Herr Kollege, über die Details der Protokolle des Par-
lamentarischen Rates können wir gerne noch einmal
sprechen. Meine Dokumentationen sind aus meiner
Sicht vollständig. Wenn Sie noch weitere Erkenntnisse
haben, lade ich Sie gerne auf einen Kaffee ein und Sie
zeigen mir diese.
Zu den anderen Problemen. Ja, es ist problematisch,
dass wir Dinge vermischen. Wer stellt infrage, dass
gleichgeschlechtliche Eltern oder ein Elternteil mit dem
neuen Partner und dessen Kind eine Familie bilden?
Dass diese Familien alles, was sich rechtlich anknüpft, in
Anspruch nehmen, ist doch selbstverständlich. Das ist
überhaupt nicht in Abrede zu stellen. Bei den Urteilen,
die Sie in Ihrem Gesetzentwurf nennen, geht es um den
familienrechtlichen oder grundgesetzlichen Schutz für
die sozialfamiliäre Gemeinschaft aus eingetragener Le-
benspartnerschaft und dem leiblichen oder angenomme-
nen Kind des Lebenspartners. Zugestanden, eine Familie
steht unter diesem besonderen Schutz. Das hat aber alles
nichts zu tun mit der hier anstehenden, sehr spezifischen
Frage der Öffnung der Ehe. Auch das Urteil zur Adop-
tion verwirft die Differenzierung zwischen der Stief-
kindadoption und der Sukzessivadoption, hat aber mit
der Öffnung der Ehe insgesamt nichts zu tun.
Mit Verlaub, es ist auch Blödsinn, hier auf das Trans-
sexuellengesetz zu rekurrieren und zu behaupten, dieses
habe das kollektive Bewusstsein geändert. Wie viele
Fälle sind es?
Sind es zweistellige Fallzahlen? Es ist kein Phänomen,
das das Bewusstsein und das Bild dessen, was Ehe aus-
macht, verändern könnte. Abgesehen davon, auch in die-
sen Konstellationen hat am Anfang eine verschiedenge-
schlechtliche Ehe vorgelegen, die unter dem Schutz von
Art. 6 GG steht. Es bleibt also dabei, dass wir – wie es
Herr Papier im Übrigen 2002 formuliert hat – an den
„Wesensgehalt“ der Ehe gebunden sind.
Ich komme zu noch einem Irrtum. Eine Annäherung
bei den Rechtsfolgen, die wir jetzt schon in vielen Punk-
ten vollzogen haben – wir schauen uns gerne weitere
Fälle an –, muss nicht dazu führen, dass man schon auf
der Tatbestandsseite die Dinge im Wege der Umdefini-
tion gleichsetzt. Da gibt es andere Möglichkeiten, etwa
die Gleichsetzung der Rechtsfolgen über Einzelnormen,
Fiktionen oder wie auch immer. Es gibt deshalb keinen
Grund, keine Notwendigkeit, den sehr traditionellen Be-
griff der Ehe zu verändern. Es kann beim Begriff der Ehe
für die Lebensgemeinschaft von Frau und Mann bleiben
und beim Begriff der eingetragenen Lebenspartnerschaft
für die Lebensgemeinschaft eines gleichgeschlechtlichen
Paares bleiben.
Wie gesagt: Ein Teilaspekt des Gesetzentwurfs ist be-
rechtigt. Wir müssen uns die Punkte, bei denen es noch
Handlungsbedarf gibt, ansehen. Wir stellen jedoch fest,
dass es für unseren Ansatz mehr Zustimmung gibt; da ist
es interessant, sich die Umfrageergebnisse anzuschauen,
die Sie sonst immer heranziehen. Ich möchte sogar für
uns in Anspruch nehmen, dass unsere Diskussion in der
Union das Umdenken in der Gesellschaft auch bei den
vielen, die noch mit einem ganz anderen Denken aufge-
wachsen sind, mit befördert hat, gerade weil bei uns
nachvollziehbar ist, dass wir um gute Lösungen ringen.
Ich denke, das führt in der Gesellschaft zu einer höheren
Akzeptanz.
Ein weiterer Irrtum. Sie setzen jemanden, der gegen
eine Öffnung der Ehe ist, mit jemandem gleich, der Vor-
behalte gegenüber Menschen mit anderer sexueller
Orientierung hat.
Ich kann für mich ebenso wie für viele andere, die ich
kenne, wirklich glaubwürdig in Anspruch nehmen, dass
diese Gleichsetzung nicht angemessen ist. Im Übrigen:
Ob eine Lebenspartnerschaft gelingt, hängt doch nicht
vom Begriff ab, den man dafür verwendet.
Wie es bei Ehen ist, so ist es auch bei Lebenspartner-
schaften: Es gibt welche, die gelingen, und welche, die
eben nicht gut gelingen.
– Sie sollten nicht immer eine „Diskriminierung“ hinein-
interpretieren, wenn es sie nicht gibt, wenn sie nicht
empfunden wird, wenn es nicht als solche gemeint ist.
310 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 6. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 19. Dezember 2013
Elisabeth Winkelmeier-Becker
(C)
(B)
Ich glaube, dass Sie damit dem eigenen Anliegen keinen
sinnvollen Dienst erweisen.
Wir gehen auf dem Weg weiter, den Rot-Grün einge-
schlagen hat: Gleichstellung in den Rechtsfolgen dort,
wo es richtig ist. Es wird einigen Handlungsbedarf ge-
ben. Für diesen Gesetzentwurf heißt das allerdings, dass
er voraussichtlich abgelehnt wird.
Ich möchte mit guten Weihnachtswünschen schlie-
ßen, an alle Formen von Familien, an alle Menschen, die
zusammenleben oder alleine sind, schlichtweg an alle,
die uns zuhören, an alle Menschen in Deutschland.
Danke schön.