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ID1801507000

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 18/15 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 15. Sitzung Berlin, Freitag, den 14. Februar 2014 I n h a l t : Zusatztagesordnungspunkt 7: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und SPD eingebrachten Entwurfs eines … Gesetzes zur Änderung des Abge- ordnetengesetzes und eines … Gesetzes zur Änderung des Europaabgeordnetengesetzes Drucksache 18/477 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1107 B in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 8: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und SPD eingebrachten Entwurfs eines … Strafrechtsänderungsgesetzes – Erweiterung des Straftatbestandes der Ab- geordnetenbestechung Drucksache 18/476 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1107 B in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 9: Erste Beratung des von der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zum Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Korruption Drucksache 18/478 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1107 B Michael Grosse-Brömer (CDU/CSU) . . . . . . 1107 D Dr. Petra Sitte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 1109 B Christine Lambrecht (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 1110 B Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . . . . 1112 B Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1113 C Max Straubinger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 1114 B Halina Wawzyniak (DIE LINKE) . . . . . . . . . 1115 D Dr. Eva Högl (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1116 C Katja Keul (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1117 D Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU/CSU) . 1118 D Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1120 A Tagesordnungspunkt 14: Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN: Die Demokratie verteidigen im digi- talen Zeitalter Drucksache 18/182 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1120 D Katrin Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1121 A Thomas Jarzombek (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 1122 D Halina Wawzyniak (DIE LINKE) . . . . . . . . . 1124 C Matthias Schmidt (Berlin) (SPD) . . . . . . . . . . 1126 B Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1128 A Clemens Binninger (CDU/CSU) . . . . . . . . 1129 A Dr. Tim Ostermann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 1130 A Petra Pau (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . 1131 B Michelle Müntefering (SPD) . . . . . . . . . . . . . 1132 A Andrea Lindholz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 1133 C Gerold Reichenbach (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 1135 A Halina Wawzyniak (DIE LINKE) . . . . . . . 1136 B Inhaltsverzeichnis II Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 15. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. Februar 2014 Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1137 B Gerold Reichenbach (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 1137 C Nina Warken (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 1137 D Dr. Volker Ullrich (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 1139 A Marian Wendt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 1139 D Tagesordnungspunkt 15: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Erleichterung der Bewältigung von Kon- zerninsolvenzen Drucksache 18/407 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1141 B Christian Lange, Parl. Staatssekretär BMJV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1141 C Richard Pitterle (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 1142 C Dr. Heribert Hirte (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 1143 C Katja Keul (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1145 C Dr. Karl-Heinz Brunner (SPD) . . . . . . . . . . . . 1146 C Alexander Hoffmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . 1147 C Tagesordnungspunkt 16: Antrag der Abgeordneten Nicole Gohlke, Diana Golze, Dr. Rosemarie Hein, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: BAföG-Reform zügig umsetzen Drucksache 18/479 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1148 D Nicole Gohlke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 1148 D Dr. Stefan Kaufmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . 1150 B Kai Gehring (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1152 A Oliver Kaczmarek (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 1153 A Nicole Gohlke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . 1154 A Katrin Albsteiger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 1154 D Saskia Esken (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1156 A Cemile Giousouf (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 1156 D Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1158 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 1159 A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1160 A Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 15. