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ID1801504700

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 18/15 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 15. Sitzung Berlin, Freitag, den 14. Februar 2014 I n h a l t : Zusatztagesordnungspunkt 7: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und SPD eingebrachten Entwurfs eines … Gesetzes zur Änderung des Abge- ordnetengesetzes und eines … Gesetzes zur Änderung des Europaabgeordnetengesetzes Drucksache 18/477 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1107 B in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 8: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und SPD eingebrachten Entwurfs eines … Strafrechtsänderungsgesetzes – Erweiterung des Straftatbestandes der Ab- geordnetenbestechung Drucksache 18/476 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1107 B in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 9: Erste Beratung des von der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zum Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Korruption Drucksache 18/478 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1107 B Michael Grosse-Brömer (CDU/CSU) . . . . . . 1107 D Dr. Petra Sitte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 1109 B Christine Lambrecht (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 1110 B Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . . . . 1112 B Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1113 C Max Straubinger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 1114 B Halina Wawzyniak (DIE LINKE) . . . . . . . . . 1115 D Dr. Eva Högl (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1116 C Katja Keul (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1117 D Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU/CSU) . 1118 D Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1120 A Tagesordnungspunkt 14: Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN: Die Demokratie verteidigen im digi- talen Zeitalter Drucksache 18/182 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1120 D Katrin Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1121 A Thomas Jarzombek (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 1122 D Halina Wawzyniak (DIE LINKE) . . . . . . . . . 1124 C Matthias Schmidt (Berlin) (SPD) . . . . . . . . . . 1126 B Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1128 A Clemens Binninger (CDU/CSU) . . . . . . . . 1129 A Dr. Tim Ostermann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 1130 A Petra Pau (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . 1131 B Michelle Müntefering (SPD) . . . . . . . . . . . . . 1132 A Andrea Lindholz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 1133 C Gerold Reichenbach (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 1135 A Halina Wawzyniak (DIE LINKE) . . . . . . . 1136 B Inhaltsverzeichnis II Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 15. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. Februar 2014 Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1137 B Gerold Reichenbach (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 1137 C Nina Warken (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 1137 D Dr. Volker Ullrich (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 1139 A Marian Wendt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 1139 D Tagesordnungspunkt 15: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Erleichterung der Bewältigung von Kon- zerninsolvenzen Drucksache 18/407 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1141 B Christian Lange, Parl. Staatssekretär BMJV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1141 C Richard Pitterle (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 1142 C Dr. Heribert Hirte (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 1143 C Katja Keul (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1145 C Dr. Karl-Heinz Brunner (SPD) . . . . . . . . . . . . 1146 C Alexander Hoffmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . 1147 C Tagesordnungspunkt 16: Antrag der Abgeordneten Nicole Gohlke, Diana Golze, Dr. Rosemarie Hein, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: BAföG-Reform zügig umsetzen Drucksache 18/479 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1148 D Nicole Gohlke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 1148 D Dr. Stefan Kaufmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . 1150 B Kai Gehring (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1152 A Oliver Kaczmarek (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 1153 A Nicole Gohlke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . 1154 A Katrin Albsteiger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 1154 D Saskia Esken (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1156 A Cemile Giousouf (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 1156 D Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1158 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 1159 A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1160 A Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 15. