Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32319
(A) )
)(B)
Anlagen
(alle BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur Abstim- zialversicherung – Bedingungsloses Grundeinkommen“
Anlage 1
Liste der entschuldigten Abgeordneten
* für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver-
sammlung des Europarates
Anlage 2
Erklärung nach § 32 GO
der Abgeordneten Viola von Cramon-Taubadel,
Katja Dörner, Volker Beck (Köln), Dr. Anton
Hofreiter, Katja Keul, Sven-Christian Kindler,
Maria Klein-Schmink und Dr. Harald Terpe
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Abgeordnete(r)
entschuldigt bis
einschließlich
Bahr (Münster), Daniel FDP 27.06.2013
Brandner, Klaus SPD 27.06.2013
Brüderle, Rainer FDP 27.06.2013
Dr. Dehm, Diether DIE LINKE 27.06.2013
Fell, Hans-Josef BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
27.06.2013
Fischer (Göttingen),
Hartwig
CDU/CSU 27.06.2013
Fritz, Erich G. CDU/CSU 27.06.2013*
Gunkel, Wolfgang SPD 27.06.2013
Hiller-Ohm, Gabriele SPD 27.06.2013
Hintze, Peter CDU/CSU 27.06.2013
Lay, Caren DIE LINKE 27.06.2013
Möller, Kornelia DIE LINKE 27.06.2013
Roth (Augsburg),
Claudia
BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
27.06.2013
Schlecht, Michael DIE LINKE 27.06.2013
Schmidt (Eisleben),
Silvia
SPD 27.06.2013
Werner, Katrin DIE LINKE 27.06.2013
Wunderlich, Jörn DIE LINKE 27.06.2013
Zimmermann, Sabine DIE LINKE 27.06.2013
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(D
Anlagen zum Stenografischen Bericht
mung über die Beschlussempfehlung: Sammel-
übersicht 611 zu Petitionen (Tagesordnungs-
punkt 79 ccc)
52 976 Bürgerinnen und Bürger unterzeichneten über
en Jahreswechsel 2008/2009 innerhalb von sechs Wo-
hen die Onlinepetition der Greifswalderin Susanne
iest. Unter dem Titel „Reformvorschläge in der So-
ialversicherung – Bedingungsloses Grundeinkommen“
rderte die Petentin: „Der Deutsche Bundestag möge
eschließen, das bedingungslose Grundeinkommen ein-
uführen.“
In der Gesellschaft gibt es bisher keine einheitliche
einung dazu. Dabei ist uns wichtig, die Leitbilder von
erechtigkeit und emanzipativer Sozialpolitik mit der
edeutung öffentlicher Institutionen und Finanzierbar-
eit zu verbinden. Angesichts sich zuspitzender Wachs-
msproblematik und der umfassenden Umstrukturie-
ng der Wirtschaft durch Rationalisierungsprozesse
enötigen wir auf Dauer eine Transformation des Sozial-
taates.
Wir halten deshalb die Einrichtung einer Enquete-
ommission im Deutschen Bundestag für sinnvoll, in
er Idee und Modelle eines Grundeinkommens sowie
rundlegende Reformperspektiven für den Sozialstaat
nd die sozialen Sicherungssysteme diskutiert werden.
einer solchen Enquete wollen wir der Diskussion über
in bedingungsloses Grundeinkommen sowie damit ver-
undene Veränderungen in den sozialen Sicherungssys-
men den nötigen Raum verschaffen. Unser Ziel ist es,
ie Schere zwischen Arm und Reich zu schließen und
as individuelle Grundrecht auf soziale Teilhabe zu ver-
irklichen.
Diese Enquete kann die mit der Petition begonnene
ebatte zum Grundeinkommen im Deutschen Bundes-
g fortsetzen. Den Abschluss der Petition im Sinne ei-
es Endes der Debatte im Bundestag lehnen wir ab.
nlage 3
Erklärung nach § 31 GO
der Abgeordneten Agnes Brugger, Thilo Hoppe,
Ute Koczy, Monika Lazar, Beate Müller-
Gemmeke, Dr. Hermann E. Ott, Lisa Paus,
Dr. Gerhard Schick, Dorothea Steiner,
Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn und Arfst
Wagner (Schleswig) (alle BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN) zur Abstimmung über die Be-
schlussempfehlung: Sammelübersicht 611 zu
Petitionen (Tagesordnungspunkt 79 ccc)
52 976 Bürgerinnen und Bürger unterzeichneten über
en Jahreswechsel 2008/2009 innerhalb von sechs
ochen die Onlinepetition der Greifswalderin Susanne
iest. Unter dem Titel „Reformvorschläge in der So-
32320 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
(A) )
)(B)
forderte die Petentin: „Der Deutsche Bundestag möge
beschließen, das bedingungslose Grundeinkommen ein-
zuführen.“
In unserer Partei Bündnis 90/Die Grünen gibt es bis-
her keine einheitliche Meinung dazu. Wir wollen aber
die Debatte um Grundsicherung und ein bedingungs-
loses Grundeinkommen weiter in die Gesellschaft hi-
neintragen. Dabei ist uns wichtig, die grünen Leitbilder
von Gerechtigkeit und emanzipativer Sozialpolitik mit
der Bedeutung öffentlicher Institutionen und Finanzier-
barkeit zu verbinden. Angesichts sich zuspitzender
Wachstumsproblematik und der umfassenden Umstruk-
turierung der Wirtschaft durch Rationalisierungspro-
zesse benötigen wir auf Dauer eine Transformation des
Sozialstaates.
Die Grünen halten deshalb die Einrichtung einer
Enquete-Kommission im Deutschen Bundestag für sinn-
voll, in der Idee und Modelle eines Grundeinkommens
sowie grundlegende Reformperspektiven für den Sozial-
staat und die sozialen Sicherungssysteme diskutiert wer-
den. In einer solchen Enquete wollen wir der Diskussion
über ein bedingungsloses Grundeinkommen sowie damit
verbundene Veränderungen in den sozialen Sicherungs-
systemen den nötigen Raum verschaffen. Grünes Ziel ist
es, die Schere zwischen Arm und Reich zu schließen und
das individuelle Grundrecht auf soziale Teilhabe zu ver-
wirklichen.
Diese Enquete kann aus unserer Sicht, die mit der
Petition begonnene Debatte zum Grundeinkommen im
Deutschen Bundestag fortsetzen. Den Abschluss der
Petition im Sinne eines Endes der Debatte im Bundestag
lehnen wir ab.
Anlage 4
Erklärungen nach § 31 GO
zur Abstimmung über die Beschlussempfeh-
lung: Sammelübersicht 611 zu Petitionen (Ta-
gesordnungspunkt 79 ccc)
Katja Kipping (DIE LINKE): Ich lehne die Be-
schlussempfehlung des Petitionsausschusses ab, das
Petitionsverfahren abzuschließen, weil damit dem
grundsätzlichen Anliegen der Petentin und der gesell-
schaftlichen Bedeutung der Debatte über das bedin-
gungslose Grundeinkommen nicht Rechnung getragen
wird.
Obwohl ich dem von Susanne Wiest konkret vorge-
schlagenen Grundeinkommensmodell nicht zustimme,
halte ich es für notwendig, eine breite gesellschaftliche
Debatte über das Grundeinkommen zu führen als auch
eine Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages
zum Thema Grundeinkommen einzurichten. Auch des-
halb, weil dieses Thema innerhalb verschiedener Par-
teien – so auch in meiner – kontrovers diskutiert wird.
Diese Kommission soll sowohl die verschiedenen in
Deutschland bereits seit Jahren diskutierten Ansätze und
Modelle eines bedingungslosen Grundeinkommens be-
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üglich ihrer Vor- und Nachteile debattieren als auch
ögliche Handlungsvorschläge einer schrittweisen Ein-
hrung eines Grundeinkommens, zum Beispiel durch
ine sanktionsfreie und individuelle Mindestsicherung,
rüfen (vergleiche Übersicht über die Modelle in Ronald
laschke: Aktuelle Ansätze und Modelle von Grund-
icherungen und Grundeinkommen in Deutschland; ver-
leichende Darstellung in: Ronald Blaschke/Adeline
tto/Norbert Schepers (Hrsg.): Grundeinkommen. Von
er Idee zu einer europäischen politischen Bewegung,
amburg 2012).
Die Prüfung konkreter Ansätze und Modelle eines be-
ingungslosen Grundeinkommens wurde auch in mit
roßer Mehrheit angenommenen Entschließungen des
uropäischen Parlaments gefordert. In der Entschlie-
ung, eingebracht mit einem Bericht von Gabi Zimmer,
ie Linke, zur „Förderung der sozialen Integration und
ie Bekämpfung der Armut, einschließlich der Kinder-
rmut, in der EU“, Beschluss vom 9. Februar 2008
008/2034(1 NI)), heißt es:
Das Europäische Parlament … fordert die Kommis-
sion auf, die armutsbekämpfende Wirkung des be-
dingungslosen Grundeinkommens für alle zu prü-
fen.
ln der Entschließung, eingebracht mit einem Bericht
on llda Figueiredo, Kommunistische Partei Portugals,
ur „Bedeutung des Mindesteinkommens für die Be-
ämpfung der Armut und die Förderung einer integra-
ven Gesellschaft in Europa“, Beschluss vom 20. Okto-
er 2010 (2010/2039 (INI)), heißt es:
Das Europäische Parlament ... ist der Auffassung,
dass die verschiedenen Erfahrungen mit Min-
desteinkommen sowie mit dem bedingungslosen
Grundeinkommen für alle, gepaart mit zusätzlichen
Maßnahmen zur sozialen Einbeziehung und zum
sozialen Schutz, zeigen, dass es sich um wirksame
Formen zur Bekämpfung von Armut und sozialer
Ausgrenzung und zur Gewährleistung eines Lebens
in Würde für alle handelt; fordert daher die Kom-
mission auf, eine Initiative zur Unterstützung ande-
rer Erfahrungen in den Mitgliedstaaten auf den Weg
zu bringen, die bewährte Verfahren berücksichtigen
und anregen und individuell verschiedene Modelle
des angemessenen Armut verhindernden Mindest-
bzw. Grundeinkommens als Maßnahme zur Armuts-
prävention und zur Sicherung der sozialen Gerech-
tigkeit und Chancengleichheit für alle Bürger, deren
Bedürftigkeit im jeweiligen regionalen Maßstab
nachzuweisen ist, bejahen, ohne die Besonderheiten
der einzelnen Mitgliedstaaten infrage zu stellen.
Verweisen möchte ich dabei auch auf die derzeit lau-
nde Europäische Bürgerinitiative Grundeinkommen,
ww.ebi-grundeinkommen.de, mit der die Europäische
ommission aufgefordert wird, die Zusammenarbeit
wischen den Mitgliedstaaten zu fördern im Hinblick auf
ie Erforschung des bedingungslosen Grundeinkommens,
GE, als Instrument zur Verbesserung ihrer jeweiligen
ysteme der sozialen Sicherheit. Diese Bürgerinitiative
ird von Grundeinkommensnetzwerken und -initiativen
allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union und in
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32321
(A) )
)(B)
Deutschland von einem breiten Bündnis zivilgesell-
schaftlicher Organisationen getragen; siehe dazu die
Kampagnenwebsite www.ebi-grundeinkommen.de.
Angesichts der fortschreitenden sozialen Spaltung in
Deutschland und in Europa halte ich es für unerlässlich,
alternative Ideen und praktische Ansätze für die Verbes-
serung der sozialen Situation der Menschen auch im
Deutschen Bundestag ernsthaft zu debattieren.
Alexander Süßmair (DIE LINKE): Ich lehne die
Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses ab, das
Petitionsverfahren abzuschließen, weil damit dem grund-
sätzlichen Anliegen der Petentin und der gesellschaftlichen
Bedeutung der Debatte über das bedingungslose Grund-
einkommen nicht Rechnung getragen wird.
Parallel zu der breiten gesellschaftlichen Debatte über
das Grundeinkommen sollte vielmehr eine Enquete-
Kommission beim Deutschen Bundestag zum Thema
Grundeinkommen eingerichtet werden. Auch deshalb,
weil dieses Thema innerhalb verschiedener Parteien und
Fraktionen kontrovers diskutiert wird.
Die Prüfung der Möglichkeiten, ein bedingungsloses
Grundeinkommen einzuführen, wurde auch mit großer
Mehrheit vom Europäischen Parlament gefordert. In der
Entschließung, eingebracht mit einem Bericht von Gabi
Zimmer, Die Linke, zur „Förderung der sozialen Integra-
tion und die Bekämpfung der Armut, einschließlich der
Kinderarmut, in der EU“, Beschluss vom 9. Februar
2008 (2008/2034(INI)), heißt es:
Das Europäische Parlament … fordert die Kommis-
sion auf, die armutsbekämpfende Wirkung des be-
dingungslosen Grundeinkommens für alle zu prü-
fen.
In der Entschließung, eingebracht mit einem Bericht
von Ilda Figueiredo, Kommunistische Partei Portugals,
zur „Bedeutung des Mindesteinkommens für die Be-
kämpfung der Armut und die Förderung einer integrati-
ven Gesellschaft in Europa“, Beschluss vom 20. Oktober
2010 (2010/2039(INI)), heißt es:
Das Europäische Parlament … ist der Auffassung,
dass die verschiedenen Erfahrungen mit Mindest-
einkommen sowie mit dem bedingungslosen
Grundeinkommen für alle, gepaart mit zusätzlichen
Maßnahmen zur sozialen Einbeziehung und zum
sozialen Schutz, zeigen, dass es sich um wirksame
Formen zur Bekämpfung von Armut und sozialer
Ausgrenzung und zur Gewährleistung eines Lebens
in Würde für alle handelt …
Hinzu kommt die derzeit laufende Europäische Bür-
gerinitiative Grundeinkommen. Hierin wird die Europäi-
sche Kommission aufgefordert, die Zusammenarbeit
zwischen den Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Erfor-
schung des bedingungslosen Grundeinkommens, BGE,
als Instrument zur Verbesserung ihrer jeweiligen Sys-
teme der sozialen Sicherheit zu fördern.
Das Petitionsverfahren in dieser Situation abzuschlie-
ßen, wird der Brisanz und Bedeutung des Themas nicht
gerecht. Es würde vielmehr der Kluft zwischen Zivilge-
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ellschaft und dem Parlament Ausdruck verleihen. Die
ebatte zum Thema Grundeinkommen muss in der Zi-
ilgesellschaft, muss aber auch im Deutschen Bundestag
eführt werden.
Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
2 976 Bürgerinnen und Bürger unterzeichneten über
en Jahreswechsel 2008/2009 innerhalb von sechs Wo-
hen die Onlinepetition der Greifswalderin Susanne
iest. Unter dem Titel „Reformvorschläge in der So-
ialversicherung – Bedingungsloses Grundeinkommen“
rderte die Petentin: „Der Deutsche Bundestag möge
eschließen, das bedingungslose Grundeinkommen ein-
uführen.“
In meiner Partei Bündnis 90/Die Grünen gibt es bis-
er keine einheitliche Meinung dazu. Wir wollen aber
ie Debatte um Grundsicherung und ein bedingungslo-
es Grundeinkommen weiter in die Gesellschaft hinein-
agen. Dabei ist uns wichtig, die grünen Leitbilder von
erechtigkeit und emanzipativer Sozialpolitik mit der
edeutung öffentlicher Institutionen und Finanzierbar-
eit zu verbinden. Angesichts sich zuspitzender Wachs-
msproblematik und der umfassenden Umstrukturie-
ng der Wirtschaft durch Rationalisierungsprozesse
enötigen wir auf Dauer eine Transformation des Sozial-
taates.
Grünes Ziel ist es, die Schere zwischen Arm und
eich zu schließen und das individuelle Grundrecht auf
oziale Teilhabe zu verwirklichen. Den Abschluss der
etition im Sinne eines Endes der Debatte im Bundestag
hne ich ab.
nlage 5
Erklärung nach § 31 GO
des Abgeordneten Michael Grosse-Brömer
(CDU/CSU) zur Beschlussempfehlung des Aus-
schusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Ver-
mittlungsausschuss) zu dem Vierten Gesetz zur
Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und an-
derer Gesetze (Zusatztagesordnungspunkt 11)
Als Berichterstatter des Bundestages zu den abschlie-
enden Verhandlungen des Vermittlungsausschusses am
6. Juni 2013 mache ich darauf aufmerksam, dass die
undesregierung eine Protokollerklärung abgegeben
at. Diese gebe ich nachfolgend zur Kenntnis:
Protokollerklärung der Bundesregierung zum Vierten
esetz zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und
nderer Gesetze. Die Bundesregierung gibt aus Anlass
er Beschlussfassung des Vermittlungsausschusses zum
ierten Gesetz zur Änderung des Straßenverkehrsgeset-
es und anderer Gesetze folgende Zusagen:
Durch eine Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung
ird gewährleistet werden, dass auch folgende Ver-
ehrsverstöße im neuen Fahreignungsregister gespei-
hert und mit Punkten bewertet werden:
32322 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
(A) )
)(B)
Unterschreitung der zulässigen Stützlast um mehr als
50 Prozent (Nr. 217 BKat) mit einem Punkt.
Alle Fälle der in der Neunten Verordnung zur Ände-
rung der Fahrerlaubnis-Verordnung und anderer straßen-
verkehrsrechtlicher Vorschriften noch nicht vorgesehe-
ner Fälle des unerlaubten Entfernens vom Unfallort
(§ 142 StGB) mit zwei Punkten.
Das unzulässige Parken in einer gekennzeichneten
Feuerwehrzufahrt mit Behinderung eines Rettungsfahr-
zeuges (Nr. 53.1 BKat) mit einem Punkt. Durch Ände-
rung der Bußgeldkatalog-Verordnung wird der Bußgeld-
regelsatz für das Nicht-Führen des Fahrtenbuches oder
dessen Nicht-Aushändigen von zurzeit 50 Euro auf
100 Euro (Nr. 190 BKat) erhöht werden.
Durch eine Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung
soll eine Reduzierung der Kosten für das neu eingeführte
Fahreignungsseminar erreicht werden, indem die Anzahl
der Teilnehmer an der verkehrspädagogischen Teilmaß-
nahme mit höchstens sechs Personen festgelegt wird und
für die verkehrspsychologische Teilmaßnahme nur zwei
Module mit jeweils 75 Minuten Dauer vorgesehen wer-
den.
Durch eine Ergänzung der Fahrerlaubnis-Verordnung
werden Anforderungen an die Qualitätssicherungs-
systeme und Regeln für die Durchführung der Qualitäts-
sicherung bestimmt werden.
Die Bundesregierung wird zur Umsetzung der Zu-
sagen 1 bis 3 eine Formulierungshilfe für entsprechende
Maßgabebeschlüsse zur Neunten Verordnung zur
Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung und anderer
straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften (Bundesrats-
drucksache 810/12) für die Sitzung des Verkehrsaus-
schusses des Bundesrates zur Verfügung stellen.
Zur Umsetzung der Zusage 4 wird die Bundesregie-
rung dem Bundesrat eine entsprechende Verordnung
spätestens bis zum Ablauf des Jahres 2013 zur Zustim-
mung zuleiten.
Anlage 6
Erklärung nach § 31 GO
der Abgeordneten Marieluise Beck (Bremen)
(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): zur Abstim-
mung über den Antrag: Einvernehmensherstel-
lung von Bundestag und Bundesregierung zum
Beitrittsantrag der Republik Serbien zur Euro-
päischen Union und zur Empfehlung von Euro-
päischer Kommission und Hoher Vertreterin
vom 22. April 2013 zur Aufnahme von Beitritts-
verhandlungen (Zusatztagesordnungspunkt 4)
Ich stimme der Aufnahme von Beitrittsverhandlungen
mit Serbien zu. Angesichts der von Serbien erstmals in
dieser Tragweite signalisierten Bereitschaft zu einer Ei-
nigung mit dem Kosovo halte ich es für geboten, ein
deutliches Signal an die serbische Bevölkerung zu sen-
den, dass die EU an ihrem 2003 in Thessaloniki gegebe-
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en Versprechen der EU-Perspektive festhält und das
and sich auf dem richtigen Weg befindet.
Gleichwohl nehme ich zur Kenntnis, dass es berech-
gte Bedenken gegenüber diesem Schritt gibt. Denn
erbien hat die im Implementierungsplan zum Abkom-
en mit dem Kosovo vom 19. April 2013 vorgesehenen
chritte zum Abbau der Parallelstrukturen in Nord-
osovo noch nicht in dem vorgesehenen Maß umgesetzt.
iele der für die Frist bis Mitte Juni vorgesehenen
chritte sind begonnen, aber noch nicht abgeschlossen.
islang kann noch nicht von einer unumkehrbaren Ent-
icklung zum Abbau der Parallelstrukturen gesprochen
erden. Diese ist unabdingbar für die Funktionsfähig-
eit des kosovarischen Gesamtstaates und bleibt Voraus-
etzung für die Eröffnung erster Kapitel in den EU-
eitrittsverhandlungen. Die Europäische Union ist auf-
erufen, die weitere Implementierung des Abkommens
ufmerksam zu verfolgen.
Ich möchte jedoch die Gelegenheit nutzen, um auf ei-
en Missstand hinzuweisen, der uns im Falle Serbiens,
ber auch darüber hinaus europaweit Sorge bereitet: die
ystematische Diskriminierung der Roma. In Serbien le-
en Roma vielfach unter erschreckenden Bedingungen.
ür sie sind Ausgrenzung, Armut und Perspektivlosig-
eit alltägliche Erfahrungen. Antidiskriminierungs- und
tegrationsmaßnahmen müssen daher einen Schwer-
unkt in den Beitrittsverhandlungen darstellen.
Die Diskriminierung der Roma ist jedoch kein serbi-
ches Phänomen. Im Kosovo ist die Lage dieser
enschen ebenfalls dramatisch. Insbesondere die Ver-
eibung der Roma im Zuge des Kosovo-Konfliktes stellt
ine große Tragödie dar. Unseriös sind allerdings Versu-
he, die Lage der Roma zu instrumentalisieren, um den
FOR-Einsatz zu diffamieren, und dabei Zahlen anzu-
hren, die nicht belegbar sind. Weder ist die Zahl der
or dem Krieg tatsächlich im Kosovo lebenden Roma
ekannt, noch ist die Größenordnung der Vertreibungen
weifelsfrei ermittelbar. Richtig ist, dass KFOR zu
eginn des Einsatzes nicht in der Lage war, die Roma
usreichend vor Übergriffen zu schützen. Wahr ist aber
uch, dass die KFOR-Truppen sich um einen besseren
chutz der Roma bemühten, sobald sie über deren alar-
ierende Lage informiert wurden. So hält es ein ge-
einsamer Bericht des Europarates und der OSZE von
999 fest.
An Gewalt und Diskriminierung gegenüber den
oma damals wie heute ändert dies nichts. Nicht nur in
er Westbalkanregion, sondern auch in der gesamten
uropäischen Union werden sie systematisch ausge-
renzt. Rassistische Übergriffe sind an der Tagesord-
ung. Armut, Arbeitslosigkeit und mangelnder Zugang
u Bildung bestimmen den Alltag der Menschen. Doch
tatt daran mitzuwirken, dass Hundertlausende im
uropa des 21. Jahrhunderts unter menschenwürdigen
edingungen leben können, unterstellt Innenminister
riedrich den Roma pauschal Asylmissbrauch und droht
amit, die Reisefreiheit der Menschen in Südosteuropa
inzuschränken. Das ist nicht nur verantwortungslos,
ondern schürt darüber hinaus den Rassismus gegenüber
en Roma. Deshalb fordern wir nicht nur ein Ende der
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32323
(A) )
)(B)
Abschiebungen von Roma in die Westbalkanregion, son-
dern auch ein endlich ernstzunehmendes Engagement
Deutschlands für die europaweite Integration der Roma.
Anlage 7
Erklärung nach § 31 GO
des Abgeordneten Volker Beck (Köln) (BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN) zur Abstimmung über
die Beschlussempfehlung des Ausschusses nach
Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsaus-
schuss) zu dem Gesetz zur Umsetzung der
Richtlinie 2012/…/EU über den Zugang zur Tä-
tigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichti-
gung von Kreditinstituten und Wertpapierfir-
men und zur Anpassung des Aufsichtsrechts an
die Verordnung (EU) Nr. …/2012 über die Auf-
sichtsanforderungen an Kreditinstitute und
Wertpapierfirmen (CRD IV-Umsetzungsge-
setz) (Zusatztagesordnungspunkt 8)
Ich erkläre im Namen der Fraktion Bündnis 90/Die
Grünen, dass unser Votum „Ablehnung“ lautet.
Anlage 8
Erklärung nach § 31 GO
der Abgeordneten Dr. Dietmar Bartsch,
Heidrun Bluhm, Steffen Bockhahn, Raju
Sharma, Dr. Kirsten Tackmann und Halina
Wawzyniak (alle DIE LINKE) zu den Abstim-
mungen über den Entwurf eines Gesetzes gegen
unseriöse Geschäftspraktiken (Tagesordnungs-
punkt 20 a)
Wir haben uns bei der Abstimmung zu den vorliegen-
den Änderungsanträgen enthalten.
Erstens. Bündnis 90/Die Grünen schlagen eine Ände-
rung des § 558 f BGB vor. Mit dem Änderungsantrag
wollen die Antragsteller bei nicht ausreichender Versor-
gung mit Mietwohnungen die Landesregierungen er-
mächtigen, für die davon betroffenen Gebiete eine
Rechtsverordnung zu erlassen, mit der bei Wiederver-
mietung die ortsübliche Vergleichsmiete nicht um mehr
als 10 Prozent überschritten werden darf.
Diese Regelung ist zwar besser als der bisherige Zu-
stand, aber nicht ausreichend. Notwendig wäre zum ei-
nen eine Regelung ohne die Einschränkung „nicht aus-
reichende Versorgung mit Mietwohnungen“. Notwendig
wäre auch eine gesetzliche Regelung statt einer Mög-
lichkeit, eine Verordnung zu erlassen. Schließlich wäre
es notwendig, gesetzlich festzuschreiben, dass Mieterhö-
hungen allein wegen Neuvermietung unzulässig sind.
Zweitens. Die Änderungsanträge der SPD und von
Bündnis 90/Die Grünen zur gesetzlichen Regelung der
Strafbarkeit der Bestechlichkeit und Bestechung von
Mitgliedern von Volksvertretungen – Abgeordnetenbeste-
chung – sind nicht ausreichend, um ihnen zuzustimmen.
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ie Fraktion Die Linke hat bereits am 21. April 2010 ei-
en Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung der Abge-
rdnetenbestechung vorgelegt – Drucksache 17/1412. Die
oalitionsfraktionen haben eine abschließende Behand-
ng der von allen Oppositionsparteien vorgelegten Ge-
etzesentwürfe im Plenum durch ständige Vertagung der
eratung im Rechtsausschuss verhindert. Obwohl wir
as Anliegen, die Strafbarkeit der Abgeordnetenbeste-
hung gesetzlich zu regeln, teilen, ist eine Zustimmung
u den konkret vorliegenden Gesetzentwürfen von SPD
nd Bündnis 90/Die Grünen nicht möglich. Nachträgli-
he „Dankeschön-Spenden“ werden danach nicht unter
trafe gestellt. Außerdem sind abstrakte Rechtsbegriffe
ie „parlamentarische Gepflogenheiten“ bzw. „Verwerf-
chkeit“ nicht geeignet, um die gewünschte Transparenz
ei der Abgrenzung von erlaubtem und unerlaubtem
erhalten herzustellen. Danach wäre es auch zukünftig
öglich, dass Lobbyverbände im Rahmen von Werbe-
eranstaltungen Politiker und Politikerinnen in großem
mfang bewirten, obwohl auch hier die Gefahr und der
nschein der Käuflichkeit erzeugt wird. Besser wären
lare gesetzliche Regeln, zum Beispiel durch die Einfüh-
ng von Bagatellgrenzen.
Drittens. Die Einbringung der vorliegenden drei Än-
erungsanträge stellt eine nahe an der Instrumentalisie-
ng der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages
hier § 82 – liegende Handlung dar. Änderungsanträge,
as besagt schon der Begriff, müssen sich auf die Ände-
ng eines vorliegenden Gesetzentwurfs beziehen. Der
orliegende Entwurf eines Gesetzes gegen unseriöse Ge-
chäftspraktiken enthält keinen Sachzusammenhang mit
en vorgelegten Änderungsanträgen. Das mit den Ände-
ngsanträgen vorgeschlagene Verfahren nennt sich
mnibus-Verfahren. Sosehr wir bei aller Kritik der kon-
reten Änderungsanträge – vergleiche Punkte eins und
wei – das grundlegende Anliegen der Änderungs-
nträge teilen, halten wir das Verfahren für nicht seriös.
nlage 9
Erklärungen nach § 31 GO
zu den Abstimmungen über den Entwurf eines
Gesetzes gegen unseriöse Geschäftspraktiken
(Tagesordnungspunkt 20 a)
Manuel Höferlin (FDP): Zunächst möchte ich auf
ie Art und Weise der Einbringung der Anträge hinwei-
en. Sie sind im Omnibus-Verfahren zur Abstimmung
ber das Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken ge-
tellt worden, stehen aber mit diesem in keinerlei Zu-
ammenhang. Die Einbringung der Änderungsanträge ist
ffensichtlich dem Wahlkampf geschuldet.
Weiter möchte ich auf die schwerwiegenden Mängel
er Gesetzesentwürfe hinweisen. Die Änderungsanträge
nthalten die von SPD und Grünen bereits in den Bun-
estag eingebrachten Gesetzesentwürfe, die auch Ge-
enstand der öffentlichen Anhörung des Rechtsaus-
chusses zur Abgeordnetenbestechung im Oktober
ergangenen Jahres waren.
32324 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
(A) )
)(B)
Schon in der Anhörung wurde deutlich, dass die
Mehrheit der Sachverständigen verfassungsrechtliche
Bedenken gegen die Entwürfe hatte. Denn nach dem
Grundgesetz ist es höchst problematisch, die Abgeord-
netenbestechung wie die Strafbarkeit von Amtsträgern
zu gestalten. Um die Probleme der Umsetzbarkeit wis-
sen auch alle spätestens seit der öffentlichen Anhörung
im Rechtsausschuss. Nach überwiegender Auffassung
der gehörten Sachverständigen verstoßen die Entwürfe
entweder gegen Art. 38 GG, der die Freiheit des Mandats
gewährleistet, und/oder gegen Art. 103 Abs. 2 GG,
wonach gesetzliche Bestimmungen klar und eindeutig
verfasst sein müssen, damit der Bürger – und hier der
Abgeordnete – weiß, was strafbar ist und was nicht.
Selbst den – teilweise ratlosen – Befürwortern war eine
Argumentation zur praktischen Umsetzung unmöglich.
Nach der Verfassung müssen Beamte stets unpartei-
isch und frei von unsachlichen Einflüssen nach Maßgabe
der Gesetze handeln und entscheiden. Abgeordnete hin-
gegen haben keinen genau umgrenzten Pflichtenkreis
wie Amtsträger. Sonst könnten sie ihr Mandat auch nicht
frei ausüben. Deshalb muss zwischen beiden unterschie-
den werden.
Die unbestimmten Rechtsbegriffe „parlamentarische
Gepflogenheiten“ – wie ihn der Entwurf der SPD
vorsieht – oder „Verwerflichkeit“ eines rechtswidrigen
Vorteils – wie ihn der Entwurf von Bündnis 90/Die Grü-
nen vorsieht – erfüllen nicht das Bestimmtheitsgebot der
Verfassung.
Ich sehe keine Möglichkeit, ein Gesetz zu verabschie-
den, das die UN-Konvention ratifiziert und gleichzeitig
verfassungskonform ist. Es fällt der Opposition leicht,
etwas zu fordern, das sie nicht selbst gestalten muss. Bis-
her konnte von niemandem eine praktikable Lösung vor-
geschlagen werden.
Anette Hübinger (CDU/CSU): Ich lehne den sach-
fremden Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die
Grünen zur Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesre-
gierung zum Entwurf eines Gesetzes gegen unseriöse
Geschäftspraktiken am 27. Juni 2013 ab. Ich bin mir der
Tatsache bewusst, dass der Änderungsantrag eine Forde-
rung aus dem Wahlprogramm 2014 von CDU/CSU auf-
greift. In meinen Augen stellt der vorliegende Antrag ein
reines Wahlkampfmanöver dar und verkürzt diese wich-
tige Problematik unsachgemäß. Ich befürworte die im
CDU/CSU-Wahlprogramm enthaltene Forderung, wo-
nach in angespannten Märkten die Mieterhöhungen in
Zukunft auf 10 Prozent oberhalb der ortsüblichen Ver-
gleichsmiete beschränkt werden können. Damit muss al-
lerdings auch der Bau ausreichend vieler Wohnungen in
Gebieten mit Wohnungsknappheit verbunden werden, da
ansonsten das Problem nicht umfassend genug gelöst
werden kann. Hierauf gibt der vorliegende Änderungs-
antrag im Gegensatz zum Wahlprogramm 2014 von
CDU und CSU keine Antworten und ist deshalb abzu-
lehnen.
Uwe Schummer (CDU/CSU): Erstens. Mit einem
Verfahrenstrick zu einem anderen Tagesordnungspunkt
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bstimmungen zur Abgeordnetenbestechung zu verste-
ken, ist weder transparent noch dem Thema angemes-
en.
Zweitens. Ich persönlich stehe für mehr Transparenz.
eit 2002 veröffentliche ich meine Steuerbescheide auf
er Internetseite www.uwe-schummer.de.
Mein Ziel ist, in der nächsten Legislaturperiode das
hema in einem geordneten und transparenten Verfahren
u regeln.
nlage 10
Erklärung nach § 31 GO
des Abgeordneten Frank Schäffler (FDP) zur
Abstimmung über die Beschlussempfehlung:
Entsendung bewaffneter deutscher Streitkräfte
zur Beteiligung an der Multidimensionalen
Integrierten Stabilisierungsmission in Mali
(MINUSMA) auf Grundlage der Resolution
2100 (2013) des Sicherheitsrates der Vereinten
Nationen vom 25. April 2013 (Tagesordnungs-
punkt 11)
Nicht einmal vier Monate nach der Beschlussfassung
es Bundestags über die Beteiligung an AFISMA wird
ie Mission aufgebohrt und um diverse Facetten erwei-
rt. Sie heißt nun MINUSMA, und unter diesem Namen
setzt Deutschland im Sinne eines vernetzten Ansatzes
ein umfassendes Engagement in Mali und der Sahel-re-
ion fort“. lm Gegensatz zur bisherigen internationalen
nterstützungsmission AFISMA, deren Mandat
diglich die Unterstützung der malischen Streitkräfte
eim Aufbau von Kapazitäten sowie bei der Wiederher-
tellung der territorialen Integrität Malis vorsah, soll
INUSMA einen „umfassenden Beitrag zur Stabilisie-
ng Malis“ leisten. Das Mandat soll bei der „Stabilisie-
ng wichtiger Bevölkerungszentren“ sowie bei der
Wiederherstellung der staatlichen Autoritäten im ganzen
and“ Hilfe gewähren. Es gibt jetzt eine „Road Map“.
Ich habe schon EUTM Mali wie auch AFISMA nicht
ugestimmt (Plenarprotokoll 17/225 vom 28. Februar
013, Seite 28161), weil ich dem Erfolgsversprechen der
issionsbefürworter nicht glauben konnte. Ich hatte vor
en unbeabsichtigten und absehbaren Folgen gewarnt,
ie die Verteidigung Deutschlands in Timbuktu nach
ich ziehen könnte. Viel früher als am 28. Februar von
ir erwartet – nicht erst in einem Jahr, sondern schon
ach vier Monaten – kommt im größeren Stil, was wohl
kleinen bislang nicht funktioniert hat. Für dieses be-
bsichtigte „umfassende deutsche Engagement in Mali
nd der Sahelregion“ sehe ich afghanische Verhältnisse
uf uns zukommen. Ich wünsche den Betroffenen, das
ind in zweiter Linie die in den Sahel verschickten Sol-
aten und ihr Tross ziviler Helfer aus allen Nationen und
erster Linie die Bevölkerung Malis, alles erdenklich
ute und hoffe, dass das internationale Engagement
icht zu noch mehr Leid führt, als die Menschen ohnehin
chon ertragen müssen. Meine Gedanken und mein Mit-
efühl sind bei allen, denen es in Mali schlecht geht. In
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32325
(A) )
)(B)
Bezug auf den Ausgang der Mission schwant mir jedoch
nichts Gutes. Wenn ich den Missionsnamen lese, dann
erinnert mich dieser unweigerlich an SNAFU.
Anlage 11
Erklärungen nach § 31 GO
zur Abstimmung über den Entwurf eines Geset-
zes zur Änderung des Einkommensteuer-
gesetzes in Umsetzung der Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichtes vom 7. Mai 2013
(Tagesordnungspunkt 13 a)
Veronika Bellmann (CDU/CSU): Ich kann dem vor-
liegenden Gesetzentwurf nicht zustimmen, weil ich
schon die ihm zugrunde liegende Entscheidung des Bun-
desverfassungsgerichtes als rechtlich nicht tragfähig er-
achte. Insofern schließe ich mich im Wesentlichen der
abweichenden Meinung, im Folgenden auszugsweise zi-
tiert, von Richter Landau und Richterin Kessal-Wulf
hinsichtlich des Beschlusses des Zweiten Senats vom
7. Mai 2013 an:
Naheliegende, Gestaltungsauftrag und -prärogative
des Gesetzgebers schonende sowie die funktionale Auf-
gabenverteilung zwischen Gesetzgeber und Verfassungs-
gericht respektierende Lösungsmöglichkeiten wurden
durch den Senat nicht ausreichend berücksichtigt.
Der Senat verkennt, dass die eingetragene Lebenspartner-
schaft bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Überarbeitung
des Lebenspartnerschaftsrechts am 1. Januar 2005 nach dem
ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers nicht als eine der
Ehe vergleichbare Gemeinschaft von Erwerb und Verbrauch
ausgestaltet war.
Die Verfassung stellt Ehe und Familie durch die ver-
bindliche Wertentscheidung in Art. 6 Abs. 1 GG unter
den besonderen Schutz der staatlichen Ordnung. Dieser
besondere Schutz wird der Ehe zuteil, weil sie Vorstufe
zur Familie sein kann, die wiederum Voraussetzung der
Generationenfolge und damit der Zukunftsgerichtetheit
von Gesellschaft und Staat ist. Das Schutz- und Förder-
gebot bildet einen sachlichen Differenzierungsgrund, der
geeignet ist, die Besserstellung der Ehe gegenüber ande-
ren, durch ein geringeres Maß an wechselseitiger
Pflichtbindung geprägten Lebensgemeinschaften zu
rechtfertigen.
Mit der eingetragenen Lebenspartnerschaft schuf der
Gesetzgeber im Jahr 2001 eine institutionalisierte Ver-
antwortungsgemeinschaft, die sich in ihrer rechtlichen
Verbindlichkeit der Ehe annäherte, ihr aber in ihren
Rechtswirkungen nicht unmittelbar gleichkam. Die ein-
getragene Lebenspartnerschaft war nicht von Beginn an
zivilrechtlich als eine der Ehe vergleichbare Gemein-
schaft von Erwerb und Verbrauch ausgestaltet. In der ur-
sprünglichen Gesetzesfassung des Lebenspartnerschafts-
gesetzes vom 16. Februar 2001 hat er noch bewusst
davon abgesehen, vollständige Gleichheit herzustellen
(vergleiche Bundestagsdrucksache 14/3751, Seite 1,
33 f.; 15/3445, Seite 1, 14 f.). Eine weitere Stufe der An-
gleichung erfolgte erst durch das Gesetz zur Überarbei-
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ng des Lebenspartnerschaftsrechts vom 15. Dezember
004, das mit Wirkung zum 1. Januar 2005 in Kraft trat.
is zu diesem Zeitpunkt bestanden gewollte, nicht bloß
ufällige, strukturelle Unterschiede zur Ehe unter ande-
m im Güterrecht und beim Recht des Versorgungsaus-
leichs. Die Lebenspartner waren zwar bis dahin auch zu
egenseitiger Fürsorge und Unterstützung sowie zur Un-
rhaltsgewährung verpflichtet (vergleiche BVerfGE 105,
13 <355>), begründeten aber noch keine der Ehe schon
ergleichbare Gemeinschaft von Erwerb und Verbrauch.
emessen am Regelungsgegenstand und -ziel der §§ 26,
6 b und 32 a Abs. 5 EStG liegt aber gerade hierin ein
inreichend gewichtiger Sachgrund, der die Privilegie-
ng der Ehe in den Veranlagungsjahren zwischen 2001
nd 2004 zu rechtfertigen vermag, ohne dass es eines
ückgriffs auf Art. 6 Abs. 1 GG bedarf. Der Verweis des
enats auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungs-
erichts zur Erbschaft- und Schenkungsteuer, zur Grund-
rwerbsteuer und zum besoldungsrechtlichen Familien-
uschlag ist ungeeignet, das gegenteilige Ergebnis zu
egründen. Keine der genannten Entscheidungen stellt
uf den Bereich des Einkommensteuerrechts unbesehen
bertragbare Grundsätze auf.
