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ID1800908200

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 18/9 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 9. Sitzung Berlin, Freitag, den 17. Januar 2014 I n h a l t : Tagesordnungspunkt 15: Vereinbarte Debatte: zum Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission . . . . . . . . . . 503 B Axel Schäfer (Bochum) (SPD) . . . . . . . . . . . . 503 B Alexander Ulrich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 505 A Gunther Krichbaum (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 506 C Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 508 C Michael Roth, Staatsminister  AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 510 A Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 510 C Andrej Hunko (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 511 D Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 512 B Detlef Seif (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . 513 A Dr. Diether Dehm (DIE LINKE) . . . . . . . . 513 C Annalena Baerbock (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 514 D Annalena Baerbock (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 515 D Dagmar Schmidt (Wetzlar) (SPD) . . . . . . . . . 517 B Jürgen Hardt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 518 C Norbert Spinrath (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 520 C Dr. Peter Gauweiler (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 522 A Dr. Franziska Brantner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 523 C Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) . . . . . . . 524 B Tagesordnungspunkt 16: Antrag der Abgeordneten Ulla Jelpke, Jan Korte, Katrin Kunert, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Das Massen- sterben an den EU-Außengrenzen been- den – Für eine offene, solidarische und hu- mane Flüchtlingspolitik der Europäischen Union Drucksache 18/288 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 524 D Ulla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . 525 A Charles M. Huber (CDU/CSU) . . . . . . . . . 525 D Thomas Silberhorn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 528 A Luise Amtsberg (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 530 A Christina Kampmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . 532 A Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) . . . . . . . . . 533 D Stephan Mayer (Altötting) (CDU/CSU) . . . . 534 D Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 535 C Harald Petzold (Havelland)  (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 536 A Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) . . . . . . . 536 D Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 538 A Sabine Bätzing-Lichtenthäler (SPD) . . . . . . . 539 A Marian Wendt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 540 C Rüdiger Veit (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 542 B Frank Heinrich (Chemnitz) (CDU/CSU) . . . . 544 B Dr. Egon Jüttner (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 546 A Inhaltsverzeichnis II Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Januar 2014 Zusatztagesordnungspunkt 4: Antrag der Abgeordneten Oliver Krischer, Dr. Julia Verlinden, Annalena Baerbock, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Europarechts- konforme Regelung der Industrievergüns- tigungen auf stromintensive Unternehmen im internationalen Wettbewerb begrenzen und das EEG als kosteneffizientes Instru- ment fortführen Drucksache 18/291 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 547 B Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 547 B Thomas Bareiß (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 548 D Peter Meiwald (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 550 A Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 551 B Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . . . 552 A Hubertus Heil (Peine) (SPD) . . . . . . . . . . . . . 553 B Jens Koeppen (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 555 D Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 557 B Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 558 C Berichtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 558 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 559 A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 559 C Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Januar 2014 503 (A) (C) (D)(B) 9. Sitzung Berlin, Freitag, den 17. Januar 2014 Beginn: 9.00 Uhr
