hügel von Ruanda, die
    Wälder um Auschwitz, die Mohnfelder von Verdun –,
    doch die Lehren aus diesen Schicksalsmomenten verbin-
    den uns. Sie sind Lehren einer geteilten Menschlichkeit.

    Die eine Lehre, die an einem Gedenktag wie heute zu
    ziehen ist, die wir ziehen müssen, heißt: Niemals wieder!
    Ja, niemals wieder. Doch viel schwieriger ist die Frage,
    wie wir dieser Verantwortung des „Niemals wieder!“ ei-
    gentlich gerecht werden. Seien wir ehrlich: Wir haben
    schon einmal „Niemals wieder!“ gerufen. Das war 1948,
    nach dem Holocaust, als die Vereinten Nationen die Völ-
    kermordkonvention beschlossen haben. Doch wir haben
    dieses Versprechen nicht halten können. Die internatio-
    nale Gemeinschaft hat versagt, als sie in Ruanda vor
    20 Jahren inmitten der Gewalt ihre Blauhelmsoldaten
    abzog.

    Zur Wahrheit gehört auch, dass heute, in der Gegen-
    wart, die Dämonen des Völkermords keineswegs ge-
    bannt sind, auch wenn die internationale Gemeinschaft
    unter der Überschrift „Responsibility to Protect“ auf Ru-
    anda reagiert hat, auch wenn sie Prävention, Einsatzfä-
    higkeit und die internationale Strafgerichtsbarkeit ver-
    bessert hat. Wir sprechen nicht überall von Völkermord,
    aber wir stehen im Kongo, in Zentralafrika und in Syrien
    vor endlosem Blutvergießen.

    Jonathan Nturo und allen Opfern von Menschheits-
    verbrechen können wir den Verlust ihrer Kinder, Väter,
    Mütter und Freunde niemals wiedergutmachen. Aber wir
    schulden ihnen etwas, auch wenn wir ehrlich wissen,
    dass nicht jedes Unrecht und jedes Blutvergießen ge-
    stoppt werden kann. Wir schulden ihnen, dass wir uns
    nicht dem Gefühl der Ohnmacht und schon gar nicht der
    Gleichgültigkeit hingeben, dass wir nicht nur anpran-
    gern, sondern das uns Mögliche tun, das in unserer
    Macht steht, um Völkermord zu verhindern. Das ist un-
    sere Verpflichtung, und dieser Verpflichtung müssen wir
    gerecht werden.


    (Beifall im ganzen Hause)


    Ruanda ist dabei, Vergangenheit aufzuarbeiten, ein
    neues Ruanda zu schaffen. Überall in Afrika entsteht
    ganz viel Neues in diesen Jahren. Afrika, habe ich in ei-
    ner anderen Rede gesagt, verändert sich schneller als un-
    sere Wahrnehmung von Afrika.

    Das ist der Grund für meine Reise nach Äthiopien,
    Tansania und Angola, die ich in der vergangenen Woche
    gemacht habe. So unterschiedlich die drei Länder sind,
    so habe ich doch eigentlich überall, von fast allen Ge-
    sprächspartnern, denselben Ruf gehört. Der Ruf lautet:
    Wir wollen keine Bettler vor den Türen Europas sein. –
    Der afrikanische Kontinent ist aus sich heraus lebensfä-
    hig, kann Nahrung und Entwicklung für alle Menschen
    jedenfalls potenziell bereitstellen.

    Wenn es um Sicherheit, Stabilität und Frieden geht,
    sagen viele: Wir wollen nicht um Europas Soldaten bit-
    ten, sondern wollen das selbst bewältigen können, selbst
    handeln können. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, das
    muss eben auch unser Interesse sein. Wir Europäer wol-
    len auch, dass Afrika sein Schicksal in die eigenen
    Hände nimmt. Afrika ist ein Kontinent im Aufbruch, und
    wir müssen diesen Aufbruch massiv unterstützen.


