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    Plenarprotokoll 18/10 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 10. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 29. Januar 2014 I n h a l t : Änderung der Tagesordnung . . . . . . . . . . . . . 561 A Tagesordnungspunkt 1: Regierungserklärung durch die Bundes- kanzlerin mit anschließender Aussprache . . . 561 B Dr. Angela Merkel,  Bundeskanzlerin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 561 C Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 571 B Thomas Oppermann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 575 B Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 580 A Volker Kauder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 583 A Gerda Hasselfeldt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 586 B Monika Grütters, Staatsministerin  BK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 588 D Sigrid Hupach (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 592 A Dr. Eva Högl (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 592 D Ulle Schauws (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 594 C Michael Kretschmer (CDU/CSU) . . . . . . . . . 595 D Martin Dörmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 597 A Außen, Europa und Menschenrechte . . . . . 598 C Dr. Frank-Walter Steinmeier,  Bundesminister AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . 598 D Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) . . . . . . . . . 600 D Dr. Andreas Schockenhoff (CDU/CSU) . . . . . 601 D Dr. Frithjof Schmidt (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 603 C Frank Schwabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 605 A Dr. Diether Dehm (DIE LINKE) . . . . . . . . . . 606 A Thomas Strobl (Heilbronn) (CDU/CSU) . . . . 606 C Erika Steinbach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 608 C Tagesordnungspunkt 2: – Beschlussempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung: Fortsetzung der Entsendung bewaffneter deutscher Streitkräfte zur Verstärkung der inte- grierten Luftverteidigung der NATO auf Ersuchen der Türkei und auf Grundlage des Rechts auf kollektive Selbstverteidigung (Artikel 51 der Charta der Vereinten Nationen) sowie des Beschlusses des Nordatlantikrates vom 4. Dezember 2012 Drucksachen 18/262, 18/347. . . . . . . . . . . 609 D – Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung  Drucksache 18/382 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 610 A Dr. Rolf Mützenich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 610 A Sevim Dağdelen (DIE LINKE) . . . . . . . . . 610 D Jan van Aken (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 612 B Katrin Kunert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 613 C Roderich Kiesewetter (CDU/CSU) . . . . . . . . 614 C Dr. Franziska Brantner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 615 B Dr. Reinhard Brandl (CDU/CSU) . . . . . . . . . 616 B Sevim Dağdelen (DIE LINKE) . . . . . . . . . 616 D Inhaltsverzeichnis II Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 10. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. Januar 2014 Namentliche Abstimmung. . . . . . . . . . . . . . . . 618 A Ergebnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 620 D Tagesordnungspunkt 3: – Beschlussempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung: Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an der NATO-geführten Operation Active Endeavour im gesam- ten Mittelmeer Drucksachen 18/263, 18/348 . . . . . . . . . . . 618 C – Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung  Drucksache 18/383 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 618 C Niels Annen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 618 D Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 619 C Dr. Alexander S. Neu (DIE LINKE) . . . . . . . 623 A Peter Beyer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . 624 B Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 625 B Julia Bartz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . 625 D Stefan Liebich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 626 D Julia Bartz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . 627 A Namentliche Abstimmung. . . . . . . . . . . . . . . . 627 B Ergebnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 628 C Tagesordnungspunkt 4: a) – Antrag der Fraktionen CDU/CSU, SPD, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Einsetzung des Ver- trauensgremiums gemäß § 10a Ab- satz 2 der Bundeshaushaltsordnung Drucksache 18/358. . . . . . . . . . . . . . . . 627 C – Wahl der Mitglieder des Vertrauens- gremiums gemäß § 10a Absatz 2 der Bundeshaushaltsordnung Drucksache 18/359. . . . . . . . . . . . . . . . 627 C b) – Antrag der Fraktionen CDU/CSU, SPD, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Einsetzung eines Gremiums gemäß § 3 des Bundes- schuldenwesengesetzes Drucksache 18/360. . . . . . . . . . . . . . . . 627 C – Wahl der Mitglieder des Gremiums gemäß § 3 des Bundesschulden- wesengesetzes Drucksache 18/361. . . . . . . . . . . . . . . . 627 C c) Wahl der Mitglieder des Wahlausschus- ses für die vom Deutschen Bundestag zu berufenden Richter des Bundesverfas- sungsgerichts gemäß § 6 Absatz 2 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes Drucksachen 18/362, 18/363, 18/364, 18/365 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 627 C d) Wahl der Mitglieder des Ausschusses für die Wahl der Richter der obersten Gerichtshöfe des Bundes gemäß § 5 des Richterwahlgesetzes (Richterwahlaus- schuss) Drucksachen 18/366, 18/367, 18/368, 18/369 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 627 D Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 659 C, D; 660 A Tagesordnungspunkt 1: Regierungserklärung durch die Bundes- kanzlerin  (Fortsetzung der Aussprache) . . . . . . . . . . . . . 