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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 18/10 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 10. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 29. Januar 2014 I n h a l t : Änderung der Tagesordnung . . . . . . . . . . . . . 561 A Tagesordnungspunkt 1: Regierungserklärung durch die Bundes- kanzlerin mit anschließender Aussprache . . . 561 B Dr. Angela Merkel,  Bundeskanzlerin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 561 C Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 571 B Thomas Oppermann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 575 B Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 580 A Volker Kauder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 583 A Gerda Hasselfeldt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 586 B Monika Grütters, Staatsministerin  BK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 588 D Sigrid Hupach (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 592 A Dr. Eva Högl (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 592 D Ulle Schauws (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 594 C Michael Kretschmer (CDU/CSU) . . . . . . . . . 595 D Martin Dörmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 597 A Außen, Europa und Menschenrechte . . . . . 598 C Dr. Frank-Walter Steinmeier,  Bundesminister AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . 598 D Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) . . . . . . . . . 600 D Dr. Andreas Schockenhoff (CDU/CSU) . . . . . 601 D Dr. Frithjof Schmidt (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 603 C Frank Schwabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 605 A Dr. Diether Dehm (DIE LINKE) . . . . . . . . . . 606 A Thomas Strobl (Heilbronn) (CDU/CSU) . . . . 606 C Erika Steinbach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 608 C Tagesordnungspunkt 2: – Beschlussempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung: Fortsetzung der Entsendung bewaffneter deutscher Streitkräfte zur Verstärkung der inte- grierten Luftverteidigung der NATO auf Ersuchen der Türkei und auf Grundlage des Rechts auf kollektive Selbstverteidigung (Artikel 51 der Charta der Vereinten Nationen) sowie des Beschlusses des Nordatlantikrates vom 4. Dezember 2012 Drucksachen 18/262, 18/347. . . . . . . . . . . 609 D – Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung  Drucksache 18/382 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 610 A Dr. Rolf Mützenich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 610 A Sevim Dağdelen (DIE LINKE) . . . . . . . . . 610 D Jan van Aken (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 612 B Katrin Kunert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 613 C Roderich Kiesewetter (CDU/CSU) . . . . . . . . 614 C Dr. Franziska Brantner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 615 B Dr. Reinhard Brandl (CDU/CSU) . . . . . . . . . 616 B Sevim Dağdelen (DIE LINKE) . . . . . . . . . 616 D Inhaltsverzeichnis II Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 10. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. Januar 2014 Namentliche Abstimmung. . . . . . . . . . . . . . . . 618 A Ergebnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 620 D Tagesordnungspunkt 3: – Beschlussempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung: Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an der NATO-geführten Operation Active Endeavour im gesam- ten Mittelmeer Drucksachen 18/263, 18/348 . . . . . . . . . . . 618 C – Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung  Drucksache 18/383 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 618 C Niels Annen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 618 D Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 619 C Dr. Alexander S. Neu (DIE LINKE) . . . . . . . 623 A Peter Beyer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . 624 B Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 625 B Julia Bartz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . 625 D Stefan Liebich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 626 D Julia Bartz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . 627 A Namentliche Abstimmung. . . . . . . . . . . . . . . . 627 B Ergebnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 628 C Tagesordnungspunkt 4: a) – Antrag der Fraktionen CDU/CSU, SPD, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Einsetzung des Ver- trauensgremiums gemäß § 10a Ab- satz 2 der Bundeshaushaltsordnung Drucksache 18/358. . . . . . . . . . . . . . . . 