    (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE])


    Dazu gehört auch, dass wir viele der afrikanischen
    Staaten heute mehr und mehr als Partner wahrnehmen.
    Wir brauchen sie als Partner, auch um die globalen He-
    rausforderungen, vor denen wir gemeinsam stehen, be-
    wältigen zu können. Wenn man dort unterwegs ist, dann
    merkt man, wie sehr unsere beiden Kontinente, Europa
    und Afrika, aufeinander angewiesen sind, zueinander ge-
    rückt sind, wie sehr wir von der Stabilität des jeweils an-
    deren Kontinentes abhängen. Das erleben wir Europäer
    – und wir reden hier auch darüber –, wenn Flüchtlinge
    aus Afrikas Krisenherden an Europas Grenzen stoßen.
    Aber man spürt es auch in vielen Gesprächen in Afrika,
    wenn dort gesagt wird: Wir spüren hier vor allen Dingen
    eure seit fünf Jahren dauernde Krise in Europa, weil von
    den europäischen Staaten, insbesondere den südeuropäi-
    schen Staaten, weniger investiert wird. – Die europäi-
    sche Krise hinterlässt eben auch tiefe Spuren in Afrika.

    Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Ziel ist leicht
    beschrieben. Danach zu handeln, ist nicht ganz so
    einfach. Dazu entwickelt sich Afrika viel zu rasant, viel
    zu vielfältig. Dieses Afrika will einfach unter keine
    knackige Überschrift passen, nach der Medien und gele-
    gentlich die Politik suchen. Afrika ist weder einfach Kri-
    senkontinent noch einfach Chancenkontinent. Wahr-
    scheinlich hat Horst Köhler recht, der gesagt hat: Solche
    Urteile sagen ohnehin viel mehr über uns selber als über
    Afrika.

    Ich finde, wenn die Entwicklung Afrikas so vielfältig
    ist, dann muss unser Instrumentenkasten daran angepasst
    werden und genauso vielfältig sein. Je nach Land und je
    nach Lage gehören in diesen Instrumentenkasten wirt-
    schaftliche Investitionen genauso wie Abrüstung oder
    die Eindämmung von Kleinwaffen; dazu gehört kulturel-
    ler Austausch genauso wie Straßenbau, die Stärkung des
    Rechtsstaates genauso wie das Training von Sicherheits-
    kräften. All diese Instrumente habe ich in verschiedenen
    Ländern, in verschiedenen Staaten gesehen, und alle
    werden sich in den afrikapolitischen Leitlinien der Bun-
    desregierung wiederfinden, die wir gerade erarbeiten.

    Ich weiß auch aus eigener Erfahrung: Gerade gegen-
    über Afrika bleibt Außenpolitik immer auch ein Balan-
    ceakt. Dazu gehört der Respekt vor den Unterschieden
    und die Suche nach Gemeinsamkeiten, aber auch die
    Feststellung dessen, was möglicherweise unvereinbar
    ist.

    Gemeinsamkeiten gibt es heute sehr viel mehr als das
    „Nie wieder!“, von dem ich ganz am Anfang meiner
    Rede gesprochen habe, das „Nie wieder!“ zu Krieg und
    Völkermord.

    Es ist sehr viel mehr, weil erstens die Europäer wie
    die Afrikaner gelernt haben, mit Nachbarn zu leben, mit





    Bundesminister Dr. Frank-Walter Steinmeier


    (A) (C)



    (D)(B)

    ihnen zu arbeiten statt gegen sie. Das ist eine Leitidee
    der regionalen Integration, wie wir sie in Europa ent-
    wickelt haben; aber das ist eben auch die Leitidee der
    Afrikanischen Union.

    Ich befürchte, wir unterschätzen gelegentlich, was
    von den afrikanischen Organisationen mittlerweile ge-
    leistet wird. Natürlich reden wir zu Recht über Einsätze,
    über Mandate, die hier im Deutschen Bundestag be-
    schlossen werden. Aber viele wissen einfach nicht, dass
    die Afrikanische Union 70 000 Soldaten in innerafrika-
    nischen Konflikten im Einsatz hat und mit Mühe – und
    nicht überall erfolgreich – danach sucht, dort Stabilität
    wiederherzustellen, wo sie verloren gegangen ist. Die
    Stärkung der afrikanischen Eigenverantwortung, die
    dazu notwendig ist, hat auf dem EU-Afrika-Gipfel in
    dieser Woche eine große Rolle gespielt.