631 D Verteidigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 631 D Dr. Ursula von der Leyen, Bundesministerin BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 631 D Dr. Alexander S. Neu (DIE LINKE) . . . . . . . 633 D Albert Weiler (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 635 D Rainer Arnold (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 636 B Heike Hänsel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 637 A Niema Movassat (DIE LINKE) . . . . . . . . . 638 A Kathrin Vogler (DIE LINKE). . . . . . . . . . . 638 D Agnieszka Brugger (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 640 B Henning Otte (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 641 B Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 643 A Gabi Weber (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 643 C Florian Hahn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 645 A Doris Wagner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 645 D Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Ent- wicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 646 C Dr. Gerd Müller, Bundesminister  BMZ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 646 D Heike Hänsel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 649 B Dr. Bärbel Kofler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 650 B Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 651 D Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 10. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. Januar 2014 III Sibylle Pfeiffer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 652 D Niema Movassat (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 653 D Stefan Rebmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 655 A Claudia Roth (Augsburg) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 656 A Dagmar G. Wöhrl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 657 A Gabriela Heinrich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 658 C Nächste Sitzung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 660 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten. . . . . . 661 A Anlage 2 Erklärungen nach § 31 GO zur namentlichen Abstimmung über den Antrag der Bundesre- gierung: Fortsetzung der Entsendung bewaff- neter deutscher Streitkräfte zur Verstärkung der integrierten Luftverteidigung der NATO auf Ersuchen der Türkei und auf Grundlage des Rechts auf kollektive Selbstverteidigung (Artikel 51 der Charta der Vereinten Natio- nen) sowie des Beschlusses des Nordatlantik- rates vom 4. Dezember 2012 (Tagesordnungs- punkt 2) Cansel Kiziltepe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 661 B Sevim Dağdelen (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 661 D Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 10. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. Januar 2014 561 (A) (C) (D)(B) 10. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 29. Januar 2014 Beginn: 11.00 Uhr
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    (D) Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 10. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. Januar 2014 661 (A) (C) (B) Anlagen zum Stenografischen Bericht (D) Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage 2 Erklärungen nach § 31 GO zur namentlichen Abstimmung über den An- trag der Bundesregierung: Fortsetzung der Entsendung bewaffneter deutscher Streitkräfte zur Verstärkung der integrierten Luftverteidi- gung der NATO auf Ersuchen der Türkei und auf Grundlage des Rechts auf kollektive Selbst- verteidigung (Art. 51 der Charta der Vereinten Nationen) sowie des Beschlusses des Nordatlan- tikrates vom 4. Dezember 2012 (Tagesord- nungspunkt 2) Cansel Kiziltepe (SPD): Ich konnte der Mandats- verlängerung der Operation Active Fence nicht zustim- men.  Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Alpers, Agnes DIE LINKE 29.01.2014 Bätzing-Lichtenthäler, Sabine SPD 29.01.2014 Freese, Ulrich SPD 29.01.2014 Gerdes, Michael SPD 29.01.2014 Heller, Uda CDU/CSU 29.01.2014 Juratovic, Josip SPD 29.01.2014 Maisch, Nicole BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 29.01.2014 Petzold (Havelland), Harald DIE LINKE 29.01.2014 Rüthrich, Susann SPD 29.01.2014 Dr. Schick, Gerhard BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 29.01.2014 Schmidt (Wetzlar), Dagmar SPD 29.01.2014 Steinbrück, Peer SPD 29.01.2014 Vogel (Kleinsaara), Volkmar CDU/CSU 29.01.2014 Walter-Rosenheimer, Beate BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 29.01.2014 Die Entwicklung in Syrien bedaure ich zutiefst, vor allem das Leiden der Zivilbevölkerung im Bürgerkrieg verurteile ich aufs Schärfste. Es muss das Ziel sein, so bald als möglich einen Waffenstillstand zwischen den Konfliktparteien herbeizuführen. Gerade werden in Genf die ersten Verhandlungen zu einer Lösung des syrischen Konflikts geführt. Ich begrüße und unterstütze diesen Verhandlungsprozess. Für meinen Entschluss, der Mandatsverlängerung nicht zuzustimmen gibt es gute Gründe. Die Gesamtkon- zeption des Einsatzes ist, abgesehen von einer symboli- schen Solidaritätshandlung gegenüber der Türkei, frag- lich. So sind die Patriot-Flugabwehrraketenstellungen nicht geeignet, um gegnerische Artillerie- oder Mörser- granaten abzuwehren. Dies ist jedoch