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. Februar 2014 1107 (A) (C) (D)(B) 15. Sitzung Berlin, Freitag, den 14. Februar 2014 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    (D) Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 15. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. Februar 2014 1159 (A) (C) (B) Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten (D) Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Aken, Jan van DIE LINKE 14.02.2014 Alpers, Agnes DIE LINKE 14.02.2014 Bätzing-Lichtenthäler, Sabine SPD 14.02.2014 Beckmeyer, Uwe SPD 14.02.2014 Brantner, Dr. Franziska BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 14.02.2014 Brase, Willi SPD 14.02.2014 Durz, Hansjörg CDU/CSU 14.02.2014 Ebner, Harald BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 14.02.2014 Ernst, Klaus DIE LINKE 14.02.2014 Fischer (Hamburg), Dirk CDU/CSU 14.02.2014 Dr. Gauweiler, Peter CDU/CSU 14.02.2014 Golze, Diana DIE LINKE 14.02.2014 Grindel, Reinhard CDU/CSU 14.02.2014 Heller, Uda CDU/CSU 14.02.2014 Höger, Inge DIE LINKE 14.02.2014 Höhn, Bärbel BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 14.02.2014 Holzenkamp, Franz- Josef CDU/CSU 14.02.2014 Ilgen, Matthias SPD 14.02.2014 Irlstorfer, Erich CDU/CSU 14.02.2014 Jelpke, Ulla DIE LINKE 14.02.2014 Juratovic, Josip SPD 14.02.2014 Korte, Jan DIE LINKE 14.02.2014 Krellmann, Jutta DIE LINKE 14.02.2014 Künast, Renate BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 14.02.2014 Lischka, Burkhard SPD 14.02.2014 Maisch, Nicole BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 14.02.2014 Mattfeldt, Andreas CDU/CSU 14.02.2014 Movassat, Niema DIE LINKE 14.02.2014 Nouripour, Omid BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 14.02.2014 Rabanus, Martin SPD 14.02.2014 Rüthrich, Susann SPD 14.02.2014 Schieder (Schwandorf), Marianne SPD 14.02.2014 Schlecht, Michael DIE LINKE 14.02.2014 Schmidt (Fürth), Christian CDU/CSU 14.02.2014 Schmidt (Wetzlar), Dagmar SPD 14.02.2014 Schulte-Drüggelte, Bernhard CDU/CSU 14.02.2014 Dr. Steinmeier, Frank- Walter SPD 14.02.2014 Stritzl, Thomas CDU/CSU 14.02.2014 Strothmann, Lena CDU/CSU 14.02.2014 Dr. Terpe, Harald BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 14.02.2014 Thönnes, Franz SPD 14.02.2014 Dr. Troost, Axel DIE LINKE 14.02.2014 Walter-Rosenheimer, Beate BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 14.02.2014 Weber, Gabi SPD 14.02.2014 Dr. Wilms, Valerie BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 14.02.2014 Zdebel, Hubertus DIE LINKE 14.02.2014 Zimmermann, Pia DIE LINKE 14.02.2014 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Anlagen 1160 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 15. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. Februar 2014 (A) (C) (D)(B) Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat mit- geteilt, dass sie den Antrag Änderung der Geschäfts- ordnung des Deutschen Bundestages zwecks Siche- rung der Minderheitenrechte der Opposition im 18. Deutschen Bundestag auf Drucksache 18/183 zu- rückzieht. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat mit- geteilt, dass sie den Entwurf eines Gesetzes zur Siche- rung der Oppositionsrechte in der 18. Wahlperiode des Deutschen Bundestages auf Drucksache 18/184 zurückzieht. Die folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass sie gemäß § 80 Absatz 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absehen: Auswärtiger Ausschuss – Unterrichtung durch die deutsche Delegation in der Inter- parlamentarischen Union 128. Versammlung der Interparlamentarischen Union vom 22. bis 27. März 2013 in Quito, Ecuador Drucksachen 18/81, 18/305 Nr. 1 – Unterrichtung durch die Delegation des Deutschen Bundes- tages in der Ostseeparlamentarierkonferenz 22. Jahrestagung der Ostseeparlamentarierkonferenz vom 25. bis 27. August 2013 in Pärnu, Estland Drucksachen 18/158, 18/305 Nr. 10 Haushaltsausschuss – Unterrichtung durch die Bundesregierung Offsetdruc sellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 K Haushaltsführung 2013 Mitteilung gemäß § 37 Absatz 4 der Bundeshaushalts- ordnung über die Einwilligung in eine überplanmäßige Ausgabe bei Kapitel 30 02 Titel 632 50 – BAföG – Schü- lerinnen und Schüler – bis zur Höhe von 83 Mio. Euro Drucksachen 18/327, 18/413 Nr. 1.2 Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden Unionsdokumente zur Kenntnis genommen oder von ei- ner Beratung abgesehen hat. Auswärtiger Ausschuss Drucksache 18/419 Nr. A.4 EP P7_TA-PROV(2013)0333 Drucksache 18/419 Nr. A.5 EP P7_TA-PROV(2013)0378 Drucksache 18/419 Nr. A.6 EP P7_TA-PROV(2013)0379 Drucksache 18/419 Nr. A.11 EP P7_TA-PROV(2013)0453 Drucksache 18/419 Nr. A.15 Ratsdokument 11482/13 Drucksache 18/419 Nr. A.17 Ratsdokument 14042/13 Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft Drucksache 18/419 Nr. A.95 Ratsdokument 13834/13 Drucksache 18/419 Nr. A.96 Ratsdokument 16120/13 Drucksache 18/419 Nr. A.97 Ratsdokument 18152/13 Drucksache 18/419 Nr. A.98 Ratsdokument 18153/13 Drucksache 18/419 Nr. A.99 Ratsdokument 18171/13 kerei, Bessemerstraße 83–91, 1 öln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de 22 15. Sitzung Inhaltsverzeichnis ZP 7 bis 9 Abgeordnetengesetz, Abgeordnetenbestechung TOP 14 Demokratie im digitalen Zeitalter TOP 15 Bewältigung von Konzerninsolvenzen TOP 16 BAföG-Reform Anlagen
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Heribert Hirte


