Rede von
Stephan
Stracke
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten
Kolleginnen und Kollegen! Wir lehnen den Gesetzent-
wurf der Fraktion Die Linke mit dem Vorschlag der Ab-
schaffung der Rentenabschläge ab. Die Rentenabschläge
– ich glaube, das kann man in dieser Diskussion durch-
aus einmal erwähnen – wurden seinerzeit eingeführt, um
Ausweichreaktionen von älteren Menschen zu vermei-
den. Das war die Realität der 90er-Jahre. Diese Gründe
tragen bis in die Gegenwart hinein.
Dabei gilt es auch zu berücksichtigen, dass gerade
jüngere erwerbsgeminderte Versicherte durch die Ab-
schlagswirkungen nicht über Gebühr belastet werden
dürfen. Deswegen haben wir die Zurechnungszeiten ver-
längert.
Unter dem Strich führen beide Änderungen zusam-
men zu einer Verminderung der Rentenhöhe um durch-
schnittlich 3,3 Prozent im Vergleich zum früheren Recht.
Das ist der Hinweis: Es sind 3,3 Prozent und nicht, wie
es im Gesetzentwurf der Linken etwas einseitig formu-
liert ist, 10,8 Prozent, was die Wirkung des Rentenab-
schlags betrifft. Ich glaube, beides zusammengenommen
rückt das Bild entsprechend zurecht.
Richtig ist allerdings, dass die durchschnittlichen
Zahlbeträge der Erwerbsminderungsrenten seit Jahren
sinken. Heute erhält ein erwerbsgeminderter Versicher-
ter im Vergleich zu vor zehn Jahren im Bundesdurch-
schnitt rund 70 Euro weniger. Deswegen müssen wir
aufpassen, gerade was das Risiko der Altersarmut an-
geht. Deswegen werden wir auch einen genauen Blick
darauf haben. Wenn Grundgesicherte einen Aufwuchs
von 12 Prozent haben, dann müssen wir uns das genau
anschauen. Die Quote ist damit über viermal so hoch wie
bei Altersrentnern ab 65 Jahren. Das macht den unmit-
telbaren Handlungsbedarf bei den Erwerbsminderungs-
renten insgesamt deutlich.
Für uns ist klar: Wer aus gesundheitlichen Gründen
nicht mehr erwerbstätig sein kann, ist auf die Solidarität
der Versichertengemeinschaft angewiesen. Für uns gilt:
Wer krank ist, nicht mehr arbeiten kann und vorzeitig in
Erwerbsminderungsrente gehen muss, muss im Alter
ausreichend abgesichert sein.
Was haben wir im Einzelnen vor? Heute erhalten die
Betroffenen eine Erwerbsminderungsrente, als hätten sie
bis zum vollendeten 60. Lebensjahr weitergearbeitet.
Wir wollen diesen Schutz verbessern. Erwerbsgemin-
derte Menschen sollen künftig so gestellt werden, als ob
sie mit ihrem bisherigen durchschnittlichen Einkommen
zwei Jahre länger, also bis zum 62. Lebensjahr, weiter-
gearbeitet hätten.
Im Klartext: Wir wollen die Zurechnungszeit um zwei
Jahre verlängern, und zwar entgegen den anfänglichen
Überlegungen in einem Schritt. Das kommt den Betrof-
fenen zugute. Das ist der Weg, den wir hier weiter be-
schreiten wollen.
Zudem stellen wir sicher, dass die letzten vier Jahre
vor Eintritt der Erwerbsminderung nicht zählen, wenn
sie die Bewertung der Zurechnungszeit verringern. Hin-
tergrund ist, dass die Rentenanwartschaften in den letz-
ten Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung typischer-
weise deutlich zurückgehen. Häufig ist dies durch
unfreiwillig unstetige Arbeitsverhältnisse begründet.
Denken Sie beispielsweise an Erkrankungen vor dem
Bezug der Erwerbsminderungsrente. Um hier einen Aus-
gleich zu schaffen, wollen wir eine Günstigerprüfung bei
der Rentenberechnung einführen.
Beide Instrumente, Günstigerprüfung und die Verlän-
gerung der Zurechnungszeit, kommen den Erwerbsge-
minderten deutlich entgegen und verbessern ihre Situa-
tion. Darauf wollen wir aufsetzen. Wir wollen durch
entsprechende Veränderungen erreichen, dass Prävention
einen höheren Stellenwert in dieser Gesellschaft erlangt,
gerade wenn es um die betriebliche Gesundheitsförde-
rung geht. Wir haben in der letzten Legislaturperiode ei-
nen guten Gesetzentwurf vorgelegt. Es gilt, in dieser Le-
gislaturperiode darauf aufzusetzen, und zwar unter dem
spezifischen Blickwinkel der betrieblichen Gesundheits-
förderung.
Schließlich wollen wir präventiv über eine Modifizie-
rung des Rehabudgets die Voraussetzungen dafür schaf-
fen, dass die Menschen auch im Alter die Belastungen
im Arbeitsleben körperlich und psychisch meistern kön-
nen, also erst gar keine Erwerbsminderungsrente brau-
chen.
Für all diese Vorschläge gibt es große Unterstützung
vonseiten der Experten. Das zeigt: Wir sind beim Thema
Verbesserung der rentenrechtlichen Situation erwerbsge-
minderter Personen bestens aufgestellt. All diese Vor-
schläge werden Bestandteil des Rentenpakets werden,
das die Bundesregierung demnächst vorlegen wird. Ich
sehe dem Gesetzgebungsverfahren und insbesondere den
entsprechenden Anhörungen zuversichtlich entgegen
und freue mich auf die Beratungen im Deutschen Bun-
destag.
Herzlichen Dank.