die einzige realis- tische Bedrohung, welche aktuell für die Türkei von Sy- rien ausgeht. Des Weiteren ist die Befürchtung eines möglichen Einsatzes von syrischem Giftgas hinfällig ge- worden. Seit der Resolution des Sicherheitsrats der Ver- einten Nationen zur Vernichtung der syrischen Chemie- waffen und dem bereits begonnenen Abtransport dieser Waffen ist dieses Bedrohungsszenario ausgeschlossen. Mit einem Abzug der Patriot-Flugabwehrraketenstel- lungen könnte von westlicher Seite ein Signal für eine Entmilitarisierung und Deeskalation der Region gesen- det werden. Es muss in erster Linie um die humanitäre Situation der Menschen in Syrien sowie der syrischen Flüchtlinge in den Anrainerstaaten gehen und nicht um ein sehr unwahrscheinliches Bedrohungsszenario. Das Ende des Patriot-Mandats in der Türkei wäre ein erstes Signal vonseiten der NATO, dass eine friedliche Lösung für Syrien gewünscht ist. Dies gilt insbesondere als Un- terstützung für die aktuellen Friedensverhandlungen in Genf. Denn ohne einen stabilen Waffenstillstand ist der Weg hin zu Frieden und humanitärer Hilfe unmöglich. Ähnlich wie es ein symbolischer Akt war, im Winter 2012/13 der Türkei die Bündnissolidarität deutlich zu zeigen, ist es heute angesagt, ein Zeichen zur Deeskala- tion und für die Friedensverhandlungen zu setzen. Sevim Dağdelen (DIE LINKE): Ich stimme gegen den Antrag der Bundesregierung, deutsche Truppen an die türkisch-syrische Grenze zu entsenden, vor allem auch, weil die Begründung für den Einsatz auf einer Lüge und einer massiven Täuschung von Öffentlichkeit und Parlament durch die Bundesregierung beruht. Im Antrag der Bundesregierung zur Entsendung deut- scher Streitkräfte in die Türkei (NATINADS) heißt es unter Abs. 2, „Völkerrechtliche Grundlagen“, wörtlich: Auf Antrag der Türkei waren im Nordatlantikrat am 26. Juni und 3. Oktober 2012 Konsultationen nach Art. 4 des Nordatlantikvertrages durchgeführt wor- den. Angesichts einer dargelegten Bedrohung der Un- versehrtheit des türkischen Staatsgebiets und der ei- genen Sicherheit hatte der Nordatlantikrat auf An- Anlagen 662 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 10. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. Januar 2014 (A) (C) (D)(B) trag der türkischen Regierung vom 21. November 2012 am 4. Dezember 2012 beschlossen, die Fähig- keiten im Bereich der integrierten Luftverteidigung der NATO zu verstärken. Mit ihrem Beschluss und einer entsprechenden Ver- legung schuf die NATO die Voraussetzung für die beteiligten Parteien, für den Fall eines bewaffneten Angriffes auf die Türkei (Artikel 5 des Nordatlan- tikvertrags) vom Recht zur individuellen oder kol- lektiven Selbstverteidigung (Artikel 51 der Charta der Vereinten Nationen) Gebrauch machen zu kön- nen. Anlass dieser Konsultationen war zunächst der ver- meintliche Abschuss eines türkischen Aufklärungsflug- zeuges und später der vermeintliche Granatenbeschuss durch die syrische Armee. Auf dieser Grundlage und bei diesen Gelegenheiten wurde die Bedrohung der Türkei nach Art. 4 des Nordatlantikvertrages festgestellt. In ei- ner Erklärung des Nordatlantikrates nach diesem Treffen wurde festgestellt, dass es sich um einen „unacceptable“ Akt handele, der zu verurteilen sei. Zudem wurde der vermeintliche Abschuss des türkischen Kampfflugzeugs als weiteres Beispiel der syrischen Behörden in ihrer Missachtung völkerrechtlicher Normen, des Friedens, der Sicherheit und des menschlichen Lebens betrachtet, so der NATO-Rat. Auf diese Weise ist die NATO als for- males Verteidigungsbündnis überhaupt erst ins Spiel ge- kommen, und das hat die Türkei in ihrem eskalierenden Kurs gegenüber Syrien gestärkt. Die Darstellung der türkischen Regierung und der Vorwurf der NATO lautet also, dass die syrische Luftab- wehr über internationalen Gewässern ein Aufklärungsflug- zeug der türkischen Armee abgeschossen hätte, nachdem dieses versehentlich – und zwar im Tiefflug – in syri- schen Luftraum eingedrungen wäre. Ursächlich und un- umstritten liegt also eine türkische Verletzung des syri- schen Hoheitsgebietes vor. Dass aber der Abschuss über internationalen Gewäs- sern stattfand, wurde schnell bezweifelt; die Kenntnisse der NATO weichen von den Angaben der Türkei über die Absturzstelle ab und werden zudem geheim gehal- ten. Die Bundesregierung hat die Geheimhaltung dieser Informationen verteidigt und in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage entsprechend dargelegt: „Eine Offenle- gung könnte zur Folge haben, dass dem Bundesnachrich- tendienst künftig keine schutzbedürftigen Erkenntnisse anvertraut werden.“ (Bundestagsdrucksache 17/13515) Ich stimme gegen die Entsendung deutscher Bundes- wehrsoldaten, auch weil der Standpunkt der Bundesre- gierung einfach nicht der Wahrheit entspricht. Denn sicher ist doch, dass das türkische Flugzeug von keiner Rakete getroffen wurde, womit ein Abschuss in internationalem Luftraum ausscheidet. Mittlerweile er- scheint zweifelhaft, ob es überhaupt einen Beschuss des türkischen Flugzeugs gab oder dieses nicht aufgrund des riskanten Manövers und veralteter Technik abgestürzt ist. In einem Text der International Crisis Group heißt es hierzu: „Wie auch immer, es wurden keine Anzeichen ei- nes Raketeneinschlags auf dem Wrack des Flugzeugs, einer Phantom F4, entdeckt.“ Auch die Stiftung Wissen- schaft und Politik schreibt zu diesem Vorfall und der er- zwungenen Landung eines aus Moskau kommenden sy- rischen Flugzeugs: „In beiden Fällen musste die Türkei schon bald einräumen, dass ihre jeweilige Darstellung unrichtig war“. Trotzdem haben der NATO-Generalsekretär und der Nordatlantikrat, an dem Vertreter der Bundesregierung teilgenommen haben, denen zu diesem Zeitpunkt schon eigene und von der türkischen Darstellung stark abwei- chende Informationen vorlagen, anlässlich der Art.