627 C – Wahl der Mitglieder des Vertrauens- gremiums gemäß § 10a Absatz 2 der Bundeshaushaltsordnung Drucksache 18/359. . . . . . . . . . . . . . . . 627 C b) – Antrag der Fraktionen CDU/CSU, SPD, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Einsetzung eines Gremiums gemäß § 3 des Bundes- schuldenwesengesetzes Drucksache 18/360. . . . . . . . . . . . . . . . 627 C – Wahl der Mitglieder des Gremiums gemäß § 3 des Bundesschulden- wesengesetzes Drucksache 18/361. . . . . . . . . . . . . . . . 627 C c) Wahl der Mitglieder des Wahlausschus- ses für die vom Deutschen Bundestag zu berufenden Richter des Bundesverfas- sungsgerichts gemäß § 6 Absatz 2 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes Drucksachen 18/362, 18/363, 18/364, 18/365 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 627 C d) Wahl der Mitglieder des Ausschusses für die Wahl der Richter der obersten Gerichtshöfe des Bundes gemäß § 5 des Richterwahlgesetzes (Richterwahlaus- schuss) Drucksachen 18/366, 18/367, 18/368, 18/369 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 627 D Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 659 C, D; 660 A Tagesordnungspunkt 1: Regierungserklärung durch die Bundes- kanzlerin  (Fortsetzung der Aussprache) . . . . . . . . . . . . . 631 D Verteidigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 631 D Dr. Ursula von der Leyen, Bundesministerin BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 631 D Dr. Alexander S. Neu (DIE LINKE) . . . . . . . 633 D Albert Weiler (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 635 D Rainer Arnold (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 636 B Heike Hänsel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 637 A Niema Movassat (DIE LINKE) . . . . . . . . . 638 A Kathrin Vogler (DIE LINKE). . . . . . . . . . . 638 D Agnieszka Brugger (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 640 B Henning Otte (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 641 B Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 643 A Gabi Weber (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 643 C Florian Hahn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 645 A Doris Wagner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 645 D Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Ent- wicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 646 C Dr. Gerd Müller, Bundesminister  BMZ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 646 D Heike Hänsel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 649 B Dr. Bärbel Kofler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 650 B Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 651 D Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 10. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. Januar 2014 III Sibylle Pfeiffer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 652 D Niema Movassat (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 653 D Stefan Rebmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 655 A Claudia Roth (Augsburg) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 656 A Dagmar G. Wöhrl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 657 A Gabriela Heinrich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 658 C Nächste Sitzung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 660 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten. . . . . . 661 A Anlage 2 Erklärungen nach § 31 GO zur namentlichen Abstimmung über den Antrag der Bundesre- gierung: Fortsetzung der Entsendung bewaff- neter deutscher Streitkräfte zur Verstärkung der integrierten Luftverteidigung der NATO auf Ersuchen der Türkei und auf Grundlage des Rechts auf kollektive Selbstverteidigung (Artikel 51 der Charta der Vereinten Natio- nen) sowie des Beschlusses des Nordatlantik- rates vom 4. Dezember 2012 (Tagesordnungs- punkt 2) Cansel Kiziltepe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 661 B Sevim Dağdelen (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 661 D Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 10. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. Januar 2014 561 (A) (C) (D)(B) 10. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 29. Januar 2014 Beginn: 11.00 Uhr
