Plenarprotokoll 18/26
Deutscher Bundestag
Stenografischer Bericht
26. Sitzung
Berlin, Donnerstag, den 3. April 2014
I n h a l t :
Glückwünsche zum Geburtstag des Abgeord-
neten Eckhardt Rehberg . . . . . . . . . . . . . . . 2001 A
Wahl des Abgeordneten Michael Roth (He-
ringen) als Mitglied des Kuratoriums der
Stiftung Denkmal für die ermordeten Ju-
den Europas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2001 B
Wahl der Abgeordneten Birgit Kömpel als
Mitglied des Beirats der Schlichtungsstelle
für den öffentlichen Personenverkehr . . . . 2001 B
Erweiterung und Abwicklung der Tagesord-
nung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2001 B
Absetzung des Tagesordnungspunktes 20 . . . 2002 A
Nachträgliche Ausschussüberweisung . . . . . . 2002 A
Tagesordnungspunkt 3:
Erste Beratung des von der Bundesregierung
eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über
Leistungsverbesserungen in der gesetzli-
chen Rentenversicherung – (RV-Leistungs-
verbesserungsgesetz)
Drucksache 18/909 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2002 B
Andrea Nahles, Bundesministerin
BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2002 B
Matthias W. Birkwald (DIE LINKE) . . . . . . . 2004 A
Karl Schiewerling (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 2005 D
Katrin Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2007 C
Karl Schiewerling (CDU/CSU) (§ 30 GO) . . . 2009 B
Dr. Carola Reimann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 2009 C
Sabine Zimmermann (Zwickau) (DIE
LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2010 D
Peter Weiß (Emmendingen) (CDU/CSU) . . . . 2011 D
Markus Kurth (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2013 A
Max Straubinger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 2013 C
Klaus Ernst (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 2014 A
Katja Mast (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2015 B
Stephan Stracke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 2016 A
Dr. Martin Rosemann (SPD) . . . . . . . . . . . . . 2017 C
Jana Schimke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 2018 B
Dagmar Schmidt (Wetzlar) (SPD) . . . . . . . . . 2019 A
Dr. Matthias Zimmer (CDU/CSU) . . . . . . . . 2019 C
Albert Stegemann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 2020 D
Tobias Zech (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . 2022 A
Tagesordnungspunkt 4:
Erste Beratung des von der Bundesregierung
eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur
Durchführung der Direktzahlungen an
Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe im
Rahmen von Stützungsregelungen der
Gemeinsamen Agrarpolitik (Direktzahlun-
gen-Durchführungsgesetz – DirektZahl-
DurchfG)
Drucksache 18/908 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2022 D
Christian Schmidt, Bundesminister
BMEL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2023 B
Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE) . . . . . . 2025 C
Ute Vogt (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2026 D
Ulrike Höfken, Staatsministerin
(Rheinland-Pfalz) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2028 B
Gitta Connemann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 2029 B
Inhaltsverzeichnis
II Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 26. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 3. April 2014
Harald Ebner (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2030 A
Kerstin Kassner (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 2031 C
Dirk Wiese (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2032 C
Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2034 C
Hermann Färber (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 2035 D
Hans-Georg von der Marwitz (CDU/CSU) . . 2037 C
Willi Brase (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2039 D
Marlene Mortler (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 2041 D
Tagesordnungspunkt 5:
Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Rosemarie Hein, Diana Golze, Matthias
W. Birkwald, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion DIE LINKE: Kooperationsverbot
abschaffen – Gemeinschaftsaufgabe Bil-
dung im Grundgesetz verankern
Drucksache 18/588 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2042 D
Dr. Rosemarie Hein (DIE LINKE) . . . . . . . . 2043 A
Stefan Müller, Parl. Staatssekretär
BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2044 D
Kai Gehring (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2046 A
Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD) . . . . . . . . . 2047 A
Tankred Schipanski (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 2048 B
Özcan Mutlu (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2049 B
Swen Schulz (Spandau) (SPD) . . . . . . . . . . . . 2050 B
Sybille Benning (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 2051 C
Martin Rabanus (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2052 D
Alexandra Dinges-Dierig (CDU/CSU) . . . . . . 2053 D
Xaver Jung (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . 2055 A
Tagesordnungspunkt 22:
a) Erste Beratung des von der Bundesregie-
rung eingebrachten Entwurfs eines Geset-
zes zur Durchführung der Verordnung
(EU) Nr. 1215/2012 sowie zur Änderung
sonstiger Vorschriften
Drucksache 18/823 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2056 B
b) Beratung des Antrags der Abgeordneten
Uwe Kekeritz, Friedrich Ostendorff,
Claudia Roth (Augsburg), weiterer Abge-
ordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN: Weltagrarbericht jetzt
unterzeichnen
Drucksache 18/979 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2056 B
Tagesordnungspunkt 23:
a) Zweite und dritte Beratung des von der
Bundesregierung eingebrachten Entwurfs
eines Gesetzes zum Vorschlag für einen
Beschluss des Rates zur Aufhebung des
Beschlusses 2007/124/EG, Euratom des
Rates
Drucksachen 18/824, 18/992 . . . . . . . . . . 2056 C
b)–f)
Beratung der Beschlussempfehlungen
des Petitionsausschusses: Sammelüber-
sichten 28, 29, 30, 31 und 32 zu Petitio-
nen
Drucksachen 18/858, 18/859, 18/860,
18/861, 18/862 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2056 D
Tagesordnungspunkt 6:
– Beratung der Beschlussempfehlung und
des Berichts des Auswärtigen Ausschusses
zu dem Antrag der Bundesregierung: Betei-
ligung bewaffneter deutscher Streitkräfte
an der EU-geführten Ausbildungsmis-
sion EUTM Somalia auf Grundlage des
Ersuchens der somalischen Regierung
mit Schreiben vom 27. November 2012
und 11. Januar 2013 sowie der Be-
schlüsse des Rates der Europäischen
Union 2010/96/GASP vom 15. Februar
2010 und 2013/44/GASP vom 22. Ja-
nuar 2013 in Verbindung mit der Reso-
lution 1872 (2009) des Sicherheitsrates
der Vereinten Nationen
Drucksachen 18/857, 18/994 . . . . . . . . . . 2057 A
– Bericht des Haushaltsausschusses gemäß
§ 96 der Geschäftsordnung
Drucksache 18/995 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2057 C
Dagmar Freitag (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2057 C
Sevim Dağdelen (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 2058 C
Philipp Mißfelder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 2059 D
Agnieszka Brugger (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2061 A
Thomas Hitschler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 2062 A
Klaus Brähmig (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 2063 B
Julia Bartz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . 2064 B
Namentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . 2065 A
Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2067 C
Tagesordnungspunkt 7:
a) Beratung der Beschlussempfehlung und
des Berichts des Ausschusses für Wahl-
prüfung, Immunität und Geschäftsordnung
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 26. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 3. April 2014 III
zu dem Antrag der Fraktionen der CDU/
CSU und SPD: Änderung der Geschäfts-
ordnung zur besonderen Anwendung der
Minderheitenrechte in der 18. Wahlpe-
riode