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)


    Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

    Kollegen! Liebe Zuhörer! Das Bild des Bürgers vom
    Unternehmen ist noch immer geprägt von der einzelnen
    Gesellschaft, meistens der GmbH oder der Aktiengesell-
    schaft. Die wirtschaftliche Realität – wir haben es schon
    gehört – ist aber eine völlig andere. Unternehmensgrup-
    pen, teilweise bestehend aus mehreren Hundert einzel-
    nen Gesellschaften, bestimmen das Geschehen. Das gilt
    nicht nur für die bekannten Multis, sondern auch für
    viele Mittelständler und sogar Handwerker.

    Schon lange hat unsere Rechtsordnung auf dieses
    Phänomen reagiert. So verlangen die Offenlegungsvor-
    schriften des Bilanzrechts eine zusammengefasste Dar-
    stellung aller Konzernunternehmen, um ein den tatsächli-
    chen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-,
    Finanz- und Ertragslage des – so ist es gemeint – gesam-
    ten Konzerns zu vermitteln.

    Eine kleine Bemerkung am Rande mit Blick auf die
    ADAC-Diskussion: Für Vereine ist das bedauerlicher-
    weise noch nicht so.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


    Im Gesellschaftsrecht wird das Phänomen Konzern an
    zahlreichen Stellen aufgegriffen. Es begründet unter hier
    nicht weiter interessierenden Voraussetzungen Durch-
    griffsmöglichkeiten, Haftung, Zurechnung usw. Auf der
    Grenze zum Arbeitsrecht tragen schließlich der Kon-
    zernbetriebsrat und die konzernweite unternehmerische
    Mitbestimmung dem Vorliegen einer Unternehmens-
    gruppe Rechnung.

    Stiefmütterlich behandelt wird der Konzern aber noch
    immer im Insolvenzrecht. Hier steht die einzelne natürli-
    che oder juristische Person im Vordergrund, genauso wie
    im 19. Jahrhundert, als mit der Konkursordnung die Vor-
    gängerin unserer heutigen Insolvenzordnung geschaffen
    wurde. Das ist wenig überzeugend, wie wir schon gehört
    haben; denn dadurch werden die sogenannten Synergie-
    vorteile, wie wir das heute neumodisch nennen, die bei
    der lebenden Großorganisation Konzern den Gesell-
    schaftern, Gläubigern und damit auch den Arbeitneh-
    mern zugutekommen, in der Abwicklung vergeudet.

    Das Insolvenzverfahren, etwa über die angehörigen
    Unternehmen einer Unternehmensgruppe, kann in Itze-
    hoe, Garmisch-Partenkirchen und Saalfeld mit jeweils
    unterschiedlichen Insolvenzverwaltern stattfinden. Die
    Praxis – dazu zählen auch die Insolvenzgerichte – hat
    hier im Wege von Auslegung und Vereinbarung zwar
    durchaus praktikable Lösungen entwickelt, beispiels-






    (A) (C)



    (B)

    Dr. Heribert Hirte

    weise ein einheitliches Insolvenzverfahren in Köln. Das
    knüpft natürlich an die Bemerkung des Düsseldorfer
    Kollegen Jarzombek an, der Köln schon ins Spiel ge-
    bracht hat.


    (Richard Pitterle [DIE LINKE]: Das ist immer gut!)


