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ID1800204000

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    Plenarprotokoll 18/2 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 2. Sitzung Berlin, Montag, den 18. November 2013 I n h a l t : Glückwünsche zum Geburtstag der Abgeord- neten Brigitte Zypries . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 A Erweiterung der Tagesordnung . . . . . . . . . . . 23 D Begrüßung der Botschafterin der Philippinen, Frau Maria Natividad . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 D Wirbelsturm auf den Philippinen . . . . . . . . . . 23 D Tagesordnungspunkt 1: Abgabe einer Regierungserklärung durch die Bundeskanzlerin: Gipfel der Östlichen Part- nerschaft am 28./29. November 2013 in Wilna . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 B Dr. Angela Merkel, Bundeskanzlerin . . . . . . . 24 B Dr. Dietmar Bartsch (DIE LINKE) . . . . . . . . 27 A Dr. h. c. Gernot Erler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 29 B Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 D Volker Kauder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 32 B Michael Roth (Heringen) (SPD) . . . . . . . . . . . 34 A Marieluise Beck (Bremen) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 C Dr. Andreas Schockenhoff (CDU/CSU) . . . . . 36 B Dr. Katarina Barley (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 37 D Thomas Silberhorn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 39 A Stefan Liebich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 40 B Philipp Mißfelder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 41 B Marieluise Beck (Bremen) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 B Tagesordnungspunkt 2: Vereinbarte Debatte: zu den Abhöraktivitä- ten der NSA und den Auswirkungen auf Deutschland und die transatlantischen Be- ziehungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 B Dr. Hans-Peter Friedrich, Bundesminister BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 B Dr. Frank-Walter Steinmeier (SPD) . . . . . . . . 45 C Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 47 D Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 C Michael Grosse-Brömer (CDU/CSU). . . . . . . 52 B Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 B Thomas Oppermann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 55 B Stefan Liebich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . 56 A Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 A Dr. Günter Krings (CDU/CSU). . . . . . . . . . . . 58 B Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 D Dr. Eva Högl (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 C Dr. Hans-Peter Uhl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 61 C Lars Klingbeil (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 B Peter Beyer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . 64 C Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (zur Geschäftsordnung) . . . . . . 66 B Inhaltsverzeichnis II Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 2. Sitzung. Berlin, Montag, den 18. November 2013 Jan Korte (DIE LINKE)  (zur Geschäftsordnung). . . . . . . . . . . . . . . . 67 C Thomas Oppermann (SPD)  (zur Geschäftsordnung). . . . . . . . . . . . . . . . 68 D Zusatztagesordnungspunkt 1: Antrag der Fraktion DIE LINKE: Einsetzung von Ausschüssen  (Drucksache 18/54) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 D Zusatztagesordnungspunkt 2: Antrag der Fraktion DIE LINKE: Bestim- mung des Verfahrens für die Berechnung der Stellenanteile der Fraktionen (Drucksache 18/53). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 D Dr. Petra Sitte (DIE LINKE) (Erklärung nach § 31 GO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 A Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 73 A Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 2. Sitzung. Berlin, Montag, den 18. November 2013 23 (A) (C) (D)(B) 2. Sitzung Berlin, Montag, den 18. November 2013 Beginn: 13.30 Uhr
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    (D) Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 2. Sitzung. Berlin, Montag, den 18. November 2013 73 (A) (C) (B) Anlage zum Stenografischen Bericht Liste der entschuldigten Abgeordneten (D)  Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Agnes Alpers (DIE LINKE) 18.11.2013 Sabine Bätzing- Lichtenthäler (SPD) 18.11.2013 Heidrun Bluhm (DIE LINKE) 18.11.2013 Wolfgang Bosbach (CDU/CSU) 18.11.2013 Klaus Brähmig (CDU/CSU) 18.11.2013 Marco Bülow (SPD) 18.11.2013 Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) 18.11.2013 Dr. Lars Castellucci (SPD) 18.11.2013 Roland Claus (DIE LINKE) 18.11.2013 Kai Gehring (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) 18.11.2013 Alois Gerig (CDU/CSU) 18.11.2013 Nicole Gohlke (DIE LINKE) 18.11.2013 Monika Grütters (CDU/CSU) 18.11.2013 Wolfgang Gunkel (SPD) 18.11.2013 Uda Heller (CDU/CSU) 18.11.2013 Wolfgang Hellmich (SPD) 18.11.2013 Josip Juratovic (SPD) 18.11.2013 Dr. Egon Jüttner (CDU/CSU) 18.11.2013 Dr. Bärbel Kofler (SPD) 18.11.2013 Anette Kramme (SPD) 18.11.2013 Michael Kretschmer (CDU/CSU) 18.11.2013 Barbara Lanzinger (CDU/CSU) 18.11.2013 Silke Launert (CDU/CSU) 18.11.2013 Michael Leutert (DIE LINKE) 18.11.2013 Dr. Jan-Marco  Luczak (CDU/CSU) 18.11.2013 Daniela Ludwig (CDU/CSU) 18.11.2013 Andreas Mattfeldt (CDU/CSU) 18.11.2013 Stephan Mayer (Altötting) (CDU/CSU) 18.11.2013 Dietrich Monstadt (CDU/CSU) 18.11.2013 Marlene Mortler (CDU/CSU) 18.11.2013 Dietmar Nietan (SPD) 18.11.2013 Johannes Röring (CDU/CSU) 18.11.2013 Dr. Dorothee  Schlegel (SPD) 18.11.2013 Bernhard Schulte- Drüggelte (CDU/CSU) 18.11.2013 Sonja Steffen (SPD) 18.11.2013 Wolfgang Tiefensee (SPD) 18.11.2013 Markus Tressel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) 18.11.2013 Dr. Sahra Wagenknecht (DIE LINKE) 18.11.2013 Beate Walter- Rosenheimer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) 18.11.2013 Jörn Wunderlich (DIE LINKE) 18.11.2013  Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Anlagen 2. Sitzung Inhaltsverzeichnis TOP 1 Regierungserklärung zum Gipfel der Östlichen Partnerschaft in Wilna TOP 2 Vereinbarte Debatte zu den Abhöraktivitäten der NSA ZP 1 Antrag auf Einsetzung von Ausschüssen ZP 2 Antrag zur Berechnung der Stellenanteile Anlagen
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Frank-Walter Steinmeier