Insofern ist die Nachzahlung aufgrund Rückwirkung
owohl im Beschluss des Bundesverfassungsgerichts als
uch im Gesetzentwurf nicht zu rechtfertigen und legt
em Steuerzahler ungerechtfertigte Zahlungspflichten
uf.
Die vom Senat richterrechtlich vorgenommene Er-
treckung des Splittingverfahrens auf eingetragene Le-
enspartner für die Veranlagungsjahre vor 2005 läuft auf
ie Gewährung der einkommensteuerrechtlichen Vor-
ile einer Gemeinschaft von Erwerb und Verbrauch hi-
aus, ohne dass die hieraus spiegelbildlich erwachsen-
en Verpflichtungen zwischen den Lebenspartnern in
uch nur annähernd vergleichbarem Umfang bestanden
ätten. Diese Inkonsistenz wird in besonderem Maße da-
n deutlich, dass der Senat zur Begründung seiner Lö-
ung anführt, der Gesetzgeber habe die Lebenspartner-
chaft „von Anfang an“ in einer der Ehe vergleichbaren
eise als umfassende institutionalisierte Verantwor-
ngsgemeinschaft verbindlich gefasst und bestehende
nterschiede kontinuierlich abgebaut. Unbeschadet der
ieser Begründung bereits innewohnenden Widersprüch-
chkeit blendet diese Behauptung aus, dass der Gesetz-
eber, der durch das Lebenspartnerschaftsgesetz verfas-
ungsrechtliches Neuland betrat, bewusst von einer
ollständigen Gleichstellung der eingetragenen Le-
enspartnerschaft mit der Ehe absah und gerade die öko-
omische Selbstständigkeit beider Partner als gesetzli-
hes Leitbild herausstellte. Ausweislich der Gesetz-
ebungsmaterialien ging der Gesetzgeber ausdrücklich
on einer „größeren wirtschaftlichen Unabhängigkeit
eider Partner“ aus und schuf insbesondere beim Vermö-
ensrecht der eingetragenen Lebenspartnerschaften – der
ozialen Wirklichkeit des Jahres 2001 entsprechend –
nterschiede zum ehelichen Güterrecht (vergleiche
undestagsdrucksache 14/3751, Seite 41 und 42; ver-
leiche auch V. Beck, NJW 2001, Seite 1894 <1898 ff>).
Indem der Senat nunmehr eine der Ehe im Hinblick
uf das Bestehen einer Gemeinschaft von Erwerb und
32326 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
(A) )
)(B)
Verbrauch vergleichbare rechtliche Ausgangssituation
der eingetragenen Lebenspartnerschaft „von Anfang an“
konstruiert, die die Legislative zu diesem Zeitpunkt aus-
drücklich nicht gewollt hatte, setzt er seine Einschätzung
an die Stelle des hierzu allein berufenen Gesetzgebers.
Gesellschaftlichen Wandel aufzunehmen, zu bewerten
und gegebenenfalls rechtliche Formen hierfür bereitzu-
stellen, kann nur Sache des Gesetzgebers, nicht aber des
Verfassungsgerichts sein.
Der Senat hätte sich zunächst damit auseinanderset-
zen müssen, ob vor dem Hintergrund des familienpoliti-
schen Normzwecks des Splittingverfahrens die durch
§§ 26, 26 b und 32 a Abs. 5 EStG vorgenommene typi-
sierende Privilegierung der Ehe allein aufgrund ihres
Charakters als Vorstufe zur Familie und ihrer Bedeutung
für die Generationenfolge in Gesellschaft und Staat zu-
lässig gewesen ist.
Allein aus dem Umstand, dass auch bei Lebenspart-
nern Kinder aufwachsen, kann indes nicht zwingend ge-
schlossen werden, dass schon in den Veranlagungsjahren
2001 und 2002 der Gesamtheit der eingetragenen Le-
benspartnerschaften das Splittingverfahren im Wege der
Typisierung zu eröffnen gewesen wäre. Hierzu hätte sich
der Senat der Frage stellen müssen, ob der Anteil der
Kinder erziehenden eingetragenen Lebenspartnerschaf-
ten 2001 und 2002 schon so hoch war, dass diese Kon-
stellation dem Regelfall entsprach und daher – wie bei
der Ehe – die Einbeziehung aller Lebenspartnerschaften
unabhängig vom Vorhandensein von Kindern geboten
gewesen wäre. Die Annahme des Senats, steuerliche
Vorteile der §§ 26, 26 b und 32 a Abs. 5 EStG kämen
auch bei Lebenspartnerschaften typischerweise solchen
mit Kindern zugute, ist – zumal für die infrage stehenden
Veranlagungszeiträume – nicht belegt und gibt keine
Antwort auf die für die Typisierung entscheidende
Frage, wie hoch der Anteil der eingetragenen Le-
benspartnerschaften gewesen ist, in denen Kinder erzo-
gen wurden. Soweit der Senat zu dieser Frage auf das
Bestehen von Härtefallgruppen verweist, gebietet allein
deren Bestehen ebenfalls nicht die Erstreckung der Typi-
sierung auf die gesamte Personengruppe. Der Begrün-
dungsansatz, die bestehende Rechtslage blende aus, dass
in eingetragenen Lebenspartnerschaften Kinder auf-
wüchsen, und laufe hierdurch auf eine mittelbare Diskri-
minierung wegen der sexuellen Orientierung hinaus, ist
zur Untermauerung der rückwirkend vorgenommenen
Typisierung untauglich, da etwaig bestehenden Un-
gleichbehandlungen auch durch eine beschränkte Eröff-
nung des Splittingverfahrens für eingetragene Lebens-
partnerschaften, in denen Kinder erzogen werden oder
wurden, hätte wirksam Rechnung getragen werden kön-
nen. Ein solcher Lösungsansatz ist durch den Senat, der
ausschließlich auf die typisierende Einbeziehung der Le-
benspartnerschaften abstellt, jedoch nicht vertieft wor-
den.
Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesver-
fassungsgerichts gebührt dem Gesetzgeber bei der Neu-
regelung eines komplexen Sachverhalts ein zeitlicher
Anpassungsspielraum; er darf sich zunächst mit einer
grob typisierenden Regelung begnügen, um diese nach
hinreichender Sammlung von Erfahrungen allmählich
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urch eine differenziertere zu ersetzen (vergleiche
VerfGE 54, 11 <37>; 54, 173 <202> mit weiteren
achweisen). Dieser Gedanke gilt erst recht bei umfas-
enden Reformen, die einen hohen Regelungsaufwand
rfordern. Dem Gesetzgeber muss es grundsätzlich mög-
ch sein, eine solche Reform in mehreren Stufen zu ver-
irklichen, um den Regelungsaufwand und die organisa-
rischen Folgen jeweils zu begrenzen und zunächst in
inem Teilbereich Erfahrungen zu sammeln, die bei den
eiteren Schritten berücksichtigt werden können (ver-
leiche BVerfGE 85, 80 <91 >; 89, 15 <27>; 89, 365
379 f.>; 95, 267 <314 f.>). In einem solchen Fall geben
ie damit verbundenen Unzuträglichkeiten erst dann An-
ss zur verfassungsrechtlichen Beanstandung, wenn der
esetzgeber eine spätere Überprüfung und fortschrei-
nde Differenzierung trotz ausreichenden Erfahrungs-
aterials für eine sachgerechtere Lösung unterlässt (ver-
leiche BVerfGE 33, 171 <189 f>; 54, 173 <202>; 100,
9 <101>; 103, 242 <267>).
Hiermit setzt sich der Senat nicht auseinander. Der
it der Einführung der eingetragenen Lebenspartner-
chaft verbundene Regelungsaufwand war für den Ge-
etzgeber erheblich. Das neu geschaffene Rechtsinstitut
usste umfassend in die bestehenden zivil- und öffent-
ch-rechtlichen Strukturen eingepasst werden, wobei
ine universale Gleichsetzung mit den für die Ehe gel-
nden Vorschriften vom Gesetzgeber nicht gewollt war
nd deren Zulässigkeit zudem verfassungsrechtlichen
weifeln unterlag. Aus diesem Grund hat sich der Ge-
etzgeber bewusst dazu entschieden, nur eine schritt-
eise Annäherung von Ehe und eingetragener Le-
enspartnerschaft durchzuführen. Es kann ihm deshalb
icht verwehrt sein, einzelne Angleichungen von einer
päteren Evaluierung abhängig zu machen. Dem Gesetz-
eber wäre angesichts des familienpolitischen Norm-
wecks des Splittingverfahrens zuzubilligen gewesen,
unächst die eingetragene Lebenspartnerschaft im Hin-
lick auf ihre Vorwirkung für die Familie und Generatio-
enfolge zu evaluieren und hieraus gegebenenfalls steu-
rliche Konsequenzen zu ziehen.
Diesen Einschätzungsspielraum übergeht der Senat
urch seine auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens des Le-
enspartnerschaftsgesetzes rückwirkende Unvereinbar-
eitserklärung und verengt die gesetzgeberischen Ge-
taltungsmöglichkeiten zusätzlich. Im Zuge dessen setzt
r sich zudem über die bisherige Rechtsprechung hin-
eg, wonach der Gesetzgeber einen mit dem Grundge-
etz unvereinbaren Rechtszustand nicht rückwirkend be-
eitigen muss, wenn die Verfassungsrechtslage nicht
inreichend geklärt war (vergleiche BVerfGE 120, 125
167 f>; 125, 175 <258>).
Zum Gehalt der Ehe, wie er sich ungeachtet des ge-
ellschaftlichen Wandels und der damit einhergehenden
nderungen ihrer rechtlichen Gestaltung bewahrt und
urch das Grundgesetz seine Prägung bekommen hat,
ehört, dass sie die Vereinigung eines Mannes und einer
rau zu einer auf Dauer angelegten Lebensgemeinschaft
t (Bundesverfassungsgericht vom 17. Juli 2002,
VerfGE 105, 313/345). Die Ehe als Verbindung von
ann und Frau hat auch das Alleinstellungsmerkmal,
ass alleine aus dieser Verbindung Kinder hervorgehen
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32327
(A) )
)(B)
können, die wiederum die Zukunftsfähigkeit jeder Ge-
sellschaft sichern. Daran hat bisher noch keine Ideolo-
gie, kein Parteiprogramm oder keine Gerichtsentschei-
dung etwas ändern können.
Diese Alleinstellungsmerkmal verbietet sowohl die
Öffnung der Ehe für andere Lebensformen, wie etwa der
gleichgeschlechtlichen Partnerschaft, als auch, entgegen
der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom
7. Mai 2013, die Privilegierung der Ehe gegenüber ande-
ren Formen des Zusammenlebens aufzuheben. Darin
liegt keinerlei Diskriminierung oder Unwerturteil gegen-
über anderen Lebensformen, sondern eine schlichte
Feststellung der Realität.
Dieses Alleinstellungsmerkmal verkennt das Bundes-
verfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 7. Mai
2013, wenn es Unterschiede zwischen der Lebenssitua-
tion von Ehepartnern und Lebenspartnern, die eine Un-
gleichbehandlung rechtfertigen könnten, nicht zu erken-
nen vermag. Deshalb verstößt meines Erachtens die
Gewährung gleicher Vergünstigungen, wie etwa der Ein-
räumung des Ehegattensplitting, gegen den besonderen
Schutz der Ehe. Auch die Argumentation, man nimmt
der Ehe nichts, wenn man auch der Lebenspartnerschaft
oder anderen Formen des Zusammenlebens dieselben
Rechte einräumt, trägt nicht, da etwa auch im Prüfungs-
wesen die Verleihung eines Spitzenprädikats an alle die-
ses Spitzenprädikat entwertet.
Zwar ist der Gesetzgeber bei der Grundrechtsausle-
gung an Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts
gebunden, umgekehrt kann aber auch das Bundesverfas-
sungsgericht nicht in die freie Gewissensentscheidung
des Abgeordneten eingreifen.
Michael Kauch (FDP): Seit Beginn der Regierungs-
beteiligung der FDP im Jahr 2009 sind eingetragene
Lebenspartner im Beamten-, Richter- und Soldatenrecht,
im Entwicklungshelfergesetz, bei der Erbschaft- und
Grunderwerbsteuer und beim BAföG mit Ehegatten
gleichgestellt worden. Wir haben als FDP die Errichtung
der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld durchgesetzt, die
durch Bildung und Forschung der Diskriminierung ein-
getragener Lebenspartnerschaften entgegentritt. Das
Auswärtige Amt und das Bundesministerium für wirt-
schaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung haben
unter liberalen Ministern neue Akzente in der Men-
schenrechtspolitik für Homosexuelle gesetzt: Erstmals
wurde die Budgethilfe für Staaten verschärft, die Straf-
normen verschärfen; erstmals wurden konkrete Projekte
vor Ort für mehr gesellschaftliche Akzeptanz finanziert.
Mit dem neuen Sorgerecht haben wir zudem auch für
schwule Väter in sogenannten Regenbogenfamilien ei-
nen guten Rechtsrahmen geschaffen.
Bei der Einkommensteuer haben wir bereits lange auf
die Gleichstellung der Lebenspartner gedrängt. Unsere
Position wurde vollumfänglich vom Bundesverfassungs-
gericht bestätigt. Wir freuen uns, dass die Koalition in
Rekordgeschwindigkeit diese Entscheidung heute um-
setzt.
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Die Gleichstellung im Einkommensteuergesetz macht
eitere Anpassungen in damit verbundenen Gesetzen er-
rderlich. Hier ist ein umfassendes Rechtsbereinigungs-
esetz erforderlich. Dies erfordert hohe Sorgfalt und
ehr Zeit, als sie jetzt zur Verfügung stand. Auch die
nderungsanträge der Opposition sind nicht vollständig.
ie Linke will nur die Abgabenordnung anpassen, die
rünen dagegen auch das Wohnungsbauprämiengesetz,
as Altervorsorge-Zertifizierungsgesetz, das Eigenheim-
ulagengesetz und das Bundeskindergeldgesetz. Auch
er grüne Gesetzentwurf ist nicht vollständig.
Dennoch habe ich mich entschlossen, diesen Ände-
ngsanträgen trotz ihrer Unvollständigkeit zuzustim-
en.
Die FDP tritt darüber hinaus für die vollständige
leichstellung der eingetragenen Lebenspartnerschaften
it der Ehe und die Öffnung der Ehe für gleich-
eschlechtliche Paare ein. Wer gleiche Pflichten hat,
uss auch gleiche Rechte bekommen. Auch beim Adop-
onsrecht ist eine vollständige Gleichstellung geboten.
Ich verstehe, dass die FDP-Fraktion nach dem Koali-
onsvertrag, wie in allen Koalitionen dieser Republik,
aran gebunden ist, nicht mit wechselnden Mehrheiten
bzustimmen. Ich habe mich aber entschlossen, den Än-
erungsanträgen dennoch zuzustimmen.
Patrick Meinhardt (FDP): Seit Beginn der Regie-
ngsbeteiligung der FDP im Jahr 2009 sind einge-
agene Lebenspartner im Beamten-, Richter- und Solda-
nrecht, im Entwicklungshelfergesetz, bei der
rbschaft- und Grunderwerbsteuer und beim BAföG mit
hegatten gleichgestellt worden. Wir haben als FDP die
rrichtung der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld
urchgesetzt, die durch Bildung und Forschung der
iskriminierung eingetragener Lebenspartnerschaften
ntgegentritt. Das Auswärtige Amt und das Bundes-
inisterium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
ntwicklung haben unter liberalen Ministern neue Ak-
ente in der Menschenrechtspolitik für Homosexuelle
esetzt: Erstmals wurde die Budgethilfe für Staaten ver-
chärft, die Strafnormen verschärfen; erstmals wurden
onkrete Projekte vor Ort für mehr gesellschaftliche
kzeptanz finanziert. Mit dem neuen Sorgerecht haben
ir zudem auch für schwule Väter in sogenannten
egenbogenfamilien einen guten Rechtsrahmen ge-
chaffen.
Bei der Einkommensteuer haben wir bereits lange auf
ie Gleichstellung der Lebenspartner gedrängt. Unsere
osition wurde vollumfänglich vom Bundesverfassungs-
ericht bestätigt. Wir freuen uns, dass die Koalition in
ekordgeschwindigkeit diese Entscheidung heute um-
etzt.
Die Gleichstellung im Einkommensteuergesetz macht
eitere Anpassungen in damit verbundenen Gesetzen er-
rderlich. Dies ist in der Kürze der Zeit nicht mit der
irklich notwendigen Sorgfalt leistbar. Schade, dass die
nken Oppositionsparteien jetzt mit heißer Nadel ge-
trickte Anträge einbringen, die einer genaueren Prüfung
icht standhalten. Die Änderungsanträge der Opposition
32328 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
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)(B)
sind nicht vollständig. Die Linke will nur die Abgaben-
ordnung anpassen, die Grünen dagegen auch das Woh-
nungsbauprämiengesetz, das Altervorsorgezertifizie-
rungsgesetz, das Eigenheimzulagengesetz und das
Bundeskindergeldgesetz. Auch der grüne Gesetzentwurf
ist nicht vollständig. Daher ist ein umfassendes Rechts-
bereinigungsgesetz erforderlich, das in dieser Wahl-
periode nicht mehr leistbar war. Hier sollten wir uns
gleich zu Beginn der neuen Wahlperiode daran machen,
um ein solides, bestandskräftiges Gesetz auf den Weg zu
bringen.
Die FDP tritt darüber hinaus für die vollständige
Gleichstellung der eingetragenen Lebenspartnerschaften
mit der Ehe und die Öffnung der Ehe für gleichge-
schlechtliche Paare ein. Wer gleiche Pflichten hat, muss
auch gleiche Rechte bekommen. Auch beim Adoptions-
recht ist eine vollständige Gleichstellung geboten.
Nach dem Koalitionsvertrag sind wir, wie in allen
Koalitionen dieser Republik, daran gebunden, nicht mit
wechselnden Mehrheiten abzustimmen. Gerade in der
Frage des Adoptionsrechtes gibt es beim Koalitions-
partner noch erkennbaren inhaltlichen Klärungsbedarf.
Daher können wir den Änderungsanträgen der Opposi-
tion zum Adoptionsrecht und zur Öffnung der Ehe, die
wir beide inhaltlich unterstützen, heute nicht zustimmen.
Wir werden als FDP weiterhin unseren Weg fortset-
zen und Schritt für Schritt die Ungerechtigkeiten gegen-
über eingetragenen Lebenspartnerschaften abbauen.
Dafür ist ein langer Atem notwendig. Den haben wir
Liberale.
Burkhardt Müller-Sönksen (FDP): Seit Beginn der
Regierungsbeteiligung der FDP im Jahr 2009 sind ein-
getragene Lebenspartner im Beamten-, Richterrecht,
im Entwicklungshelfergesetz, bei der Erbschaft- und
Grunderwerbsteuer und beim BAföG mit Ehegatten
gleichgestellt worden. Ich persönlich habe mich mit Er-
folg im Verteidigungsausschuss dafür eingesetzt, dass
auch im Soldatenrecht eine echte Gleichstellung veran-
kert wurde.
Wir haben als FDP die Errichtung der Bundesstiftung
Magnus Hirschfeld durchgesetzt, die durch Bildung und
Forschung der Diskriminierung eingetragener Le-
benspartnerschaften entgegentritt. Das Auswärtige Amt
und das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusam-
menarbeit und Entwicklung haben unter liberalen Minis-
tern neue Akzente in der Menschenrechtspolitik für Ho-
mosexuelle gesetzt: Erstmals wurde die Budgethilfe für
Staaten verschärft, die Strafnormen verschärfen; erst-
mals wurden konkrete Projekte vor Ort für mehr gesell-
schaftliche Akzeptanz finanziert. Mit dem neuen Sorge-
recht haben wir zudem auch für schwule Väter in
sogenannten Regenbogenfamilien einen guten Rechts-
rahmen geschaffen.
Bei der Einkommensteuer haben wir bereits lange auf
die Gleichstellung der Lebenspartner gedrängt. Unsere
Position wurde vollumfänglich vom Bundesverfassungs-
gericht bestätigt. Wir freuen uns, dass die Koalition in
Rekordgeschwindigkeit diese Entscheidung heute um-
setzt. Die Gleichstellung im Einkommensteuergesetz
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acht weitere Anpassungen in damit verbundenen Ge-
etzen erforderlich. Dies war in der Kürze der Zeit nicht
it der notwendigen Sorgfalt möglich. Auch die Ände-
ngsanträge der Opposition sind nicht vollständig. Die
inke will nur die Abgabenordnung anpassen, die Grü-
en dagegen auch das Wohnungsbauprämiengesetz, das
ltervorsorge-Zertifizierungsgesetz, das Eigenheimzu-
gengesetz und das Bundeskindergeldgesetz. Auch der
rüne Gesetzentwurf ist nicht vollständig. Daher ist ein
mfassendes Rechtsbereinigungsgesetz erforderlich, das
dieser Wahlperiode nicht mehr leistbar war. In der
eit bis zur Verabschiedung eines solchen Gesetzes wird
en Betroffenen dadurch keinerlei steuerlicher Nachteil
ntstehen.
Die FDP tritt darüber hinaus für die vollständige
leichstellung der eingetragenen Lebenspartnerschaften
it der Ehe und die Öffnung der Ehe für gleichge-
chlechtliche Paare ein. Wer gleiche Pflichten hat, muss
uch gleiche Rechte bekommen. Auch beim Adoptions-
cht ist eine vollständige Gleichstellung geboten.
Eine vollständige Gleichstellung braucht aus meiner
icht eine fundierte gesetzliche Grundlage. Die vorge-
gten Gesetzentwürfe der Opposition werden diesem
nspruch nicht gerecht. Auch wenn ich im Grundsatz
ie Anliegen der Opposition im Adoptionsrecht und zur
ffnung der Ehe teile und mich seit vielen Jahren in
einem Wahlkreis Hamburg für die vollständige Gleich-
tellung tatkräftig engagiere, werde ich den handwerk-
ch mangelhaften Gesetzentwürfen heute nicht zustim-
en.
Gleichzeitig sehe ich in der Frage des Adoptionsrech-
s beim Koalitionspartner noch erkennbaren inhalt-
chen Klärungsbedarf. Um eine möglichst breite parla-
entarische Mehrheit, die ich in dieser Grundsatzfrage
egrüßen würde, zu ermöglichen, eröffne ich bewusst
it meinem Abstimmungsverhalten den Raum für eine
lärung innerhalb der CDU/CSU-Fraktion. Ich bin da-
on überzeugt, dass die CDU/CSU sich, nach tieferge-
ender Auseinandersetzung mit der Intention und der
ragweite des Karlsruher Urteils, den gelebten gesell-
chaftlichen Realitäten in unserem Land nicht länger
erschließen kann.
Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU): Das Bundesverfas-
ungsgericht hat ein politisch höchst relevantes Urteil
efällt. Das haben wir hinzunehmen, aber nicht kritiklos.
rt. 6 Abs. 1 GG stellt „Ehe und Familie“ unter den be-
onderen Schutz des Grundgesetzes und privilegiert
iese Form des Zusammenlebens damit ausdrücklich.
as die Verfassungsväter und -mütter gemeint haben, ist
inerseits historisch klar, andererseits erschließt es sich
us der Konjunktion „Ehe und Familie“ zusätzlich.
Ich werde dem Gesetzentwurf zustimmen, allerdings
ben nicht kritiklos.
Ferner weise ich vorausschauend und ausdrücklich im
usammenhang mit dem Adoptionsrecht auf einen mir
esonders wichtigen Punkt hin: Das Adoptionsverfahren
at sich vorrangig am Interesse des Kindes zu orientie-
n und nicht einseitig den Interessen adoptionswilliger
lternpaare, egal welchen Geschlechts, zu beugen. Unter
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32329
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)(B)
diesen Aspekten ist die Adoption durch Vater und Mutter
klar zu privilegieren.
Katherina Reiche (CDU/CSU): Der Beschluss des
Bundesverfassungsgerichts vom 7. Mai 2013 lässt an
Klarheit nichts zu wünschen übrig. Dort heißt es: „Art. 6
Abs. 1 Grundgesetz, GG, garantiert den Eheleuten, eine
Sphäre privater Lebensgestaltung, die staatlicher Einwir-
kung entzogen ist. Der Gesetzgeber muss daher Rege-
lungen vermeiden, die geeignet sind, in die freie Ent-
scheidung der Ehegatten über ihre Aufgabenverteilung
in der Ehe einzugreifen.“
Ehe und Familie unterliegen einem besonderen
grundgesetzlichen Schutz. Diesen Schutz muss der Ge-
setzgeber achten und wahren. Der besondere verfas-
sungsrechtliche Schutz von Ehe und Familie bietet den
Ehepartnern ebenso Wahlmöglichkeiten: Ein Ehepartner
ist Alleinverdiener für beide oder beide Ehepartner ver-
dienen den Lebensunterhalt gemeinsam. Ich sehe daher
keine Möglichkeit, das Splittingverfahren bei der Zu-
sammenveranlagung der Ehegatten grundlegend zu mo-
difizieren. Der Gesetzgeber hat nicht das Rechte in die
Lebensgestaltung einzugreifen. Das hat er den Ehepaa-
ren zu überlassen. Und das ist auch gut so!
Der Gesetzgeber hat die völlige Gleichsetzung von
Ehe und gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaft bis-
her nicht beschlossen – mit voller Absicht. Es gibt Rege-
lungen zur Ehe – insbesondere im Bürgerlichen Gesetz-
buch –, und es gibt das Lebenspartnerschaftsgesetz. Die
Rechte und Pflichten der eingetragenen Lebenspartner-
schaft sind durchaus denen der Ehe nachgebildet wor-
den. Aber bis heute ist eine Lebenspartnerschaft keine
Ehe. Meiner Auffassung nach muss dies auch so bleiben.
Es ist nicht verboten, gegen die ideologische und ge-
setzespraktische Nivellierung der Familie zu sein. Ging
es bisher darum, der Mehrheit Toleranz für Minderheiten
abzutrotzen. Nun lautet aber mehr und mehr die Parole:
Wir wollen nicht bloß akzeptierte Minderheit sein. Wir
sind die offeneren und moderneren Menschen. Hier ist
ein Umschlagspunkt im Denken erreicht. Nun geht es
nicht mehr darum, einer vermeintlich unterdrückten
Minderheit zu ihrem Recht zu verhelfen, jetzt geht es da-
rum, abweichende Standpunkte als antiemanzipatorisch,
reaktionär oder homophob umzudeuten und zu diskredi-
tieren. Einen gewissen Erfolg kann man nicht abspre-
chen. Dennoch darf der Gesetzgeber mit gutem Grund
zwei unterschiedliche Institute ungleich behandeln. Ge-
wiss, es ist zu begrüßen und im besten Sinne konserva-
tiv, wenn zwei Menschen füreinander Verantwortung
übernehmen, und dies auch für Kinder. Aber es gibt nur
eine Verbindung, die biologisch darauf angelegt ist, Kin-
der hervorzubringen – die von Mann und Frau. Jedes
Kind hat Vater und Mutter. Und schließlich: Nur die Ver-
bindung von Mann und Frau sichert den Fortbestand un-
seres Gemeinwesens.
„Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift
und Bild frei zu äußern“. Dieses grundgesetzlich in
Art. 5 Abs. 1 GG geschützte Recht der Meinungsfreiheit
ist ein wichtiges Gut unserer demokratischen und plura-
listischen Gesellschaft. Dies beinhaltet auch gesell-
schaftspolitische Ansichten.
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Tankred Schipanski (CDU/CSU): Dem Gesetzent-
urf der Koalitionsfraktionen stimme ich zu, da nach
einer Überzeugung höchstrichterliche Urteile vom Ge-
etzgeber umgesetzt werden müssen. Dennoch teile ich
ie Urteilsbegründung des zuständigen Senats des Bun-
esverfassungsgerichts nicht vollends. Aus diesem
rund möchte ich von § 31 GO-BT Gebrauch machen
nd meine Position in der Sache näher erläutern:
Unser Grundgesetz stellt Ehe und Familie durch
rt. 6 Abs. 1 GG unter den besonderen Schutz der staat-
chen Ordnung. Ausdrücklich schließe ich mich der
ichtweise des Senats an, wonach dieser besondere
chutz der Ehe zuteil wird, weil sie Vorstufe zur Familie
ein kann, die wiederum Voraussetzung der Generatio-
enfolge und damit der Zukunftssicherheit von Gesell-
chaft und Staat ist. Richtigerweise erkennt der Senat
uch, dass der Gesetzgeber, wegen des in Art. 6
bs. 1 GG enthaltenen Schutz- und Förderauftrags, die
he gegenüber anderen Lebensformen begünstigen darf.
s ist darüber hinaus zu berücksichtigen, dass die Ehe
ach wie vor in signifikantem Umfang Grundlage für ein
behütetes“ Aufwachsen von Kindern ist (vergleiche
VerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 19. Juni
012 – 2 BvR 1397/09 Rn. 66).
Unter Anerkennung dieser Grundsätze steht dem Ge-
etzgeber zur Erfüllung des sich aus Art. 6 Abs. 1 GG er-
ebenden Schutz- und Förderauftrags ein Gestaltungs-
pielraum zu, den es zu nutzen gilt. Dies bedeutet meines
rachtens gerade auch, dass der Gesetzgeber bewusste
nterscheidungen zwischen einer Ehe und einer einge-
agenen Lebenspartnerschaft machen darf. In diesem
inne obliegt es dem Gesetzgeber mit seiner Gestal-
ngsprärogative, den Schutz- und Förderauftrag für Ehe
nd Familie aus Art. 6 Abs. 1 GG weiter auszugestalten.
Abschließend bleibt festzuhalten, dass die Entschei-
ung des Bundesverfassungsgerichts vom 7. Mai 2013
it 6:2 Stimmen ergangen ist. Auf das gemeinsame Son-
ervotum der Richterin Kessal-Wulf und des Richters
andau sei verwiesen. Dieses Sondervotum begrüße ich
usdrücklich.
Marina Schuster (FDP): Seit Beginn der Regie-
ngsbeteiligung der FDP im Jahr 2009 sind eingetra-
ene Lebenspartner im Beamten-, Richter- und Solda-
nrecht, im Entwicklungshelfergesetz, bei der
rbschaft- und Grunderwerbsteuer und beim BAföG mit
hegatten gleichgestellt worden. Wir haben als FDP die
rrichtung der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld
urchgesetzt, die durch Bildung und Forschung der Dis-
riminierung eingetragener Lebenspartnerschaften
ntgegentritt. Das Auswärtige Amt und das Bundes-
inisterium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
ntwicklung haben unter liberalen Ministern neue Ak-
ente in der Menschenrechtspolitik für Homosexuelle
esetzt: Erstmals wurde die Budgethilfe für Staaten ge-
ürzt, die Strafnormen verschärfen; erstmals wurden
onkrete Projekte vor Ort für mehr gesellschaftliche Ak-
eptanz finanziert. Mit dem neuen Sorgerecht haben wir
udem auch für schwule Väter in sogenannten Regenbo-
enfamilien einen guten Rechtsrahmen geschaffen.
Bei der Einkommensteuer haben wir bereits lange auf
ie Gleichstellung der Lebenspartner gedrängt. Unsere
32330 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
(A) )
)(B)
Position wurde vollumfänglich vom Bundesverfassungs-
gericht bestätigt. Wir freuen uns, dass die Koalition in
Rekordgeschwindigkeit diese Entscheidung heute um-
setzt.
Die Gleichstellung im Einkommensteuergesetz macht
weitere Anpassungen in damit verbundenen Gesetzen er-
forderlich. Hier ist ein umfassendes Rechtsbereinigungs-
gesetz erforderlich. Dies erfordert hohe Sorgfalt und
mehr Zeit als sie jetzt zur Verfügung hat. Auch die Än-
derungsanträge der Opposition sind nicht vollständig.
Die Linke will nur die Abgabenordnung anpassen, die
Grünen dagegen auch das Wohnungsbauprämiengesetz,
das Altersvorsorgezertifizierungsgesetz, das Eigenheim-
zulagengesetz und das Bundeskindergeldgesetz. Auch
der grüne Gesetzentwurf ist nicht vollständig. Dennoch
habe ich mich entschlossen, diesen Änderungsanträgen
trotz ihrer Unvollständigkeit zuzustimmen.
Die FDP tritt darüber hinaus für die vollständige
Gleichstellung der eingetragenen Lebenspartnerschaften
mit der Ehe und die Öffnung der Ehe für gleichge-
schlechtliche Paare ein. Wer gleiche Pflichten hat, muss
auch gleiche Rechte bekommen. Auch beim Adoptions-
recht ist eine vollständige Gleichstellung geboten.
Ich verstehe, dass die FDP-Fraktion nach dem Koali-
tionsvertrag, wie in allen Koalitionen dieser Republik,
daran gebunden ist, nicht mit wechselnden Mehrheiten
abzustimmen. Ich habe mich aber entschlossen, den Än-
derungsanträgen dennoch zuzustimmen.
Joachim Spatz (FDP): Seit Beginn der Regierungs-
beteiligung der FDP im Jahr 2009 sind eingetragene Le-
benspartner im Beamten-, Richter- und Soldatenrecht,
im Entwicklungshelfergesetz, bei der Erbschaft- und
Grunderwerbsteuer und beim BAföG mit Ehegatten
gleichgestellt worden. Wir haben als FDP die Errichtung
der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld durchgesetzt, die
durch Bildung und Forschung der Diskriminierung ein-
getragener Lebenspartnerschaften entgegentritt. Das
Auswärtige Amt und das Bundesministerium für wirt-
schaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung haben un-
ter liberalen Ministern neue Akzente in der Menschen-
rechtspolitik für Homosexuelle gesetzt: Erstmals wurde
die Budgethilfe für diejenigen Staaten abgesenkt oder
ausgesetzt, die Strafnormen verschärfen; erstmals wurden
konkrete Projekte vor Ort für mehr gesellschaftliche Ak-
zeptanz finanziert. Mit dem neuen Sorgerecht haben wir
zudem auch für schwule Väter in sogenannten Regenbo-
genfamilien einen guten Rechtsrahmen geschaffen.
Bei der Einkommensteuer haben wir bereits lange auf
die Gleichstellung der Lebenspartner gedrängt. Unsere
Position wurde vollumfänglich vom Bundesverfassungs-
gericht bestätigt. Wir freuen uns, dass die Koalition in
Rekordgeschwindigkeit diese Entscheidung heute um-
setzt. Die Gleichstellung im Einkommensteuergesetz
macht weitere Anpassungen erforderlich. Dies war in
der Kürze der Zeit nicht mit der notwendigen Sorgfalt
möglich. Auch die Änderungsanträge der Opposition
sind nicht vollständig. Die Linke will nur die Abgaben-
ordnung anpassen, die Grünen dagegen auch das Woh-
nungsbauprämiengesetz, das Altersvorsorge-Zertifizie-
rungsgesetz, das Eigenheimzulagegesetz und das Bundes-
kindergeldgesetz. Somit ist auch der grüne Gesetzent-
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urf nicht vollständig. Ein umfassendes Rechtsbereini-
ungsgesetz ist erforderlich, das in dieser Wahlperiode
llerdings nicht mehr erarbeitet werden konnte. In der
eit bis zur Verabschiedung eines solchen Gesetzes wird
en Betroffenen dadurch jedoch kein steuerlicher Nach-
il entstehen.
Die FDP tritt darüber hinaus für die vollständige
leichstellung der eingetragenen Lebenspartnerschaften
it der Ehe und die Öffnung der Ehe für gleichge-
chlechtliche Paare ein. Wer gleiche Pflichten hat, muss
uch gleiche Rechte bekommen. Auch beim Adoptions-
cht ist eine vollständige Gleichstellung geboten. Nach
em Koalitionsvertrag sind wir, wie in allen Koalitionen
ieser Republik, daran gebunden, nicht mit wechselnden
ehrheiten abzustimmen. Gerade in der Frage des
doptionsrechtes gibt es beim Koalitionspartner noch
rkennbaren inhaltlichen Klärungsbedarf.
Daher kann ich den Änderungsanträgen der Opposi-
on zum Adoptionsrecht und zur Öffnung der Ehe, die
h beide inhaltlich unterstütze, heute nicht zustimmen.
Erika Steinbach (CDU/CSU): Niemand in Deutsch-
nd darf diskriminiert werden. Der Staat hat die Ver-
flichtung, dieses menschenrechtliche Gleichheitsgebot
uch für Homosexuelle durchzusetzen und zu sichern.
Dem steht nicht entgegen, dass der Staat finanzielle
taatliche Förderung danach ausrichtet, ja ausrichten
uss, was im Interesse der Gesamtgesellschaft und ihrer
ukunftsfähigkeit liegt.
Die Ehe ist die Keimzelle jeder menschlichen Ge-
einschaft, deren Bedeutung mit keiner anderen
enschlichen Bindung verglichen werden kann. Solange
ie nächste Generation nicht aus der Retorte kommt, ist
ie Ehe einziger stabiler Garant für die Zukunftsfähig-
eit unserer Gesellschaft. Darauf ist der Staat existen-
iell angewiesen. Deshalb war und ist eine besondere
örderung der Ehe nach wie vor zwingend geboten –
sbesondere heutzutage, wo längst erkennbar ist, dass
ie demografische Entwicklung in Deutschland drama-
sch rückläufig ist.
Die Verfasser des Grundgesetzes haben diese
enschliche Gemeinschaft mit gutem Grund unter den
esonderen Schutz der staatlichen Ordnung gestellt.
In seinem jüngsten Urteil hat das Bundesverfassungs-
ericht den besonderen Schutz der Ehe in einem weite-
n Schritt unterhöhlt.
In ihrem Minderheitenvotum haben zwei Verfas-
ungsrichter zum Beschluss des Zweiten Senates über
as Ehegattensplitting für homosexuelle Partnerschaften
utreffend festgestellt: „Indem der Senat nunmehr eine
er Ehe im Hinblick auf das Bestehen einer Gemein-
chaft von Erwerb und Verbrauch vergleichbare rechtli-
he Ausgangssituation der eingetragenen Lebenspartner-
chaft ,von Anfang an‘ konstruiert, die die Legislative zu
iesem Zeitpunkt ausdrücklich nicht gewollt hatte, setzt
r seine Einschätzung an die Stelle des hierzu allein
erufenen Gesetzgebers. Gesellschaftlichen Wandel auf-
unehmen, zu bewerten und gegebenenfalls rechtliche
ormen hierfür bereitzustellen, kann nur Sache des Ge-
etzgebers, nicht aber des Verfassungsgerichts sein.“
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32331
(A) )
)(B)
Sie fügten an anderer Stelle hinzu: Die „Aufgabenver-
teilung zwischen Gesetzgeber und Verfassungsgericht
respektierende Lösungsmöglichkeiten wurden durch den
Senat nicht ausreichend berücksichtigt“. Diese Beurtei-
lung halte ich für richtig.
Ich teile auch die Auffassung der beiden Verfassungs-
richter, die in ihrem Minderheitenvotum einleitend fest-
stellten: „Die Entscheidung des Senats können wir we-
der im Ergebnis noch in der Begründung mittragen.“
Das Urteil des Verfassungsgerichtes, aufgrund dessen
heute das vorliegende Gesetz verabschiedet werden soll,
lautet anders.
Aus Gewissengründen kann ich der vorliegenden Ge-
setzesänderung nicht zustimmen.
Manfred Todtenhausen (FDP): Seit Beginn der
Regierungsbeteiligung der FDP im Jahr 2009 sind einge-
tragene Lebenspartner im Beamten-, Richter- und Solda-
tenrecht, im Entwicklungshelfergesetz, beim BAföG und
bei der Erbschaft- und Grunderwerbsteuer mit Ehegatten
gleichgestellt worden. Die FDP hat die Errichtung der
Bundesstiftung Magnus Hirschfeld durchgesetzt, die
durch Bildung und Forschung der Diskriminierung ein-
getragener Lebenspartnerschaften entgegentritt. Das
Auswärtige Amt und das Bundesministerium für wirt-
schaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung haben un-
ter liberalen Ministern neue Akzente in der Menschen-
rechtspolitik für Homosexuelle gesetzt: Erstmals wurde
die Budgethilfe für Staaten verschärft, die Strafnormen
verschärfen, erstmals wurden konkrete Projekte vor Ort
für mehr gesellschaftliche Akzeptanz finanziert. Mit
dem neuen Sorgerecht wurde zudem auch für schwule
Väter in sogenannten Regenbogenfamilien ein guter
Rechtsrahmen geschaffen.