-4- Konsultationen gegenüber der Öffentlichkeit folgende Aussage gemacht: „Das ist ein weiteres Beispiel für die Missachtung der internationalen Normen, des Friedens, der Sicherheit und des Menschenlebens durch das syri- sche Regime.“ Damit haben die NATO, deren Generalsekretär und die deutsche Bundesregierung die Öffentlichkeit be- wusst und gezielt falsch informiert. Noch am 7. November 2012 wertete die Bundesregie- rung den vermeintlichen Abschuss des türkischen Mili- tärjets als „unverhältnismäßigen Akt“. Im Mai 2013 be- gründete sie diese Einschätzung mit „den zugrunde gelegten Informationen, dass ein Abschuss im interna- tionalen Luftraum ohne Vorwarnung erfolgt sei“. Bereits im November 2013 spätestens lagen jedoch auch der Bundesregierung die Erkenntnisse der NATO vor, wo- nach der Abschuss nicht in internationalem Luftraum er- folgt sein kann – sofern er überhaupt erfolgt ist. Ich stimme gegen eine Entsendung der Patriot-Rake- ten, weil auch der zweite Grund, der angebliche Grana- tenbeschuss durch syrische Streitkräfte ohne vorherige Angriffe türkischer Streitkräfte, äußerst zweifelhaft ist: Denn was die zweiten Konsultationen angeht, so er- folgten diese aufgrund von vermeintlichem Granatenbe- schuss türkischen Territoriums von Syrien aus. Auch hier wurden schnell auch aus NATO-Kreisen Zweifel laut, ob diese tatsächlich von der syrischen Armee oder den eng mit der Türkei kooperierenden Rebellen abge- schossen wurden: NATO-Vertreter gaben an, dass es sich um Granaten aus NATO-Beständen handelte. Eine Un- tersuchung der Vorfälle hat nach Angaben der Bundesre- gierung nicht stattgefunden und sei auch nicht angestrebt worden; auch hier hat man sich einfach und unkritisch der türkischen Darstellung angeschlossen. Die Bundes- regierung hat dazu keine eigenen Informationen und auch keine eigenen Untersuchungen angestrebt, aber „geht davon aus“, dass es zumindest in einem Fall Ende September „Beschuss türkischen Territoriums durch sy- rische Artilleriekräfte gab“. Am 3. Oktober 2012, am Tag der zweiten NATO-Konsultationen, gab es auch Be- schuss syrischen Territoriums durch die türkische Ar- mee. Hierzu gibt die Bundesregierung an, dass ihr „über die Presseberichterstattung hinaus … keine eigenen Er- kenntnisse“ vorlägen. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Türkei zweifellos Handlungen vorgenommen hat, die völker- rechtlich als Angriffshandlungen gewertet werden kön- nen, Bundesregierung und NATO diese jedoch nicht zur Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 10. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. Januar 2014 663 (A) (C) (B) Kenntnis nehmen. Demgegenüber werden vermeintliche Reaktionen der syrischen Armee auf diese Angriffshand- lungen als „Bedrohung der Unversehrtheit des türki- schen Staatsgebiets“ aufgefasst, welche die „Solidarität“ des Bündnisses unter anderem in Form der Patriot-Sta- tionierung aktivieren. Ich stimme gegen die Patriot-Entsendung, weil die Abgeordneten von der Bundesregierung bisher regel- recht getäuscht worden sind. Beide Begründungen für die Entsendung der Patriots sind schlicht nicht haltbar. Ich finde, in einer so wichtigen Frage, wenn es um Krieg oder Frieden geht, wichtige Informationen vor der Öffentlichkeit zurückzuhalten, wie den abweichen- den NATO-Bericht, ist schon bemerkenswert. Da ist et- was ins Rutschen geraten, was die Demokratie in Deutsch- land insgesamt infrage stellt. Mit der Befreiung vom Faschismus und vom deutschen Militarismus hatte die Bundesrepublik einst auch mit einer Kriegspolitik gebro- chen, die von einer Geheimdiplomatie vorbereitet wird. Dies steht jetzt infrage. Ich habe den Eindruck, die Bundesregierung manipuliert Informationen, um Aus- landseinsätze der Bundeswehr zu legitimieren. Deshalb stimme ich gegen den Einsatz der Bundeswehr. Der Fall der Patriots, aber nicht nur dieser Fall, zeigt klar und deutlich: Um Auslandseinsätze durchzusetzen, werden Öffentlichkeit und Parlament gnadenlos belogen. Wer dann auch nur wagt, kritisch nachzufragen, wird als Assad-Unterstützer diffamiert. Das ist ein Prinzip, das sich in Deutschland leider mittlerweile etabliert hat. Die NATO hat diese Kriegslüge mit auf den Weg gebracht. Sie wusste, dass an der türkischen Version etwas nicht stimmen kann. Damit werden die Deutschen mit zu Geiseln der AKP und der Brüsseler NATO-Zentrale und ihrer Desinformationspolitik. Von Bündnisverteidi- gung kann keine Rede mehr sein. Man kann sich des Ein- drucks nicht erwehren, als ginge es darum, die Bundes- wehr in möglichst viele Auslandseinsätze zu schicken. Die NATO sucht zudem nach ihrer sich abzeichnenden Niederlage am Hindukusch nach neuen Betätigungsfel- dern. Dass sie nunmehr an der Seite von islamistischen Milizen und Al-Qaida-Kämpfern in Syrien steht, ist mehr als eine Ironie der Geschichte. Für mich ist es ein Verbrechen. (D) 10. Sitzung Inhaltsverzeichnis TOP 1 Regierungserklärung durch die Bundeskanzlerin TOP 1 Außen, Europa und Menschenrechte TOP 2 Bundeswehr-Einsatz OAF (Türkei) TOP 3 Bundeswehr-Einsatz OAE TOP 4 a Wahl: Vertrauensgremium TOP 4 b Wahl: Gremium Bundesschuldenwesengesetz TOP 4 c Wahl: Wahlausschuss Bundesverfassungsrichter TOP 4 d Wahl: Richterwahlausschuss TOP 1 Verteidigung TOP 1 Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Anlagen
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Claudia Roth


