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    Plenarprotokoll 18/26 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 26. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 3. April 2014 I n h a l t : Glückwünsche zum Geburtstag des Abgeord- neten Eckhardt Rehberg . . . . . . . . . . . . . . . 2001 A Wahl des Abgeordneten Michael Roth (He- ringen) als Mitglied des Kuratoriums der Stiftung Denkmal für die ermordeten Ju- den Europas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2001 B Wahl der Abgeordneten Birgit Kömpel als Mitglied des Beirats der Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr . . . . 2001 B Erweiterung und Abwicklung der Tagesord- nung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2001 B Absetzung des Tagesordnungspunktes 20 . . . 2002 A Nachträgliche Ausschussüberweisung . . . . . . 2002 A Tagesordnungspunkt 3: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Leistungsverbesserungen in der gesetzli- chen Rentenversicherung – (RV-Leistungs- verbesserungsgesetz) Drucksache 18/909 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2002 B Andrea Nahles, Bundesministerin BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2002 B Matthias W. Birkwald (DIE LINKE) . . . . . . . 2004 A Karl Schiewerling (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 2005 D Katrin Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2007 C Karl Schiewerling (CDU/CSU) (§ 30 GO) . . . 2009 B Dr. Carola Reimann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 2009 C Sabine Zimmermann (Zwickau) (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2010 D Peter Weiß (Emmendingen) (CDU/CSU) . . . . 2011 D Markus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2013 A Max Straubinger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 2013 C Klaus Ernst (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 2014 A Katja Mast (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2015 B Stephan Stracke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 2016 A Dr. Martin Rosemann (SPD) . . . . . . . . . . . . . 2017 C Jana Schimke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 2018 B Dagmar Schmidt (Wetzlar) (SPD) . . . . . . . . . 2019 A Dr. Matthias Zimmer (CDU/CSU) . . . . . . . . 2019 C Albert Stegemann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 2020 D Tobias Zech (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . 2022 A Tagesordnungspunkt 4: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Durchführung der Direktzahlungen an Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe im Rahmen von Stützungsregelungen der Gemeinsamen Agrarpolitik (Direktzahlun- gen-Durchführungsgesetz – DirektZahl- DurchfG) Drucksache 18/908 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2022 D Christian Schmidt, Bundesminister BMEL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2023 B Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE) . . . . . . 2025 C Ute Vogt (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2026 D Ulrike Höfken, Staatsministerin (Rheinland-Pfalz) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2028 B Gitta Connemann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 2029 B Inhaltsverzeichnis II Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 26. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 3. April 2014 Harald Ebner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2030 A Kerstin Kassner (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 2031 C Dirk Wiese (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2032 C Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2034 C Hermann Färber (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 2035 D Hans-Georg von der Marwitz (CDU/CSU) . . 2037 C Willi Brase (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2039 D Marlene Mortler (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 2041 D Tagesordnungspunkt 5: Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Rosemarie Hein, Diana Golze, Matthias W. Birkwald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Kooperationsverbot abschaffen – Gemeinschaftsaufgabe Bil- dung im Grundgesetz verankern Drucksache 18/588 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2042 D Dr. Rosemarie Hein (DIE LINKE) . . . . . . . . 2043 A Stefan Müller, Parl. Staatssekretär BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2044 D Kai Gehring (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2046 A Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD) . . . . . . . . . 2047 A Tankred Schipanski (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 2048 B Özcan Mutlu (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2049 B Swen Schulz (Spandau) (SPD) . . . . . . . . . . . . 2050 B Sybille Benning (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 2051 C Martin Rabanus (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2052 D Alexandra Dinges-Dierig (CDU/CSU) . . . . . . 2053 D Xaver Jung (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . 2055 A Tagesordnungspunkt 22: a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 sowie zur Änderung sonstiger Vorschriften Drucksache 18/823 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2056 B b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Uwe Kekeritz, Friedrich Ostendorff, Claudia Roth (Augsburg), weiterer Abge- ordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Weltagrarbericht jetzt unterzeichnen Drucksache 18/979 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2056 B Tagesordnungspunkt 23: a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Vorschlag für einen Beschluss des Rates zur Aufhebung des Beschlusses 2007/124/EG, Euratom des Rates Drucksachen 18/824, 18/992 . . . . . . . . . . 2056 C b)–f) Beratung der Beschlussempfehlungen des Petitionsausschusses: Sammelüber- sichten 28, 29, 30, 31 und 32 zu Petitio- nen Drucksachen 18/858, 18/859, 18/860, 18/861, 18/862 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2056 D Tagesordnungspunkt 6: – Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung: Betei- ligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an der EU-geführten Ausbildungsmis- sion EUTM Somalia auf Grundlage des Ersuchens der somalischen Regierung mit Schreiben vom 27. November 2012 und 11. Januar 2013 sowie der Be- schlüsse des Rates der Europäischen Union 2010/96/GASP vom 15. Februar 2010 und 2013/44/GASP vom 22. Ja- nuar 2013 in Verbindung mit der Reso- lution 1872 (2009) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen Drucksachen 18/857, 18/994 . . . . . . . . . . 2057 A – Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung Drucksache 18/995 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2057 C Dagmar Freitag (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2057 C Sevim Dağdelen (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 2058 C Philipp Mißfelder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 2059 D Agnieszka Brugger (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2061 A Thomas Hitschler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 2062 A Klaus Brähmig (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 2063 B Julia Bartz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . 2064 B Namentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . 2065 A Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2067 C Tagesordnungspunkt 7: a) Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wahl- prüfung, Immunität und Geschäftsordnung Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 26. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 3. April 2014 III zu dem Antrag der Fraktionen der CDU/ CSU und SPD: Änderung der Geschäfts- ordnung zur besonderen Anwendung der Minderheitenrechte in der 18. Wahlpe- riode Drucksachen 18/481, 18/997 . . . . . . . . . . 2065 B b) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Sicherung der Oppo- sitionsrechte in der 18. Wahlperiode des Deutschen Bundestages Drucksachen 18/380, 18/997 . . . . . . . . . . 2065 B c) Zweite und dritte Beratung des von der Fraktion DIE LINKE eingebrachten Ent- wurfs eines … Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 23, 39, 44, 45a, 93) Drucksachen 18/838, 18/997 . . . . . . . . . . 2065 B d) Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wahl- prüfung, Immunität und Geschäftsord- nung zu dem Antrag der Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE: Änderung der Geschäftsord- nung des Deutschen Bundestages zwecks Sicherung der Minderheitenrechte der Opposition im 18. Deutschen Bundestag Drucksachen 18/379, 18/997 . . . . . . . . . . 2065 C Bernhard Kaster (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 2065 D Dr. Petra Sitte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 2069 B Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2070 D Christine Lambrecht (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 2072 A Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2073 B Dr. Johann Wadephul (CDU/CSU) . . . . . . . . 2074 A Dr. Petra Sitte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 2075 B Katja Keul (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2076 C Dr. Katarina Barley (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 2077 C Halina Wawzyniak (DIE LINKE) . . . . . . . . . 