Bei der Einkommensteuer hat die FDP bereits lange
auf die Gleichstellung der Lebenspartner gedrängt.
Diese Position wurde in vollem Umfang vom Bundes-
verfassungsgericht bestätigt. Ich freue mich, dass die
christlich-liberale Koalition diese Entscheidung heute
zügig umsetzt.
Die Gleichstellung im Einkommensteuergesetz macht
weitere Anpassungen in damit verbundenen Gesetzen er-
forderlich. Dies war in der Kürze der Zeit nicht mit der
notwendigen Sorgfalt zu leisten. Das bestätigen auch die
Änderungsanträge der Opposition, sie sind nicht voll-
ständig: Die Linke will nur die Abgabenordnung anpas-
sen, die Grünen wollen dagegen auch das Wohnungsbau-
prämiengesetz, das Altersvorsorge-Zertifizierungs-
gesetz, das Eigenheimzulagengesetz und das Bundeskin-
dergeldgesetz anpassen. Auch dieser Gesetzentwurf ist
nicht vollständig. Daher ist ein umfassendes Rechtsbe-
reinigungsgesetz erforderlich – das ist in dieser Wahlpe-
riode jedoch nicht mehr umsetzbar. In der Zeit bis zur
Verabschiedung eines solchen Gesetzes wird den Betrof-
fenen dadurch keinerlei steuerlicher Nachteil entstehen.
Die FDP tritt darüber hinaus für die vollständige
Gleichstellung der eingetragenen Lebenspartnerschaften
mit der Ehe ein und für die Öffnung der Ehe für gleich-
geschlechtliche Paare. Wer gleiche Pflichten übernimmt,
muss auch gleiche Rechte bekommen. Auch beim Adop-
tionsrecht ist eine vollständige Gleichstellung geboten.
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Nach dem Koalitionsvertrag sind die Koalitionspart-
er daran gebunden, nicht mit wechselnden Mehrheiten
bzustimmen – wie in allen Koalitionen dieser Republik.
erade in der Frage des Adoptionsrechts gibt es bei der
nion noch erkennbaren inhaltlichen Klärungsbedarf.
aher kann ich den Änderungsanträgen der Opposition
um Adoptionsrecht und zur Öffnung der Ehe heute
icht zustimmen – auch wenn ich grundsätzlich beide in-
altlich unterstütze.
nlage 12
Erklärung nach § 31 GO
der Abgeordneten Ernst Hinsken, Karl
Holmeier und Franz Obermeier (alle CDU/
CSU) zur Abstimmung über den Entwurf eines
Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuer-
gesetzes in Umsetzung der Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichtes vom 7. Mai 2013
(Tagesordnungspunkt 13 a)
Dem Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen „Entwurf
ines Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergeset-
es in Umsetzung der Entscheidung des Bundesverfas-
ungsgerichtes vom 7. Mai 2013“ – Drucksache 17/13870 –
timmen wir aus folgendem Grund nicht zu.
Für uns als bekennende katholische Christen ist die
he ein ganz besonderer Bund, den Mann und Frau bei
er Gründung einer Familie eingehen. Dies wird aus-
rücklich vom Grundgesetz geschützt. Deshalb lehnen
ir eine Gleichstellung der Ehe mit der homosexuellen
artnerschaft im Einkommensteuerrecht und beim Ehe-
attensplitting ab.
nlage 13
Erklärung nach § 31 GO
der Abgeordneten Pascal Kober und Gisela
Piltz (beide FDP) zur Abstimmung über den
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des
Einkommensteuergesetzes in Umsetzung der
Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes
vom 7. Mai 2013 (Tagesordnungspunkt 13 a)
Seit Beginn der Regierungsbeteiligung der FDP
Jahr 2009 sind eingetragene Lebenspartner im Beam-
n-, Richter- und Soldatenrecht, im Entwicklungshelfer-
esetz, bei der Erbschaft- und Grunderwerbsteuer und
eim BAföG mit Ehegatten gleichgestellt worden. Wir
aben als FDP die Errichtung der Bundesstiftung
agnus Hirschfeld durchgesetzt, die durch Bildung und
orschung der Diskriminierung eingetragener Le-
enspartnerschaften entgegentritt. Das Auswärtige Amt
nd das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusam-
enarbeit und Entwicklung haben unter liberalen Minis-
rn neue Akzente in der Menschenrechtspolitik für
omosexuelle gesetzt: Erstmals wurde die Budgethilfe
r Staaten gekürzt, die Strafnormen verschärfen; erst-
als wurden konkrete Projekte vor Ort für mehr gesell-
chaftliche Akzeptanz finanziert. Mit dem neuen Sorge-
cht haben wir zudem auch für schwule Väter in
32332 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
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sogenannten Regenbogenfamilien einen guten Rechts-
rahmen geschaffen.
Bei der Einkommensteuer haben wir bereits lange auf
die Gleichstellung der Lebenspartner gedrängt. Unsere
Position wurde vollumfänglich vom Bundesverfassungs-
gericht bestätigt. Wir freuen uns, dass die Koalition in Re-
kordgeschwindigkeit diese Entscheidung heute umsetzt.
Die Gleichstellung im Einkommensteuergesetz macht
weitere Anpassungen in damit verbundenen Gesetzen er-
forderlich. Dies war in der Kürze der Zeit nicht mit der
notwendigen Sorgfalt zu leisten. Auch die Änderungsan-
träge der Opposition sind nicht vollständig. Die Linke
will nur die Abgabenordnung anpassen, die Grünen
dagegen auch das Wohnungsbauprämiengesetz, das
Altersvorsorge-Zertifizierungsgesetz, das Eigenheimzu-
lagengesetz und das Bundeskindergeldgesetz. Auch der
grüne Gesetzentwurf ist nicht vollständig. Daher ist ein
umfassendes Rechtsbereinigungsgesetz erforderlich, das
in dieser Wahlperiode nicht mehr zu leisten war.
Die FDP tritt darüber hinaus für die vollständige
Gleichstellung der eingetragenen Lebenspartnerschaften
mit der Ehe und die Öffnung der Ehe für gleich-
geschlechtliche Paare ein. Wer gleiche Pflichten hat,
muss auch gleiche Rechte bekommen. Auch beim Adop-
tionsrecht ist eine vollständige Gleichstellung geboten.
Nach dem Koalitionsvertrag sind wir, wie in allen
Koalitionen dieser Republik, daran gebunden, nicht mit
wechselnden Mehrheiten abzustimmen. Gerade in der
Frage des Adoptionsrechtes gibt es beim Koalitionspart-
ner noch erkennbaren inhaltlichen Klärungsbedarf.
Daher können wir den Änderungsanträgen der Opposi-
tion zum Adoptionsrecht und zur Öffnung der Ehe, die
wir beide inhaltlich unterstützen, heute nicht zustimmen.
Anlage 14
Erklärungen nach § 31 GO
zur Abstimmung über den Entwurf eines
Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuer-
gesetzes in Umsetzung der Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichtes vom 7. Mai 2013
(Tagesordnungspunkt 13 a)
Manfred Kolbe (CDU/CSU): Dem Gesetz kann ich
nicht zustimmen, da Art. 6 des Grundgesetzes Ehe und
Familie unter den besonderen Schutz der staatlichen
Ordnung stellt.
Zum Gehalt der Ehe, wie er sich ungeachtet des ge-
sellschaftlichen Wandels und der damit einhergehenden
Änderungen ihrer rechtlichen Gestaltung bewahrt und
durch das Grundgesetz seine Prägung bekommen hat,
gehört, dass sie die Vereinigung eines Mannes und einer
Frau zu einer auf Dauer angelegten Lebensgemeinschaft
ist (Bundesverfassungsgericht vom 17. Juli 2002,
BVerfGE 105,313/345). Die Ehe als Verbindung von
Mann und Frau hat das Alleinstellungsmerkmal, dass al-
leine aus der Verbindung von Mann und Frau Kinder
hervorgehen können, die wiederum die Zukunftsfähig-
keit jeder Gesellschaft sichern. Daran hat bisher noch
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eine Ideologie, kein Parteiprogramm oder keine Ge-
chtsentscheidung etwas ändern können.
Dieses Alleinstellungsmerkmal verbietet sowohl die
ffnung der Ehe für andere Lebensformen, wie etwa die
leichgeschlechtliche Partnerschaft, als auch, entgegen
er Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom
. Mai 2013, die Privilegierung der Ehe gegenüber ande-
n Formen des Zusammenlebens aufzuheben. Darin
egt keinerlei Diskriminierung oder Unwerturteil gegen-
ber anderen Lebensformen, sondern eine schlichte
eststellung naturgegebener Unterschiede, wie etwa die
eststellung, dass ein Fisch schwimmt und ein Vogel
iegt, ohne dass sich Fisch oder Vogel dadurch diskrimi-
iert fühlen.
Dieses Alleinstellungsmerkmal verkennt das Bundes-
erfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 7. Mai
013, wenn es Unterschiede zwischen der Lebenssitua-
on von Ehepartnern und Lebenspartnern, die eine Un-
leichbehandlung rechtfertigen könnten, nicht zu erken-
en vermag. Deshalb verstößt meines Erachtens die
ewährung gleicher Vergünstigungen, wie etwa die Ein-
umung des Ehegattensplittings, gegen den besonderen
chutz der Ehe. Auch die Argumentation, man nimmt
er Ehe nichts, wenn man auch der Lebenspartnerschaft
der anderen Formen des Zusammenlebens dieselben
echte einräumt, trägt nicht, da etwa auch im Prüfungs-
esen die Verleihung eines Spitzenprädikats an alle die-
es Spitzenprädikat entwertet.
Zwar ist der Gesetzgeber bei der Grundrechtsausle-
ung an Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts
ebunden, umgekehrt kann aber auch das Bundesverfas-
ungsgericht nicht in die freie Gewissensentscheidung
es Abgeordneten eingreifen.
Klaus-Peter Wilsch (CDU/CSU): Dem Gesetz kann
h nicht zustimmen, da Art. 6 des Grundgesetzes Ehe
nd Familie unter den besonderen Schutz der staatlichen
rdnung stellt. Dieser folgt damit einer naturrechtlichen
egebenheit.
Zum Gehalt der Ehe, wie er sich ungeachtet des ge-
ellschaftlichen Wandels und der damit einhergehenden
nderungen ihrer rechtlichen Gestaltung bewahrt und
urch das Grundgesetz seine Prägung bekommen hat,
ehört, dass sie die Vereinigung eines Mannes und einer
rau zu einer auf Dauer angelegten Lebensgemeinschaft
t (Bundesverfassungsgericht vom 17. Juli 2002,
VerfGE 105,313/345). Die Ehe als Verbindung von
ann und Frau hat auch das Alleinstellungsmerkmal,
ass alleine aus dieser Verbindung Kinder hervorgehen
önnen, die wiederum die Zukunftsfähigkeit jeder Ge-
ellschaft sichern. Daran hat bisher noch keine Ideolo-
ie, kein Parteiprogramm oder keine Gerichtsentschei-
ung etwas ändern können.
Dieses Alleinstellungsmerkmal verbietet sowohl die
ffnung der Ehe für andere Lebensformen, wie etwa die
leichgeschlechtliche Partnerschaft, als auch, entgegen
er Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom
. Mai 2013, die Privilegierung der Ehe gegenüber ande-
n Formen des Zusammenlebens aufzuheben. Darin
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32333
(A) )
)(B)
liegt keinerlei Diskriminierung oder Unwerturteil gegen-
über anderen Lebensformen, sondern eine schlichte
Feststellung der Realität.
Dieses Alleinstellungsmerkmal verkennt das Bundes-
verfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 7. Mai
2013, wenn es Unterschiede zwischen der Lebenssitua-
tion von Ehepartnern und Lebenspartnern, die eine Un-
gleichbehandlung rechtfertigen könnten, nicht zu erken-
nen vermag. Deshalb verstößt meines Erachtens die
Gewährung gleicher Vergünstigungen, wie etwa die Ein-
räumung des Ehegattensplittings, gegen den besonderen
Schutz der Ehe. Auch die Argumentation, man nimmt
der Ehe nichts, wenn man auch der Lebenspartnerschaft
oder anderen Formen des Zusammenlebens dieselben
Rechte einräumt, trägt nicht, da etwa auch im Prüfungs-
wesen die Verleihung eines Spitzenprädikats an alle die-
ses Spitzenprädikat entwertet.
Zwar ist der Gesetzgeber bei der Grundrechtsausle-
gung an Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts
gebunden, umgekehrt kann aber auch das Bundesverfas-
sungsgericht nicht in die freie Gewissensentscheidung
des Abgeordneten eingreifen.
Anlage 15
Erklärung nach § 31 GO
der Abgeordneten Volkmar Klein und Stefanie
Vogelsang (beide CDU/CSU) zur Abstimmung
über den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung
des Einkommensteuergesetzes in Umsetzung der
Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes
vom 7. Mai 2013 (Tagesordnungspunkt 13 a)
Selbstverständlich akzeptieren wir das Urteil des
Bundesverfassungsgerichts. Das Bundesverfassungsge-
richt besitzt nach unserer Rechtsordnung die letztend-
liche Deutungshoheit über Fragen des Grundgesetzes.
Wir stimmen deshalb dem Gesetzentwurf zu, damit das
Urteil umgesetzt werden kann. In der Sache können wir
dem Bundesverfassungsgericht aber nicht folgen. Das
Minderheitenvotum der beiden Verfassungsrichter hat
alleine schon gezeigt, dass es verfassungsrechtlich offen-
sichtlich nicht so klar ist, dass „die entsprechenden
Vorschriften des Einkommensteuergesetzes gegen den
allgemeinen Gleichheitssatz verstoßen“. Nach einer Gü-
terabwägung von Art. 3 Abs. 1 mit Art. 6 Abs.1 Grund-
gesetz kommen wir mit dem Sondervotum zu dem
Schluss, dass keine Ungleichbehandlung von Gleichem
vorliegt. Eine Lebenspartnerschaft ist keine Ehe im
Sinne des Grundgesetzes. In Punkt 2 des Sondervotums
haben der Richter Herbert Landau und die Richterin
Sibylle Kessal-Wulf richtig darauf hingewiesen, dass mit
dem Splittingverfahren auch familienpolitische Zwecke
verfolgt werden. Auch aus diesem Grund sehen wir
keine Gleichheit zwischen Ehe und Lebenspartnerschaft.
Die Ehe ist und bleibt für uns ein besonders schützens-
wertes Gut. Und: Worin soll ihr besonderer Schutz des
Grundgesetzes noch bestehen, wenn ihre letzten Privile-
gien abgeschafft werden? Diese Frage hat das Bundes-
verfassungsgericht nicht beantwortet.
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nlage 16
Erklärung nach § 31 GO
der Abgeordneten Dr. Stefan Kaufmann,
Dr. Jan-Marco Luczak und Elisabeth
Winkelmeier-Becker (alle CDU/CSU) zur Ab-
stimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur
Änderung des Einkommensteuergesetzes in
Umsetzung der Entscheidung des Bundesver-
fassungsgerichtes vom 7. Mai 2013 (Tagesord-
nungspunkt 13 a)
Wir freuen uns, dass es heute gelingt, das Urteil des
VerfG zur steuerrechtlichen Gleichstellung eingetrage-
er Lebenspartnerschaften umzusetzen. Das war überfäl-
g.
Wir sind der Auffassung, weitere Schritte müssen fol-
en. Dafür werden wir uns in der kommenden Legislatur
emeinsam kraftvoll einsetzen, um die Diskriminierung
on Schwulen und Lesben zu beenden.
nlage 17
Erklärung nach § 31 GO
der Abgeordneten Christine Aschenberg-
Dugnus, Reiner Deutschmann, Patrick Döring,
Rainer Erdel, Manuel Höferlin, Petra Müller
(Aachen) und Johannes Vogel (Lüdenscheid)
(alle FDP) zur Abstimmung über den Entwurf
eines Gesetzes zur Änderung des Einkommen-
steuergesetzes in Umsetzung der Entscheidung
des Bundesverfassungsgerichtes vom 7. Mai
2013 (Tagesordnungspunkt 13 a)
Seit Beginn der Regierungsbeteiligung der FDP im
ahr 2009 sind eingetragene Lebenspartner im Beam-
n-, Richter- und Soldatenrecht, im Entwicklungshelfer-
esetz, bei der Erbschaft- und Grunderwerbsteuer und
eim BAföG mit Ehegatten gleichgestellt worden. Wir
aben als FDP die Errichtung der Bundesstiftung Mag-
us Hirschfeld durchgesetzt, die durch Bildung und For-
chung der Diskriminierung eingetragener Lebenspart-
erschaften entgegentritt. Das Auswärtige Amt und das
undesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit
nd Entwicklung haben unter liberalen Ministern neue
kzente in der Menschenrechtspolitik für Homosexuelle
esetzt: Erstmals wurde die Budgethilfe für Staaten ver-
chärft, die Strafnormen verschärfen; erstmals wurden
onkrete Projekte vor Ort für mehr gesellschaftliche Ak-
eptanz finanziert. Mit dem neuen Sorgerecht haben wir
udem auch für schwule Väter in sogenannten Regenbo-
enfamilien einen guten Rechtsrahmen geschaffen.
Bei der Einkommensteuer haben wir bereits lange auf
ie Gleichstellung der Lebenspartner gedrängt. Unsere
osition wurde vollumfänglich vom Bundesverfassungs-
ericht bestätigt. Wir freuen uns, dass die Koalition in Re-
ordgeschwindigkeit diese Entscheidung heute umsetzt.
Die Gleichstellung im Einkommensteuergesetz macht
eitere Anpassungen in damit verbundenen Gesetzen er-
rderlich. Dies war in der Kürze der Zeit nicht mit der
otwendigen Sorgfalt leistbar. Auch die Änderungsan-
äge der Opposition sind nicht vollständig. Die Linke
32334 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
(A) )
)(B)
will nur die Abgabenordnung anpassen, die Grünen da-
gegen auch das Wohnungsbauprämiengesetz, das Alters-
vorsorge-Zertifizierungsgesetz, das Eigenheimzulagen-
gesetz und das Bundeskindergeldgesetz. Auch der grüne
Gesetzentwurf ist nicht vollständig. Daher ist ein umfas-
sendes Rechtsbereinigungsgesetz erforderlich, das in
dieser Wahlperiode nicht mehr leistbar war.
Die FDP tritt darüber hinaus für die vollständige
Gleichstellung der eingetragenen Lebenspartnerschaften
mit der Ehe und die Öffnung der Ehe für gleichge-
schlechtliche Paare ein. Wer gleiche Pflichten hat, muss
auch gleiche Rechte bekommen. Auch beim Adoptions-
recht ist eine vollständige Gleichstellung geboten.
Nach dem Koalitionsvertrag sind wir, wie in allen
Koalitionen dieser Republik, daran gebunden, nicht mit
wechselnden Mehrheiten abzustimmen. Gerade in der
Frage des Adoptionsrechtes gibt es beim Koalitionspart-
ner noch erkennbaren inhaltlichen Klärungsbedarf. Da-
her können wir den Änderungsanträgen der Opposition
zum Adoptionsrecht und zur Öffnung der Ehe, die wir
beide inhaltlich unterstützen, heute nicht zustimmen.
Anlage 18
Erklärung nach § 31 GO
der Abgeordneten Sebastian Blumenthal,
Claudia Bögel, Marco Buschmann, Sylvia
Canel, Bijan Djir-Sarai, Jörg van Essen, Otto
Fricke, Miriam Gruß, Sebastian Körber,
Gabriele Molitor, Jan Mücke, Dirk Niebel, Jörg
von Polheim, Judith Skudelny und Serkan
Tören (alle FDP) zur Abstimmung über den
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Ein-
kommensteuergesetzes in Umsetzung der Ent-
scheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom
7. Mai 2013 (Tagesordnungspunkt 13 a)
Seit Beginn der Regierungsbeteiligung der FDP im
Jahr 2009 sind eingetragene Lebenspartner im Beamten-,
Richter- und Soldatenrecht, im Entwicklungshelfergesetz,
bei der Erbschaft- und Grunderwerbsteuer und beim
BAföG mit Ehegatten gleichgestellt worden. Wir haben
als FDP die Errichtung der Bundesstiftung Magnus
Hirschfeld durchgesetzt, die durch Bildung und For-
schung der Diskriminierung eingetragener Lebenspart-
nerschaften entgegentritt. Das Auswärtige Amt und das
Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit
und Entwicklung haben unter liberalen Ministern neue
Akzente in der Menschenrechtspolitik für Homosexuelle
gesetzt: Erstmals wurde die Budgethilfe für Staaten ver-
schärft, die Strafnormen verschärfen; erstmals wurden
konkrete Projekte vor Ort für mehr gesellschaftliche Ak-
zeptanz finanziert. Mit dem neuen Sorgerecht haben wir
zudem auch für schwule Väter in sogenannten Regenbo-
genfamilien einen guten Rechtsrahmen geschaffen.
Bei der Einkommensteuer haben wir bereits lange auf
die Gleichstellung der Lebenspartner gedrängt. Unsere
Position wurde vollumfänglich vom Bundesverfassungs-
gericht bestätigt. Wir freuen uns, dass die Koalition in Re-
kordgeschwindigkeit diese Entscheidung heute umsetzt.
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Die Gleichstellung im Einkommensteuergesetz macht
eitere Anpassungen in damit verbundenen Gesetzen er-
rderlich. Dies war in der Kürze der Zeit nicht mit der
otwendigen Sorgfalt möglich. Auch die Änderungsan-
äge der Opposition sind nicht vollständig. Die Linke will
ur die Abgabenordnung anpassen, die Grünen dagegen
uch das Wohnungsbauprämiengesetz, das Altervorsorge-
ertifizierungsgesetz, das Eigenheimzulagengesetz und
as Bundeskindergeldgesetz. Auch der grüne Gesetzent-
urf ist nicht vollständig. Daher ist ein umfassendes
echtsbereinigungsgesetz erforderlich, das in dieser
ahlperiode nicht mehr leistbar war. In der Zeit bis zur
erabschiedung eines solchen Gesetzes wird den Betrof-
nen dadurch keinerlei steuerlicher Nachteil entstehen.
Die FDP tritt darüber hinaus für die vollständige
leichstellung der eingetragenen Lebenspartnerschaften
it der Ehe und die Öffnung der Ehe für gleichge-
chlechtliche Paare ein. Wer gleiche Pflichten hat, muss
uch gleiche Rechte bekommen. Auch beim Adoptions-
cht ist eine vollständige Gleichstellung geboten.
Nach dem Koalitionsvertrag sind wir, wie in allen
oalitionen dieser Republik, daran gebunden, nicht mit
echselnden Mehrheiten abzustimmen. Gerade in der
rage des Adoptionsrechtes gibt es beim Koalitionspart-
er noch erkennbaren inhaltlichen Klärungsbedarf.
Daher können wir den Änderungsanträgen der Oppo-
ition zum Adoptionsrecht und zur Öffnung der Ehe, die
ir inhaltlich unterstützen, heute nicht zustimmen.
nlage 19
Zu Protokoll gegebene Reden
zur Beratung:
– Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des
Aktiengesetzes (Aktienrechtsnovelle 2012)
– Beschlussempfehlung und Bericht zu den
Anträgen:
– Exorbitante Managergehälter begrenzen
– Keine Mitfinanzierung exorbitanter Ge-
hälter durch die Allgemeinheit – Steuer-
liche Abzugsfähigkeit eingrenzen
– Entwurf eines Gesetzes über Kapitalgesell-
schaften mit kommunaler Beteiligung
(Tagesordnungspunkte 7 a bis 7 c)
Dr. Stephan Harbarth (CDU/CSU): Die Schweiz
at sich in einer Volksabstimmung für eine strengere
egelung der Gehälter von Managern ausgesprochen.
ieses Votum hat auch bei uns in Deutschland eine
iskussion ausgelöst, die vor allem etwas mit dem Ge-
chtigkeitsempfinden der Menschen zu tun hat.
Mit der Neufassung von § 120 Abs. 4 des Aktienge-
etzes liegt ein Vorschlag der Koalitionsfraktionen zur
euregelung der Vorstandsvergütung auf dem Tisch, der
ehr Transparenz und mehr Eigentümerverantwortung
orsieht. Im Gegensatz zu den Vorschlägen der Opposi-
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32335
(A) )
)(B)
tionsfraktionen handelt es sich bei unserem Vorschlag
um ein Konzept, das vorhandene Ansätze weiterentwi-
ckelt, ohne auf Bevormundung zu setzen.
Die von den Koalitionsfraktionen vorgelegte Rege-
lung knüpft an das bisher im Aktiengesetz vorgesehene
„Say on Pay“ an. Sie verbessert die Möglichkeiten zur
Kontrolle der Vorstandsvergütung und verbessert die
Position der Eigentümer.
Mit der neuen Regelung in § 120 Abs. 4 des Aktien-
gesetzes wird der Aufsichtsrat, soweit es sich um das
Vorstandsvergütungssystem und die erreichbaren
Höchstbezüge handelt, an die Billigung durch die Haupt-
versammlung, also die Aktionäre, gebunden. Die bishe-
rige Regelung eines freiwilligen und unverbindlichen
„Say on Pay“ entwickeln wir im neu zu fassenden § 120
Abs. 4 des Aktiengesetzes zu einer zwingenden und bin-
denden Billigung durch die Hauptversammlung weiter.
Die vorgeschlagene Neuregelung sieht zwei wesentli-
che Änderungen gegenüber der bisher geltenden Rechts-
lage vor:
Zum einem wird der Aufsichtsrat gegenüber der
Hauptversammlung zu einer jährlichen Vorlage des
Vergütungssystems einschließlich der erreichbaren
Höchstbezüge verpflichtet, zum anderen ist das Votum
der Hauptversammlung über das vorgelegte Vergütungs-
system für den Aufsichtsrat bindend.
Mit dieser Regelung ist gewährleistet, dass die Haupt-
versammlung in die Entscheidungen über die Vergü-
tungsstrukturen stärker eingebunden wird. Durch die
Befassung der Hauptversammlung mit dem System der
Vorstandsvergütung wird ein eigenes Entscheidungs-
recht der Aktionäre geschaffen. Neu ist aber nicht nur,
dass die Regelung zwingend ausgestaltet ist, sondern
auch, dass der Aufsichtsrat der Hauptversammlung feste
Höchstbeträge zu nennen hat. Es ist also nicht ausrei-
chend, dass der Hauptversammlung nur ein abstraktes
Vergütungssystem vorgelegt wird. Die Vorlage des Ver-
gütungssystems muss sich auch darauf erstrecken, dass
für die Eigentümer erkennbar ist, welche maximalen Be-
träge für die Vorstandsmitglieder bei dem vorgelegten
Vergütungssystem erzielbar sind.
Wird das vom Aufsichtsrat vorgelegte Vergütungssys-
tem von der Hauptversammlung nicht gebilligt, hat dies
auf die Wirksamkeit der bereits bestehenden Vorstands-
verträge keinen Einfluss. Dies ist für die Unternehmen in
der Praxis wichtig, weil es nicht akzeptabel wäre, wenn
rechtsgültige Verträge mit Vorstandsmitgliedern unwirk-
sam würden und es dadurch zu Rechtsunsicherheit für
die Unternehmen käme.
Gemäß § 120 Abs. 4 des Aktiengesetzes wird eine
Anfechtungsklage gegen Billigungsbeschlüsse der
Hauptversammlung ausgeschlossen, weil die Frage des
Vergütungssystems und der Höhe der Vorstandsvergü-
tung letztlich von den hierzu berufenen Gesellschaftsor-
ganen und nicht von Gerichten, die unter Umständen
massenhaft mit derartigen Klagen überzogen würden,
entschieden werden sollen.
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Die von den Oppositionsfraktionen vorgeschlagenen
eitreichenden Eingriffe in die Selbstbestimmung
örsennotierter Aktiengesellschaften lehnen wir ab. Die
bzugsfähigkeit von Vorstandsvergütungen als Betriebs-
usgaben einzuschränken, würde die Gesellschaftsorgane
evormunden und wäre überdies im Hinblick auf die all-
emeinen Regelungen über die steuerliche Abzugsfähig-
eit systemwidrig.
Die Opposition schlägt vor, die steuerliche Abzugsfä-
igkeit von Vorstands- und sonstigen Managergehältern
berhalb von 500 000 Euro pro Jahr einzuschränken.
ies würde eine systemwidrige Regelung darstellen. So
ürde etwa für diejenigen Unternehmen, die Spitzen-
portler, Popstars, Künstler usw. unter Vertrag haben, die
egrenzung der steuerlichen Abzugsfähigkeit nicht
elten. Diese Unternehmen könnten auch weiterhin
illionengehälter ihrer Angestellten oder Vertragspart-
er in vollem Umfang steuerlich absetzen. Eine solche
ngleichbehandlung wäre auch verfassungsrechtlich
roblematisch.
Die von der Koalition vorgelegte Neuregelung, die
icht auf die Bevormundung börsennotierter Aktienge-
ellschaften und ihrer Organe durch den Staat, sondern
uf die Verbesserung der innergesellschaftlichen
ntscheidungsabläufe setzt, wird erstmalig für Haupt-
ersammlungen gelten, die nach dem 1. Januar 2014 ein-
erufen werden.
Hinsichtlich der weiteren Änderungen aktienrechtli-
her Vorschriften möchte ich § 394 des Aktiengesetzes
nsprechen. Hier regeln wir jetzt ausdrücklich, dass der
uf Rechtsgeschäft beruhenden Berichtspflicht in
extform nachgekommen werden muss. Auch hierdurch
agen wir der Rechtssicherheit Rechnung.
Im Übrigen möchte ich auf den Entschließungsan-
ag der Koalitionsfraktionen auf Bundestagsdrucksa-
he 17/14239 hinweisen. Darin senden wir an den Ge-
etzgeber der nächsten Wahlperiode unter anderem das
ignal, dass hinsichtlich des aktienrechtsbezogenen
mwandlungsrechts Reformbedarf besteht.
Auch für die nächste Legislaturperiode verbleiben im
ereich des Unternehmensrechts mithin Herausforde-
ngen.
Lothar Binding (Heidelberg) (SPD): Wir setzen uns
r den Mindestlohn ein, einen Lohn, mit dem es mög-
ch sein soll, sein Leben zu gestalten. Einige hier im
aus, die FDP zum Beispiel, aber auch CDU und CSU,
ind gegen den Mindestlohn. Gleichzeitig setzen wir uns
r die Begrenzung der Managergehälter ein. FDP, CDU
nd CSU sind auch dagegen. Die absurden Ablehnungs-
ründe für beide Vorschläge kennen Sie.
Wir haben schon so viel reguliert: Banken, Märkte,
rodukte, sogar die Höhe und Qualität von Eigenkapital.
as Verhalten jener, die sich überproportional, unver-
ältnismäßig, manchmal unverschämt bedienen – in
elbstbedienung –, haben wir noch nicht wirksam gere-
elt, obwohl es gerade die Fehlanreize sind, die zu Fehl-
teuerungen führen.
32336 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
(A) )
)(B)
Wenn ein Bonus besonders hoch ausfällt, wenn die
Fehlleistung besonders gravierend ist, wird es Zeit, sich
darum zu kümmern. Wenn Menschen, die exorbitante
Risiken eingehen, damit sie exorbitante Boni erhalten,
im Versagensfall darauf hoffen können, dass die Steuer-
zahlerinnen und Steuerzahler die Wirkungen der Fehl-
leistung bezahlen, die Boni aber ganz privat eingestri-
chen werden, wird es Zeit, sich darum zu kümmern.
Wenn das durchschnittliche Einkommen in Deutschland
bei unter 30 000 Euro pro Jahr liegt, also sehr viele Men-
schen mit einem sehr viel geringeren Einkommen pro
Jahr auskommen müssen, Spitzeneinkommen gleichzei-
tig bei über 40 000 Euro pro Tag liegen, wird es Zeit,
sich darum zu kümmern.
Deshalb wollen wir uns darum kümmern. Es ist mög-
lich, dass solch hohe Einkommen von den Arbeitgebern
als gerechtfertigt angesehen werden. Das ist ihr gutes
Recht. Aber dann sollen sie die Gehälter auch vollstän-
dig bezahlen. Damit folgt die Überlegung, die Abzugsfä-
higkeit von Vorstandsvergütungen als Betriebsausgabe
zu begrenzen; denn andernfalls – so ist es heute noch –
müssen sich die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler
nicht nur um die Folgen der Fehlentscheidungen und
Fehlleistungen – zum Beispiel durch die Rettung der
Banken – kümmern, sondern sie müssen auch noch Teile
der Vergütungen, sei es nun das sogenannte Grundgehalt
oder seien es die Boni für besondere Fehlleistungen bzw.
Leistungen, bezahlen.
Wir wollen die Anreize erhöhen, Vorstände bei der
Leitung des Unternehmens explizit auf das Wohl des
Unternehmens – insbesondere seiner Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmer sowie der Aktionärinnen und Aktio-
näre – und auf das Wohl der Allgemeinheit zu orientie-
ren.
Hinsichtlich der Fehlanreize durch steuerliche Förde-
rung von überhöhten Vergütungen wollen wir § 76
Abs. 1 AktG derart ändern, dass die steuerliche Absetz-
barkeit von Vorstands- und sonstigen Managergehältern
einschließlich Boni und von Abfindungen als Betriebs-
ausgaben auf 500 000 Euro und maximal 50 Prozent der
Beträge, die 500 000 Euro übersteigen, begrenzt wird.
Man könnte auch komplett auf den Betriebsausgabenab-
zug der Beträge, die 500 000 Euro übersteigen, verzich-
ten. Sie merken, dass wir auf einen Kompromiss mit der
Regierungskoalition zielen.
Darüber hinaus wollen wir Vorstandsgehälter begren-
zen. Der Aufsichtsrat soll eine Höchstgrenze für das Ver-
hältnis zwischen der Gesamtvergütung der einzelnen
Vorstandsmitglieder und dem durchschnittlichen Arbeit-
nehmereinkommen des jeweiligen Unternehmens
bestimmen. Damit wird eine im Unternehmen als fair
empfundene Relation zwischen den Einkommen im Ma-
nagement und bei den Arbeitnehmern hergestellt. Es
wird die Frage zu beantworten sein, ob es gerechtfertigt
ist, dass ein Manager in einem Jahr mehr verdient, als
die Arbeitnehmer in ihrem gesamten Leben nicht verdie-
nen können.
Wir wollen auch eine Verstetigung der Erfolgskon-
trolle. Nicht der nächste 90-Tage-Bericht soll Maßstab
für den Erfolg sein. Wir wollen eine vierjährige Bemes-
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ungsgrundlage für mindestens 30 Prozent der variablen
ergütungsbestandteile der Vorstandsbezüge. So wird
er Erfolg, die Qualität des Managements, an längerfris-
gen sozialen, gesellschaftlichen, ökologischen und
achhaltig ökonomischen Kennziffern orientiert.
Sicher kann, darf und muss es bezogen auf die Leis-
ng, die Ausbildung, das Engagement und auch die Ver-
ntwortung, die jemand trägt – für sich, für seine Arbeit-
ehmer und Arbeitnehmerinnen und nicht zuletzt für die
esellschaft und unsere Volkswirtschaft –, Unterschiede
eben. Die Frage ist: Wie groß muss und darf der Unter-
chied sein?
Mit unseren Vorschlägen schaffen wir ein Instrumen-
rium, um diese Frage angemessen und unternehmens-
ienlich zu beantworten und gleichzeitig Fehlanreize zu
ermeiden oder zu vermindern.
Wir wollen künftig vermeiden, was es fünf Jahre nach
iner der schwersten Krisen noch immer gibt, dass näm-
ch Topmanager und Topführungskräfte nach wie vor
it einem ausgezeichneten Einkommen belohnt werden,
ie zum Teil mit unüberlegt spekulativen Investments
re variablen Vergütungen nach oben getrieben und da-
it nicht unerheblich zu den Krisen in der Finanzindust-
e beigetragen haben.
Ich vermute, dass der Anteil der Friseurin daran, die
r weniger als 4 Euro die Stunde zu arbeiten hat, eher
ering gewesen sein wird, und wir müssen nur wenig
ngst haben, dass es mit einem Mindestlohn in Höhe
on 8,50 Euro oder sogar etwas darüber große Fehlan-
ize für die Friseurin geben wird.
Noch ein Wort zum Vorschlag der Koalition: Die Ko-
litionsfraktionen setzen sich in den letzten Tagen ihrer
egislaturperiode – vermutlich auch mit einem Blick auf
ie deutlich näher rückenden Wahlen – dafür ein, dass
ei Aktiengesellschaften der Einfluss der Hauptver-
ammlung auf die Festlegung von Vorstandseinkünften
estärkt werden soll. Dann muss man sich doch fragen:
as soll das bewirken? Was soll das ändern? Wem wäre
amit geholfen?
Wir müssen uns nur einmal anschauen, wer in den
auptversammlungen sitzt: institutionelle Anleger und
anken. Um mit Ulrich Thielemann, der kürzlich die
chweizer Pläne kommentiert hat, zu sprechen: Damit
ird dem Fuchs der Hühnerstall anvertraut.
Nach unseren Vorstellungen sollen die Aufsichtsräte
r die Festsetzung der Gehälter zuständig sein und ihre
ntscheidungen an den Interessen des Allgemeinwohls
rientieren. Während Ihr Vorschlag die Mitbestimmung
raktisch ausschaltet, wollen wir die Mitbestimmung im
ussichtsrat durch unsere Vorschläge stärken.
Mit unseren Vorschlägen werden Maßstäbe geschaf-
n, an denen sich das Verhalten des Einzelnen messen
ssen muss: an der Gemeinschaft, in der er lebt und
irkt, an den Zielen des Gesamtunternehmens, der Ar-
eitnehmer, der Kunden, der ökologischen Verantwor-
ng.
Das ist ein guter Schritt in Richtung soziale Markt-
irtschaft, der dazu beiträgt, dass sich auch Topmanager
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32337
(A) )
)(B)
hin und wieder überlegen und ernsthaft prüfen, ob sie
verdient haben, was sie am Ende bekommen.
Dies ist meine letzte Rede in dieser Legislaturperiode.
Deshalb bedanke ich mich bei Ihnen für die gute Zusam-
menarbeit.
Ich danke den Stenografinnen und Stenografen für
ihre ungeheuer gute Arbeit und auch den vielen hilfrei-
chen Händen, ohne die wir diesen Betrieb nicht aufrecht-
erhalten könnten.
Allen wünsche ich einen schönen Sommer und einen
guten Wahlkampf mit dem richtigen Ergebnis am
22. September 2013.
Burkhard Lischka (SPD): Jahr für Jahr ergießt sich
ein millionenschwerer Geldregen über unsere sogenann-
ten Topmanager. Verdiente der Vorstand eines deutschen
DAX-Unternehmens in den 80er-Jahren im Schnitt eine
halbe Million Euro, so bekommt er heute 5 Millionen,
also das Zehnfache. Die Gehälter der Arbeitnehmerin-
nen und Arbeitnehmer sind demgegenüber nur um ein
Sechstel gewachsen. Gleichzeitig arbeiten 6,8 Millionen
Menschen für weniger als 8,50 Euro die Stunde, 1,4 Mil-
lionen sogar für weniger als 5 Euro.
Wenn wir im Rahmen unserer heutigen Debatte auch
über die Begrenzung von Managergehältern debattieren,
dann geht es dabei nicht um Neid. Es geht um Anstand.
Minilöhne und Maxivergütungen passen nicht zum
Modell der sozialen Marktwirtschaft. Das ist der Kern
unserer heutigen Debatte: dass wieder Anstand, Fairness
und Leistungsgerechtigkeit Leitschnur unserer Topeta-
gen der Wirtschaft werden. Darum geht es.
Es gehört ja zu den Kernsätzen von Schwarz-Gelb,
dass sich „Leistung wieder lohnen muss“. Nur, liebe
Kolleginnen und Kollegen von Union und FDP, das
sollte dann auch für alle gelten. Es ist eben nicht in
Ordnung, wenn einzelne Manager durch ihre Fehlent-
scheidungen Milliardenverluste produzieren und dann
fürs Nichtstun mit einem goldenen Millionenhandschlag
nach Hause geschickt werden.