    Wir versuchen, diese Eigenverantwortung zu stärken –
    nicht nur durch situative Ausbildungsmissionen, sondern
    ganz gezielt, indem wir beispielsweise das Kofi Annan
    International Peacekeeping Training Centre in Ghana
    unterstützen oder das Peace and Security Centre – ich
    konnte mir das ansehen –, das wir auf dem Gelände der
    Afrikanischen Union in Addis Abeba bauen und das
    nächstes Jahr eröffnet wird, pünktlicher als manche Bau-
    stelle in Deutschland.


    (Heiterkeit und Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Zweitens. Wir wollen die Vielfalt der Menschen
    schützen. Die Botschafterin Ruandas hat in einer Rede
    zum 20-jährigen Gedenken an den Völkermord gesagt:

    Wir bauen ein Ruanda auf, in dem alle Menschen …
    sich mit gleichen Rechten entfalten können.

    In Vielfalt leben, das geht nur – das wissen wir – in ei-
    nem Rechtsstaat, auf den sich alle verlassen können.
    Dazu gehört die Freiheit von Meinung und Religion ge-
    nauso wie die Freiheit der sexuellen Orientierung. Das
    war ein Grundsatz, der auf meiner Reise eine große
    Rolle gespielt hat, zum Beispiel beim Besuch des Ger-
    man Tanzanian Law Centre in Daressalam, wo ich Stu-
    denten getroffen habe, die sehr an einem Rechtsstaats-
    dialog mit uns, mit Europa, aber insbesondere mit
    Deutschland, interessiert sind. Viele ihrer Lehrer haben
    an deutschen Universitäten studiert. Deshalb will ich an
    dieser Stelle den vielen deutschen Universitäten meinen
    herzlichen Dank für ihr Engagement auf dem afrikani-
    schen Kontinent aussprechen, insbesondere dem Deut-
    schen Akademischen Austauschdienst, der sich durch
    seine Stipendienprogramme mit unendlicher Energie da-
    für einsetzt, dass die entsprechenden Vorhaben auf den
    Weg gebracht werden können.


    (Beifall im ganzen Hause)


    Drittens haben wir gelernt, dass Frieden oder Unfrie-
    den auch materielle Grundlagen hat, insbesondere dann,
    wenn sie fehlen. Der Völkermord vor 20 Jahren wurde
    angeheizt durch materielle Not, durch knappe Ressour-
    cen, durch Konflikte, die die Machthaber systematisch
    ausgenutzt haben, um möglichst viele Menschen in das
    Morden zu verstricken. Deshalb gehört zu den Lehren
    des Völkermords das Friedensversprechen auf der einen
    Seite, aber auch das Wohlstandsversprechen auf der an-
    deren Seite.

    Kongo, Nigeria und Angola, alle diese Staaten lehren
    uns, dass Öl, Gas, Gold und Diamanten nicht von selbst
    für Wohlstandsentwicklung sorgen, an der alle teilhaben,
    sondern das muss politisch organisiert werden. Nur
    wenn der wirtschaftliche Aufbruch Perspektiven für alle
    Menschen schafft, nur wenn er – auch durch Bildung,
    Entwicklung und die Schaffung eines Gesundheitswe-
    sens – alle Menschen am Wohlstand teilhaben lässt,
    schweißt er die Gesellschaft zusammen. Nur dann kön-
    nen wir für Frieden sorgen.


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    In Addis Abeba führte ich längere Gespräche mit Ver-
    tretern der Afrikanischen Union, auch mit der Kommis-
    sionsvorsitzenden Frau Dlamini-Zuma. Nach den Ge-
    sprächen stellte eine deutsche Journalistin die relativ
    klare Frage an Frau Zuma: Was ist eigentlich die größte
    Erwartung Afrikas an Europa? Frau Zuma hat eine klare
    Antwort gegeben. Sie sagte: Unsere Jugend! Für sie wol-
    len wir mit Europa arbeiten, für ihre Ausbildung, für ihre
    wirtschaftlichen Perspektiven. Die nächste Frage der
    Journalistin war: Und was hat Europa von Afrika zu er-
    warten? Darauf antwortete Frau Zuma: Auch unsere Ju-
    gend! Unsere Jugend ist unser Reichtum, und von die-
    sem Reichtum wird auch Europa profitieren.

    Meine Damen und Herren, die Lehren aus den
    Schicksalsmomenten, die ich genannt habe, verbinden
    uns. 20 Jahre nach dem Völkermord ist Ruanda heute ein
    Land, das auf dem Weg ist in eine neue Zukunft, ohne zu
    verdrängen, ohne zu vergessen.