    – Zustimmung von der Linken: Vielen Dank! – Für die
    notwendige Rechtssicherheit reicht dies aber nicht aus,
    zumal wir uns hier in einer Konkurrenz vor allem mit
    England befinden. Es ist relativ leicht möglich, den so-
    genannten Mittelpunkt der hauptsächlichen Interessen
    eines Unternehmens nach England zu verlegen und dann
    doch das ganze Insolvenzverfahren über eine Unterneh-
    mensgruppe einheitlich abzuwickeln. Handeln ist daher
    geboten.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Wo konkret liegt das Problem? Fünf Fragenkreise las-
    sen sich ausmachen: erstens die divergierende örtliche
    Zuständigkeit der Insolvenzgerichte, wie gerade gehört;
    zweitens die Tatsache, dass dann noch unterschiedliche
    Insolvenzverwalter in den verschiedenen Verfahren tätig
    sind; drittens, dass wir es mit unterschiedlichen Insol-
    venzmassen zu tun haben; viertens die Frage, wie das
    eine Verfahren auf das andere Verfahren einwirkt; und
    fünftens und letztens, ob man einen Masterplan machen
    kann, mit dem man das gesamte Unternehmen einheit-
    lich sanieren kann.

    Der hier vorgelegte Regierungsentwurf, der im Sinne
    einer die parteilichen Alltagskonflikte durchaus positiv
    überstrahlenden rechtspolitischen Kontinuität noch unter
    der früheren Bundesregierung erarbeitet wurde und des-
    sen erste Vorarbeiten noch auf die letzte Große Koalition
    zurückgehen und nicht etwa erst durch EU-Vorgaben be-
    einflusst wurde, bildet den Abschluss – sicher nur vor-
    läufig – einer Novellierungstrias aus dem ESUG – dieser
    Begriff fiel eben schon –, also dem Gesetz zur weiteren
    Erleichterung der Sanierung von Unternehmen, der
    Restschuldbefreiung und schließlich der Konzerninsol-
    venz, die alle das Insolvenzrecht grundlegend moderni-
    sieren wollen. Sie teilen das Ziel einer Erhaltung von
    Werten und Arbeitsplätzen durch „Sanierung vor Zer-
    schlagung“. Das ist ein richtiger Weg.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


    Der Entwurf adressiert positiv drei der genannten Fra-
    gestellungen und einen weiteren explizit negativ. Diese
    „Selbstbeschränkung“ – minimalinvasiv, wie wir das
    eben gehört haben – ist zunächst zu begrüßen; denn in
    den streitigen Fragen, in denen noch keine endgültige
    Klarheit besteht, sollte der Gesetzgeber nicht autoritativ
    eingreifen.

    Als Erstes ermöglicht er eine einheitliche örtliche Zu-
    ständigkeit für das Insolvenzverfahren der verschiedenen
    konzernangehörigen Unternehmen bzw. Gesellschaften.
    Der Gesetzentwurf stellt für diesen Ort im Grundsatz auf
    das sogenannte Prioritätsprinzip ab, also den Ort, an dem
    zuerst ein Insolvenzantrag gestellt wurde. Das erscheint
    mir überzeugend, weil es nur für einen frühzeitig gestell-
    ten Eigenantrag gilt und Missbrauch in Form von Zu-
    ständigkeitserschleichungen auch noch durch andere
    Maßnahmen verhindert wird.

    Zweitens stellt er klar, dass in solchen Fällen ein ein-
    heitlicher Insolvenzverwalter bestellt werden darf, dass
    also gerade nicht, wie bisher teilweise behauptet wurde,
    zwischen den einzelnen insolventen Gesellschaften so
    starke Konflikte bestehen, dass immer – kostenintensiv –
    unterschiedliche Verwalter bestellt werden müssen. So-
    weit das gleichwohl der Fall ist, sollen sie zur Zusam-
    menarbeit verpflichtet werden.

    Drittens will der Entwurf die Möglichkeit einer frei-
    willigen Koordination durch ein besonderes neues Koor-
    dinationsverfahren schaffen, also einen Masterplan.

