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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 18/9 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 9. Sitzung Berlin, Freitag, den 17. Januar 2014 I n h a l t : Tagesordnungspunkt 15: Vereinbarte Debatte: zum Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission . . . . . . . . . . 503 B Axel Schäfer (Bochum) (SPD) . . . . . . . . . . . . 503 B Alexander Ulrich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 505 A Gunther Krichbaum (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 506 C Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 508 C Michael Roth, Staatsminister  AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 510 A Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 510 C Andrej Hunko (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 511 D Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 512 B Detlef Seif (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . 513 A Dr. Diether Dehm (DIE LINKE) . . . . . . . . 513 C Annalena Baerbock (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 514 D Annalena Baerbock (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 515 D Dagmar Schmidt (Wetzlar) (SPD) . . . . . . . . . 517 B Jürgen Hardt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 518 C Norbert Spinrath (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 520 C Dr. Peter Gauweiler (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 522 A Dr. Franziska Brantner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 523 C Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) . . . . . . . 524 B Tagesordnungspunkt 16: Antrag der Abgeordneten Ulla Jelpke, Jan Korte, Katrin Kunert, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Das Massen- sterben an den EU-Außengrenzen been- den – Für eine offene, solidarische und hu- mane Flüchtlingspolitik der Europäischen Union Drucksache 18/288 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 524 D Ulla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . 525 A Charles M. Huber (CDU/CSU) . . . . . . . . . 525 D Thomas Silberhorn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 528 A Luise Amtsberg (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 530 A Christina Kampmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . 532 A Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) . . . . . . . . . 533 D Stephan Mayer (Altötting) (CDU/CSU) . . . . 534 D Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 535 C Harald Petzold (Havelland)  (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 536 A Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) . . . . . . . 536 D Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 538 A Sabine Bätzing-Lichtenthäler (SPD) . . . . . . . 539 A Marian Wendt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 540 C Rüdiger Veit (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 542 B Frank Heinrich (Chemnitz) (CDU/CSU) . . . . 544 B Dr. Egon Jüttner (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 546 A Inhaltsverzeichnis II Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Januar 2014 Zusatztagesordnungspunkt 4: Antrag der Abgeordneten Oliver Krischer, Dr. Julia Verlinden, Annalena Baerbock, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Europarechts- konforme Regelung der Industrievergüns- tigungen auf stromintensive Unternehmen im internationalen Wettbewerb begrenzen und das EEG als kosteneffizientes Instru- ment fortführen Drucksache 18/291 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 547 B Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 547 B Thomas Bareiß (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 548 D Peter Meiwald (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 550 A Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 551 B Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . . . 552 A Hubertus Heil (Peine) (SPD) . . . . . . . . . . . . . 553 B Jens Koeppen (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 555 D Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 557 B Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 558 C Berichtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 558 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 559 A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 559 C Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Januar 2014 503 (A) (C) (D)(B) 9. Sitzung Berlin, Freitag, den 17. Januar 2014 Beginn: 9.00 Uhr