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    (D) Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 10. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. Januar 2014 661 (A) (C) (B) Anlagen zum Stenografischen Bericht (D) Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage 2 Erklärungen nach § 31 GO zur namentlichen Abstimmung über den An- trag der Bundesregierung: Fortsetzung der Entsendung bewaffneter deutscher Streitkräfte zur Verstärkung der integrierten Luftverteidi- gung der NATO auf Ersuchen der Türkei und auf Grundlage des Rechts auf kollektive Selbst- verteidigung (Art. 51 der Charta der Vereinten Nationen) sowie des Beschlusses des Nordatlan- tikrates vom 4. Dezember 2012 (Tagesord- nungspunkt 2) Cansel Kiziltepe (SPD): Ich konnte der Mandats- verlängerung der Operation Active Fence nicht zustim- men.  Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Alpers, Agnes DIE LINKE 29.01.2014 Bätzing-Lichtenthäler, Sabine SPD 29.01.2014 Freese, Ulrich SPD 29.01.2014 Gerdes, Michael SPD 29.01.2014 Heller, Uda CDU/CSU 29.01.2014 Juratovic, Josip SPD 29.01.2014 Maisch, Nicole BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 29.01.2014 Petzold (Havelland), Harald DIE LINKE 29.01.2014 Rüthrich, Susann SPD 29.01.2014 Dr. Schick, Gerhard BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 29.01.2014 Schmidt (Wetzlar), Dagmar SPD 29.01.2014 Steinbrück, Peer SPD 29.01.2014 Vogel (Kleinsaara), Volkmar CDU/CSU 29.01.2014 Walter-Rosenheimer, Beate BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 29.01.2014 Die Entwicklung in Syrien bedaure ich zutiefst, vor allem das Leiden der Zivilbevölkerung im Bürgerkrieg verurteile ich aufs Schärfste. Es muss das Ziel sein, so bald als möglich einen Waffenstillstand zwischen den Konfliktparteien herbeizuführen. Gerade werden in Genf die ersten Verhandlungen zu einer Lösung des syrischen Konflikts geführt. Ich begrüße und unterstütze diesen Verhandlungsprozess. Für meinen Entschluss, der Mandatsverlängerung nicht zuzustimmen gibt es gute Gründe. Die Gesamtkon- zeption des Einsatzes ist, abgesehen von einer symboli- schen Solidaritätshandlung gegenüber der Türkei, frag- lich. So sind die Patriot-Flugabwehrraketenstellungen nicht geeignet, um gegnerische Artillerie- oder Mörser- granaten abzuwehren. Dies ist jedoch die einzige realis- tische Bedrohung, welche aktuell für die Türkei von Sy- rien ausgeht. Des Weiteren ist die Befürchtung eines möglichen Einsatzes von syrischem Giftgas hinfällig ge- worden. Seit der Resolution des Sicherheitsrats der Ver- einten Nationen zur Vernichtung der syrischen Chemie- waffen und dem bereits begonnenen Abtransport dieser Waffen ist dieses Bedrohungsszenario ausgeschlossen. Mit einem Abzug der Patriot-Flugabwehrraketenstel- lungen könnte von westlicher Seite ein Signal für eine Entmilitarisierung und Deeskalation der Region gesen- det werden. Es muss in erster Linie um die humanitäre Situation der Menschen in Syrien sowie der syrischen Flüchtlinge in den Anrainerstaaten gehen und nicht um ein sehr unwahrscheinliches Bedrohungsszenario. Das Ende des Patriot-Mandats in der Türkei wäre ein erstes Signal vonseiten der NATO, dass eine friedliche Lösung für Syrien gewünscht ist. Dies gilt insbesondere als Un- terstützung für die aktuellen Friedensverhandlungen in Genf. Denn ohne einen stabilen Waffenstillstand ist der Weg hin zu Frieden und humanitärer Hilfe unmöglich. Ähnlich wie es ein symbolischer Akt war, im Winter 2012/13 der Türkei die Bündnissolidarität deutlich zu zeigen, ist es heute angesagt, ein Zeichen zur Deeskala- tion und für die Friedensverhandlungen zu setzen. Sevim Dağdelen (DIE LINKE): Ich stimme gegen den Antrag der Bundesregierung, deutsche Truppen an die türkisch-syrische Grenze zu entsenden, vor allem auch, weil die Begründung für den Einsatz auf einer Lüge und einer massiven Täuschung von Öffentlichkeit und Parlament durch die Bundesregierung beruht. Im Antrag der Bundesregierung zur Entsendung deut- scher Streitkräfte in die Türkei (NATINADS) heißt es unter Abs. 2, „Völkerrechtliche Grundlagen“, wörtlich: Auf Antrag der Türkei waren im Nordatlantikrat am 26. Juni und 3. Oktober 2012 Konsultationen nach Art. 4 des Nordatlantikvertrages durchgeführt wor- den. Angesichts einer dargelegten Bedrohung der Un- versehrtheit des türkischen Staatsgebiets und der ei- genen Sicherheit hatte der Nordatlantikrat auf An- Anlagen 662 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 10. