Rede von
Matthias
Ilgen
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr
Kollege Gambke, weil Sie so viel von Besoffenreden ge-
sprochen haben, würde ich gerne nachher mit Ihnen ei-
nen Schnaps trinken, auf dass wir uns gemeinsam an den
guten Zahlen dieses Jahres erfreuen können. Denn ich
finde, sie geben Anlass zur Freude.
Wir reden heute über das ERP-Sondervermögen und
die Frage, wie man damit umgeht. Ich möchte mit einem
Zitat des damaligen US-Außenministers George Mar-
shall einsteigen, der in einer Rede am 5. Juni 1947 an der
Harvard University folgende Worte sprach:
Unsere Politik richtet sich … gegen Hunger, Armut,
Verzweiflung und Chaos. Ihr Zweck ist die Wieder-
belebung einer funktionierenden Weltwirtschaft,
damit die Entstehung politischer und sozialer Be-
dingungen ermöglicht wird, unter denen freie Insti-
tutionen existieren können.
Das war damals nach dem Krieg – Sie haben das ange-
sprochen, Herr Kollege – die Grundlage für den Wieder-
aufbau auch in der Bundesrepublik Deutschland.
Es ist aber gut und klug, dass wir schon damals in ei-
nigen Nuancen anders mit den Mitteln aus dem Mar-
shallplan umgegangen sind, als unsere europäischen
Nachbarn dies vielleicht getan haben. Wir haben näm-
lich einen großen Teil dieses Vermögens erhalten und
schütten seit sechseinhalb Jahrzehnten im Grunde ge-
nommen lediglich Zinsgewinne aus, die wir für die Ver-
billigung von Krediten einsetzen, wie wir eben schon
mehrfach gehört haben, womit wir über die Jahre eine,
wie ich finde, hervorragende Mittelstands- und Kleinun-
ternehmerförderung in diesem Land aufgebaut haben.
Das wollen wir auch in diesem Jahr fortsetzen.
Wie wir gehört haben, bewirken circa 340 Millionen
Euro einen Hebel von 6,7 Milliarden Euro an Krediten in
diesem Bereich. Wenn man sich die volkswirtschaftli-
chen Effekte, die dadurch entstehen – vom gesamten
Kreditvolumen werden oft nur 10 bis 15 Prozent durch
eine Hausbank gewährt –, und die gesamte volkswirt-
schaftliche Wertschöpfung anschaut, dann stellt man
fest, dass es sich um einen gewaltigen Hebel handelt, der
mit diesem im Vergleich zu den Mitteln des Bundeshaus-
halts kleinen Geld ausgelöst wird.
Ich stimme ausdrücklich der Bewertung unseres Bun-
desministers Sigmar Gabriel zu, der in den vergangenen
Tagen gesagt hat: Es ist richtig, dass wir einen Schwer-
punkt auf Unternehmensgründungen und Innovationen
setzen, dass wir aber auch schauen müssen, was wir in
Zukunft in der Wachstumsphase von Unternehmen ma-
chen werden. – Hier wird man sehen, ob das Programm
in den nächsten Jahren anzupassen ist. Wir haben
schließlich Aufholbedarf gegenüber den angelsächsi-
schen Ländern, wenn es um Beteiligungskapital bzw.
Venture Capital geht. Wir müssen darüber nachdenken,
wie wir es schaffen, Risikofinanzierung auch in Wachs-
tumsphasen sicherzustellen, also dann, wenn die Unter-
nehmen über die erste Schwelle der Gründung hinweg
sind und meistens die größten Schwierigkeiten haben,
entsprechende Angebote auf dem Markt zu finden, wenn
sie wachsen wollen. Wir werden als SPD-Fraktion im
Wirtschaftsausschuss darauf achten, dass wir hier in Zu-
kunft ein Stück aufholen.
Ebenso wichtig wird es sein, auf den Forschungsbe-
reich zu achten. Auch hier kann man von den Angelsach-
sen manchmal lernen. Wir sollten genau hinschauen, was
die Angelsachsen in ihren Exzellenzclustern rund um
Universitäten – bei uns auch rund um Fachhochschu-
len – tun, um Existenzgründungen zu erleichtern und
beispielsweise einen jungen Hochschulabsolventen zu
motivieren, nach seinem Studium eine marktreife Pro-
duktidee zügig in eine Geschäftsidee umzusetzen, ein
Unternehmen zu gründen und so wirtschaftliche Effekte
zu erzielen. Ein Mangel in Deutschland ist, dass das zu
lange dauert. Es gibt gute erste Modellansätze, zum Bei-
spiel das Business-Angels-Modell. Die Schwierigkeit
ist, dass wir in Deutschland zu langsam sind. Auf diese
Art Venture Capital zu generieren, ist zwar erfolgreich.
Aber das Problem ist einfach, dass es bis zu fünf Jahre
dauert. Das ist eine Innovationsbremse. Ich hoffe, dass
wir das in den nächsten Jahren ein Stück weit korrigieren
können. Dabei müssen wir auch über andere Maßnah-
men nachdenken.
Ich möchte auch schließen mit einem Zitat von Herrn
Marshall, das ich ganz gut finde: „Kleine Taten, die man
ausführt, sind besser als große, die man plant.“ In diesem
Sinne wird die SPD-Fraktion dem Gesetzentwurf zu-
stimmen.
Vielen Dank.