Rede von
Philipp
Mißfelder
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Herrn Gehrcke muss ich leider enttäuschen: Wir sind uns
an dieser Stelle nicht einig.
In der Tat ist es so: Die völkerrechtliche Grundlage ist
umstritten. Das haben wir hier mehrmals besprochen.
Auch im Ausschuss war dies mehrmals Gegenstand aus-
führlicher Beratungen. Die Koalition aus CDU/CSU und
FDP hatte hier eine andere Auffassung als unser neuer
Koalitionspartner, die SPD. Gerade deshalb bin ich froh,
dass es uns durch diesen Schritt – wenn ich es als Kunst-
griff bezeichne, ist das auch Interpretationssache – ge-
lungen ist, einerseits der neuen politischen Konstellation
hier im Parlament und andererseits den Verpflichtungen,
die wir im Bündnis haben, gerecht zu werden. Wir kön-
nen ja die bei uns geführte Debatte nicht losgelöst von
der Diskussion in anderen NATO-Ländern sehen. Des-
halb danke ich der SPD-Bundestagsfraktion, dass sie zu
diesem Schritt bereit war. Das muss man an dieser Stelle
durchaus positiv erwähnen.
Das Mandat hat sich aber verändert. Wir reden jetzt
über eine Lagebilderstellung. Vor diesem Hintergrund ist
es richtig, hier darüber zu diskutieren, wie wir die Ge-
fahrenpotenziale, die es in der Mittelmeerregion gibt,
insgesamt bewerten. Im Zusammenhang mit diesem
Mandat wurde oft der Vorwurf geäußert, dass es nicht
zum Einsatz gekommen ist. Ich finde ehrlich gesagt,
dass das eher positiv zu sehen ist; denn die langjährige
militärische Präsenz in der Mittelmeerregion in Verbin-
dung mit der integrierten Herangehensweise so vieler
Staaten hat dazu geführt, dass das Mandat eine gewisse
abschreckende Wirkung hat. Stellen Sie sich umgekehrt
vor, wir müssten im Zuge dieses Mandats allwöchentlich
über spektakuläre negative Vorfälle diskutieren. Ich
hoffe, dass hier im Hohen Hause ein breiter Konsens da-
rüber besteht, dass ein Mandat auch erfolgreich ist, wenn
nicht geschossen wird, wenn es nicht zu spektakulären
negativen Vorkommnissen kommt, wenn man sich nicht
über Opfer zu beklagen hat.
Ich höre gerade den Zwischenruf, das sei spekulativ.
Natürlich ist das spekulativ, weil ich nicht weiß, ob von
einer prohibitiven Wirkung des Mandats über einen so
langen Zeitraum auszugehen ist oder eben nicht. Trotz-
dem schließe ich das nicht grundsätzlich aus. Deshalb
kann ich dem Deutschen Bundestag ruhigen Gewissens
empfehlen – nachdem wir dieses Mandat auf eine ver-
lässliche Grundlage gestellt haben –, das Mandat für
weitere elf Monate zu verlängern. Nicht ohne Grund
werden Mandate, die sich in diesem Hohen Hause im-
mer wieder einer politischen Bewährungsprobe stellen
müssen, zeitlich begrenzt. Das kann in unterschiedlichen
politischen Konstellationen – Schwarz-Gelb in der ver-
gangenen Legislaturperiode, Große Koalition jetzt – in-
terpretiert worden sein, und die Veränderungen sehen
Sie auch im Mandatstext. Deshalb, glaube ich, ist dieses
Mandat zustimmungsfähig.
Grundsätzlich sage ich aber auch noch eines zu
NATO-Einsätzen insgesamt. Die Kontinuität in der Zu-
rückhaltung unseres Parlaments und auch unserer Regie-
rung und vieler Vorgängerregierungen gegenüber Militär-
einsätzen ist etwas Gutes und ist auch eine gute
Errungenschaft unserer Demokratie. Die Bewährungs-
probe durch den Parlamentsvorbehalt hier im Deutschen
Bundestag ist auch eine gut geübte Praxis, die teilweise
an ihre Grenzen stößt, aber im Großen und Ganzen die
Funktionsfähigkeit der Bundeswehr nicht eingeschränkt
hat. Vor diesem Hintergrund ist das Verfahren, wie wir in
gängiger Praxis hier Bundeswehrmandate behandeln,
gut geübt und trägt dazu bei, dass Bundeswehreinsätze
im Großen und Ganzen auch in der Bevölkerung akzep-
tiert werden.
Ich sage weiter – das wird Sie von der Linksfraktion
noch mehr ärgern –, dass die Teilhabe an internationalen
Maßnahmen für uns auch ein wichtiger Bündnisbeitrag
per se ist. Das heißt, wenn im Bündnis eine gemeinsame
Entscheidung vorangetrieben wird, dann stellen wir uns
nicht aus grundsätzlichen Erwägungen dagegen, sondern
wägen ab:
Was ist im deutschen Interesse? Wie riskant ist das für
die Bundeswehr? Wenn wir, wie in diesem Fall, zu der
Einschätzung kommen, dass das Risiko und die Chancen
der Teilhabe in einem vernünftigen Verhältnis zueinan-
der stehen, dann gibt es aus unserer Sicht keinen Grund,
uns gegen das Mandat zu stellen. Deshalb: Zustimmung
unserer Fraktion.
Herzlichen Dank.