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. Januar 2014 (A) (C) (D)(B) trag der türkischen Regierung vom 21. November 2012 am 4. Dezember 2012 beschlossen, die Fähig- keiten im Bereich der integrierten Luftverteidigung der NATO zu verstärken. Mit ihrem Beschluss und einer entsprechenden Ver- legung schuf die NATO die Voraussetzung für die beteiligten Parteien, für den Fall eines bewaffneten Angriffes auf die Türkei (Artikel 5 des Nordatlan- tikvertrags) vom Recht zur individuellen oder kol- lektiven Selbstverteidigung (Artikel 51 der Charta der Vereinten Nationen) Gebrauch machen zu kön- nen. Anlass dieser Konsultationen war zunächst der ver- meintliche Abschuss eines türkischen Aufklärungsflug- zeuges und später der vermeintliche Granatenbeschuss durch die syrische Armee. Auf dieser Grundlage und bei diesen Gelegenheiten wurde die Bedrohung der Türkei nach Art. 4 des Nordatlantikvertrages festgestellt. In ei- ner Erklärung des Nordatlantikrates nach diesem Treffen wurde festgestellt, dass es sich um einen „unacceptable“ Akt handele, der zu verurteilen sei. Zudem wurde der vermeintliche Abschuss des türkischen Kampfflugzeugs als weiteres Beispiel der syrischen Behörden in ihrer Missachtung völkerrechtlicher Normen, des Friedens, der Sicherheit und des menschlichen Lebens betrachtet, so der NATO-Rat. Auf diese Weise ist die NATO als for- males Verteidigungsbündnis überhaupt erst ins Spiel ge- kommen, und das hat die Türkei in ihrem eskalierenden Kurs gegenüber Syrien gestärkt. Die Darstellung der türkischen Regierung und der Vorwurf der NATO lautet also, dass die syrische Luftab- wehr über internationalen Gewässern ein Aufklärungsflug- zeug der türkischen Armee abgeschossen hätte, nachdem dieses versehentlich – und zwar im Tiefflug – in syri- schen Luftraum eingedrungen wäre. Ursächlich und un- umstritten liegt also eine türkische Verletzung des syri- schen Hoheitsgebietes vor. Dass aber der Abschuss über internationalen Gewäs- sern stattfand, wurde schnell bezweifelt; die Kenntnisse der NATO weichen von den Angaben der Türkei über die Absturzstelle ab und werden zudem geheim gehal- ten. Die Bundesregierung hat die Geheimhaltung dieser Informationen verteidigt und in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage entsprechend dargelegt: „Eine Offenle- gung könnte zur Folge haben, dass dem Bundesnachrich- tendienst künftig keine schutzbedürftigen Erkenntnisse anvertraut werden.“ (Bundestagsdrucksache 17/13515) Ich stimme gegen die Entsendung deutscher Bundes- wehrsoldaten, auch weil der Standpunkt der Bundesre- gierung einfach nicht der Wahrheit entspricht. Denn sicher ist doch, dass das türkische Flugzeug von keiner Rakete getroffen wurde, womit ein Abschuss in internationalem Luftraum ausscheidet. Mittlerweile er- scheint zweifelhaft, ob es überhaupt einen Beschuss des türkischen Flugzeugs gab oder dieses nicht aufgrund des riskanten Manövers und veralteter Technik abgestürzt ist. In einem Text der International Crisis Group heißt es hierzu: „Wie auch immer, es wurden keine Anzeichen ei- nes Raketeneinschlags auf dem Wrack des Flugzeugs, einer Phantom F4, entdeckt.“ Auch die Stiftung Wissen- schaft und Politik schreibt zu diesem Vorfall und der er- zwungenen Landung eines aus Moskau kommenden sy- rischen Flugzeugs: „In beiden Fällen musste die Türkei schon bald einräumen, dass ihre jeweilige Darstellung unrichtig war“. Trotzdem haben der NATO-Generalsekretär und der Nordatlantikrat, an dem Vertreter der Bundesregierung teilgenommen haben, denen zu diesem Zeitpunkt schon eigene und von der türkischen Darstellung stark abwei- chende Informationen vorlagen, anlässlich der Art.-4- Konsultationen gegenüber der Öffentlichkeit folgende Aussage gemacht: „Das ist ein weiteres Beispiel für die Missachtung der internationalen Normen, des Friedens, der Sicherheit und des Menschenlebens durch das syri- sche Regime.