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    (D) Berichtigung 8. Sitzung, Seite 462 A, dritter Absatz, der fünfte Satz ist wie folgt zu lesen: Der Hohe Kurdische Rat im Norden verlangt nicht mehr und nicht weniger, als auch eine Dele- gation entsenden zu dürfen. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Januar 2014 559 (A) (C) (B) Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten (D)  Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Alpers, Agnes DIE LINKE 17.01.2014 Bertram, Ute CDU/CSU 17.01.2014 Burkert, Martin SPD 17.01.2014 Ebner, Harald BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 17.01.2014 Dr. Freudenstein, Astrid CDU/CSU 17.01.2014 Gutting, Olav CDU/CSU 17.01.2014 Dr. Harbarth, Stephan CDU/CSU 17.01.2014 Heller, Uda CDU/CSU 17.01.2014 Henn, Heidtrud SPD 17.01.2014 Hinz (Herborn), Priska BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 17.01.2014 Klimke, Jürgen CDU/CSU 17.01.2014 Krellmann, Jutta DIE LINKE 17.01.2014 Lenkert, Ralph DIE LINKE 17.01.2014 Maisch, Nicole BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 17.01.2014 Dr. Malecha-Nissen, Birgit SPD 17.01.2014 Marwitz, Hans-Georg von der CDU/CSU 17.01.2014 Mattfeldt, Andreas CDU/CSU 17.01.2014 Movassat, Niema DIE LINKE 17.01.2014 Pilger, Detlev SPD 17.01.2014 Pronold, Florian SPD 17.01.2014 Dr. Schick, Gerhard BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 17.01.2014 Schieder (Schwandorf), Marianne SPD 17.01.2014 Schlecht, Michael DIE LINKE 17.01.2014 Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner 918. Sitzung am 19. De- zember 2013 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Ab- satz 2 des Grundgesetzes nicht zu stellen: – Gesetz zum Vorschlag für eine Verordnung des Rates über das Programm „Europa für Bürgerin- nen und Bürger“ für den Zeitraum 2014–2020 – Dreizehntes Gesetz zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (13. SGB V-Änderungs- gesetz – 13. SGB V-ÄndG) Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat mit- geteilt, dass sie den Antrag Operation Active Endea- vour beenden auf Drucksache 18/99 zurückzieht. Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mit- geteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden Unionsdo- kumente zur Kenntnis genommen oder von einer Bera- tung abgesehen hat. Petitionsausschuss Drucksache 17/13340 Nr. A.1 EP P7_TA-PROV(2013)0062 Auswärtiger Ausschuss Drucksache 17/12244 Nr. A.5 EuB-BReg 3/2013 Drucksache 17/13340 Nr. A.4 EuB-BReg 30/2013 Rechtsausschuss Drucksache 17/10710 Nr. A.22 Ratsdokument 11180/12 Schmidt (Ühlingen), Gabriele CDU/CSU 17.01.2014 Steinbach, Erika CDU/CSU 17.01.2014 Dr. Tackmann, Kirsten DIE LINKE 17.01.2014 Dr. Troost, Axel DIE LINKE 17.01.2014 Dr. Ullrich, Volker CDU/CSU 17.01.2014 Dr. Wagenknecht, Sahra DIE LINKE 17.01.2014  Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Anlagen 560 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Januar 2014 (A) (C) (D)(B) Haushaltsausschuss Drucksache 17/13830 Nr. A.5 Ratsdokument 9166/13 Drucksache 17/13830 Nr. A.6 Ratsdokument 9167/13 Drucksache 17/13994 Nr. A.2 Ratsdokument 9327/13 Drucksache 17/13994 Nr. A.3 Ratsdokument 9336/13 Drucksache 17/13994 Nr. A.4 Ratsdokument 10148/13 Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Drucksache 17/13830 Nr. A.7 Ratsdokument 9187/13 Drucksache 17/13830 Nr. A.8 Ratsdokument 9308/13 Drucksache 17/13830 Nr. A.9 Ratsdokument 9343/13 Drucksache 17/13830 Nr. A.10 Ratsdokument 9346/13 Drucksache 17/13830 Nr. A.11 Ratsdokument 10201/13 Drucksache 17/13994 Nr. A.5 Ratsdokument 8874/13 Drucksache 17/13994 Nr. A.6 Ratsdokument 10048/13 Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Drucksache 17/5822 Nr. A.40 Ratsdokument 8989/11 Drucksache 17/13830 Nr. A.12 Ratsdokument 9459/13 Drucksache 17/13830 Nr. A.13 Ratsdokument 9464/13 Drucksache 17/13830 Nr. A.14 Ratsdokument 9468/13 Drucksache 17/13830 Nr. A.15 Ratsdokument 9527/13 Drucksache 17/13830 Nr. A.16 Ratsdokument 9574/13 Drucksache 17/13994 Nr. A.7 Ratsdokument 10726/13 Offsetdruc sellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 K Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Drucksache 17/6176 Nr. A.18 Ratsdokument 10168/11 Drucksache 17/13340 Nr. A.20 EP P7_TA-PROV(2013)0074 Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Drucksache 17/7918 Nr. A.18 Ratsdokument 15629/11 Drucksache 17/8426 Nr. A.44 Ratsdokument 18008/11 Drucksache 17/8426 Nr. A.46 Ratsdokument 18010/11 Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 17/7549 Nr. A.10 Ratsdokument 14749/11 Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe Drucksache 17/13830 Nr. A.19 EP P7_TA-PROV(2013)0179 Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Drucksache 17/11108 Nr. A.25 Ratsdokument 12444/12 Drucksache 17/11108 Nr. A.27 Ratsdokument 13228/12 Drucksache 17/11919 Nr. A.25 Ratsdokument 14871/12 Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Drucksache 17/13595 Nr. A.23 Ratsdokument 8541/13 kerei, Bessemerstraße 83–91, 1 öln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de 22 9. Sitzung Inhaltsverzeichnis TOP 15 Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission TOP 16 Flüchtlingspolitik der Europäischen Union TOP 17 Anbau von genetisch verändertem Mais in der EU Anlagen
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Luise Amtsberg