    Zusammengefasst: Was das Gesellschaftsrecht zu-
    sammengeführt hat, das soll das Insolvenzrecht nicht
    scheiden.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Das ist im Ansatz richtig und wichtig; denn die durch
    die Neuregelung klargestellte Möglichkeit, die Insolvenz-
    verfahren verschiedener konzernangehöriger Unterneh-
    men an einem Ort und in einer Hand abzuwickeln, spart
    Kosten. Das ist gut für die Gläubiger, die Arbeitnehmer
    und damit für die Menschen in unserem Land.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Was der Entwurf andererseits nicht vorschlägt: Weder
    werden die Insolvenzverfahren der einzelnen konzernan-
    gehörigen Unternehmen als solche zusammengefasst,
    noch – und erst recht nicht – werden die Vermögensmas-
    sen der einzelnen Gesellschaften zusammengefasst. Das
    entspricht der Selbstständigkeit juristischer Personen
    auch im Konzern. Würde man anders vorgehen – es gibt
    durchaus Stimmen, die das fordern –, würde die Mög-
    lichkeit der Kreditvergabe an die einzelnen Gesellschaf-
    ten nachhaltig beeinträchtigt. Denn als Gläubiger
    braucht man Berechenbarkeit, und das heißt auch: Man
    muss vorher wissen, mit wem man nachher in einem
    Boot sitzt, wenn die Mittel des Kreditnehmers nicht
    mehr reichen.

    Der Regierungsentwurf ist – ich sagte es bereits –
    noch von der alten Bundesregierung erarbeitet worden.
    Naturgemäß kann er daher das nicht berücksichtigen,
    was wir als CDU/CSU mit der SPD im Koalitionsvertrag
    im Hinblick auf das Insolvenzrecht vereinbart haben –
    und da gibt es durchaus einiges. Wenn es aber zu Recht
    darum geht, die Sanierungsmöglichkeiten von Unterneh-
    men im Interesse von Gläubigern und Arbeitnehmern zu
    verbessern, können wir diese Fragen nicht ausblenden.
    Sie sollten daher meines Erachtens in diesem Gesetzge-
    bungsverfahren mit abgehandelt werden.

    Der Koalitionsvertrag spricht insoweit zum einen da-
    von, das Insolvenzanfechtungsrecht auf den Prüfstand zu
    stellen – im Interesse der Planungssicherheit des Geschäfts-
    verkehrs. Das betrifft vor allem die sogenannte Vorsatz-
    anfechtung, die – das ist sicher richtig – durch die Recht-
    sprechung des Bundesgerichtshofs zu einem scharfen

    (D)







    (A) (C)



    (D)(B)

    Dr. Heribert Hirte

    Schwert ausgestaltet wurde. Jedenfalls gehört die lange
    Frist von zehn Jahren auf den Prüfstand; denn irgend-
    wann einmal muss sich ein Unternehmer – das gilt im
    Übrigen auch im Steuerrecht – darauf verlassen können,
    dass er Unterlagen nicht mehr aufbewahren muss.


    (Beifall bei der CDU/CSU)


    Bei dieser Gelegenheit wird man wahrscheinlich auch
    auf mögliche Fehlsteuerungen durch die Vergütungs-
    regelungen für Insolvenzverwalter ein Auge werfen
    müssen; denn sie sind möglicherweise auch ein Grund
    für die Klagen des Mittelstandes über zu weit gehende
    Insolvenzanfechtungen.

    Zweitens geht es um die Anfechtung von Lohnzah-
    lungen, also um die Frage, ob ein Insolvenzverwalter vor
    der Insolvenz gezahlte Löhne von einem Arbeitnehmer
    zurückfordern darf. Hier hat die Rechtsprechung in der
    jüngeren Zeit zwar durchaus schon mit Augenmaß ge-
    wisse Grenzen eingezogen. Eine Klarstellung durch den
    Gesetzgeber könnte aber durchaus helfen.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der LINKEN)