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


    Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

    Kaum Vorstellbares ist geschehen. Ich hätte mir jeden-
    falls bis vor einigen Wochen nicht vorstellen können,
    dass Mobiltelefone deutscher Regierungschefs systema-
    tisch und über Jahre hinweg abgehört worden sind, und
    zwar von Freunden. Wir müssen inzwischen wohl leider
    davon ausgehen, dass vorhandene Hinweise der Wahr-
    heit entsprechen. Ich bin nicht bereit, mit allfälligen For-
    meln wie „Das machen doch alle“ darüber hinwegzuge-
    hen. Ich hoffe, es machen eben nicht alle unserer
    Freunde. Ich hoffe vor allem, dass es denjenigen, die
    nicht zu unseren Freunden zählen, nicht gelingt. Vor al-
    lem gibt es keine Rechtfertigung, die notwendige Auf-
    klärung – wir alle sehen das so – in eine ferne Zukunft
    zu verschieben. Wir brauchen diese Aufklärung, weil
    schlicht und einfach Vertrauen verloren gegangen ist. Ei-
    nes kann man mir abnehmen: Ich habe keine Freude an
    diesem transatlantischen Streit; ganz im Gegenteil. Aber
    ich sage Ihnen auch: Alle Versuche diesseits und jenseits
    des Atlantiks, das Geschehene zu banalisieren, zum Ka-
    valiersdelikt herunterzuspielen, dürfen wir nicht akzep-
    tieren, liebe Kolleginnen und Kollegen.