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    (D) Berichtigung 8. Sitzung, Seite 462 A, dritter Absatz, der fünfte Satz ist wie folgt zu lesen: Der Hohe Kurdische Rat im Norden verlangt nicht mehr und nicht weniger, als auch eine Dele- gation entsenden zu dürfen. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Januar 2014 559 (A) (C) (B) Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten (D)  Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Alpers, Agnes DIE LINKE 17.01.2014 Bertram, Ute CDU/CSU 17.01.2014 Burkert, Martin SPD 17.01.2014 Ebner, Harald BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 17.01.2014 Dr. Freudenstein, Astrid CDU/CSU 17.01.2014 Gutting, Olav CDU/CSU 17.01.2014 Dr. Harbarth, Stephan CDU/CSU 17.01.2014 Heller, Uda CDU/CSU 17.01.2014 Henn, Heidtrud SPD 17.01.2014 Hinz (Herborn), Priska BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 17.01.2014 Klimke, Jürgen CDU/CSU 17.01.2014 Krellmann, Jutta DIE LINKE 17.01.2014 Lenkert, Ralph DIE LINKE 17.01.2014 Maisch, Nicole BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 17.01.2014 Dr. Malecha-Nissen, Birgit SPD 17.01.2014 Marwitz, Hans-Georg von der CDU/CSU 17.01.2014 Mattfeldt, Andreas CDU/CSU 17.01.2014 Movassat, Niema DIE LINKE 17.01.2014 Pilger, Detlev SPD 17.01.2014 Pronold, Florian SPD 17.01.2014 Dr. Schick, Gerhard BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 17.01.2014 Schieder (Schwandorf), Marianne SPD 17.01.2014 Schlecht, Michael DIE LINKE 17.01.2014 Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner 918. Sitzung am 19. De- zember 2013 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Ab- satz 2 des Grundgesetzes nicht zu stellen: – Gesetz zum Vorschlag für eine Verordnung des Rates über das Programm „Europa für Bürgerin- nen und Bürger“ für den Zeitraum 2014–2020 – Dreizehntes Gesetz zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (13. SGB V-Änderungs- gesetz – 13. SGB V-ÄndG) Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat mit- geteilt, dass sie den Antrag Operation Active Endea- vour beenden auf Drucksache 18/99 zurückzieht. Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mit- geteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden Unionsdo- kumente zur Kenntnis genommen oder von einer Bera- tung abgesehen hat. Petitionsausschuss Drucksache 17/13340 Nr. A.1 EP P7_TA-PROV(2013)0062 Auswärtiger Ausschuss Drucksache 17/12244 Nr. A.5 EuB-BReg 3/2013 Drucksache 17/13340 Nr. A.4 EuB-BReg 30/2013 Rechtsausschuss Drucksache 17/10710 Nr. A.22 Ratsdokument 11180/12 Schmidt (Ühlingen), Gabriele CDU/CSU 17.01.2014 Steinbach, Erika CDU/CSU 17.01.2014 Dr. Tackmann, Kirsten DIE LINKE 17.01.2014 Dr. Troost, Axel DIE LINKE 17.01.2014 Dr. Ullrich, Volker CDU/CSU 17.01.2014 Dr. Wagenknecht, Sahra DIE LINKE 17.01.2014  Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Anlagen 560 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Januar 2014 (A) (C) (D)(B) Haushaltsausschuss Drucksache 17/13830 Nr. A.5 Ratsdokument 9166/13 Drucksache 17/13830 Nr. A.6 Ratsdokument 9167/13 Drucksache 17/13994 Nr. A.2 Ratsdokument 9327/13 Drucksache 17/13994 Nr. A.3 Ratsdokument 9336/13 Drucksache 17/13994 Nr. A.4 Ratsdokument 10148/13 Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Drucksache 17/13830 Nr. A.7 Ratsdokument 9187/13 Drucksache 17/13830 Nr. A.8 Ratsdokument 9308/13 Drucksache 17/13830 Nr. A.9 Ratsdokument 9343/13 Drucksache 17/13830 Nr. A.10 Ratsdokument 9346/13 Drucksache 17/13830 Nr. A.11 Ratsdokument 10201/13 Drucksache 17/13994 Nr. A.5 Ratsdokument 8874/13 Drucksache 17/13994 Nr. A.6 Ratsdokument 10048/13 Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Drucksache 17/5822 Nr. A.40 Ratsdokument 8989/11 Drucksache 17/13830 Nr. A.12 Ratsdokument 9459/13 Drucksache 17/13830 Nr. A.13 Ratsdokument 9464/13 Drucksache 17/13830 Nr. A.14 Ratsdokument 9468/13 Drucksache 17/13830 Nr. A.15 Ratsdokument 9527/13 Drucksache 17/13830 Nr. A.16 Ratsdokument 9574/13 Drucksache 17/13994 Nr. A.7 Ratsdokument 10726/13 Offsetdruc sellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 K Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Drucksache 17/6176 Nr. A.18 Ratsdokument 10168/11 Drucksache 17/13340 Nr. A.20 EP P7_TA-PROV(2013)0074 Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Drucksache 17/7918 Nr. A.18 Ratsdokument 15629/11 Drucksache 17/8426 Nr. A.44 Ratsdokument 18008/11 Drucksache 17/8426 Nr. A.46 Ratsdokument 18010/11 Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 17/7549 Nr. A.10 Ratsdokument 14749/11 Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe Drucksache 17/13830 Nr. A.19 EP P7_TA-PROV(2013)0179 Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Drucksache 17/11108 Nr. A.25 Ratsdokument 12444/12 Drucksache 17/11108 Nr. A.27 Ratsdokument 13228/12 Drucksache 17/11919 Nr. A.25 Ratsdokument 14871/12 Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Drucksache 17/13595 Nr. A.23 Ratsdokument 8541/13 kerei, Bessemerstraße 83–91, 1 öln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de 22 9. Sitzung Inhaltsverzeichnis TOP 15 Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission TOP 16 Flüchtlingspolitik der Europäischen Union TOP 17 Anbau von genetisch verändertem Mais in der EU Anlagen
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Thomas Silberhorn


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)


    Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

    Wir alle haben die schockierenden Bilder vom Herbst
    letzten Jahres in Erinnerung. Das Schicksal der ertrunke-
    nen Flüchtlinge, der Opfer, kann niemanden kaltlassen.
    Viele Tausend Menschen sind in den letzten Jahren bei
    dem Versuch, nach Europa zu kommen, im Mittelmeer
    ertrunken. Im Mittelmeer spielt sich in der Tat eine Tra-
    gödie ab.