Drucksachen 18/481, 18/997 . . . . . . . . . . 2065 B
b) Zweite und dritte Beratung des von den
Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
und DIE LINKE eingebrachten Entwurfs
eines Gesetzes zur Sicherung der Oppo-
sitionsrechte in der 18. Wahlperiode des
Deutschen Bundestages
Drucksachen 18/380, 18/997 . . . . . . . . . . 2065 B
c) Zweite und dritte Beratung des von der
Fraktion DIE LINKE eingebrachten Ent-
wurfs eines … Gesetzes zur Änderung
des Grundgesetzes (Artikel 23, 39, 44,
45a, 93)
Drucksachen 18/838, 18/997 . . . . . . . . . . 2065 B
d) Beratung der Beschlussempfehlung und
des Berichts des Ausschusses für Wahl-
prüfung, Immunität und Geschäftsord-
nung zu dem Antrag der Fraktionen
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE
LINKE: Änderung der Geschäftsord-
nung des Deutschen Bundestages zwecks
Sicherung der Minderheitenrechte der
Opposition im 18. Deutschen Bundestag
Drucksachen 18/379, 18/997 . . . . . . . . . . 2065 C
Bernhard Kaster (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 2065 D
Dr. Petra Sitte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 2069 B
Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2070 D
Christine Lambrecht (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 2072 A
Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2073 B
Dr. Johann Wadephul (CDU/CSU) . . . . . . . . 2074 A
Dr. Petra Sitte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 2075 B
Katja Keul (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2076 C
Dr. Katarina Barley (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 2077 C
Halina Wawzyniak (DIE LINKE) . . . . . . . . . 2078 D
Dr. Stefan Heck (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 2079 A
Dr. Johannes Fechner (SPD) . . . . . . . . . . . . . 2080 B
Michael Grosse-Brömer (CDU/CSU) . . . . . . 2081 C
Namentliche Abstimmungen . . . . . . . 2082 C, 2082 D
Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2085 C, 2087 B
Tagesordnungspunkt 8:
Erste Beratung des von der Bundesregierung
eingebrachten Entwurfs eines Ersten Geset-
zes zur Änderung des Arbeitnehmer-Ent-
sendegesetzes
Drucksache 18/910 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2083 A
Anette Kramme, Parl. Staatssekretärin
BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2083 B
Sabine Zimmermann (Zwickau) (DIE
LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2084 A
Karl Schiewerling (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 2090 A
Kathrin Vogler (DIE LINKE) . . . . . . . . . . 2090 D
Beate Müller-Gemmeke (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2092 A
Bernd Rützel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2093 A
Wilfried Oellers (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 2093 D
Dennis Rohde (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2094 D
Matthäus Strebl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 2095 B
Tagesordnungspunkt 9:
Beratung des Antrags der Abgeordneten Britta
Haßelmann, Kerstin Andreae, Dr. Thomas
Gambke, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Eine
Milliarde Euro Entlastung für Kommunen
im Jahr 2014 umsetzen
Drucksache 18/975 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2096 B
Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2096 C
Dr. André Berghegger (CDU/CSU) . . . . . . . 2097 C
Kerstin Kassner (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 2099 A
Bernhard Daldrup (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 2099 D
Markus Kurth (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2100 C
Alois Karl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . 2102 B
Johannes Kahrs (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2103 C
Alois Karl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 2103 D
Ingbert Liebing (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 2105 C
Tagesordnungspunkt 10:
Unterrichtung durch die Bundesregierung:
Tätigkeitsbericht 2012/2013 der Bundes-
netzagentur – Telekommunikation
mit
Sondergutachten der Monopolkommis-
sion – Telekommunikation 2013: Vielfalt
auf den Märkten erhalten
Drucksache 18/209 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2107 A
IV Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 26. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 3. April 2014
Klaus Barthel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2107 A
Herbert Behrens (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 2109 B
Hansjörg Durz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 2110 B
Katharina Dröge (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2112 A
Thomas Jarzombek (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 2113 B
Tagesordnungspunkt 11:
Antrag der Abgeordneten Herbert Behrens,
Dr. Gregor Gysi, Caren Lay, weiterer Abge-
ordneter und der Fraktion DIE LINKE:
Nachtruhe am Flughafen Berlin-Branden-
burg sicherstellen – Antrag des Landes
Brandenburg unterstützen
Drucksache 18/971 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2114 D
Thomas Nord (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 2115 A
Peter Wichtel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 2116 B
Stephan Kühn (Dresden) (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2117 C
Martin Dörmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 2119 A
Klaus-Dieter Gröhler (CDU/CSU) . . . . . . . . . 2120 D
Zusatztagesordnungspunkt 2:
Antrag der Abgeordneten Stephan Mayer
(Altötting), Armin Schuster (Weil am Rhein),
Clemens Binninger, weiterer Abgeordneter
und der Fraktion der CDU/CSU sowie der
Abgeordneten Dr. Lars Castellucci, Gabriele
Fograscher, Uli Grötsch, weiterer Abgeordne-
ter und der Fraktion der SPD: Herstellung
des Einvernehmens des Deutschen Bundes-
tages mit der Bestellung des Instituts für
Gesetzesfolgenabschätzung und Evaluation
beim Deutschen Forschungsinstitut für Öf-
fentliche Verwaltung, Speyer, als wissen-
schaftlicher Sachverständiger im Rahmen
der Evaluierung des Rechtsextremismus-
Datei-Gesetzes
Drucksache 18/974 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2122 C
Clemens Binninger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 2122 D
Ulla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . 2124 A
Michael Hartmann (Wackernheim) (SPD) . . . 2124 D
Irene Mihalic (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2126 A
Tagesordnungspunkt 12:
Antrag der Abgeordneten Luise Amtsberg,
Volker Beck (Köln), Hans-Christian Ströbele,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Kontoeröff-
nungen für Flüchtlinge ermöglichen
Drucksache 18/905 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2127 A
Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2127 B
Olav Gutting (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 2128 A
Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2128 D
Ulla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . 2129 B
Uli Grötsch (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2130 A
Andrea Lindholz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 2131 C
Tagesordnungspunkt 13:
Beschlussempfehlung und Bericht des Aus-
wärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Ab-
geordneten Inge Höger, Wolfgang Gehrcke,
Jan van Aken, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion DIE LINKE: Atomwaffen ächten
Drucksachen 18/287, 18/399 . . . . . . . . . . . . . 2132 C
Dr. Ute Finckh-Krämer (SPD) . . . . . . . . . . . 2132 C
Inge Höger (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . 2134 A
Carsten Müller (Braunschweig) (CDU/CSU) 2134 D
Agnieszka Brugger (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2135 D
Dr. Hans-Peter Uhl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 2136 D
Tagesordnungspunkt 14:
Antrag der Abgeordneten Friedrich Ostendorff,
Harald Ebner, Nicole Maisch, weiterer Abge-
ordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN: Zukunft der bäuerlichen Milch-
viehhaltung sichern
Drucksache 18/976 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2137 D
Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2138 A