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe

    Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte der Fraktion der
    Linken erst einmal ausdrücklich dafür danken, dass Sie
    gleich zu Beginn der Legislaturperiode dieses für uns
    sehr wichtige Thema auf die Tagesordnung geholt ha-
    ben. Absolut zutreffend problematisiert Ihr Antrag die
    Fehlleitungen der europäischen Asyl- und Flüchtlings-
    politik, die bereits viele Menschen das Leben gekostet
    hat. Er problematisiert den unerträglichen Umgang mit
    den vor der ständig wachsenden Zahl an bewaffneten
    Konflikten sowie vor Verfolgung, Diskriminierung oder
    existenzieller Armut flüchtenden Menschen.

    Seitdem die griechisch-türkische Landesgrenze unter
    anderem mithilfe deutscher Beamter der Frontex-Mis-
    sion Poseidon in den letzten Jahren immer stärker abge-
    riegelt wurde, bleibt Flüchtlingen neben dem Landweg
    von der Türkei nach Bulgarien nur noch der lebensge-
    fährliche Weg über das Mittelmeer, um in die Europäi-
    sche Union zu gelangen. Die grausame Realität, dass
    dieser Weg in vielen Fällen tödlich endet, haben uns die
    Bilder von Hunderten nebeneinander aufgereihten Sär-
    gen in Lampedusa wieder ins Bewusstsein gerufen.

    Viele Politiker und Politikerinnen der EU, auch hier
    in der Bundesrepublik, hielten für einen Moment inne
    und gaben Versprechen ab, dass Tragödien wie diese nie
    wieder geschehen dürfen. Nur acht Tage nach dem ers-
    ten Bootsunglück geriet ein weiteres Boot in Seenot.
    250 Menschen verloren ihr Leben einen Steinwurf von
    Lampedusa entfernt, weil die italienischen Behörden
    zwar den Notruf erhielten, aber das Boot sich in maltesi-
    schen Hoheitsgewässern befand.

    Wie ein schlechter Scherz klangen die klagenden
    Worte des italienischen Ministerpräsidenten Letta, der
    sagte, die Menschen, die vor Lampedusa ihr Leben ver-
    loren haben, seien ab diesem Tage Italiener. Die Über-
    lebenden wurden hingegen laut Informationen der
    Menschenrechtsorganisation borderline-europe über
    100 Tage illegal in Lampedusa festgehalten und erst am
    vergangenen Sonntag als Zeugen zu einer Gerichtsanhö-
    rung nach Sizilien gebracht. Auch bedurfte es erst der
    schockierenden Videoaufnahmen aus dem privat betrie-
    benen Aufnahmezentrum in Lampedusa – auf denen war
    zu sehen, dass Flüchtlinge nackt ins Freie getrieben und
    desinfiziert wurden –, bis die unmenschlichen Bedin-
    gungen in solchen Zentren in das öffentliche Bewusst-
    sein gerückt wurden.

    Verehrte Kolleginnen und Kollegen, von dem Mitge-
    fühl und dem schlechten Gewissen nach dem 3. Oktober
    haben zynischerweise nicht die Überlebenden profitiert.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


    Deswegen müssen wir uns den Vorwurf gefallen lassen,
    dass das Sterben die Folge unserer europäischen Flücht-
    lingspolitik ist, ein System, das seit vielen Jahren auf
    Abschreckung und eine militärisch hochgerüstete Ab-
    schottungspolitik setzt statt auf den Schutz von Men-
    schen in einem Europa der Menschenrechte.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


    Deswegen sage ich Ihnen: Wenn diese Trauerbekun-
    dungen und die Scham über diese Unglücke keine blo-
    ßen Lippenbekenntnisse bleiben sollen, dann müssen wir
    an dieser Politik nahezu alles ändern, was möglich ist.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN – Rüdiger Veit [SPD]: Nicht alles, aber viel!)