    Unser Ziel muss sein, dass sich Flüchtlinge gar nicht
    erst in diese lebensbedrohliche Situation begeben. Wie
    schwierig es ist, dieses Ziel zu erreichen, zeigt allein ein
    Blick auf diese Debatte in den letzten Jahren, die uns ja
    schon seit Innenminister Schily parteiübergreifend be-
    schäftigt.

    Die Motive der Flüchtlinge sind durchaus nachvoll-
    ziehbar. Wenn Familien vor dem Bürgerkrieg in Syrien
    flüchten, um ihr Leben und das ihrer Kinder zu retten,
    dann gibt es wohl niemanden, der dafür kein Verständnis
    aufbringen kann. Gleiches gilt für Menschen, die
    schlicht auf ein besseres Leben in Europa hoffen und
    sich vor Hungersnöten, Bürgerkrieg oder einfach bitterer
    Armut auf den langen Weg zu uns machen wollen.

    Wer sich die Flüchtlingsberichte näher ansieht, der
    versteht schnell, wie es zur Flucht kommen kann. Nur
    ein Beispiel von vielen, wie sie täglich stattfinden: Eine
    Frau, die in Somalia Fußball spielt, wird von Milizen be-
    droht, die das als unislamisch ansehen. Der Ehemann
    wird ermordet. Deswegen flieht die Frau mit Kind in ein
    Flüchtlingslager. Dort trifft sie auf einen Schleuser, der
    viel Geld verlangt und ein besseres Leben in Europa ver-
    spricht.

    Damit sind wir schon beim Kern des Problems: Es
    sind die Schleuser, die den Menschen in Flüchtlingsla-
    gern in Afrika häufig das Blaue vom Himmel verspre-
    chen. Sie locken Flüchtlinge mit falschen Versprechun-
    gen und fordern Tausende von Dollar für die Schleusung
    nach Europa. Nach Schätzungen des Bundesnachrich-
    tendienstes werden heute weltweit bereits mehrere Mil-
    liarden Euro mit Schleusung und Menschenschmuggel
    verdient.

    Deshalb müssen wir diese Dinge sehr konzentriert an-
    gehen. Wer sich mit den Berichten zu Fluchten über das
    Mittelmeer und dem Schicksal der Flüchtlinge näher be-
    fasst, der wird auf ganz ungeheuerliche Berichte stoßen:
    defekte oder überfüllte Boote, katastrophale hygienische
    Verhältnisse und die Tatsache – das ist für mich eine der
    schlimmsten Nachrichten –, dass Schleuser die Flücht-
    linge, die sie für viele Tausend Dollar an Bord genom-
    men haben, teilweise sogar ins Meer werfen, wohlwis-
    send, dass sie gar nicht schwimmen können.

    Diesem Unwesen müssen wir entschlossen entgegen-
    treten. Wir müssen dieses Übel an der Wurzel packen
    und den Schleppern und den skrupellosen Banden das
    Handwerk legen. Diese Forderung vermisse ich im An-
    trag der Linken.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Dr. Eva Högl [SPD])


    Sie schlagen eine erleichterte Zuwanderung in die Eu-
    ropäische Union vor. Wir wollen auch Zuwanderung,
    aber qualifizierte Zuwanderung, wie es Innenminister de
    Maizière bei der Vorstellung des Migrationsberichtes
    2012 erst am Mittwoch hier unterstrichen hat.

    Es gibt bereits jetzt Möglichkeiten legaler Zuwande-
    rung in die Europäische Union. Die Europäische Union
    hat das Modell der Bluecard eingeführt. Dieses gibt es
    seit August 2012 auch in Deutschland. Der Kerngedanke
    dieser Bluecard ist aber eben, dass qualifizierte Zuwan-
    derung nach Europa erfolgt.