    Die tausend Hügel, von denen ich gesprochen habe,
    sind und bleiben die Schicksalslandschaft Afrikas.
    Roméo Dallaire, der 1993 als Kommandeur der Blau-
    helme nach Ruanda kam, rief, als er diese tausend Hügel
    sah: Ein Garten Eden ist das hier. Wenige Monate später
    musste er voll Scham und Wut das Massaker mit anse-
    hen.

    Die Erinnerung ist in tausend Hügeln eingeprägt. Ihr
    Name bleibt verbunden mit den Menschheitsverbrechen
    vor 20 Jahren. Liebe Kolleginnen und Kollegen, neben
    aller Erinnerung, die in dieser Landschaft ruht: Denen,
    die Ruanda heute aufbauen, mögen die tausend Hügel
    wieder Heimat sein und fruchtbarer Boden.

    Vielen Dank.


    (Anhaltender Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)




Rede von Dr. Norbert Lammert
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

Das Wort erhält nun der Kollege Stefan Liebich für

die Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)







(A) (C)



(D)(B)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Stefan Liebich


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DIE LINKE.)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)


    Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! „Ihr

    habt gute Arbeit geleistet“, so bedankte sich der Präfekt
    des Verwaltungsbezirks Gikongoro im Süden Ruandas
    bei jenen, die innerhalb weniger Stunden Abertausende
    von Menschen getötet hatten. Damals, vor 20 Jahren, hat
    kein Virus des Tötens, wie manche sagen, das Land be-
    fallen. Es waren keine vermeintlichen Wilden, die sich
    in einen Stammeskrieg verirrten. Es waren gebildete,
    moderne Eliten, die Unvorstellbares taten. Sie organi-
    sierten einen hunderttausendfachen Mord an den Tutsi
    und den gemäßigten Hutu und führten ihn teilweise auch
    eigenhändig durch. Eine Frage, der wir uns heute stellen
    müssen, ist, wie es zu diesem Völkermord kommen
    konnte und wer dafür in Ruanda, in Afrika, in Europa, in
    unserer Weltgemeinschaft die Verantwortung trägt. Wie
    konnte so etwas geschehen in einem Land, in dem die
    Menschen die gleiche Sprache sprechen, meist auch die
    gleiche Religion haben, in dem man über sehr lange Zeit
    friedlich miteinander lebte und sich vor allem dadurch
    unterschied, dass der eine Ackerbauer und der andere
    Viehbesitzer war?

    Hutu und Tutsi wurden erst von Europäern zu Fein-
    den gemacht. Es war der Engländer John Speke, der
    1860 fand, dass die Tutsi den neolithisch-hamitischen
    Völkern zugerechnet werden müssten und den afrikani-
    schen Hutu überlegen seien. Festgeschrieben wurden die
    angeblichen Rassenunterschiede durch die Deutschen,
    deren Kolonie das Territorium Ruandas zunächst war,
    und vor allem durch die belgischen Kolonialherren, die
    in Pässe eintragen ließen, ob jemand Hutu oder Tutsi ist.
    Soziale Unterschiede wurden ethnisiert, damit die euro-
    päischen Mächte das Land leichter beherrschen und die
    Gruppen gegeneinander ausspielen konnten. Hier liegt
    die Wurzel des Übels.

    Es waren auch die Belgier, die eine Hutu-Regierung
    in Ruanda ins Amt brachten und damit der jahrhunderte-
    alten Tutsi-Herrschaft ein Ende setzten. Die Hutu diskri-
    minierten die Tutsi. Die Tutsi flohen. Es gab Kämpfe
    und Tote, und die Invasion der Tutsi der Ruandischen
    Patriotischen Front, der heutigen Regierungspartei
    Ruandas, unter Paul Kagame von Uganda aus konnte nur
    durch das Eingreifen Frankreichs, das die Hutu-Regie-
    rung unterstützte, gestoppt werden.