    Europa kommt bei dem Ziel einer gemeinsamen
    Asylpolitik nicht voran. Wenn es aber um Grenzüberwa-
    chung oder Maßnahmen der Grenzsicherung geht, dann
    fließen die Millionen, und die europäischen Staatschefs
    freuen sich über so wahnsinnig viel gemeinschaftliches
    Handeln. Das ist kaum zu ertragen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


    Seit einigen Wochen ist das Europäische Grenzüber-
    wachungssystem EUROSUR in Kraft. Mit ihm möchte
    man glaubhaft machen, dass es dazu dient, Katastrophen
    wie vor Lampedusa zu verhindern. Ich sage Ihnen nach
    den letzten Jahren mit Blick auf die Flüchtlingspolitik
    ganz ehrlich: Ich habe die Nase voll, mir an der Stelle
    ein X für ein U vormachen zu lassen


    (Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


    und zu glauben, die Taskforce Mittelmeer, EUROSUR,
    Frontex oder nationale Militäroperationen wie das italie-
    nische Mare Nostrum wurden auf den Weg gebracht, um
    Flüchtlinge zu retten.

    Wir wissen genau, dass Frontex über Jahre hinweg
    Flüchtlingsboote zurück- und abgedrängt hat. Die Auf-
    gaben und das Budget der Grenzschutzagentur Frontex
    werden fortlaufend ausgeweitet, während die Agentur
    sich weigert, einen wirksamen Beschwerdemechanismus
    zu ermöglichen. Dabei streitet Frontex nicht einmal
    mehr ab, dass sie an völkerrechtswidrigen Zurückwei-
    sungen beispielsweise vor der Küste Griechenlands be-
    teiligt war.

    An dieser Stelle sei darauf hingewiesen: Deutschland
    hat derzeit den Vorsitz im Frontex-Verwaltungsrat inne.
    Wir erwarten von der Bundesregierung, dass sie sich für
    eine Überprüfung dieser Vorwürfe und für eine schärfere
    parlamentarische Kontrolle einsetzt.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


    Wir können einfach nicht dulden, dass europäische Insti-
    tutionen völkerrechtswidrige Praktiken anwenden.

    Liebe Kolleginnen und Kollegen, ein paar Worte zu
    Dublin III. Ich habe vor kurzem Europas größtes Flücht-
    lingscamp in Mineo auf Sizilien besucht, das statt der
    maximalen Kapazität von 2 000 Menschen derzeit
    4 000 Menschen im Nirgendwo isoliert. Im Gespräch





    Luise Amtsberg


    (A) (C)



    (D)(B)

    mit Flüchtlingen fand ich heraus, dass es bis zu 14 Mo-
    nate dauert, bis der Antrag auf ein Asylverfahren bear-
    beitet wird. In der Zwischenzeit müssen Menschen unter
    desolaten Zuständen in völlig überfüllten Lagern aushar-
    ren. Wer das Lager verlässt, wird aufgrund des Fehlens
    jedweder sozialer Leistungen in die Obdachlosigkeit ge-
    drängt. Gespräche mit Präfekten, aber auch dem italieni-
    schen Innenministerium haben verdeutlicht, wie schwie-
    rig es für Italien ist, dieser Situation dauerhaft und vor
    allen Dingen auf sich allein gestellt gerecht zu werden.
    Verehrte Kolleginnen und Kollegen, die Bundesregie-
    rung muss endlich bereit sein, anzuerkennen, dass das
    Schicksal dieser Menschen nicht nur eine italienische
    Angelegenheit ist. Wir tragen gemeinsam Verantwor-
    tung.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


    Allein die nackten Zahlen sollten Ihnen eigentlich
    verdeutlichen, dass das Dublin-System nicht mehr zu
    rechtfertigen ist. Eine Rückschiebung von Deutschland
    nach Griechenland wurde gerade im vierten Jahr in
    Folge ausgesetzt – zu Recht, sage ich da nur. Italien,
    Bulgarien und weitere EU-Mitgliedstaaten werden fol-
    gen; denn bereits jetzt wird ein Viertel der Rücküberstel-
    lungen nach Italien von Verwaltungsgerichten gestoppt,
    da Dublin-Rückkehrer im Erstaufnahmeland unter men-
    schenunwürdigsten Bedingungen leben müssen.