    Sie wollen das losgelöst von jeglicher Qualifikation.
    Ich glaube, es darf nicht sein, dass wir nicht mehr selbst
    entscheiden, wer zu uns nach Europa kommen darf.
    Auch diejenigen, die ein festes Kontingent für die Euro-
    päische Union festlegen wollen, müssen sich die Frage
    stellen, ob das wirklich hilfreich ist; denn wenn dieses
    Kontingent erschöpft ist, werden sie ja wohl kaum einen
    verzweifelten Menschen auf der Flucht auf das nächste
    Jahr vertrösten können. Das wäre völlig lebensfremd.

    Wenn wir das Qualifikationserfordernis aufgeben
    würden, dann würden wir eine Sogwirkung erzeugen,
    die das Problem nicht lösen, sondern sogar noch ver-
    schärfen würde. Die Ursachen der Flucht lassen sich
    nicht durch Auswanderung lösen.

    Ich warne auch vor einem Blick durch die rein natio-
    nale Brille. Es geht auch um die europäische Sicht. An-
    deren Mitgliedstaaten der Europäischen Union geht es in
    wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht nicht so gut wie
    Deutschland. Deshalb muss die Zuwanderung in die EU
    auch weiterhin begrenzt und gesteuert werden. Die Pro-
    bleme, die in Afrika oder Syrien herrschen, sind von ei-
    ner so gewaltigen Dimension, dass wir eben nicht alle
    Betroffenen nach Europa holen können.

    Die Grenzschutzagentur Frontex der Europäischen
    Union erfüllt eine wichtige und sehr sinnvolle Arbeit. Es
    ist wenig überraschend, dass sie von den Linken verteu-
    felt wird und dass diese Frontex gerne abschaffen möch-
    ten. Sie übersehen dabei eines: Frontex hat in den
    Einsätzen in den letzten beiden Jahren rund 40 000 Men-
    schen aus Seenot im Mittelmeer gerettet. Frontex ver-
    schließt nicht die Augen, sondern hilft dort, wo sie kann.
    Deshalb ist Frontex eine wichtige und gute Einrichtung.


    (Beifall bei der CDU/CSU)


    Aus den bisher gesammelten Erfahrungen wird deut-
    lich, dass die Einbindung von Frontex bei Maßnahmen
    zum Schutz der EU-Außengrenzen notwendig ist, denn
    damit sind Gastbeamte der Europäischen Union vor Ort
    an den Brennpunkten der Migration präsent. Es ist für ei-
    nen nationalen Grenzschutzbeamten viel leichter, Stan-
    dards zu missachten, wenn ihm dabei nicht ein interna-
    tionaler Kollege über die Schulter schaut. Aber damit die
    Standards geachtet werden, ist es eben wichtig, dass na-





    Thomas Silberhorn


    (A) (C)



    (D)(B)

    tionale Grenzschützer und Frontex-Beamte zusammen-
    arbeiten. Das sichert die Einhaltung von Menschenrech-
    ten. Deswegen sind wir in der Europäischen Union auf
    dem richtigen Weg. Europa darf sich nicht zurückziehen,
    sondern muss vor Ort präsent sein.

    Das Dublin-System hat sich bewährt. Sie von der Lin-
    ken wollen es im Kern abschaffen. Das überrascht nicht.
    Auch da ist es aber wichtig, den Tatsachen ins Auge zu
    blicken. Deutschland nimmt zum Beispiel deutlich mehr
    Asylbewerber auf als Italien. Der Eindruck, der oft er-
    weckt wird, dass die südeuropäischen Staaten viel stär-
    ker belastet werden als beispielsweise Deutschland, ist
    schlicht falsch. Deutschland hat 2012 nicht nur in abso-
    luten Zahlen die meisten Asylbewerber aller Mitglied-
    staaten der Europäischen Union aufgenommen, sondern
    pro Kopf der Bevölkerung sind es dreimal mehr als in
    Italien. Allein im letzten Jahr, 2013, haben über 100 000
    Menschen Asyl in Deutschland beantragt.

    Wir haben auch an den Brennpunkten ganz praktisch
    Solidarität geübt, indem wir Malta und Griechenland un-
    terstützt haben. Deshalb ist das Dublin-System sinnvoll.
    Dieses System verpflichtet jeden Mitgliedstaat dazu, die
    europäischen Standards zu achten, etwa im Asylverfah-
    ren und bei der Durchführung dieses Verfahrens. Wir
    verteidigen deshalb unsere europäischen Rechtsstan-
    dards, von Finnland bis zur Ägäis und eben nicht nur bis
    zu den Alpen.