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Vielen Dank, Herr Kollege. Es liegen keine weiteren

    Wortmeldungen vor.

    Damit kommen wir zum nächsten Punkt: Außen,
    Europa und Menschenrechte. Die Debatte wird eröffnet
    von unserem Außenminister Dr. Frank-Walter Steinmeier.


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


    Dr. Frank-Walter Steinmeier, Bundesminister des
    Auswärtigen:

    Danke, Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kol-
    legen! Es ist nun wahrhaftig keine Selbstverständlich-
    keit, dass ich nach acht Jahren wieder an diesem Pult
    stehe und die Chance habe, einen neuen Blick auf die
    deutsche Außenpolitik und die internationalen Bezie-
    hungen zu werfen. Ich versichere Ihnen, dass es für mich
    nicht einfach eine Wiederholungstat ist, wenn ich Ihnen
    hier als Außenminister zum zweiten Male innerhalb von
    wenigen Jahren gegenübertrete. Das liegt auf der Hand;
    denn zwar ist das Büro, das ich inzwischen im Auswärti-
    gen Amt bezogen habe, dasselbe – völlig unverändert –
    wie das, welches ich vor vier Jahren verlassen habe; aber
    der Zustand der Welt, über den zu reden ist, hat sich in-
    nerhalb dieser letzten vier Jahre gravierend verändert.
    Krisen und Konflikte sind in dieser Zeit spürbar näher an
    uns herangerückt. Das alles hat mit uns zu tun: dass die
    Folgen sowohl außenpolitischen Tuns als auch außen-
    politischen Unterlassens uns hier in Deutschland immer
    irgendwie berühren. Deshalb seien Sie versichert, meine
    Damen und Herren: Ich weiß, was auf mich zukommt;
    aber ich freue mich darauf und bitte um Ihre Unterstüt-
    zung. Gerade weil ich um die eine oder andere Mei-
    nungsverschiedenheit in diesem Hohen Hause, insbeson-
    dere wenn wir über Mandate reden, weiß, biete ich Ihnen
    ausdrücklich offene und faire Zusammenarbeit an. Das
    hat heute Morgen im Ausschuss ganz gut begonnen, und
    ich hoffe, das setzt sich hier im Plenum fort. Herzlichen
    Dank schon im Voraus.


    (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)






    Bundesminister Dr. Frank-Walter Steinmeier


    (A) (C)



    (D)(B)

    Wenn ich mich in Europa umschaue, dann stelle ich
    fest, dass sich dieses Europa in den letzten Jahren völlig
    auf sich selbst konzentriert hat. Seit vier Jahren ringen
    wir alle miteinander mit der europäischen Krise. Das
    war auch notwendig. Ich habe aber den Eindruck, dass
    beim Ringen um den Weg aus der europäischen Krise
    das ein bisschen aus dem Blick geraten ist, was sich so-
    zusagen jenseits des europäischen Tellerrandes tut. Man
    muss, glaube ich, die internationale Lage gar nicht in den
    schwärzesten Farben zeichnen, um zu sehen: Die drama-
    tischen Zuspitzungen, die wir in uns ganz nahen Teilen
    dieser Welt erleben, werden im Augenblick in der Mitte
    Europas, erst recht da, wo es wirtschaftlich stabil ist, un-
    terschätzt. Ein Blick in den Mittleren Osten, in den Na-
    hen Osten, in Teile der arabischen Welt reicht aus, um zu
    sehen, was bei unterstelltem schlechtem Verlauf unserer
    Bemühungen, die wir und andere gegenwärtig unterneh-
    men, in kurzer Zeit zur Entladung kommen kann – mög-
    licherweise mit Ergebnissen, die überhaupt nicht mehr
    beherrschbar sind, weder in der Region noch in der
    Nachbarschaft, auch nicht von uns.

    Ein Blick in die osteuropäische Nachbarschaft zeigt,
    dass in die Ukraine gerade eine Form von Unfriedlich-
    keit zurückgekehrt ist, von der wir nach fast 70 Jahren
    Frieden in Europa und nach Erreichen der Wiederverei-
    nigung Europas dachten, dass dafür eigentlich gar kein
    Raum mehr ist, nicht in Europa und auch nicht in den
    Randzonen der Europäischen Union.

    Oder schauen wir nach Afghanistan, wo wir im Au-
    genblick noch darum ringen, dass das Land nach dem
    Abzug der internationalen Streitkräfte nicht einfach wie-
    der zurückfällt in den Status der Konflikte, die es vor
    2001 und in den Jahrzehnten des Bürgerkrieges dort gab.

    Oder schauen wir nach Ostasien. Ich glaube, wir müs-
    sen miteinander eingestehen, dass wir – das ist über-
    haupt kein Vorwurf – die historische Tiefenschärfe des
    Konfliktes zwischen China und Japan, der sich scheinbar
    um ein paar Inseln dreht, überhaupt noch nicht verstan-
    den haben, und das ausgerechnet im Falle einer Region
    – darum erwähne ich es hier –, in der die Staaten noch
    nach bei uns gar nicht mehr geltenden Kriterien von sehr
    schlichten geopolitischen Vorstellungen oder sehr ver-
    einfachenden Gleichgewichtsmodellen miteinander um-
    gehen. Das macht diesen Konflikt zu einem nicht ganz
    ungefährlichen Konflikt. Ich glaube, wir müssen das
    sehr sorgfältig im Auge behalten, selbst wenn wir von
    hier aus nicht unmittelbar Einfluss darauf nehmen kön-
    nen. Ich bin ganz sicher: Diese Debatten werden uns be-
    schäftigen.