    (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Deutschland ist fester Bestandteil des transatlanti-
    schen Bündnisses, und das ist nicht nur ein Bündnis, das
    auf Dauer angelegt ist, sondern, wie wir alle miteinander
    immer wieder sagen – die Frau Bundeskanzlerin hat es
    in ihrer Regierungserklärung auch noch einmal gesagt –,
    auch ein Bündnis, das sich auf gemeinsame Werte grün-





    Dr. Frank-Walter Steinmeier


    (A) (C)



    (D)(B)

    det. Ein solches Bündnis kann nur bestehen, wenn man
    die Regeln des Umgangs in einem solchen Bündnis mit-
    einander und untereinander tatsächlich beachtet. Eine
    dieser Regeln heißt doch wohl, dass Spionage unter
    Freunden sich nicht gehört. Sie ist überflüssig, liebe
    Freunde, und gehört sich einfach nicht.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Schon deshalb müssen wir auf Aufklärung dringen.
    „Wie lange gibt es diese Praxis schon?“, ist die erste
    Frage. Wann hat sie begonnen? Was war der Anlass?
    Wurden nur Regierungschefs ausgespäht? Oder bezieht
    sich das auch auf andere? Wenn ja, wer wurde von der
    NSA ins Visier genommen? Wer hat die Daten ausge-
    wertet? Wie wurden sie genutzt? War das Weiße Haus
    über Ausspähaktionen informiert? Haben sie in der ame-
    rikanischen Deutschlandpolitik eine Rolle gespielt? Das
    muss man doch wissen, meine Damen und Herren, bevor
    man in den Alltag des deutsch-amerikanischen Ge-
    schäfts zurückkehrt. Wir müssen wieder Grund unter den
    Füßen bekommen, weil wir alle miteinander wissen, aus
    der nationalen Politik wie aus der internationalen Politik:
    Auf Misstrauen jedenfalls lässt sich keine Zukunft grün-
    den. – Das gilt auch hier.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und
    Kollegen, das, was ich Ihnen vorgetragen habe, ist im
    Grunde genommen dramatisch genug. Aber natürlich:
    Es geht nicht nur um Politiker und Spionage im politi-
    schen Raum; vor allen Dingen geht es um die Fragen,
    die mindestens genauso offen sind: In welchem Umfang
    ist der Internetverkehr deutscher Bürgerinnen und Bür-
    ger überwacht worden, in welchem Umfang wurde mög-
    licherweise auch deutschen Unternehmen hinterherspio-
    niert?

    Wenn große amerikanische Internetunternehmen,
    Dienstleister in der Internetbranche, jetzt um ihren guten
    Ruf fürchten, dann mag das berechtigt sein. Aber die
    entscheidende Frage ist doch: Wie gelingt es uns, in ei-
    ner digital vernetzten Welt und angesichts neuer Bedro-
    hungen, die es ganz offenbar gibt, Freiheit und Sicher-
    heit wieder ins Lot zu bringen? Da ist in den letzten
    Jahren doch offenbar ganz vieles aus den Fugen geraten.
    Da geht es um mehr als um die Frage, ob Spionage zwi-
    schen Freunden erlaubt ist oder nicht; es geht auch um
    die Frage: Wie sichern wir im 21. Jahrhundert unter völ-
    lig veränderten Kommunikationsbedingungen eigent-
    lich den Schutz der Privatsphäre der Bürger als elemen-
    tares Grundrecht? Die erste Regel, von der ich sagen
    würde, dass sie doch gelten muss, ist: Nicht alles, meine
    Damen und Herren, was technisch möglich ist, ist auch
    rechtlich erlaubt oder politisch klug.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

    Deshalb darf man sich im weiteren Gefolge der De-
    batten und Verhandlungen, die wir jetzt möglicherweise
    mit den amerikanischen Freunden führen werden, am
    Ende nicht mit unverbindlichen Absprachen zufrieden-
    geben. Wir brauchen belastbare, überprüfbare Verein-
    barungen, sodass massenhaftes Ausspähen, was es
    möglicherweise gegeben hat, und Nachspionieren bei
    Wirtschaftsunternehmen in Zukunft ausgeschlossen
    sind.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)


    Wir brauchen das nicht nur, meine Damen und Her-
    ren, sondern – auch das, lieber Herr Friedrich, ist Teil
    von Souveränität – wir werden dafür eintreten müssen
    und wir werden dafür kämpfen müssen. Vom Himmel
    fällt das nicht.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Volker Kauder [CDU/CSU]: Vom Himmel fällt nur Manna!)