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. Februar 2014 1107 (A) (C) (D)(B) 15. Sitzung Berlin, Freitag, den 14. Februar 2014 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    (D) Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 15. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. Februar 2014 1159 (A) (C) (B) Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten (D) Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Aken, Jan van DIE LINKE 14.02.2014 Alpers, Agnes DIE LINKE 14.02.2014 Bätzing-Lichtenthäler, Sabine SPD 14.02.2014 Beckmeyer, Uwe SPD 14.02.2014 Brantner, Dr. Franziska BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 14.02.2014 Brase, Willi SPD 14.02.2014 Durz, Hansjörg CDU/CSU 14.02.2014 Ebner, Harald BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 14.02.2014 Ernst, Klaus DIE LINKE 14.02.2014 Fischer (Hamburg), Dirk CDU/CSU 14.02.2014 Dr. Gauweiler, Peter CDU/CSU 14.02.2014 Golze, Diana DIE LINKE 14.02.2014 Grindel, Reinhard CDU/CSU 14.02.2014 Heller, Uda CDU/CSU 14.02.2014 Höger, Inge DIE LINKE 14.02.2014 Höhn, Bärbel BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 14.02.2014 Holzenkamp, Franz- Josef CDU/CSU 14.02.2014 Ilgen, Matthias SPD 14.02.2014 Irlstorfer, Erich CDU/CSU 14.02.2014 Jelpke, Ulla DIE LINKE 14.02.2014 Juratovic, Josip SPD 14.02.2014 Korte, Jan DIE LINKE 14.02.2014 Krellmann, Jutta DIE LINKE 14.02.2014 Künast, Renate BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 14.02.2014 Lischka, Burkhard SPD 14.02.2014 Maisch, Nicole BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 14.02.2014 Mattfeldt, Andreas CDU/CSU 14.02.2014 Movassat, Niema DIE LINKE 14.02.2014 Nouripour, Omid BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 14.02.2014 Rabanus, Martin SPD 14.02.2014 Rüthrich, Susann SPD 14.02.2014 Schieder (Schwandorf), Marianne SPD 14.02.2014 Schlecht, Michael DIE LINKE 14.02.2014 Schmidt (Fürth), Christian CDU/CSU 14.02.2014 Schmidt (Wetzlar), Dagmar SPD 14.02.2014 Schulte-Drüggelte, Bernhard CDU/CSU 14.02.2014 Dr. Steinmeier, Frank- Walter SPD 14.02.2014 Stritzl, Thomas CDU/CSU 14.02.2014 Strothmann, Lena CDU/CSU 14.02.2014 Dr. Terpe, Harald BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 14.02.2014 Thönnes, Franz SPD 14.02.2014 Dr. Troost, Axel DIE LINKE 14.02.2014 Walter-Rosenheimer, Beate BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 14.02.2014 Weber, Gabi SPD 14.02.2014 Dr. Wilms, Valerie BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 14.02.2014 Zdebel, Hubertus DIE LINKE 14.02.2014 Zimmermann, Pia DIE LINKE 14.02.2014 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Anlagen 1160 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 15. Sitzung. Berlin, Freitag, den 14. Februar 2014 (A) (C) (D)(B) Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat mit- geteilt, dass sie den Antrag Änderung der Geschäfts- ordnung des Deutschen Bundestages zwecks Siche- rung der Minderheitenrechte der Opposition im 18. Deutschen Bundestag auf Drucksache 18/183 zu- rückzieht. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat mit- geteilt, dass sie den Entwurf eines Gesetzes zur Siche- rung der Oppositionsrechte in der 18. Wahlperiode des Deutschen Bundestages auf Drucksache 18/184 zurückzieht. Die folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass sie gemäß § 80 Absatz 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absehen: Auswärtiger Ausschuss – Unterrichtung durch die deutsche Delegation in der Inter- parlamentarischen Union 128. Versammlung der Interparlamentarischen Union vom 22. bis 27. März 2013 in Quito, Ecuador Drucksachen 18/81, 18/305 Nr. 1 – Unterrichtung durch die Delegation des Deutschen Bundes- tages in der Ostseeparlamentarierkonferenz 22. Jahrestagung der Ostseeparlamentarierkonferenz vom 25. bis 27. August 2013 in Pärnu, Estland Drucksachen 18/158, 18/305 Nr. 10 Haushaltsausschuss – Unterrichtung durch die Bundesregierung Offsetdruc sellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 K Haushaltsführung 2013 Mitteilung gemäß § 37 Absatz 4 der Bundeshaushalts- ordnung über die Einwilligung in eine überplanmäßige Ausgabe bei Kapitel 30 02 Titel 632 50 – BAföG – Schü- lerinnen und Schüler – bis zur Höhe von 83 Mio. Euro Drucksachen 18/327, 18/413 Nr. 1.2 Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden Unionsdokumente zur Kenntnis genommen oder von ei- ner Beratung abgesehen hat. Auswärtiger Ausschuss Drucksache 18/419 Nr. A.4 EP P7_TA-PROV(2013)0333 Drucksache 18/419 Nr. A.5 EP P7_TA-PROV(2013)0378 Drucksache 18/419 Nr. A.6 EP P7_TA-PROV(2013)0379 Drucksache 18/419 Nr. A.11 EP P7_TA-PROV(2013)0453 Drucksache 18/419 Nr. A.15 Ratsdokument 11482/13 Drucksache 18/419 Nr. A.17 Ratsdokument 14042/13 Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft Drucksache 18/419 Nr. A.95 Ratsdokument 13834/13 Drucksache 18/419 Nr. A.96 Ratsdokument 16120/13 Drucksache 18/419 Nr. A.97 Ratsdokument 18152/13 Drucksache 18/419 Nr. A.98 Ratsdokument 18153/13 Drucksache 18/419 Nr. A.99 Ratsdokument 18171/13 kerei, Bessemerstraße 83–91, 1 öln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de 22 15. Sitzung Inhaltsverzeichnis ZP 7 bis 9 Abgeordnetengesetz, Abgeordnetenbestechung TOP 14 Demokratie im digitalen Zeitalter TOP 15 Bewältigung von Konzerninsolvenzen TOP 16 BAföG-Reform Anlagen
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Michelle Müntefering