2078 D Dr. Stefan Heck (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 2079 A Dr. Johannes Fechner (SPD) . . . . . . . . . . . . . 2080 B Michael Grosse-Brömer (CDU/CSU) . . . . . . 2081 C Namentliche Abstimmungen . . . . . . . 2082 C, 2082 D Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2085 C, 2087 B Tagesordnungspunkt 8: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Geset- zes zur Änderung des Arbeitnehmer-Ent- sendegesetzes Drucksache 18/910 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2083 A Anette Kramme, Parl. Staatssekretärin BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2083 B Sabine Zimmermann (Zwickau) (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2084 A Karl Schiewerling (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 2090 A Kathrin Vogler (DIE LINKE) . . . . . . . . . . 2090 D Beate Müller-Gemmeke (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2092 A Bernd Rützel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2093 A Wilfried Oellers (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 2093 D Dennis Rohde (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2094 D Matthäus Strebl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 2095 B Tagesordnungspunkt 9: Beratung des Antrags der Abgeordneten Britta Haßelmann, Kerstin Andreae, Dr. Thomas Gambke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Eine Milliarde Euro Entlastung für Kommunen im Jahr 2014 umsetzen Drucksache 18/975 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2096 B Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2096 C Dr. André Berghegger (CDU/CSU) . . . . . . . 2097 C Kerstin Kassner (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 2099 A Bernhard Daldrup (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 2099 D Markus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2100 C Alois Karl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . 2102 B Johannes Kahrs (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2103 C Alois Karl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 2103 D Ingbert Liebing (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 2105 C Tagesordnungspunkt 10: Unterrichtung durch die Bundesregierung: Tätigkeitsbericht 2012/2013 der Bundes- netzagentur – Telekommunikation mit Sondergutachten der Monopolkommis- sion – Telekommunikation 2013: Vielfalt auf den Märkten erhalten Drucksache 18/209 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2107 A IV Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 26. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 3. April 2014 Klaus Barthel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2107 A Herbert Behrens (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 2109 B Hansjörg Durz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 2110 B Katharina Dröge (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2112 A Thomas Jarzombek (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 2113 B Tagesordnungspunkt 11: Antrag der Abgeordneten Herbert Behrens, Dr. Gregor Gysi, Caren Lay, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion DIE LINKE: Nachtruhe am Flughafen Berlin-Branden- burg sicherstellen – Antrag des Landes Brandenburg unterstützen Drucksache 18/971 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2114 D Thomas Nord (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 2115 A Peter Wichtel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 2116 B Stephan Kühn (Dresden) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2117 C Martin Dörmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 2119 A Klaus-Dieter Gröhler (CDU/CSU) . . . . . . . . . 2120 D Zusatztagesordnungspunkt 2: Antrag der Abgeordneten Stephan Mayer (Altötting), Armin Schuster (Weil am Rhein), Clemens Binninger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Dr. Lars Castellucci, Gabriele Fograscher, Uli Grötsch, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion der SPD: Herstellung des Einvernehmens des Deutschen Bundes- tages mit der Bestellung des Instituts für Gesetzesfolgenabschätzung und Evaluation beim Deutschen Forschungsinstitut für Öf- fentliche Verwaltung, Speyer, als wissen- schaftlicher Sachverständiger im Rahmen der Evaluierung des Rechtsextremismus- Datei-Gesetzes Drucksache 18/974 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2122 C Clemens Binninger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 2122 D Ulla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . 2124 A Michael Hartmann (Wackernheim) (SPD) . . . 2124 D Irene Mihalic (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2126 A Tagesordnungspunkt 12: Antrag der Abgeordneten Luise Amtsberg, Volker Beck (Köln), Hans-Christian Ströbele, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Kontoeröff- nungen für Flüchtlinge ermöglichen Drucksache 18/905 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2127 A Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2127 B Olav Gutting (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 2128 A Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2128 D Ulla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . 2129 B Uli Grötsch (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2130 A Andrea Lindholz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 2131 C Tagesordnungspunkt 13: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- wärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Ab- geordneten Inge Höger, Wolfgang Gehrcke, Jan van Aken, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Atomwaffen ächten Drucksachen 18/287, 18/399 . . . . . . . . . . . . . 2132 C Dr. Ute Finckh-Krämer (SPD) . . . . . . . . . . . 2132 C Inge Höger (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . 2134 A Carsten Müller (Braunschweig) (CDU/CSU) 2134 D Agnieszka Brugger (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2135 D Dr. Hans-Peter Uhl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 2136 D Tagesordnungspunkt 14: Antrag der Abgeordneten Friedrich Ostendorff, Harald Ebner, Nicole Maisch, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Zukunft der bäuerlichen Milch- viehhaltung sichern Drucksache 18/976 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2137 D Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2138 A Kees de Vries (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 2138 D Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE) . . . . . . 2139 C Rainer Spiering (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2140 B Artur Auernhammer (CDU/CSU) . . . . . . . . . 2141 D Tagesordnungspunkt 15: Antrag der Abgeordneten Sabine Leidig, Herbert Behrens, Caren Lay, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion DIE LINKE: Den Aufsichtsrat der Deutschen Bahn AG neu und verantwortungsvoll besetzen Drucksache 18/592 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2142 D Sabine Leidig (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 2143 A Alexander Funk (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 2144 C Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 26. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 3. April 2014 V Sabine Leidig (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 2145 A Matthias Gastel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2145 D Martin Burkert (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2146 D Michael Donth (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 2148 A Tagesordnungspunkt 16: Antrag der Abgeordneten Katharina Dröge, Kerstin Andreae, Dr. Thomas Gambke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nationales Reformprogramm 2014 nutzen – Wirt- schaftspolitische Steuerung in der EU ernst nehmen und Investitionen stärken Drucksache 18/978 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2149 B Katharina Dröge (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2149 C Dr. Andreas Lenz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 2150 B Wolfgang Tiefensee (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 2152 A Tagesordnungspunkt 17: Antrag der Abgeordneten Kerstin Andreae, Anja Hajduk, Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Fördermitteltrans- parenz erhöhen Drucksache 18/980 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2153 D Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2154 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 2155 A Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Roland Claus, Kersten Steinke, Kerstin Kassner, Birgit Wöllert (alle DIE LINKE) zur Abstim- mung über die Beschlussempfehlung des Peti- tionsausschusses zu Sammelübersicht 31 zu Petitionen (Tagesordnungspunkt 23 e) . . . . . . 2155 C Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Antrags: Nationales Reformprogramm 2014 nutzen – Wirtschaftspolitische Steuerung in der EU ernst nehmen und Investitionen stär- ken (Tagesordnungspunkt 16) . . . . . . . . . . . . 2156 C Klaus Ernst (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 2156 C Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Fördermitteltransparenz erhö- hen (Tagesordnungspunkt 17) . . . . . . . . . . . . 2157 B Mark Hauptmann (CDU/CSU). . . . . . . . . . . 2157 B Andrea Wicklein (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 2159 A Thomas Nord (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 2160 B Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2160 D Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 26. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 3. April 2014 2001 (A) (C) (D)(B) 26. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 3. April 2014 Beginn: 9.00 Uhr