“ Damit haben die NATO, deren Generalsekretär und die deutsche Bundesregierung die Öffentlichkeit be- wusst und gezielt falsch informiert. Noch am 7. November 2012 wertete die Bundesregie- rung den vermeintlichen Abschuss des türkischen Mili- tärjets als „unverhältnismäßigen Akt“. Im Mai 2013 be- gründete sie diese Einschätzung mit „den zugrunde gelegten Informationen, dass ein Abschuss im interna- tionalen Luftraum ohne Vorwarnung erfolgt sei“. Bereits im November 2013 spätestens lagen jedoch auch der Bundesregierung die Erkenntnisse der NATO vor, wo- nach der Abschuss nicht in internationalem Luftraum er- folgt sein kann – sofern er überhaupt erfolgt ist. Ich stimme gegen eine Entsendung der Patriot-Rake- ten, weil auch der zweite Grund, der angebliche Grana- tenbeschuss durch syrische Streitkräfte ohne vorherige Angriffe türkischer Streitkräfte, äußerst zweifelhaft ist: Denn was die zweiten Konsultationen angeht, so er- folgten diese aufgrund von vermeintlichem Granatenbe- schuss türkischen Territoriums von Syrien aus. Auch hier wurden schnell auch aus NATO-Kreisen Zweifel laut, ob diese tatsächlich von der syrischen Armee oder den eng mit der Türkei kooperierenden Rebellen abge- schossen wurden: NATO-Vertreter gaben an, dass es sich um Granaten aus NATO-Beständen handelte. Eine Un- tersuchung der Vorfälle hat nach Angaben der Bundesre- gierung nicht stattgefunden und sei auch nicht angestrebt worden; auch hier hat man sich einfach und unkritisch der türkischen Darstellung angeschlossen. Die Bundes- regierung hat dazu keine eigenen Informationen und auch keine eigenen Untersuchungen angestrebt, aber „geht davon aus“, dass es zumindest in einem Fall Ende September „Beschuss türkischen Territoriums durch sy- rische Artilleriekräfte gab“. Am 3. Oktober 2012, am Tag der zweiten NATO-Konsultationen, gab es auch Be- schuss syrischen Territoriums durch die türkische Ar- mee. Hierzu gibt die Bundesregierung an, dass ihr „über die Presseberichterstattung hinaus … keine eigenen Er- kenntnisse“ vorlägen. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Türkei zweifellos Handlungen vorgenommen hat, die völker- rechtlich als Angriffshandlungen gewertet werden kön- nen, Bundesregierung und NATO diese jedoch nicht zur Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 10. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. Januar 2014 663 (A) (C) (B) Kenntnis nehmen. Demgegenüber werden vermeintliche Reaktionen der syrischen Armee auf diese Angriffshand- lungen als „Bedrohung der Unversehrtheit des türki- schen Staatsgebiets“ aufgefasst, welche die „Solidarität“ des Bündnisses unter anderem in Form der Patriot-Sta- tionierung aktivieren. Ich stimme gegen die Patriot-Entsendung, weil die Abgeordneten von der Bundesregierung bisher regel- recht getäuscht worden sind. Beide Begründungen für die Entsendung der Patriots sind schlicht nicht haltbar. Ich finde, in einer so wichtigen Frage, wenn es um Krieg oder Frieden geht, wichtige Informationen vor der Öffentlichkeit zurückzuhalten, wie den abweichen- den NATO-Bericht, ist schon bemerkenswert. Da ist et- was ins Rutschen geraten, was die Demokratie in Deutsch- land insgesamt infrage stellt. Mit der Befreiung vom Faschismus und vom deutschen Militarismus hatte die Bundesrepublik einst auch mit einer Kriegspolitik gebro- chen, die von einer Geheimdiplomatie vorbereitet wird. Dies steht jetzt infrage. Ich habe den Eindruck, die Bundesregierung manipuliert Informationen, um Aus- landseinsätze der Bundeswehr zu legitimieren. Deshalb stimme ich gegen den Einsatz der Bundeswehr. Der Fall der Patriots, aber nicht nur dieser Fall, zeigt klar und deutlich: Um Auslandseinsätze durchzusetzen, werden Öffentlichkeit und Parlament gnadenlos belogen. Wer dann auch nur wagt, kritisch nachzufragen, wird als Assad-Unterstützer diffamiert. Das ist ein Prinzip, das sich in Deutschland leider mittlerweile etabliert hat. Die NATO hat diese Kriegslüge mit auf den Weg gebracht. Sie wusste, dass an der türkischen Version etwas nicht stimmen kann. Damit werden die Deutschen mit zu Geiseln der AKP und der Brüsseler NATO-Zentrale und ihrer Desinformationspolitik. Von Bündnisverteidi- gung kann keine Rede mehr sein. Man kann sich des Ein- drucks nicht erwehren, als ginge es darum, die Bundes- wehr in möglichst viele Auslandseinsätze zu schicken. Die NATO sucht zudem nach ihrer sich abzeichnenden Niederlage am Hindukusch nach neuen Betätigungsfel- dern. Dass sie nunmehr an der Seite von islamistischen Milizen und Al-Qaida-Kämpfern in Syrien steht, ist mehr als eine Ironie der Geschichte. Für mich ist es ein Verbrechen. (D) 10. Sitzung Inhaltsverzeichnis TOP 1 Regierungserklärung durch die Bundeskanzlerin TOP 1 Außen, Europa und Menschenrechte TOP 2 Bundeswehr-Einsatz OAF (Türkei) TOP 3 Bundeswehr-Einsatz OAE TOP 4 a Wahl: Vertrauensgremium TOP 4 b Wahl: Gremium Bundesschuldenwesengesetz TOP 4 c Wahl: Wahlausschuss Bundesverfassungsrichter TOP 4 d Wahl: Richterwahlausschuss TOP 1 Verteidigung TOP 1 Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Anlagen
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Niema Movassat