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


    Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen!

    Eine Bemerkung vorab: Ich bin gerade etwas mehr als
    100 Tage hier, und das ist meine erste Rede an diesem
    Pult. Ich habe mich aber im Plenarsaal umgesehen. In
    diesen kleinen Schubladen vor Ihnen kann man nicht nur
    gut Bonbonpapiere verschwinden lassen, sondern darin
    findet sich auch das vielleicht stärkste Stück deutscher
    Demokratie. Darin liegt ein Buch, so groß wie eine Post-
    karte, das Stück Papier, das nichts von seiner Kraft und
    von seiner Stärke eingebüßt hat seit dem Tag, an dem es
    von unseren Müttern und Vätern verabschiedet wurde;
    ich müsste wohl eher sagen: von unseren Großmüttern
    und Großvätern. Das Grundgesetz zu beschützen, dazu
    haben wir uns gemeinsam verpflichtet. Um nichts weni-
    ger geht es auch in dieser Debatte heute hier: die Demo-
    kratie verteidigen im digitalen Zeitalter.


    (Beifall bei der SPD)


    „Ungefährdet ist Demokratie nie“ – so formulierte es
    Heinz Westphal, ehemals Bundestagsvizepräsident und
    Abgeordneter meiner Heimatstadt Herne. Er sprach aus
    den Erfahrungen einer anderen Zeit, einer Zeit fernab
    der Demokratie, die uns ewig Mahnung bleiben muss,
    auch meiner Generation. Heute ist Demokratie in
    Deutschland – bei allen Abstrichen – ein gelungener Teil
    unseres Zusammenlebens. Ungefährdet jedoch ist sie
    auch heute nicht, auch nicht in einer veränderten, in ei-
    ner digitalisierten Welt. Das gilt insbesondere mit Blick
    auf Möglichkeiten der Überwachung, der Aufzeichnung,
    Speicherung und Analyse durch die von Menschen ge-
    machten Maschinen. Das hat uns Edward Snowden
    schmerzvoll vor Augen geführt.

    Dass zahlreiche Schriftstellerinnen und Schriftsteller
    jetzt aufschreien: „Ein Mensch unter Beobachtung ist
    niemals frei; und eine Gesellschaft unter ständiger Be-
    obachtung ist keine Demokratie mehr“, muss uns zum
    Handeln bewegen. Aufklärung muss der erste Schritt
    sein. Für diese Aufklärung allerdings gilt der Satz einer
    deutschen Schriftstellerin, die diesen Aufruf nicht mehr
    unterzeichnen konnte, Ingeborg Bachmann: „Die Wahr-
    heit ist dem Menschen zumutbar.“

    Als Parlamentarier brauchen wir den Mut, den Men-
    schen nichts vorzumachen und uns selbst auch nicht.
    Meine Generation ist mitten in die digitale Revolution
    hineingeboren. Die Schallplattensammlung tragen wir
    täglich im Handy mit uns herum. Wir zoomen Bild-
    schirme per Fingerzeig, und wir fragen nicht nach dem
    Weg, sondern programmieren das Navigationssystem.
    Wenn wir Fragen stellen, dann antworten manchmal
    auch Wikipedia oder Siri; das ist die digitale Gesprächs-
    partnerin aus dem iPhone.