Kees de Vries (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 2138 D
Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE) . . . . . . 2139 C
Rainer Spiering (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2140 B
Artur Auernhammer (CDU/CSU) . . . . . . . . . 2141 D
Tagesordnungspunkt 15:
Antrag der Abgeordneten Sabine Leidig,
Herbert Behrens, Caren Lay, weiterer Abge-
ordneter und der Fraktion DIE LINKE: Den
Aufsichtsrat der Deutschen Bahn AG neu
und verantwortungsvoll besetzen
Drucksache 18/592 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2142 D
Sabine Leidig (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 2143 A
Alexander Funk (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 2144 C
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 26. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 3. April 2014 V
Sabine Leidig (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 2145 A
Matthias Gastel (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2145 D
Martin Burkert (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2146 D
Michael Donth (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 2148 A
Tagesordnungspunkt 16:
Antrag der Abgeordneten Katharina Dröge,
Kerstin Andreae, Dr. Thomas Gambke,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nationales
Reformprogramm 2014 nutzen – Wirt-
schaftspolitische Steuerung in der EU ernst
nehmen und Investitionen stärken
Drucksache 18/978 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2149 B
Katharina Dröge (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2149 C
Dr. Andreas Lenz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 2150 B
Wolfgang Tiefensee (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 2152 A
Tagesordnungspunkt 17:
Antrag der Abgeordneten Kerstin Andreae,
Anja Hajduk, Volker Beck (Köln), weiterer
Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN: Fördermitteltrans-
parenz erhöhen
Drucksache 18/980 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2153 D
Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2154 C
Anlage 1
Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 2155 A
Anlage 2
Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten
Roland Claus, Kersten Steinke, Kerstin Kassner,
Birgit Wöllert (alle DIE LINKE) zur Abstim-
mung über die Beschlussempfehlung des Peti-
tionsausschusses zu Sammelübersicht 31 zu
Petitionen (Tagesordnungspunkt 23 e) . . . . . . 2155 C
Anlage 3
Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des
Antrags: Nationales Reformprogramm 2014
nutzen – Wirtschaftspolitische Steuerung in
der EU ernst nehmen und Investitionen stär-
ken (Tagesordnungspunkt 16) . . . . . . . . . . . . 2156 C
Klaus Ernst (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 2156 C
Anlage 4
Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung
des Antrags: Fördermitteltransparenz erhö-
hen (Tagesordnungspunkt 17) . . . . . . . . . . . . 2157 B
Mark Hauptmann (CDU/CSU). . . . . . . . . . . 2157 B
Andrea Wicklein (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 2159 A
Thomas Nord (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 2160 B
Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2160 D
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 26. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 3. April 2014 2001
(A) (C)
(D)(B)
26. Sitzung
Berlin, Donnerstag, den 3. April 2014
Beginn: 9.00 Uhr
(D)
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 26. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 3. April 2014 2155
(A) (C)
(B)
Anlagen zum Stenografischen Bericht
Anlage 1
Liste der entschuldigten Abgeordneten
(D)
Abgeordnete(r)
entschuldigt bis
einschließlich
Alpers, Agnes DIE LINKE 03.04.2014
Dr. Bartels, Hans-Peter SPD 03.04.2014
Bätzing-Lichtenthäler,
Sabine
SPD 03.04.2014
Dr. Brunner, Karl-Heinz SPD 03.04.2014
Bülow, Marco SPD 03.04.2014
Dr. Diaby, Karamba SPD 03.04.2014
Eckenbach, Jutta CDU/CSU 03.04.2014
Ernstberger, Petra SPD 03.04.2014
Dr. Gauweiler, Peter CDU/CSU 03.04.2014
Gohlke, Nicole DIE LINKE 03.04.2014
Groß, Michael SPD 03.04.2014
Dr. Krings, Günter CDU/CSU 03.04.2014
Kunert, Katrin DIE LINKE 03.04.2014
Lotze, Hiltrud SPD 03.04.2014
Maisch, Nicole BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
03.04.2014
Meiwald, Peter BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
03.04.2014
Dr. Merkel, Angela CDU/CSU 03.04.2014
Pitterle, Richard DIE LINKE 03.04.2014
Post (Havelland), Achim SPD 03.04.2014
Dr. Priesmeier, Wilhelm SPD 03.04.2014
Rüthrich, Susann SPD 03.04.2014
Scheuer, Andreas CDU/CSU 03.04.2014
Schieder (Schwandorf),
Marianne
SPD 03.04.2014
Schlecht, Michael DIE LINKE 03.04.2014
Silberhorn, Thomas CDU/CSU 03.04.2014
Stritzl, Thomas CDU/CSU 03.04.2014
Trittin, Jürgen BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
03.04.2014
Dr. Wagenknecht, Sahra DIE LINKE 03.04.2014
Wagner, Doris BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
03.04.2014
Wunderlich, Jörn DIE LINKE 03.04.2014
Ziegler, Dagmar SPD 03.04.2014
Anlage 2
Erklärung nach § 31 GO
der Abgeordneten Roland Claus, Kersten
Steinke, Kerstin Kassner, Birgit Wöllert (alle DIE
LINKE) zur Abstimmung über die Beschluss-
empfehlung des Petitionsausschusses (2. Aus-
schuss) zu Sammelübersicht 31 zu Petitionen
(Tagesordnungspunkt 23 e)
In der Tat beinhaltet die Petition eine hochkompli-
zierte Materie – ersichtlich wird das wohl auch daran,
dass die Petition zur Altersversorgung der technischen
Intelligenz der DDR erst nach über zehn Jahren abge-
schlossen werden soll.
Die Ausführungen in der Beschlussempfehlung sind
umfangreich; sie versuchen, das Verlangen der Petenten
verständnisvoll zu beschreiben und zugleich die rechtli-
chen Hürden darzulegen, die vermeintlich eine Lösung
verhindern.
Dennoch können wir einem Abschluss der Petition
ohne Lösung des Problems nicht zustimmen.
Bei all den Ausführungen bleibt ein Knackpunkt un-
beachtet: Die Art und Weise der Überführung der Alters-
sicherungssysteme aus DDR-Zeiten in bundesdeutsches
Recht erfolgte so, dass alle Ansprüche und Anwartschaf-
ten in die gesetzliche Rentenversicherung nach SGB VI
transformiert wurden – gleich, ob die Personen zu DDR-
Zeiten wie die Mehrheit in der Sozialversicherung, SV,
und Freiwilligen Zusatzversicherung, FZR, waren oder
zu den Personen gehörten, die Zugang zu den heute als
privilegiert angesehenen Zusatz- und Sondersystemen
hatten. Für alle gleich wird das jeweils zu DDR-Zeiten
erzielte und verbeitragte Einkommen bis zur Beitragsbe-
messungsgrenze für die Ermittlung der SGB-VI-Rente
herangezogen.
Abgeordnete(r)
entschuldigt bis
einschließlich
Anlagen
2156 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 26. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 3. April 2014
(A) (C)
(D)(B)
Für einige hochqualifizierte Personen – in der Petition
erwähnt Diplom-Chemiker und -Physiker – die nicht in
die FZR einzahlten, weil sie hofften, dass die ungleichen
Zugangsmöglichkeiten in der DDR zum Versorgungs-
system der technischen Intelligenz eines Tages noch be-
seitigt werden und sie auch in dieses System aufgenom-
men werden, entstand dadurch ein unvorhersehbares
Problem. Das Gleiche passierte denen, die sich zu DDR-
Zeiten mit dem Gedanken trugen, einen Ausreiseantrag
zu stellen, und deshalb nicht in die FZR einzahlten.
Im Prozess der Einheit und der Gesetzgebung zur
Rentenüberleitung, einschließlich Anspruchs- und An-
wartschaftsüberführungsgesetz, AAÜG, wurde gewisser-
maßen aus diesem Protest gegen ungerechte Zugangs-
chancen zu besonderen Versorgungssystemen der DDR
de facto eine persönliche Benachteiligung für das Alter
in der Bundesrepublik bei der Berechnung der Rente
nach SGB VI.
Als Folge einer Kalkulation, die sich faktisch in Luft
auflöste, müssen diese Personen heute zumeist mit Ar-
mutsrenten auskommen. Denn konkret bedeutet das,
dass sie, trotz hochqualifizierter Tätigkeiten und guter
Bezahlung von 1972 bis 1989/90 heute jährlich unter-
durchschnittliche Werte auf ihrem Rentenkonto stehen
haben, denn monatlich nur verbeitragte 600 Mark erge-
ben jährlich immer 0,... Entgeltpunkte.