    Unser Ansatz ist zunächst: Wir brauchen eine bessere
    Seenotrettung. Wenn Boote im Mittelmeer kentern, dann
    ist es die erste und oberste Pflicht, Menschenleben zu
    retten.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Das ist nicht nur ein altes Gebot in der Seefahrt, sondern
    das ist auch eine humanitäre Verpflichtung. Deswegen
    haben wir in unserem Koalitionsvertrag ganz bewusst
    vereinbart:

    Der Grundsatz der Nichtzurückweisung und die
    Pflicht zur Seenotrettung müssen umfassend geach-
    tet werden.

    Das ist in der Koalition unsere Arbeitsgrundlage. Auch
    hier gilt das alte Motto des Arbeiterpriesters Carl Son-
    nenschein:

    Mit Menschen in Not soll man nicht diskutieren.
    Man soll ihnen helfen.


    (Rüdiger Veit [SPD]: Sehr gut! Ich werde Sie daran erinnern!)


    Genau das tun wir in der Bundesregierung und in der
    Europäischen Union. Frontex hat ihre Aktivitäten im
    Mittelmeer und in der Ägäis bereits jetzt intensiviert.
    Die Europäische Union hat dafür kurzfristig mehr Mittel
    bereitgestellt.

    Wir brauchen neben dieser Verbesserung der Seenot-
    rettung eine Reihe weiterer Maßnahmen auf europäi-
    scher Ebene, die der Rat der Justiz- und Innenminister
    im Herbst 2013 mit der Bildung einer Task Force Mittel-
    meer auf den Weg gebracht hat.

    Erstens. Wir brauchen eine bessere Zusammenarbeit
    mit den Herkunfts- und den Transitstaaten in Afrika. Wir
    pflegen einen umfassenden Dialog. Wir haben Mobili-
    tätspartnerschaften geschlossen, zum Beispiel mit Ma-
    rokko, Tunesien oder Jordanien. Wir leisten einen Bei-
    trag zur Stabilisierung der Lage in Libyen. Aber auch die
    nordafrikanischen Staaten haben ein hohes Maß an Ver-
    antwortung, zum Beispiel dafür, seeuntaugliche Nuss-
    schalen und Boote mit Hunderten von Flüchtlingen nicht
    in See stechen zu lassen.

    Zweitens. Wir müssen Menschenhandel, Schleuser-
    kriminalität und organisierte Kriminalität entschlossen
    bekämpfen.

    Drittens. Wir müssen auch die Grenzüberwachung
    verstärken, damit wir ein besseres Lagebild über die Si-
    tuation auf See erzielen, auch damit Flüchtlingen in See-
    not schneller geholfen werden kann.

    Viertens. Wir müssen den Menschen vor Ort eine bes-
    sere Lebensperspektive bieten.

    Diese Punkte können wir nicht alleine, sondern nur in
    Kooperation mit den Herkunftsstaaten in Afrika errei-
    chen. Das ist eben nicht allein unsere Aufgabe, sondern
    auch die der betroffenen Länder in Afrika und der regio-
    nalen Organisationen wie der Afrikanischen Union.
    Diese Länder brauchen Stabilität. Sie brauchen gute Re-
    gierungsführung, freie Parlamente, eine unabhängige
    Justiz und eine funktionierende Verwaltung. Das sind die
    Grundlagen für eine gute Entwicklung. Die Europäische
    Union kann einen wichtigen Beitrag leisten, um diese
    Prozesse zu unterstützen. Aber wir werden das nicht al-
    leine tun können.

    Wir perfektionieren nicht eine Abschottung Europas,
    sondern Europa ist eben, gerade im Verhältnis zu unse-
    rem Nachbarkontinent, ein Hort für friedliche Entwick-
    lung, für die Achtung der Menschenrechte, für wirt-
    schaftlichen Wohlstand und für soziale Gerechtigkeit.

    Wir helfen dort, wo wir können. Aber wir begeben
    uns nicht in einen blinden und naiven Aktionismus. Die
    Koalition macht sich auf den Weg, um die humanitären
    Wege zu verbreitern. Ich weise darauf hin, dass wir ver-
    einbart haben, das Bleiberecht für geduldete Ausländer
    auszuweiten, wenn sie ihren Lebensunterhalt überwie-
    gend selbst bestreiten können. Von daher brauchen wir
    keine Nachhilfe in Sachen Flüchtlingspolitik. Ich setze
    volles Vertrauen in Bundesinnenminister de Maizière.