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DIE LINKE.)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)


    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich finde

    es gut, Herr Müller, dass Sie sich letzte Woche im Inter-
    view mit der Zeit von Ihrem Vorgänger, Herrn Niebel,





    Niema Movassat


    (A) (C)



    (D)(B)

    distanziert haben. Nicht nur durch das Interview, son-
    dern auch durch das, was Sie hier heute in politischer
    Hinsicht gesagt haben, haben Sie sich von ihm distan-
    ziert. Das lässt hoffen, dass Sie vielleicht andere Wege in
    der Entwicklungspolitik einschlagen werden. Die letzten
    vier Jahre waren schlechte Jahre, weil vor allem deut-
    sche Interessen im Vordergrund standen, die Interessen
    der deutschen Unternehmen, aber nicht die Menschen in
    armen Ländern. Wir brauchen endlich einen Kurswech-
    sel.


    (Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Sie haben heute auf die Perversion hingewiesen, dass
    1 Milliarde Menschen hungern, während 1 Milliarde
    Menschen gegen Übergewicht kämpfen. Sie haben zu-
    dem richtigerweise die Frage aufgeworfen, ob es gerecht
    ist, dass 20 Prozent der Menschheit 80 Prozent des glo-
    balen Reichtums für sich beanspruchen. Um die Frage
    zu beantworten: Ja, es ist ungerecht, es ist unhaltbar, und
    es muss sich etwas ändern.


    (Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


    Die Wahrheit ist doch: Die Industrieländer leben auf
    Kosten der Länder des Südens. Das ist das entschei-
    dende Problem. Wenn Sie dieser Argumentation tatsäch-
    lich folgen, Herr Müller, könnten Sie wirklich ein Ent-
    wicklungsminister werden, der den Namen wieder
    verdient.


    (Beifall bei der LINKEN – Zustimmung der Abg. Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


    Laut Oxfam besitzen 85 Menschen auf dieser Welt so
    viel Vermögen wie die Hälfte der Menschheit. 85 Indivi-
    duen haben so viel wie 3,5 Milliarden Menschen. Das ist
    doch nur noch obszön. Wir brauchen endlich globale
    Umverteilung von oben nach unten. Wir müssen den
    globalen Wohlstand gerecht verteilen.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Sie von der CDU/CSU als christsoziale Parteien soll-
    ten in dieser Frage ruhig verstärkt auf den Papst hören.


    (Heiterkeit des Abg. Uwe Kekeritz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


    Er hat kürzlich geschrieben: Solange die strukturellen
    Ursachen der Ungleichverteilung der Einkünfte nicht in
    Angriff genommen werden, werden sich die Probleme
    der Welt nicht lösen lassen. – Ich weiß ja, dass Sie der
    Linken nicht glauben, aber glauben Sie doch wenigstens
    dem Papst.


    (Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Herr Müller, Sie haben gesagt, dass Sie den Kampf
    gegen den Hunger als drängendste politische Aufgabe
    sehen. Wir als Linke sehen das auch so. Allerdings hat-
    ten Sie als Staatssekretär im Agrarministerium den Ruf
    eines Agrarexportbeauftragten der deutschen Lebensmit-
    telindustrie. Das darf so nicht bleiben. Ich sage Ihnen:
    Solange die europäische Agrarpolitik auf massive Über-
    schussproduktion setzt, solange deutsche Kühe mit Fut-
    termitteln aus armen Ländern gefüttert werden und
    solange Freihandelsabkommen Entwicklungsländer
    schutzlos gegenüber dem Import hochsubventionierter
    europäischer Nahrungsmittel machen, so lange tragen
    Deutschland und die EU eine Mitschuld am Hunger auf
    der Welt.


    (Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Uwe Kekeritz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


    Ich weiß ja, dass Sie stets betonen, dass Exportsub-
    ventionen nicht mehr existieren. Aber Quersubventio-
    nierungen gibt es dennoch. So wurden 2012 insgesamt
    42 Millionen Tonnen Geflügelreste auf die afrikanischen
    Märkte geschafft. Das ist im Vergleich zu 2011 eine Ver-
    doppelung gewesen. Dadurch werden die lokalen
    Märkte zerstört. Wir brauchen endlich eine Kehrtwende
    in der globalen Agrarpolitik.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Letzte Woche haben Sie etwas gesagt, das mich ein
    bisschen an Herrn Niebel erinnert hat. Sie haben gesagt,
    dass, wenn wir zum Beispiel in die äthiopische Land-
    wirtschaft investieren, ein Vielfaches zu uns zurück-
    fließt. Ein für alle Mal: Es soll kein Vielfaches zu uns
    zurückfließen. Wenn etwas zurückfließt, nutzt das viel-
    leicht der deutschen Privatwirtschaft, aber nicht den
    Menschen vor Ort. Der Mehrwert muss in den Partner-
    ländern bleiben.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Zum Abschluss etwas zum Koalitionsvertrag. Sie ha-
    ben faktisch das Ziel aufgegeben, in nächster Zeit
    0,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für die Entwick-
    lungszusammenarbeit zur Verfügung zu stellen. Dabei
    hatte die SPD dies ihren Wählerinnen und Wählern ver-
    sprochen. Aber am Schluss der Koalitionsverhandlungen
    hat Ihre Führungsriege dieses Versprechen beerdigt. Ihr
    entwicklungspolitischer Sprecher Sascha Raabe hat des-
    wegen sogar nach acht Jahren hingeworfen. Was Sie als
    SPD abgeliefert haben, ist leider eine entwicklungspoli-
    tische Bankrotterklärung.