Es geht folglich im Grunde nicht vorrangig um eine
nachträgliche Zuordnung zu einem diesen Personen nach
DDR-Recht verschlossenen System, sondern darum,
eine Regelung zu schaffen, auch über 600 Mark hinaus-
gehendes Einkommen bis zur Beitragsbemessungs-
grenze anerkannt zu bekommen. Da nach AAÜG bei Zu-
gehörigkeit zu einem Zusatzsystem auch die tatsächliche
Beitragszahlung außer Acht gelassen wird – obgleich in
den meisten Sicherungssystemen eine Beitragszahlung
erfolgte –, ist diese Forderung der Petenten naheliegend.
Anders sähen die Folgen der Forderung aus, wenn es
mit dem AAÜG tatsächlich eine Überführung der An-
sprüche aus den Zusatz- und Sonderversorgungssyste-
men gegeben hätte oder die Überführung in diese Rich-
tung korrigiert würde, wie es die Fraktion Die Linke
– wie vormals die PDS – mit der Schaffung eines Sys-
tems „sui generis“ vorschlägt. Dann wären all die Argu-
mente der Bundesregierung, die vom Petitionsausschuss
aufgegriffen werden zu den Schwierigkeiten einer nach-
träglichen Zuordnung, faktisch einer nachträglichen
Korrektur von ungleichen Regelungen der DDR, erwä-
genswert. Dazu zählen Qualifikations- und Tätigkeits-
profil, Betriebsformen und Stichtagsregelungen.
Wir können uns der Ablehnung der Petition nicht an-
schließen, weil es unter den gegebenen rechtlichen Re-
gelungen der Rentenüberleitung nur eines entgegenkom-
menden Schrittes bedürfte, diese – mit dem Beitritt der
DDR zum bundesdeutschen Rechtssystem entstandene –
doppelte Ungerechtigkeit zu beseitigen. Nicht rechtliche
Winkelzüge sind gefragt, sondern an dieser Stelle bedarf
es einzig des politischen Willens, im Prozess der deut-
schen Einheit entstandene soziale Härten für einige we-
nige zu korrigieren.
Anlage 3
Zu Protokoll gegebene Rede
zur Beratung des Antrags: Nationales Reform-
programm 2014 nutzen – Wirtschaftspolitische
Steuerung in der EU ernst nehmen und Investi-
tionen stärken (Tagesordnungspunkt 16)
Klaus Ernst (DIE LINKE): 2013 war Deutschland
ein weiteres Mal Exportchampion. Die Importe hinge-
gen gingen sogar zurück. Schuld daran ist die schwache
Binnennachfrage. Denn: Die wirtschaftliche Entwick-
lung geht an der Mehrheit der Menschen vorbei. Die
Wirtschaft ist von 2000 auf 2013 um fast 14 Prozent ge-
wachsen. Die Unternehmens- und Vermögenseinkom-
men haben in diesem Zeitraum um rund 31 Prozent zu-
gelegt. Die Bruttolöhne und -gehälter je Beschäftigtem
hingegen sind um rund 2 Prozent gesunken. Einkom-
menszuwächse gab es nur bei den Spitzeneinkommen.
Am unteren Ende der Einkommensskala kam es zu wei-
teren Rückgängen. Jeder vierte Beschäftigte in Deutsch-
land arbeitet für einen Niedriglohn.
Auch die Europäische Kommission empfiehlt Maß-
nahmen zur Stärkung der Binnennachfrage. Sie hat die
makroökonomischen Ungleichgewichte in Deutschland
einer vertieften Überprüfung unterzogen, da sich die
deutschen Leistungsbilanzüberschüsse seit 2007 über
der Warnschwelle von 6 Prozent befinden. Laut EU-
Kommission haben die privaten Haushalte mehr gespart
und die Unternehmen zu wenig investiert. Auch die öf-
fentlichen Investitionen seien viel zu gering. Folglich
müssten öffentliche Investitionen – insbesondere Infra-
strukturmaßnahmen – gesteigert und geeignete Bedin-
gungen zur Begünstigung des Lohnwachstums – vor
allem bei Arbeitnehmern am unteren Ende der Einkom-
mensskala – geschaffen werden. Politische Maßnahmen,
die Investitionen beeinträchtigen könnten, sollen ver-
mieden werden.
Doch die Bundesregierung nimmt diese Empfehlun-
gen nicht wirklich ernst. Muss sie auch nicht, denn sie
hat maßgeblich dafür gesorgt, dass innerhalb der neuen
„Economic Governance“ der EU Überschüsse nicht
sanktionsfähig sind. Schon im Jahreswirtschaftsbericht
stellt sie einseitig die gute Verfassung der deutschen
Wirtschaft und die hohe Beschäftigungsquote heraus.
Neue Ideen gegen prekäre Beschäftigung und ausblei-
bende Investitionen: Fehlanzeige!
So will die Bundesregierung die Verkehrsinvestitio-
nen um 5 Milliarden Euro erhöhen und die Länder um
6 Milliarden Euro entlasten – gestreckt auf die gesamte
Legislaturperiode. Selbst gestecktes Ziel der Bundes-
regierung ist laut Koalitionsvertrag jedoch eine Gesamt-
investitionsquote oberhalb des OECD-Durchschnitts.
Der OECD-Durchschnitt lag 2013 bei 20 Prozent, die
deutsche Investitionsquote nur bei 17,2 Prozent. Um den
OECD-Durchschnitt zu erreichen, hätten allein im ver-
gangenen Jahr 75 Milliarden Euro mehr investiert wer-
den müssen.
Die wachsende Spaltung auf dem Arbeitsmarkt will
die Bundesregierung mit einer Beschränkung der Leih-
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 26. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 3. April 2014 2157
(A) (C)
(D)(B)
arbeit auf 18 Monate und gleichem Lohn nach 9 Mona-
ten bekämpfen. Das geht am Problem vorbei. Im
„Zwölften Bericht der Bundesregierung zur Arbeitneh-
merüberlassung“ ist nachzulesen, dass der Anteil der Ar-
beitsverhältnisse, die weniger als 3 Monate dauerten,
zwischen 39 und 61 Prozent schwankten. Auch der Min-
destlohn ist mit all den Ausnahmen mittlerweile eher ein
Schweizer Käse, außerdem kommt er zu spät und ist zu
niedrig. Sachgrundlose Befristung und die ausufernde
Zahl von Werkverträgen werden von der Großen Koali-
tion gar nicht angefasst.
Diese Maßnahmen der Bundesregierung werden we-
der zu einer ernsthaften Stärkung der Binnennachfrage
führen noch die exzessiven Leistungsbilanzüberschüsse
abbauen.
Dafür ist es vielmehr notwendig, die Verteilung von
Einkommen und Vermögen gerechter zu gestalten. Dafür
muss der Anteil der Löhne am Volkseinkommen deutlich
steigen. Deutliche Lohnsteigerungen sind nötig, die
durch eine Stärkung der gewerkschaftlichen Durchset-
zungsmacht erreicht werden können. Dies erfordert ein
konsequentes Verbot von Leiharbeit und sachgrundlosen
Befristungen, die Verhinderung des Missbrauchs von
Werkverträgen sowie die Abschaffung des Zwangssys-
tems Hartz IV. Auch die sofortige Einführung eines flä-
chendeckenden gesetzlichen Mindestlohns von 10 Euro
pro Stunde ohne Ausnahmen ist wichtig für die Stärkung
der Binnennachfrage. Ebenso muss die Steuerpolitik ge-
rechter gestaltet werden durch eine höhere Besteuerung
von großen Erbschaften und Finanzgeschäften sowie die
Einführung einer Millionärsteuer. Notwendig ist auch
eine deutliche Steigerung öffentlicher Investitionen zu-
gunsten von Bildung, Gesundheit, Klimaschutz, Infra-
struktur und Verkehr.