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    (D) Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 26. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 3. April 2014 2155 (A) (C) (B) Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten (D) Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Alpers, Agnes DIE LINKE 03.04.2014 Dr. Bartels, Hans-Peter SPD 03.04.2014 Bätzing-Lichtenthäler, Sabine SPD 03.04.2014 Dr. Brunner, Karl-Heinz SPD 03.04.2014 Bülow, Marco SPD 03.04.2014 Dr. Diaby, Karamba SPD 03.04.2014 Eckenbach, Jutta CDU/CSU 03.04.2014 Ernstberger, Petra SPD 03.04.2014 Dr. Gauweiler, Peter CDU/CSU 03.04.2014 Gohlke, Nicole DIE LINKE 03.04.2014 Groß, Michael SPD 03.04.2014 Dr. Krings, Günter CDU/CSU 03.04.2014 Kunert, Katrin DIE LINKE 03.04.2014 Lotze, Hiltrud SPD 03.04.2014 Maisch, Nicole BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 03.04.2014 Meiwald, Peter BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 03.04.2014 Dr. Merkel, Angela CDU/CSU 03.04.2014 Pitterle, Richard DIE LINKE 03.04.2014 Post (Havelland), Achim SPD 03.04.2014 Dr. Priesmeier, Wilhelm SPD 03.04.2014 Rüthrich, Susann SPD 03.04.2014 Scheuer, Andreas CDU/CSU 03.04.2014 Schieder (Schwandorf), Marianne SPD 03.04.2014 Schlecht, Michael DIE LINKE 03.04.2014 Silberhorn, Thomas CDU/CSU 03.04.2014 Stritzl, Thomas CDU/CSU 03.04.2014 Trittin, Jürgen BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 03.04.2014 Dr. Wagenknecht, Sahra DIE LINKE 03.04.2014 Wagner, Doris BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 03.04.2014 Wunderlich, Jörn DIE LINKE 03.04.2014 Ziegler, Dagmar SPD 03.04.2014 Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Roland Claus, Kersten Steinke, Kerstin Kassner, Birgit Wöllert (alle DIE LINKE) zur Abstimmung über die Beschluss- empfehlung des Petitionsausschusses (2. Aus- schuss) zu Sammelübersicht 31 zu Petitionen (Tagesordnungspunkt 23 e) In der Tat beinhaltet die Petition eine hochkompli- zierte Materie – ersichtlich wird das wohl auch daran, dass die Petition zur Altersversorgung der technischen Intelligenz der DDR erst nach über zehn Jahren abge- schlossen werden soll. Die Ausführungen in der Beschlussempfehlung sind umfangreich; sie versuchen, das Verlangen der Petenten verständnisvoll zu beschreiben und zugleich die rechtli- chen Hürden darzulegen, die vermeintlich eine Lösung verhindern. Dennoch können wir einem Abschluss der Petition ohne Lösung des Problems nicht zustimmen. Bei all den Ausführungen bleibt ein Knackpunkt un- beachtet: Die Art und Weise der Überführung der Alters- sicherungssysteme aus DDR-Zeiten in bundesdeutsches Recht erfolgte so, dass alle Ansprüche und Anwartschaf- ten in die gesetzliche Rentenversicherung nach SGB VI transformiert wurden – gleich, ob die Personen zu DDR- Zeiten wie die Mehrheit in der Sozialversicherung, SV, und Freiwilligen Zusatzversicherung, FZR, waren oder zu den Personen gehörten, die Zugang zu den heute als privilegiert angesehenen Zusatz- und Sondersystemen hatten. Für alle gleich wird das jeweils zu DDR-Zeiten erzielte und verbeitragte Einkommen bis zur Beitragsbe- messungsgrenze für die Ermittlung der SGB-VI-Rente herangezogen. Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Anlagen 2156 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 26. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 3. April 2014 (A) (C) (D)(B) Für einige hochqualifizierte Personen – in der Petition erwähnt Diplom-Chemiker und -Physiker – die nicht in die FZR einzahlten, weil sie hofften, dass die ungleichen Zugangsmöglichkeiten in der DDR zum Versorgungs- system der technischen Intelligenz eines Tages noch be- seitigt werden und sie auch in dieses System aufgenom- men werden, entstand dadurch ein unvorhersehbares Problem. Das Gleiche passierte denen, die sich zu DDR- Zeiten mit dem Gedanken trugen, einen Ausreiseantrag zu stellen, und deshalb nicht in die FZR einzahlten. Im Prozess der Einheit und der Gesetzgebung zur Rentenüberleitung, einschließlich Anspruchs- und An- wartschaftsüberführungsgesetz, AAÜG, wurde gewisser- maßen aus diesem Protest gegen ungerechte Zugangs- chancen zu besonderen Versorgungssystemen der DDR de facto eine persönliche Benachteiligung für das Alter in der Bundesrepublik bei der Berechnung der Rente nach SGB VI. Als Folge einer Kalkulation, die sich faktisch in Luft auflöste, müssen diese Personen heute zumeist mit Ar- mutsrenten auskommen. Denn konkret bedeutet das, dass sie, trotz hochqualifizierter Tätigkeiten und guter Bezahlung von 1972 bis 1989/90 heute jährlich unter- durchschnittliche Werte auf ihrem Rentenkonto stehen haben, denn monatlich nur verbeitragte 600 Mark erge- ben jährlich immer 0,... Entgeltpunkte. Es geht folglich im Grunde nicht vorrangig um eine nachträgliche Zuordnung zu einem diesen Personen nach DDR-Recht verschlossenen System, sondern darum, eine Regelung zu schaffen, auch über 600 Mark hinaus- gehendes Einkommen bis zur Beitragsbemessungs- grenze anerkannt zu bekommen. Da nach AAÜG bei Zu- gehörigkeit zu einem Zusatzsystem auch die tatsächliche Beitragszahlung außer Acht gelassen wird – obgleich in den meisten Sicherungssystemen eine Beitragszahlung erfolgte –, ist diese Forderung der Petenten naheliegend. Anders sähen die Folgen der Forderung aus, wenn es mit dem AAÜG tatsächlich eine Überführung der An- sprüche aus den Zusatz- und Sonderversorgungssyste- men gegeben hätte oder die Überführung in diese Rich- tung korrigiert würde, wie es die Fraktion Die Linke – wie vormals die PDS – mit der Schaffung eines Sys- tems „sui generis“ vorschlägt. Dann wären all die Argu- mente der Bundesregierung, die vom Petitionsausschuss aufgegriffen werden zu den Schwierigkeiten einer nach- träglichen Zuordnung, faktisch einer nachträglichen Korrektur von ungleichen Regelungen der DDR, erwä- genswert. Dazu zählen Qualifikations- und Tätigkeits- profil, Betriebsformen und Stichtagsregelungen. Wir können uns der Ablehnung der Petition nicht an- schließen, weil es unter den gegebenen rechtlichen Re- gelungen der Rentenüberleitung nur eines entgegenkom- menden Schrittes bedürfte, diese – mit dem Beitritt der DDR zum bundesdeutschen Rechtssystem entstandene – doppelte Ungerechtigkeit zu beseitigen. Nicht rechtliche Winkelzüge sind gefragt, sondern an dieser Stelle bedarf es einzig des politischen Willens, im Prozess der deut- schen Einheit entstandene soziale Härten für einige we- nige zu korrigieren. Anlage 3 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Antrags: Nationales Reform- programm 2014 nutzen – Wirtschaftspolitische Steuerung in der EU ernst nehmen und Investi- tionen stärken (Tagesordnungspunkt 16) Klaus Ernst (DIE LINKE): 2013 war Deutschland ein weiteres Mal Exportchampion. Die Importe hinge- gen gingen sogar zurück. Schuld daran ist die schwache Binnennachfrage. Denn: Die wirtschaftliche Entwick- lung geht an der Mehrheit der Menschen vorbei. Die Wirtschaft ist von 2000 auf 2013 um fast 14 Prozent ge- wachsen. Die Unternehmens- und Vermögenseinkom- men haben in diesem Zeitraum um rund 31 Prozent zu- gelegt. Die Bruttolöhne und -gehälter je Beschäftigtem hingegen sind um rund 2 Prozent gesunken. Einkom- menszuwächse gab es nur bei den Spitzeneinkommen. Am unteren Ende der Einkommensskala kam es zu wei- teren Rückgängen. Jeder vierte Beschäftigte in Deutsch- land arbeitet für einen Niedriglohn. Auch die Europäische Kommission empfiehlt Maß- nahmen zur Stärkung der Binnennachfrage. Sie hat die makroökonomischen Ungleichgewichte in Deutschland einer vertieften Überprüfung unterzogen, da sich die deutschen Leistungsbilanzüberschüsse seit 2007 über der Warnschwelle von 6 Prozent befinden. Laut EU- Kommission haben die privaten Haushalte mehr gespart und die Unternehmen zu wenig investiert. Auch die öf- fentlichen Investitionen seien viel zu gering. Folglich müssten öffentliche Investitionen – insbesondere Infra- strukturmaßnahmen – gesteigert und geeignete Bedin- gungen zur Begünstigung des Lohnwachstums – vor allem bei Arbeitnehmern am unteren Ende der Einkom- mensskala – geschaffen werden. Politische Maßnahmen, die Investitionen beeinträchtigen könnten, sollen ver- mieden werden. Doch die Bundesregierung nimmt diese Empfehlun- gen nicht wirklich ernst. Muss sie auch nicht, denn sie hat maßgeblich dafür gesorgt, dass innerhalb der neuen „Economic Governance“ der EU Überschüsse nicht sanktionsfähig sind. Schon im Jahreswirtschaftsbericht stellt sie einseitig die gute Verfassung der deutschen Wirtschaft und die hohe Beschäftigungsquote heraus. Neue Ideen gegen prekäre Beschäftigung und ausblei- bende Investitionen: Fehlanzeige! So will die Bundesregierung die Verkehrsinvestitio- nen um 5 Milliarden Euro erhöhen und die Länder um 6 Milliarden Euro entlasten – gestreckt auf die gesamte Legislaturperiode. Selbst gestecktes Ziel der Bundes- regierung ist laut Koalitionsvertrag jedoch eine Gesamt- investitionsquote oberhalb des OECD-Durchschnitts. Der OECD-Durchschnitt lag 2013 bei 20 Prozent, die deutsche Investitionsquote nur bei 17,2 Prozent. Um den OECD-Durchschnitt zu erreichen, hätten allein im ver- gangenen Jahr 75 Milliarden Euro mehr investiert wer- den müssen. Die wachsende Spaltung auf dem Arbeitsmarkt will die Bundesregierung mit einer Beschränkung der Leih- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 26. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 3. April 2014 2157 (A) (C) (D)(B) arbeit auf 18 Monate und gleichem Lohn nach 9 Mona- ten bekämpfen. Das geht am Problem vorbei. Im „Zwölften Bericht der Bundesregierung zur Arbeitneh- merüberlassung“ ist nachzulesen, dass der Anteil der Ar- beitsverhältnisse, die weniger als 3 Monate dauerten, zwischen 39 und 61 Prozent schwankten. Auch der Min- destlohn ist mit all den Ausnahmen mittlerweile eher ein Schweizer Käse, außerdem kommt er zu spät und ist zu niedrig. Sachgrundlose Befristung und die ausufernde Zahl von Werkverträgen werden von der Großen Koali- tion gar nicht angefasst. Diese Maßnahmen der Bundesregierung werden we- der zu einer ernsthaften Stärkung der Binnennachfrage führen noch die exzessiven Leistungsbilanzüberschüsse abbauen. Dafür ist es vielmehr notwendig, die Verteilung von Einkommen und Vermögen gerechter zu gestalten. Dafür muss der Anteil der Löhne am Volkseinkommen deutlich steigen. Deutliche Lohnsteigerungen sind nötig, die durch eine Stärkung der gewerkschaftlichen Durchset- zungsmacht erreicht werden können. Dies erfordert ein konsequentes Verbot von Leiharbeit und sachgrundlosen Befristungen, die Verhinderung des Missbrauchs von Werkverträgen sowie die Abschaffung des Zwangssys- tems Hartz IV. Auch die sofortige Einführung eines flä- chendeckenden gesetzlichen Mindestlohns von 10 Euro pro Stunde ohne Ausnahmen ist wichtig für die Stärkung der Binnennachfrage. Ebenso muss die Steuerpolitik ge- rechter gestaltet werden durch eine höhere Besteuerung von großen Erbschaften und Finanzgeschäften sowie die Einführung einer Millionärsteuer. Notwendig ist auch eine deutliche Steigerung öffentlicher Investitionen zu- gunsten von Bildung, Gesundheit, Klimaschutz, Infra- struktur und Verkehr. Anlage 4 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Fördermitteltrans- parenz erhöhen (Tagesordnungspunkt 17) Mark Hauptmann (CDU/CSU): Mit dem Antrag „Fördermitteltransparenz erhöhen“ der Fraktion der Grü- nen soll die Bundesregierung aufgefordert werden, eine gesetzliche Regelung vorzulegen, auf deren Basis För- derprogramme offenzulegen sind. Ziel ist es, eine „gute und transparente Datenlage“ von verwendeten Förder- mitteln zu schaffen. Ich stimme Ihnen zu, dass die Ver- wendung von Förderungen stets einer besonderen Recht- fertigung und einer regelmäßigen Erfolgskontrolle bedarf. Denn Begünstigungen Einzelner zulasten der Allgemeinheit sind auf langfristige Sicht schädlich und missbrauchen das Vertrauen der Bürgerinnen und Bür- ger. Regelmäßige Überprüfungen des Nutzens für das allgemeine Wohl sowie die gesamtwirtschaftliche Ent- wicklung sind erforderlich. Nur so können Transparenz und Legitimität der Entscheidungen gewährleistet wer- den. Ihre Vorstellung von Transparenz lehne ich jedoch entschieden ab. In Ihrem Antrag fordern Sie die Veröf- fentlichung von Daten über juristische Personen, Perso- nengesellschaften und Einzelunternehmen, die Förder- mittel beziehen. Dies soll über die Förderdatenbank des Bundes erfolgen. Laut Ihrem Antrag sollen, ich zitiere, „grundsätzlich folgende Daten veröffentlicht werden: das genaue Förderprogramm, der Name bzw. die Firma sowie Postleitzahl und Gemeinde des Unternehmenssit- zes der Empfängerin/des Empfängers und die jährlichen Beträge der Fördermittelzahlungen“. Zusätzlich sollen in einer frei zugänglichen Datenbank die Zuwendung öf- fentlicher Mittel für Forschungsprojekte aufgeschlüsselt werden. Ich möchte kurz zusammenfassen, was die Kollegen der Grünen in ihrem Antrag unter einer „guten Daten- lage“ verstehen: nämlich die Ansammlung aller Daten, derer sie habhaft werden können. Das ist keine Transpa- renz, sondern politischer Kontrollwahn und erinnert mich eher an das Horrorszenario aus George Orwells 1984. Ich halte Ihre Vorschläge aus folgenden Erwägungen heraus für grundsätzlich verfehlt: Erstens: Ihr Ansinnen kreiert ein Bürokratiemonster, dessen bloßer Sinnzweck darin besteht, Daten zu sammeln. Zweitens: Sie bürden den Firmen zusätzliche Belastungen auf, die gerade die kleineren und mittelständischen Unternehmen treffen würden. Die umfassende Freilegung der Fördermittel, die Bestandteil der Unternehmenseinkünfte sind, schwächt die Schlagkraft und Wettbewerbsfähigkeit die- ser Firmen erheblich. Drittens ist Transparenz kein Selbstzweck und muss gerade bei der Veröffentlichung sensibler Daten einer genauen Abwägung unterzogen werden. Im Folgenden möchte ich auf diese Punkte nä- her eingehen. Staatliche Förderungen müssen immer wieder Er- folgskontrollen unterzogen werden und der Mehrung von sozialem und wirtschaftlichem Nutzen dienen. Sie, liebe Grüne, verweisen in Ihrem Antrag darauf, dass Bürgerinnen und Bürger ein Anrecht darauf haben, über die Verwendung der finanziellen Mittel des Staates in- formiert zu werden. Sie stellen es so dar, als wäre die Verteilung von För- dermitteln bislang vollkommen intransparent. Es exis- tiert jedoch bereits die Förderdatenbank des Bundes, die einen aktuellen Überblick über die Förderprogramme des Bundes, der Länder und der EU für die gewerbliche Wirtschaft gibt. Zudem informiert der Förderkatalog des Bundes über aktuelle und abgeschlossene Fördervorha- ben der beteiligten Bundesministerien Bildung und For- schung, Umwelt, Wirtschaft und Energie, Ernährung und Landwirtschaft sowie für Verkehr und digitale Infra- struktur. In dieser Datenbank können interessierte Bür- gerinnen und Bürger aus mehr als 110 000 abgeschlosse- nen und laufenden Vorhaben der Projektförderung des Bundes recherchieren. Neben diesen Datenbanken wird die Vergabe von Fördermitteln auch regelmäßig durch den Subventionsbericht der Bundesregierung geprüft. Darin wird aufgelistet, welche Branchen in den letzten drei Jahren Fördermittel erhalten haben und ob die Pro- 2158 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 26. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 3. April 2014 (A) (C) (D)(B) gramme dazu beitragen, Arbeitsplätze und Wachstum zu fördern. Regelmäßig wird damit geprüft, ob die Förder- mittel tatsächlich Investitionen in die Zukunft sind. Bei Fehlentwicklungen kann gezielt gegengesteuert werden, um Transparenz und Steuerungsmöglichkeiten bei der Verteilung von Fördermitteln zu gewährleisten. Schluss- endlich bietet auch das Informationsfreiheitsgesetz allen Bürgerinnen und Bürgern den Rechtsanspruch, sich über einzelne Projektförderungen des Bundes zu erkundigen. Ich bin der festen Überzeugung, dass eine funktionie- rende Förderkultur auf demokratisch legitimierten und transparenten Entscheidungen beruhen muss. Der Sinn- zweck Ihres Antrages besteht jedoch einzig und alleine darin, weitere Daten der Fördermittelempfänger zu sam- meln und zu veröffentlichen. Dieses Bürokratiemonster nennen Sie dann Transparenz. Sie werben damit, dass Ihre Partei sich für den Abbau von sinnloser Bürokratie einsetzt. Laut Ihrem Wahlprogramm für die letzte Bun- destagswahl ist es Ihr erklärtes Ziel, „auf allen staatli- chen Ebenen Bürokratie abzubauen und Entscheidungs- wege zu straffen“. Weiter heißt es darin: „Programme mit einem hohen Verwaltungsaufwand werden wir grundsätzlich überprüfen“. Wie passt das zu Ihrer Forde- rung? Sie haben in Ihrem Antrag nur unzureichend darauf hingewiesen, welche Folgekosten daraus entstehen wer- den. Die erhöhten Dokumentations- und Informations- pflichten führen zu mehr Bürokratie und bewirken einen administrativen Ausbau anstelle des von Ihnen geforder- ten Abbaus. Die zusätzlichen Belastungen werden Un- ternehmen und Verwaltung aufgebürdet. Die realen Folgekosten eines solchen Verständnisses von Transparenz müssen die Unternehmen tragen, deren Daten gesammelt und veröffentlicht werden. Nehmen Sie als Beispiel das Zentrale Innovationsprogramm Mit- telstand, ZIM. Seit Juli 2008 wurden alleine in diesem Programm 24 000 Anträge bewilligt. Davon sind 360 der Antragsteller Forschungseinrichtungen, aber 11 500 der Antragsteller sind kleine und mittlere Unternehmen. Den gläsernen Bürger wollen Sie verhindern, das gläserne Unternehmen dagegen schaffen. Was bedeutet denn eine Veröffentlichung mit Name, Anschrift und Höhe der Fördermittel unter den Gesichtspunkten des Datenschut- zes für diese Betriebe in der Realität? Ich habe daher einfach Unternehmer aus meinem Wahlkreis angerufen, die mit ihren Firmen Fördermittel des ZIM beziehen. Als ich denen Ihren Vorschlag unter- breitet habe, sind sie fast in Ohnmacht gefallen oder standen wahlweise kurz vor einem Herzinfarkt. Dass eine Fraktion im Bundestag tatsächlich die Forderung nach einem solchen Register stellt, konnten sie sich gar nicht vorstellen. Anders als bei Forschungseinrichtungen werden die Projekte der Unternehmen oft nur zu 50 Pro- zent gefördert und gehören zur wirtschaftlichen Grund- lage der Betriebe. Die Offenlegung der Höhe der bezo- genen Fördermittel zwingt sie, Teile ihrer Einkünfte für alle sichtbar zu machen. Die Teilnahme an bestimmten Förderprogrammen wirkt sich somit auch auf die