    Wir werden uns – Thomas Oppermann hat heute Mor-
    gen darauf hingewiesen – diesen Debatten gerade in ei-
    nem Jahr wie diesem nicht verweigern können, in dem
    beim Gedenken an 1914, liebe Kolleginnen und Kolle-
    gen, an vieles erinnert wird, zum Beispiel an das Versa-
    gen von Diplomatie, an das Ausbleiben von Außenpoli-
    tik – auch davon waren die sechs Wochen vor Ausbruch
    des Ersten Weltkrieges gekennzeichnet –


    (Zuruf des Abg. Dr. Diether Dehm [DIE LINKE])

    oder an das wachsende Maß der Entfremdung oder der
    Sprachlosigkeit zwischen den Staaten. Die Folgen des-
    sen zeichnen sich im Kriegsbeginn 1914 ab. Aber all das
    hat – ohne dass ich vordergründige Parallelen ziehen
    oder gar Gleichsetzungen machen will – Bezüge zu
    heute, liebe Kolleginnen und Kollegen.

    Mit Blick auf Millionen von Menschen, die heute Op-
    fer von Kriegen und Bürgerkriegen sind oder darunter
    leiden, mit Blick auf die Millionen, die durch diese Aus-
    einandersetzungen vielleicht zu einer Flucht ins Ausland
    gezwungen werden, sage ich Ihnen vorneweg meine
    ganz persönliche Meinung: Ich finde es nicht nur uner-
    träglich, sondern sogar ein bisschen zynisch, was man in
    den letzten Jahren immer wieder – viel zu häufig, wie
    ich finde – über den Bedeutungsverlust – das wäre ja
    noch gegangen – oder gar die Bedeutungslosigkeit der
    Außenpolitik in diesen Zeiten lesen konnte. Demnach
    sei es geradezu unanständig, das Amt des Außenminis-
    ters anzutreten, weil das ja alles nichts mehr wert sei.
    Mit Blick auf eine Welt – ich habe sie eben nur mit eini-
    gen Strichen gezeichnet –, die zahlreiche Aufgaben für
    uns vorhält, finde ich das ziemlich unerträglich.

    Ich gebe zu: Ja, Außenpolitik folgt nicht unbedingt
    dem Rhythmus von Onlinemeldungen; das ist wahr. Der
    Iran-Konflikt zum Beispiel ist ein Konflikt, der uns seit
    mehr als 30 Jahren beschäftigt. Zehn Jahre lang haben
    wir verhandelt, und es hat zehn Jahre gedauert, bis zum
    ersten Mal eine Perspektive für eine Entschärfung des
    Konfliktes – noch nicht für eine Lösung – sichtbar ge-
    worden ist. Ich glaube, das muss man sich vor Augen
    führen: Gäbe es keine aktive Außenpolitik, auch nicht
    jene, die sich sozusagen im Zustand der Aussichtslosig-
    keit immer wieder um kleinste Fortschritte bemüht, dann
    würden solche Konflikte eben eskalieren.

    Es gibt diesen alten Satz, der wie verstaubt klingt, ei-
    nen Satz aus dem vergangenen Jahrhundert: Solange
    verhandelt wird, wird nicht geschossen. –


    (Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Sehr wahr!)


    Der Satz ist nicht verstaubt. Denn der Iran-Konflikt hat
    uns gezeigt: Solange verhandelt wurde, wurde nicht ge-
    schossen. Aber das Entscheidende ist: Auch die Tür zu
    einer politischen Lösung wurde mit solchen langandau-
    ernden Bemühungen offengehalten. Deshalb, meine Da-
    men und Herren, plädiere ich so sehr für einen hohen
    Stellenwert der Außenpolitik und für eine aktive Außen-
    politik.


    (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Wenn ich – das hören Sie heute nicht zum ersten Mal
    von mir – für Zurückhaltung und gegen vorschnelle Ent-
    scheidungen in Bezug auf einen Einsatz von Militär bin,
    hat das gleichwohl seinen Grund nicht darin, dass ich
    meinen würde – da würden Sie mich missverstehen –,
    Abwarten wäre die richtige Reaktion. Ich sage eher et-
    was anderes: So richtig die Politik der militärischen Zu-
    rückhaltung ist, sie darf nicht als eine Kultur des Heraus-
    haltens missverstanden werden. Dafür sind wir, auch in
    Europa, inzwischen ein bisschen zu groß und ein biss-
    chen zu wichtig. Wir sind nicht ein Kleinstaat in einer





    Bundesminister Dr. Frank-Walter Steinmeier


    (A) (C)



    (D)(B)

    europäischen Randlage, sondern der bevölkerungs-
    reichste, größte Staat der Europäischen Union; wir ha-
    ben die stärkste Wirtschaftskraft. Wenn sich ein solches
    Land bei dem Versuch, internationale Konflikte zu lösen,
    heraushält, dann werden sie nicht gelöst, dann gibt es
    keine belastbaren Vorschläge.

    Das ist der Grund, weshalb eine der ersten Entschei-
    dungen, die Frau von der Leyen und ich dem Kabinett
    vorgeschlagen haben, eine Änderung des Verhaltens in
    Bezug auf die Beseitigung und Vernichtung von Che-
    miewaffen in Syrien war.