    Nun begann die Vorbereitung zum Völkermord: Ra-
    dios wurden umsonst im Land verteilt, um Hass- und
    Gewaltaufrufe zu verbreiten. Als das Präsidentenflug-
    zeug am 6. April 1994 abgeschossen wurde, brachen alle
    Dämme. Mit Namenslisten gingen die Anhänger von
    Hutu Power, so der Name einer rassistischen Partei, als
    Erstes zu den Häusern der gemäßigten Hutu-Politiker
    und brachten sie um. Am 7. April 1994, also einen Tag
    später, war die gesamte Regierung ausgelöscht oder un-
    tergetaucht. Dann wurde den Milizen freie Hand ge-
    währt. Allen, die sich an den Massakern beteiligten, bot
    man materielle Anreize. Wer nicht mitmischte, wurde
    mitsamt seiner Familie getötet. In 100 Tagen wurden
    75 Prozent der ruandischen Tutsi ermordet. Das Grauen
    wird noch heute in zahlreichen Gedenkstätten deutlich.
    Viele stellten und stellen sich die Frage, warum die
    Weltgemeinschaft den Geschehnissen keinen Riegel vor-
    geschoben hat, warum die UNO nicht militärisch einge-
    griffen hat, als die Dimension der Unmenschlichkeit be-
    kannt wurde. Ich finde diese Frage verständlich.

    Noch wichtiger ist es, sich damit auseinanderzuset-
    zen, was man hätte tun können, um den Völkermord
    schon vor seinem Geschehen zu verhindern. Vor der Ver-
    antwortung zum Schutz der Zivilbevölkerung, vor sol-
    chen Verbrechen liegt die Verantwortung, zu vermeiden,
    dass es überhaupt so weit kommen kann.


    (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Warum wurden vor 130 Jahren hier ganz in der Nähe
    in der Wilhelmstraße die Grundlagen für die Aufteilung
    der Kolonien Afrikas gelegt und willkürlich Grenzen ge-
    zogen, ohne irgendeinen der Menschen zu fragen, die
    seit Jahrhunderten auf diesem Kontinent lebten? Was
    war die Rolle Deutschlands und Belgiens bei der Zie-
    hung der Grenzen zwischen den Bewohnern Ruandas?
    Schließlich: Was ist mit Frankreich? „Hebt endlich die
    Geheimhaltung der Rolle Frankreichs in Ruanda auf!“,
    fordert seit vergangenem Mittwoch eine Petition, die be-
    reits von Tausenden Franzosen unterschrieben wurde.
    Denn immer noch hält die Regierung Hollande die Ak-
    ten unter Verschluss.

    Französische Experten hatten die rassistische Hutu
    Power bei der statistischen Erfassung und Organisation
    der gesamten Bevölkerung beraten. Die Statistiken ha-
    ben später beim Völkermord geholfen. Die Genozid-
    Regierung selbst wurde in den Räumen der französi-
    schen Botschaft in Kigali gegründet, und als der Völker-
    mord bereits auf Hochtouren lief, wurde sie noch in
    Paris empfangen. Wer Außenpolitik nicht nur von der
    Seitenlinie machen möchte, Frau Merkel, Herr
    Steinmeier, und wer Afrika dabei im Blick hat, der sollte
    schleunigst gegenüber den französischen Freunden aktiv
    werden und hier Aufklärung fordern.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Wenn wir die Opfer des Völkermords ehren wollen,
    dann sollten wir Ruanda helfen, zum Beispiel den Über-
    lebenden des Völkermords, die heute unter HIV und
    Aids leiden, und jenen, die an ihrem Lebensabend keine
    Familien mehr haben, die sie unterstützen können. Wir
    helfen nicht, wenn wir mit Kritik an der Scheindemokra-
    tie, die Ruanda heute ist, sparen. Unterdrückung der
    Opposition, mangelnde Pressefreiheit und die Rolle
    Kagames im Kongo dürfen nicht verschwiegen werden.

    Eines noch zum Schluss: Bitte legitimieren Sie keine
    neuen Militäreinsätze in Situationen, die mit Ruandas
    Völkermord mit Hunderttausenden Toten nicht zu ver-
    gleichen sind!


    (Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


    Eine soziale und gerechte Weltwirtschaftsordnung und
    daraus erwachsende Stabilität – der Außenminister hat
    darauf hingewiesen – sind sicher keine Garantie, aber





    Stefan Liebich


    (A) (C)



    (D)(B)

    können helfen, solche Abgründe der Unmenschlichkeit
    zu vermeiden. Hier haben wir noch viel zu tun.

    Vielen Dank.


    (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)