Anlage 4
Zu Protokoll gegebene Reden
zur Beratung des Antrags: Fördermitteltrans-
parenz erhöhen (Tagesordnungspunkt 17)
Mark Hauptmann (CDU/CSU): Mit dem Antrag
„Fördermitteltransparenz erhöhen“ der Fraktion der Grü-
nen soll die Bundesregierung aufgefordert werden, eine
gesetzliche Regelung vorzulegen, auf deren Basis För-
derprogramme offenzulegen sind. Ziel ist es, eine „gute
und transparente Datenlage“ von verwendeten Förder-
mitteln zu schaffen. Ich stimme Ihnen zu, dass die Ver-
wendung von Förderungen stets einer besonderen Recht-
fertigung und einer regelmäßigen Erfolgskontrolle
bedarf. Denn Begünstigungen Einzelner zulasten der
Allgemeinheit sind auf langfristige Sicht schädlich und
missbrauchen das Vertrauen der Bürgerinnen und Bür-
ger. Regelmäßige Überprüfungen des Nutzens für das
allgemeine Wohl sowie die gesamtwirtschaftliche Ent-
wicklung sind erforderlich. Nur so können Transparenz
und Legitimität der Entscheidungen gewährleistet wer-
den.
Ihre Vorstellung von Transparenz lehne ich jedoch
entschieden ab. In Ihrem Antrag fordern Sie die Veröf-
fentlichung von Daten über juristische Personen, Perso-
nengesellschaften und Einzelunternehmen, die Förder-
mittel beziehen. Dies soll über die Förderdatenbank des
Bundes erfolgen. Laut Ihrem Antrag sollen, ich zitiere,
„grundsätzlich folgende Daten veröffentlicht werden:
das genaue Förderprogramm, der Name bzw. die Firma
sowie Postleitzahl und Gemeinde des Unternehmenssit-
zes der Empfängerin/des Empfängers und die jährlichen
Beträge der Fördermittelzahlungen“. Zusätzlich sollen in
einer frei zugänglichen Datenbank die Zuwendung öf-
fentlicher Mittel für Forschungsprojekte aufgeschlüsselt
werden.
Ich möchte kurz zusammenfassen, was die Kollegen
der Grünen in ihrem Antrag unter einer „guten Daten-
lage“ verstehen: nämlich die Ansammlung aller Daten,
derer sie habhaft werden können. Das ist keine Transpa-
renz, sondern politischer Kontrollwahn und erinnert
mich eher an das Horrorszenario aus George Orwells
1984.
Ich halte Ihre Vorschläge aus folgenden Erwägungen
heraus für grundsätzlich verfehlt: Erstens: Ihr Ansinnen
kreiert ein Bürokratiemonster, dessen bloßer Sinnzweck
darin besteht, Daten zu sammeln. Zweitens: Sie bürden
den Firmen zusätzliche Belastungen auf, die gerade die
kleineren und mittelständischen Unternehmen treffen
würden. Die umfassende Freilegung der Fördermittel,
die Bestandteil der Unternehmenseinkünfte sind,
schwächt die Schlagkraft und Wettbewerbsfähigkeit die-
ser Firmen erheblich. Drittens ist Transparenz kein
Selbstzweck und muss gerade bei der Veröffentlichung
sensibler Daten einer genauen Abwägung unterzogen
werden. Im Folgenden möchte ich auf diese Punkte nä-
her eingehen.
Staatliche Förderungen müssen immer wieder Er-
folgskontrollen unterzogen werden und der Mehrung
von sozialem und wirtschaftlichem Nutzen dienen. Sie,
liebe Grüne, verweisen in Ihrem Antrag darauf, dass
Bürgerinnen und Bürger ein Anrecht darauf haben, über
die Verwendung der finanziellen Mittel des Staates in-
formiert zu werden.
Sie stellen es so dar, als wäre die Verteilung von För-
dermitteln bislang vollkommen intransparent. Es exis-
tiert jedoch bereits die Förderdatenbank des Bundes, die
einen aktuellen Überblick über die Förderprogramme
des Bundes, der Länder und der EU für die gewerbliche
Wirtschaft gibt. Zudem informiert der Förderkatalog des
Bundes über aktuelle und abgeschlossene Fördervorha-
ben der beteiligten Bundesministerien Bildung und For-
schung, Umwelt, Wirtschaft und Energie, Ernährung und
Landwirtschaft sowie für Verkehr und digitale Infra-
struktur. In dieser Datenbank können interessierte Bür-
gerinnen und Bürger aus mehr als 110 000 abgeschlosse-
nen und laufenden Vorhaben der Projektförderung des
Bundes recherchieren. Neben diesen Datenbanken wird
die Vergabe von Fördermitteln auch regelmäßig durch
den Subventionsbericht der Bundesregierung geprüft.
Darin wird aufgelistet, welche Branchen in den letzten
drei Jahren Fördermittel erhalten haben und ob die Pro-
2158 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 26. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 3. April 2014
(A) (C)
(D)(B)
gramme dazu beitragen, Arbeitsplätze und Wachstum zu
fördern. Regelmäßig wird damit geprüft, ob die Förder-
mittel tatsächlich Investitionen in die Zukunft sind. Bei
Fehlentwicklungen kann gezielt gegengesteuert werden,
um Transparenz und Steuerungsmöglichkeiten bei der
Verteilung von Fördermitteln zu gewährleisten. Schluss-
endlich bietet auch das Informationsfreiheitsgesetz allen
Bürgerinnen und Bürgern den Rechtsanspruch, sich über
einzelne Projektförderungen des Bundes zu erkundigen.
Ich bin der festen Überzeugung, dass eine funktionie-
rende Förderkultur auf demokratisch legitimierten und
transparenten Entscheidungen beruhen muss. Der Sinn-
zweck Ihres Antrages besteht jedoch einzig und alleine
darin, weitere Daten der Fördermittelempfänger zu sam-
meln und zu veröffentlichen. Dieses Bürokratiemonster
nennen Sie dann Transparenz. Sie werben damit, dass
Ihre Partei sich für den Abbau von sinnloser Bürokratie
einsetzt. Laut Ihrem Wahlprogramm für die letzte Bun-
destagswahl ist es Ihr erklärtes Ziel, „auf allen staatli-
chen Ebenen Bürokratie abzubauen und Entscheidungs-
wege zu straffen“. Weiter heißt es darin: „Programme
mit einem hohen Verwaltungsaufwand werden wir
grundsätzlich überprüfen“. Wie passt das zu Ihrer Forde-
rung?
Sie haben in Ihrem Antrag nur unzureichend darauf
hingewiesen, welche Folgekosten daraus entstehen wer-
den. Die erhöhten Dokumentations- und Informations-
pflichten führen zu mehr Bürokratie und bewirken einen
administrativen Ausbau anstelle des von Ihnen geforder-
ten Abbaus. Die zusätzlichen Belastungen werden Un-
ternehmen und Verwaltung aufgebürdet.
Die realen Folgekosten eines solchen Verständnisses
von Transparenz müssen die Unternehmen tragen, deren
Daten gesammelt und veröffentlicht werden. Nehmen
Sie als Beispiel das Zentrale Innovationsprogramm Mit-
telstand, ZIM. Seit Juli 2008 wurden alleine in diesem
Programm 24 000 Anträge bewilligt. Davon sind 360 der
Antragsteller Forschungseinrichtungen, aber 11 500 der
Antragsteller sind kleine und mittlere Unternehmen. Den
gläsernen Bürger wollen Sie verhindern, das gläserne
Unternehmen dagegen schaffen. Was bedeutet denn eine
Veröffentlichung mit Name, Anschrift und Höhe der
Fördermittel unter den Gesichtspunkten des Datenschut-
zes für diese Betriebe in der Realität?