Außenwahrnehmung des Unternehmens aus. Zum einen kann dies die Entschei- dung potenzieller Investoren maßgeblich beeinflussen. Zum anderen werden Mitbewerber über die finanzielle Situation informiert. Aus Gründen des Schutzes vor Konkurrenten haben Betriebe aber regelmäßig ein Inte- resse daran, dass die wirtschaftlichen Kalkulations- grundlagen ihren Konkurrenten nicht bekannt werden. Sie bürden damit Unternehmen zusätzliche Belastungen auf, die gerade die kleineren und mittelständischen Un- ternehmen treffen werden. Gleichzeitig werden mit der Veröffentlichung des Projekttitels die Forschungsvorha- ben der Unternehmen offengelegt. Innovative Ideen, die das Kapital vieler Mittelständler sind, werden der Kon- kurrenz auf dem Silberteller präsentiert. Mit der zunehmenden Globalisierung stehen diese Daten auch Mitbewerbern aus dem Ausland zur Verfü- gung. Die umfassende Offenlegung der Daten schwächt die Schlagkraft der Firmen erheblich, und Wettbewerbs- vorteile gehen verloren. Der Schutz firmeneigener Daten gehört zum Fundament der freien Marktwirtschaft. Ihre Vorstellung von Transparenz verletzt jedoch diese Grundprinzipien. Mit einer solchen Veröffentlichung werden weitreichende Eingriffe in die Rechte der Unter- nehmer vorgenommen. In begründeten Fällen sollen Ausnahmen von der Einzelveröffentlichungspflicht möglich sein, wenn es bei der Veröffentlichung der Da- ten zu Rückschlüssen auf Betriebs- und Geschäftsge- heimnisse kommen kann. In der Realität wird das doch bei fast allen Unternehmen der Fall sein. Die Bewilligung neuer Fördermittel an die Veröffent- lichung von Daten zu knüpfen, deren Veröffentlichung geschäftsschädigende Folgen haben kann, gleicht dabei einer Erpressung der Fördermittelempfänger. Ihnen wer- den keine Widerspruchsrechte gegen die Veröffentli- chung eingeräumt. Unklar bleibt auch, was mit bereits laufenden Förderprogrammen geschehen soll. Es werden aufwendige Anhörungsverfahren notwendig sein, bei de- nen alle bisherigen Geldempfänger zunächst gefragt werden müssen, ob sie mit einer Veröffentlichung ein- verstanden sind. Transparenz ist kein Selbstzweck und muss daher ge- rade bei der Veröffentlichung sensibler Daten einer ge- nauen Abwägung unterzogen werden. Das gilt nicht nur für natürliche Personen, sondern eben auch für Unter- nehmen. Man muss sich daher die Frage stellen, welche Konsequenzen ein derartiges Verständnis von Transpa- renz nach sich ziehen würde. Ein notwendiges Maß an Transparenz stärkt den Wettbewerb und ist das Funda- ment einer freien Wirtschaft. Im schlimmsten Falle be- deutet ein Übermaß an Transparenz aber eine Verletzung der Betriebsgeheimnisse von Unternehmen. Besonders mittelständische Unternehmen, die mit der Unterstüt- zung von Fördermitteln durch innovative Projekte Ar- beitsplätze und Wachstum in ländlichen Regionen schaf- fen, würden dadurch geschädigt. Die Begründung, dass Sie damit die demokratische Legitimität der Entscheidungen über Förderprogramme erhöhen, ist für mich nicht nachvollziehbar. Das Sie, liebe Kollegen von den Grünen, sich gerne vollständige politische Kontrolle wünschen, haben Sie mit der ge- planten Einführung des Veggie-Days hinreichend bewie- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 26. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 3. April 2014 2159 (A) (C) (D)(B) sen. Wir sind auch für Transparenz, aber gegen politi- schen Kontrollwahn und sinnlose Bürokratie. Aus den dargelegten grundsätzlichen Überlegungen lehnen wir Ihren Antrag daher entschieden ab. Andrea Wicklein (SPD):Mit Ihrem Antrag „Förder- mitteltransparenz erhöhen“ sprechen Sie von der Frak- tion Bündnis90/Die Grünen ein sehr wichtiges Thema an. Ich finde es deshalb gut, dass wir heute darüber – wenn auch zu später Stunde – die Debatte führen. Ich sage klar: Es ist richtig und auch notwendig, dass die Bürgerinnen und Bürger weitgehende Transparenz über die Mittelverwendung aus den vielfältigen Förder- programmen des Bundes haben. Die SPD-Bundestagsfraktion ist dafür, dass die Bür- gerinnen und Bürger die Möglichkeit haben, einfach, verständlich und eindeutig zu erfahren, für welche Zwe- cke und in welcher Höhe die Bundesregierung den Mit- telstand, Forschungseinrichtungen oder Institutionen fördert. Selbstverständlich ist es auch richtig, dass der Deut- sche Bundestag, dass wir Abgeordnete selbst diese Transparenz haben. Schließlich sind wir es, die im Rah- men des Bundeshaushaltes die Förderprogramme bera- ten und beschließen. Natürlich reicht es nicht aus, dass wir die Förderpro- gramme beschließen. Wir müssen auch wissen, ob diese Programme die von uns gesteckten Ziele erreicht haben, ob sich unsere Erwartungen erfüllt haben oder ob Programme beendet bzw. verändert werden müssen. Transparenz über die Förderprogramme ist aber auch notwendig, damit die Klein- und Mittelständischen Un- ternehmen, die Forschungseinrichtungen und viele an- dere Adressaten erfahren, wer was und wie fördert und wo Anträge zu stellen sind. Für die SPD-Fraktion gilt deshalb, dass wir Transpa- renz nicht nur bei der Mittelverwendung haben wollen, sondern insgesamt von Anfang an. Dafür haben wir uns seit langem eingesetzt und zu- mindest national auch schon viel erreicht. Mit dem Förderkatalog des Bundes, den jede Bürgerin und jeder Bürger auf der Internetseite www. foerderportal.bund.de erreichen kann, sind be- reits – mit wenigen Ausnahmen – die Fördermaßnah- men von fünf für die Fördermittel maßgeblichen Bun- desministerien übersichtlich dargestellt. Einbezogen sind in das Portal das Bundesforschungsministerium, das Bundeslandwirtschaftsministerium, das Bundes- umweltministerium, das Bundesverkehrsministerium so- wie das Bundeswirtschaftsministerium. Das Förderportal des Bundes enthält eine Förderbera- tung als Erstanlaufstelle für alle Fragen zur Forschungs- und Innovationsförderung. Es liefert mit der Förderdatenbank einen vollständi- gen und aktuellen Überblick über die Förderprogramme des Bundes, der Länder und auch der Europäischen Union. Das Förderportal des Bundes stellt darüber hi- naus mit dem elektronischen Online-Antragssystem ein barrierefreies Internetportal zum Ausfüllen und Ausdru- cken der Antragsformulare für Fördermittel des Bundes zur Verfügung. Ergänzt wird das Portal unter anderem durch den Formularschrank mit allen wichtigen Formularen, Richtlinien und Merkblättern sowie durch eine Such- maschine des Bundesforschungsministeriums, mit der aktuell 12 Millionen Internetseiten von 27 000 Web- servern öffentlich geförderter deutscher Forschungs- einrichtungen und Institutionen durchsucht werden können. Vor allem aber – und das ist bei der Beratung Ihres Antrages wichtig zu wissen – stellt das Förderportal des Bundes auch den Förderkatalog zur Verfügung. Wenn Sie diesen Katalog aufrufen, können Sie in ei- ner öffentlichen Datenbank aus mehr als 110 000 abge- schlossenen und laufenden Vorhaben der Projektförde- rung der fünf von mir genannten Bundesministerien recherchieren. Leider haben Sie diesen Förderkatalog in Ihrem An- trag nicht erwähnt. Ich denke aber, dass es sehr wichtig ist, dass die Bürgerinnen und Bürger auch über den ak- tuellen Stand informiert sind. Denn Sie erwecken mit Ih- rem Antrag – ich bin sicher: ungewollt – den Eindruck, als ob es bisher keine Transparenz gäbe. Das stimmt nicht. Bei Ihnen, liebe Kollegin Kerstin Andrae von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, habe ich heute aktuell im Förderkatalog des Bundes für Ihren Wahlkreis Frei- burg Folgendes recherchieren können: Allein 256 laufende Fördervorhaben zählt Freiburg aktuell. Das Fördervolumen umfasst nahezu 166 Millio- nen Euro. Darunter befinden sich sowohl kleine Maß- nahmen wie die Förderung der „Städtischen Museen Freiburg – Augustinermuseum“ mit rund 10 000 Euro durch das Bundesumweltministerium als auch eine grö- ßere Maßnahme der Caritas im Rahmen der Förderung von Klimaschutzprojekten des Bundesumweltministeri- ums in Höhe von rund 18 Millionen Euro. Sie sehen, liebe Kollegin Andrae, hier ist bereits eine Menge Transparenz hergestellt. Allerdings – da stimme ich Ihnen zu – sollten wir Bundestagsabgeordnete bei der erreichten Transparenz nicht stehen bleiben, sondern sie weiter ausbauen. Natürlich muss darauf geachtet werden, dass, sofern nationale Interessen tangiert sind, wie zum Beispiel bei der Luftfahrtforschung, oder wenn eine Veröffentlichung den Förderinteressen widerspricht, wie zum Beispiel beim Patentschutz, auch weiterhin Informationen ge- sperrt bleiben. Handlungsbedarf sehen wir Sozialdemokraten insbe- sondere noch bei den EU-Förderprogrammen. Hier ist es wichtig, dass sich die Bundesregierung weiter dafür einsetzt, dass EU-Programme wesentlich 2160 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 26. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 3. April 2014 (A) (C) (D)(B) transparenter, verständlicher und nutzerfreundlicher ge- staltet werden, dass die Vielzahl der Förderinitiativen verringert wird und dass Antrags-, Genehmigungs- und Abrechnungsprozeduren vereinfacht werden. Ich bin deshalb sehr froh, dass die Bundesregierung von sich aus mehr Transparenz herstellen will und bei- spielsweise das Bundeswirtschaftsministerium entschie- den hat, mittelfristig alle Fördermaßnahmen in das För- derportal des Bundes in aktueller Fassung einzustellen. Damit setzt das Bundeswirtschaftsministerium übri- gens auch Anregungen aus den parlamentarischen Dis- kussionen um, in denen gefordert wurde, die Förderan- gebote zu straffen, zu bündeln und noch genauer auf die Zielgruppen des Bundeswirtschaftsministeriums auszu- richten. So hat das Bundeswirtschaftsministerium alle Maß- nahmen unter die vier großen Themen gruppiert: – Mittelstand: Gründen, Wachsen, Investieren – Energie und Nachhaltigkeit – Chancen der Globalisierung – Innovation, Technologie und neue Mobilität Das ist ein wichtiger Beitrag, die von uns allen ge- wünschte Transparenz weiter zu verbessern. Es stimmt: Wir sind noch nicht am Ziel. Aus heutiger Sicht sehe ich jedoch keine Notwendig- keit, gesetzliche Maßnahmen zu ergreifen. Deshalb leh- nen wir den Antrag der Fraktion Bündnis90/Die Grünen ab. Wir werden das im Auge behalten, gemeinsam darauf achten, dass die Transparenz über die Förderprogramme weiter verbessert wird. Thomas Nord (DIE LINKE): Die Linksfraktion wird dem heute vorliegenden Antrag der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen zur Erhöhung der Transparenz der Vergabe von Fördermitteln durch den Bund zustimmen. Wir ha- ben eine ganze Weile gesucht, ob wir nicht doch ein Haar in der Suppe finden, aber außer der letztlich klärba- ren Frage, ob die angewandte Fördermitteldefinition wirklich hinreichend ist, haben wir keinen Ablehnungs- grund finden können. Dieser Antrag greift völlig zu Recht die Europäische Transparenzinitiative von 2007 auf. Er knüpft an die positiven Erfahrungen der Veröffentlichung von Infor- mationen über die Empfängerinnen und Empfänger von Gemeinschaftsmitteln aus dem EU-Agrarfonds an, die seit April 2009 erfolgt. Die seitdem damit gemachten Er- fahrungen zeigen, dass eine solche Veröffentlichung so- wohl machbar als auch sinnvoll ist. Die Bürgerinnen und Bürger haben nach unserer Auf- fassung nicht nur auf EU-Ebene ein Recht zu erfahren, welchen Unternehmen und Institutionen die von ihnen als Steuerzahlern finanzierten Fördermittel zur Verfü- gung gestellt werden. Das Gleiche gilt eben auch für die durch den Bund ausgereichten Mittel. Dies ist gegenwär- tig nur unzureichend geregelt. Die derzeitige Praxis des Bundes ist daher, wie es im Antrag formuliert ist, in- transparent und kaum kontrollierbar. Transparenz und Kontrolle sind aber unverzichtbare Bestandteile für effiziente Willensbildungs- sowie legi- time und nachvollziehbare demokratische Entscheidungs- prozesse. Daher ist die Forderung nach einer gesetzli- chen Regelung durchaus zeitgemäß und zu unterstützen. Wir befürworten insbesondere, dass die öffentliche Hand verpflichtet wird, ihre Förderleitlinien und „Infor- mationen über die Vergabe von Fördermitteln, die an ju- ristische Personen, Personengesellschaften und Einzel- unternehmen geflossen sind, zu veröffentlichen“. Die im Antrag geforderte „Abwägung zwischen dem Transparenzinteresse der Öffentlichkeit und dem Schutz personenbezogener Daten der Fördermittelempfängerin- nen und -empfänger, indem die Erforderlichkeit der Ver- öffentlichung nach Bezugsdauer, Häufigkeit sowie Art und Umfang der Zuwendungen geprüft wird“, zeigt die datenschutzrechtlichen Grenzen und Bedenken auf, die in einem entsprechenden Gesetz zu bedenken wären. Dass diese vor allem natürliche Personen, aber auch kleinere Kapitalgesellschaften, die mit einer oder mehre- ren natürlichen Personen identisch seien, im vollen Um- fang berücksichtigen und es nur in begründeten Fällen Ausnahmen von der Veröffentlichungspflicht geben soll, halten wir für richtig. Das Gleiche trifft auf die Sortierkriterien und den vor- geschlagenen Veröffentlichungsort zu. Abschließend befürworten wir auch den Vorschlag, zur Steigerung der Transparenz die Zuwendungen öf- fentlicher Mittel für Forschungsprojekte generell an ver- pflichtende Bedingungen zu knüpfen. Werte Kolleginnen und Kollegen von Bündnis 90/Die Grünen, unsere Zustimmung zu Ihrem Antrag haben sie schon jetzt. Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Politische Entscheidungen und Verwaltungshandeln müssen transparent und nachvollziehbar sein; das ist eine der Grundlagen unserer demokratischen Gesell- schaft. Sicherlich ist Transparenz kein Allheilmittel, aber sie ist notwendig, damit für die Öffentlichkeit ver- ständlicher wird, warum politische Entscheidungen so und nicht anders getroffen worden sind. Sie ist aber auch notwendig, damit diese Entscheidungen bewertet und kritisch hinterfragt werden können. Das ist nicht immer angenehm für uns Politikerinnen und Politiker oder auch für die Verwaltung. Trotzdem liegt darin eine große Chance für eine lebendige Demokratie, an der sich die Bürger rege beteiligen und in die Vertrauen gesetzt wird. Deshalb ist uns Grünen mehr Transparenz ein Kernanlie- gen. Das gilt ganz besonders beim Umgang mit öffentli- chen Geldern. Die Bürgerinnen und Bürger haben ein wachsendes und berechtigtes Interesse, zu erfahren, wie das Geld der Steuerzahlenden verwendet wird. In der nächsten Woche werden wir bei den Haushalts- beratungen im Bundestag über Fördermittel in Milliar- denhöhe sprechen, die in eine Vielzahl von Programmen Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 26. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 3. April 2014 2161 (A) (C) (B) fließen. Derzeit ist nicht ausreichend nachvollziehbar, welche Unternehmen und Institutionen aufgrund wel- cher Kriterien Förderung bekommen bzw. für welche konkreten Projekte diese Mittel vergeben werden. Wir schlagen deshalb mit unserem Antrag vor, die Förderleit- linien und auch die Empfänger zu veröffentlichen. Es versteht sich von selbst, dass dabei private wie öffentli- che Interessen bei Daten- und Persönlichkeitsschutz oder auch Geschäftsgeheimnisse angemessen geschützt wer- den müssen. So ist beispielsweise eine Bagatellgrenze von 25 000 Euro für die Einzelveröffentlichung vorgese- hen. Ausnahmen soll es auch für solche Fälle geben, bei denen die Veröffentlichung Rückschlüsse auf Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse zulassen würde. Selbstver- ständlich wird jeder Fördermittelempfänger vorab über diese Veröffentlichung informiert werden. Wer Förder- mittel bekommt, muss aber akzeptieren, dass dies grund- sätzlich transparent gemacht wird, weil das Interesse der Öffentlichkeit überwiegt. Es braucht diese gute Daten- lage auch für uns Parlamentarier, um besser entscheiden zu können, ob Förderprogramme fortgeführt, aufge- stockt oder lieber beendet werden sollten. Zudem er- gänzt mehr Transparenz im Fördermittelbereich die Möglichkeiten der Haushaltskontrolle durch das Parla- ment und erleichtert zudem die wissenschaftliche Evalu- ierung von Förderprogrammen. Das von uns vorgeschlagene Verfahren orientiert sich an der Europäischen Transparenzinitiative. Nach dieser sind die EU-Länder verpflichtet, Informationen über die Empfängerinnen und Empfänger der Gemeinschaftsmit- tel aus den EU-Agrarfonds zu veröffentlichen. So sollen neben dem Förderprogramm auch der Name bzw. die Firma, die Postleitzahl und Gemeinde des Unterneh- menssitzes sowie der Förderbetrag veröffentlicht wer- den. Bezogen auf Mittel für Forschungsprojekte greifen wir zudem eine Idee aus der Enquete-Kommission „Inter- net und Digitale Gesellschaft“ auf. Danach sollen Infor- mationen zum jeweiligen Forschungsprojekt, die Ziele und die wesentlichen Resultate in öffentlich zugängli- chen Datenbanken verfügbar gemacht werden. Unser Vorschlag beschränkt sich auf die Veröffentlichung im Falle von Zuschüssen, Gewährleistungen, Beteiligungen und ähnlichen direkten finanziellen Zuwendungen, die in Form von Projektförderungen an Empfängerinnen oder Empfänger ausgereicht werden. Nicht erfasst sind beispielsweise steuerliche Förderungen. Hier sollte im Subventionsbericht der Bundesregierung sichergestellt werden, dass diese bewertet und auf ihre Sinnhaftigkeit überprüft werden können. Transparenz ist kein Selbstzweck, es muss immer sorgsam zwischen dem Transparenzinteresse der Öffent- lichkeit und dem Schutz personenbezogener Daten von Fördermittelempfängerinnen und -empfängern abgewo- gen werden. So hat es auch der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil vom 9. November 2010 gesehen und eingefordert, dass bei der Veröffentlichungspflicht Be- zugsdauer, Häufigkeit sowie Art und Umfang der Zu- wendungen berücksichtigt werden. Der grüne Vorschlag für eine Veröffentlichungspflicht von Fördermitteln des Bundes ist an diesen Vorgaben orientiert. (D) 26. Sitzung Inhaltsverzeichnis TOP 3 Leistungsverbesserungen in der Rentenversicherung TOP 4 Direktzahlungen an landwirtschaftliche Betriebe TOP 5 Kooperationsverbot im Bildungswesen TOP 22 Überweisungen im vereinfachten Verfahren TOP 23 Abschließende Beratungen ohne Aussprache TOP 6 Bundeswehreinsatz EUTM Somalia TOP 7 Minderheitenrechte in der 18. Wahlperiode TOP 8 Arbeitnehmer-Entsendegesetz (Fleischwirtschaft) TOP 9 Entlastung der Kommunen TOP 10 Bundesnetzagentur Telekommunikationsbericht 2012/13 TOP 11 Nachtruhe am Flughafen BER ZP 2 Sachverständigenbestellung Rechtsextremismus-Datei-G TOP 12 Kontoeröffnungen für Flüchtlinge TOP 13 Atomwaffen TOP 14 Zukunft der bäuerlichen Milchviehhaltung TOP 15 Aufsichtsrat der Deutsche Bahn AG TOP 16 Makroökonomische Ungleichgewichte TOP 17 Fördermitteltransparenz Anlagen
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Rosemarie Hein