    Hier geht es nicht um irgendetwas, sondern es geht
    eben um das, was ich am Anfang gesagt habe: Wenn sich
    dieses Bündnis auf Werte gründet, dann geht es jetzt in
    den nächsten Monaten, vielleicht auch Jahren, um die
    Glaubwürdigkeit dieser transatlantischen Wertegemein-
    schaft. Gott sei Dank sind wir nicht die Einzigen, die das
    so sehen. Wenn ich die Debatte auf der anderen Seite des
    Atlantiks richtig beobachte, dann gibt es inzwischen
    auch dort viel Unbehagen, viel Empörung über wildge-
    wordene Dienste, die niemanden oder möglicherweise
    nicht die Richtigen in der Politik über das, was sie tun,
    informiert haben. Da wächst Entrüstung, auch in den
    Parlamenten in den USA. Auch dort wächst das Be-
    wusstsein – davon bin ich fest überzeugt –, dass man
    Spionage gegen Freunde nicht schlicht und einfach mit
    einem Schulterzucken abtun kann.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)


    Ich glaube – das gilt für die Menschen bei uns wie
    auch in den USA –, dass die Menschen spüren, dass es
    hier nicht um eine einmalige Verfehlung geht oder da-
    rum, dass jemand über seine Befugnisse hinausgegangen
    ist. Ich glaube, dass die Menschen spüren – darum hat
    die Debatte in diesem Jahr eine solche Wucht –, dass da
    sehr grundsätzliche Fragen berührt sind, dass es darum
    geht, wie wir individuelle Freiheitsrechte und damit
    Rechtsstaatlichkeit und Demokratie im digitalen Zeital-
    ter gewährleisten können.

    Es geht um die Fragen: Welche moralischen, rechtli-
    chen und politischen Leitplanken brauchen wir eigent-
    lich, um in diesem 21. Jahrhundert mit veränderten
    Kommunikationsbedingungen, neuen Risiken und dem
    Machthunger, etwa von Diensten, umzugehen? Was ist
    die Aufgabe von Politik und dieses Deutschen Bundesta-
    ges? Es geht nicht nur darum, über die moralischen Leit-
    planken zu reden und zu diskutieren, möglichst auch
    streitig, sie am Ende vielleicht zu definieren, sondern es
    geht auch darum, dass man aus diesen moralischen Leit-
    planken wieder geltendes Recht macht.





    Dr. Frank-Walter Steinmeier


    (A) (C)



    (D)(B)

    Ich habe einmal an anderer Stelle gefragt: Was ist ei-
    gentlich die große zivilisatorische Leistung des 20. Jahr-
    hunderts gewesen? Was ist mit dem Völkerbund, den
    Vereinten Nationen und der UNO-Charta? Man hat aus
    Machtungleichgewichten Recht gemacht, man hat Un-
    gleichgewichte in Recht aufgelöst. Im Grunde genom-
    men ist die Aufgabe, die wir jetzt im 21. Jahrhundert vor
    uns haben, nicht kleiner. Es geht nicht um Machtun-
    gleichgewichte, sondern darum, die Unterschiede bei
    den technischen Möglichkeiten, die aber eben nur eini-
    gen wenigen auf der Welt zur Verfügung stehen, in Recht
    zu übersetzen und Ungleichgewichte durch Recht auszu-
    gleichen.