    Für Sie, Herr Minister, wird es dadurch nicht einfa-
    cher. Wir als Linke werden in der neuen Wahlperiode an
    deutsche Versprechen erinnern und für eine solidarische
    Entwicklungspolitik streiten.

    Danke für die Aufmerksamkeit.


    (Beifall bei der LINKEN)




Rede von Peter Hintze
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

Als Nächstem erteile ich das Wort Kollegen Stefan

Rebmann, SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)







(A) (C)



(D)(B)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Stefan Rebmann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


    Sehr geehrter Herr Präsident! Liebes neues Schrift-

    führerteam!


    (Heiterkeit – Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der Gewerkschafter spricht!)


    – Ja, der Gewerkschafter spricht.


    (Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Das merkt man nur manchmal nicht!)


    Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr
    Minister, ich finde, dass Sie heute Morgen im Ausschuss
    und auch jetzt hier im Plenarsaal eine sehr gute Vorstel-
    lung gegeben haben. Ich teile die Meinung des Kollegen
    Kekeritz: Sie werden nicht nur an Ihren Worten gemes-
    sen, sondern auch an Ihren Taten. Auch wir in der Gro-
    ßen Koalition werden an dem gemessen, was wir tat-
    sächlich umsetzen.

    Ich muss Ihnen auch sagen: Ich stimme Ihnen bei dem
    zu, was Sie heute Morgen im Ausschuss zum Image der
    Entwicklungspolitik gesagt haben, dass die Entwick-
    lungspolitiker in der Welt umherreisen und das Geld ver-
    teilen. Ich finde, Entwicklungspolitik ist mehr, als Almo-
    sen zu verteilen, Kleidung und Nahrung an Bedürftige in
    der Welt zu verteilen. Entwicklungspolitik ist mehr, als
    hier und da eine Schule zu bauen. Und Entwicklungspo-
    litik ist vor allem mehr, als zum Beispiel mit der be-
    rühmten Gießkanne durch Afrika zu gehen und Geld,
    Nahrung und Wasser zu verteilen – und hinterher viel-
    leicht sogar noch zu erklären: Wir haben unseren Beitrag
    geleistet; nun schaut mal, wie ihr damit klarkommt und
    was ihr daraus macht! – Nein, Entwicklungspolitik ist
    viel mehr als das. Wir verstehen Entwicklungspolitik
    auch als globale Strukturpolitik, als eine Politik, mit der
    wir die Globalisierung nachhaltig und gerecht für alle
    Menschen gestalten wollen.


    (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Johannes Selle [CDU/CSU])


    Damit hat Entwicklungspolitik für uns auch einen vo-
    rausschauenden und präventiven Charakter. Denn eine
    gute, abgestimmte und vor allen Dingen wirksame Ent-
    wicklungspolitik ist genau betrachtet – davon war heute
    schon mehrfach die Rede – auch Friedenspolitik.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Willy Brandt hat einmal sinngemäß gesagt: Frieden ist
    nicht alles, aber ohne Frieden ist alles nichts. – Wenn wir
    uns die Frage stellen: „Was ist denn notwendig für ein
    friedliches Miteinander in der Welt? Was sind denn die
    Grundbedingungen für Frieden, für menschliche Sicher-
    heit, für soziale Sicherheit, für Gesundheit, für gute Le-
    bens- und Arbeitsbedingungen?“, dann sind wir nicht
    nur mitten in der Entwicklungspolitik, sondern eine Ant-
    wort darauf lautet tatsächlich: umgesetzte Entwicklungs-
    politik. Zu den Voraussetzungen für Frieden gehören
    auch faire Lebensbedingungen für die Menschen überall
    in der Welt. Das bedeutet: Zugang zu Nahrung und zu
    Wasser und zu Energie, Zugang zu Gesundheits- und so-
    zialen Sicherungssystemen, das Recht auf Bildung für
    alle und damit die Chance auf einen Arbeitsplatz, auf
    eine eigene Zukunftsgestaltung. Das bedeutet auch: fai-
    rere Arbeitsbedingungen und bessere Entlohnung. Das
    bedeutet: Beteiligungsrechte, demokratische Strukturen,
    nicht korrupte Justizsysteme und vieles mehr.

