Rede von
Halina
Wawzyniak
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(DIE LINKE.)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kolleginnen
und Kollegen! Wir debattieren heute die Einsetzung ei-
nes neuen Ausschusses, des Ausschusses Digitale
Agenda. Das gab es noch nie. Dass es ihn nun gibt, ist in
allererster Linie der Enquete-Kommission „Internet und
digitale Gesellschaft“ zu verdanken, die die Einsetzung
dieses Ausschusses einmütig gefordert hat. Aber auch
zahlreichen Netzaktivistinnen und Netzaktivisten ist es
zu verdanken, die nicht müde wurden, netzpolitische
Themen auf die Tagesordnung zu bringen und die Wich-
tigkeit des Themas so oft zu betonen, dass selbst die
Union irgendwann einsehen musste, dass man Netzpoli-
tik nicht mal so nebenbei abfrühstücken kann.
Nun haben wir also einen Ausschuss, der sich allein
mit netzpolitischen Themen befasst. Das hätten wir
schon vor zwei Monaten haben können, hätte es da nicht
diverse Zwistigkeiten innerhalb der Großen Koalition
gegeben. Das ging sogar so weit, dass man nicht richtig
wusste, wie der Ausschuss überhaupt heißen soll. Wenn
Sie sich nicht einmal über den Namen einig werden kön-
nen, will ich gar nicht wissen, wie es ist, wenn es um In-
halte geht. Das werden sicherlich vier spannende Jahre
mit Ihnen.
Ich persönlich hätte es im Übrigen ganz gut gefunden,
wenn der Ausschuss „Internet und digitale Agenda“ ge-
heißen hätte. Das sagt am besten aus, worum es geht. Im
Übrigen müssten wir dann nicht auf Twitter diskutieren,
wie der neue Hashtag heißt.
Alles gut also? Leider nicht. Die Große Koalition
bleibt auf halbem Weg stecken. Anstatt die Netzpolitik
bei einem Ansprechpartner zu bündeln, zum Beispiel in
Gestalt eines Staatssekretärs – da gibt es relativ viele –,
bleibt das Thema in der Bundesregierung zersplittert und
auf zahlreiche Ministerien aufgeteilt. Der eine Minister
kümmert sich um den Breitbandausbau, ein anderer um
die Netzneutralität, wieder ein anderer kümmert sich um
Urheberrecht und Datenschutz, dann gibt es noch einen
für den Verbraucherschutz. Ich könnte das jetzt weiter-
führen und würde auf ungefähr elf Ministerien kommen,
die sich irgendwie mit netzpolitischen Themen beschäf-
tigen.
Dann gibt es, wie man so hört, gleich Gerangel
zwischen Superminister Gabriel und Doch-nicht-Inter-
netminister Dobrindt um einzelne Referate. Alle wollen
irgendwie bei der Netzpolitik mitreden. Das ist eigent-
lich schön; denn es zeigt, dass das Thema angekommen
ist. Besser spät als nie, könnte man sagen. Doch Kompe-
tenzgerangel bringt uns irgendwie nicht weiter, erst recht
nicht in der Sache.
Der Ausschuss könnte wiederum einen Beitrag leis-
ten, dieses Kompetenzgerangel aufzulösen. Doch das
kann nur funktionieren – jetzt kommen wir zu des Pudels
Kern –, wenn er bei netzpolitischen Themen federfüh-
rend ist.
Andernfalls besteht nämlich die Gefahr, dass die Netz-
politikerinnen und Netzpolitiker der Fraktionen zwar
nett miteinander reden, das Ganze aber doch zu einer
Spielwiese verkommt und der Ausschuss am Ende über-
haupt nichts mehr zu entscheiden hat.
Nun sagt der Einsetzungsbeschluss – ich möchte gar
nicht drum herumreden, dass es durchaus Streit darüber
gab, ob Grüne und Linke ihn mittragen – im Hinblick
auf die Federführung nicht wirklich aus, was gemeint ist.
Ich hätte mir da etwas mehr Klarheit gewünscht. In der
Begründung steht, dass er „in der Regel mitberatend tä-
tig werden“ soll. Glücklicherweise stimmen wir nicht
über Begründungen ab, und deswegen hat der Bundes-
tag, also alle Abgeordneten, die Möglichkeit, netzpoliti-
sche Initiativen federführend und nicht mitberatend in
den Ausschuss Digitale Agenda zu überweisen. Von
dieser Möglichkeit sollten wir tatsächlich Gebrauch
machen.
Ich jedenfalls kann Ihnen versichern: Wann immer
Sie irgendetwas, das vorwiegend Netzpolitik betrifft, fe-
derführend in einen anderen Ausschuss überweisen wol-
len, werden wir darüber hier im Parlament abstimmen
lassen. Denn das Parlament entscheidet, ob der Aus-
schuss Digitale Agenda in netzpolitischen Themen eine
wichtige Rolle spielen wird. Jede und jeder von Ihnen,
die Sie hier alle sitzen, wird persönlich mitentscheiden
dürfen, ob ein netzpolitisches Thema federführend im
Ausschuss Digitale Agenda oder in einem anderen Aus-
schuss behandelt wird.
Trotz der Mängel wird die Linke die Einsetzung des
Ausschusses mittragen – ich habe darauf hingewiesen –,
weil wir es wichtig finden, dass es einen solchen Aus-
schuss überhaupt gibt. Und jetzt liegt es an uns, diesen
Ausschuss mit Leben zu füllen. Ob das funktioniert – ich
wiederhole mich da gerne –, liegt an uns allen, die wir
hier im Parlament sitzen.