Rede von
Sabine
Leidig
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(DIE LINKE.)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)
Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen!
Ich bin dem Kollegen Uhl sehr dankbar für diese Steil-
vorlage; denn ich möchte den speziellen Fall „Pofalla
und die Deutsche Bahn“ hier kurz beleuchten. Er zeugt
von einem – davon bin ich überzeugt – maroden Politik-
stil, von dem die Bürgerinnen und Bürger hierzulande
zunehmend frustriert sind.
Vorweg: Wir sind überhaupt nicht dagegen, dass All-
gemeinwohlinteressen durch politische Einflussnahme
auf Wirtschaftsunternehmen durchgesetzt werden. Dazu
ist ein Parlament und dazu ist eine Regierung da. Das
gilt natürlich erst recht für ein Unternehmen, das dem
Bund gehört, aus Steuermitteln finanziert wird und öf-
fentliche Aufgaben hat, wie es bei der Deutschen Bahn
der Fall ist.
Aber erstens muss darüber öffentlich beraten und dis-
kutiert werden, die Entscheidungswege müssen transpa-
rent sein, und alle gesellschaftlichen Interessen müssen
zum Tragen kommen.
Zweitens muss in diesem speziellen Fall ein gutes
Bahnangebot für alle das Ziel der politischen Einfluss-
nahme sein.
Zu beiden haben Frau Merkel und Herr Pofalla aber das
Gegenteil getan. Ein Exempel dafür ist der unsinnige
Tunnelbahnhof Stuttgart 21.
Wir erinnern uns: Vor etwa einem Jahr musste man
zugeben, dass der Kostendeckel von 4,5 Milliarden Euro
um mindestens 2 Milliarden Euro überschritten wird.
Ein internes Papier aus dem Verkehrsministerium bestä-
tigte die vielen Zweifel, die längst existierten. Der Vor-
stand konnte die Wirtschaftlichkeit des Projektes nicht
nachweisen. Die Projektpartner wollten keine zusätzli-
chen Kosten übernehmen. Eigentlich hätte der Auf-
sichtsrat, der die Wirtschaftlichkeit des Unternehmens
zu überwachen hat, den geordneten Ausstieg beschlie-
ßen müssen. Aber es kam anders. Am 5. März entschied
der Aufsichtsrat für den Weiterbau.
Was war geschehen? Herr Pofalla hatte im Namen der
Kanzlerin in Einzelgesprächen massiv auf die drei
Staatssekretäre eingewirkt, die für den Bund im Auf-
sichtsrat der Bahn sitzen. Er hat sie damit zur Untreue an
diesem öffentlichen Unternehmen angestiftet. Deshalb
ist jetzt übrigens auch ein Strafantrag gegen ihn gestellt
worden. Das alles geschah nur, weil die Kanzlerin auf
keinen Fall im Wahljahr eine politische Niederlage ein-
stecken wollte. Das ist der eigentliche Skandal.
Pofalla wird wohl demnächst von der Bahn bestens
bezahlt. Aber ein Lobbyist für den Schienenverkehr ist
er nicht. Im Gegenteil: Die 6, 7 oder mehr Milliarden
Euro, die bei Stuttgart 21 vergraben werden, fehlen ja für
den Ausbau der Bahn in der Fläche. Nun wird gemut-
maßt, dass der Vizekanzler, Herr Gabriel, die Kröte
Pofalla schlucken wird, damit im Gegenzug ein Pöst-
chen von ihm zu besetzen wäre. Wenn es stimmt, dass
dann Herr Großmann, der Duzfreund von Herrn
Schröder, Atomenergieverfechter, Stahlbaron und ICE-
Achsenmonopolist, zum Aufsichtsratsvorsitzenden der
DB AG werden soll, dann wäre das ein genauso übles
Treiben.
Ich bitte die Kolleginnen und Kollegen von der SPD,
diesem Ansinnen einen Riegel vorzuschieben.