Ich habe daher einfach Unternehmer aus meinem
Wahlkreis angerufen, die mit ihren Firmen Fördermittel
des ZIM beziehen. Als ich denen Ihren Vorschlag unter-
breitet habe, sind sie fast in Ohnmacht gefallen oder
standen wahlweise kurz vor einem Herzinfarkt. Dass
eine Fraktion im Bundestag tatsächlich die Forderung
nach einem solchen Register stellt, konnten sie sich gar
nicht vorstellen. Anders als bei Forschungseinrichtungen
werden die Projekte der Unternehmen oft nur zu 50 Pro-
zent gefördert und gehören zur wirtschaftlichen Grund-
lage der Betriebe. Die Offenlegung der Höhe der bezo-
genen Fördermittel zwingt sie, Teile ihrer Einkünfte für
alle sichtbar zu machen.
Die Teilnahme an bestimmten Förderprogrammen
wirkt sich somit auch auf die Außenwahrnehmung des
Unternehmens aus. Zum einen kann dies die Entschei-
dung potenzieller Investoren maßgeblich beeinflussen.
Zum anderen werden Mitbewerber über die finanzielle
Situation informiert. Aus Gründen des Schutzes vor
Konkurrenten haben Betriebe aber regelmäßig ein Inte-
resse daran, dass die wirtschaftlichen Kalkulations-
grundlagen ihren Konkurrenten nicht bekannt werden.
Sie bürden damit Unternehmen zusätzliche Belastungen
auf, die gerade die kleineren und mittelständischen Un-
ternehmen treffen werden. Gleichzeitig werden mit der
Veröffentlichung des Projekttitels die Forschungsvorha-
ben der Unternehmen offengelegt. Innovative Ideen, die
das Kapital vieler Mittelständler sind, werden der Kon-
kurrenz auf dem Silberteller präsentiert.
Mit der zunehmenden Globalisierung stehen diese
Daten auch Mitbewerbern aus dem Ausland zur Verfü-
gung. Die umfassende Offenlegung der Daten schwächt
die Schlagkraft der Firmen erheblich, und Wettbewerbs-
vorteile gehen verloren. Der Schutz firmeneigener Daten
gehört zum Fundament der freien Marktwirtschaft. Ihre
Vorstellung von Transparenz verletzt jedoch diese
Grundprinzipien. Mit einer solchen Veröffentlichung
werden weitreichende Eingriffe in die Rechte der Unter-
nehmer vorgenommen. In begründeten Fällen sollen
Ausnahmen von der Einzelveröffentlichungspflicht
möglich sein, wenn es bei der Veröffentlichung der Da-
ten zu Rückschlüssen auf Betriebs- und Geschäftsge-
heimnisse kommen kann. In der Realität wird das doch
bei fast allen Unternehmen der Fall sein.
Die Bewilligung neuer Fördermittel an die Veröffent-
lichung von Daten zu knüpfen, deren Veröffentlichung
geschäftsschädigende Folgen haben kann, gleicht dabei
einer Erpressung der Fördermittelempfänger. Ihnen wer-
den keine Widerspruchsrechte gegen die Veröffentli-
chung eingeräumt. Unklar bleibt auch, was mit bereits
laufenden Förderprogrammen geschehen soll. Es werden
aufwendige Anhörungsverfahren notwendig sein, bei de-
nen alle bisherigen Geldempfänger zunächst gefragt
werden müssen, ob sie mit einer Veröffentlichung ein-
verstanden sind.
Transparenz ist kein Selbstzweck und muss daher ge-
rade bei der Veröffentlichung sensibler Daten einer ge-
nauen Abwägung unterzogen werden. Das gilt nicht nur
für natürliche Personen, sondern eben auch für Unter-
nehmen. Man muss sich daher die Frage stellen, welche
Konsequenzen ein derartiges Verständnis von Transpa-
renz nach sich ziehen würde. Ein notwendiges Maß an
Transparenz stärkt den Wettbewerb und ist das Funda-
ment einer freien Wirtschaft. Im schlimmsten Falle be-
deutet ein Übermaß an Transparenz aber eine Verletzung
der Betriebsgeheimnisse von Unternehmen. Besonders
mittelständische Unternehmen, die mit der Unterstüt-
zung von Fördermitteln durch innovative Projekte Ar-
beitsplätze und Wachstum in ländlichen Regionen schaf-
fen, würden dadurch geschädigt.
Die Begründung, dass Sie damit die demokratische
Legitimität der Entscheidungen über Förderprogramme
erhöhen, ist für mich nicht nachvollziehbar. Das Sie,
liebe Kollegen von den Grünen, sich gerne vollständige
politische Kontrolle wünschen, haben Sie mit der ge-
planten Einführung des Veggie-Days hinreichend bewie-
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 26. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 3. April 2014 2159
(A) (C)
(D)(B)
sen. Wir sind auch für Transparenz, aber gegen politi-
schen Kontrollwahn und sinnlose Bürokratie. Aus den
dargelegten grundsätzlichen Überlegungen lehnen wir
Ihren Antrag daher entschieden ab.
Andrea Wicklein (SPD):Mit Ihrem Antrag „Förder-
mitteltransparenz erhöhen“ sprechen Sie von der Frak-
tion Bündnis90/Die Grünen ein sehr wichtiges Thema
an. Ich finde es deshalb gut, dass wir heute darüber
– wenn auch zu später Stunde – die Debatte führen.
Ich sage klar: Es ist richtig und auch notwendig, dass
die Bürgerinnen und Bürger weitgehende Transparenz
über die Mittelverwendung aus den vielfältigen Förder-
programmen des Bundes haben.
Die SPD-Bundestagsfraktion ist dafür, dass die Bür-
gerinnen und Bürger die Möglichkeit haben, einfach,
verständlich und eindeutig zu erfahren, für welche Zwe-
cke und in welcher Höhe die Bundesregierung den Mit-
telstand, Forschungseinrichtungen oder Institutionen
fördert.
Selbstverständlich ist es auch richtig, dass der Deut-
sche Bundestag, dass wir Abgeordnete selbst diese
Transparenz haben. Schließlich sind wir es, die im Rah-
men des Bundeshaushaltes die Förderprogramme bera-
ten und beschließen.
Natürlich reicht es nicht aus, dass wir die Förderpro-
gramme beschließen.
Wir müssen auch wissen, ob diese Programme die
von uns gesteckten Ziele erreicht haben, ob sich unsere
Erwartungen erfüllt haben oder ob Programme beendet
bzw. verändert werden müssen.
Transparenz über die Förderprogramme ist aber auch
notwendig, damit die Klein- und Mittelständischen Un-
ternehmen, die Forschungseinrichtungen und viele an-
dere Adressaten erfahren, wer was und wie fördert und
wo Anträge zu stellen sind.
Für die SPD-Fraktion gilt deshalb, dass wir Transpa-
renz nicht nur bei der Mittelverwendung haben wollen,
sondern insgesamt von Anfang an.
Dafür haben wir uns seit langem eingesetzt und zu-
mindest national auch schon viel erreicht.
Mit dem Förderkatalog des Bundes, den jede
Bürgerin und jeder Bürger auf der Internetseite
www. foerderportal.bund.de erreichen kann, sind be-
reits – mit wenigen Ausnahmen – die Fördermaßnah-
men von fünf für die Fördermittel maßgeblichen Bun-
desministerien übersichtlich dargestellt. Einbezogen
sind in das Portal das Bundesforschungsministerium,
das Bundeslandwirtschaftsministerium, das Bundes-
umweltministerium, das Bundesverkehrsministerium so-
wie das Bundeswirtschaftsministerium.