Es ist nicht in Ordnung, wenn Investmentmanager
trotz Rekordverlusten ihrer Bank millionenschwere Boni
einklagen, während andere jede Woche 40 Stunden hart
arbeiten und sich anschließend beim Jobcenter in die
Schlange stellen müssen, um sich ihre Miete bezahlen zu
lassen. Die Kanzlerin hat ja durchaus recht, wenn sie
meint, das alles „untergrabe das Vertrauen der Menschen
in das soziale Gleichgewicht“ unseres Landes. Aber
wenn diese Gehaltsexzesse zum Himmel stinken, dann
reicht es eben nicht aus, nur die Nase zu rümpfen, son-
dern dann muss man auch wirksam etwas gegen diesen
Gestank tun. Wenn hier etwas aus den Fugen geraten ist,
dann hat Politik nicht nur das Recht, sondern auch die
Pflicht, korrigierend einzugreifen.
Denn es geht hier schlicht und einfach um das Selbst-
verständnis der sozialen Marktwirtschaft, dass es nicht
sein kann, dass Millionen Menschen mit einem Hunger-
lohn nach Hause geschickt werden, während sich Ein-
kommen und Vermögen in den Händen einiger weniger
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onzentriert. Das entspricht nicht unserer Idee einer so-
ialen Marktwirtschaft.
Ein ernstes Thema. Aber was macht diese schwarz-
elbe Regierung? Sie kommt mit einer Wahlkampfente
m die Ecke und verabreicht ein Placebo: Die Hauptver-
ammlung soll künftig über die Vorstandsgehälter befin-
en. Der Haken dabei: In den Hauptversammlungen hal-
n die Fonds und Konzerne die dicken Aktienpakete,
icht die Kleinaktionäre. Sie machen hier also den Bock
um Gärtner. Sie glauben doch nicht ernsthaft, dass aus-
erechnet die Hedgefonds und Konzerne die Gehälter
rer Manager deckeln. Ein vollkommen absurder Ge-
anke.
Was wir stattdessen brauchen, ist eine Begrenzung
er steuerlichen Abzugsfähigkeit von Managergehältern,
amit nicht Steuerzahler diese Exzesse noch mitfinan-
ieren müssen. Wir brauchen eine zwingende Herabset-
ung von Bonizahlungen, wenn sich die wirtschaftliche
ituation des Unternehmens verschlechtert, damit Mana-
er auch wieder das Gefühl bekommen, dass ihre über-
urchschnittlichen Gehälter auch etwas mit Verantwor-
ng für das Unternehmen zu tun haben. Wir brauchen
ste Relationen zwischen den Einkommen der Mitarbei-
r eines Betriebes und den im Unternehmen gezahlten
anagergehältern, die eine verbindliche Obergrenze für
de einzelne Vorstandsvergütung darstellen. Wir müs-
en weg von der kurzfristigen Gewinnmaximierung hin
um langfristigen Unternehmenserfolg. Anstand,
airness und Leistungsgerechtigkeit müssen wieder
eitschnur auch der Chefetagen unserer Wirtschaft wer-
en. Aber dies umzusetzen, damit ist diese Bundesregie-
ng offensichtlich überfordert. Oder schlimmer noch:
azu ist sie nicht bereit.
Marco Buschmann (FDP): Wir legen Ihnen als
echtspolitiker der Koalition den Entwurf des Gesetzes
ur Verbesserung der Kontrolle der Vorstandsvergütung
nd zur Änderung weiterer aktienrechtlicher Vorschrif-
n zur Schlussabstimmung vor. Er enthält ein Bündel
on Maßnahmen, um das bewährte deutsche Aktienrecht
uf die Höhe der Zeit zu heben. Was meine ich damit?
Wir leben in einer Zeit der Verschuldung, und das ist
ine Gefahr. Die Staaten haben zu hohe Schulden. Die
anken und auch andere Unternehmen haben zu hohe
chulden oder, im Umkehrschluss ausgedrückt, sie ha-
en zu wenig Eigenkapital. Daher verbessern wir mit
em vorliegenden Gesetzentwurf die Möglichkeiten
eutscher Aktiengesellschaften, ihre regulatorische Ei-
enkapitalbasis zu stärken. Namentlich geschieht dies
ei den Finanzierungsinstrumenten der stimmrechtslo-
en Vorzugsaktien und den Wandelschuldverschreibun-
en. Hier haben wir am guten Gesetzentwurf der Bun-
esregierung noch kleinere Korrekturen vorgenommen,
ie im Rahmen der Sachverständigenanhörung dazu an-
eregt worden sind.
Wir entwickeln das Aktienrecht weiterhin zum Schutz
er Gesellschaft vor sogenannten räuberischen Aktionä-
n fort. Damit sind Klagen von Aktionären gemeint, die
rkennbar nicht dem Ziel dienen, sich gegen eine
echtsverletzung zu wehren, um eigenen Schaden abzu-
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wenden, sondern um der Gesellschaft mittels Klage eine
Lästigkeitsprämie abzuhandeln, zum Schaden der Ge-
sellschaft, der übrigen Aktionäre und bisweilen auch des
Rechtsverkehrs. Hier hat der Gesetzgeber bereits im
Rahmen der Gesetzespakete UMAG und ARUG gehan-
delt. Wir schließen nun noch eine Lücke im Bereich der
sogenannten nachgeschobenen Nichtigkeitsklagen.
Last, but not least greifen wir die Sorge der Bevölke-
rung auf, dass möglicherweise in den Vorstandsetagen
deutscher Aktiengesellschaften eine Art Selbstbedie-
nung bei der Vergütung stattfinden könnte. Unsere Lö-
sung heißt hier Transparenz und Eigentümerverantwor-
tung. Künftig muss der Aufsichtsrat sein Modell zur
Vorstandsvergütung der Hauptversammlung, also den
Eigentümern, zwingend vorlegen und ein bindendes Vo-
tum dazu einholen. Die Eigentümer wiederum haben das
größte Interesse daran, dass Leistung des Vorstandes und
seine Vergütung in einem angemessenen Verhältnis ste-
hen; denn wenn auf schlechte Vorstandsleistung hohe
Vergütung folgt, dann schadet das dem Vermögen der
Eigentümer. Zugleich sichert dieses Modell das be-
währte Dreieck der deutschen Aktiengesellschaft aus
Hauptversammlung, Aufsichtsrat und Vorstand. Auch
die Arbeitnehmerseite bleibt über ihre Mitwirkung im
Aufsichtsrat fest in die Entwicklung des Vergütungsmo-
dells eingebunden. Zugleich entsteht aber über die Be-
handlung des Vergütungsmodells auf der Hauptver-
sammlung mehr Öffentlichkeit und durch das bindende
Votum mehr Rechtfertigungsdruck.
Alles in allem greift das vorliegende Gesetz also die
Fragen der Zeit an das deutsche Aktienrecht auf und be-
antwortet diese überzeugend. Daher werbe ich um Zu-
stimmung für dieses gute Gesetz.
Richard Pitterle (DIE LINKE): Die Linke ist, wie
Sie unserem am 16. Juni 2013 beschlossenen Bundes-
tagswahlprogramm „100 Prozent sozial“ entnommen
haben, für die Förderung von kleinen und mittleren
Unternehmen und für Bürokratieabbau. Sie setzt sich für
den Schutz der Schwachen, der Unerfahrenen ein:
Hierzu zählen beispielsweise Existenzgründer, Klein-
und Kleinstunternehmerinnen und -unternehmer.
Wenn man ihnen mit der Erfüllung ihrer Buchfüh-
rungspflichten, § 238 HGB, viel Zeit lässt – in diese
Richtung geht Ihr Gesetzentwurf mit der geplanten
Senkung der Ordnungsgelder –, erweist man ihnen damit
einen Bärendienst. Denn spätestens in der Insolvenz
drohen harte Konsequenzen: Verletzungen der Pflichten
bei Buchführung oder Bilanzierung, hierzu zählen auch
Fristversäumnisse, werden mit Freiheitsstrafe bis zu
zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, § 283 b Abs. 1
Ziffer 3 b StGB.
Diese Gefahr besteht besonders bei Kapitalgesell-
schaften. Es ist so leicht geworden, als Existenzgründer
oder Kleinunternehmerin und -unternehmer eine
Kapitalgesellschaft zu gründen, mit der die persönliche
Haftung für die Schulden des Unternehmens verhindert
werden kann. Doch gerade wegen der Haftungsbe-
schränkung muss man hier besonders auf die Einhaltung
aller Pflichten achten, um nicht in die Gefahr zu geraten,
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och unvermittelt privat für die Schulden des Unterneh-
ens zu haften. Denn bei einer Kapitalgesellschaft ist
egen des festen Grundkapitals tendenziell viel früher
solvenz anzumelden als bei einer Personengesell-
chaft.
Mein zweiter Kritikpunkt, über den ich heute Abend
prechen will, ist Ihre Ungleichbehandlung von Klein-
nd mittelständischen Unternehmen auf der einen Seite
nd Großunternehmen auf der anderen Seite. Wenn
roßunternehmen zwar rechtzeitig ihre Bilanzen veröf-
ntlichen, diese aber falsch sind, hat das keine Sanktio-
en zur Folge. Wenn ein Unternehmen jedoch verspätet
ilanzzahlen veröffentlicht, die aber korrekt sind, wird
s bestraft und muss zahlen. Diese unterschiedliche Be-
andlung passt für mich nicht zusammen. Denn falsche
ahlen halte ich für wesentlich schlimmer als verspätet
ingereichte korrekte Bilanzzahlen.
Mit dieser Einschätzung stehen wir nicht allein: Auch
ie Wertpapieraufsichtsbehörde in den USA, die SEC,
ilt unsere Meinung und legt Unternehmen hohe Strafen
uf, die ihre Bilanz nachträglich korrigieren müssen. Es
eht hier übrigens nicht um Randfälle. Immerhin sind
ach den langjährigen Erfahrungen der Deutschen
rüfstelle für Rechnungslegung rund 25 Prozent der
ilanzen kapitalmarktorientierter Unternehmen in
eutschland falsch. Die gravierende Ungleichbehand-
ng bei Fehlern von Klein- und mittelständischen
nternehmen im Vergleich zu Fehlern von Großunter-
ehmen zeigt einmal mehr, wer Interessenvertreter der
leinen und mittelständischen Unternehmen ist und wer
r die Interessen der Großunternehmen eintritt.
Wäre es nicht konsequenter, statt Ordnungsgelder für
nternehmen zu verlangen, die die Offenlegungsfrist
berschritten haben, die säumigen Unternehmen in ei-
em Register zu erfassen, das öffentlich zur Verfügung
teht? Damit wird nicht nur Transparenz geschaffen,
ondern auch eine wichtige Schutzfunktion für alle
rfüllt: Jeder Lieferant und jeder Kunde weiß, wie das
nternehmen mit seinen gesetzlichen Verpflichtungen
mgeht und der betreffende Unternehmer weiß, dass alle
issen, dass er seiner Pflicht zur Rechnungslegung
mer noch nicht nachgekommen ist. Mit dieser Öffent-
chkeit kann mehr Druck aufgebaut werden, rechtzeitig
ilanzen offenzulegen, als mit der nichtöffentlichen Ver-
ängung von niedrigen Ordnungsgeldern.
Dr. Thomas Gambke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
EN): Die vorliegende Aktienrechtsnovelle verdient ih-
n Namen eigentlich nicht. Es ist ein unvollständiges
tückwerk, das wesentliche aktuelle Diskussionspunkte
Aktienrecht gar nicht oder nur unzureichend auf-
reift. Wir Grünen sagen: So einem Stückwerk können
ir nicht zustimmen.
Kommen wir zu einer zentralen Debatte, die mit gro-
er Heftigkeit geführt wird: der Frage der Gehälter und
er Bonuszahlungen an Manager. Vielfach ist darauf
ingewiesen worden, dass die auf kurzfristige Gewinne
er Bankinstitute abzielenden Bonusvereinbarungen für
ngestellte der Banken, aber auch für die Vorstände wie
randbeschleuniger in einem viel zu unregulierten Fi-
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nanzmarkt gewirkt haben. Das hat auch auf die klassi-
schen Branchen abgefärbt. Die Ausrichtung von Ent-
scheidungen am nächsten Quartalsergebnis und nicht am
nachhaltigen – also langfristigen – Erfolg des Unterneh-
mens waren die Folge.
So werden häufig in Unternehmen oft kurzfristige Er-
folge mit hohen Boni belohnt; Misserfolge hingegen
können auf die Allgemeinheit verlagert werden. Zudem
sind die Vergütungen der Vorstände in den vergangenen
Jahren nicht nur absolut, sondern auch in Relation zu
den Vergütungen der Beschäftigten erheblich gestiegen.
Viele Unternehmen zahlen ihren Vorstandsmitgliedern
das über 100-Fache des durchschnittlichen Facharbeiter-
lohnes. Es kann nicht nur um den sogenannten Markt-
wert gehen. Das Verhältnis zwischen Vergütung und per-
sönlicher Leistung muss in einer vernünftigen Relation
stehen. Die Selbstverpflichtungen und bestehenden Re-
gelungen zur Angemessenheit von Vorstandsvergütun-
gen haben bisher keine Verhaltensänderung ausgelöst.
Im Gegenteil, die Vergütungen steigen weiter an.
Die Koalition versucht im Rahmen der Aktienrechts-
novelle das Thema der exorbitanten Mangergehälter
durch einen sehr schwachen Vorschlag abzuräumen. Das
eigentliche Problem überhöhter Gehälter und Fantasie-
abfindungen wird so nicht geheilt. Die schwarz-gelbe
Koalition schlägt vor, dass die Hauptversammlung über
das Vergütungssystem für Vorstände entscheidet, wel-
ches vom Aufsichtsrat entwickelt wird. Zwar würde
diese Regelung die grüne Forderung nach Stärkung der
Eigentümerrechte durch Mitbestimmungsrechte im Rah-
men der Hauptversammlung aufgreifen. Allerdings birgt
der Vorschlag die Gefahr von unklaren Verantwortlich-
keiten zwischen der Hauptversammlung und dem Auf-
sichtsrat und stellt das Prinzip der Haftung des Auf-
sichtsrats infrage.
Um ein Signal gegen unverhältnismäßige Managerge-
hälter zu setzen, schlagen wir daher vor, die steuerliche
Abzugsfähigkeit von Vorstandsgehältern einzuschrän-
ken: bei Abfindungen eine Begrenzung auf 1 Million
Euro pro Kopf, wobei wir darauf achten müssen, Gestal-
tungsmöglichkeiten wie zum Beispiel über Übergangs-
gelder oder Aktienoptionen zu verhindern. Bei Gehäl-
tern fordern wir eine Begrenzung der Abzugsfähigkeit
von 500 000 Euro jährlich pro Kopf, welche für alle fi-
xen und variablen Gehaltsbestandteile gilt. Um es klar
zu sagen: Das ist kein Eingriff in die Vertragsfreiheit.
Genauso wie der Fiskus eine Luxuskarosse oder eine
Jacht nicht als ein steuerabzugsfähiges Verkehrsmittel
anerkennt, sollen auch unverhältnismäßige Abfindungen
und Gehälter nicht vom Steuerzahler durch ihre Abzugs-
fähigkeit unterstützt werden.
Wir Grünen fordern zudem, dass nicht nur die Vor-
standsgehälter transparent gemacht werden, sondern
auch das Verhältnis der Vorstandsgehälter zum oberen
Führungskreis und der gesamten Belegschaft. Zudem
soll bei der Vergütung des Vorstands dieses Verhältnis
zwingend berücksichtigt werden. Die Arbeitnehmer-Ma-
nagement-Einkommen-Relation ist bereits im Corporate
Governance Kodex aufgenommen. Es zeigt sich aber
immer wieder, dass diese freiwilligen Verpflichtungen
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irkungslos bleiben. Deshalb müssen sie gesetzlich ver-
flichtend vorgeschrieben werden. Die Veröffentlichung
es Vergütungsverhältnisses soll im Anhang des Jahres-
bschlusses der Gesellschaft erfolgen.
Neben der Einschränkung der Abzugsfähigkeit und
er Transparenz des Vergütungsverhältnisses zwischen
orstand und Facharbeiter wollen wir flexible Gehalts-
estandteile begrenzen; das heißt, das Gesamtgehalt soll
öchstens zu einem Viertel variabel, also an den Erfolg
eknüpft sein. Zudem sollten die Erfolgsbeteiligungen
ngfristig orientiert sein. Die persönliche Haftung von
orstandsmitgliedern wollen wir strikter regeln.
Neben dem Bereich der Managergehälter ist uns Grü-
en bei der Aktienrechtsnovelle das Thema Berichts-
flichten gegenüber Gebietskörperschaften und Öffent-
chkeit von Aufsichtsratssitzungen sehr wichtig: Wir
rauchen eine Demokratisierung öffentlicher Unterneh-
en. Insbesondere auf kommunaler Ebene kommen
ufsichtsratsmitglieder, die ihrer Fraktion im Gemein-
erat berichten, in den Konflikt mit dem Strafrecht we-
en potenziellen Geheimnisverrates bezüglich des kont-
llierenden kommunalen Unternehmens. Außerdem
erden immer mehr Aufgabenbereiche vor Ort in kom-
unale Unternehmen verlagert und der Kontrolle des
emeinde- oder Stadtrates entzogen. Auch hier brau-
hen wir mehr Transparenz.
Bei der Transparenz von Aufsichtsratssitzungen öf-
ntlicher Unternehmen hat die Koalition Angst vor der
igenen Courage gehabt. Im Referentenentwurf fanden
ich dazu noch gute Ansätze, die aber alle wieder einkas-
iert wurden. Im Bereich der öffentlichen Daseinsvor-
orge, wo es um Trinkwasser, Energie und den Nahver-
ehr geht, hat jedoch Transparenz eine hohe Bedeutung
r die Bürgerinnen und Bürger. Öffentlich erbrachte
eistungen müssen politisch steuerbar und kontrollierbar
leiben, auch wenn sie von kommunalen Unternehmen
privatrechtlicher Form erbracht werden.
Deshalb fordern wir in unserem Änderungsantrag
uch die teilweise Öffnung von Aufsichtsratssitzungen
r die Öffentlichkeit und wollen die Kommunen er-
ächtigen, die Verschwiegenheitspflicht der Aufsichts-
tsmitglieder zu beschränken. In den Anhörungen
urde von Praktikern der Kommunalpolitik ganz klar
erausgestellt, wie wichtig die Rechtssicherheit in die-
em Fall ist. Wer als Aufsichtsratsmitglied dem Kommu-
alparlament berichten soll, darf nicht Gefahr laufen, mit
inem Bein vor Gericht zu stehen. Hier wäre es notwen-
ig gewesen, die Einschränkung der Verschwiegenheits-
flicht und die Öffentlichkeit per Satzung zu ermögli-
hen. Nur so lässt sich kommunaler Klüngel wirksam
ekämpfen, und nur so kann die örtliche Presse ihre
ontrollfunktion vor Ort ausüben. Die Aktienrechtsno-
elle in dieser Form ist eine verpasste Gelegenheit für
ie ehrenamtlichen Ratsmitglieder aller Parteien.
Ich könnte als ehemaliges Mitglied eines kommuna-
n Aufsichtsrates dieses Thema sehr konkret an einem
eispiel erläutern, kann dies aber aufgrund der mir auf-
rlegten Vertraulichkeit nicht tun. Hier wäre wirklich
ringender Handlungsbedarf gegeben. Es ist unverant-
ortlich, dass die Koalition hier die notwendige Demo-
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kratisierung nicht vorangetrieben hat, und das in Zeiten,
in denen von Stuttgart 21 bis zum Netzausbau wichtige
Projekte an fehlender Transparenz und darin begründeter
fehlender Bürgerakzeptanz leiden.
Es ist immer wieder erschreckend, wie die schwarz-
gelbe Koalition ihre Verantwortung für eine notwendige
Weiterentwicklung der gesetzlichen Grundlagen unseres
Staatswesens vermissen lässt. Auch mit dieser Aktien-
rechtsnovelle wird die fehlende Werteorientierung der
schwarz-gelben Koalition wieder offenkundig.
Anlage 20
Zu Protokoll gegebene Reden
zur Beratung der Beschlussempfehlung und des
Berichts zu den Anträgen:
– Kooperativen Bildungsföderalismus mit ei-
nem neuen Grundgesetzartikel stärken
– Kooperationsverbot in der Bildung unver-
züglich aufheben
– Bildungsverantwortung gemeinsam wahr-
nehmen
– Gemeinsam für gute Schulen und Hochschu-
len sorgen – Kooperationsverbot von Bund
und Ländern in der Bildung abschaffen
– Kooperation ermöglichen – Gemeinsam Ver-
antwortung für die großen Herausforderun-
gen in Bildung und Wissenschaft überneh-
men
– Gemeinsam für gute Bildung und Wissen-
schaft – Grundgesetz für beide Zukunftsfel-
der ändern
(Tagesordnungspunkt 14)
Monika Grütters (CDU/CSU): Ich bin froh, dass wir
auch in der letzten Sitzungswoche der 17. Legislaturpe-
riode die Möglichkeit haben, über Bildung und For-
schung zu diskutieren. Mir hätte sonst auch echt etwas
gefehlt, nicht nur wegen des freundlichen Kontaktes zu
den Kollegen, sondern weil Wissenschaft und Bildung
für die Zukunft unseres Landes schließlich von überra-
gender Bedeutung sind.
Es ist die christlich-liberale Bundesregierung, die die
Förderung von Bildung und Forschung zum zentralen
Ziel ihrer Politik gemacht hat. Wachstum, Bildung, Zu-
sammenhalt haben CDU/CSU und FDP versprochen,
und alle drei Versprechen haben wir gehalten.
Was haben wir versprochen? Wir wollten in 4 Jahren
12 Milliarden Euro zusätzlich für Bildung und For-
schung ausgeben. Was haben wir getan? Wir haben noch
einen draufgesetzt und tatsächlich 13,3 Milliarden Euro
in Bildung und Forschung investiert. Seit Angela Merkel
Deutschland regiert, ist der Etat des Bildungsministeri-
ums in acht Jahren Amtszeit um mehr als 80 Prozent an-
gewachsen. Das entspricht einer Steigerung von mehr
als 10 Prozent im Jahr.
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Das ist verlässliche Politik, die klare Prioritäten setzt
nd die Bedürfnisse der Menschen in den Blick nimmt.
oziale Gerechtigkeit bedeutet eben nicht Umverteilung,
ie die linke Seite dieses Hause fälschlicherweise im-
er annimmt.
Soziale Gerechtigkeit bedeutet vor allem Chancenge-
chtigkeit. Deshalb geben wir allein in diesem Jahr
3,7 Milliarden Euro für Bildung und Forschung aus,
m vielen jungen Menschen mehr Bildungs- und Teil-
abechancen zu ermöglichen. Rot-Grün dagegen hatte
r Bildung und Forschung in ihrem letzten Regierungs-
hr 2005 gerade einmal 7,5 Milliarden Euro übrig.
Während Rot-Grün in sieben Jahren dreimal im Bil-
ungs- und Forschungsbereich gekürzt hat – 2000, 2003,
004 –, haben wir den Etat achtmal in Folge spürbar er-
öht. Das sind die Zahlen, das ist die Wahrheit, und das
t gut für die – jungen – Menschen.
Wir haben es 500 000 jungen Menschen mehr als
och 2005 ermöglicht, ein Studium aufzunehmen.
50 000 Studierende mehr als früher profitieren heute
on BAföG und Stipendien. Der Bund jedenfalls nimmt
eine Verantwortung für die gesamtstaatliche Aufgabe
ildung vorbildlich wahr.
Mit dem Hochschulpakt, dem Qualitätspakt für die
ehre, den BAföG-Novellen, der Einführung des Deutsch-
ndstipendiums, dem Ausbau der Förderung durch die
egabtenförderungswerke und nicht zuletzt der Exzel-
nzinitiative haben wir Impulse gesetzt und ein Signal
n die jungen Menschen in unserem Land gesandt: Bil-
ung lohnt sich. Wir laden Euch ein, Eure Chancen zu
utzen.
Ich verstehe, dass es nun schwierig für die Opposition
t, hier noch Kritik zu üben. Schließlich haben wir ge-
chafft, woran Sie gescheitert sind: Sie wollten die Stu-
ienanfängerquote auf über 40 Prozent anheben, sind
ber nie über 38 Prozent hinausgekommen. Jetzt liegt
ie Quote bei fast 55 Prozent.
Weil da kaum noch etwas übrig bleibt, bemühen Sie
der vorletzten Plenarsitzung dieser Legislaturperiode
nser großes Thema Föderalismus. Sie beklagen zu we-
ige gemeinsame, langfristige Kooperationen zwischen
und und Ländern und eine fehlende Bundesunterstüt-
ung für Schulen.
Dabei wissen Sie es besser: Die Bundesregierung hat
ich in dieser Legislaturperiode mit einem Gesetzent-
urf vom Mai 2012 dazu bekannt, dass sie sich im Be-
ich der Hochschulen eine neue Kooperationskultur
wischen Bund und Ländern wünscht, und gesagt, wie
ir sie regeln würden. Alle Länder hätten unserem Vor-
chlag, Art. 91 b Abs. 1 Nr. 2 Grundgesetz durch die
infügung der Worte, dass der Bund „Einrichtungen und
rojekte an den Hochschulen fördern“ kann, zustimmen
önnen.
Rot-Grün hat das im Bundesrat blockiert, angeblich,
eil Sie die Geltung einer solchen Regelung auch auf
en Schulbereich ausdehnen wollen. Dabei wissen Sie,
err Gehring, Frau Sager, Herr Schulz und Herr
ossmann, selbst ganz genau, dass Finanzhilfen des
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32341
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Bundes für die Schulen nur dann – auf eine Weise – die
Zustimmung aller erhalten würden – insbesondere auch
der rot-grün regierten Länder –, wenn das Geld unkon-
trolliert direkt an die Finanzminister geht.
Sie sagen das nie offen, sondern verstecken das gern
hinter den „zusätzlichen Umsatzsteuerpunkten für die
Bildung“. Eine gesetzliche Zweckbindung dieser Mittel
für Bildung ist unmöglich, und das wissen Sie. Ich frage
mich daher, ob Sie tatsächlich über diesen Umweg die
Schulen beglücken wollen. Zweifel scheinen sehr ange-
bracht.
Dass mit dem Geld Straßen in Berlin geflickt werden,
lieber Herr Schulz, dass, verehrter Herr Gehring, in
NRW vielleicht endlich einmal ein verfassungsgemäßer
Haushalt aufgestellt wird, dass in Hamburg, liebe Frau
Sager, die Elbphilharmonie mit Bundesgeldern querfinan-
ziert wird oder dass Bayern und Baden-Württemberg da-
mit ihre Pensionslasten finanzieren: Das jedenfalls sind
nach unserer Auffassung keine sinnvollen Investitionen
in Bildung und Forschung.
Wir sind jederzeit bereit, mit den Bundesländern über
neue Möglichkeiten der Kooperation in Bildungsfragen
zu reden. Für die Wissenschaft gab es schon einmal ei-
nen Konsens zwischen Bund und Ländern. Den haben
Sie leichtfertig und mutwillig verspielt, dem Wahlkampf
geopfert.
Eine neue Kooperationskultur, die einen Mehrwehrt
für die Qualität der Bildungsangebote in unserem Land
bringt, liegt auch uns am Herzen.
Für den Umgang mit Mitteln aus dem Bildungsetat
sollten wir uns bildungspolitische Ziele setzen und für
eine neue Kooperationskultur sorgen, was ja in jeder
Hinsicht eine ständige Herausforderung ist.
Ewa Klamt (CDU/CSU): Meine letzte Rede im Deut-
schen Bundestag möchte ich mit einem Dank beginnen,
einem Dank an die Kolleginnen und Kollegen aller Frak-
tionen für die gute Zusammenarbeit der letzten Jahre;
denn wenn unsere Debatten auch meist strittig waren, so
waren sie doch vom gemeinsamen Bestreben geprägt,
die bestmöglichen Bedingungen für Kinder, Jugendliche
und Studenten zu schaffen.
In dieser Debatte darüber, wie eine Änderung des der-
zeitigen Kooperationsverbotes zwischen Bund und Län-
dern aussehen soll, werden die unterschiedlichen Vor-
stellungen besonders deutlich. Von unserer Seite liegt
den Ländern der Vorschlag einer Änderung von
Art. 91 b Grundgesetz seit längerem vor. Unser Vor-
schlag findet einen breiten Konsens in Wissenschaft und
Gesellschaft, jedoch nicht bei den rot-grün bzw. grün-rot
regierten Ländern. Diese haben in den Verhandlungen
sehr unverhohlen ein Ziel verfolgt: Der Bund soll ohne
jede Zweckbindung mehr Geld an die Länder transferie-
ren.
Genau dies fordert die SPD nun mit ihrem vorgeleg-
ten Antrag, einen neuen Art. 104 c zu schaffen. Sie for-
dern, dass den Ländern dauerhafte Finanzhilfen des
Bundes für Bildung zugesichert werden und verbinden
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ies mit der Forderung, dass dies erfolgen soll, „ohne die
ildungshoheit der Länder einzuschränken“. Es ist mir
in Rätsel, wie Sie diese Forderung mit Ihrem Selbstver-
tändnis als Bundestagsabgeordnete in Einklang bringen
önnen. Gerade Sie als Bundesbildungspolitiker können
och nicht ernsthaft daran interessiert sein, dass wir er-
ebliche Finanzmittel für Bildung an die Länder geben
nd keinerlei Kontrolle über deren Verwendung haben.
r Gestaltungsanspruch gerade als Bildungspolitiker
ollte ein anderer sein.
Die Erfahrung in anderen Bereichen hat uns doch
idvoll gezeigt: Nie ist bei einem reinen Transfer von
inanzmitteln vom Bund an die Länder gewährleistet,
ass das Geld auch zweckgebunden eingesetzt wird.
ehmen wir zum Beispiel den Ausbau der Kindertages-
tätten: Gern nahmen die Länder die 4 Milliarden Euro
es Bundes in Anspruch. Als die Länder jedoch Rechen-
chaft ablegen sollten, dass das Geld tatsächlich in den
usbau von Kitas gegangen ist, kam ein empörter Auf-
chrei. Nachweise über den Verbleib der Gelder des
undes? Fehlanzeige! Nachweis über den versproche-
en Einsatz der eigenen 4 Milliarden Euro für den Aus-
au? Fehlanzeige! Ebenso häufig haben wir erlebt, dass
ie zusätzlichen Gelder des Bundes nicht für mehr Bil-
ungsausgaben in den Ländern ausgegeben wurden, son-
ern statt dessen die eigenen Finanzen im Bildungsbe-
ich gesenkt wurden.
Wir Unionspolitiker wollen unserem Auftrag als Bil-
ungspolitiker auf Bundesebene gerecht werden. Wir
ollen Gestaltungsspielraum für bessere Bildung, und
ntsprechend fordern wir, dass Steuergelder genau für
en Zweck eingesetzt werden, für den sie bestimmt sind.
as bedeutet, dass es zumindest einer Zielvereinbarung
ber die Verwendung der Mittel bedarf.
Wir alle wollen Transparenz, Vergleichbarkeit der
bschlüsse und Bildungsmindeststandards. Eine stär-
ere Kooperationskultur ist wünschenswert und drin-
end geboten. In inhaltlicher Hinsicht bietet sich den
ändern zum Beispiel im Bereich der besseren Ver-
leichbarkeit von Bildungsstandards und Abschlüssen
uch ohne Änderung des Grundgesetzes bereits heute die
öglichkeit, beispielsweise über die Kultusministerkon-
renz zu einer Einigung zu kommen. Ich würde mir
ünschen, dass diese Möglichkeit besser genutzt würde.
Wir, die Abgeordneten der christlich-liberalen Koali-
on, treten für einen modernen Föderalismus ein, der
ine Kooperationskultur ermöglicht. Doch diese Koope-
tion kann sich nicht auf bloße Finanzhilfen beschrän-
en, diese Kooperation muss zu inhaltlichen Verbesse-
ngen der deutschen Bildungspolitik führen.
Unser Angebot, durch die Änderung des Art. 91 b
rundgesetz wenigstens eine Ausweitung der verfas-
ungsrechtlichen Möglichkeiten des Bundes im Hoch-
chulbereich herbeizuführen, da sich bisher keine Eini-
ung für eine verstärkte Kooperation im Schulbereich
bzeichnet, haben Sie blockiert. Was die Länder wollen,
t lediglich, dass der Bund mehr Steuerpunkte, also
inanzmittel des Bundes abgibt und sich sonst heraus-
ält.
32342 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
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Sie von der Opposition haben unseren Vorschlag zur
Änderung des Art. 91 b Grundgesetz abgelehnt und da-
mit der dringend notwendigen Zusammenarbeit im Wis-
senschaftsbereich eine Absage erteilt. Es wäre für den
Bildungsstandort Deutschland gut, wenn Sie und die rot-
grün und grün-rot regierten Länder zu einer konstrukti-
ven, inhaltsbezogenen Beratung zurückfänden.
Oliver Kaczmarek (SPD): Es ist schon auffällig,
dass in der Bildungspolitik die Menschen eindeutig von
Bund und Ländern eine engere Kooperation erwarten
und sich gleichzeitig so wenig bewegt. Kaum eine Um-
frage, kaum eine Verbändemeinung, kaum eine Veran-
staltung zur Bildungspolitik, wo nicht das grundgesetzli-
che Kooperationsverbot in der Bildungspolitik von den
Menschen massiv infrage gestellt wird. Und gleichzeitig
kaum eine Debatte im Deutschen Bundestag, wo immer
wieder so deutlich wird, wie die schwarz-gelbe Regie-
rung Politik gegen den gesunden Menschenverstand
macht.
Ich bin der festen Überzeugung: Die großen Heraus-
forderungen im Bildungswesen werden Bund, Länder
und Kommunen nur gemeinsam lösen können. Der Bund
hat hier eine besondere Verantwortung, beim Aufbau
bzw. beim Erhalt einer öffentlichen Bildungsinfrastruk-
tur mitzuhelfen, sei es beim Ausbau ganztägiger Bildung
und Betreuung im frühen Kindesalter, beim Ausbau des
Ganztagsschulangebots, bei der Verwirklichung inklusi-
ver Bildung, bei der Neuauflage des Hochschulpakts,
beim Ausbau sozialer Infrastruktur rund um die Hoch-
schulen oder bei der Bekämpfung des funktionalen An-
alphabetismus. Deshalb ist es umso weniger verständ-
lich, dass die Bundesregierung weiterhin beharrlich bei
einer Minigrundgesetzänderung bleibt, die es maximal
ermöglicht, dass Hochschulen und wissenschaftliche
Einrichtungen von überregionaler Bedeutung kooperie-
ren können. Darüber mag man diskutieren, aber das wird
den Anforderungen an eine gemeinsam verantwortete
Bildungsinfrastruktur nicht im Ansatz gerecht. Die
schwarz-gelbe Koalition blockiert mit ihrem sturen Fest-
halten daran den Weg in einen Konsens der Verantwor-
tungsgemeinschaft von Bund, Ländern und Kommunen
für Bildung.
Dazu gibt es Alternativen. Die SPD hat in dieser
Wahlperiode immer deutlich gemacht, dass wir für eine
Aufhebung des Kooperationsverbotes sind. Wir haben
dazu konkrete Vorschläge gemacht, wie wir hier zu ei-
nem Konsens kommen können, um den umfassenden
Anforderungen an gemeinsame Bildungspolitik gerecht
zu werden, ohne dass einer der Partner übervorteilt wird
oder grundsätzliche Zuständigkeiten vermengt oder in-
frage gestellt werden. Aber die schwarz-gelbe Koalition
weigert sich weiterhin, darüber überhaupt Verhandlun-
gen aufzunehmen, und blockiert damit den dringend be-
nötigten Konsens.
Nun höre ich schon, wie die Ministerin den Bundesrat
ermahnt, er möge einen unter den Ländern konsensfähi-
gen Vorschlag vorlegen. Das ist aber ein reines Ablen-
kungsmanöver, denn jeder weiß, dass der Vorschlag der
Bundesregierung im Deutschen Bundestag keine verfas-
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ungsändernde Mehrheit finden wird. In so einer Situa-
on müsste die Regierung eigentlich Gespräche darüber
ufnehmen, wie man zu einem Ergebnis kommt, das im
undestag den weitestgehenden Konsens darstellt und
wischen Bundesrat und Bundestag unstrittig ist. Statt-
essen fahren Sie die Abstimmungen lieber vor die
and. Diese Blockade ist unverantwortlich.
Die SPD hat hier im Deutschen Bundestag einen Vor-
chlag zur Einführung eines Art. 104 c im Grundgesetz
emacht, der eine gemeinsame Finanzierung von Bil-
ungsaufgaben durch Bund und Länder ermöglicht. Wir
tellen uns vor, dass die Länder mit dem Bund in ge-
einsam verantworteten Bildungsaufgaben, insbeson-
ere im Ausbau der Bildungsinfrastruktur, Kooperatio-
en vereinbaren und gemeinsam finanzieren. Uns geht
s nicht um vermischte Zuständigkeiten oder das rein fi-
anzielle Engagement des Bundes, uns geht es um ge-
einsam wahrgenommene Verantwortung in der Ge-
einschaft von Bund, Ländern und Kommunen.
Dem Bundesrat liegen dazu mehrere Initiativen aus
t bzw. rot-grün regierten Bundesländern vor. Jüngst
aben Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz einen
emeinsamen Entschließungsantrag für den Bundesrat
azu formuliert. Die beiden Länder zeigen damit, dass
ie an einer konstruktiven Zusammenarbeit interessiert
ind. Deshalb ist unsere Bitte an die Bundesregierung
nd an die derzeitige Bundesbildungsministerin: Ma-
hen Sie endlich ein glaubwürdiges Angebot für eine
chte Kooperation von Bund und Ländern im Bildungs-
esen. Machen Sie den Fraktionen des Bundestages ein
erhandlungsangebot. Lassen Sie uns dann über den
esten Weg streiten. Aber bitte geben Sie Ihre Blockade-
altung beim Kooperationsverbot endlich auf. Sie riskie-
n sonst leichtfertig Fortschritt und Leistungsfähigkeit
es deutschen Bildungssystems.
Swen Schulz (Spandau) (SPD): Nachdem die SPD
inen Masterplan zu Ganztagsschulen in den Bundestag
ingebracht hat, gab es vor wenigen Wochen diesen öf-
ntlichen Kommentar: „Wir müssen daher das Grund-
esetz ändern, damit ein bundesfinanzierter Masterplan
öglich wird. Das heißt, die verfassungsrechtlichen
öglichkeiten des Bundes auszuweiten, damit er sich fi-
anziell in der Schulpolitik einbringen kann, aber auch
haltliche Mitspracherechte im Schulbereich erhält.“ So
chreibt die Bundesministerin in einer eigenen Presse-
itteilung unter dem Titel „Wanka fordert Grundgesetz-
nderung“.
Wer jetzt erwartet, dass die Ministerin oder gar die
oalition aktiv wird und einen diskutablen Vorschlag zu
iner Grundgesetzänderung macht, wird jedoch ent-
uscht; denn sicherheitshalber erklärte die Ministerin in
er Pressemitteilung gleich, dass sie die Länder auffor-
ert, eine gemeinsame Position zu erarbeiten, mit der sie
ich dann auseinandersetzen wolle.
Es bleibt also alles beim Alten: Wanka gibt – wie
uch beim BAföG oder bei der Förderung des wissen-
chaftlichen Nachwuchses – wohlfeile Erklärungen ab
nd lehnt sich anschließend zurück, allerdings nicht,
hne sich in Interviews über die Schulpolitik der Länder
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32343
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und zentrale Abiturprüfungen auszulassen, wo sie an-
sonsten keine Gelegenheit versäumt, ihre Untätigkeit mit
Verweis auf die Zuständigkeit der Länder zu rechtferti-
gen. Das sind Interviews als Politikersatz. Mit dem Fin-
ger wird auf die Länder gezeigt, statt selbst zu handeln.
Aber warum sollte die Ministerin es anders halten als
die Bundeskanzlerin? Erst über die Bildungsrepublik
Deutschland schwadronieren, dann nichts für die Schu-
len machen, sich auch nicht für die Aufhebung des Ko-
operationsverbotes für die Bildung einsetzen und jüngst
den Deutschen Schulpreis 2013 verleihen: Das ist großes
Staatstheater, aber eben nur Theater.