    Diese dürfte dann aber nicht zu einer sektoralen Aus-
    nahme werden, will man nicht den Grundsatz der Gläu-
    bigergleichbehandlung insgesamt infrage stellen. Ande-
    rerseits darf man nicht vergessen, dass die Anfechtung
    von Lohnzahlungen eine Antwort der Praxis auf die ge-
    setzlichen Neuregelungen war, mit denen vor einigen
    Jahren die Anfechtung der Zahlung von Steuern und So-
    zialversicherungsbeiträgen erschwert wurde. Die Dis-
    kussion um diese Frage muss daher hier mit einbezogen
    werden, wenn man nicht sogar durch andere Mittel wie
    etwa Prozesskostenhilfe oder eine Insolvenzverwalter-
    kostenversicherung sicherstellt, dass Insolvenzverfah-
    ren gerade in den kritischen Fällen, also Fälle geringer
    Masse, eröffnet werden können bzw. zu einem frühen
    Zeitpunkt ausreichende liquide Masse zur Unterneh-
    mensfortführung zur Verfügung gestellt wird.

    Noch eine Bemerkung zum Steuerrecht: Hier gibt es
    im Schnittbereich zum Insolvenzrecht reihenweise Un-
    klarheiten, die wie Blei auf dem Erfolg einer Sanierung
    lasten. Wenn wir, wie die Bundesregierung das mit dem
    hier vorliegenden Gesetzentwurf zu Recht will, die
    Möglichkeiten einer Sanierung von Unternehmen ver-
    bessern wollen, dann müssen wir diese steuerrechtlichen
    Fragen mit in den Blick nehmen.


    (Beifall bei der CDU/CSU)


    Ein letzter Punkt betrifft, wiederum mit Blick auf das
    Sanierungsziel, die Beseitigung von möglichen Fehlern
    beim schon angesprochenen ESUG, der ersten Stufe der
    Insolvenzrechtsreform. Sehen wir von Kleinstfragen ab,
    rückt hier vor allem der Fall Suhrkamp in den Blick. Er
    hat deutlich gemacht, dass beim Insolvenzrecht heute
    Möglichkeiten eröffnet werden, an die man früher nicht
    zu denken gewagt hätte. Ob das zu gesetzgeberischen
    Maßnahmen führt, wird man zumindest zu diskutieren
    haben.
    Damit aber genug. Lassen Sie uns die Dinge gemein-
    sam anpacken, um Unternehmenssanierungen im Inte-
    resse von Gläubigern und Arbeitnehmern zu verbessern.

    Vielen Dank.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)




Rede von Petra Pau
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DIE LINKE.)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)

Kollege Hirte, das war Ihre erste Rede im Deutschen

Bundestag. Herzlichen Glückwunsch dazu und alles
Gute für Ihre Arbeit!


(Beifall)


Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun die
Kollegin Katja Keul das Wort.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Katja Keul


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

    Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Konzern-
    insolvenzrecht, das hört sich so an, als gäbe es kaum ein
    Thema, das weniger Menschen vor Spannung vom Ho-
    cker reißen könnte. Die wenigsten dürften Insolvenzver-
    walter zu ihrem Bekanntenkreis zählen; und dann geht es
    hier auch noch um Konzerninsolvenzverwalter. Ganz an-
    ders wirken dagegen folgende Zahlen: 2007 entfielen
    rund 70 Prozent des Umsatzes und 53 Prozent der Be-
    schäftigten aller Unternehmen in Deutschland auf kon-
    zernverbundene Unternehmen. Das heißt, dass jeder
    zweite privat Beschäftigte von einer Konzerninsolvenz
    betroffen sein könnte – vielleicht doch ein Grund, sich
    genauer anzusehen, was hier geregelt werden soll.

    Um was geht es also? Als Konzern bezeichnet man
    den Zusammenschluss mehrerer Unternehmen zu einer
    wirtschaftlichen Einheit unter der Leitung eines herr-
    schenden Unternehmens. Rechtlich bleiben die Unter-
    nehmen selbstständige juristische Personen mit eigener
    Buchführung und eigener Bilanz. Ihre wirtschaftliche
    und finanzielle Unabhängigkeit haben sie allerdings zu-
    gunsten der gemeinsamen Konzernleitung abgegeben.
    Sie haften nicht füreinander, sondern jeder für sich. Die-
    ser Grundsatz der Haftungstrennung soll mit dem vorlie-
    genden Gesetz nicht angetastet werden. Das lässt sich
    zwar durchaus begründen, gottgegeben ist dieses Gebot
    allerdings nicht. Man könnte schon auf die Idee kom-
    men, einmal zu hinterfragen, warum Unternehmen, die
    ihre wirtschaftliche und finanzielle Unabhängigkeit an
    eine gemeinsame Leitung abgeben, nicht auch bei Feh-
    lern dieser Leitung gemeinsam den Schaden tragen sol-
    len.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Es ist auf der anderen Seite durchaus nachvollziehbar,
    dass bei einer Insolvenz eines Unternehmens nicht im-
    mer gleich eine Insolvenz des ganzen Konzerns angeord-
    net werden soll. Schließlich treten die Einzelunterneh-
    men ja auch selbstständig gegenüber den Kunden und
    Banken auf. Die sollten sich schon auf die Solvenz des
    jeweiligen Vertragspartners verlassen dürfen und nicht
    erst den ganzen Konzern unter die Lupe nehmen müs-
    sen.