Das Förderportal des Bundes enthält eine Förderbera-
tung als Erstanlaufstelle für alle Fragen zur Forschungs-
und Innovationsförderung.
Es liefert mit der Förderdatenbank einen vollständi-
gen und aktuellen Überblick über die Förderprogramme
des Bundes, der Länder und auch der Europäischen
Union. Das Förderportal des Bundes stellt darüber hi-
naus mit dem elektronischen Online-Antragssystem ein
barrierefreies Internetportal zum Ausfüllen und Ausdru-
cken der Antragsformulare für Fördermittel des Bundes
zur Verfügung.
Ergänzt wird das Portal unter anderem durch den
Formularschrank mit allen wichtigen Formularen,
Richtlinien und Merkblättern sowie durch eine Such-
maschine des Bundesforschungsministeriums, mit der
aktuell 12 Millionen Internetseiten von 27 000 Web-
servern öffentlich geförderter deutscher Forschungs-
einrichtungen und Institutionen durchsucht werden
können.
Vor allem aber – und das ist bei der Beratung Ihres
Antrages wichtig zu wissen – stellt das Förderportal des
Bundes auch den Förderkatalog zur Verfügung.
Wenn Sie diesen Katalog aufrufen, können Sie in ei-
ner öffentlichen Datenbank aus mehr als 110 000 abge-
schlossenen und laufenden Vorhaben der Projektförde-
rung der fünf von mir genannten Bundesministerien
recherchieren.
Leider haben Sie diesen Förderkatalog in Ihrem An-
trag nicht erwähnt. Ich denke aber, dass es sehr wichtig
ist, dass die Bürgerinnen und Bürger auch über den ak-
tuellen Stand informiert sind. Denn Sie erwecken mit Ih-
rem Antrag – ich bin sicher: ungewollt – den Eindruck,
als ob es bisher keine Transparenz gäbe. Das stimmt
nicht.
Bei Ihnen, liebe Kollegin Kerstin Andrae von der
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, habe ich heute aktuell
im Förderkatalog des Bundes für Ihren Wahlkreis Frei-
burg Folgendes recherchieren können:
Allein 256 laufende Fördervorhaben zählt Freiburg
aktuell. Das Fördervolumen umfasst nahezu 166 Millio-
nen Euro. Darunter befinden sich sowohl kleine Maß-
nahmen wie die Förderung der „Städtischen Museen
Freiburg – Augustinermuseum“ mit rund 10 000 Euro
durch das Bundesumweltministerium als auch eine grö-
ßere Maßnahme der Caritas im Rahmen der Förderung
von Klimaschutzprojekten des Bundesumweltministeri-
ums in Höhe von rund 18 Millionen Euro.
Sie sehen, liebe Kollegin Andrae, hier ist bereits eine
Menge Transparenz hergestellt.
Allerdings – da stimme ich Ihnen zu – sollten wir
Bundestagsabgeordnete bei der erreichten Transparenz
nicht stehen bleiben, sondern sie weiter ausbauen.
Natürlich muss darauf geachtet werden, dass, sofern
nationale Interessen tangiert sind, wie zum Beispiel bei
der Luftfahrtforschung, oder wenn eine Veröffentlichung
den Förderinteressen widerspricht, wie zum Beispiel
beim Patentschutz, auch weiterhin Informationen ge-
sperrt bleiben.
Handlungsbedarf sehen wir Sozialdemokraten insbe-
sondere noch bei den EU-Förderprogrammen.
Hier ist es wichtig, dass sich die Bundesregierung
weiter dafür einsetzt, dass EU-Programme wesentlich
2160 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 26. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 3. April 2014
(A) (C)
(D)(B)
transparenter, verständlicher und nutzerfreundlicher ge-
staltet werden, dass die Vielzahl der Förderinitiativen
verringert wird und dass Antrags-, Genehmigungs- und
Abrechnungsprozeduren vereinfacht werden.
Ich bin deshalb sehr froh, dass die Bundesregierung
von sich aus mehr Transparenz herstellen will und bei-
spielsweise das Bundeswirtschaftsministerium entschie-
den hat, mittelfristig alle Fördermaßnahmen in das För-
derportal des Bundes in aktueller Fassung einzustellen.
Damit setzt das Bundeswirtschaftsministerium übri-
gens auch Anregungen aus den parlamentarischen Dis-
kussionen um, in denen gefordert wurde, die Förderan-
gebote zu straffen, zu bündeln und noch genauer auf die
Zielgruppen des Bundeswirtschaftsministeriums auszu-
richten.
So hat das Bundeswirtschaftsministerium alle Maß-
nahmen unter die vier großen Themen gruppiert:
– Mittelstand: Gründen, Wachsen, Investieren
– Energie und Nachhaltigkeit
– Chancen der Globalisierung
– Innovation, Technologie und neue Mobilität
Das ist ein wichtiger Beitrag, die von uns allen ge-
wünschte Transparenz weiter zu verbessern. Es stimmt:
Wir sind noch nicht am Ziel.
Aus heutiger Sicht sehe ich jedoch keine Notwendig-
keit, gesetzliche Maßnahmen zu ergreifen. Deshalb leh-
nen wir den Antrag der Fraktion Bündnis90/Die Grünen
ab.
Wir werden das im Auge behalten, gemeinsam darauf
achten, dass die Transparenz über die Förderprogramme
weiter verbessert wird.
Thomas Nord (DIE LINKE): Die Linksfraktion wird
dem heute vorliegenden Antrag der Fraktion Bündnis 90/
Die Grünen zur Erhöhung der Transparenz der Vergabe
von Fördermitteln durch den Bund zustimmen. Wir ha-
ben eine ganze Weile gesucht, ob wir nicht doch ein
Haar in der Suppe finden, aber außer der letztlich klärba-
ren Frage, ob die angewandte Fördermitteldefinition
wirklich hinreichend ist, haben wir keinen Ablehnungs-
grund finden können.
Dieser Antrag greift völlig zu Recht die Europäische
Transparenzinitiative von 2007 auf. Er knüpft an die
positiven Erfahrungen der Veröffentlichung von Infor-
mationen über die Empfängerinnen und Empfänger von
Gemeinschaftsmitteln aus dem EU-Agrarfonds an, die
seit April 2009 erfolgt. Die seitdem damit gemachten Er-
fahrungen zeigen, dass eine solche Veröffentlichung so-
wohl machbar als auch sinnvoll ist.
Die Bürgerinnen und Bürger haben nach unserer Auf-
fassung nicht nur auf EU-Ebene ein Recht zu erfahren,
welchen Unternehmen und Institutionen die von ihnen
als Steuerzahlern finanzierten Fördermittel zur Verfü-
gung gestellt werden. Das Gleiche gilt eben auch für die
durch den Bund ausgereichten Mittel. Dies ist gegenwär-
tig nur unzureichend geregelt. Die derzeitige Praxis des
Bundes ist daher, wie es im Antrag formuliert ist, in-
transparent und kaum kontrollierbar.
Transparenz und Kontrolle sind aber unverzichtbare
Bestandteile für effiziente Willensbildungs- sowie legi-
time und nachvollziehbare demokratische Entscheidungs-
prozesse. Daher ist die Forderung nach einer gesetzli-
chen Regelung durchaus zeitgemäß und zu unterstützen.
Wir befürworten insbesondere, dass die öffentliche
Hand verpflichtet wird, ihre Förderleitlinien und „Infor-
mationen über die Vergabe von Fördermitteln, die an ju-
ristische Personen, Personengesellschaften und Einzel-
unternehmen geflossen sind, zu veröffentlichen“.