    Statt 30 Millionen Euro aus dem EU-Haushalt zur
    Stärkung der italienischen Militärpräsenz im Mittelmeer
    mitzuzeichnen, wäre das Geld viel besser angelegt, die
    Seenotrettung durch die zivile Küstenwache gezielt zu
    stärken und die Anzahl der Flüchtlingsunterbringungen
    zu erhöhen sowie deren Qualität zu verbessern.


    (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der LINKEN)


    Das Ziel der Grünenfraktion ist die Schaffung eines
    gemeinsamen europäischen Schutzraumes, in dem ein-
    heitliche und hohe Standards für die Unterbringung und
    den Schutz von Flüchtlingen endlich Realität werden.
    Gleichermaßen müssen wir auch die Bedürfnisse der
    Flüchtlinge besser berücksichtigen. Sie sollen die Mög-
    lichkeit haben, in dem Mitgliedstaat Asyl zu beantragen,
    in dem sie bereits familiäre Bindungen oder soziale
    Netze haben, dessen Sprache sie sprechen oder dem sie
    sich kulturell nahe fühlen.

    Für einen Paradigmenwechsel in der europäischen
    Asyl- und Flüchtlingspolitik muss der erste Schritt also
    sein, Maßnahmen zu ergreifen, die verhindern, dass das
    Mittelmeer zu einem Massengrab wird. Ich sage ganz
    klar: Der erste Schritt, den wir unternehmen müssen, ist,
    die Abschottungspolitik zu beenden. Vor allen Dingen
    das Fehlen legaler Einreisemöglichkeiten muss ein Ende
    haben. Meine Fraktion ist der Auffassung, dass dies
    auch gelingen kann, wenn man sich mit den anderen
    europäischen Staaten austauscht. Es ist wichtig, dass
    sich die gesamte Europäische Union verantwortlich
    zeigt. Das unsägliche Hin-und-her-Geschiebe von Men-
    schen in Europa muss aufhören; denn das wird der euro-
    päischen Idee nicht gerecht.
    Militärische Hochrüstung oder Überwachungssys-
    teme wie EUROSUR, mithilfe derer wir unsere Grenzen
    sozusagen auf den afrikanischen Kontinent verlagern
    und Verantwortung an Staaten wie Libyen abgeben, sind
    ganz sicher nicht der richtige Weg. Es ist schon richtig:
    Man muss den Blick auch auf die Herkunftsländer rich-
    ten, aber meine Hoffnung, dass da in nächster Zeit viel
    passiert, ist sehr gering. Die Frage ist: Was machen wir
    mit den Menschen, die in der Zwischenzeit Schutz su-
    chen?


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


    Darauf müssen wir eine Antwort geben. Zu sagen: „Wir
    warten darauf, dass es endlich eine Lösung vor Ort gibt“,
    ist schlichtweg verantwortungslos und unmenschlich.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


    Herr Innenminister de Maizière ist gerade nicht anwe-
    send. Am Mittwoch bei der Befragung der Bundesregie-
    rung hat er deutlich gemacht, dass Deutschland Einwan-
    derung braucht. Auch wir sind dieser Auffassung.
    Deutschland hat immer von Einwanderung profitiert.
    Zudem spricht die demografische Entwicklung der Bun-
    desrepublik eine klare Sprache. Ich sage ausdrücklich:
    Auch Menschen, die eine Flüchtlingsgeschichte haben,
    bereichern unsere Gesellschaft und können Teil unseres
    Arbeitsmarktes sein. Deshalb könnten wir überlegen, die
    Integrations- und Sprachkurse auszuweiten, um diesen
    Menschen eine Chance auf ein selbstbestimmtes Leben
    zu geben.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