    Das wird ohne politische Verhandlungen nicht ge-
    schehen können. Ich misstraue ein wenig all den Ankün-
    digungen, die ich gelesen habe, man könne diesen Aus-
    gleich auf technische Art und Weise herstellen. Ich
    misstraue dem, weil ich weiß: Wir leben auf keiner Insel,
    sondern das Netz ist worldwide. Ich bin sicher, wir alle
    miteinander werden die Zeit nicht zurückstellen können.
    Die Lösungen hierfür werden wir nicht aus Lösungen
    der Vergangenheit ableiten können. Wenn wir in Zukunft
    diese Balance von Sicherheit und Freiheit wiederherstel-
    len können, dann werden wir nicht die Übersichtlichkeit
    der alten Welt zurückgewinnen, sondern wir werden Re-
    geln für diese neue Welt brauchen. Ich glaube, das wird
    am Ende nicht durch technische Abschottung geschehen
    können.

    Ich habe viel dafür übrig, dass sich deutsche und eu-
    ropäische Dienstleister stärker präsentieren. Ich habe
    nichts dagegen, wenn sie sagen: Deutsche Sicherheits-
    standards können sogar ein Wettbewerbsvorteil gegen-
    über anderen sein. – Aber ich glaube, helfen wird das
    nicht, weil auch deutsche Dienstleister in der Regel in-
    ternationale Eigentümer haben, weil auch deutsche Un-
    ternehmen international vernetzt sind. Deshalb glaube
    ich, dass wir es nur politisch gemeinsam schaffen, dieser
    Zügellosigkeit der Datenfischerei wieder Einhalt zu ge-
    bieten.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)


    Wir brauchen wirklich so etwas – ich habe das schon an-
    gedeutet – wie ein Völkerrecht im Netz. Das müssen wir
    hinbekommen. Dafür ist Politik da.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE])


    Bevor wir an die Gestaltung der Zukunft gehen, müs-
    sen wir uns mit der Vergangenheit beschäftigen. Die
    Aufklärung ist eben noch lange nicht erledigt, wie man-
    che das im Sommer gehofft haben. Trotzdem bleibt die
    Frage, welches Instrument das richtige ist, um Licht in
    diese Affäre, um Licht ins Dunkel zu bringen. Es kann
    sein – wie viele sagen –, dass das ein parlamentarischer
    Untersuchungsausschuss ist, dass der parlamentarische
    Untersuchungsausschuss das schärfste Aufklärungs-
    instrument ist. Kann sein! Ich rate uns nur zum gegen-
    wärtigen Zeitpunkt, darüber nachzudenken, ob das wirk-
    lich auch richtig ist. Mindestens, würde ich sagen,
    besteht die Gefahr, dass wir uns in einen Prozess stetiger
    parlamentarischer Selbstenttäuschung hineinbringen,
    wenn am Anfang einer jeden Sitzung des parlamentari-
    schen Untersuchungsausschusses mitgeteilt werden
    muss, dass dieser oder jener Zeuge, den wir aus dem
    Ausland eingeladen haben, dass dieses oder jenes Doku-
    ment, das wir von den Amerikanern eingefordert haben,
    nicht gekommen ist. Weil uns das alles fehlt, könnte die
    Folge sein, dass wir uns am Ende mehr mit den Opfern
    von staatlichen Überwachungsaktivitäten beschäftigen
    als mit denjenigen, die dafür verantwortlich sind. Das ist
    am Ende auch nicht der Sinn eines parlamentarischen
    Untersuchungsausschusses.


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie der Abg. Priska Hinz [Herborn] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])




Rede von Dr. h.c. Edelgard Bulmahn
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

Herr Kollege Steinmeier, auch Sie müssen zum Ende

kommen.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Frank-Walter Steinmeier


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


    Ich bin fertig. – Wir müssen uns deshalb gar nicht ge-

    gen ein solches Instrument entscheiden. Ich schlage vor,
    dass wir uns zu Gesprächen zwischen den Fraktionen zu-
    sammensetzen und überlegen, was das richtige Instru-
    ment ist unter Einbeziehung der Frage, ob ein institutio-
    nell aufgerüstetes Parlamentarisches Kontrollgremium
    diese Aufgabe nicht auch, vielleicht sogar besser erledi-
    gen kann. Ich hoffe, dass es zu solchen Gesprächen zwi-
    schen den Fraktionen kommt.

    Herzlichen Dank.


    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie der Abg. Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])