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DIE LINKE.)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)


    Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen

    und Kollegen! Sicherlich nicht nur ich werde immer
    wieder gefragt, warum der Bund nicht endlich mehr Zu-
    ständigkeit in der Bildung übernimmt. Gab es diese For-
    derung noch vor zehn Jahren vor allem auf Veranstaltun-
    gen im Osten, kann man nun auch in den westlichen
    Bundesländern geradezu Begeisterungsstürme hervorru-
    fen, wenn man quasi die Abschaffung der Bildungsho-
    heit der Länder fordert.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Keine Sorge: Das wollen wir nicht.


    (Martin Rabanus [SPD]: Wer weiß!)


    Wir müssen aber darüber reden, warum so viele für die
    Abschaffung sind.

    Schuld ist das 2006 verhängte Kooperationsverbot
    zwischen Bund und Ländern in Bildungsfragen. Da das
    Wort „Kooperationsverbot“ immer schlecht verstanden
    wird, will ich noch einmal knapp erklären, was es bedeu-
    tet:

    2006 wurde im Zuge der Föderalismusreform auf
    Drängen einiger Länder im Grundgesetz festgeschrie-
    ben, dass der Bund in Fragen der Schul- und Hochschul-
    politik nicht mehr mitfinanzieren darf. Es gibt ganz we-
    nige Ausnahmen, und es gibt inzwischen eine Reihe von
    Umwegen über sehr komische und scheinbar unverdäch-
    tige Programme. Denn auch wenn die Länder über die
    alleinige Zuständigkeit für Bildungsfragen überwiegend
    glücklich waren, können sie die notwendigen Bildungs-
    ausgaben heute nicht mehr schultern. Dies ist durch die
    2009 erlassene Schuldenbremse für Bund und Länder
    noch weiter verschärft worden.

    Zu diesen Finanzierungsschwierigkeiten kommt hinzu,
    dass sich das Bildungswesen in den Bundesländern im-
    mer stärker auseinanderentwickelt. Das wollen wir mit
    unserem Antrag ändern. Es geht uns um mehr soziale
    Gerechtigkeit, um bessere Bildungsqualität und um
    mehr Vergleichbarkeit zwischen den Bundesländern.

    Gestatten Sie mir einige Erläuterungen dazu:

    Die bundesdeutschen Schulsysteme sind durch mehr
    als ein Dutzend unterschiedliche Schulformen für die
    Klassen 5 bis 10, unterschiedlich lange Pflichtschulzei-
    ten, unterschiedliche Abschlüsse mit unterschiedlichen
    Berechtigungen, unterschiedliche Unterrichtsfächer und
    unterschiedliche Schulzeitlängen – man denke nur an die
    derzeitige Debatte um G 8 und G 9 – gekennzeichnet.
    Das ist nur ein Teil des Irrgartens, durch den sich Fami-
    lien quälen müssen, wenn sie das Bundesland wechseln
    wollen oder müssen.

    Das Problem geht nach der Ausbildung weiter: Weil
    auch die Ausbildungen für viele Berufe – so zum Bei-
    spiel für die Sozialarbeit, für Erziehungsberufe und für
    das Lehramt – Ländersache sind, kann es schnell passie-
    ren, dass man zwar in dem Herkunftsland einen aner-
    kannten Beruf hat, aber in einem anderen Bundesland
    entweder als ungelernte Kraft oder zu deutlich schlechte-
    ren Tarifbedingungen eingestellt wird.
    Frau Kramp-Karrenbauer hat in der Bundesratssit-
    zung am 10. Februar 2012 erklärt:

    Wir Länder müssen uns verdeutlichen, dass ein
    Schulwechsel von einem Bundesland in ein anderes
    zu den größten Abenteuern gehört, die eine Familie
    zu bestehen hat.

    Sie hat recht. Wenn man mit einem Kind nach der
    fünften Klasse am Gymnasium aus Bayern nach Berlin
    oder Brandenburg wechseln will oder muss, dann
    kommt das Kind dort erst einmal in die Grundschule.
    Schülerinnen und Schüler zum Beispiel aus Aachen kön-
    nen ihren Fremdsprachenunterricht in einem anderen
    Bundesland möglicherweise nicht so fortsetzen, wie sie
    ihn begonnen haben, weil es ihn in dieser Weise in ande-
    ren Bundesländern gar nicht gibt. Die Anzahl der Jahre
    aber, die man eine Fremdsprache erlernt hat, ist aus-
    schlaggebend dafür, ob man das Abitur erreichen kann
    oder nicht.

    Auch hinsichtlich der Lernmittel gibt es in den Bun-
    desländern höchst verschiedene Regelungen: Gibt es in
    Baden-Württemberg und Hessen beispielsweise noch
    kostenfreie Schulbücher, so muss man in Nordrhein-
    Westfalen, Niedersachsen und Sachsen-Anhalt sehr un-
    terschiedlich hohe Leihgebühren bezahlen. Wechselt
    man gar vom Saarland nach Rheinland-Pfalz, muss man
    völlig neue Bücher kaufen; denn in beiden Ländern gibt
    es, soviel ich weiß, keine Lernmittelfreiheit.

    Manche meinen, das träfe nur Einzelfälle. Ich habe
    mich einmal kundig gemacht und kann Ihnen sagen: Den
    Umzug über Ländergrenzen hinweg müssen jedes Jahr
    ungefähr 200 000 Kinder und Jugendliche im schul-
    pflichtigen Alter verkraften.

    Da diese Einsicht nun auch bei den Bundesländern
    angekommen ist und man sich dennoch nicht auf eine
    Harmonisierung der Bildungsgänge im Schulbereich ei-
    nigen konnte, hat sich die Kulturministerkonferenz jetzt
    zu einem revolutionären Schritt entschieden: Es gibt eine
    Internetseite mit der Überschrift „Schulwechsel über
    Ländergrenzen hinweg“. Ich habe sie angeklickt. Dort
    finden Sie, fein säuberlich aufgelistet, für fast jedes Bun-
    desland einen Link zu den entsprechenden gesetzlichen
    Regelungen, die es in dem jeweiligen Land gibt. Da kön-
    nen Sie sich durchwursteln. Bravo! Damit ist den Fami-
    lien sehr geholfen. – Bitte verzeihen Sie mir diesen Sar-
    kasmus, aber es nervt einfach.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Es geht noch weiter. Auch bei der Schülerbeförderung
    – dieses Beispiel müssen Sie sich noch anhören – gibt es
    diese Unterschiede. In einigen Ländern werden die Kos-
    ten der Schülerbeförderung bis zur zehnten Klasse von
    Land und Schulträgern übernommen, zum Beispiel in
    Hessen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt. In
    anderen Ländern gibt es nur einen Zuschuss zur Beför-
    derung oder ein Schülerticket, wie in Berlin, Branden-
    burg und Baden-Württemberg. Nur wenige Länder, wie
    Sachsen-Anhalt und Bayern, übernehmen einen Teil der
    Beförderungskosten bis zum Abitur. Der Besuch der
    gymnasialen Oberstufe aber wird damit vor allen Dingen





    Dr. Rosemarie Hein


    (A) (C)



    (D)(B)

    den Kindern erschwert, die aus sozial benachteiligten
    Familien kommen.

    Nun hat die Bundesregierung ein Bildungs- und Teil-
    habepaket beschlossen, in dem auch Mittel für die Schü-
    lerbeförderungskosten vorgesehen sind. Davon profitie-
    ren zwar manche Familien; aber den Ländern und
    Schulträgern, die die Schüler bisher schon kostenfrei be-
    fördert haben, bringt das überhaupt gar nichts. Wer also
    in diesem Land sozial denkt, hat davon nichts. Das aller-
    dings konnte die Mutter des Bildungs- und Teilhabepa-
    ketes nicht wissen; denn die Mittel werden ja nicht über
    den Bildungshaushalt verteilt, sondern über die Kosten
    der Unterkunft. Diese haben bekanntlich nichts mit Bil-
    dung zu tun.

    Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich könnte noch
    zahlreiche Beispiele dieser Art nennen.


    (Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Leider!)


    Sie belegen, dass das Verbot der Zusammenarbeit in Bil-
    dungsfragen und die alleinige Zuständigkeit der Länder
    mehr schaden als nützen.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Die Ganztagsschulen – die SPD hat es leider nicht ge-
    schafft, dass das Thema in den Koalitionsvertrag aufge-
    nommen wird – sind ebenso wie die Schulsozialarbeit
    davon betroffen. Auch das gemeinsame Lernen von Kin-
    dern mit und ohne Handicap, also die Inklusion, kann
    ohne eine Bundesbeteiligung nicht gestemmt werden.

    Die Ungereimtheiten betreffen nahezu alle Bildungs-
    bereiche. In der allgemeinen Schulbildung sind sie in-
    zwischen himmelschreiend. Allerdings weiß ich, dass es
    auch im Hochschulbereich – die Studierenden und auch
    Vertreter von Hochschulen sowie der Länder haben sich
    dazu kürzlich geäußert – solche Probleme gibt und dass
    es nicht ausreicht, in der Zukunft über Exzellenzinitiati-
    ven nur die Leuchttürme zu fördern.

    Deshalb haben die Länder Schleswig-Holstein und
    Hamburg vor einigen Jahren eine Bundesratsinitiative
    ergriffen. Einige Länder sind ihr beigetreten, aber getan
    hat sich leider nichts. Auch Lehrerverbände, Elternver-
    bände und Wirtschaftsverbände fordern ein Umdenken
    von uns. Deshalb fordern wir die Bundesregierung auf,
    im Bundesrat endlich Flagge zu zeigen und mit den Län-
    dern so lange zu diskutieren, bis eine Lösung gefunden
    ist.


    (Zuruf von der Linken: Bis weißer Rauch aufsteigt!)


    Es gibt auf der Internetseite der Kultusministerkonfe-
    renz noch eine andere interessante Seite, nämlich die für
    die „Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen“.
    Diese Zentralstelle kümmert sich um die Vergleichbar-
    keit im Ausland erworbener Abschlüsse. Ich fürchte, es
    ist Zeit für eine „Zentralstelle für das inländische Bil-
    dungswesen“.


    (Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN)

    Allerdings wäre es besser, wir könnten im Grundge-
    setz endlich eine Gemeinschaftsaufgabe Bildung veran-
    kern und wir ließen die gemeinsame Finanzierung über-
    greifender Bildungsaufgaben endlich zu. Das nimmt den
    Ländern nicht die Rechte, aber den Lernenden und ihren
    Familien manche Sorge. Genau das wollen wir mit unse-
    rem Antrag erreichen.