    Ich rate Herrn de Maizière, die Chance des Neube-
    ginns für diese Regierung zu nutzen und sich von der
    Politik seines Vorgängers zu distanzieren. Ich kann für
    meine Fraktion versprechen: Wir stehen als konstruktive
    Kraft an der Seite des Innenministers. Der Startpunkt für
    eine Zusammenarbeit ist für uns allerdings einzig und al-
    lein die Bereitschaft, dass Deutschland seine Blockade-
    politik innerhalb der EU aufgibt, über legale Einreise-
    möglichkeiten für Flüchtlinge in die EU berät und die in
    Dublin III manifestierte Ignoranz gegenüber den südeu-
    ropäischen Staaten endlich aufgibt. Ohne das wird dem
    Sterben auf dem Mittelmeer kein Einhalt geboten.

    Ich danke für die Aufmerksamkeit.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)




Rede von Claudia Roth
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir danken Ihnen und gratulieren Ihnen zu Ihrer ers-

ten, sehr engagierten Rede im Bundestag. Wir alle wün-
schen Ihnen viel Kraft und viel Erfolg bei dieser sehr
verantwortungsvollen Arbeit.


(Beifall)


Jetzt freue ich mich auf die nächste Rednerin. Das ist
Christina Kampmann für die SPD.





Vizepräsidentin Claudia Roth


(A) (C)



(D)(B)


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Christina Kampmann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


    Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

    Kollegen! Ich kann mich noch gut an die Katastrophe
    vor Lampedusa erinnern. Es waren Bilder des Schre-
    ckens, die uns erreichten, Bilder, die man nicht vergisst
    und die vor allem nicht in Vergessenheit geraten dürfen.
    Es waren Bilder, die mich gerade deshalb zutiefst be-
    rührt haben, weil sie uns das Versagen der europäischen
    Flüchtlingspolitik so eindrucksvoll vor Augen geführt
    haben, dass ich dachte: Jetzt kann man selbige doch ei-
    gentlich nicht mehr vor dem Elend dieser Menschen ver-
    schließen. Am 3. Oktober 2013 – damals war ich noch
    keine zwei Wochen Mitglied des Bundestags – wusste
    ich, dass nun auch ich eine ganz besondere Verantwor-
    tung für das Leben dieser Menschen trage.

    Die Ereignisse vor Lampedusa waren jedoch nur in
    ihrem Ausmaß einzigartig. In ihrer Grausamkeit sind
    diese dagegen fast traurige Alltäglichkeit; denn der
    3. Oktober 2013, an dem mehrere Hundert Menschen
    vor Lampedusa ertranken, ist kein Einzelfall. Das ist die
    bedrückende Konsequenz der Ungleichheit der Lebens-
    verhältnisse in unserer Welt. Seit diesem Tag sind viele
    Wochen vergangen, in denen viel hätte passieren kön-
    nen, in denen jedoch nichts passiert ist.


    (Beifall bei der SPD)


    Genau deshalb begrüße ich den Antrag der Fraktion
    Die Linke, der uns an unsere gemeinsame europäische
    Verantwortung für eine Flüchtlingspolitik erinnert, die
    Menschlichkeit anstelle von Herabsetzung und Objekti-
    vierung und die Solidarität anstelle von Verantwortungs-
    entzug und Rückbesinnung auf nationale Interessen set-
    zen sollte.