    Aber Digitalisierung ist viel mehr. Sie verändert wirt-
    schaftliche Zusammenhänge. Sie eröffnet neue Ge-
    schäftsmodelle, sie wirkt sich auf das staatliche Handeln
    aus, und sie reicht auch tief in die Privatheit des Einzel-
    nen. Wir sind in der Verantwortung dafür, ob wir unser
    Wissen für ein selbstbestimmtes Leben und für den Fort-
    schritt nutzen, ob wir die Chancen erkennen und die Ri-
    siken in den Griff kriegen.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN)


    Unsere Aufgabe ist es, wieder eine Balance zwischen
    Freiheit und Sicherheit zu finden. Das geht; das kann
    man hinkriegen.

    Es ist offensichtlich: Der Missbrauch durch Geheim-
    dienste, auch durch Unternehmen und staatliche Institu-
    tionen hat zu großem Vertrauensverlust geführt. Wenn
    ich schon von Generationen spreche: Nicht nur meine
    Generation hat in den letzten Jahren einen tiefen Vertrau-
    ensverlust in Bezug auf demokratische Prozesse, rechts-
    staatliches Handeln und den Primat der Politik erlitten.

    Doch gerade für die jungen Menschen im Land ist die
    tiefe Bindung zwischen Deutschland und den USA
    längst nicht mehr selbstverständlich, auch nicht selbst
    erlebt. Weil aber Amerika nicht nur in der Beziehung zu
    Deutschland ein besonderes Land ist, muss man es an-
    sprechen: Es gibt sie noch, die Hoffnung auf die Zukunft
    der Demokratie. Deswegen ist es fatal, wenn diese Hoff-
    nung Risse bekommt.

    Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier hat an
    dieser Stelle ein Völkerrecht für das Internet gefordert.
    Ich will einen Schritt weitergehen: Es braucht multilate-
    rale Verabredungen darüber, wie man miteinander um-
    geht, und darüber, was man nicht tut.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Eine Cyberrechtskonvention etwa müsste von Deutsch-
    land aus in der Welt vorangetrieben werden. Sie könnte
    von anderen Ländern – nicht nur in Europa – unterstützt
    und ratifiziert werden. Das wäre ein Schritt in die rich-
    tige Richtung.

    Wir müssen darauf achten, dass sich in einer digitali-
    sierten Welt ein Ideal nicht durchsetzt: „Je berechenba-
    rer, desto gesünder, effizienter und funktionsfähiger der
    Mensch“; denn das können unsere Großväter und Groß-
    mütter nicht gemeint haben mit „Die Würde des Men-
    schen ist unantastbar“. Das Grundgesetz verbietet es,
    den Menschen zum Informationsobjekt zu machen.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Die Herausforderungen stammen aus der analogen
    Welt; aber sie sind geblieben. Es gilt, sie zu übertragen.
    Wir müssen darüber entscheiden, wie ein digitaler Markt
    auch ein demokratiekonformer Markt sein kann, wie der
    Staat die Rechte der Bürger auch im weltweiten Netz ge-






    (A) (C)



    (D)(B)

    Michelle Müntefering

    währleistet, wie Eingriffe in die Privatsphäre geahndet
    werden. Dann kann es gelingen, die Demokratie in der
    digitalisierten Welt nicht bloß zu verteidigen, sondern sie
    durch Mitbestimmung, Aufklärung und Bildung für eine
    neue Generation, für eine digital mündige Generation zu
    stärken.

    Deswegen noch ein paar Worte zu den Forderungen
    der Bündnisgrünen. Ja, wir müssen Menschen schützen,
    die ihr Leben einsetzen, um Rechtsstaatlichkeit zu be-
    wahren. Diejenigen, die Grundrechte verletzen, müssen
    sich erklären und verantworten. Ein Parlament, das
    Grundrechte schützen soll, muss auch über Risiken infor-
    miert sein. Hier gilt es aber auch, unseren selbstgewählten
    Vertretern im Parlamentarischen Kontrollgremium zu
    vertrauen. Bezüglich der Vorratsdatenspeicherung kann
    man Minister Maas nur unterstützen, die Unterscheidung
    des EuGH jetzt abzuwarten.