    (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Dieser Fall ist ein plausibles Beispiel dafür, welche
    Rolle wir spielen. Ich glaube, wir haben richtig gelegen,
    als wir gesagt haben: In einer solchen Situation Bomben
    auf Damaskus abzuwerfen, wäre der falsche Weg, wahr-
    scheinlich eher ein Umweg, wenn man irgendwann spä-
    ter zu politischen Lösungen kommen will. Aber man
    kann sich nicht gegen militärische Optionen aussprechen
    und sich dann auch noch in Bezug auf die übrig bleiben-
    den Alternativen heraushalten.

    Aus diesem Grund sage ich: Verantwortung in der
    Außenpolitik bedeutet, dass man als größtes Land in Eu-
    ropa auch in solchen Situationen Verantwortung über-
    nimmt und sagt: Wenn wir die Möglichkeit haben, eine
    kleine Basis zu schaffen, auf der dann zukünftig politi-
    sche Verhandlungen möglich sind, dann müssen wir
    auch zur Verfügung stehen und unseren Teil dazu beitra-
    gen. Ich bin jedenfalls froh, dass das Kabinett eine sehr
    schnelle Entscheidung getroffen hat, die dazu führen
    wird, dass wir den größeren Teil der Chemierestbe-
    stände, die bei der Vernichtung entstehen, in Deutsch-
    land vernichten werden.


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE])


    Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich kann nicht en-
    den, ohne einen Blick – nicht auf den Mittleren und Na-
    hen Osten – in die europäische Nachbarschaft zu werfen.
    Die Entwicklung in der Ukraine hat uns alle miteinander
    in den letzten Tagen und Wochen hinreichend beschäf-
    tigt. Die gute Nachricht ist: Die letzte Nacht war die ru-
    higste Nacht seit langem. Die schlechte Nachricht ist:
    Bisher sind alle Angebote, die vonseiten des Präsidenten
    an die Opposition gegangen sind, nicht belastbar.

    Ein Einstieg in politische Gespräche konnte stattfin-
    den, weil Janukowitsch auf Druck der Opposition und
    der internationalen Staatengemeinschaft notwendiger-
    weise anbieten musste, sein Gesetz zur Unterdrückung
    der politischen Betätigung zurückzunehmen. Es gehörte
    weiterhin zum Einstieg in politische Gespräche, dass der
    Ministerpräsident seinen Rücktritt angeboten hat und
    dass infolgedessen die ganze Regierung zurücktrat.

    Aber das ist noch nicht die Lösung. Noch wissen wir
    nicht, ob in der Ukraine vonseiten des Präsidenten auf
    Zeit gespielt wird. Die Unterzeichnung der notwendigen
    Gesetze macht Janukowitsch davon abhängig, ob es der
    Opposition gelingt, den Maidan zu räumen, obwohl er
    weiß, dass die Opposition nicht auf jeden der beteiligten
    Demonstranten Einfluss hat. Wir müssen mit unseren
    Einschätzungen deshalb noch vorsichtig sein. Es gibt
    aber einen Hoffnungsschimmer, dass die jetzt begonne-
    nen Gespräche – das ukrainische Parlament tagt zu die-
    ser Stunde – vielleicht doch noch den Weg für eine poli-
    tische Lösung der Konflikte eröffnen. Sicher ist das
    jedoch nicht.

    Wir haben uns ganz in den Dienst von Lady Ashton
    gestellt, die für die Europäer das Vermittlungsgeschäft in
    der Ukraine übernommen hat. Sie ist gestern dort ange-
    kommen und wird heute den ganzen Tag vor Ort sein.
    Ich denke, wir können uns im Namen des ganzen Hauses
    bei ihr für das bedanken, was sie bisher getan hat, und
    Glück und Fortune wünschen, dass es am Ende zu einer
    friedlichen Lösung für die Ukraine kommt und dass das
    Land beieinander bleibt.

    Vielen Dank.


    (Anhaltender Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)




Rede von Claudia Roth
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Frank-Walter Steinmeier. Sie sehen die

Unterstützung des ganzen Hauses. – Der nächste Redner
in dieser Debatte ist Wolfgang Gehrcke für die Links-
fraktion.


(Beifall bei der LINKEN)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Wolfgang Gehrcke


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DIE LINKE.)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)


    Schönen Dank, Frau Präsidentin. – Ich habe gerade

    ein bisschen länger gewartet, bis ich zum Rednerpult ge-
    gangen bin. Denn es wäre mir wirklich unangenehm ge-
    wesen, Beifall, der Frank-Walter Steinmeier galt, für
    mich in Anspruch zu nehmen.


    (Gunther Krichbaum [CDU/CSU]: Kommt darauf an, was Sie sagen!)


    Das wird nicht stattfinden; da kann ich Sie beruhigen.

    Herr Außenminister, ich habe auf eine Botschaft von
    Ihnen gewartet. Sie haben zu Recht gesagt, dass die Au-
    ßenpolitik ihren guten Ruf verloren hat. Vielleicht hätte
    man einmal überlegen sollen, ob es an der Qualität der
    Außenpolitik liegt, dass sie bei vielen Menschen in die-
    ser Welt so schlecht angesehen ist. Ich muss Ihnen ehr-
    lich sagen: Ich habe oft den Eindruck, dass, wenn hier
    von Menschenrechten geredet wird, eigentlich Öl, Was-
    ser und andere Naturressourcen gemeint sind.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Das weiß man in der Welt. Die Doppelbödigkeit und die
    Doppelzüngigkeit der Außenpolitik, auch der deutschen
    Außenpolitik, haben den Ruf der Außenpolitik versaut.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Ich finde, da sollte man ansetzen.