Im CDU-Wahlprogramm – eigentlich ja eine ganz
spannende Wundertüte – kommt die Änderung des
Grundgesetzes dann auch nur im Zusammenhang mit he-
rausragender Forschung vor. Darum geht es bei der von
der Koalition vorgeschlagenen Änderung des Art. 91 b
Grundgesetz: Sie will ausschließlich den Einstieg des
Bundes in die Finanzierung ausgewählter Forschungs-
einrichtungen von überregionaler Bedeutung ermögli-
chen. Um die Bildung in der Breite, um die Hochschulen
– geschweige denn Schulen –, geht es der CDU ganz und
gar nicht.
Wir hingegen haben mit dem neuen Kooperationsarti-
kel 104 c Grundgesetz die gesamte Bildung im Blick.
Uns geht es nicht um die Förderung von Leuchttürmen,
sondern um die dringend benötigte Unterstützung der
Länder für ihre Hochschulen, Berufsschulen, Schulen
und Kitas.
Im Grundsatz sehen das, das sei hier betont, alle drei
Oppositionsfraktionen so. Sie alle haben verschiedene
Initiativen in den Bundestag eingebracht. Ich behaupte
sogar, dass sich mindestens der Bildungsausschuss,
wahrscheinlich sogar der Bundestag, ganz schnell auf
eine Zweidrittelmehrheit für die Aufhebung des Koope-
rationsverbotes für die Bildung verständigen könnte.
Doch die Radikalföderalisten in wenigen unionsregier-
ten Ländern haben das verhindert. Darum lehnt die
Koalition hier jede Initiative ab. Uns dann aber die
Blockade Ihres Schmalspurantrages vorzuwerfen, ist
nachgerade grotesk.
Aber es kommt die neue Legislaturperiode, es kom-
men auch Landtagswahlen, und es kommt die Zeit der
Kooperation von Bund und Ländern. Wir schaffen es –
nicht heute, aber morgen.
Dr. Martin Neumann (Lausitz) (FDP): Mit den vor-
liegenden Schaufensteranträgen werfen die Oppositions-
fraktionen Nebelkerzen. Die von den Koalitionsfraktio-
nen getragene Bundesregierung hat mit dem Gesetz-
entwurf zur Änderung von Art. 91 b Grundgesetz einen
Vorschlag unterbreitet, der es durch eine Erweiterung der
Gemeinschaftsaufgaben von Bund und Ländern ermögli-
chen würde, über befristete Projekte hinaus zu fördern.
Bund und Länder würden in die Lage versetzt, im Wis-
senschaftsbereich zentrale Zukunftsprojekte gemeinsam
auf den Weg zu bringen. Wir wollen eine breite und
nachhaltige institutionelle Förderung von Hochschulen
durch den Bund ermöglichen, um das Zusammenwirken
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on Hochschulen und außeruniversitärer Forschung
urch den Abbau rechtlicher Schranken zu beflügeln.
Die vorgeschlagene, konsensfähige Ausweitung der
usammenarbeit von Bund und Ländern bei der Finan-
ierung im Hochschulbereich wird von den Oppositions-
aktionen im Bundesrat aus parteitaktischem Kalkül
lockiert. Dabei könnte ein besseres Zusammenwirken
Bereich der Hochschulen auch für andere Bereiche
ositive Wirkung entfalten. Diese Auffassung unterstüt-
en beinahe einmütig alle Wissenschaftsorganisationen.
s ist mehr als erstaunlich, dass sich die Antragsteller
ierüber in so arroganter Weise hinwegsetzen, und be-
eist einmal mehr die Inkompetenz von SPD, Linken
nd Grünen im Zukunftsfeld der Wissenschaftspolitik.
Die Oppositionsfraktionen müssen den Hochschulen
egenüber erklären, warum sie ihnen eine institutionelle
örderung durch ihre Blockade im Bundesrat verwei-
ern. Die FDP-Fraktion hat grundsätzlich Sympathie für
ine Neuregelung der Zusammenarbeit von Bund und
ändern, die über den Hochschulbereich hinausreicht.
erade das Agieren der Sozialdemokraten, die sich
eute als Stimme der Vernunft und Retter der Bildungs-
olitik in Deutschland gerieren wollen, ist mehr als
euchlerisch, war es doch die SPD, die erst das Koopera-
onsverbot im Jahr 2006 zu Zeiten der Großen Koalition
Grundgesetz verankert hat. Bereits damals hat sich
ie FDP-Fraktion dagegen ausgesprochen, und wir las-
en uns heute nicht von denselben Sozialdemokraten be-
hren, wie unser Verfassungsgefüge im Bereich der Bil-
ungs- und Wissenschaftsverantwortung in unserem
and zu organisieren sei.
Die christlich-liberale Koalition hat in den letzten vier
ahren weit mehr für Bildung und Wissenschaft in
eutschland getan, als es die linken und grünen Illu-
ionspolitiker jemals fertigkriegen würden.
Mit Blick auf die für Grundgesetzänderungen erfor-
erlichen Zweidrittelmehrheiten und den Umstand, dass
onseiten der Länder kein gemeinsamer Vorschlag un-
rbreitet wurde, halten wir die von uns vorgeschlagene
nderung von Art. 91 b Grundgesetz als ersten Schritt
r eine bessere Zusammenarbeit von Bund und Ländern
Bildungsbereich für unbedingt geboten.
Die Opposition sollte sich nicht weiter sperren. Sie
ollte den Weg für die Änderung von Art. 91 b Grundge-
etz freimachen, anstatt mit Schaufensteranträgen von
rer Blockadepolitik im Bundesrat abzulenken. Univer-
itäten und Fachhochschulen könnten bereits heute von
iner stärkeren Unterstützung profitieren, wenn die Op-
osition nicht blockiert hätte. Das wissen die Wissen-
chaftler, die Lehrer, die Eltern, das wissen die Studie-
nden und Schüler, und das werden wir bei jeder
elegenheit immer wieder ins Gedächtnis rufen.
Dr. Rosemarie Hein (DIE LINKE): Fast möchte
an meinen, im Bundestag herrsche in dieser Woche
ommerschlussverkauf nach dem Motto „Alles muss
us“. So scheint es auch bei dem leidigen Thema der
uständigkeit für Bildungspolitik zu sein. Mehr als drei
ahre haben wir darauf gewartet, dass die Bundesregie-
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rung und die Koalition sich endlich zu einer größeren
Verantwortung in Fragen der Bildungspolitik bekennen.
Dann gebaren sie ein Mäuschen, und das wird nun nicht
einmal das Hohe Haus passieren.
Was ist passiert? Im Jahre 2006 haben der Bund und
die Länder entschieden, dass Bildungspolitik fast voll-
ständig in die gesetzgeberische Zuständigkeit der Länder
übergeht. Dafür bekamen sie einen bescheidenen finan-
ziellen Ausgleich. Das Grundgesetz wurde so geändert,
und nun kann der Bund vor allem in Fragen der Hoch-
schulpolitik und der Schulpolitik nicht mehr mitspre-
chen, auch kein Geld geben.
Diese Grundgesetzentscheidung hat sich schon bald
als falsch herausgestellt. Hatten die Länder vorher schon
nicht genug Geld, Bildung vernünftig zu finanzieren,
reicht es heute erst recht nicht mehr aus. Die Länder aber
reformierten auf Teufel komm raus herum mit dem Ef-
fekt, dass die Vergleichbarkeit der Bildungswege und
Abschlüsse immer schlechter wurde. Für die Bildungser-
gebnisse, die mindestens seit PISA 2000 unter heftiger
Kritik stehen, gab es nur geringe Verbesserungen, und
die hatten eher nicht mit der Länderzuständigkeit zu tun.
Wen wundert es da, dass die Bevölkerung in ganz
Deutschland immer lauter mehr oder inzwischen sogar
die alleinige Bundeszuständigkeit in der Bildung
fordert? Die Fraktion Die Linke hat darum bereits im
Februar 2010 in einem Antrag die Aufhebung des Ko-
operationsverbotes in der Bildung gefordert. Heute nun
steht er endlich wieder auf der Tagesordnung.
Inzwischen sind weitere und weiter gehende Anträge
der Opposition, auch von meiner Fraktion, gefolgt. In-
zwischen gibt es auch im Bundesrat Gesetzentwürfe aus
zwei Ländern, mit denen das Kooperationsverbot aufge-
hoben oder die Auswirkungen wenigstens mit mehr Geld
abgemildert werden sollen.
Doch die Bundesregierung, die Koalition und die
Länder, in denen ihre Parteien regieren, bleiben stur. Im
vergangenen Jahr nun kam es dennoch zu einem Gesetz-
entwurf, mit dem mehr Zusammenarbeit in Bereichen
der Hochschulpolitik ermöglicht werden soll. Doch da-
mit würde man nur die auslaufende Exzellenzinitiative
der Bundesregierung auf dauerhafte Füße stellen. Für
den gesamten Hochschulbetrieb und vor allem für die
Schulpolitik hätte das keinerlei positive Auswirkungen.
Darum haben sich die Oppositionsparteien geweigert,
dieser Minilösung zuzustimmen.
Ohne die Stimmen der Opposition, auch im Bundes-
rat, aber kommt keine Grundgesetzänderung zustande.
Und darum wird es in dieser Wahlperiode keine Grund-
gesetzänderung mehr geben. Offensichtlich hat sich
diesmal auch die SPD ihre Zustimmung nicht abkaufen
lassen, wie das beim Bildungs- und Teilhabepaket noch
der Fall war. Es ist ja auch Wahlkampf.
Die von der Bundesregierung vorgeschlagene Ände-
rung würde aber auch nichts an dem beklagenswerten
Zustand bundesdeutscher Bildungspolitik ändern. Dabei
nämlich geht es um die Finanzierung von Inklusion,
Schulsozialarbeit, Ganztagsschulen, Lehrerausbildung,
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ort- und Weiterbildung, um die Ausbildung von Erzie-
erinnen und Erziehern, um die bessere Ausstattung mit
ehr- und Lernmitteln, um Schulsanierungen, um Schü-
rbeförderung, Schulmittagessen, um die Finanzierung
on allgemeiner Weiterbildung, von Hochschulen und
em dazugehörigen Lehrpersonal und anderem.
Darum bleiben wir dabei: Wir brauchen eine echte
emeinschaftsaufgabe in der Bildung. Bund, Länder
nd Kommunen müssen diese Aufgabe gemeinsam
chultern, soll Bildung in Deutschland besser werden.
Doch mit einer trügerischen Hoffnung will ich noch
ufräumen: Wenn in allen Ländern, einschließlich
ayern, neben dem Gymnasium nur noch eine Schul-
rm existiert, wenn im Abitur alle die gleichen Aufga-
en lösen müssen, dann ist das Grundproblem, die starke
bhängigkeit des Bildungserfolges von der sozialen
erkunft immer noch nicht gelöst.
Die Zuweisung zu unterschiedlichen Schulformen mit
nterschiedlichen Bildungszielen beseitigt diese soziale
ngerechtigkeit eben nicht. Dafür brauchen wir ein an-
eres Lehren und Lernen in einer Gemeinschaftsschule
r alle Kinder, die von den Lernenden und ihren unter-
chiedlichen Möglichkeiten und Bedürfnissen ausgeht
nd niemanden abstempelt, anstatt einseitig immer da-
uf zu schielen, wie Bildung am besten wirtschaftlich
erwertbar ist.
Nur wenn wir diesen Paradigmenwechsel bundesweit
inbekommen, haben Kinder und Jugendliche in allen
undesländern die gleichen und dazu die besseren Chan-
en und werden sich Bildungsergebnisse nachhaltig ver-
essern. Das gilt für die Starken ebenso wie für die mit
enachteiligungen.
Darum bleiben wir dabei: Die Gemeinschaftsaufgabe
ildung muss ins Grundgesetz, und überall brauchen wir
ut ausgestattete Gemeinschaftsschulen, die allen Ler-
enden bessere Chancen bieten als heute. Das geglie-
erte Schulsystem aus dem 19. Jahrhundert muss über-
unden werden.
Kai Gehring (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die
enschen in Deutschland haben die Nase voll von feh-
nden Kitaplätzen, maroden Schulen, überfüllten Uni-
ersitäten. Sie sind genervt vom Zuständigkeitsgerangel
der Bildungspolitik – so sehr, dass sich in Meinungs-
mfragen mehr als Zweidrittel eine Bundesbildungs-
ompetenz wünschen.
So verständlich dieser Wunsch auf den ersten Blick
uch ist: Gute Schulen können nicht von Berlin aus
erordnet, sondern nur vor Ort gemacht und gestaltet
erden. Zur besseren Vergleichbarkeit von Schulab-
chlüssen und gegen Mobilitätshürden helfen vielmehr
erlässliche Bildungsstandards, die seitens der Kultus-
inisterkonferenz auf den Weg gebracht wurden.
Was es zur Verbesserung der Situation in den Bil-
ungseinrichtungen vor Ort aber dringend braucht, ist
ine enge, verlässliche, dauerhafte Kooperation zwi-
chen Bund und Ländern, um die großen bildungs- und
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32345
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wissenschaftspolitischen Herausforderungen der Gegen-
wart und Zukunft anzugehen; denn Bildungspolitik ist
auch Sozial-, Integrations- und Wirtschaftspolitik. Bil-
dung ist kein Kostenfaktor, sondern Investitionstreiber
und Zukunftsrendite. Deswegen muss der Bund mitge-
stalten dürfen.
Genau das hat die Große Koalition aus CDU, CSU
und SPD mit der Föderalismusreform von 2006 unmög-
lich gemacht und blockiert: Durch das faktische Koope-
rationsverbot im Grundgesetz zwischen Bund und Län-
dern wurde die Bundesseite aus jeder politischen wie
finanziellen Mitverantwortung für den Schulbereich
herausgedrängt. Das verhindert nicht nur ein kluges ge-
samtstaatliches Handeln, das ist auch peinlich für ein
Land der Dichter und Denker. Zu einer international ver-
netzten Volkswirtschaft und modernen Wissensgesell-
schaft wie der Bundesrepublik passt bei so zentralen Zu-
kunfts- und Innovationsfeldern wie der Bildung und
Wissenschaft keine Kleinstaaterei.
Das Kooperationsverbot haben wir daher von Anfang
an abgelehnt, und wir kämpfen seit 2006 dafür, es wie-
der aus unserer Verfassung zu kippen; denn die Befürch-
tungen, die wir damals hatten, sind eingetreten: Noch
immer ist unser Bildungs- und Wissenschaftssystem
bundesweit unterfinanziert, Qualität und Leitungsfähig-
keit lassen zu wünschen übrig. Das sehen wir allein,
wenn wir die mangelnde Durchlässigkeit, die hohe Zahl
der Bildungsverlierer sowie die fehlende Chancen- und
Bildungsgerechtigkeit betrachten.
Das haben uns in dieser Woche auch die OECD-
Studie „Bildung auf einen Blick“, der „Chancenspiegel“
der Bertelsmann-Stiftung und die 20. Sozialerhebung
des Deutschen Studentenwerks erneut ins bildungs- und
wissenschaftspolitische Stammbuch geschrieben. Ein
Hauptgrund dafür ist die unzureichende Ausfinanzierung
des Bildungssystems; denn der Bund hat den Löwenan-
teil der Steuereinnahmen, die Länder die Zuständigkeit.
Beide staatlichen Ebenen müssen sich an die Schulden-
bremse halten. In ärmeren Ländern, die unter massivem
Konsolidierungsdruck stehen oder die Bildungsausgaben
kaum priorisieren können, droht sich die Schulden-
bremse zur bedrohlichen Bildungsinvestitionsbremse
auszuwirken.
Daran hat auch der Mittelaufwuchs im Bundesbil-
dungsministerium in dieser Wahlperiode strukturell
nichts verändert. Beispielsweise wurde das zentrale Pro-
blem einer bundesweit erodierenden Grundfinanzierung
der Hochschulen durch kurzzeitige Sonderprogramme
wie Hochschulpakt, Exzellenzinitiative und Qualitäts-
pakt Lehre keinesfalls gelöst, sondern durch gleichzeitig
stark gestiegene Kofinanzierungspflichten beim Pakt für
Forschung und Innovation zur Förderung der außeruni-
versitären Forschungseinrichtungen noch verschärft.
Kurzfristige Wissenschaftspakte bringen eben keine
dauerhaften Lösungen.
Hinzu kommt, dass das Kooperationsverbot im Bil-
dungsbereich zu ineffizienten Krücken und bürokra-
tischsten Umgehungen der Grundgesetzregeln geführt
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at. Das kann jeder beispielhaft am größtenteils erfolglo-
en Bildungs- und Teilhabepaket erkennen. Die direkte
örderung guter Ganztagsschulen wäre stattdessen viel
ielführender gewesen, um alle Kinder und Jugendlichen
und vor allem die bildungsbenachteiligten – gezielt zu
rdern.
Als grüne Bundestagsfraktion wollen wir daher eine
rmöglichungsverfassung für Bildungs- und Wissen-
chaftskooperation statt unzeitgemäßer Verfassungsbar-
eren. Unser Leitbild ist ein kooperativer anstelle eines
ur kompetitiven oder sogar konfrontativen Bildungsfö-
eralismus. Gesamtstaatliches Handeln und Finanzieren
uss – wieder – möglich sein.
Wenn das Kooperationsverbot aufgehoben würde,
ann wären feste Bund-Länder-Vereinbarungen zur
ösung großer bildungs- und wissenschaftspolitischer
robleme machbar. Dann gäbe es kein Rummogeln um
nsere Verfassung mehr, sondern transparente, klare
ooperationsregeln. Dann ließe sich unter anderem
nach dem großen Erfolg des ersten – ein zweites Ganz-
gsschulprogramm verabreden, eine gemeinschaftliche
tudienplatzfinanzierung auch nach dem Auslaufen des
ochschulpaktes 2020 und die Verwirklichung von In-
lusion in unserem Bildungssystem.
Genau deswegen haben wir Verfassungsänderungen
r den Bildungs- und Wissenschaftsbereich vorgeschla-
en, die am Art. 91 b Grundgesetz andocken und einen
rt. 104 c einführen. Für eine Einigung auf eine Grund-
esetzänderung hatten wir vor über zwei Jahren einen
eformkonvent vorgeschlagen, um eine tragfähige Än-
erung zu erarbeiten, die die notwendige Zweidrittel-
ehrheit in Bundestag und Bundesrat erzielt. Sie von
en Koalitionsfraktionen haben sich leider auf beide
orschläge nicht eingelassen: weder auf eine weite Öff-
ung noch auf den notwendigen Verhandlungsprozess.
Sie haben eine Grundgesetzänderung vorgeschlagen,
ie eine Lösung nur vorgaukelt. Nicht nur, dass der Be-
ich Bildung im Koalitionsentwurf außen vor bleibt,
ielmehr geht er im Wissenschaftsbereich auch an der
entralen Herausforderung vorbei. Der Vorschlag war
änzlich ungeeignet, die erodierende Grundfinanzie-
ng der Hochschulen zu stoppen oder diesen fatalen
rend umzukehren.
Sie wollten neben den Vorhaben lediglich einzelne
Einrichtungen von überregionaler Bedeutung“, also
um Beispiel exzellente Institute oder Exzellenzuniver-
itäten fördern können. Daher ist es nur folgerichtig,
ass Sie Ihren Regierungsentwurf heute gar nicht mehr
inbringen, sondern ihn der Diskontinuität unterliegen
ssen und damit stillschweigend beerdigen.
Ihnen ging es nur um Leuchttürme mit einer fragwür-
igen internationalen Strahlkraft. Wir wollen das ge-
amte Bildungssystem zum Leuchten bringen. Daher
uss das Kooperationsverbot kippen. Das Thema wird
ns weiter begleiten, und wir hoffen, dass es in der
ächsten Wahlperiode angepackt und gelöst werden
ann.
32346 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
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Anlage 21
Zu Protokoll gegebene Reden
zur Beratung der Beschlussempfehlung und des
Berichts zu den Anträgen:
– System der Organtransplantation in
Deutschland nachhaltig stärken: Konse-
quenzen aus den Manipulationen an Patien-
tendaten in deutschen Transplantationskli-
niken
– Transparenz und öffentliche Kontrolle im
Prozess der Organspende herstellen
– Organspende in Deutschland transparent
organisieren
(Tagesordnungspunkt 15)
Rudolf Henke (CDU/CSU): In Deutschland warten
derzeit rund 12 000 Patienten auf eine Transplantation.
Etwa 1 000 Menschen davon sterben jedes Jahr, bevor
sie ein lebensrettendes Organ erhalten.
Im Jahr 2012 ist die Zahl der gespendeten Organe ge-
genüber 2011 bundesweit um 12,8 Prozent auf 3 511 ge-
sunken. Sie hat damit den niedrigsten Stand seit zehn
Jahren erreicht. Der „Tod auf der Warteliste“ ist damit
noch näher gerückt als zuvor.
Dieser Trend, der sich im ersten Quartal 2013 fortge-
setzt hat, ist auf die monatelangen Negativschlagzeilen
über aufgedeckte Manipulationen bei der Organvergabe
zurückzuführen.
Wir alle wollen die Spendenbereitschaft sowohl bei der
Lebendspende als auch bei der postmortalen Organspende
wieder erhöhen. Wichtigstes Ziel muss es deshalb sein,
das offenbar geschmolzene Vertrauen in und die Akzep-
tanz der Bevölkerung für das Transplantationswesen zu-
rückzugewinnen.
Dazu beraten wir heute abschließend einen interfrak-
tionellen Antrag zur Stärkung der Organtransplantation
sowie Anträge der Linksfraktion und der Fraktion Bünd-
nis 90/Die Grünen zur Transparenz der Organspende.
Bereits in der vergangenen Sitzungswoche haben wir
mit den Regelungen des Beitragsschuldengesetzes Mani-
pulationen an Patientendaten mit dem Ziel der Bevorzu-
gung von Patienten unter Strafe gestellt. Die unrichtige
Erhebung oder Dokumentation sowie die Übermittlung
eines unrichtigen Gesundheitszustandes von Patienten
an Eurotransplant ist damit in Zukunft ausdrücklich ver-
boten.
Daneben werden die Richtlinien zur Transplantations-
medizin der Bundesärztekammer zukünftig unter einen
Genehmigungsvorbehalt des Bundesgesundheitsministe-
riums gestellt. Damit machen wir deutlich: Das System
der Organspende und des Transplantationswesens hat
sich im Grundsatz bewährt. Forderungen nach einer
staatlichen Organisation der Organspende und -vertei-
lung erteilen wir damit eine klare Absage. Der Staat
kann die Organspende nicht besser und sicherer organi-
sieren als die Selbstverwaltung. Es bleibt vor allem auch
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eiterhin sinnvoll, die Spende, die Verteilung von Orga-
en und die Operation der Empfänger organisatorisch
oneinander zu trennen.
Getroffene Entscheidungen bei der Vermittlung von
rganen nach Dringlichkeit und Erfolgsaussicht sollen
Zukunft auf eine verbesserte und fundiertere Daten-
asis gestellt werden. In unserem fraktionsübergreifen-
en Antrag fordern wir deshalb eine einheitliche und
mfassende Datenerhebung im gesamten Prozessablauf
er Transplantationsmedizin.
Mit diesen Erkenntnissen ebnen wir den Weg für den
ufbau eines Transplantationsregisters, das wesentlich
azu beitragen kann, „Transparenz, Verteilungsgerech-
gkeit und Qualität in der Transplantationsmedizin zu
efördern“, wie es der 116. Deutsche Ärztetag im Mai
ieses Jahres in einer Resolution gefordert hat. Mit der
inrichtung eines Transplantationsregisters kann zudem
ie Vergleichbarkeit zwischen den Transplantationszent-
n erhöht werden.
Wir fordern den Gemeinsamen Bundesausschuss auf,
ie Verfahren der einrichtungsübergreifenden Qualitäts-
icherung in der Transplantationsmedizin weiterzuent-
ickeln und auszubauen.
Zugleich sind natürlich die Länder gefordert, ihren
berwachungspflichten gegenüber den Transplantations-
entren nachzukommen, um Verstöße in Zukunft schnel-
r aufdecken und ahnden zu können.
Unsere gesetzgeberischen Maßnahmen können aber
rst nach und nach wirken. Neben den Gesetzesänderun-
en brauchen wir vielfältige weitere Anstrengungen zur
ufklärung der Bevölkerung. Niemand denkt gerne
arüber nach, aber jeder von uns kann in eine Situation
eraten, in der nur eine Organspende ein Weiterleben
rmöglicht.
Selbstverwaltung und Politik haben nach Bekannt-
erden der Verstöße rasch reagiert und schärfere Kon-
ollen eingeführt, sodass heute in der deutschen Trans-
lantationsmedizin mehr Transparenz und Sicherheit als
zuvor bestehen.
Um das Vertrauen in das System der Organspende
iederherzustellen, müssen alle im Gesundheitswesen
eteiligten weiter an einem Strang ziehen, um Miss-
tände abzustellen.
Organspende ist ein Werk der Nächstenliebe, das über
en Tod hinausgeht. Machen wir dieses Werk der Nächs-
nliebe stärker als alle regelwidrige Manipulation.
Noch ein Gedanke zum Schluss: Wenn es stimmt,
ass der vorhin erwähnte Rückgang der Spendebereit-
chaft auf die Erosion des Vertrauens in die Verteilung
on Organen zurückzuführen ist und wenn dies eine Re-
ktion auf das Bekanntwerden von Manipulationen in ei-
igen Fällen darstellt, dann sind mit den Patienten auf
en Wartelisten die Falschen bestraft und müssen jetzt
nnötig leiden. Denn die auf der Warteliste stehenden
atienten sind ja nicht der Manipulation schuldig. Wenn
ines von acht Organen gar nicht mehr zur Verfügung
teht, dann bedeutet das verlängertes Leiden und den
orzeitigen Tod für mindestens 125 Menschen mehr als
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32347
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)(B)
in den Jahren zuvor. Diese Zahl ist höher als die Zahl de-
rer, die aufgrund der aufgedeckten Manipulationen ein
ihnen eigentlich zugedachtes Organ nicht erhalten ha-
ben. Der Rückgang der Organspendebereitschaft hat für
die schwerkranken Patienten somit oft tödliche Folgen.
Sie haften so mit ihrem Leben für das Fehlverhalten an-
derer, obwohl sie selbst nichts falsch gemacht haben. Ich
schildere dies deshalb so klar, weil ich mit einem Appell
an unsere Mitbürger schließen möchte: Lassen Sie sich
vom Werk der Nächstenliebe in Gestalt der Bereitschaft
zur Organspende nicht abhalten, auch nicht durch einige
inzwischen abgestellte Manipulationen. Wir als Gesetz-
geber sorgen dafür, dass die Urheber solcher Manipula-
tionen in Zukunft sicher bestraft werden können. Be-
straft werden dann diejenigen, die sich nicht an Recht
und Gesetz gehalten haben. Erklären Sie aber weiterhin
Ihre Organspendebereitschaft, und sorgen Sie so dafür,
dass nicht die schwerkranken Mitmenschen zum Opfer
werden!
Lassen wir nicht aus Zorn und Ärger und berechtigter
Kritik im Ergebnis Unschuldige leiden!
Stefanie Vogelsang (CDU/CSU): Vorab möchte ich
der Staatssekretärin Annette Widmann-Mauz ein großes
Kompliment aussprechen. Mit großem persönlichen En-
gagement hat sie sich des Themas Organspende in den
vergangenen Monaten sehr gründlich angenommen.
Es fanden viele Gesprächsrunden statt. Die Bericht-
erstatter im Gesundheitsausschuss haben sich im vergan-
genen Monat im Rahmen einer Delegationsreise über
Struktur, Aufgaben und Arbeitsweise der Stiftung Euro-
transplant im holländischen Leiden informiert. Viele
Sachverständige waren eingeladen, und wir haben uns
bewusst bei vielen Themen Zeit gelassen und stets ver-
sucht, alle Akteure in das Boot zu holen. Ich bin sehr
froh, dass es uns gelungen ist, einen fraktionsübergrei-
fenden Antrag zu formulieren.
Vor noch nicht einmal einem Jahr haben wir das
Transplantationsgesetz umfassend geändert. Die Novel-
lierung setzte Vorgaben der Europäischen Union zu Qua-
litäts- und Sicherheitsstandards in der Transplantations-
medizin um. Mit dem verabschiedeten Gesetz wurden
die Kontrollinstrumentarien gestärkt und die Grundsätze
für ein gerechtes und funktionierendes Transplantations-
system gelegt. Weiter wurde die unabhängige Prüfungs-
und Überwachungskommission gesetzlich verankert, ihre
Ermittlungsbefugnisse wurden gestärkt, und Vertreter
staatlicher Stellen wurden in die Kommission berufen.
Transplantationszentren und Entnahmekrankenhäuser
sind gegenüber der Prüfungs- und Überwachungskom-
mission zur Mitwirkung an Prüfungen verpflichtet.
Umso größer war der Schock, als nur kurze Zeit nach
der Verabschiedung dieses Änderungsgesetzes die Mani-
pulationen von Patientendaten, die zu einer bevorzugten
Organvergabe an diese Patienten führten, bekannt wur-
den. Ganz bewusst wurden eigene Patienten auf der War-
teliste nach vorn gerückt, ganz bewusst wurde gegen die
Richtlinien der Bundesärztekammer verstoßen. In drei
von vier Transplantationszentren zeigten sich Auffällig-
keiten.
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Dieser Skandal hatte eine verheerende Auswirkung
uf die Bereitschaft zur Organspende: Die Spenderzah-
n gingen rapide zurück, die Organspendezahlen sind
ingebrochen. Von den im Jahr 2012 realisierten Organ-
penden hatten nur noch 10 Prozent einen Organspende-
usweis oder eine Patientenverfügung. Das heißt, in
0 Prozent aller Fälle mussten die Angehörigen die Ent-
cheidung über die Organspende treffen, weil nichts
chriftliches vorlag.
Mit unserem gemeinsamen Antrag sollen nun die
onsequenzen aus den Manipulationen an Patientenda-
n in deutschen Transplantationskliniken gezogen wer-
en. Dabei war unser gemeinsames Motto: Gründlich-
eit vor Schnelligkeit. Schließlich müssen wir nicht nur
ie Interessen der 12 000 Menschen auf der Warteliste
erücksichtigen, sondern auch die der potenziellen
pender und ihrer Angehörigen. Eine Vergabe der Spen-
erorgane muss nach objektiven, transparenten, verläss-
chen, nachvollziehbaren und validen Kriterien erfol-
en. Schließlich gibt es in Deutschland derzeit nur zehn
pender pro 1 Million Einwohner, während beispiels-
eise Kroatien 40 Spender pro 1 Million Einwohner
ufweist.
Dabei hat die große Mehrheit der Menschen in
eutschland mit rund 70 Prozent grundsätzlich eine po-
itive Einstellung zur Organspende, aber mit nur 22 Pro-
ent dokumentieren die wenigsten ihre Bereitschaft in
inem Organspendeausweis. Gerade bei der Organ-
pende liegen das Leben und der Tod so nahe beieinan-
er wie in keinem anderen Bereich; denn der Tod des ei-
en Menschen bedeutet die Hoffnung auf ein neues
eben für einen oder auch mehrere Patienten, die auf ei-
er Warteliste stehen. Diese Verknüpfung löst bei den
enschen aber auch Ängste aus. Leider ist es so, dass
iele Menschen zwar die Sicherheit haben wollen, dass,
lls sie in einer Notsituation sind, genügend Spender-
rgane zur Verfügung stehen, aber leider füllen noch zu
enige selbst einen Organspendeausweis aus. Aus Stu-
ien wissen wir ebenfalls, dass die Menschen eher bereit
ind, eine persönliche Entscheidung zu treffen, wenn sie
ber das Thema Organspende gut informiert sind. Dies
t jedoch unabdingbar mit Vertrauen geknüpft.
Wichtig war es uns nun in den vergangen Monaten,
ehutsam genau dieses Vertrauen zu schaffen. Denn da-
it die Bürgerinnen und Bürger die Entscheidung, Or-
anspender zu werden, treffen können, dürfen sie nicht
n unserem Organspendesystem zweifeln. Diese Zweifel
üssen wir gemeinsam ausräumen.
Eine wichtige vertrauensbildende Maßnahme ist zum
eispiel, dass zukünftig Transplantationsbeauftragte in
rankenhäusern installiert werden. Ich möchte aber an-
ahnen, dass das Vertrauen in die Krankenhäuser nur
urch die Sanktionierung der Manipulationen wiederher-
estellt werden kann. Nach wie vor haben die verdäch-
gten Ärzte bis heute keine Konsequenzen aus ihrem
ehlverhalten ziehen müssen.
Wenn die Ermittlungsergebnisse der Staatsanwalt-
chaft vorliegen, müssen dringend die entsprechenden
esetzlichen Maßnahmen ergriffen werden, falls die Ma-
ipulationen wegen bestehender Gesetzeslücken straffrei
32348 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
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bleiben sollten. Für die Politik bedeutet dies, die Konse-
quenzen aus diesen Vorgängen zu ziehen, indem der Ge-
setzgeber für klare gesetzliche Vorgaben sorgt. Alle im
Bundestag vertretenen Faktionen haben dies von Anfang
an begrüßt. Die Tatsache, dass jetzt ein Antrag vorliegt,
der von allen Fraktionen im Ausschuss gemeinsam aus-
gearbeitet worden sei, ist richtig und wichtig, um Ver-
trauen zu stärken, damit die Bereitschaft der Bevölke-
rung zur Organspende wieder gestärkt wird.
In dem nun vorliegenden gemeinsamen Antrag for-
dern wir die Bundesregierung auf, einen Gesetzentwurf
vorzulegen, der die Richtlinien der Bundesärztekammer
zum Transplantationsgesetz unter einen Genehmigungs-
vorbehalt des Bundesgesundheitsministeriums stellt.
Damit soll eine staatliche Rechtsaufsicht über die Richt-
linienerstellung sichergestellt werden. Gleichzeitig ist
eine einheitliche und umfassende Datenerhebung im ge-
samten Prozessablauf der Transplantationsmedizin nö-
tig, auch um die Entscheidungen bei der Vermittlung von
Organen nach Dringlichkeit und Erfolgsaussicht auf eine
verbesserte und fundiertere Datenbasis zu stellen. Alle
bei den Manipulationen verantwortlichen Akteure müs-
sen strafrechtlich belangt werden. Hier muss der Gesetz-
geber handeln, und da sind wir uns auch alle einig. Des-
halb fordern wir auch einen jährlichen Bericht in den
nächsten drei Jahren über den Fortgang des eingeleiteten
Reformprozesses, mögliche Missstände und sonstige ak-
tuelle Entwicklungen in der Transplantationsmedizin.
Außerdem soll der mit den Ländern begonnene Diskus-
sionsprozess zum Informationsaustausch über berufs-
oder strafrechtliche Maßnahmen gegen Gesundheits-
dienstleister zwischen den Behörden fortgesetzt werden.
Es ist insofern ein positives Signal, dass sich der ge-
samte Bundestag einig ist, das System der Organtrans-
plantation in Deutschland nachhaltig zu stärken. Es ist
auch ein positives Signal, dass wir mit großer Mehrheit
die Konsequenzen aus dem Organspendeskandal ziehen.
Heute ist ein guter Tag für die Menschen in Deutschland,
die vom Thema Organspende betroffen sind.
Annette Widmann-Mauz (CDU/CSU): Ich möchte
das Thema Organspende mit einer guten Feststellung be-
ginnen: Trotz der vielen unterschiedlichen Ansätze, die
uns Parteien auszeichnen und die auch immer wieder zu
kontroversen Diskussionen führen, haben wir 2012 mit
der Novelle des Transplantationsgesetzes und mit der
Einführung der Entscheidungslösung den Menschen be-
wiesen: Geht es um wichtige gesundheitliche Themen,
dann gibt es in der Politik ein Miteinander!
Uns allen gemeinsam ist es gelungen, die Organ-
spende und ihre Bedeutung in die Mitte der Gesellschaft
zu rücken, verbunden mit der eindeutigen Botschaft: Die
Menschen sind aufgefordert, sich zu entscheiden, ob sie
bereit sind, nach ihrem Tod ein Organ zu spenden.
Die bekannt gewordenen Manipulationsvorwürfe in
vier Transplantationszentren haben uns in unseren An-
strengungen leider zurückgeworfen. Das Vertrauen in
der Bevölkerung ist erschüttert. Die Zahl der Organspen-
den ist stark zurückgegangen.
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Diese dramatische Entwicklung, die durch die Mani-
ulationen ausgelöst wurde, hat uns in unserem partei-
bergreifenden Ziel, die Organspende in Deutschland
emeinsam voranzubringen, nicht auseinanderdividieren
önnen. Wir haben die politischen Konsequenzen ge-
einsam gezogen.
Mit den Änderungen des Transplantationsgesetzes im
ahmen des Gesetzes zur Beseitigung sozialer Überfor-
erung bei Beitragsschulden in der Krankenversicherung
aben wir fraktionsübergreifend wichtige Gesetzesver-
chärfungen vorgenommen. Ich möchte mich bei Ihnen
n dieser Stelle für die wirklich konstruktive Zusammen-
rbeit sehr herzlich bedanken.
Eine Bevorzugung von Patienten auf der Warteliste
r ein Spenderorgan wird zukünftig nicht mehr möglich
ein; denn mit aller Deutlichkeit verbieten wir jetzt die
nrichtige Erhebung und die unrichtige Dokumentation
owie die Übermittlung eines verfälschten Gesundheits-
ustandes der Patienten an Eurotransplant, wenn sie mit
er Absicht erfolgen, Patienten auf der Warteliste zu be-
orzugen. Ein Verstoß gegen dieses Verbot wird je nach
chwere mit einer Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder
iner Geldstrafe geahndet.
Außerdem haben wir die Richtlinien der Bundesärzte-
ammer einer Begründungspflicht unterworfen und un-
r den Vorbehalt der Genehmigung durch das Bundes-
inisterium für Gesundheit gestellt. Dadurch werden die
ichtlinien, beispielsweise zur Aufnahme in die Warte-
ste, zur Organvermittlung oder zu Maßnahmen der
ualitätssicherung transparent und einer staatlichen
ontrolle unterworfen.
Die Anhörung, die am Montag im Gesundheitsaus-
chuss stattgefunden hat, hat uns gezeigt, dass dieser
eg der richtige ist, um Akzeptanz und Vertrauen in der
evölkerung wiederherzustellen und nachhaltig zu stär-
en. Die dort angehörten Experten haben diesen Weg
st ausnahmslos bestätigt.
Wir haben nach Bekanntwerden der Vorfälle schnell
agiert und bereits im vergangenen Jahr Sofortmaßnah-
en ergriffen. In einem von Bundesgesundheitsminister
aniel Bahr im August 2012 geführten Spitzengespräch
urden Verschärfungen der Richtlinie zur Wartelisten-
hrung vereinbart. Bei der Aufnahme von Patientinnen
nd Patienten auf die Warteliste für eine Organtransplan-
tion entscheidet nicht ein Arzt allein, sondern aus-
ahmslos eine aus mehreren Ärzten bestehende Trans-
lantationskonferenz.
Unverzüglich haben die für die Überprüfung der
ransplantationszentren verantwortlichen Kommissio-
en die Prüfungen aufgenommen; die Erstprüfungen
onnten im Mai 2013 abgeschlossen werden. Zukünftig
erden die Prüfungen flächendeckend ausgedehnt und
eschleunigt durchgeführt. Dazu sind die Verfahren fest-
elegt worden, um alle Transplantationszentren mindes-
ns einmal in einem Zeitraum von 36 Monaten zu prü-
n.
Wir haben außerdem bestimmt, dass Bund und Län-
er künftig neben dem Spitzenverband Bund der Kran-
enkassen, der Deutschen Krankenhausgesellschaft, der
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32349
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Bundesärztekammer und der Deutschen Transplanta-
tionsgesellschaft im Stiftungsrat der Koordinierungsstelle
DSO mit Sitz- und Stimmrecht vertreten sind. Außerdem
werden zwei Patientenvertreter diesem Aufsichtsgre-
mium beratend angehören.
Im Ergebnis werden im Stiftungsrat der DSO keine
Entscheidungen gegen die Stimmen der staatlichen Be-
hörden und Körperschaften des öffentlichen Rechts ge-
troffen werden können. Damit haben wir die öffentlich-
rechtliche Kontrolle über die DSO erheblich gestärkt.
Diese Neustrukturierungen müssen jetzt ihre Wirkungen
entfalten. Die Anhörung hat gezeigt, dass verfassungs-
rechtliche Bedenken an dieser Stelle keinen Bestand ha-
ben. Ich bin überzeugt, dass wir mit diesen Maßnahmen
eine effektive Kontrolle geschaffen haben.