    (Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der heute nicht einmal da ist!)


    Wir werden den Koalitionsvertrag konsequent umsetzen
    und gemeinsam an einer Flüchtlingspolitik in Europa ar-
    beiten, die hilft, Menschenleben zu retten.

    Vielen Dank.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)







    (A) (C)



    (D)(B)



Rede von Claudia Roth
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen herzlichen Dank, Herr Kollege Silberhorn. –

Die nächste Rednerin ist Luise Amtsberg für Bünd-
nis 90/Die Grünen.


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    Rede von Luise Amtsberg


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe

    Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte der Fraktion der
    Linken erst einmal ausdrücklich dafür danken, dass Sie
    gleich zu Beginn der Legislaturperiode dieses für uns
    sehr wichtige Thema auf die Tagesordnung geholt ha-
    ben. Absolut zutreffend problematisiert Ihr Antrag die
    Fehlleitungen der europäischen Asyl- und Flüchtlings-
    politik, die bereits viele Menschen das Leben gekostet
    hat. Er problematisiert den unerträglichen Umgang mit
    den vor der ständig wachsenden Zahl an bewaffneten
    Konflikten sowie vor Verfolgung, Diskriminierung oder
    existenzieller Armut flüchtenden Menschen.

    Seitdem die griechisch-türkische Landesgrenze unter
    anderem mithilfe deutscher Beamter der Frontex-Mis-
    sion Poseidon in den letzten Jahren immer stärker abge-
    riegelt wurde, bleibt Flüchtlingen neben dem Landweg
    von der Türkei nach Bulgarien nur noch der lebensge-
    fährliche Weg über das Mittelmeer, um in die Europäi-
    sche Union zu gelangen. Die grausame Realität, dass
    dieser Weg in vielen Fällen tödlich endet, haben uns die
    Bilder von Hunderten nebeneinander aufgereihten Sär-
    gen in Lampedusa wieder ins Bewusstsein gerufen.

    Viele Politiker und Politikerinnen der EU, auch hier
    in der Bundesrepublik, hielten für einen Moment inne
    und gaben Versprechen ab, dass Tragödien wie diese nie
    wieder geschehen dürfen. Nur acht Tage nach dem ers-
    ten Bootsunglück geriet ein weiteres Boot in Seenot.
    250 Menschen verloren ihr Leben einen Steinwurf von
    Lampedusa entfernt, weil die italienischen Behörden
    zwar den Notruf erhielten, aber das Boot sich in maltesi-
    schen Hoheitsgewässern befand.

    Wie ein schlechter Scherz klangen die klagenden
    Worte des italienischen Ministerpräsidenten Letta, der
    sagte, die Menschen, die vor Lampedusa ihr Leben ver-
    loren haben, seien ab diesem Tage Italiener. Die Über-
    lebenden wurden hingegen laut Informationen der
    Menschenrechtsorganisation borderline-europe über
    100 Tage illegal in Lampedusa festgehalten und erst am
    vergangenen Sonntag als Zeugen zu einer Gerichtsanhö-
    rung nach Sizilien gebracht. Auch bedurfte es erst der
    schockierenden Videoaufnahmen aus dem privat betrie-
    benen Aufnahmezentrum in Lampedusa – auf denen war
    zu sehen, dass Flüchtlinge nackt ins Freie getrieben und
    desinfiziert wurden –, bis die unmenschlichen Bedin-
    gungen in solchen Zentren in das öffentliche Bewusst-
    sein gerückt wurden.

    Verehrte Kolleginnen und Kollegen, von dem Mitge-
    fühl und dem schlechten Gewissen nach dem 3. Oktober
    haben zynischerweise nicht die Überlebenden profitiert.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


    Deswegen müssen wir uns den Vorwurf gefallen lassen,
    dass das Sterben die Folge unserer europäischen Flücht-
    lingspolitik ist, ein System, das seit vielen Jahren auf
    Abschreckung und eine militärisch hochgerüstete Ab-
    schottungspolitik setzt statt auf den Schutz von Men-
    schen in einem Europa der Menschenrechte.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


    Deswegen sage ich Ihnen: Wenn diese Trauerbekun-
    dungen und die Scham über diese Unglücke keine blo-
    ßen Lippenbekenntnisse bleiben sollen, dann müssen wir
    an dieser Politik nahezu alles ändern, was möglich ist.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN – Rüdiger Veit [SPD]: Nicht alles, aber viel!)