    (Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Genau das sind aber auch die Gründe dafür, weshalb
    der Antrag zwar einige in die richtige Richtung gehende
    Aspekte aufzeigt, an anderen Stellen jedoch Vorschläge
    enthält, die gerade das konterkarieren, was unserer Mei-
    nung nach wichtig ist. So muss die Rettung von in See-
    not geratenen Menschen, wie sie unter II. e) des Antrags
    der Linken angesprochen wird, natürlich ein selbstver-
    ständliches Gebot menschlicher Achtung voreinander
    sein; denn alles andere widerspricht nicht nur unseren
    moralischen Wertvorstellungen, sondern auch den völ-
    kerrechtlichen Verträgen. Dass an dieser Selbstverständ-
    lichkeit Zweifel aufgekommen sind, müssen wir ernst
    nehmen und dafür Sorge tragen, dass Seenotrettung
    künftig weder an Kompetenzstreitigkeiten noch an Sank-
    tionen gegen mögliche Retter scheitert.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Es darf keine Kriminalisierung von Menschen geben, die
    andere Menschen retten; das sage ich mit aller Aus-
    drücklichkeit. Alles andere ist ein Skandal, den wir nicht
    zulassen dürfen.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Für die Achtung des im Koalitionsvertrag genannten
    Grundsatzes der Nichtzurückweisung und der Pflicht zur
    Seenotrettung werden wir deshalb auf europäischer
    Ebene entschieden eintreten.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Meine Damen und Herren von der Linken, Sie haben
    auch recht, wenn es darum geht, die Arbeit von Frontex
    kritisch zu begleiten. Wer aber so wie Sie die Arbeit von
    Frontex pauschal ablehnt und für eine Auflösung plä-
    diert, der verkennt zweifellos die wichtige ordnungspoli-
    tische Funktion. Unsere Antwort muss stattdessen eine
    strenge Verpflichtung zu einem gemeinsamen europäi-
    schen Grenzschutz durch die EU sein, die unserem euro-
    päischen Wertesystem gerecht wird.

    In die falsche Richtung geht aber vor allem einer der
    Kernpunkte des Antrags, zumindest dann, wenn man
    sich die Mühe macht, diesen zu Ende zu denken. Der
    Vorschlag, dass Asylsuchende künftig die freie Entschei-
    dung haben sollen, in welchem Mitgliedstaat sie ein
    Asylverfahren durchführen wollen, klingt aus Sicht der
    Asylsuchenden zwar ziemlich verlockend, ist dies aber
    tatsächlich nur sehr vordergründig; denn abgesehen von
    der praktischen Umsetzbarkeit eines solchen Free-
    Choice-Verfahrens muss mit einem Unterbietungswett-
    bewerb der betroffenen Staaten in puncto Aufnahme und
    Verfahrensbedingungen nach unten gerechnet werden,
    frei nach dem Motto: Wer die schlechtesten Bedingun-
    gen anbietet, der macht sich auch am unattraktivsten für
    Asylsuchende. – Bei aller berechtigten Kritik an Dub-
    lin II und Dublin III kann und sollte ein solches Verfah-
    ren nicht das Ziel europäischer Zusammenarbeit sein.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Wenn wir über eine europäische Flüchtlingspolitik re-
    den, dann geht es zunächst einmal um die Menschen, die
    bei uns Schutz vor Verfolgung, vor Krieg und Diskrimi-
    nierung suchen. Niemand verlässt sein Zuhause, seine
    Freunde und Familie unter Gefährdung des eigenen Le-
    bens einfach so. Diejenigen, die zu uns kommen, sind
    zunächst einmal weder eine Last noch ein Kostenfaktor,
    sondern das sind Menschen, die bei uns Schutz suchen
    und deshalb unseren Respekt verdienen.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Verantwortung können wir aber nur dann ernsthaft
    übernehmen, wenn wir eine Flüchtlingspolitik in Europa
    gestalten, die Solidarität auch wirklich ernst meint, die
    Probleme nicht auf den Schultern geografisch zufällig
    günstig gelegener Länder ablädt, sondern die ein echtes
    Interesse an einer gemeinsamen europäischen Lösung
    hat.





    Christina Kampmann


    (A) (C)



    (D)(B)


    (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Tom Koenigs [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


    Zugegeben, eine optimale Lösung gibt es nicht. Dass
    es so nicht weitergehen kann, ist aber offensichtlich. Die
    Umstände, in denen Flüchtlinge, insbesondere in Grie-
    chenland, leben müssen, sind alles, aber mit Sicherheit
    nicht menschenwürdig. Völlig überfüllte Lager, in denen
    die Asylsuchenden unter unmenschlichen Bedingungen
    leben müssen, gehören dort zum Alltag. Schätzungen ge-
    hen davon aus, dass bis zu 10 Prozent der griechischen
    Bevölkerung Flüchtlinge sind. Stellen Sie sich einmal
    vor, das wäre bei uns der Fall. Stellen Sie sich einmal
    vor, 10 Prozent der in Deutschland lebenden Menschen
    würden hier Asyl suchen. Was glauben Sie, was hier los
    wäre? Griechenland ist damit vollkommen überfordert
    und fühlt sich zu Recht von uns alleingelassen.