Die Diskussionen haben auch gezeigt, dass wir eine
einheitliche Datenerhebung im gesamten Prozess der Or-
gantransplantation brauchen, um die Ergebnisqualität in
der Organtransplantation zu verbessern und letztlich die
im Gesetz genannten besonderen Kriterien für die Ver-
mittlung von Organen – Dringlichkeit und Erfolgsaus-
sicht – noch besser ausbalancieren zu können.
Das Fachgutachten zu einem Transplantationsregister,
das wir bis Ende des Jahres erwarten, wird uns die not-
wendigen Ergebnisse hierzu liefern. Darüber hinaus wer-
den wir durch das Transplantationsregister feststellen
können, wie sich die Qualität eines Spenderorgans auf
die Qualität des Überlebens eines Organempfängers aus-
wirkt, und wir werden dadurch erfahren, welche Qualität
die Zentren selbst aufzuweisen haben.
Wir können auch jedem Patienten die Möglichkeit an
die Hand geben, sich über die Ergebnisqualität in den
Kliniken zu informieren. Auch dieses ist ein weiterer
wesentlicher Schritt zu mehr Transparenz.
Zusammenfassend können wir feststellen: Auf allen
Ebenen wurde seit Bekanntwerden der Manipulations-
vorwürfe gemeinschaftlich viel getan. Die Verantwortli-
chen haben gehandelt. Selbstverwaltung und Politik ha-
ben gezeigt, dass innerhalb des bestehenden Systems
schnell und effektiv reagiert werden kann. Eine Neuord-
nung des Systems hätte hier nicht mehr leisten können.
Wir haben den Menschen auch gezeigt, dass der Poli-
tik dieses Thema so wichtig ist, dass alle Parteien hier
gemeinsam die Verantwortung mittragen und diese Ver-
antwortung sehr ernst nehmen.
Mit den jetzt erfolgten Verschärfungen des Gesetzes
und dem gemeinsamen Antrag zur nachhaltigen Stär-
kung des Systems der Organtransplantation ist die ein-
deutige Botschaft verbunden: Wir wollen ein Organ-
spendesystem für die Menschen in unserem Land, das
sicher ist und dem sie vertrauen können. Kriminelle
Energie hat in diesem System keinen Raum, und wir
werden ihr auch künftig keinen Raum geben.
Dr. Marlies Volkmer (SPD): Es ist unangemessen,
dass ein für die Menschen so wichtiges Thema wie die
Organspende und Organtransplantation zu einem derart
späten Termin im Plenum platziert wird. Mit dem An-
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ag, der von allen Fraktionen getragen wird, errichten
ir schließlich einen Meilenstein in der Debatte um das
eutsche Transplantationssystem.
Der Weg zu diesem fraktionsübergreifenden Antrag
ar durchaus steinig. Nicht immer waren wir uns bei der
rarbeitung über die konkreten Forderungen einig und
arüber, was wir als Politik regeln müssen und was wir
er Selbstverwaltung überlassen sollten. Doch gerade
ie Sachen, in die man selbst Arbeit und Anstrengung
vestiert hat, weiß man auch am ehesten zu schätzen.
h denke, ich spreche hier im Namen aller Beteiligten.
Ich sehe es als überaus positives Signal, dass sich alle
arteien einig werden konnten und es nur in einem Punkt
eutliche Differenzen gab. Die unterschiedlichen An-
ichten darüber, wie das System der Organspende orga-
isiert und koordiniert werden sollte, sind der Grund,
ass wir heute Abend neben dem gemeinsamen Antrag
uch über die Anträge der Fraktionen der Grünen und
inken sprechen. In den Anträgen wird die Umwand-
ng der Deutschen Stiftung Organtransplantation, der
SO, in eine Körperschaft des öffentlichen Rechts ge-
rdert. Es ist in der Tat ungewöhnlich, dass bei uns in
eutschland eine private Stiftung für die Organisation
er Prozesse rund um die Organspende zuständig ist.
ber, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Linken
nd Grünen, was versprechen Sie sich von einer solchen
echtsformänderung? Kein Sachverständiger konnte bei
er Anhörung erläutern, welche Vorteile eine solche
echtsformänderung für die Patientinnen und Patienten
ätte. Dass Sie zur Unterstützung Ihrer Forderung einen
achverständigen aufgefahren haben, der sich in seinen
ußerungen und seiner Wortwahl deutlich vergriffen
at, hat Ihre Position ebenfalls nicht gestärkt.
Die bekannt gewordenen Manipulationsvorwürfe be-
afen den Bereich der Organvergabe, der von dem Be-
ich der Organspende getrennt ist. Trotzdem haben wir
uch im Bereich der Organspende die staatliche Kon-
olle gestärkt. Bund und Länder werden zukünftig mit
itz- und Stimmrecht im Stiftungsrat der DSO vertreten
ein und sind so unmittelbar in alle Geschehnisse einbe-
ogen. Damit erhält die Stiftung eine stärkere öffentlich-
chtliche Ausrichtung.
Tausende Organe werden jährlich verpflanzt, Tau-
ende Leben gerettet. In einem so sensiblen Feld der Me-
izin reichte das Fehlverhalten einiger Weniger, um das
ertrauen in ein ganzes System zum Wanken zu bringen.
Als Politikerinnen und Politiker tragen wir Verant-
ortung. Verantwortung im Zusammenhang mit Organ-
pende und Transplantation bedeutet nicht nur Aufklä-
ng und Kontrolle, Verantwortung bedeutet auch den
erzicht auf Skandalisierungen. Niemand sollte die Vor-
lle instrumentalisieren, um eine persönlich grundsätz-
che Ablehnung der Organspende zu transportieren. Je-
er sollte in diesem sensiblen Politikfeld aber auch der
ersuchung widerstehen, für die eine oder andere
chlagzeile und etwas öffentliche Aufmerksamkeit den
rganspendeprozess in Verruf zu bringen. So haben zum
eispiel nicht belegte Behauptungen aus der Fraktion
er Grünen, Privatpatienten würden bei der Organver-
abe bevorzugt, dazu beigetragen, das Vertrauen der
32350 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
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Menschen in eine gerechte Organvergabe ungerechtfer-
tigterweise zu erschüttern.
Belegt hingegen sind die Manipulationen und be-
wussten Verstöße gegen die Richtlinien der Bundesärzte-
kammer in 4 von 24 Lebertransplantationszentren. Hier
wurde mit dem Ziel manipuliert, eigene Patienten auf
der Warteliste nach vorn zu rücken, zum Nachteil der
nichttransplantierten Patienten, möglicherweise auch
zum Nachteil des Transplantierten, wenn die Indikation
nicht gegeben war.
Es ist also unstrittig, dass unser selbstverwaltetes Ge-
sundheitssystem nicht ohne öffentliche Kontrolle und
Sanktionsmöglichkeiten bei Fehlverhalten auskommt.
Ebenso ist eine aufmerksamere Aufsicht der Länderbe-
hörden notwendig. Wir haben mehr staatliche Kontrolle
durchgesetzt durch unsere Änderungen im Transplanta-
tionsgesetz vom 21. Juli 2012 und denjenigen, die in der
vorigen Sitzungswoche einstimmig verabschiedet wur-
den. Auch der Antrag, der heute auf der Tagesordnung
steht, wird dazu beitragen, noch mehr Transparenz und
Kontrolle im gesamten Organspendeprozess zu erzielen.
Neben der Erhöhung der Transparenz und der Sicher-
stellung der Kontrolle und Sanktionen bei Manipulatio-
nen im Zusammenhang mit der Warteliste wollen wir
durch den gemeinsamen Antrag auch die Verbesserung
der Qualität der Transplantationen vorantreiben.
Im internationalen Vergleich steht Deutschland bisher
in Sachen Qualität bei der Organtransplantation nicht an
der Spitze. Genaue Angaben, warum das so ist, können
wir heute aufgrund einer ungenügenden Datenlage nicht
machen.
Ein Grund könnte beispielsweise darin liegen, dass
zum Beispiel bei der Lebertransplantation in Deutsch-
land nur nach der Dringlichkeit vorgegangen wird. Fra-
gen der Erfolgsaussicht werden nicht berücksichtigt, im
Gegensatz zu manchen anderen Ländern. Es liegt auf der
Hand, dass ein Zentrum, dass viele Patienten mit termi-
nalem Leberversagen nach langem Verlauf mit begin-
nendem Versagen auch anderer Organsysteme transplan-
tiert, schlechtere Erfolgsergebnisse aufweist als ein
Zentrum, das solche Patienten nicht transplantiert. Eine
Rolle spielt auch, dass in Deutschland wegen der gerin-
geren Zahl von Organspendern als beispielsweise in den
Niederlanden oder in Spanien auch auf Organe von alten
Menschen zurückgegriffen wird. Aber auch andere Ursa-
chen der Qualitätsunterschiede kommen infrage.
Zukünftig soll es eine einheitliche und umfassende
Datenerhebung im gesamten Prozessablauf der Trans-
plantationsmedizin geben. So können wir die Entschei-
dungen bei der Vermittlung von Organen nach Dring-
lichkeit und Erfolgsaussicht auf eine fundiertere
Datenbasis stellen. Auch die Versorgungsqualität in den
einzelnen Transplantationszentren kann transparent ge-
macht werden. Das ist die Voraussetzung dafür, festzule-
gen, in welchen Zentren zukünftig welche Organe trans-
plantiert werden sollen.
Die Spendebereitschaft erhöhen können alle gesetz-
geberischen Regelungen nur mittelbar. Ich bin aber über-
zeugt, dass mit einem solchen Register das Vertrauen der
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enschen in das System der Organspende gestärkt wer-
en kann. Jeder kann nachvollziehen, wie Menschen mit
iner Organspende geholfen werden kann und dass ver-
ntwortungsvoll mit den gespendeten Organen umge-
angen wird.
Auch wenn es inzwischen so aussieht, dass die Ärzte
den Transplantationszentren die Manipulationen an
en Wartelisten nicht aus finanziellen Gründen vorge-
ommen haben, so bestehen noch immer schädliche An-
ize. Ein solcher Anreiz ist zum Beispiel, in einem be-
onders guten Licht dazustehen, wenn viele
ransplantationen im eigenen Zentrum durchgeführt
erden. Wir von der SPD hätten uns gewünscht, dass
oni auf Fallzahlsteigerungen, sprich der Anreiz, um je-
en Preis die Zahl der Operationen zu steigern, grund-
ätzlich verboten würden. Der Regierungskoalition ging
as zu weit. Sie setzt lediglich auf Empfehlungen, auf
olche Boni zu verzichten, und darauf, in den Qualitäts-
erichten der Krankenhäuser darauf zu verweisen, falls
ie Klinik nach wie vor solche Sonderzahlungen mit ih-
n Chefärzten vereinbart. Das bietet keinen wirksamen
chutz für die Patientinnen und Patienten. Nur ein voll-
tändiges Verbot derartiger Vereinbarungen kann als not-
endiges Signal an die Menschen wirken. Nur so kann
eutlich gemacht werden, dass alleine die Sorge um ihre
esundheit und keine finanziellen Interessen das Han-
eln ihrer Ärztinnen und Ärzte lenkt.
Ich persönlich glaube, es ist unvermeidbar, dass wir
uch die Zahl der Transplantationszentren in Deutsch-
nd überdenken. 49 Transplantationszentren „konkur-
eren“ heute um Patienten und Organe – mit allen nega-
ven Folgen, die eine solche Konkurrenz hat. Es ist
nvermeidlich, dass wir nicht nur zur Stärkung der Qua-
tät, auch zur Vermeidung von Kontrolldefiziten die
ransplantationen stärker konzentrieren. Um jedoch in
iesem Bereich Entscheidungen treffen zu können, brau-
hen wir mehr Informationen: Informationen darüber,
ie die Qualität der Transplantationszentren ist. Und wir
rauchen die Kooperation der Bundesländer. Schließlich
ind sie es, die die Verantwortung über den Kranken-
ausbereich haben.
Wer Organe spendet oder auf der Warteliste für ein
der mehrere Organe steht, muss sich darauf verlassen
önnen, dass der gesamte Prozess sicher und in guter
ualität abläuft. Er muss auch sicher sein können, dass
ie Organspende und die Organvergabe streng nach den
ichtlinien der Bundesärztekammer verlaufen und dass
iese Richtlinien regelmäßig nach dem Stand der Wis-
enschaft aktualisiert werden.
Die Abgeordneten des Bundestages haben die Auf-
abe, die gesetzlichen Rahmenbedingungen dafür zu
chaffen. Wir betrachten es auch als unsere Pflicht, uns
gelmäßig von der Qualität der Transplantationsmedi-
in zu überzeugen. Ebenso werden wir uns über die Um-
etzung eingeleiteter Vorgaben informieren.
Ich bin sehr froh und halte es für ein wichtiges Signal
n die Bevölkerung, dass das von allen Fraktionen so ge-
ehen wird. Ich werde dem nächsten Bundestag nicht
ehr angehören. Es freut mich, dass meine letzte parla-
entarische Wortmeldung gerade zu einem Thema ist,
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32351
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bei dem über alle Fraktionen die unbedingte Bereitschaft
besteht, gemeinsam zu guten Lösungen für alle zu kom-
men. Das wird das Vertrauen der Menschen in die Sinn-
haftigkeit und Sicherheit einer Organspende stärken und
Menschen auf der Warteliste Hoffnung geben.
Gabriele Molitor (FDP): Über das Lob eines Exper-
ten in der Anhörung von dieser Woche habe ich mich ge-
freut. Er lobte, dass sich die Berichterstatter aller Frak-
tionen nach Bekanntwerden der Manipulationsvorwürfe
erneut ausgiebig mit dem Transplantationswesen in
Deutschland beschäftigt haben. Er hat recht. Denn dies
ist der Beweis dafür, dass es allen Beteiligten ernst ist,
das Vertrauen in die Organtransplantation in Deutsch-
land wieder zu steigern. In der Tat haben wir mit der Än-
derung des Transplantationsgesetzes im letzten Jahr und
den jetzt abschließend zu beratenden Änderungen das
Ziel verfolgt, das System gegen Manipulationen zu stär-
ken.
Aber auch mit den neuen Regelungen wird es keine
absolute Sicherheit geben, genauso wenig, wie es in ei-
nem staatlichen System absolute Sicherheit gäbe.
Die Systemfrage hier zu stellen und der Selbstverwal-
tung die Fähigkeit abzusprechen, Missstände aufzude-
cken und abzustellen, bezeugt die grenzenlose Staats-
hörigkeit der beiden Antragsteller. Mehr staatlicher
Einfluss und mehr staatliche Kontrollen bedeuten nicht
automatisch mehr Transparenz und Sicherheit. Außer-
dem gibt es bereits mehr „staatliche Mitwirkung“. Der
Stiftungsrat der „Deutschen Stiftung Organtransplanta-
tion“, DSO, wird durch Vertreter von Bund und Ländern
verstärkt. Zukünftig können keine Entscheidungen ge-
gen die Stimmen der staatlichen Behörden und Körper-
schaften des öffentlichen Rechts getroffen werden. Die
Stiftung als solche bleibt vorbehaltlich der noch erfor-
derlichen Genehmigung der Satzung durch die Stiftungs-
aufsicht privatrechtlich, aber die Stiftungsarbeit ist in
öffentlich-rechtliche Rahmenbedingungen eingebunden.
In der Selbstverwaltung verfügen die Kontrolleure
über einen hohen Sachverstand. Und diese Kontrollgre-
mien haben eine sehr gute Arbeit geleistet. Um eine ver-
gleichbare Kompetenz auf staatlicher Ebene zu errei-
chen, müssten wir unzählige Ärzte einstellen. Das kann
nicht unser Kernanliegen sein. Wir brauchen Ärzte für
die Behandlung von kranken Menschen und nicht in ers-
ter Linie als Kontrolleure ihrer Kollegen.
Alle Fraktionen haben sich auf einen gemeinsamen
Antrag geeinigt und Kompromissbereitschaft bewiesen.
Die von den Linken und Grünen vorgelegten eigenen
Anträge scheren aus der gemeinsamen Linie aus. In ei-
ner Demokratie ist das ihr gutes Recht, trotzdem finde
ich dieses Vorgehen bedauerlich.
Auch die Aufforderung, sämtliche Richtlinien im Ge-
setz genau zu regeln, geht am Wesen medizinischer Ent-
wicklung vorbei. Der Stand medizinischen Wissens än-
dert sich permanent. Das können wir nicht in Beton
gießen; gesetzliche Regelungen müssten ständig überar-
beitet werden, um der Wissenschaft nicht hinterherzu-
hinken.
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Hier habe ich Vertrauen, dass die Bundesärztekammer
em Wunsch des Gesetzgebers entspricht und sich nach
em Erkenntnisstand der Wissenschaft richtet.
Deswegen bin ich zuversichtlich, dass wir mit einer
tärkung der vorhandenen Strukturen im Transplantati-
nswesen in Deutschland auf einem guten Kurs sind. Es
urden Sofortmaßnahmen erarbeitet und eingeleitet wie
um Beispiel die Intensivierung der Kontrollen und Stär-
ung der Kontrollgremien, die Erhöhung der Transpa-
nz und Vermeidung von Fehlanreizen. Wir haben vor
wei Wochen einen Änderungsantrag für das Transplan-
tionsgesetz beschlossen, der zum einen strafrechtliche
anktionen bei Manipulationen der Warteliste ermög-
cht. Diese reichen von Geldstrafen bis hin zu Freiheits-
trafen von bis zu zwei Jahren.
Zudem muss die Bundesärztekammer ihre Richtlinien
Zukunft begründen und durch das Ministerium geneh-
igen lassen. Damit sorgen wir für größere Verbindlich-
eit der Richtlinien.
Die Kontrollen werden fortgesetzt, und wir werden
ns auch in Zukunft regelmäßig über die Entwicklungen
der Transplantationsmedizin informieren lassen.
Deshalb bin ich überzeugt davon, dass sich das Ver-
auen in das Transplantationswesen wiederherstellen
ird. Dies wird allerdings Zeit brauchen. Vertrauen lässt
ich leider nicht „auf Knopfdruck“ erzwingen.
Martina Bunge (DIE LINKE): Es ist ein gutes Zei-
hen, dass wir zum Abschluss der Legislatur einen ge-
einsamen Standpunkt gefunden haben. Eine Legislatur
eht zu Ende, in der wir nach umfangreichen Verhand-
ngen aller Fraktionen die Entscheidungslösung auf den
eg gebracht haben, damit mehr der Bürgerinnen und
ürger, die prinzipiell zur Organspende bereit sind, das
uch dokumentieren, um damit denjenigen, die dringend
uf ein Organ warten, um besser oder überhaupt weiter-
ben zu können, zu helfen. Die dann aufgedeckten Un-
gelmäßigkeiten und Vorfälle an einigen Transplanta-
onskliniken haben uns nicht nur geschockt, sondern
berfraktionell stimuliert, zu diskutieren, wie es weiter-
ehen soll. Gut, dass es uns gelingt, bei solch lebensent-
cheidenden Fragen über Parteigrenzen hinweg gemein-
am zu arbeiten, uns zuzuhören und auch die Gedanken
echselseitig aufzunehmen.
Dafür möchte ich mich bei allen beteiligten Kollegin-
en und Kollegen recht herzlich bedanken. Das sind gute
tunden und Zeichen parlamentarischer Demokratie.
Ob dadurch das Vertrauen in das Organtransplanta-
onssystem, das bei vielen verloren ging, bereits wieder-
ergestellt werden kann, ist fraglich. Das wird weiter
arte Arbeit, ständiges Achten auf Transparenz und
ontrolle notwendig machen. Alle Erfahrungen, auch
nderer Länder zeigen: Solidarität im Gesundheitssys-
m ist das A und O für Vertrauen bei der Organtrans-
lantation. Und da ist es bekanntlich in Deutschland
urch die zunehmende Kommerzialisierung und Ökono-
isierung des Gesundheitssystems nicht zum Besten be-
tellt.
32352 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
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Wir haben auch noch nicht alle Fragen hinreichend
geklärt, die im Raum stehen. Ich denke da nur an den
Zielkonflikt, der bei der Auswahl des Organempfängers
besteht; wir alle wissen, dass sich höchste Dringlichkeit
und größte Erfolgschancen diametral entgegenstehen
können. Nach wie vor wird diskutiert, ob die Fixierung
auf den Hirntod die hinreichende Entscheidung für die
Organentnahme ist. Unzufriedenheit gibt es nach wie
vor an den privatrechtlich geprägten Strukturen, über die
das Organtransplantationsgeschehen organisiert ist.
Auch die Anhörung vom Montag hat noch einmal
deutlich gemacht, dass es über die im gemeinsamen An-
trag vorgesehenen Maßnahmen hinaus weiteren Hand-
lungsbedarf gibt.
Wir bleiben vor allem skeptisch, dass künftig allein
das Abnicken der Bundesregierung die Legitimierung
der von der Bundesärztekammer erstellten Richtlinien
für die Wartelistenerstellung bringen kann.
Quasi basale Grundrechte von Leben und Tod stellen
hier einen besonders hohen Grundrechtebezug auf. Die
Begründung, dass der medizinische Fortschritt eine
enorme Dynamik in die Entscheidungskriterien bringe
und erfordere, die Einzelheiten in die Hände der Ärzte-
schaft zu geben, greift meines Erachtens zu kurz. Es
kann nicht sein, dass die Ärztekammer entscheidet, ob
sie der Dringlichkeit oder der Erfolgsaussicht den Vor-
rang gibt, und damit entscheidet, ob derjenige das Organ
erhält, der dies dringend benötigt – auch wenn die Er-
folgsaussicht gering ist –, oder derjenige, der weniger
dringend ein Organ braucht, aber bei dem die Erfolgs-
aussicht höher ist. Die Entscheidung, wer von beiden
länger leben darf, kann nicht von der Ärztekammer vor-
bestimmt werden.
Ich finde, um die Begriffe Dringlichkeit und Erfolgs-
aussicht zu verknüpfen, bedarf es einer zutiefst ethischen
Diskussion, die in die Mitte der Gesellschaft gehört. Und
dann kann sich das Parlament auch nicht entziehen.
Abschließend wünschte ich mir, dass sich das Parla-
ment künftig mit ähnlicher Gründlichkeit wie bei der Or-
gantransplantation auch Zeit nimmt, über Wege und
Möglichkeiten der Vermeidung von Organverlusten zu
reden und entsprechende Maßnahmen auszulösen.
Wir alle wissen, dass bei der Leber zu 50 Prozent die
alkoholische Leberzirrhose in den Industrieländern die
häufigste Ursache ist. Nach wie vor ist in unserem Life-
style Alkohol fester, fast unerschütterlicher Bestandteil.
Nicht unbekannt ist ebenfalls, dass Nieren zu großen
Mengen dem Diabetes-Typ-2 zum Opfer fallen, der als
häufig vermeidbar gilt, oder auch dem Bluthochdruck,
der gut beeinflussbar, reduzierbar bzw. auch vermeidbar
ist.
Und die Lunge: Hier ist die Hauptursache chronisch
obstruktiver Atemwegserkrankungen die individuelle
Belastung durch das Rauchen zu sage und schreibe
90 Prozent. Doch wo stehen wir? Beklatscht werden Er-
folge in nicht rauchenden Gymnasialklassen, aber das
von der WHO initiierte vollständige Tabakwerbeverbot
– Werbung, die alle erreicht und anspricht – wird nicht
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mgesetzt; nach wie vor machen uns Plakate und Kino-
pots weis, dass Rauchen einfach cool ist.
Wir müssen, um unsägliches Leid zu verhindern, alle
ur möglichen präventiven und kurativen Maßnahmen
rgreifen, um den Verlust eigener Organe weitestgehend
u vermeiden. Dann haben auch die Menschen, wo gene-
sch oder anderweitig medizinisch bedingt, ein Organ-
erlust unabwendbar ist, mehr und bessere Chancen.
Auch und gerade für die Organtransplantation brau-
hen wir dringend eine moderne Gesundheitsförderung
nd Prävention, anders werden wir die Diskrepanz zwi-
chen Bedarf an Organen und möglichen Spenden nicht
eherrschen können.
Ich bin froh, dass wir etwas in die richtige Richtung
ewegt haben, aber dieser Weg ist noch nicht abge-
chlossen. Wir werden als LINKE weiterhin schieben,
m den Prozess der Organtransplantation vorbildlich zu
rganisieren.
Dr. Harald Terpe (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
igentlich ist es erstaunlich, dass wir jetzt noch einmal
ie Möglichkeit haben, über das Thema Organspende zu
ebattieren. Mit den Verlautbarungen des Bundesminis-
rs für Gesundheit aus dem vergangenen Herbst wurde
er Eindruck vermittelt, als seien mit der Reform des
ransplantationsgesetzes vom Juni 2012 und mit dem
pitzengespräch vom 27. August infolge der Wartelis-
nmanipulationen eigentlich alle Probleme gelöst. Dass
ies nicht der Fall war, haben wir in den letzten Monaten
esehen.
Es ist auch der Hartnäckigkeit von uns Grünen zu ver-
anken, dass die Debatte über bessere Strukturen und
egelungen in der Organspende nicht beendet wurde. Es
ab ja manchen, der das gerne gesehen hätte, sei es, um
on eigenem Fehlverhalten abzulenken, sei es aus der
agwürdigen Überzeugung, zu viel Transparenz würde
u Vertrauensverlust führen. Hätten wir dem nachgege-
en, wäre es eher bei marginalen Änderungen geblieben.
ir sind ganz im Gegenteil der Überzeugung, dass ein
tarkes Signal für Transparenz und unabhängige Kont-
llen erst Vertrauen sichern bzw. wiederherstellen kann.
s gab und gibt bei manchen Beteiligten anscheinend
rtdauernd eine große Furcht davor, die wirklichen
rsachen der Organspendeskandale der letzten Monate
u betrachten, weil dies zwangsläufig dazu führt, die
erzeitigen Strukturen im Transplantationssystem ganz
rundsätzlich auf den Prüfstand zu stellen.
Durch zwar lange, aber zuletzt ergebnisorientierte Be-
tungen zwischen den Berichterstattern der Fraktionen
nd dem BMG konnten wir in der letzten Woche einige
ichtige Änderungen im Transplantationsgesetz be-
chließen. Die grüne Hartnäckigkeit hat sich gelohnt:
ir haben die Richtlinien der Bundesärztekammer unter
inen Genehmigungsvorbehalt gestellt. Und wir haben
inen neuen Straftatbestand für Wartelistenmanipulatio-
en geschaffen.
Zudem ist die Einführung eines Transplantationsre-
isters geplant, mit dem zukünftig die Qualität von
ransplantationen dauerhaft überwacht werden soll.
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32353
(A) )
)(B)
Darüber hinaus wird die Bundesregierung verpflichtet,
dem Deutschen Bundestag in den nächsten Jahren jähr-
lich einen Bericht über aktuelle Entwicklungen in der
Transplantationsmedizin vorzulegen. Damit soll der Ge-
setzgeber zukünftig in die Lage versetzt werden, Fehl-
entwicklungen frühzeitig entgegenzuwirken.
Schließlich haben wir eine Fachanhörung zu der
Frage durchgeführt, wie eine geeignete öffentlich-recht-
liche Legitimierung und Verantwortung sowohl der
Organisation der Organspende als auch der Kontrolle
des Transplantationssystems, einschließlich des Vermitt-
lungsverfahrens, organisiert werden muss.
Von all diesen Änderungen war im letzten Herbst
noch nicht die Rede – wenigstens nicht in der Koalition.
Wenn Sie ehrlich sind: Wir haben Sie da auch ein biss-
chen zum Jagen tragen müssen.
Uns verbindet die Hoffnung, das Vertrauen der Bevöl-
kerung in die Organspende wiederherstellen zu können.
Der vorliegende interfraktionelle Antrag ist als öffentli-
cher parlamentarischer Beitrag sicher ein wichtiges Si-
gnal. Gerade weil – wie wir am Montag in der Anhörung
von der Vorsitzenden der Prüfungskommission gehört
haben – nicht ausgeschlossen ist, dass bei den geplanten,
nun anstehenden Prüfungen weitere Manipulationen ans
Licht kommen, ist es wichtig, dass der Gesetzgeber un-
missverständlich klarmacht, dass nunmehr Transparenz,
unabhängige Kontrollen und Verteilungsgerechtigkeit
auf der Grundlage rechtsstaatlicher Kriterien das deut-
sche Transplantationswesen bestimmen müssen.
Erst dann besteht überhaupt die Chance, dass eine
hoffentlich ergebnisoffene Aufklärung wie etwa die In-
formationen der Krankenkassen an dem unguten Gefühl,
das viele Menschen derzeit beim Thema Organspende
beschleicht, etwas werden ändern können. Es darf nicht
der Eindruck entstehen, dass sie zur Organspende über-
redet werden sollen. Nur so lässt sich das Vertrauen der
Bevölkerung in das System nachhaltig wieder herstellen.
Wir unterstützen den interfraktionellen Antrag, weil
er die schon genannten wichtigen Änderungen enthält.
Die vielen Enthüllungen der letzten Monate haben aber
auch gezeigt, dass es sich dabei eben nicht – wie oft be-
hauptet – um bedauerliche Einzelfälle handelt.
Wir sind daher weiterhin der Ansicht, dass es weitere
grundlegendere Strukturveränderungen in der Transplan-
tationsmedizin braucht. Viele Ärztinnen und Ärzte, die
vor Ort in diesem Bereich tätig sind, teilen übrigens
diese Ansicht. Die Feststellung, dass wir beispielsweise
zu viele Transplantationszentren in Deutschland haben,
die in ungutem Konkurrenzdruck zueinander stehen, ge-
hört mittlerweile schon fast zum Allgemeingut – selbst
bei den Vertretern der Selbstverwaltung. Und auch die
Tatsache, dass die derzeitigen Kontrollgremien gar nicht
über die Kapazitäten verfügen, eine dauerhafte Kontrolle
aller Zentren sicherzustellen, ist eigentlich allen Betei-
ligten klar.
Darüber hinaus müssen sämtliche Vermittlungs-
entscheidungen – auch solche, die auf Ausnahmerege-
lungen basieren – transparent gemacht werden.
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Es bleibt zu hoffen, dass die zukünftige Bundesregie-
ng hier vorausschauender agiert und zusammen mit
em Bundestag für ein vertrauenswürdiges System
orgt, damit sich die Probleme um die Organspende
icht zu einem „Schrecken ohne Ende“ entwickeln.
nlage 22
Zu Protokoll gegebene Reden
zur Beratung:
– Entwurf eines … Gesetzes zur Änderung des
Grundgesetzes – Herstellung der institutio-
nellen Unabhängigkeit der Justiz
– Entwurf eines Gesetzes zur Herstellung der
institutionellen Unabhängigkeit der Justiz
(Tagesordnungspunkt 16)
Norbert Geis (CDU/CSU): Die beiden Anträge be-
hren einen der wichtigsten Grundsätze unserer Verfas-
ung: die Gewaltenteilung in Exekutive, Legislative und
udikative. Die Gewaltenteilung gehört zum klassischen
undus aller europäischen Staaten. Sie ist Bestandteil
essen, was wir unter Rechtsstaat verstehen. Rechts-
taatlichkeit bedeutet Ausübung staatlicher Macht mit
em Ziel, den Bürgerinnen und Bürgern Freiheit, Ge-
chtigkeit, Sicherheit und vor allem die jeweils persön-
che Würde zu gewähren.
Die Gewaltenteilung ist Bestandteil dieses rechts-
taatlichen Prinzips. Der Kern dieser Idee liegt darin,
ass der einzelne Mensch nicht der erdrückenden Macht
es Staates ausgeliefert ist. Deshalb muss die öffentliche
ewalt nicht nur demokratisch organisiert, sondern auch
it Gegengewichten austariert sein. So wird am ehesten
rreicht, dass der Einzelne seine Würde und seine Frei-
eit behält und nicht im Räderwerk der geballten staat-
chen Macht untergeht. Dieses Prinzip der Gewaltentei-
ng findet sich in der Proklamation der Menschen- und
ürgerrechte von 1789. Dieses Prinzip ist allerdings viel
lter. Es findet sich bei Aristoteles, Locke, Montesquieu
nd bei Kant. Da es sich bei der Gewaltenteilung um ein
lementares Prinzip unseres Rechtsstaates handelt, wird
ie demgemäß auch von der Ewigkeitsklausel in Art. 79
bs. 3 Grundgesetz erfasst. Sie ist Bestandteil jener Ord-
ung, gegen deren Beseitigung alle Deutschen das Recht
uf Widerstand haben, Art. 20 Abs. 4 GG.
Zu diesem Organisationsschema der Staatsgewalt in
egislative, Exekutive und Judikative kommt der Föde-
lismus als ein weiteres Element der Gewaltenteilung.
atürlich üben auch Rundfunk und Presse, die soge-
annte vierte Gewalt, eine die Staatsgewalt begrenzende
irkung aus. Dies gilt auch für weitere rein gesellschaft-
che Kräfte und insbesondere auch für den Einfluss der
irtschaft. Diese haben jedoch nicht teil an der öffentli-
hen Gewalt. Sie haben dafür keinerlei Legitimation im
chtsstaatlichen Sinn. Sie haben zwar Macht, aber keine
emokratisch legitimierte Macht.
Eine weitere Überlegung scheint mir in diesem Zu-
ammenhang notwendig. Die einzelnen Gewalten sind
32354 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
(A) )
)(B)
nicht scharf voneinander getrennt. Das Grundgesetz
kennt nicht nur die klassische Gewaltenteilung, es kennt
vielmehr auch die Verschränkung, das Ineinanderspiel
der drei Gewalten. Die Beispiele dafür sind zahlreich.
Das gilt zum Beispiel für den Vollzug der Gesetze durch
die Bundesländer bis hinab zu den Gemeinden. Das gilt
für die Mitwirkung des Bundesrates bei der Gesetzge-
bung des Bundes. Das gilt aber auch im Bereich der Jus-
tiz.
Die Rechtsprechung spielt im demokratischen Staats-
wesen keineswegs eine Nebenrolle, sondern hat eine
zentrale Bedeutung. Sie schafft die Möglichkeit, Kon-
flikte innerhalb der Gesellschaft mithilfe der Staatsge-
walt zu lösen. Durch den gerechten Richterspruch wird
der Einzelne vor der zweifellos demokratisch legitimier-
ten Herrschaft der Exekutive geschützt. Schließlich hat
sie die wichtige Aufgabe, durch das Strafrecht für Ord-
nung und gesellschaftlichen Frieden im Staat zu sorgen.
Diese rechtsprechende Gewalt ist nach Art. 92 Abs. 1 GG
den Richtern anvertraut. Die Richter haben das Recht-
sprechungsmonopol zusammen mit den Gerichten. Die
beiden anderen Gewalten haben diese rechtsprechende
Gewalt nicht.
Damit die Richter das Amt der Rechtsprechung aus-
üben können, sind sie keiner anderen Gewalt unterwor-
fen; sie sind unabhängig. Allerdings sind die Richter
dem Gesetz unterworfen, das sie auf den Einzelfall anzu-
wenden haben. Sie dürfen nicht selbst die Rechtsord-
nung schaffen. Dies ist Sache der Legislative. Schon gar
nicht dürfen sie die Verfassung ändern. Das gilt natürlich
insbesondere für das Verfassungsgericht.
Aus der Unabhängigkeit der Rechtsprechung folgt,
dass die Eigenständigkeit der dritten Gewalt im Verhält-
nis zu den anderen Gewalten ein besonderes Gewicht ha-
ben muss. Das Grundgesetz stellt deshalb auch an die
Trennung der Justiz von der Verwaltung strenge Anfor-
derungen. Allerdings fordert das Grundgesetz keine
vollständige Trennung von Verwaltung und Rechtspre-
chung, sondern lässt Überschneidungen zu. Dort aller-
dings, wo es um die Unabhängigkeit der Rechtsprechung
selbst geht, ist eine scharfe Trennung vorgesehen und
auch geboten.
Der nicht unmittelbar der Rechtsprechung zugeord-
nete Bereich der Justiz ist organisatorisch und institutio-
nell an die Exekutive angebunden. Sie gehört zur
Ressortzuständigkeit des entsprechenden Fachministers.
Es gibt deshalb immer wieder die Diskussion, ob nicht
die Justiz organisatorisch völlig aus der Ressortzugehö-
rigkeit herauszunehmen ist, wie das auch in anderen eu-
ropäischen Ländern der Fall ist. Dies ist jedoch keine
verfassungsrechtliche Frage, sondern eine verfassungs-
politische Frage. Der Zustand, wie wir ihn jetzt in
Deutschland haben, widerspricht jedenfalls nicht der
Verfassung. Ob bei der völligen Herauslösung der ge-
samten Justiz aus der Verwaltung die demokratische Le-
gitimation nicht verloren geht, ist fragwürdig. Wohl aber
könnte man eine solche vollständige Eigenständigkeit
der Justiz so gestalten, dass sie verfassungsrechtlich
tragbar wäre.
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Es ist jedoch die Frage, ob dies in der Sache eine grö-
ere Effizienz bringen würde. Wir haben europa- und
eltweit eine sehr gut funktionierende Justiz. Die Be-
auptung, die Justizministerien könnten in irgendeiner
eise Einfluss nehmen auf die richterliche Unabhängig-
eit, ist durch nichts bewiesen. Es gibt Beispiele genug,
us denen sich geradezu das Gegenteil folgern lässt. Es
t auch eine Illusion, zu glauben, dass Personalentschei-
ungen allein durch richterliche Gremien per se sachge-
chter seien als durch ein Ministerium. In den Gerichten
ibt es „Karriereseilschaften“, durch welche die eigenen
eute vorangebracht und andere ausgeschlossen bleiben,
uch wenn sie noch so qualifiziert sind.
Auch sollte man die Justizminister nicht aus ihrer
erantwortung entlassen, dafür Sorge tragen zu müssen,
ass alles getan werden muss, damit die Rechtsprechung
nktionieren kann. Auch die Anbindung der Staatsan-
altschaften an das jeweilige Fachministerium hat sich
ewährt. Die Staatsanwälte sind nicht politisch motivier-
n Weisungen unterworfen, sondern allein Weisungen
us rechtlicher Sicht. Außerdem unterliegen sie dem
egalitätsprinzip. Kein Justizminister in Deutschland
ürde sich getrauen, einem Staatsanwalt eine nicht sach-
erechte Weisung zu erteilen. Er hätte morgen sein Amt
erloren.
Die beiden vorgelegten Gesetzentwürfe sind aber
urchaus diskussionswürdig. Sie geben zumindest Gele-
enheit, über das Zusammenspiel der Gewalten und über
nser gesamtes Verfassungsgefüge vertieft nachzuden-
en.
Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU/CSU): Die
orliegenden Gesetzesentwürfe der Fraktion Die Linke
ur organisatorischen Unabhängigkeit der Justiz von der
xekutive haben zwei Fragen aufgeworfen:
Erstens. Gibt es tatsächlich praktische Probleme im
ystem der Justiz, die eine solch tief greifende Reform
es Justizapparats erforderlich machen?
Zweitens. Sind die Vorschläge der Fraktion Die Linke
eeignet, etwaige strukturelle Probleme zu lösen?
Beide Fragen beantworte ich mit einem klaren Nein,
nd ich nutze gerne die Gelegenheit dieser Debatte, um
ochmals ausdrücklich festzustellen: Die Justiz in
eutschland funktioniert sehr gut. Sie ist im internatio-
alen Vergleich effizient, frei von Korruption und fach-
ch auf hohem Niveau. Deshalb genießt sie in der Be-
ölkerung zu Recht ein hohes Ansehen.
In dieser Legislaturperiode haben wir sie noch besser
emacht: Wir haben den Schutz vor überlangen Ge-
chtsverfahren – auch solche gibt es ausnahmsweise –
usgebaut, sodass jeder Bürger nunmehr das Recht auf
erichtlichen Rechtsschutz in angemessener Zeit besser
urchsetzen kann; ansonsten steht ihm eine Entschädi-
ung zu. Auch sind wir mit dem Gesetz zur Förderung
es elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten ei-
en entscheidenden Schritt in Richtung sichere und an-
enderfreundliche E-Justice gegangen.
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32355
(A) )
)(B)
Unbestritten wäre eine Abhängigkeit oder gar inhalt-
liche Steuerung der richterlichen Tätigkeit durch die
Exekutive, wie sie die Fraktion der Linken behauptet,
mit Art. 97 Grundgesetz nicht vereinbar. Entschieden
möchte ich an dieser Stelle aber dem Eindruck entgegen-
treten, dass die Entscheidungsbefugnisse der Exekutive
in Bezug auf die Ausstattung der Justiz oder auf Perso-
nalentscheidungen die Unabhängigkeit der Rechtspre-
chung infrage stellen.
