Rede von
Elisabeth
Winkelmeier-Becker
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Danke, lieber Kollege, für die Frage. So kann ich ein
bisschen weiter ausholen.
Ich habe mich hier über lange Zeit sehr dafür einge-
setzt, dass wir bei wichtigen Punkten, bei der Gleichstel-
lung im Steuerrecht angefangen, zu einer rechtlichen
Gleichstellung kommen. Ich habe aber auch immer dif-
ferenziert zwischen einer Öffnung der Ehe, die noch eine
andere Kategorie darstellt, und eben der Angleichung
von Positionen, bei denen Rechte und Pflichten zueinan-
der passen müssen – da gebe ich Herrn Kahrs absolut
recht –, und wo ich es auch als große und verletzende
Ungerechtigkeit empfunden habe, dass man mit zweier-
lei Maß misst. Das ist an einer Stelle aufgehoben wor-
den. Wir werden uns im Hinblick auf diesen Aspekt
noch weitere Punkte anschauen. Wir werden schauen, ob
noch weitere Dinge nicht zusammenpassen und diese
dann gegebenenfalls aufgreifen und verändern. In die-
sem Punkt haben Sie mich absolut auf Ihrer Seite.
Wir sprechen hier allerdings über einen anderen
Punkt, und zwar über die Öffnung der Ehe. Diese hat
eine lange kulturgeschichtliche und juristische Vorge-
schichte.
Man kann daher nicht einfach hingehen und sagen: Wir
definieren das anders. Man muss da schon ein bisschen
genauer hinschauen.
Ich habe nicht nur in Wikipedia oder in den Kodex
Hammurabi geschaut, sondern habe mir auch die Proto-
kolle des Parlamentarischen Rates aus der Zeit der Ent-
stehung des Grundgesetzes angeschaut. Es gibt eine Fas-
sung vom 10. Dezember 1948. In der damaligen Fassung
steht darin unter Art. 7 a:
Die Ehe als die rechtmäßige Form der fortdauern-
den Lebensgemeinschaft von Mann und Frau und
die mit ihr gegebene Familie … stehen unter dem
… Schutz der Verfassung.
Drei Tage später ist die Definition im Text entfallen.
Seither heißt es unverändert im Grundgesetz:
Ehe und Familie stehen unter dem besonderen
Schutze der staatlichen Ordnung.
Was ist hier passiert? Man hat die Definition von Ehe
nicht deshalb aus dem Text herausgestrichen, weil man
in diesen drei Tagen unter dem Vorsitz von Konrad
Adenauer zu der Überlegung gekommen ist, dass man
unter Ehe nicht mehr die Lebensgemeinschaft von Mann
und Frau versteht und daher auf die Hervorhebung der
Verschiedengeschlechtlichkeit verzichten möchte. Viel-
mehr hat man gedacht, dass sie so selbstverständlich und
selbsterklärend ist, dass man sie weglassen kann.
Der Begriff „Ehe“ hat seine Bedeutung auch außerhalb
unserer zivilen und öffentlich-rechtlichen Gesetzgebung.
Er hat den klaren Inhalt: Lebensgemeinschaft von Frau
und Mann.