    Verehrte Kolleginnen und Kollegen, Sie erwecken
    hier den Eindruck, als würden wir nichts oder das Fal-
    sche tun. Aber wir haben einen ersten Schritt gemacht
    – wir haben einen NSA-Untersuchungsausschuss einge-
    setzt –, und einen zweiten Schritt machen wir mit dem
    Einsetzen des Ausschusses Digitale Agenda. Einen drit-
    ten machen wir mit der Überführung der Stiftung Daten-
    schutz in die Stiftung Warentest, und einen vierten, in-
    dem wir auch Datenschutz und Bürgerrechte vor dem
    Hintergrund eines Marktwächters „digitale Welt“ stär-
    ken.

    Ich sage Ihnen auch, wo in Ihrem Antrag Verbesse-
    rungsbedarf besteht: Auf dem verbraucherpolitischen
    Auge nämlich ist er blind. Der Bürger als Verbraucher
    wird in Ihrem Antrag kein einziges Mal erwähnt. Es sind
    aber die Verbraucher, die Bücher, Filme und Reisen im
    Internet kaufen, die über das Netz private Beziehungen
    pflegen und ihrem Computer sensible Daten anvertrauen.
    Sie müssen wir vor Missbrauch schützen. Deswegen muss
    es zukünftig auch eine gesetzliche Regelung dazu geben,
    dass Unternehmen, die etwa im Scoringverfahren mit
    Daten handeln, verpflichtet werden, gegenüber einer Be-
    hörde anzuzeigen, welche Daten sie verwenden. Hier ist
    der Gesetzgeber gefordert.

    Klagen und Anklagen stellen nicht Vertrauen wieder
    her. Verbraucherbildung, Verbraucherinformation und
    Verbraucheraufklärung kommen bei Ihnen jedoch über-
    haupt nicht vor.

    Techniken zum Schutz der Privatsphäre zu fördern,
    kann ein richtiger Ansatz sein; ganz sicher werden der
    verstärkte Einsatz von Verschlüsselungstechniken, hohe
    Datenschutzstandards und eine Technikfolgenabschät-
    zung für Infrastrukturen wichtiger.

    Klare Regeln braucht es ebenfalls: Persönliche Daten
    zu missbrauchen, muss ebenso bestraft werden, wie eine
    Tonne mit Chemikalien in den Wald zu schmeißen.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Verehrte Kolleginnen und Kollegen, es gibt viel zu
    tun im digitalen Zeitalter, auch wenn wir dem Antrag der
    Bündnisgrünen heute so nicht zustimmen. Wir werden
    aber im Ausschuss noch im Detail darüber sprechen, mit
    welchen Mitteln wir unsere Demokratie im digitalen
    Zeitalter verteidigen. Einen ersten Aufschlag hat die
    GroKo gemacht.

    Ich freue mich, dass ich mithelfen darf, bedanke mich
    für Ihre Aufmerksamkeit und schließe mit einem tradi-
    tionell analogen Gruß aus meiner Heimat, dem Berg-
    mannsgruß: Glück auf!


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)




Rede von Petra Pau
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DIE LINKE.)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)

Kollegin Müntefering, ich gratuliere Ihnen zu Ihrer

ersten Rede im Deutschen Bundestag und wünsche Ih-
nen viel Erfolg für Ihre weitere Arbeit.


(Beifall)


Das Wort hat die Kollegin Andrea Lindholz für die
CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Andrea Lindholz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)


    Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen

    und Herren! Im Kern dreht sich die heutige Debatte nicht
    nur um das völlig inakzeptable Vorgehen einiger Nach-
    richtendienste, sondern um eine der zentralen Herausfor-
    derungen des 21. Jahrhunderts: Wie können wir unsere
    nationalen Rechte in einer globalen Ordnung verankern
    und sie gleichzeitig von der realen Welt in eine grenzen-
    lose und sich stetig weiterentwickelnde digitale Welt
    übertragen?