Da ich während meiner Zeit als Amtsrichterin selbst
keine einzige Einflussnahme der Exekutive in Form von
Steuerungen von Karrieren durch Entscheidungen über
die Beurteilung, Beförderung und andere Personalmaß-
nahmen auf die Justiz erlebt habe, habe ich in der öffent-
lichen Anhörung im Rechtsausschuss den Vertreter der
Neuen Richtervereinigung nach konkreten Beispielen
gefragt. Schließlich sind die Entwürfe der NRV und der
Fraktion Die Linke inhaltsgleich.
Konkrete Beispiele dafür, dass seitens der Exekutive
auf die Richterschaft eingewirkt wird, und zwar mit wel-
cher Erwartungshaltung, welcher Methodik, welcher
Zielrichtung, konnten mir aber nicht genannt werden.
Vielmehr werden Gefahren als Folge der Ausübung der
Justizverwaltung durch die Exekutive lediglich theore-
tisch behauptet; über das Beurteilungs- und Beförde-
rungswesen könne Einfluss genommen werden, was in-
formelle Abhängigkeitsstrukturen begünstige.
Betrachten wir ganz objektiv den Global Competi-
tiveness Report 2012-2013 des Weltwirtschaftsforums,
so muss man feststellen, dass die deutsche Judikative im
Bereich der Unabhängigkeit weltweit auf dem siebten
Platz und damit deutlich vor den klassischen Vertretern
einer selbstverwalteten Justiz liegt. Die von den Linken
vorgeschlagenen Organisationsstrukturen bieten also
gerade keine Gewähr, zu mehr tatsächlicher Unabhän-
gigkeit der Rechtsprechung zu kommen. Klassische Ver-
treter einer selbstverwalteten Justiz wie Frankreich, Spa-
nien und Italien liegen auf den Plätzen 39, 60 und 68
dieses Reports – deutlich hinter Deutschland.
Selbst wenn man ein Abhängigkeitssystem annehmen
würde, so verweist Herr Professor Wittreck von der
Westfälischen Wilhelms-Universität Münster zu Recht
darauf, dass die Entwürfe der Fraktion Die Linke das
Problem nicht lösen, sondern nur ein Abhängigkeitssys-
tem durch ein anderes ersetzen, das Problem also nur
verlagern würden.
Während sich ein Richter bislang, hypothetisch be-
trachtet, an den Erwartungen des Ministerialdirektors im
Justizministerium orientieren könnte, würde er im Rah-
men der Selbstverwaltung über die Erwartungen eines
Mitglieds des Justizrates oder Wahlausschusses nachsin-
nen. Die behaupteten Gefahren für die Unabhängigkeit
der einzelnen Richter bzw. die Politisierung derselben
würden also nicht beseitigt, sondern nur vom Ressort-
minister auf den Justizrat verlagert. Der entscheidende
Unterschied besteht darin, dass ein Ressortminister dem
Parlament und in periodischem Abstand dem Wähler ge-
genüber für seine Justizpolitik verantwortlich ist; für den
Justizrat gilt dies nicht.
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Nichts spricht dafür, dass wechselnde Präsidentschaf-
n und rotierende Justizräte dazu beitragen würden, eine
ffektivere Justizverwaltung zu gewährleisten. Auch
tzt ist die Justiz bereits maßgeblich an organisatori-
chen Abläufen beteiligt. So verwalten im Präsidium die
ichterinnen und Richter ihr Gericht selbst, soweit es
m die Zuweisung der richterlichen Aufgaben und die
usammensetzung der Spruchkörper geht. Richter-
ienstgerichte sorgen dafür, dass gravierendere Diszipli-
armaßnahmen in Bezug auf richterliche Unabhängig-
eit ausgesprochen werden. Das Ministerium gibt die
m vom Parlament bewilligten Haushaltsmittel im Rah-
en der dezentralen Budgetierung zum größten Teil an
ie Gerichte und Staatsanwaltschaften zur eigenverant-
ortlichen Verwaltung weiter.
Zu erkennen ist also, dass die Justizverwaltung ein vi-
les Interesse an der rechtzeitigen und umfassenden
inbindung der Gerichte und Staatsanwaltschaften hat,
m deren justizpraktisches Know-how zu nutzen.
Entscheidend ist: Jede Ausübung von Staatsgewalt er-
rdert ihre demokratische Legitimation; sie muss auf
as Volk als Legitimationssubjekt rückführbar sein. Ge-
de daran mangelt es dem Vorschlag der Fraktion Die
inke, in dem sich der Justizrat eben nicht auf eine un-
nterbrochene demokratische Legitimationskette stützen
ann. Weder wäre der Justizrat durch das Volk legiti-
iert noch ist in dem Gesetzentwurf eine staatliche
echtsaufsicht über diese vorgesehen. Es würde nach
ieser Vorstellung eine von jeder demokratischen Kon-
olle freie Richterschaft Entscheidungsträger hervor-
ringen, die sich unter Berufung auf richterliche Status-
rivilegien jeder parlamentarischen Kontrolle entziehen
önnten.
Nicht zuletzt deshalb gehe ich auch weiterhin fest da-
on aus, dass die Bundesländer eine etwaige Grundge-
etzänderung nicht mittragen würden. Die Union kann
en vorliegenden Entwürfen deshalb nicht zustimmen.
Dr. Edgar Franke (SPD): In den Gesetzentwürfen
er Fraktion der Linken im Deutschen Bundestag zur
erstellung der institutionellen Unabhängigkeit der Jus-
z wird gefordert, dass Deutschland den Anschluss an
en europäischen Standard der Rechtsstaatlichkeit
nden und die Justiz in Bund und Ländern institutionell
nabhängig ausgestaltet werden soll. Dies haben wir in
rster Lesung diskutiert. Des Weiteren hatten wir die öf-
ntliche Anhörung zu den Gesetzentwürfen.
Hier wurde unsere Sicht weitgehend bestätigt: Eine
on parlamentarischem Einfluss freie Justizverwaltung
iderspricht dem Kerngehalt des Demokratieprinzips
es Grundgesetzes und kann auch durch Verfassungsän-
erung nicht vorgesehen werden. Das Gewaltenteilungs-
rinzip und andere verfassungsrechtliche Prinzipien und
egelungen gebieten nicht die Einführung der Selbstver-
altung der Justiz. Die Einführung einer Selbstverwal-
ng ist weder notwendig noch wünschenswert und
weckmäßig. Sie ist demokratietheoretisch höchst pro-
lematisch. Sie stärkt nicht die parlamentarische Demo-
ratie des Grundgesetzes, sondern „ständestaatliche Ten-
32356 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
(A) )
)(B)
denzen“, wie es Professor Hans-Jürgen Papier im
Rahmen der Anhörung formulierte.
Es muss vielmehr festgestellt werden, dass die rich-
terliche Unabhängigkeit, die verfassungsgarantierte rich-
terliche Unabhängigkeit, nicht von einer Selbstverwal-
tung der Justiz berührt wird oder abhängig ist. Eine sich
selbst verwaltende Justiz läuft Gefahr, den eigenen fi-
nanziellen Interessen hinterherzulaufen. Hinzu kommt:
Eine Selbstverantwortung würde den Staat nicht von sei-
ner Pflicht entbinden, die Justiz so zu organisieren und
auszustatten, dass diese ihrer verfassungsrechtlichen
Verpflichtung entsprechen kann.
Das Grundgesetz konstituiert ein System der Gewal-
tenverschränkung, nicht der Gewaltentrennung. Sie,
werte Kollegen von der Fraktion Die Linke, konnten
nicht belegen, dass eine Strukturreform verfassungspoli-
tisch notwendig oder gar verfassungsrechtlich zulässig
ist. Das bestehende Justizsystem weist keine gravieren-
den Mängel auf. Es gibt keine Probleme mit der Unab-
hängigkeit der Richter. Im Gegenteil: Der Schaden wäre
eindeutig höher als der Nutzen. Das sind zumindest
meine Erkenntnisse aus der Expertenanhörung. Daher
lehnen wir Ihre Gesetzentwürfe ab, wie es der Rechts-
ausschuss auch mehrheitlich empfohlen hat.
Marco Buschmann (FDP): Die Diskussionen über
eine weitere Stärkung der institutionellen Unabhängig-
keit der Justiz sind grundsätzlich gut und wichtig. Je-
doch zeigt der Blick über die Grenzen, dass die deutsche
Justiz heute bereits auf hohem Niveau, effektiv, kosten-
günstig und auch unabhängig arbeitet. Das belegen bei-
spielsweise internationale Vergleichsstudien. Die deut-
sche Justiz belegte etwa im Global Competitiveness
Report 2011-2012 weltweit den siebten Platz. Länder
dagegen, in denen es justizielle Selbstverwaltungsstruk-
turen gibt, wie sie der Entwurf vorschlägt, wie etwa
Frankreich, Italien und Spanien, liegen stattdessen weit hin-
ter Deutschland mit aktuellen Rängen von 37, 60 und 65.
Deutschland kann also stolz sein auf sein Justizsys-
tem. Unsere Richterinnen und Richter, unsere Staatsan-
wältinnen und Staatsanwälte leisten hervorragende Ar-
beit – und zwar im Rahmen unseres Justizsystems, wie
es derzeit ist. Die Fakten sprechen also dagegen, hier
Hand anzulegen und fundamentale Veränderungen – zu-
mal am Grundgesetz – vorzunehmen.
In der öffentlichen Anhörung zu den Gesetzentwürfen
wurde darüber hinaus von den Sachverständigen auch
noch auf Gefahren hingewiesen, die mit dem Entwurf
verbunden sind und die ich Ihnen hier nicht vorenthalten
möchte:
Eine Selbstverwaltung der Justiz, wie sie in den Ge-
setzentwürfen gefordert wird, ist eine vom parlamentari-
schen Einfluss freie Justiz und widerspricht damit nach
Ansicht mehrerer Sachverständiger dem Kerngehalt des
Demokratieprinzips; denn es entsteht eine Legitima-
tionslücke zwischen der ersten und der dritten Gewalt.
Den Selbstverwaltungsorganen der Justiz wäre nicht nur
ein nennenswerter Anteil des jeweiligen Staatshaushal-
tes zur Verwendung und Verteilung zugewiesen, darüber
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inaus hätten sie auch die Personalverantwortung über
ausende Mitarbeiter. Diese wichtigen Aufgaben dürfen
iner demokratischen Kontrolle in Form einer parlamen-
rischen Verantwortlichkeit der Regierung nicht entzo-
en werden. Eine Selbstverwaltung der Justiz würde also
ntscheidungsträger hervorbringen, die sich unter Beru-
ng auf richterliche Statusprivilegien jeder parlamenta-
schen Kontrolle entziehen könnten. Diese durch die
elbstverwaltung der Justiz drohende Legitimations-
cke wird in der heutigen Justizverwaltung über die
weite Gewalt geschlossen.
Ich möchte noch auf einen weiteren problematischen
unkt der Gesetzentwürfe eingehen, die Abschaffung
es Proberichterstatus. Die Justizverwaltungen sind im-
er wieder auf Personallenkungsmaßnahmen angewie-
en. An Gerichten können beispielsweise durch Perso-
alfluktuation, Elternzeit, längerfristige Erkrankungen
on Richterinnen und Richtern oder auch durch Abord-
ungen zu Behörden Lücken entstehen, die gefüllt wer-
en müssen. Dazu ist es notwendig, von einem Gericht
um anderen Personal umzulenken, um zwischen den
erichten Kapazitäten auszugleichen. Da ein auf Le-
enszeit ernannter Richter nur mit seiner schriftlichen
inwilligung in ein anderes Amt versetzt werden kann,
ann eine erfolgreiche Personallenkung nur mit Richtern
uf Probe abgewickelt werden; denn Richter auf Probe
üssen in den Grenzen des § 13 DRiG einen Dienstleis-
ngsauftrag auch bei einem anderen Gericht oder einer
taatsanwaltschaft hinnehmen. Personallenkungsmaß-
ahmen werden aber auch in Zukunft unverzichtbar sein,
nabhängig davon, wie eine Justizverwaltung organisiert
t.
Es gibt noch einen weiteren Grund, der gegen die Ab-
chaffung der Richterprobezeit spricht: Man kann sich
eder aufgrund von Zeugnissen noch aufgrund eines
orstellungstermins ein vollständiges Bild davon ma-
hen, wie jemand im Spruchkörper gegenüber den Betei-
gten auftritt. Das zeigt erst die Praxis. Bei einer Le-
enszeitanstellung sind nämlich Korrekturen nur noch in
anz extremen Ausnahmefällen möglich.
Das sind nur zwei der Bedenken, die uns die Sachver-
tändigen vorgetragen haben, die aber alleine schon aus-
ichen, um zu einem klaren Ergebnis zu gelangen: Wir
hnen die vorgelegten Gesetzentwürfe ab!
Jens Petermann (DIE LINKE): Die in der bundes-
eutschen Justiz tätigen Richterinnen, Richter, Staatsan-
ältinnen und Staatsanwälte leisten in der Regel eine
ervorragende und hochqualifizierte Arbeit. Darüber
ind wir uns hier alle einig. Die Frage ist allerdings, un-
r welchen Bedingungen die Juristen arbeiten müssen.
amit meine ich zum einen die personelle, technische
nd bauliche Ausstattung der Arbeitsplätze. Damit
eine ich zugleich aber auch informelle Abhängigkeits-
trukturen, die die Rechtsprechung mittelbar und unmit-
lbar beeinflussen können.
In der ersten Lesung unserer beiden Gesetzentwürfe
Januar dieses Jahres war der Tenor fraktionsübergrei-
nd eindeutig: Es ist im Jahre 2013 an der Zeit, über
erbesserungen unseres Justizsystems, welches schließ-
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32357
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lich noch aus dem 19. Jahrhundert stammt, nachzuden-
ken. Aufgrund dieses veralteten Justizsystems würde
Deutschland nicht einmal mehr die Kriterien für eine
Aufnahme in die Europäische Union erfüllen.
In der öffentlichen Anhörung im Rechtsausschuss ha-
ben wir unsere beiden Gesetzentwürfe ausführlich mit
namhaften Juristen diskutiert. Unter ihnen war auch der
von der SPD oft zitierte ehemalige Präsident des Bun-
desverfassungsgerichts Papier. Er sieht in einer selbst-
verwalteten Justiz keinen Mehrwert und meint, die
Diskussion ginge an den wirklichen Problemen der
deutschen Rechtsgewähr vorbei. Indes, das Bundesver-
fassungsgericht ist das einzige Gericht, das sich in
Deutschland heute schon selbst verwaltet. Vor diesem
Hintergrund sollte sich der ehemalige Präsident des
mächtigsten deutschen Gerichts, vor dessen Entschei-
dungen die Regierung und der Bundestag zittern, im
Klaren darüber sein, in welchem Maße die Selbstverwal-
tung dieses Gerichts auch dessen Unabhängigkeit si-
chert. Ich bin davon überzeugt, dass es schädlich wäre,
wenn das Finanzministerium die Mittel und das Justiz-
ministerium das Personal für dieses Gericht stellen
würde. Hierzu könnten Sie mal was sagen.
Wer Gesetze schafft, darf nicht mit ihrer Durchset-
zung betraut sein. Wer Gesetze ausführt, ist ein schlech-
ter Schiedsrichter, wenn es um die richtige Anwendung
geht. Deshalb unterscheidet das Grundgesetz Legisla-
tive, Exekutive und Judikative und sichert Letzterer for-
mal die Unabhängigkeit zu.
Doch leider ist unsere Justiz nicht so unabhängig, wie
viele immer glauben. Dafür gibt es genügend Beispiele.
Die Politik hat die Personalpolitik in der Justiz fest im
Griff. Das geben die Entscheidungsträger in der Justiz
natürlich nicht zu. Durch das Leugnen dieses Einflusses
funktioniert dieses System seit Jahrzehnten fast rei-
bungslos. Und es sind nicht nur die hohen Justizämter,
die nach Parteiproporz vergeben werden. Schon bei den
Einstellungen und Beförderungen kann die Parteizuge-
hörigkeit des Kandidaten unter Umständen eine ent-
scheidende Rolle spielen. Nach meinem Verständnis ist
damit bereits frühzeitig eine Beeinträchtigung der Unab-
hängigkeit möglich und findet auch statt. Nach unserem
Modell bekommen Richter eine einheitliche Besol-
dungsgruppe und für Beförderungsämter, welche durch
Wahlen zeitlich begrenzt vergeben werden, eine zeitlich
begrenzte Zulage. Damit ist dieses unsägliche Streben
nach den Beförderungen und das damit verbundene An-
biedern bei den Vorgesetzen vom Tisch.
Mit dem Haushaltsplan machen die Ministerien ver-
bindliche Vorgaben hinsichtlich der Anzahl der durch
den einzelnen Richter zu erledigenden Verfahren. Und
wenn ein Richter oder eine Richterin mehr Zeit für ein
Verfahren benötigt, muss diese bei einem anderen wie-
der eingespart werden, oder es entsteht ein wachsender
Berg an Altverfahren. Beim Oberlandesgericht Karls-
ruhe zum Beispiel hat sich ein Richter mehr Zeit zur
Gründlichkeit genehmigt und darum die ministeriellen
Maßstäbe der Verfahrenszahlen nicht erfüllt. Das hat nun
dienstrechtliche Konsequenzen für ihn. Die Präsidentin
des OLG hat zwei Verfahren gegen diesen ihren Richter
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ingeleitet. Da wird die richterliche Unabhängigkeit zu
inem zahnlosen Papiertiger.
Unsere Justiz braucht mehr Personal, eine bessere
usstattung und die Abschaffung der Ungerechtigkeiten
es Besoldungsföderalismus. Was, wie viel und wo ge-
raucht wird, kann die Justiz besser beurteilen als ein
eamter in warmen und trockenen Ministerialstuben.
Die Linksfraktion hat sich mit den beiden Gesetzent-
ürfen der Probleme angenommen und Lösungen aufge-
eigt, sehr gute Lösungen für die Richterschaft und die
taatsanwältinnen und Staatsanwälte. Deshalb bitte ich
ie, unseren Gesetzentwürfen zuzustimmen.
Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Man
ann und muss einen kritischen Blick auf die Lage der
ustiz in Deutschland richten. Sie ist strukturell überlas-
t durch personelle und sächliche Ausdünnung bei
leichzeitiger Übertragung immer weiterer Aufgaben
er Rechtsprechung in immer weiteren Lebensbereichen
ithilfe immer komplizierter werdender Rechtsnormen.
ie Europäisierung und Internationalisierung der Rechts-
ormen kommen erschwerend hinzu.
Hier sind die Länder in der Pflicht. Bei allem Ver-
tändnis für die Notwendigkeit der Konsolidierung der
aushalte: An der Justiz zu sparen, bringt so gut wie
ichts und schadet gewaltig. Der Bund, also wir, der Ge-
etzgeber, kann und muss das seine dazu tun. Klare
ormbefehle, Rückbau des Paragrafendschungels, Kon-
entration der Ressourcen der Dritten Gewalt auf ihre
ernaufgaben: Schon das würde die Justiz gewaltig ent-
sten.
Im Rechtsstaat muss gerade die Justiz frei und unab-
ängig sein. Nur so kann sie ihre Aufgabe erfüllen, ohne
nsehen der Person Recht zu sprechen, Gerechtigkeit
egenüber jedermann und -frau zu üben und der Legisla-
ve wie der Exekutive die Stirn zu bieten. Auch hier
egt vieles im Argen. Diejenigen, die keine Beeinflus-
ung der Richterinnen und Richter erkennen können, die
ie Macht der Exekutive über die Judikative schlicht
ugnen, kommen mir vor wie die berühmten drei Affen:
ichts sehen, nichts hören, nichts sagen.
Dabei ist doch eigentlich nicht zu überhören: Wenn
om Bayerischen Richterverein bis zur Neuen Richter-
ereinigung sämtliche Richterorganisationen seit Jahren
ine grundsätzliche Reform der Justiz in Deutschland zu
ehr Autonomie und Selbstverwaltung einfordern, ge-
ört schon ein gehöriges Maß an Ignoranz dazu, jegli-
hen Bedarf an strukturellen Veränderungen in der deut-
chen Justiz zu leugnen.
Wir Grünen nehmen die Stimmen aus der Richter-
chaft wie auch aus der Staatsanwaltschaft ernst und
erden den Diskussionsprozess, der längst schon die
olitik in den Ländern erreicht hat, auch auf Bundes-
bene weiterführen und in der nächsten Legislaturpe-
ode selbst konkrete Vorschläge machen. Das tun wir
erne und mit vollem Einsatz für eine demokratische
nd rechtsstaatliche Justiz auch in Regierungsverantwor-
ng; denn CDU/CSU und FDP scheinen hier weiterhin
ie schon erwähnten drei Affen spielen zu wollen.
32358 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
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Heute diskutieren wir zum wiederholten Male zwei
Gesetzesvorschläge der Linken, die, wie sie auch frei-
mütig eingesteht, die Vorschläge der Neuen Richterver-
einigung abgeschrieben hat.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Linken, man
kann auch die besten Ideen ins Abseits stellen, wenn
man sie mit Argumenten zu untermauern versucht, die
offensichtlich nicht tragen und viele vor den Kopf sto-
ßen, die es zu gewinnen gilt. So schreiben Sie doch
wirklich in Ihrer Begründung, Deutschland müsse den
Anschluss an den europäischen Standard der Rechts-
staatlichkeit finden und sich an der großen Mehrheit der
anderen europäischen Demokratien orientieren. Mir fällt
es schwer, mehr als zwei oder drei Mitgliedstaaten der
Europäischen Union zu nennen, deren Justiz ich gerne
als Beispiel und Vorbild nennen würde.
Kollege Petermann meint, er könne in diesem Parla-
ment Zustimmung zu umfangreichen Verfassungsände-
rungen erhalten, wenn er die These aufstellt, Deutsch-
land würde – ich füge hinzu: anders als Ungarn,
Bulgarien, Rumänien oder Kroatien – wegen des institu-
tionellen Zustands unserer Justiz die Aufnahme in die
Europäische Union zu versagen sein. Schön klotzig
klang auch der Vorwurf, wer sich der Diskussion über
Justizreformen nicht stelle, verharre in der letzten Trutz-
burg des spätfeudalen Deutschen Kaiserreichs. Ich kann
nur sagen: Laut gebrüllt Löwe, aber in der Sache bringt
eine solche Debatte nichts.
Ich will lieber vier Grundfragen vorstellen, die den
uns notwendig erscheinenden Reformbedarf skizzieren:
Da ist zuerst die Frage nach der Einstellung der Rich-
terinnen und Richter und je nach der Beantwortung der
nächsten Fragen auch deren Beförderung und Berufung
in herausgehobene Positionen. Wir halten es für richtig,
diese Aufgaben in den Ländern wie im Bund in die
Hände der Legislative und der Richterinnen und Richter
selbst zu legen. Ministerinnen oder Minister können da-
ran beteiligt bleiben, jedoch ohne Veto oder sonstiges al-
leiniges letztes Wort. Die so zu gründenden Richterwahl-
ausschüsse müssen mit doppelter Mehrheit der legis-
lativen Mitglieder entscheiden, weil nur so die demokra-
tische Legitimation und Kontrolle gesichert werden.
Dann ist als Zweites die Frage der Laufbahnen zu be-
antworten. Wollen wir weiterhin Richterinnen und Rich-
ter, die zu Vorsitzenden, Direktoren oder Präsidenten auf
Lebenszeit aufsteigen können und dafür auch eine er-
höhte Besoldung bekommen, oder wollen wir Richterin-
nen und Richter ohne Furcht und ohne Hoffnung – im
Grundsatz als Gleiche unter Gleichen, mit Funktionsstel-
len auf Zeit und mit direkter demokratischer Legitima-
tion? Wir Grünen präferieren das Modell eines einheitli-
chen Richterbildes, möchten aber in einen noch
intensiveren Diskussionsprozess mit den Betroffenen
einsteigen; denn ohne Akzeptanz in der Justiz ist eine
solche wirklich epochale Veränderung nicht zu realisie-
ren.
Der Idee im Vorschlag der Linken, dabei auch auf
Richter auf Probe zu verzichten, kann ich allerdings
nichts Gutes abgewinnen. Vor einer Lebenszeitbestel-
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ng praktisch ohne jegliches Arbeitsplatzrisiko muss es
ine Phase der Erprobung geben, in der sich die bei der
instellung prognostizierte Eignung und Befähigung er-
eisen müssen.
Drittens ist die Frage der Selbstverwaltung der inne-
n Angelegenheiten der Justiz, ihrer Arbeitsabläufe und
ie Verteilung der personalen wie sächlichen Ressourcen
is zur eigenständigen Anmeldung des Justizhaushalts
egenüber dem entscheidenden Parlament zu beantwor-
n. Vieles spricht dafür, der Justiz ein größtmögliches
aß an Autonomie zu gewähren. Dies geht jedoch nur
ei gleichzeitiger effektiver und durchgreifender demo-
ratischer Kontrolle; denn auch die Justiz muss sich,
enn sie die ihr zugewiesenen Mittel autonom verwalten
ill, gegenüber dem Haushaltsgesetzgeber verantwor-
n.
Schließlich stellt sich viertens die Frage nach der Ein-
rdnung der Staatsanwaltschaft in den Ländern wie im
und. Ist sie genuiner Teil der Dritten Gewalt, Teil der
echtsprechung und deshalb den Richterinnen und Rich-
rn insbesondere in völliger Unabhängigkeit gleichzu-
tellen, oder ist sie in einer Zwitterstellung Teil der Jus-
z wie Teil der Exekutiven, was ein Mindestmaß an
ührung und Kontrolle durch die jeweilige Regierung
rfordert, wobei sich die Regierung dafür wiederum dem
arlament gegenüber zu verantworten hat?
Hier haben wir den größten und klarsten Widerspruch
u den Vorschlägen der Linken wie auch den Vorstellun-
en der Richter- und Staatsanwaltsvertretungen anzu-
elden.
Die Staatsanwaltschaft beherrscht das strafrechtliche
rmittlungsverfahren und leitet und beaufsichtigt dabei
ie ihr unterstellte Polizei. Sie handelt dabei klassisch
ewaltausübend und greift tief in die Grundrechte der
ürgerinnen und Bürger ein. Hausdurchsuchungen, Be-
chlagnahmen, Festnahmen, Telefonabhörungen, der
insatz von verdeckten Ermittlern und vieles andere
ehr sind keine Akte der Rechtsprechung im engeren
inne, sondern der Einsatz legitimierten staatlichen
wangs. Die Bindung der Staatsanwaltschaft an das Ge-
etz ändert daran nichts. Sie schützt die Bürgerinnen und
ürger – was aber für sich schon viel ist – vor Willkür
ei den gegen sie gerichteten Ermittlungstätigkeiten.
Gerade aber bei den Ermittlungen unterliegt die
taatsanwaltschaft den Begrenzungen durch die Richter-
orbehalte und damit der Kontrolle durch die Dritte Ge-
alt. Im rechtsstaatlichen Strafrecht geht es gerade da-
m, exekutiven Maßnahmen die Unabhängigkeit rich-
rlicher Überprüfung entgegenzusetzen, um so staatli-
he Zugriffe zu kontrollieren und damit gleichsam zu be-
renzen.
Damit ist die Staatsanwaltschaft, wie auch als Gegen-
ol die Verteidigung, Teilorgan der Rechtspflege und
leichzeitig, entgegen der Verteidigung als einseitiger
arteivertretung, der Vollstrecker des Strafanspruchs des
taates und zieht und gebraucht das schärfste Schwert,
as dem Staat legitim zur Verfügung steht: die Anwen-
ung unmittelbaren Zwangs in vielfältigen Formen.
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32359
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Diese Doppelgesichtigkeit zwingt auch zu einer ei-
genständigen Bewertung der Rolle und des Standorts der
Staatsanwaltschaft. Sie kann und soll im demokratischen
Rechtsstaat mehr als bisher autonom und demokratisch
strukturiert sein. Sie muss vor allen unlauteren und poli-
tischen Einflüssen geschützt werden – dies schon deswe-
gen, weil es ihre Aufgabe ist, ohne Ansehen der Person
auch in Fällen von Regierungskriminalität zu ermitteln.
Deshalb sind wir für die Abschaffung jeglichen externen
einzelfallbezogenen Weisungsrechts.
Die Staatsanwälte sollten jedoch auch in Zukunft ei-
nem internen, transparenten und kontrollierbaren und ei-
nem allgemeinen Weisungsrecht unterstehen, welches
die Spitzen der Exekutive der Öffentlichkeit und den je-
weiligen Parlamenten gegenüber zu verantworten haben.
Aus diesen wohlüberlegten Gründen lehnen wir des-
halb die völlige Einbindung der Staatsanwaltschaft in die
Dritte Gewalt und ihre völlige Gleichstellung mit den
Richterinnen und Richtern ab.
Auf dieser Grundlage werden wir in der nächsten Le-
gislaturperiode die Diskussion um eine Reform der Jus-
tiz in Deutschland vorantreiben, die einen Vergleich mit
Dritten Gewalten in Europa einerseits nicht zu scheuen
braucht, deren Reformbedarf andererseits aber gar nicht
wegzudiskutieren ist.
Anlage 23
Zu Protokoll gegebene Rede
zur Beratung der Entwürfe: Gesetz zu dem Ver-
trag vom 2. April 2013 über den Waffenhandel
(Tagesordnungspunkt 17)
Roderich Kiesewetter (CDU/CSU): Am 3. Juni
2013 hat Außenminister Westerwelle den Vertrag über
die Regulierung von Waffenhandel in New York unter-
zeichnet. Damit setzt sich Deutschland gemeinsam mit
über 60 anderen Staaten für die Implementierung ver-
bindlicher Regeln im Bereich der Rüstungsexporte ein
und übernimmt, was die rasche Ratifizierung betrifft,
eine Vorreiterrolle.
Der Vertrag ist ein Meilenstein unserer globalen An-
strengungen um Rüstungskontrolle und Sicherheit. Eine
erfolgreiche Implementierung ethischer Mindeststan-
dards im Rüstungsexportsektor stellt für das Völkerrecht
ein Novum dar. In Deutschland haben wir bereits einen
restriktiven juristischen und politischen Rahmen für
Rüstungsexporte mit GG Art. 26, dem Kriegswaffenkon-
trollgesetz und den Politischen Richtlinien. Global gese-
hen hat aber das Fehlen umfassender internationaler
Kontrollinstrumente insbesondere in innerstaatlichen
kriegerischen Auseinandersetzungen zu einer ungezü-
gelten Proliferation leichter Waffen geführt, die zu einer
Eskalation der Konflikte beigetragen hat.
Mit diesem Vertrag wird eine Leerstelle in unserem
völkerrechtlichen Vertragswerk gefüllt, getragen von ei-
ner breiten Zustimmung und Unterstützung der UN-
Generalversammlung, wo 155 der 193 repräsentierten
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taaten dem Abkommensentwurf ihre Zustimmung er-
ilten. Einige dieser Staaten standen in ihrer Vergangen-
eit selbst im Zentrum blutiger Konflikte, die durch
nregulierte Waffenexporte verschärft wurden. Es ist zu
offen, dass diese Länder in Zukunft eine bessere
hance haben werden, für ihre Bürger Frieden und Sta-
ilität zu garantieren.
Ich möchte kurz auf die wichtigsten Eckpfeiler des
bkommens zu sprechen kommen. Der Vertrag gilt in
en nächsten sechs Jahren und kann in der Folge nur
urch eine Dreiviertelmehrheit auf der Konferenz der
ertragsstaaten verändert werden.
Lassen Sie mich kurz den Geltungsbereich des Vertra-
es skizzieren. Neben den bereits erwähnten Kleinwaf-
n werden auch Großwaffensysteme, Munition und ein-
elne Bauteile erfasst. In der Praxis bedeutet dies, dass
er Export von Panzern, bewaffneten Fahrzeugen,
chweren Artilleriesystemen, Kampfflugzeugen und
ubschraubern, Kriegsschiffen, Raketen und Raketen-
erfern sowie kleinen und leichten Waffen fortan stren-
er kontrolliert und reguliert wird.
Sobald nun einem Staat klare Indizien vorliegen, dass
ie Empfängernation plant, importierte Rüstungsgüter
ölkerrechtswidrig einzusetzen, so muss die Genehmi-
ung zur Ausfuhr zurückgezogen oder darf erst gar nicht
rteilt werden. Der Begriff der Völkerrechtswidrigkeit
edeutet in diesem Kontext, dass ein hohes Risiko be-
teht, dass Verbrechen im Sinne des humanitären Völ-
errechtes – etwa Genozide oder Verbrechen gegen die
enschlichkeit – in naher Zukunft verübt werden.
Auch wenn die Verabschiedung des Abkommens ein
rfolg ist, so besteht weiterhin Handlungsbedarf. Unser
ußenminister hat betont, dass der Vertrag „noch nicht
as ist, was wir uns als endgültiges Ergebnis vorstellen.
eswegen ist dieses der erste Schritt für weitere Initiati-
en“. Hier kann ich nur zustimmen. Wir haben uns zwar
ährend der Debatten über die Vertragskonzeption vehe-
ent für die Schaffung stärkerer Sanktionsinstrumente
Falle der Nichtbeachtung eingesetzt, doch leider
errscht in dieser Frage innerhalb der internationalen
emeinschaft noch kein Konsens vor. Dies gilt ebenfalls
r den Auslegungsspielraum der exportierenden Staa-
n, wann eine Kriegswaffe potenziell für die Verletzung
on Menschenrechten missbraucht werden könnte, der
eiterhin relativ groß ist. Auch bei der Umleitungs-
efahr durch Re-Exporte und bei der Endverbleibs-
ontrolle bestehen noch Schwachstellen, die in Folge-
onferenzen angegangen werden müssen. Unsere klare
altung gegen die Waffenlieferungen nach Syrien zeigt,
ass Deutschland für die Risiken der Umleitung sensibi-
siert ist und hier hohe Maßstäbe anlegt.
Ich bin dennoch zuversichtlich, dass der Abschluss
es Abkommens ein stabiles Fundament für weitere Vor-
töße bietet. Wir dürfen nicht vergessen, dass das Völ-
errecht einem ständigen Wandel unterworfen ist und
erade in den letzten Jahren – insbesondere unter Ein-
uss des Konzepts der Responsibility to Protect – die
ee einer staatlichen Schutzpflicht immer stärker an Le-
itimation gewonnen hat.
32360 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
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Abschließend möchte ich noch herausstellen, dass die
schnelle Ratifikation durch den Deutschen Bundestag
zeigt, wie beispielhaft die Zusammenarbeit zwischen
Exekutive und Legislative in diesem wichtigen Themen-
feld wirkt.
Wir signalisieren durch dieses entschlossene Handeln
der internationalen Gemeinschaft einmal mehr, dass wir
das Abkommen tatkräftig unterstützen und Rüstungs-
kontrolle auch künftig als sicherheitspolitisches Thema
ganz vorne auf der Tagesordnung sehen.
Anlage 24
Zu Protokoll gegebene Reden
zur Beratung:
– Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung des
Menschenhandels und Überwachung von
Prostitutionsstätten
– Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung
der Situation von Opfern von Menschenhan-
del in Deutschland
(Tagesordnungspunkt 19 a und b)
Ute Granold (CDU/CSU): Wir beraten heute ab-
schließend über den von Union und FDP eingebrachten
Gesetzentwurf zur Bekämpfung des Menschenhandels
und zur Überwachung von Prostitutionsstätten. Damit
schlägt die Koalition im Kampf gegen Menschenhandel
und Zwangsprostitution ein neues Kapitel auf. Um Pros-
tituierte besser zu schützen, legen wir mit dem Gesetz-
entwurf den Grundstein für eine wirksame behördliche
Kontrolle von Bordellen. Außerdem werden die Straf-
vorschriften zum Menschenhandel erweitert und ver-
schärft.
Mit der Legalisierung der Prostitution durch das unter
Rot-Grün 2002 in Kraft getretene Prostitutionsgesetz
wurde nicht erreicht, was man sich erhofft hatte. Die Zu-
stände im Gewerbe und auf dem Strich haben sich nicht
verbessert, sondern sogar deutlich verschlechtert. Nach
einer aktuellen EU-Studie hat der Menschenhandel seit-
dem deutlich zugenommen. Die Liberalisierung hat zu
einem erheblichen Anstieg der Nachfrage geführt. Der
Markt in Deutschland ist mittlerweile 60-mal größer als
in Schweden, wo Prostitution verboten ist. Gleichzeitig
hat Deutschland 62-mal so viele Menschenhandelsopfer
wie Schweden, obwohl die Bevölkerung rund 10-mal so
groß ist.
Da es sich bei Menschenhandel um ein Kontrolldelikt
handelt, das heißt Razzien erforderlich sind, um Frauen
aus den Fängen ihrer Zuhälter zu befreien, muss die
Polizei bei knappen Ressourcen entsprechende Schwer-
punkte setzen. Die Szene, berichten Insider, sei inzwi-
schen noch krimineller geworden. Das hat auch die An-
hörung im Rechtsausschuss am 24. Juni bestätigt. So
schätzt die International Labour Organization, ILO, die
Gewinne aus dem Menschenhandel auf 31 Milliarden
Dollar pro Jahr, Tendenz steigend. Der Menschenhandel
liegt damit vor dem Drogen- und Waffenhandel. Das
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rostitutionsgesetz in Deutschland ist mit dafür verant-
ortlich, dass das Risiko für die Menschenhändler im
ergleich zu anderen kriminellen Märkten sehr über-
chaubar ist. Die Legalisierung der Prostitution war so-
it ungewollt ein Wachstumsprogramm für den Men-
chenhandel. Deutschland ist zu einem Eldorado für
enschenhändler geworden.
Vor diesem Hintergrund wollen wir mit dem vorlie-
enden Gesetzentwurf die Vorgaben der EU-Richtlinie
ur Bekämpfung des Menschenhandels jetzt erst einmal
msetzen. Da die Umsetzungsfrist bereits am 6. April
013 abgelaufen ist, beschränkt sich der Entwurf be-
usst auf die Änderungen im Strafrecht, die dazu zwin-
end erforderlich sind. Ich habe bereits in der ersten
esung betont, dass ich mir als Rechts- und auch Men-
chenrechtspolitikerin, die sich bereits seit vielen Jahren
egen Zwangsprostitution und Menschenhandel enga-
iert, weitergehende Maßnahmen erhofft hätte. Wenn
ir diese, wie sie auch in Fachkreisen von Opferschutz-
rganisationen und Strafverfolgungsorganen bereits seit
ngem diskutiert werden, aufgenommen hätten, wäre
in Inkrafttreten des Gesetzes in dieser Wahlperiode aber
icht mehr machbar gewesen. Zugegebenermaßen ist die
eitnot leider zum großen Teil selbst verschuldet, da
ich die beteiligten Ressorts lange Zeit nicht auf ein ge-
einsames Vorgehen einigen konnten. Hier müssen sich
ie Liberalen zu Recht Kritik gefallen lassen.
Gleichwohl ist der heute abschließend beratene Ge-
etzentwurf ein erster Schritt in die richtige Richtung, da
ie vorgesehenen Änderungen im Strafrecht und in der
ewerbeordnung mögliche Optionen zur Beantwortung
er zentralen Fragen aufzeigen. Zunächst zu den Ände-
ngen im Strafrecht: Hier soll der Tatbestand des § 233
tGB auf die Fälle des Menschenhandels zum Zweck
er Ausnutzung strafbarer Handlungen und der Bettelei
rweitert werden. Außerdem soll der Menschenhandel
um Zweck der Organentnahme, der derzeit lediglich als
eihilfe zu Straftaten nach dem Transplantationsgesetz
trafbar ist, ausdrücklich in § 233 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4
tGB unter Strafe gestellt werden. Ferner drohen dem
äter zukünftig höhere Strafen, wenn das Opfer noch
icht volljährig ist oder leichtfertig in Lebensgefahr ge-
racht wird.
Die Erfahrungen der Praxis haben gezeigt, dass die
erzeitigen Tatbestände zum Menschenhandel im Straf-
esetzbuch in der nächsten Wahlperiode insgesamt auf
en Prüfstand zu stellen sind. So ist insbesondere eine
eustrukturierung mit Blick auf die objektiven Tatbe-
tandsmerkmale erforderlich.