    Frieden braucht menschliche Sicherheit. Jeder Ein-
    zelne braucht die Chance, sich eine eigenständige Zu-
    kunft aufzubauen. All das ist Friedenspolitik und Ent-
    wicklungspolitik zugleich. Dazu können, wollen und
    müssen wir unseren Beitrag leisten, Kolleginnen und
    Kollegen.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Wir leisten unseren Beitrag dazu mit einer Politik, die
    sich ressortübergreifend dem Ziel einer besseren, friedli-
    cheren, sozial gerechteren und chancenreicheren Welt
    für alle Menschen verpflichtet fühlt.

    Um das zu erreichen, brauchen wir nicht nur die Un-
    terstützung anderer Staaten und eine abgestimmte euro-
    päische Entwicklungspolitik, sondern sind besonders auf
    die engagierte und wertvolle Arbeit der vielen zivilen
    Akteure angewiesen: der Gewerkschaften, der Kirchen,
    der politischen und privaten Stiftungen und der zahlrei-
    chen anderen Nichtregierungsorganisationen, die eine
    hervorragende Arbeit leisten.

    Das Gleiche gilt in besonderem Maße für die Förde-
    rung der Friedens- und Konfliktforschung, die wir stär-
    ker unterstützen und ausbauen wollen: Wir wollen die
    deutschen Institutionen für Friedensförderung und Frie-
    densforschung – wie das Berliner Zentrum für Interna-
    tionale Friedenseinsätze, zif, das Forum Ziviler Frie-
    densdienst, forumZFD, die Bundesakademie für
    Sicherheitspolitik und die Deutsche Stiftung Friedens-
    forschung – künftig noch stärker in die Politikberatung
    einbeziehen, weil sie einen wichtigen – wie ich meine
    und wie es uns zahlreiche Wissenschaftler bestätigen:
    unverzichtbaren – Beitrag leisten.

    Liebe Kolleginnen und Kollegen, dass die Friedens-
    förderung, der Aufbau von rechtsstaatlichen Strukturen
    und sozialen Sicherungssystemen sowie die Schaffung
    von zivilen, gewaltfreien Konfliktlösungsmechanismen
    bitter nötig sind, steht außer Zweifel. Wenn wir uns die
    Ursachen für Wanderungsbewegungen, für Flucht und
    Vertreibung anschauen – die wir ja auch gegenwärtig er-
    leben und die zum Teil recht unseriös und unschön dis-
    kutiert werden –, dann erkennen wir: Wir dürfen nicht
    nur die Symptome behandeln, sondern müssen vor allem
    die Ursachen bekämpfen.

    Ich bin der festen Überzeugung: Jeder Euro, den wir
    zielgerichtet und effektiv in unsere Entwicklungspolitik
    investieren, um so zu versuchen – nicht nur, aber auch –,
    die Ursachen für Flucht und Vertreibung nicht erst am
    Verhandlungstisch zu verändern und zu beseitigen, lohnt
    sich. Jeden Euro, den wir – noch einmal – zielgerichtet
    in die Entwicklungspolitik investieren, um die Grundla-
    gen für eine menschliche, gesellschaftliche, wirtschaftli-
    che, soziale und friedliche Entwicklung zu schaffen, um
    also den Menschen eine faire Chance auf eine eigenstän-
    dige Zukunft zu ermöglichen und ihren Kindern und Fa-





    Stefan Rebmann


    (A) (C)



    (D)(B)

    milien eine Perspektive zu geben, werden wir doppelt
    und dreifach zurückbekommen.

    Entwicklungspolitik ist also nicht das Verteilen von
    Almosen, sondern Entwicklungspolitik ist ethisch, mora-
    lisch und ökonomisch vernünftig und notwendig. Des-
    halb muss die Entwicklungspolitik künftig viel mehr im
    Zentrum unseres politischen Handelns und auch in der
    öffentlichen Aufmerksamkeit stehen.

    Herzlichen Dank.


    (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Heike Hänsel [DIE LINKE]: Und besser finanziert werden! Und gut ausgestattet werden!)