    Als Antwort auf diese komplexe Frage gibt unser Ko-
    alitionsvertrag als Ziel ein „Völkerrecht des Netzes“ aus,
    um den Grundrechten der Bürgerinnen und Bürger auch
    im grenzenlosen Internet Geltung zu verschaffen. Dieses
    Ziel ist im Grundsatz absolut richtig. Natürlich brauchen
    wir auch im Internet verlässliche Regeln, die dem Ein-
    zelnen den Schutz seiner Grundrechte, den Schutz vor
    Kriminalität, staatlicher Willkür oder unternehmeri-
    schem Missbrauch sichern. In diesem Punkt herrscht Ei-
    nigkeit. Wir diskutieren heute also nicht über das Ziel,
    sondern über den richtigen Weg dorthin.

    Wenn man den Maßnahmenkatalog des Antrags
    durchliest, bekommt man den Eindruck, Deutschland
    solle diesen schwierigen Weg unbedingt allein gehen. Es
    wird unter anderem gefordert, dass die USA sich vor
    dem UN-Menschenrechtsausschuss verantworten sollen
    und dass Großbritannien auf EU-Ebene mit einem Ver-
    tragsverletzungsverfahren überzogen wird. Ich kann verste-
    hen, dass man angesichts der schwerwiegenden Vorwürfe
    und des unannehmbaren Verhaltens hart durchgreifen
    möchte. Diese Maßnahmen sind langfristig aber nicht
    zielführend.

    Ein „Völkerrecht des Netzes“, das diesen Namen ver-
    dient, werden wir niemals gegen die USA und Großbri-
    tannien durchsetzen können, sondern nur gemeinsam mit
    ihnen.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Karl-Heinz Brunner [SPD])







    (A) (C)



    (D)(B)

    Andrea Lindholz

    Man darf nicht vergessen, dass Länder wie Russland
    oder China dieses Thema ganz anders beurteilen.

    Natürlich müssen wir Amerikanern und Briten klar-
    machen, dass der Rechtsstaat im digitalen Zeitalter nicht
    an Landesgrenzen aufhört und dass wir die aktuellen
    Vorkommnisse auf das Schärfste verurteilen. Das Inter-
    net darf für niemanden ein rechtsfreier Raum sein.

    Die Bundesregierung lässt dem Generalbundesan-
    walt zu Recht freie Hand bei der Entscheidung, ob ein
    Ermittlungsverfahren eröffnet wird. Allein mit deut-
    schem Strafrecht aber – das ist unabhängig vom Ergeb-
    nis seiner Prüfung – werden wir die Bürgerrechte im glo-
    balen Netz nicht schützen.

    Bereits in der Debatte im November wurden an dieser
    Stelle einige Aufgabenfelder für uns aufgezeigt. In
    Deutschland muss das IT-Sicherheitsgesetz verabschie-
    det werden und müssen Sicherheitslücken in unserer
    IT-Infrastruktur konsequent geschlossen werden. Auf
    europäischer Ebene müssen wir die EU-Datenschutz-
    Grundverordnung gewissenhaft umsetzen. Innenminister
    Friedrich hat erst in dieser Woche im Innenausschuss ge-
    äußert: Sie muss sitzen.


    (Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Innenminister Friedrich?)


    – Entschuldigung! Danke. Innenminister de Maizière.

    Die Rede von US-Präsident Obama zur NSA-Affäre
    vom 17. Januar war kein Grund zum Jubeln. Obama hat
    aber öffentlich anerkannt, dass einer demokratischen Na-
    tion wie den USA die Bürgerrechte anderer Nationen
    nicht gleichgültig sein dürfen. Die US-Regierung sieht
    endlich Handlungsbedarf. Im Kongress und in der Be-
    völkerung wird die Kritik an den eigenen Diensten im-
    mer lauter. Diesen Prozess des Umdenkens müssen wir
    vorantreiben. Die bisherigen Interventionen der Bundes-
    regierung haben dazu sicherlich beigetragen.