    Europa kommt bei dem Ziel einer gemeinsamen
    Asylpolitik nicht voran. Wenn es aber um Grenzüberwa-
    chung oder Maßnahmen der Grenzsicherung geht, dann
    fließen die Millionen, und die europäischen Staatschefs
    freuen sich über so wahnsinnig viel gemeinschaftliches
    Handeln. Das ist kaum zu ertragen.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


    Seit einigen Wochen ist das Europäische Grenzüber-
    wachungssystem EUROSUR in Kraft. Mit ihm möchte
    man glaubhaft machen, dass es dazu dient, Katastrophen
    wie vor Lampedusa zu verhindern. Ich sage Ihnen nach
    den letzten Jahren mit Blick auf die Flüchtlingspolitik
    ganz ehrlich: Ich habe die Nase voll, mir an der Stelle
    ein X für ein U vormachen zu lassen


    (Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


    und zu glauben, die Taskforce Mittelmeer, EUROSUR,
    Frontex oder nationale Militäroperationen wie das italie-
    nische Mare Nostrum wurden auf den Weg gebracht, um
    Flüchtlinge zu retten.

    Wir wissen genau, dass Frontex über Jahre hinweg
    Flüchtlingsboote zurück- und abgedrängt hat. Die Auf-
    gaben und das Budget der Grenzschutzagentur Frontex
    werden fortlaufend ausgeweitet, während die Agentur
    sich weigert, einen wirksamen Beschwerdemechanismus
    zu ermöglichen. Dabei streitet Frontex nicht einmal
    mehr ab, dass sie an völkerrechtswidrigen Zurückwei-
    sungen beispielsweise vor der Küste Griechenlands be-
    teiligt war.

    An dieser Stelle sei darauf hingewiesen: Deutschland
    hat derzeit den Vorsitz im Frontex-Verwaltungsrat inne.
    Wir erwarten von der Bundesregierung, dass sie sich für
    eine Überprüfung dieser Vorwürfe und für eine schärfere
    parlamentarische Kontrolle einsetzt.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


    Wir können einfach nicht dulden, dass europäische Insti-
    tutionen völkerrechtswidrige Praktiken anwenden.

    Liebe Kolleginnen und Kollegen, ein paar Worte zu
    Dublin III. Ich habe vor kurzem Europas größtes Flücht-
    lingscamp in Mineo auf Sizilien besucht, das statt der
    maximalen Kapazität von 2 000 Menschen derzeit
    4 000 Menschen im Nirgendwo isoliert. Im Gespräch





    Luise Amtsberg


    (A) (C)



    (D)(B)

    mit Flüchtlingen fand ich heraus, dass es bis zu 14 Mo-
    nate dauert, bis der Antrag auf ein Asylverfahren bear-
    beitet wird. In der Zwischenzeit müssen Menschen unter
    desolaten Zuständen in völlig überfüllten Lagern aushar-
    ren. Wer das Lager verlässt, wird aufgrund des Fehlens
    jedweder sozialer Leistungen in die Obdachlosigkeit ge-
    drängt. Gespräche mit Präfekten, aber auch dem italieni-
    schen Innenministerium haben verdeutlicht, wie schwie-
    rig es für Italien ist, dieser Situation dauerhaft und vor
    allen Dingen auf sich allein gestellt gerecht zu werden.
    Verehrte Kolleginnen und Kollegen, die Bundesregie-
    rung muss endlich bereit sein, anzuerkennen, dass das
    Schicksal dieser Menschen nicht nur eine italienische
    Angelegenheit ist. Wir tragen gemeinsam Verantwor-
    tung.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


    Allein die nackten Zahlen sollten Ihnen eigentlich
    verdeutlichen, dass das Dublin-System nicht mehr zu
    rechtfertigen ist. Eine Rückschiebung von Deutschland
    nach Griechenland wurde gerade im vierten Jahr in
    Folge ausgesetzt – zu Recht, sage ich da nur. Italien,
    Bulgarien und weitere EU-Mitgliedstaaten werden fol-
    gen; denn bereits jetzt wird ein Viertel der Rücküberstel-
    lungen nach Italien von Verwaltungsgerichten gestoppt,
    da Dublin-Rückkehrer im Erstaufnahmeland unter men-
    schenunwürdigsten Bedingungen leben müssen.