Die im Antrag geforderte „Abwägung zwischen dem
Transparenzinteresse der Öffentlichkeit und dem Schutz
personenbezogener Daten der Fördermittelempfängerin-
nen und -empfänger, indem die Erforderlichkeit der Ver-
öffentlichung nach Bezugsdauer, Häufigkeit sowie Art
und Umfang der Zuwendungen geprüft wird“, zeigt die
datenschutzrechtlichen Grenzen und Bedenken auf, die
in einem entsprechenden Gesetz zu bedenken wären.
Dass diese vor allem natürliche Personen, aber auch
kleinere Kapitalgesellschaften, die mit einer oder mehre-
ren natürlichen Personen identisch seien, im vollen Um-
fang berücksichtigen und es nur in begründeten Fällen
Ausnahmen von der Veröffentlichungspflicht geben soll,
halten wir für richtig.
Das Gleiche trifft auf die Sortierkriterien und den vor-
geschlagenen Veröffentlichungsort zu.
Abschließend befürworten wir auch den Vorschlag,
zur Steigerung der Transparenz die Zuwendungen öf-
fentlicher Mittel für Forschungsprojekte generell an ver-
pflichtende Bedingungen zu knüpfen.
Werte Kolleginnen und Kollegen von Bündnis 90/Die
Grünen, unsere Zustimmung zu Ihrem Antrag haben sie
schon jetzt.
Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Politische Entscheidungen und Verwaltungshandeln
müssen transparent und nachvollziehbar sein; das ist
eine der Grundlagen unserer demokratischen Gesell-
schaft. Sicherlich ist Transparenz kein Allheilmittel,
aber sie ist notwendig, damit für die Öffentlichkeit ver-
ständlicher wird, warum politische Entscheidungen so
und nicht anders getroffen worden sind. Sie ist aber auch
notwendig, damit diese Entscheidungen bewertet und
kritisch hinterfragt werden können. Das ist nicht immer
angenehm für uns Politikerinnen und Politiker oder auch
für die Verwaltung. Trotzdem liegt darin eine große
Chance für eine lebendige Demokratie, an der sich die
Bürger rege beteiligen und in die Vertrauen gesetzt wird.
Deshalb ist uns Grünen mehr Transparenz ein Kernanlie-
gen. Das gilt ganz besonders beim Umgang mit öffentli-
chen Geldern. Die Bürgerinnen und Bürger haben ein
wachsendes und berechtigtes Interesse, zu erfahren, wie
das Geld der Steuerzahlenden verwendet wird.
In der nächsten Woche werden wir bei den Haushalts-
beratungen im Bundestag über Fördermittel in Milliar-
denhöhe sprechen, die in eine Vielzahl von Programmen
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 26. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 3. April 2014 2161
(A) (C)
(B)
fließen. Derzeit ist nicht ausreichend nachvollziehbar,
welche Unternehmen und Institutionen aufgrund wel-
cher Kriterien Förderung bekommen bzw. für welche
konkreten Projekte diese Mittel vergeben werden. Wir
schlagen deshalb mit unserem Antrag vor, die Förderleit-
linien und auch die Empfänger zu veröffentlichen. Es
versteht sich von selbst, dass dabei private wie öffentli-
che Interessen bei Daten- und Persönlichkeitsschutz oder
auch Geschäftsgeheimnisse angemessen geschützt wer-
den müssen. So ist beispielsweise eine Bagatellgrenze
von 25 000 Euro für die Einzelveröffentlichung vorgese-
hen. Ausnahmen soll es auch für solche Fälle geben, bei
denen die Veröffentlichung Rückschlüsse auf Betriebs-
oder Geschäftsgeheimnisse zulassen würde. Selbstver-
ständlich wird jeder Fördermittelempfänger vorab über
diese Veröffentlichung informiert werden. Wer Förder-
mittel bekommt, muss aber akzeptieren, dass dies grund-
sätzlich transparent gemacht wird, weil das Interesse der
Öffentlichkeit überwiegt. Es braucht diese gute Daten-
lage auch für uns Parlamentarier, um besser entscheiden
zu können, ob Förderprogramme fortgeführt, aufge-
stockt oder lieber beendet werden sollten. Zudem er-
gänzt mehr Transparenz im Fördermittelbereich die
Möglichkeiten der Haushaltskontrolle durch das Parla-
ment und erleichtert zudem die wissenschaftliche Evalu-
ierung von Förderprogrammen.
Das von uns vorgeschlagene Verfahren orientiert sich
an der Europäischen Transparenzinitiative. Nach dieser
sind die EU-Länder verpflichtet, Informationen über die
Empfängerinnen und Empfänger der Gemeinschaftsmit-
tel aus den EU-Agrarfonds zu veröffentlichen. So sollen
neben dem Förderprogramm auch der Name bzw. die
Firma, die Postleitzahl und Gemeinde des Unterneh-
menssitzes sowie der Förderbetrag veröffentlicht wer-
den. Bezogen auf Mittel für Forschungsprojekte greifen
wir zudem eine Idee aus der Enquete-Kommission „Inter-
net und Digitale Gesellschaft“ auf. Danach sollen Infor-
mationen zum jeweiligen Forschungsprojekt, die Ziele
und die wesentlichen Resultate in öffentlich zugängli-
chen Datenbanken verfügbar gemacht werden. Unser
Vorschlag beschränkt sich auf die Veröffentlichung im
Falle von Zuschüssen, Gewährleistungen, Beteiligungen
und ähnlichen direkten finanziellen Zuwendungen, die
in Form von Projektförderungen an Empfängerinnen
oder Empfänger ausgereicht werden. Nicht erfasst sind
beispielsweise steuerliche Förderungen. Hier sollte im
Subventionsbericht der Bundesregierung sichergestellt
werden, dass diese bewertet und auf ihre Sinnhaftigkeit
überprüft werden können.
Transparenz ist kein Selbstzweck, es muss immer
sorgsam zwischen dem Transparenzinteresse der Öffent-
lichkeit und dem Schutz personenbezogener Daten von
Fördermittelempfängerinnen und -empfängern abgewo-
gen werden. So hat es auch der Europäische Gerichtshof
in seinem Urteil vom 9. November 2010 gesehen und
eingefordert, dass bei der Veröffentlichungspflicht Be-
zugsdauer, Häufigkeit sowie Art und Umfang der Zu-
wendungen berücksichtigt werden. Der grüne Vorschlag
für eine Veröffentlichungspflicht von Fördermitteln des
Bundes ist an diesen Vorgaben orientiert.
(D)
26. Sitzung
Inhaltsverzeichnis
TOP 3 Leistungsverbesserungen in der Rentenversicherung
TOP 4 Direktzahlungen an landwirtschaftliche Betriebe
TOP 5 Kooperationsverbot im Bildungswesen
TOP 22 Überweisungen im vereinfachten Verfahren
TOP 23 Abschließende Beratungen ohne Aussprache
TOP 6 Bundeswehreinsatz EUTM Somalia
TOP 7 Minderheitenrechte in der 18. Wahlperiode
TOP 8 Arbeitnehmer-Entsendegesetz (Fleischwirtschaft)
TOP 9 Entlastung der Kommunen
TOP 10 Bundesnetzagentur Telekommunikationsbericht 2012/13
TOP 11 Nachtruhe am Flughafen BER
ZP 2 Sachverständigenbestellung Rechtsextremismus-Datei-G
TOP 12 Kontoeröffnungen für Flüchtlinge
TOP 13 Atomwaffen
TOP 14 Zukunft der bäuerlichen Milchviehhaltung
TOP 15 Aufsichtsrat der Deutsche Bahn AG
TOP 16 Makroökonomische Ungleichgewichte
TOP 17 Fördermitteltransparenz
Anlagen