    Egal ob Dublin II oder III: Das Kernproblem der
    extrem ungleichen Verteilung von Asylbewerberinnen
    und Asylbewerbern in der Europäischen Union besteht
    weiterhin und bliebe im Übrigen auch dann bestehen,
    wenn wir dem Antrag der Linken in dieser Form zustim-
    men würden,


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)


    mit allen Problemen, die für Flüchtlinge und für die da-
    von betroffenen Länder damit verbunden sind.

    Das kann und das darf so nicht weitergehen. Es liegt
    in unserer gemeinsamen Verantwortung, hier endlich ak-
    tiv zu werden und eine Lösung zu finden, die genau das
    widerspiegelt, was wir immer wieder gerne sagen, wo-
    nach wir aber nicht immer handeln.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Solidarität in Europa muss unser gemeinsames Anlie-
    gen sein. Wir lehnen Dublin II und III in seiner jetzigen
    Form deshalb ab, weil es unsozial ist, weil es unsolida-
    risch ist und weil es ungerecht ist. Stattdessen setzt die
    SPD auf Verantwortungsteilung, ohne der Illusion zu er-
    liegen, dass es eine einfache Lösung geben kann.

    Quoten analog dem Königsteiner Schlüssel in Verbin-
    dung mit einem finanziellen Ausgleich bei Überschrei-
    tung selbiger können aber ein sinnvoller Ansatz sein;
    denn das entspricht erstens einer gemeinsamen europäi-
    schen Lösung, die solidarisch und gerecht ist, es trägt
    zweitens den Bedürfnissen der Migrantinnen und Mi-
    granten hinsichtlich Familienzugehörigkeit und Sprach-
    kenntnissen zumindest besser, als es derzeit der Fall ist,
    Rechnung, und es ermöglicht drittens eine Harmonisie-
    rung der Schutzstandards, die nicht nur auf dem Papier
    steht, sondern die auch faktisch umgesetzt werden kann.


    (Beifall bei der SPD)


    Angesichts der menschenunwürdigen Bedingungen,
    wie wir sie heute in einigen Ländern vorfinden, ist genau
    das mehr als notwendig. Mit diesem Ansatz wäre es
    möglich, die Bedürfnisse der Asylsuchenden mit der
    Notwendigkeit einer solidarischen und gerechten Flücht-
    lingspolitik auf europäischer Ebene bestmöglich zu ver-
    binden. Fest steht, dass wir uns diese Debatte nicht
    leichtmachen dürfen, fest steht aber auch, dass wir
    schnell zu Lösungen kommen müssen, die eine so
    extrem ungleiche Verteilung, wie wir sie derzeit in
    Europa erleben, endlich beenden.

    Bereits vor zehn Jahren hat Kofi Annan gesagt – ich
    zitiere –:

    Einwanderer brauchen Europa, aber Europa braucht
    auch Einwanderer. Diese stille Krise der Menschen-
    rechte beschämt unsere Welt.

    Seitdem sind viele Menschen auf dem Seeweg nach
    Europa ertrunken. Sie haben sich auf den Weg gemacht,
    weil sie verfolgt werden, weil sie Angst um ihr Leben
    haben oder weil sie in ihrer Heimat ganz einfach keine
    Perspektive für sich sehen und in Europa auf ein besse-
    res Leben hoffen. Was sie hier erwartet, sollte uns alle
    beschämen. Das sollte uns nachdenklich werden lassen,
    das sollte uns handeln lassen.

    Deshalb wünsche ich mir, dass wir uns – damit meine
    ich ausdrücklich auch die Fraktion Die Linke – unserer
    Verantwortung als Europäerinnen und Europäer stellen
    und eine solidarische Lösung finden, die vor allem ei-
    nem gerecht wird: der Würde der Menschen, die bei uns
    Zuflucht suchen.

    Danke schön.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)