    (A) (C)



    (D)(B)

    Katja Keul

    Aus ähnlichen Gründen lässt sich auch nachvollzie-
    hen, dass für jedes insolvente Unternehmen ein eigen-
    ständiges Verfahren vorgesehen ist. In der Praxis wurde
    allerdings schon bisher oft ein und derselbe Verwalter
    für die unterschiedlichen Verfahren eingesetzt. Die
    Frage war, ob dies zum Regelfall gemacht werden sollte.
    Sie haben sich entschieden, dies dem Ermessen des Ge-
    richts zu überlassen. Aufgrund der zahlreichen denkba-
    ren unterschiedlichen Fallkonstellationen finde ich auch
    dies durchaus schlüssig.

    Ganz offensichtlich macht es aber in der Praxis Sinn,
    die verschiedenen Insolvenzverfahren innerhalb eines
    Konzerns an einem Gerichtsstand zu bündeln. Dann ver-
    stehe ich allerdings nicht, warum wir als Gesetzgeber
    nicht auch eindeutig festlegen, welches Gericht das sein
    soll. Gerichtsstand am Konzernsitz – das wäre eine ein-
    deutige und klare Regelung, die sich allen Versuchen des
    Rosinenpickens und der Manipulation entziehen würde.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Hier sehe ich für die Zurückhaltung in Ihrem Entwurf
    keinen wirklich überzeugenden Grund.

    Noch mutloser wird es dann, wenn es um die Koordi-
    nation der unterschiedlichen Verfahren geht. Sie wollen
    die Insolvenzverwalter verpflichten, das zu tun, was die
    im Sinne bestmöglicher Verwertung ohnehin tun sollten:
    kooperieren. Der künftige Koordinationsverwalter soll
    aber nicht übergeordnet oder gar weisungsbefugt sein.
    Das hört sich für mich so an wie: Wasch mir den Pelz,
    aber mach mich nicht nass!


    (Volker Kauder [CDU/CSU]: Das stimmt nicht! Das ist die sogenannte Trockenreinigung!)


    Entweder haben die Insolvenzverwalter auch bislang
    schon aus purer Vernunft kooperiert – dann bräuchte es
    dafür keine gesetzliche Änderung –, oder sie haben es in
    der Praxis gerade nicht so wirklich hinbekommen. Dann
    aber braucht es deutlich mehr als ein „Bitte! Bitte!“ ohne
    jedwede Durchschlagskraft.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Die EU-Kommission war da mit ihrem Vorschlag wech-
    selseitiger Mitwirkungsrechte deutlich mutiger. Wenn
    Sie so etwas aus Angst vor Blockaden nicht wollen, kön-
    nen Sie ja stattdessen den Weg über eine Stärkung des
    Koordinationsverwalters gehen.

    Bevor Sie allerdings ein wirkungsloses Gesetz verab-
    schieden, weil Ihnen nichts Besseres einfällt, sollten Sie
    lieber gar kein Gesetz machen.


    (Volker Kauder [CDU/CSU]: Na, na!)


    Denn letztlich, Herr Kauder, ist jede Rechtsänderung
    eine Belastung für die Praxis und sollte gut begründet
    sein. Ihre Gesetzesbegründung enthält allerdings mehr
    Gründe, warum Sie alle möglichen Regelungen gerade
    nicht vornehmen. Noch haben Sie Gelegenheit, nachzu-
    bessern. Wir werden Sie dabei kritisch begleiten.

    Vielen Dank.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)