    Statt 30 Millionen Euro aus dem EU-Haushalt zur
    Stärkung der italienischen Militärpräsenz im Mittelmeer
    mitzuzeichnen, wäre das Geld viel besser angelegt, die
    Seenotrettung durch die zivile Küstenwache gezielt zu
    stärken und die Anzahl der Flüchtlingsunterbringungen
    zu erhöhen sowie deren Qualität zu verbessern.


    (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der LINKEN)


    Das Ziel der Grünenfraktion ist die Schaffung eines
    gemeinsamen europäischen Schutzraumes, in dem ein-
    heitliche und hohe Standards für die Unterbringung und
    den Schutz von Flüchtlingen endlich Realität werden.
    Gleichermaßen müssen wir auch die Bedürfnisse der
    Flüchtlinge besser berücksichtigen. Sie sollen die Mög-
    lichkeit haben, in dem Mitgliedstaat Asyl zu beantragen,
    in dem sie bereits familiäre Bindungen oder soziale
    Netze haben, dessen Sprache sie sprechen oder dem sie
    sich kulturell nahe fühlen.

    Für einen Paradigmenwechsel in der europäischen
    Asyl- und Flüchtlingspolitik muss der erste Schritt also
    sein, Maßnahmen zu ergreifen, die verhindern, dass das
    Mittelmeer zu einem Massengrab wird. Ich sage ganz
    klar: Der erste Schritt, den wir unternehmen müssen, ist,
    die Abschottungspolitik zu beenden. Vor allen Dingen
    das Fehlen legaler Einreisemöglichkeiten muss ein Ende
    haben. Meine Fraktion ist der Auffassung, dass dies
    auch gelingen kann, wenn man sich mit den anderen
    europäischen Staaten austauscht. Es ist wichtig, dass
    sich die gesamte Europäische Union verantwortlich
    zeigt. Das unsägliche Hin-und-her-Geschiebe von Men-
    schen in Europa muss aufhören; denn das wird der euro-
    päischen Idee nicht gerecht.
    Militärische Hochrüstung oder Überwachungssys-
    teme wie EUROSUR, mithilfe derer wir unsere Grenzen
    sozusagen auf den afrikanischen Kontinent verlagern
    und Verantwortung an Staaten wie Libyen abgeben, sind
    ganz sicher nicht der richtige Weg. Es ist schon richtig:
    Man muss den Blick auch auf die Herkunftsländer rich-
    ten, aber meine Hoffnung, dass da in nächster Zeit viel
    passiert, ist sehr gering. Die Frage ist: Was machen wir
    mit den Menschen, die in der Zwischenzeit Schutz su-
    chen?


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


    Darauf müssen wir eine Antwort geben. Zu sagen: „Wir
    warten darauf, dass es endlich eine Lösung vor Ort gibt“,
    ist schlichtweg verantwortungslos und unmenschlich.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


    Herr Innenminister de Maizière ist gerade nicht anwe-
    send. Am Mittwoch bei der Befragung der Bundesregie-
    rung hat er deutlich gemacht, dass Deutschland Einwan-
    derung braucht. Auch wir sind dieser Auffassung.
    Deutschland hat immer von Einwanderung profitiert.
    Zudem spricht die demografische Entwicklung der Bun-
    desrepublik eine klare Sprache. Ich sage ausdrücklich:
    Auch Menschen, die eine Flüchtlingsgeschichte haben,
    bereichern unsere Gesellschaft und können Teil unseres
    Arbeitsmarktes sein. Deshalb könnten wir überlegen, die
    Integrations- und Sprachkurse auszuweiten, um diesen
    Menschen eine Chance auf ein selbstbestimmtes Leben
    zu geben.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


    Ich rate Herrn de Maizière, die Chance des Neube-
    ginns für diese Regierung zu nutzen und sich von der
    Politik seines Vorgängers zu distanzieren. Ich kann für
    meine Fraktion versprechen: Wir stehen als konstruktive
    Kraft an der Seite des Innenministers. Der Startpunkt für
    eine Zusammenarbeit ist für uns allerdings einzig und al-
    lein die Bereitschaft, dass Deutschland seine Blockade-
    politik innerhalb der EU aufgibt, über legale Einreise-
    möglichkeiten für Flüchtlinge in die EU berät und die in
    Dublin III manifestierte Ignoranz gegenüber den südeu-
    ropäischen Staaten endlich aufgibt. Ohne das wird dem
    Sterben auf dem Mittelmeer kein Einhalt geboten.

    Ich danke für die Aufmerksamkeit.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)