    Liebe Kolleginnen und Kollegen, in der vergangenen
    Legislatur haben Grüne, SPD und Linke jeweils mehrere
    Anträge zu diesem Thema, die in die gleiche Richtung
    gingen, eingebracht, zwar mit unterschiedlicher Schwer-
    punktsetzung, aber sie gingen in die gleiche Richtung.


    (Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt!)


    Ich hoffe sehr, dass die Einigkeit, die damals darüber be-
    stand, dass das Kooperationsverbot für den gesamten
    Bildungsbereich und nicht nur für die Hochschulen auf-
    gehoben werden muss, bei der SPD auch nach der Wahl
    noch Bestand hat.

    Vielen Dank.


    (Beifall bei der LINKEN)




Rede von Claudia Roth
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin. – Das Wort für die Bun-

desregierung hat Stefan Müller.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


S
  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Stefan Müller


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)



    Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
    Wenn man sich den Antrag der Linken ansieht und vor
    allem Ihre Rede, Frau Hein, hört, dann könnte man ers-
    tens den Eindruck bekommen, als würde das Grundge-
    setz eine Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern
    verbieten.


    (Dr. Rosemarie Hein [DIE LINKE]: Das tut es! – Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: In dieser Frage ist das genau richtig!)


    Das Gegenteil ist richtig. Wenn Sie das Grundgesetz
    genau lesen, dann werden Sie feststellen, dass es zwar
    ausschließt, dass der Bund sich in Felder der ausschließ-
    lichen Länderzuständigkeit einmischen darf und dort hi-
    neinregieren kann. Aber es verbietet gerade nicht die Zu-
    sammenarbeit zwischen Bund und Ländern, sondern es
    erlaubt sie. Die Wahrheit ist: So viel Kooperation wie
    heute hat es in der Geschichte der Bundesrepublik
    Deutschland noch nicht gegeben.


    (Beifall bei der CDU/CSU – Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir reden über Bildung!)


    – Ja. – Dafür gibt es ein paar Beispiele: Nehmen Sie den
    Hochschulpakt, mit dem Bund und Länder gemeinsam
    dafür gesorgt haben, dass es einen Aufwuchs bei den
    Studienplätzen gegeben hat. Nehmen Sie die Exzellenz-
    initiative, mit der Bund und Länder gemeinsam dafür ge-
    sorgt haben, dass Bewegung in die Hochschullandschaft





    Parl. Staatssekretär Stefan Müller


    (A) (C)



    (D)(B)

    in Deutschland gekommen ist. Nehmen Sie den Pakt für
    Forschung und Innovation oder als weiteres Beispiel die
    Qualitätsoffensive Lehrerbildung.

    Diese Beispiele zeigen: Kooperation ist möglich, und
    sie funktioniert auch in diesem Land, liebe Kolleginnen
    und Kollegen.


    (Beifall bei der CDU/CSU – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das muss sich auch im Haushalt wiederfinden!)


    Zweitens. Im Antrag wird behauptet, dass seit dem
    Bildungsgipfel von 2008 nicht viel passiert sei. Wenn
    Sie einen Blick in den Umsetzungsbericht der KMK und
    GWK werfen, dann werden Sie auch in dem Punkt fest-
    stellen, dass das Gegenteil richtig ist.

    Ich will auch hierzu ein paar Beispiele nennen: 2011
    besuchten 95 Prozent der vierjährigen Kinder Vorschu-
    len und Kindergärten. Das ist weit mehr als der OECD-
    Durchschnitt. Der Anteil der Schulabgänger ohne
    Hauptschulabschluss ist von 8 Prozent auf 5,9 Prozent
    gesenkt worden. Die Zahl der Studienanfänger lag 2013
    bei über 506 000 und damit rund 145 000 über dem
    Stand von vor sechs Jahren. Es ließe sich fortsetzen: Die
    Jugendarbeitslosigkeit ist mit 7,7 Prozent die niedrigste
    in Europa, und die Weiterbildungsbeteiligung erreichte
    2012 mit 49 Prozent Rekordniveau.

    Herr Gehring, Sie haben gerade den Haushalt ange-
    sprochen. Wenn Sie sich genau anschauen, was in
    Deutschland für Bildung und Forschung ausgegeben
    wird, dann müssen Sie erstens feststellen, dass die abso-
    luten Bildungsausgaben von 153 Milliarden Euro auf
    177 Milliarden Euro gestiegen sind, und zweitens, dass
    die Ausgaben für Bildung und Forschung insgesamt bis
    2012 auf 9,3 Prozent des BIP gesteigert werden konnten.
    Das ist das Ergebnis einer gemeinsamen Kraftanstren-
    gung von Bund und Ländern. Ich finde, wir können uns
    über diese positive Entwicklung zu Recht freuen, liebe
    Kolleginnen und Kollegen.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


    Drittens. Im Antrag wird beklagt, die „Bundesauf-
    gabe Hochschulbau“ sei abgeschafft worden. Diese Bun-
    desaufgabe hat es aber nie gegeben. Der alte Art. 91 a
    des Grundgesetzes vor der Föderalismusreform besagte,
    dass der Bund bei der Erfüllung der Länderaufgabe
    Hochschulbau mitwirkt. Ein Blick auf die aktuelle Situa-
    tion zeigt, dass der Bund auch heute noch die Länder un-
    terstützt, zum Beispiel im Rahmen der fortbestehenden
    Gemeinschaftsaufgabe Forschungsbauten mit 300 Mil-
    lionen Euro im Jahr. Außerdem gibt der Bund den Län-
    dern für den Hochschulbau rund 700 Millionen Euro
    jährlich an Entflechtungsmitteln. Das sind insgesamt
    jährlich 1 Milliarde Euro.

    Ich möchte noch einen vierten Punkt aus Ihrem An-
    trag aufgreifen, nämlich die Forderung, dass der Bund
    die Umsatzsteuerbeteiligung der Länder erhöhen soll,
    die Sie sich, wenn ich das richtig verstehe, zu eigen ma-
    chen. Das ist eine Forderung des Bundesrates. Ich gebe
    zu, wir, die CDU/CSU, stehen dem sehr zurückhaltend
    gegenüber. Wir glauben, dass gemeinsame Bund-Län-
    der-Programme zweckdienlicher sind, weil es dadurch
    möglich ist, gezielt bildungspolitische Herausforderun-
    gen aufzugreifen, was sinnvoller ist, als den Ländern
    einfach nur jedes Jahr mehr Geld zu überweisen.

    Zwei Fragen sind hier entscheidend. Erstens. Wie
    wollen und können wir sicherstellen, dass im Falle einer
    höheren Umsatzsteuerbeteiligung der Länder dieses
    Geld tatsächlich eins zu eins für Bildung und Forschung
    in den Ländern ausgegeben wird? Die zweite Frage ist:
    Wie wollen und können wir sicherstellen, dass das Geld
    nicht an anderer Stelle weggenommen wird, wo es dann
    fehlt?

    Deswegen sagen wir: Eine höhere Umsatzsteuerbetei-
    ligung der Länder ist für uns nicht der richtige Weg.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


    Wir haben uns, neben vielen anderen Punkten, ge-
    meinsam in dieser Koalition darauf verständigt, dass wir,
    um ein Beispiel zu nennen, zu einer Grundfinanzierung
    der Hochschulen vonseiten des Bundes kommen wollen.
    Nach meiner Auffassung brauchen wir dafür eine Ände-
    rung des Grundgesetzes. Einen entsprechenden Vorschlag
    hat es in der vergangenen Legislaturperiode gegeben. Die-
    ser Gesetzentwurf ist seinerzeit leider nicht umgesetzt
    worden. Es ist kein Geheimnis, dass wir innerhalb der
    Koalition noch unterschiedliche Auffassungen haben,
    wie wir eine solche Grundfinanzierung hinbekommen.
    Ich glaube, dass eine Änderung des Grundgesetzes dafür
    der richtige Weg ist. Wir sind unterschiedlicher Mei-
    nung, wie wir zu dieser Grundfinanzierung kommen,
    aber dass wir sie erreichen wollen, ist jedenfalls Kon-
    sens in dieser Großen Koalition. Das ist unstrittig.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


    Wir brauchen diese Grundfinanzierung auch als we-
    sentlichen Baustein, um die Wissenschaftspakte in den
    nächsten Jahren fortzuentwickeln. Hochschulpakt, Ex-
    zellenzinitiative, Pakt für Forschung und Innovation –
    diese Pakte haben dafür gesorgt, dass Bewegung in die
    Hochschul- und Wissenschaftslandschaft gekommen ist.
    Internationale Vergleiche zeigen, dass wir unsere Posi-
    tion als führende Wissenschaftsnation ausbauen konn-
    ten. Jedenfalls erreicht auch die Innovationstätigkeit
    neue internationale Spitzenwerte, und – das ist sehr er-
    freulich – noch nie haben deutsche Hochschulen so viele
    Talente aus dem Ausland angezogen. Kurzum: Deutsch-
    land steht heute wirtschaftlich und sozial deutlich besser
    da als viele andere Staaten im OECD-Raum. Das ist
    auch Ergebnis unserer gemeinsamen Anstrengungen im
    Bereich der Bildungs- und Forschungspolitik. Diesen
    Weg wollen wir auch in dieser Wahlperiode fortsetzen.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)