    Wenn wir aber nun, wie im Antrag gefordert, die be-
    stehenden Abkommen mit den USA einseitig aufkündi-
    gen, dann frieren wir den laufenden Dialog ein.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Karl-Heinz Brunner [SPD])


    Das seit 2010 diskutierte Datenschutzabkommen zwi-
    schen der EU und den USA wäre dann endgültig hinfäl-
    lig. Die bestehenden Abkommen – darin sind wir uns
    doch einig – sollen reformiert und ausgebaut werden.
    Auch in den Beratungen zum Freihandelsabkommen mit
    den USA muss der Datenschutz neben vielen anderen
    Fragen, die dort zu klären sind, eine zentrale Rolle spie-
    len. Solche Verträge zwischen der EU und den USA sind
    doch der beste Ansatz, um unsere Standards in den USA
    nachhaltig zu verankern. Würden wir den Forderungen
    im Antrag folgen, gefährdeten wir die notwendigen Ver-
    handlungen. Deswegen ist dieser Antrag abzulehnen.

    Der Antrag enthält aber auch obsolet gewordene For-
    derungen. Die Kontrolle der deutschen Geheimdienste
    obliegt dem Parlamentarischem Kontrollgremium. Zu-
    dem werden wir den NSA-Untersuchungsausschuss ein-
    setzen. Wir hoffen, damit neben Transparenz auch für
    Aufklärung zu sorgen.

    Ich möchte an dieser Stelle auf die grundsätzliche
    Notwendigkeit von handlungsfähigen Geheimdiensten
    hinweisen. Diese Meinung teilt im Übrigen auch Edward
    Snowden. Er hat in einem Internet-Chat geschrieben:

    Nachrichtendienste müssen eine Rolle spielen. Die
    Leute auf der Arbeitsebene bei NSA, CIA oder je-
    dem anderen Mitglied der nachrichtendienstlichen
    Gemeinschaft sind nicht unterwegs, um euch zu
    kriegen. Es sind gute Leute, die versuchen, das
    Richtige zu tun.

    Ich plädiere daher dafür, die Diskussion über Bürger-
    rechte im Netz auf eine strategische Weise zu führen.
    Letztendlich bringt uns das beste Abkommen nichts,
    wenn es nur bilateral geschlossen oder auf der Entschei-
    dungsebene ignoriert wird.

    Rechtsstaatliche Werte müssen in einer Demokratie
    für Entscheidungsträger selbstverständliche Grundlage
    ihres Handelns sein. Wir brauchen einen fundamentalen
    Kulturwandel im Umgang mit dem Internet und unseren
    digitalen Möglichkeiten auf allen Ebenen. Wir müssen
    auch erkennen: Je mehr Bereiche unseres Alltages wir in
    das Internet verlagern, desto dringender werden natür-
    lich Fragen nach dem Verhältnis von Sicherheit und
    Freiheit im Netz. Wer die Vorratsdatenspeicherung nicht
    einführen will – wir werden dazu in der nächsten Woche
    sicherlich noch Diskussionen in diesem Hause führen –,
    muss den Opfern und Angehörigen bei schweren Strafta-
    ten und Gefahr für Leib und Leben erklären, warum er
    diese Vorratsdatenspeicherung ablehnt.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Karl-Heinz Brunner [SPD])


    Laut Polizeilicher Kriminalstatistik stieg die Internet-
    kriminalität allein im Jahr 2012 um fast 8 Prozent. Die
    Delikte aus dem Bereich „Datenveränderung, Compu-
    tersabotage“ nahmen um 134 Prozent zu. Die Dunkelzif-
    fer dürfte noch höher sein; denn bekanntermaßen werden
    viele Verbrechen im Internet, in der digitalen Welt gar
    nicht erst zur Anzeige gebracht.

    Freiheit und Sicherheit sind zwei Seiten derselben
    Medaille. Es gibt keine echte Freiheit im weltweiten
    Netz, wenn dort das Recht des Stärkeren herrscht, egal
    ob es ein Geheimdienst, ein Wirtschaftsunternehmen
    oder ein einzelner krimineller Hacker ist. Nur gemein-
    sam können wir internationale Lösungen finden – nur
    miteinander, nicht gegeneinander –, um unsere bürgerli-
    chen Grundrechte, so wie es im Antrag gefordert wird, in
    der digitalen Welt zu verankern.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)