    Wolfgang Gehrcke


    (A) (C)



    (D)(B)

    Ich habe auf eine Botschaft, auf ein Wort von Ihnen
    zu Edward Snowden gewartet, trotz der vorhandenen
    Schwierigkeiten, die mir bewusst sind. Ich habe auf die
    folgende Botschaft gewartet: Wir möchten als Bundesre-
    gierung dazu beitragen, dass Edward Snowden in
    Deutschland Asyl erhalten kann. Das wäre wichtig ge-
    wesen für die internationale Politik. Das wäre übrigens
    auch eine wichtige Ermutigung für die Menschen in un-
    serem Land und in den USA. Es ist doch unsinnig, zu
    behaupten, dass man sich gegen die Menschen in den
    USA richtet, wenn man Edward Snowden Asyl gewährt.
    Ganz im Gegenteil: Das wäre für viele mutige Menschen
    in den USA eine Ermunterung.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Aber die Bundesregierung taucht ab. Sie sind nicht be-
    reit, auf Augenhöhe, partnerschaftlich mit den USA da-
    rüber zu sprechen. Das spricht dafür, dass immer dann,
    wenn es schwierig wird, wenn sich die Sache zuspitzt,
    auf diese Bundesregierung kein Verlass ist.

    Ich kann Ihnen ankündigen, dass wir als Linke die Al-
    ternativen, die Sie nicht präsentieren, vorstellen werden.
    Wir werden ein Stück weit das schlechte Gewissen des
    sozialdemokratischen Teils dieser Großen Koalition
    sein, weil wir uns an vieles halten, was auch die Grund-
    lage Ihrer Geschichte ist. Es wäre gut, wenn Sie mal wie-
    der einen Blick auf Ihre eigene Geschichte werfen wür-
    den.


    (Beifall des Abg. Dr. Diether Dehm [DIE LINKE])


    Sie haben aus der Bundeswehr ein Instrument der Au-
    ßenpolitik gemacht. Wir sind strikt dagegen. Wenn nach
    dem Balkan, dem Mittelmeerraum und Zentralasien jetzt
    Afrika das neue Betätigungsfeld wird, dann kann ich nur
    sagen: Wir bleiben dabei, dass wir alle Auslandseinsätze
    der Bundeswehr beenden wollen, und wir möchten, dass
    die Soldaten zurückgeholt werden – ohne Abstriche.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Das sind Alternativen, über die zu streiten ist. Da gehen
    wir nicht zusammen.

    Ich möchte auch, dass wir hier in einer anderen Art
    und Weise über das Freihandelsabkommen zwischen der
    EU und den USA diskutieren. Für mich wäre dieses
    Freihandelsabkommen, wenn es in der jetzt vorgesehe-
    nen Form durchgesetzt würde, so etwas wie eine ökono-
    mische NATO. Ich finde, schon die NATO ist zu viel,
    und ich möchte nicht zusätzlich noch eine ökonomische
    NATO haben. Deswegen bin ich gegen diese Verhand-
    lungen. Ich bin dafür, dass sie abgebrochen werden,


    (Beifall bei der LINKEN)


    nicht wegen der Auseinandersetzung um Edward
    Snowden, sondern weil das Ergebnis eine neue Barriere
    in der Welt wäre.

    Ich möchte, dass wir gemeinsam darüber nachdenken,
    ob es nicht doch Alternativen zur NATO gibt. In Ihrem
    Koalitionsvertrag steht, dass Sie die NATO stärken wol-
    len. Wir wollen, dass die NATO aufgelöst wird, dass sie
    sich auflöst, dass an ihre Stelle ein kollektives Sicher-
    heitssystem tritt, das nicht auf dem Militär basiert. Es
    gab einmal einen großen Sozialdemokraten, der für ein
    kollektives Sicherheitssystem in Europa eintrat. Haben
    Sie das schon alle vergessen?


    (Beifall bei der LINKEN)


    Wir als Linke möchten, dass ein anderer Kurs einge-
    schlagen wird. Ich hoffe, dass wir uns zumindest darüber
    einig sind, dass das jetzige Vorgehen in Bezug auf Russ-
    land nicht fortgesetzt werden kann. Sie haben zu Recht
    gesagt, dass alle Probleme nur in Kooperation mit Russ-
    land zu lösen sind. Dann müssen wir aber auch ein Stück
    weit von unserem hohen Ross herunterkommen. Zur
    Krise in der Ukraine hat auch die EU-Politik einen ge-
    wissen Teil beigetragen.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Es kann doch nicht sein, dass wir die Bürgerinnen und
    Bürger der Ukraine vor die Alternative „Russland oder
    EU“ stellen. Beides ist für die Bürgerinnen und Bürger
    wichtig. Ich möchte, dass die Ukraine eine Brücke nach
    Russland ist und nicht ein Bollwerk gegen Russland.
    Das wäre eine vernünftige Politik.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Lassen Sie mich noch etwas hinzufügen: Ich möchte,
    dass wir klipp und klar sagen, dass wir mit den Rechten,
    den Nationalisten, den Rechtsextremen in der Ukraine
    nichts zu tun haben wollen.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Das sind keine Freiheitskämpfer, sondern das sind Men-
    schen, die die Freiheit beerdigen wollen.

    Nun sehen Sie: Eine andere Außenpolitik ist denkbar
    und möglich. Ich konnte Ihren Beifall zu Recht nicht für
    mich in Anspruch nehmen, aber Sie können meinen auch
    nicht für sich in Anspruch nehmen.

    Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.


    (Beifall bei der LINKEN)