Da Menschenhandelsopfer häufig massiv durch Dro-
ungen – etwa gegen ihre Familien in den jeweiligen
eimatländern – unter Druck gesetzt werden, sind sie
elten zur Aussage bereit. Vor diesem Hintergrund führt
uch die hier umzusetzende EU-Richtlinie zu Recht
us – ich zitiere: „Damit die Ermittlungen und die Straf-
erfolgung bei Menschenhandelsdelikten erfolgreich
urchgeführt werden können, sollte deren Einleitung
rundsätzlich nicht von der Anzeige oder Anklage durch
as Opfer abhängig gemacht werden.“ Dies haben wir
tzt in unserem Regierungsprogramm aufgegriffen: Die
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32361
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)(B)
Union will die Straftatbestände so verändern, dass Men-
schenhändler bei ausreichender Beweislage auch ohne
die Aussage ihrer häufig stark traumatisierten Opfer ver-
urteilt werden können.
Ferner ist eine stärkere Differenzierung der Men-
schenhandelstatbestände nach dem jeweiligen Zweck
– also Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Aus-
beutung bzw. zur Ausbeutung der Arbeitskraft – zu prü-
fen. So könnte eine Regelung bezüglich des Menschen-
handels zur Ausbeutung der Arbeitskraft grundsätzlich
auch über eine Einbindung im Bereich des § 291 StGB
erfolgen.
Zusätzlich muss endlich die Freierstrafbarkeit einge-
führt werden. Wir Rechtspolitiker der Union fordern be-
reits seit 2004, dass diejenigen Freier strafrechtlich zur
Verantwortung gezogen werden, die wissentlich die se-
xuellen Dienstleistungen einer Zwangsprostituierten in
Anspruch nehmen. Es hat mich doch sehr überrascht,
dass die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen genau dies nun
ebenfalls nach jahrelangem Widerstand in einem aktuel-
len Änderungsantrag fordert. Ein fertiger Gesetzentwurf
der Union liegt bereits seit Jahren in der Schublade. Im
Kontext einer Neukonzeptionierung der Menschenhan-
delstatbestände kann er also ohne Weiteres aufgenom-
men werden.
Neben der Umsetzung der Vorgaben der EU-Richt-
linie gegen Menschenhandel im Strafrecht sorgen wir
mit einer Änderung im Gewerberecht dafür, dass Bor-
delle künftig behördlich überwacht werden; denn nur da,
wo kontrolliert wird, sind Prostituierte vor sexueller
Ausbeutung geschützt und können Täter dingfest ge-
macht werden. Damit beseitigen wir eines der schweren
Versäumnisse des rot-grünen Prostitutionsgesetzes von
2002. Prostitution wurde damals legalisiert, die Prostitu-
ierten aber in einem oft kriminellen Umfeld vom Staat
allein gelassen. Demnächst müssen es sich Bordellbe-
treiber gefallen lassen, dass sie und ihr Haus kontrolliert
werden.
Durch eine Aufnahme der Prostitutionsstätten in den
Katalog der überwachungsbedürftigen Gewerbe nach
§ 38 Absatz 1 der Gewerbeordnung sollen die Rahmen-
bedingungen der in der Prostitution tätigen Personen
verbessert werden. Damit ist eine automatische Über-
prüfung der Zuverlässigkeit des Gewerbetreibenden
unverzüglich nach der Gewerbean- oder -ummeldung
verbunden. Den zuständigen Behörden stehen zur Über-
wachung des Betriebs darüber hinaus unter anderem die
Auskunfts- und Nachschaurechte des § 29 GewO zur
Verfügung.
Die Grünen haben in einem ihrer Änderungsanträge
die Einführung einer Erlaubnispflicht für Prostitutions-
stätten in § 30 der Gewerbeordnung angeregt. Eine sol-
che Erlaubnispflicht ist zwar grundsätzlich geboten, aber
nicht in der hier vorgeschlagenen Weise. So wollen die
Grünen eine Erlaubnis auch vom Vorliegen „positiver“
Voraussetzungen abhängig machen. Danach soll der Be-
treiber zum Beispiel einen „Geschäftsplan“ vorlegen,
der sicherstellt, dass ein angemessenes Pflichtenverhält-
nis zu den Prostituierten besteht und deren Ausbeutung
ausgeschlossen ist. Der Betreiber soll außerdem sämtli-
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he Rechtsverhältnisse zu den in seinem Etablissement
tigen Prostituierten dokumentieren. Diese Vorgaben
ürden nicht nur einen erheblichen bürokratischen Auf-
and für die Kontrolleure der Gewerbeaufsicht verursa-
hen, sie zeugen auch von einer erstaunlichen Gutgläu-
igkeit in Bezug auf das Rotlichtmilieu. Zweifellos wird
der Bordellbetreiber den staatlichen Kontrolleuren
läne und Verträge vorlegen, an denen niemand etwas
uszusetzen hätte. Die Zwangsprostituierten aber wer-
en selten den Mut haben, den Inhalt solcher Dokumente
frage zu stellen. Außerdem wird die von der Union ge-
rderte generelle Anzeigepflicht für Prostituierte, auch
oweit sie selbstständig arbeiten, ausgeschlossen. Der
ntrag kann daher keine Zustimmung finden.
Die Anhörung hat gezeigt, dass eine Regelung der
ahmenbedingungen der Prostitution über die Gewerbe-
rdnung nicht ganz unproblematisch ist. So lassen zum
eispiel die relativ weit gefassten Begrifflichkeiten den
undesländern und den jeweiligen Behörden vor Ort
inen großen Spielraum bei der Anwendung und Umset-
ung der gesetzlichen Vorgaben. Dies kann Chancen er-
ffnen, macht aber eine bundesweit einheitliche Lösung
icht leicht. Rechtssicherheit für alle Beteiligten ist so
ur schwer zu erreichen.
Vor diesem Hintergrund muss vor allem der Begriff
er Prostitutionsstätten klar definiert und auf die sehr
ielfältigen Ausprägungen des Gewerbes angepasst wer-
en. So muss die Wohnungsprostitution zwingend mit
rfasst werden, da Zwangsprostitution vor allem in die-
em Bereich ein großes Problem darstellt. Außerdem
ind zur Kontrolle der gesetzlichen Regelungen der Ge-
erbeordnung zunächst einmal die jeweiligen Gewerbe-
mter zuständig. Die Kontrolleure der Gewerbeämter
önnen in diesem Milieu leicht an ihre Grenzen stoßen.
nabhängig davon können die Kontrollen aber auch An-
altspunkte für Razzien liefern.
Als Alternative zu einer Regelung über die Gewerbe-
rdnung sollte in der nächsten Wahlperiode auch die Op-
on geprüft werden, rechtliche Rahmenbedingungen in
orm eines Prostitutionsregulierungsgesetzes zu erarbei-
n. Darin könnten dann alle notwendigen Regelungen
usammengeführt werden.
Wir müssen den Blick darüber hinaus auch auf das
ufenthaltsrecht für die Opfer von Menschenhandel
chten. So kommen zum Beispiel 90 Prozent der Prosti-
ierten aus dem Ausland, aktuell überwiegend aus Ru-
änien, Bulgarien und Ungarn, aber auch aus Nigeria
nd anderen Ländern. Deshalb sollten Opfer von Men-
chenhandel in Deutschland ein Bleiberecht erhalten.
ies würde sicherlich auch die Aussagebereitschaft in
inem Strafprozess gegen die Menschenhändler erhöhen.
as Bleiberecht sollte im Kontext eines zukünftigen
esamtkonzeptes zur Bekämpfung von Menschenhandel
und hier insbesondere der Zwangsprostitution – gere-
elt werden.
In diesem Zusammenhang sollte zur Vorbereitung der
esetzlichen Neuregelungen eine umfassende Dunkel-
ldstudie durchgeführt werden. Derzeit gibt es nur ver-
ssliche Daten über das BKA-Lagebild zum Menschen-
andel, das aber nur das sogenannte Hellfeld erfasst, die
32362 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
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tatsächliche Situation allerdings nicht annähernd abbil-
det. Ein Sachverständiger hat es während der Anhörung
im Rechtsausschuss auf den Punkt gebracht: Viele der
Frauen, die in der Prostitution arbeiten, tun dies wegen
der Armut in ihren Heimatländern. Diese Frauen in der
Armutsprostitution benötigen den Schutz des Staates,
um nicht gänzlich den Zuhältern und Menschenhändlern
ausgeliefert zu sein. Wir dürfen die Gesetze nicht aus-
schließlich auf den sehr kleinen Teil der Frauen zu-
schneiden, die tatsächlich freiwillig in der Prostitution
arbeiten.
Für die Union ist es daher ein Gebot, zügig weitere
Maßnahmen folgen zu lassen, um den Kampf gegen
Menschenhandel und Zwangsprostitution gewinnen und
den Opfern wirksam helfen zu können. Mit dem Gesetz-
entwurf ist jetzt aber ein erster wichtiger Schritt getan.
Stephan Mayer (Altötting) (CDU/CSU): Wenn wir
an dieser Stelle über Menschenhandel und Zwangspros-
titution reden, dann reden wir zugleich auch über sexu-
elle Ausbeutung von Frauen, sexuellen Missbrauch von
Minderjährigen, körperliche und psychische Gewalt,
illegale Schleusungen, Verstöße gegen das Betäubungs-
mittel- und das Waffengesetz. Zusammengefasst, wir
reden über weltweite und grenzüberschreitende organi-
sierte Kriminalität.
Circa 2,5 Millionen Menschen sind jährlich von Men-
schenhandel betroffen, werden wie Ware gehandelt und
ausgebeutet. Menschenhandel in all seinen Erschei-
nungsformen verletzt gravierend die Menschenrechte
von Frauen, Männern, Mädchen und Jungen. Folgt man
dem Lagebild Menschenhandel des Bundeskriminalam-
tes, so werden insbesondere junge Frauen unter 21 Jah-
ren in Deutschland ausgebeutet. Sie arbeiten unter be-
sonders gesundheitsgefährdenden, entwürdigenden und
unsicheren Bedingungen. Mangelnde Sprachkenntnisse
und keine sozialen Kontakte außerhalb des Milieus er-
schweren es, diesen Mechanismen zu entkommen.
Uns muss auch bewusst sein, dass es sich hierbei
nicht um Einzelfälle handelt, sondern um Strukturen, die
sich nach dem Inkrafttreten des rot-grünen Prostitutions-
gesetzes am 1. Januar 2002 exponenziell vermehrt ha-
ben. Als Stichwort seien insoweit nur „Flatratebordelle“
genannt. Diese Strukturen müssen dringend aufgebro-
chen und einer konsequenten Regulierung unterworfen
werden.
Wir haben daher bereits vor einiger Zeit in der Frak-
tion CDU/CSU begonnen, entsprechende Fachgespräche
mit Experten zu führen. Ein erstes Ergebnis dieser Fach-
gespräche ist der vorliegende Gesetzentwurf der Koali-
tionsfraktionen, der zum einen die Richtlinie 2011/36/
EU zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhan-
dels und zum Schutz seiner Opfer aus dem Jahr 2011
umsetzt und zum anderen zur Verbesserung der Rah-
menbedingungen für in der Prostitution tätige Personen
Prostitutionsstätten in den Katalog der überwachungsbe-
dürftigen Gewerbe nach § 38 der Gewerbeordnung auf-
nimmt. Durch die Aufnahme in die Gewerbeordnung
wird eine automatische Überprüfung der Zuverlässigkeit
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es Bordellbetreibers unverzüglich nach Erstattung der
ewerbeanmeldung oder Gewerbeummeldung möglich.
Den zuständigen Behörden steht zur Überwachung
nd Kontrolle des Betriebs zudem ein umfangreiches In-
trumentarium an Auskunfts- und Nachschaurechten zur
erfügung. Darüber hinaus können gegenüber dem Bor-
ellbetreiber Auflagen zum Schutz der Allgemeinheit,
er Kunden, der Prostituierten oder der Bewohner des
etriebsgrundstücks oder der Nachbargrundstücke vor
efahren, erheblichen Nachteilen oder erheblichen Be-
stigungen erteilt werden.
Mir ist durchaus bewusst, dass die Forderungen von
ilfsorganisationen, aber auch von staatlichen Stellen,
ie mit Menschenhandel und Zwangsprostitution tagtäg-
ch in Berührung kommen, noch viel weitgehender und
mfassender sind. Ich darf Ihnen gerade deshalb ver-
ichern, dass auch die Forderungen in meiner Fraktion
eutlich weitreichender als der heute zur Abstimmung
tehende Gesetzentwurf sind. Allerdings bedarf es in
ieser Hinsicht bei unserem Koalitionspartner an der ei-
en oder anderen Stelle noch weiterer Überzeugungsar-
eit, die wir aber natürlich gerne im Rahmen der Fortset-
ung der christlich-liberalen Regierungskoalition leisten
ollen.
Auch wenn der heute ebenfalls zur Abstimmung ste-
ende Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grü-
en auf dem ersten Blick weitreichendere Optionen an-
ietet, so trügt der Schein: Er ist nur ein weiteres
lacebo. Letztlich möchten Sie nur zahlreiche Maßnah-
en, die bereits jetzt von den Behörden in der Praxis
mgesetzt werden, auf Gesetzesebene regeln. Dies gilt
eispielsweise für die Mehrheit der vorgeschlagenen
nderungen im Aufenthaltsgesetz, für das Asylbewer-
erleistungsgesetz oder das Sozialgesetzbuch II. Auch
tellt bereits jetzt die Finanzkontrolle Schwarzarbeit der
ollverwaltung etwaigen Betroffenen ein Merkblatt zur
erfügung, in dem unter anderem über Hilfeeinrichtun-
en und entsprechende Ansprechpartner informiert wird.
Alles, was Sie vorschlagen, ist somit, wenn über-
aupt, nur Stückwerk und keine umfassende Lösung der
on mir eingangs geschilderten Situation. Zudem schie-
en Sie an einigen Stellen auch noch deutlich über das
iel hinaus, wie beispielsweise mit der Forderung nach
iner gesetzlichen Hinweispflicht zur Darstellung der
echtslage nach dem Aufenthaltsgesetz oder gar dem
rbeits- und Sozialrecht durch die Finanzkontrolle
chwarzarbeit. Dies ist schlicht abwegig.
Der Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen ist mehr
ls nur eine Änderung des Strafgesetzbuchs und der Ge-
erbeordnung. Er ist der Einstieg zu einer umfassenden
euregelung und Wiederherstellung der Menschen-
ürde für viele betroffene Prostituierte in Deutschland.
r ist das Versprechen, dass in der kommenden Legisla-
rperiode weitere Maßnahmen der christlich-liberalen
egierungskoalition folgen werden, die die Fehler der
ergangenheit beseitigen und einen besseren Schutz vor
ewalt, Missbrauch und Ausbeutung verankern werden.
elbst wenn einem der Gesetzentwurf, wie von einigen
einer Vorredner ausgeführt, nicht weit genug geht,
ann man ihm aus meiner Sicht dennoch zustimmen;
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32363
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)(B)
denn es ist klar, dass er nur der erste Schritt zu einer län-
gerfristigen und umfassenden Korrektur ist.
Dr. Eva Högl (SPD): Menschenhandel ist ein schwe-
res Verbrechen, eine moderne Form der Sklaverei. Aus-
beutung der Arbeitskraft, sexuelle Ausbeutung, Bedro-
hung: Menschenhandel ist nichts anderes als moderne
Sklaverei und für die Täter und Täterinnen immer ein
äußerst lukratives Geschäft.
Der erste Bericht der Europäischen Kommission über
Menschenhandel in Europa ist alarmierend: Die Zahl der
Opfer in der Europäischen Union ist zwischen den Jah-
ren 2008 und 2010 um 18 Prozent auf über 20 000 ge-
stiegen. Die Dunkelziffer liegt deutlich darüber. Gleich-
zeitig sank die Zahl der Verurteilungen im selben
Zeitraum um 13 Prozent.
Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Es gibt
dringenden Handlungsbedarf in Deutschland und Eu-
ropa. Opfer von Menschenhandel sind besonders hilfs-
bedürftig und benötigen besonderen Schutz. Die Täterin-
nen und Täter hingegen müssen wirksam bestraft
werden. Der Opferschutz und die Strafverfolgung der
Menschenhändlerinnen und Menschenhändler sind bis-
lang völlig unzureichend.
Mit der Richtlinie 2011/36/EU des Europäischen Par-
laments und des Rates vom 5. April 2011 zur Verhütung
und Bekämpfung des Menschenhandels und zum Schutz
seiner Opfer sowie zur Ersetzung des Rahmenbeschlus-
ses 2002/629/JI des Rates liegt eine sehr gute rechtliche
Grundlage für die Umsetzung in nationales Recht vor.
Der von CDU/CSU und FDP vorgelegte Entwurf eines
Gesetzes zur Bekämpfung des Menschenhandels und
Überwachung von Prostitutionsstätten – Drucksache
17/13706 – vom 4. Juni 2013 wird den Bestimmungen
dieser europäischen Verpflichtung in keiner Weise ge-
recht.
Schon das Übereinkommen des Europarates vom
16. Mai 2005 zur Bekämpfung des Menschenhandels
wie auch die Richtlinie formulieren umfassende und
wirksame Regelungsvorgaben. Bestimmungen zum Auf-
enthaltsrecht, zur Beratung und Unterstützung von Op-
fern oder Regelungen zur Befreiung von Begleitstrafbar-
keiten von Betroffenen müssen zwingend in deutsches
Recht umgesetzt werden. Eine nachhaltige Bekämpfung
des Menschenhandels ist nur möglich, indem die Opfer
gestärkt werden. Wir Sozialdemokratinnen und Sozial-
demokraten stehen eng an der Seite der Betroffenen.
Zudem fehlt es an einer aufenthaltsrechtlichen Per-
spektive für Opfer von Menschenhandel aus Nicht-EU-
Ländern. Wenn Betroffene aus Furcht nicht aussagen
wollen, werden diese nach aktueller Rechtslage abge-
schoben. Die Abschiebung in ihr Herkunftsland führt
häufig zu einer Rückkehr in Verhältnisse, die dazu füh-
ren, erneut in die Opferrolle zu fallen. Das Aufenthalts-
recht muss so geändert werden, dass wir den Opfern
Bleibemöglichkeiten bieten. Der Aufenthaltstitel darf
nicht von der Zusammenarbeit mit den zuständigen Be-
hörden abhängen. Die USA haben mit dem sogenannten
T-Visum eine gute Regelung für Opfer ins Leben geru-
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n. Diese können und sollten wir auf Deutschland über-
agen.
Oft werden Betroffene wegen Vergehen angeklagt
der bestraft, zu denen sie genötigt wurden, beispiels-
eise die Verwendung falscher Ausweispapiere oder
erstöße gegen geltendes Aufenthaltsrecht. Die Richtli-
ie verlangt, dass in solchen Fällen von der strafrecht-
chen Verfolgung und Bestrafung abzusehen ist. Dies ist
ntscheidend dafür, dass sich Betroffene offenbaren und
amit auch dazu beitragen können, Menschenhandel ef-
ktiv strafrechtlich zu verfolgen. Auch dazu steht kein
inziges Wort im Gesetzentwurf.
Eine erfolgreiche Strafverfolgung ist ohne umfassen-
en Opferschutz nicht möglich. Alle Expertinnen und
xperten, ob Polizei, Landeskriminalämter, Bundeskri-
inalamt, Staatsanwaltschaften, Gerichte oder Opferbe-
tungsstellen, waren sich einig: Wir brauchen dringend
ine effektive Bestrafung der Täterinnen und Täter. Not-
endig ist eine Reform des Straftatbestandes, und selbst
ie Fraktionen von CDU/CSU und FDP erkennen in ih-
r Begründung an, wie wichtig eine strafrechtliche Än-
erung der §§ 232, 233 und 233 a Strafgesetzbuch auf-
rund der geringen Zahl von Verurteilungen ist. Doch
nstatt diesen zentralen Punkt endlich zu regeln, wird
uf die fehlende Zeit hingewiesen.
Das Verschieben und Aussitzen bedeutet ein Wegdu-
ken vor der Regelung existenzieller Probleme bei der
trafverfolgung von Verbrecherinnen und Verbrechern.
amit werden viele weitere Opfer von Menschenhandel
illigend in Kauf genommen.
Nicht nur das: Die Erweiterung der Strafvorschrift des
233 Strafgesetzbuch auf die Fälle des Menschenhan-
els zum Zweck der Ausnutzung strafbarer Handlungen
nd der Bettelei sowie zum Zwecke des Organhandels
chaden sogar und behindern die Ermittlungen, wie das
undeskriminalamt in der Anhörung ausführte. Künftig
ird es also mehr Straftaten geben. Das Opfer muss sich
doch subjektiv weiterhin als Betroffene oder Betroffe-
er zu erkennen geben. Das führt zu mehr Straftaten,
ber zu keiner besseren Verfolgung. Ganz im Gegenteil!
Der Regelungsvorschlag der Gewerbeordnung ist ein
chtiger Schritt, doch er greift viel zu kurz. Hier fehlt
ine klare Definition von Prostitutionsstätten. Mit kei-
em Wort wird erwähnt, was genau darunter zu verste-
en ist.
Wichtig wäre es darüber hinaus, eine Erlaubnispflicht
r Prostitutionsstätten einführen. Wer betreibt sie? Wo
ind sie gelegen? Welche Auflagen zur Ausübung der
rostitution sind zu erfüllen? All dies sind Fragen, die
er Gesetzentwurf nicht berücksichtigt. Gleichzeitig fo-
ussiert der Entwurf lediglich auf Zwangsprostitution
nd sexuelle Ausbeutung, ohne zu erwähnen, dass
benso wirtschaftliche Ausbeutung und Zwangsarbeit
arunter fallen. Und: Nicht jede Prostitution ist Zwangs-
rostitution.
Die öffentliche Anhörung am 24. Juni 2013 hat es ge-
eigt: Alle Expertinnen und Experten waren sich einig:
ie schwarz-gelben Vorschläge bleiben weit hinter der
erpflichtenden Umsetzungsnotwendigkeit zurück. Was
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wir brauchen, ist ein wirksames und ganzheitliches Ge-
setz zur Bekämpfung des Menschenhandels, eine ad-
äquate und vollständige Umsetzung der wichtigen Be-
stimmungen der Richtlinie. Die Opfer werden im Stich
gelassen. Eine effektive strafrechtliche Verfolgung ist
mit diesem Gesetzentwurf nicht möglich. Einem weite-
ren Anstieg der Opferzahlen und einem weiteren Rück-
gang von Verurteilten steht so nichts mehr im Wege. Das
ist ein Schlag ins Gesicht für alle Betroffenen.
Dieser Gesetzentwurf wurde trotz besseren Wissens
bewusst kurz gehalten, um noch vor der Sommerpause
etwas vorzulegen. Er hilft bei der effektiven Bekämp-
fung von Menschenhandel nicht weiter. Ich hoffe, die
CDU/CSU und die FDP kommen zur Vernunft. Werfen
Sie diesen Vorschlag ins Altpapier, und lassen Sie uns
nach dem 22. September 2013 einen gemeinsamen, frak-
tionsübergreifenden Versuch starten!
Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP): Für die FDP
steht der effektive Schutz von Opfern von Menschen-
handel an oberster Stelle. Das kennzeichnet auch unse-
ren Gesetzentwurf, mit dem wir die Richtlinie des Euro-
päischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011
zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels
und zum Schutz seiner Opfer umsetzen. Durch die Er-
weiterung der Strafvorschrift des § 233 des Strafgesetz-
buchs, StGB, auf Fälle des Menschenhandels zur Aus-
nutzung strafbarer Handlungen, der Bettelei sowie zum
Zwecke der Organentnahme, der derzeit lediglich als
Beihilfe zu Straftaten nach dem Transplantationsgesetz
strafbar ist, werden diese Fälle ausdrücklich unter Strafe
gestellt. Dies schafft Klarheit und trägt auch der Bedeu-
tung dieser Kriminalitätsphänomene Rechnung.
Viele zur besseren Bekämpfung des Menschenhan-
dels gemachten Vorschläge hätten eine intensive Prüfung
und Erörterung erfordert, die wegen der Fristgebunden-
heit der RL-Umsetzung in dieser Wahlperiode kaum
realisierbar erschienen. So halte ich es im Einvernehmen
mit Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger
für sinnvoll, sich in der nächsten Legislaturperiode
nochmals an die Systematisierung und Überprüfung der
Straftatbestände zur Bekämpfung des Menschenhandels
zu machen.
Die von polizeilicher und staatsanwaltschaftlicher
Seite geforderte grundlegende Überarbeitung der
Straftatbestände der §§ 232, 233 und 233 a StGB er-
scheint durch die relativ geringe Anzahl von Verurteilun-
gen wegen dieser Vorschriften, die nicht dem tatsächli-
chen Ausmaß dieser Kriminalitätsform entspricht,
durchaus als diskussionswürdig.
Das wird in der nächsten Wahlperiode eingehend zu
prüfen sein, und gegebenenfalls werden entsprechende
gesetzgeberische Vorschläge zu machen sein.
Jedenfalls bleibt es ein schwerwiegendes Problem,
dass oft Täter ihre Opfer unter Ausnutzung von Zwangs-
lagen, auslandsspezifischer Hilflosigkeit, Gewalt oder
Drohungen zur Ausbeutung und zur Prostitution brin-
gen.
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Die kausale Verbindung zwischen Zwangslage und
usbeutung muss durch die Handlungen des Täters her-
estellt werden, um nach derzeitiger Rechtslage verfolgt
erden zu können. Polizeien und Staatsanwaltschaften
eisen darauf hin, dass der Nachweis dieser Umstände
ft schwierig bis unmöglich ist.
Diese und mögliche weitere Vorschläge, vor allem
uch außerhalb des Strafrechts, zur besseren Eindäm-
ung des Menschenhandels sind genau zu prüfen. Die
tärkung der Position der Opfer steht für uns Liberale
mer im Vordergrund.
Die Anhörung des Rechtsausschusses hat gezeigt,
ass viele noch nicht zufrieden sind, dass noch mehr ge-
n werden muss. Dies sehe ich exakt genauso. Aber die
eisten Sachverständigen haben ganz deutlich hervorge-
oben, dass der vorgelegte Gesetzentwurf ein wichtiger,
rster Schritt ist.
Immerhin ist es uns jetzt gelungen, noch einen Punkt
ußerhalb des Strafrechts anzugehen. Und das ist durch-
us beachtlich. Wir regeln den Betrieb von Prostitutions-
tätten zukünftig entsprechend den für andere überwa-
hungsbedürftige Gewerbe in der Gewerbeordnung.
Kaum jemandem im Lande ist verständlich zu ma-
hen, daß sich Betreiber von Spielhallen, Schankwirt-
chaften oder Amüsierlokalen einer Betriebsüberwa-
hung oder gar Zuverlässigkeitsüberprüfung unterziehen
üssen, Betreiber von Bordellen aber nicht. Seit die Sit-
nwidrigkeit der Prostitution aufgehoben wurde, war es
öglich, Prostitutionsstätten bis hin zum Flatrategroß-
ordell ohne gewerberechtliche Überprüfungsmöglich-
eit einzurichten.
Bei aller Freude an der Abschaffung von falschen Ta-
us, eine solche Privilegierung eines bestimmten Gewer-
es gegenüber anderen – aus dem Jahre 2001 von der
t-grünen Bundesregierung damals – ist kaum nachvoll-
iehbar.
Eine gewisse Betriebsblindheit muss man der damali-
en rot-grünen Koalition schon attestieren. Das grund-
ätzlich richtige Ziel, nämlich die Stärkung der Rechte
on Frauen und die Herausnahme dieses Gewerbebe-
ichs aus der Illegalität, wurde zwar erreicht, die dazu-
ehörende gewerberechtliche Rahmenregelung unter-
lieb jedoch leider.
Dies kann man auch nicht dem damals konservativ
eprägten Bundesrat in die Schuhe schieben. Rot-Grün
at nicht einmal den Versuch der Rahmengesetzgebung
amals übernommen, und berauscht vom damaligen Ge-
etz: Man wollte wohl auch nicht.
Dies hat zur Folge, dass wir in Deutschland der Aus-
eutung von Frauen nicht wirkungsvoll genug entgegen-
eten können. Bislang gab es kein gewerberechtliches
strument, beispielsweise einem verurteilten Men-
chenhändler die erneute Eröffnung eines Bordells zu
ntersagen.
Mit unserem Gesetzentwurf wird eine automatische
berprüfung der Zuverlässigkeit des Gewerbetreibenden
nverzüglich nach der Gewerbeanmeldung oder Gewer-
eummeldung eingerichtet. Den zuständigen Behörden
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32365
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stehen zur Überwachung des Betriebs zudem die Aus-
kunfts-, Kontroll- und Nachschaurechte des § 29 GewO
zur Verfügung. Darüber hinaus kann der Gewerbebetrieb
von Auflagen zum Schutz der Allgemeinheit, der Kun-
den, der Prostituierten oder der Bewohner des Betriebs-
grundstücks oder der Nachbargrundstücke vor Gefahren,
erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen
abhängig gemacht werden. Dies ist ein deutlicher Fort-
schritt und eine notwendige Ergänzung zum Schutz der
in diesen Betrieben tätigen Frauen.
Diejenigen, die jetzt sagen, das reiche nicht, sollten
sich aber immer überlegen: Bisher gab es eben keine
Kontrollregelungen, keine Auflagenmöglichkeiten und
keine Anforderungen an den Betrieb gerade zum Schutz
von Opfern, zum Schutz von Frauen. Wir wollen auch
mehr, aber diesen ersten Schritt sollte jeder, der das Pro-
blem der Ausbeutung von Frauen, das Problem des Men-
schenhandels angehen will, mitgehen und zustimmen.
Aber zu den weiteren Maßnahmen, die den Opfer-
schutz beim Menschenhandel betreffen, gehört auch die
dringend nötige Überprüfung ausländerrechtlicher Rege-
lungen. Dies ist und bleibt ein Anliegen der FDP.
Zum Schutz verschleppter Frauen haben wir in dieser
Wahlperiode einiges geleistet: Zwangsheirat wird jetzt
explizit als Straftat benannt. Wir haben den ausländi-
schen Opfern von Zwangsverheiratungen zudem ein
eigenständiges Wiederkehr- bzw. Rückkehrrecht einge-
räumt. Die frühere Regelung, wonach der Aufenthalts-
titel für verschleppte junge Frauen nach sechs Monaten
automatisch erlischt und der für Opfer von Zwangsheira-
ten nunmehr beseitigt wurde, ermöglichte es leider bis
vor einem Jahr, diese Zwangslage noch stärker auszunut-
zen und Frauen jede Fluchtperspektive zu nehmen.
Eine vergleichbare Regelung im Aufenthaltsrecht
strebt die FDP auch für die Opfer von Zwangsprostitu-
tion an, verbunden mit der Stabilisierung vor Ort in
Deutschland. Die Opfer müssen eine Chance erhalten,
sich aus der Zwangslage zu befreien, zu der leider oft
auch Herkunftsland und -familien beigetragen haben.
Gerade zur Bekämpfung der organisierten Kriminali-
tät ist häufig die Aussage eines Opfers vor der Polizei
oder im Gerichtsverfahren bedeutsam. Diese Aussage
erhalten wir aber nur, wenn die Opfer, also vielfach
Frauen, sich sicher vor Verfolgung hier oder im Heimat-
land fühlen können. Insofern haben wir Verständnis für
die Anträge der Grünen.
Da aber ausländerrechtliche Regelungen ebenso wie
die eingangs genannten strafrechtlichen Lösungen er-
hebliche Folgeprobleme aufwerfen können, müssen sie
sorgfältig erwogen und geprüft werden.
Das werden wir in der nächsten Wahlperiode leisten.
Die vergangenen vier Jahre mit einer Regierungsbe-
teiligung der FDP waren vier gute Jahre für Deutsch-
land. Gerade im Bereich der Innen- und Rechtspolitik
haben wir einige Erfolge erzielt, die dieser Koalition an-
fangs kaum einer zugetraut hätte.
Das sollten und werden wir fortsetzen.
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Ulla Jelpke (DIE LINKE): Zur Abstimmung liegt
ier ein Gesetzentwurf der Regierungsfraktionen vor,
ur Umsetzung von EU-Richtlinien, zur Verhütung und
ekämpfung des Menschenhandels sowie zum Schutz
er Opfer. Leider beschränkt sich der Gesetzentwurf al-
ine auf die strafrechtlichen Aspekte, die zur Bekämp-
ng von Menschenhandel am wenigsten geeignet sind.
In der Begründung heißt es, die Zeit habe in dieser
egislatur nicht mehr ausgereicht, Punkte zum Aufent-
altsrecht, der Betreuung, Unterstützung und medizini-
chen Behandlung der Opfer einzuarbeiten. Sie hatten
afür seit Beschluss der EU-Richtlinie mehr als zwei
ahre Zeit. Verbergen Sie Ihre Unwilligkeit doch nicht
inter angeblichem Termindruck.
In der Anhörung am Montag waren sich alle Sachver-
tändigen – von der Sexarbeiterin bis zum Vertreter der
olizei – im Übrigen in ihrer vernichtenden Beurteilung
ieses Gesetzentwurfes und der darin vorgenommenen
ermischung von Menschenhandel und Prostitution ei-
ig. Das sollte Ihnen, Kolleginnen und Kollegen von den
egierungsfraktionen, doch zu denken geben.
Nach Auffassung der Linken muss das Augenmerk
ei der Bekämpfung von Menschenhandel auf Präven-
on und Opferschutz gelegt werden. Denn solange die
etroffenen keinen sicheren und eigenständigen Aufent-
altstitel erhalten, sind die Täter durch die Angst der Op-
r geschützt.
Die Linke fordert für die Opfer von Menschenhandel
inen von der Aussagebereitschaft in Strafverfahren un-
bhängigen Aufenthaltstitel. Diese Menschen müssen
ostenlose Rechtshilfe, Unterkünfte sowie medizinische
nd psychologische Betreuung erhalten und Zugang zu
ozialen Leistungen, Bildungsangeboten und zum Ar-
eitsmarkt haben.
Leider setzt auch der Änderungsantrag der Grünen
mer noch die Aussagebereitschaft des Opfers als Be-
ingung für eine Aufenthaltserlaubnis voraus. Das wird
er Lebenswelt der Betroffenen und den Erfordernissen
es Menschenrechtsschutzes nicht gerecht. Denn hier
ird die Angst der Opfer ignoriert, dass ihnen oder ihren
amilienangehörigen in ihrer Heimat Schaden zugefügt
ird; die Angst, in einem Strafverfahren erneut zum Op-
r zu werden; ihre Traumatisierung oder Abhängigkeit
on den Tätern. Weil dieser grüne Änderungsantrag zu
urz greift, können wir hier nicht zustimmen.
Der Gesetzentwurf der Regierungsfraktionen ver-
ischt die Bekämpfung von Menschenhandel und
wangsprostitution mit dem legalen Bereich der Prosti-
tion. Das ist eine Beleidigung und Diskriminierung für
ie vielen eigenständig und selbstbestimmt in diesem
ewerbe tätigen Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter.
Gefordert wird im Regierungsantrag die Aufnahme
er Prostitutionsstätten in den Katalog überwachungsbe-
ürftiger Gewerbe. Dies suggeriert einen bisher rechts-
eien Raum. Doch in Wirklichkeit unterliegt kaum ein
nderer Wirtschaftszweig schon heute einer so engma-
chigen Kontrolle und einem so ausgeprägten strafrecht-
chen Sonderschutz.
32366 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
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Ich zitiere die Sexarbeiterinnenvereinigung Doña
Carmen: „Bei so viel ‚Schutz‘ ist eines sicher: Die
Rechte von Prostituierten kommen unter die Räder, man
will sie zu Tode schützen.“
Dieser Gesetzentwurf vereinigt mit seinen Gummi-
formulierungen über den Schutz vor Belästigungen
ordnungsstaatliche Überwachungssüchte mit rückwärts-
gewandter Prüderie. Unter dem Vorwand, gegen Men-
schenhandel vorzugehen, wird hier einer erneuten Kri-
minalisierung der Prostitution Vorschub geleistet.
Ein solches moralisches Rollback ist mit der Linken
nicht zu machen.
Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Wir beraten heute einen Gesetzentwurf der Koalition,
mit dem sie die Umsetzung der EU-Richtlinie zur Be-
kämpfung des Menschenhandels versucht. Leider muss
man feststellen: Der Vorschlag der Koalition ist kein
Beitrag im Kampf gegen Menschenhandel. Mit der blo-
ßen Ausweitung des Strafrechtes auf die Bereiche Bette-
lei und organisierte Kriminalität wird keinem Opfer von
Menschenhandel geholfen. Nicht verkehrt, aber wir-
kungslos. Das ist ein Placebo, weiße Salbe: Es sieht gut
aus, beruhigt die Gemüter und bewirkt nichts. Mit einer
Ausnahme: Niemand kann absehen, was die Regelung
zu § 233 StGB tatsächlich bewirkt. Was bedeutet es
denn, wenn – wie es in Ihrem Gesetzentwurf steht – man
„eine andere Person unter Ausnutzung einer Zwangslage
oder der Hilflosigkeit, die mit ihrem Aufenthalt in einem
fremden Land verbunden ist, … zur Begehung mit Strafe
bedrohter Handlungen … “ bringt? Ist das ein Anstif-
tungsvorsatz in Bezug auf diese mit Strafe bedrohten
Handlungen? Meinen Sie damit Straftaten? Müssen
diese dann auch rechtswidrig und schuldhaft sein und,
wenn ja, was ist mit dem Nötigungsnotstand? Wie sich
diese Norm zum Allgemeinen Teil des Strafrechts ver-
hält, ist mir nicht klar. Und die Koalition scheint sich
auch keine ausreichenden Gedanken darüber gemacht zu
haben. Aber kurz vor Ende der Wahlperiode musste ja
alles mit heißer Nadel gestrickt werden, obwohl Sie zu-
vor jahrelang Zeit gehabt hätten. So macht man keine
Gesetzgebung, erst recht nicht im Strafrecht.
Nicht einmal die von Volker Kauder noch vor weni-
gen Tagen angekündigte Reform des Aufenthaltsrechts
wird angegangen. Wir fordern in einem Änderungs-
antrag, Opfern von Menschenhandel ein eigenständiges
Bleiberecht zuzugestehen. Das hilft den Frauen und er-
höht die Aussagebereitschaft gegen mögliche Men-
schenhändler.
Zudem ist völlig unverständlich, warum die Koalition
nicht wenigstens auch die wissentliche und vorsätzliche
Ausbeutung von Zwangsprostituierten durch Freier be-
straft. Schon seit Jahren fordern Opfergruppen, dass die
Ausbeutung durch Freier, die wissentlich mit Zwangs-
prostituierten verkehren, strafbar werden soll. Diese Lü-
cke im Strafgesetzbuch schließen wir mit unserem zwei-
ten Änderungsantrag. Es ist richtig: Wer Menschen zum
Zweck der sexuellen Ausbeutung schmuggelt, wird be-
straft, wer sie hier vor Ort wirtschaftlich ausbeutet,
ebenso. Es ist nur folgerichtig, auch diejenigen zu be-
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trafen, die diese Zwangslage wissentlich zur Ausnut-
ung für sexuelle Bedürfnisse ausnutzen. Auch das ist
in sinnvoller Beitrag im Kampf gegen Menschenhan-
el.
Um es aber auch ganz klar zu sagen: Als Grüne leh-
en wir jeden Versuch ab, die Prostitution wieder zu kri-
inalisieren. Weder das sogenannte „schwedische Mo-
ell“ mit einer allgemeinen Freierbestrafung noch ein
ückfall in die Illegalität, wie vor dem Prostitutionsge-
etz, nützt den Frauen und Männern, die in der Prostitu-
on arbeiten. Solche Maßnahmen führen nur zu einer
bdrängung ins Dunkle und ins kriminelle Milieu. Dort
at das Prostitutionsgesetz angesetzt, und die Auslösung
us der organisierten Kriminalität ist ein gutes Stück ge-
ngen. Das belegen auch die Analysen des BKAs aus
einem alljährlichen „Lagebericht Menschenhandel“.
ie Koalition vermengt deswegen unzulässig die Berei-
he Menschenhandel und Prostitution.
Als Grüne wollten wir immer eine positiv rechtliche
usgestaltung des Prostitutionsgewerbes. Allerdings
ar das mit der SPD vor elf Jahren noch nicht zu ma-
hen. Heute ist es deutlicher Konsens, dass es ein Fehler
ar, die konkrete Ausgestaltung den Bundesländern und
en Kommunen zu überlassen. Dies führte zu einem Fli-
kenteppich an Regelungen, die vor allem zu Rechtsun-
icherheit auf allen Seiten führt. Wir brauchen eine um-
ssende Regulierung von Prostitutionsstätten.
Der Vorschlag der Koalition, Prostitutionsstätten le-
iglich als überwachungsbedürftiges Gewerbe zu dekla-
eren, greift dabei allerdings viel zu kurz. Er birgt die
efahr, dass sich die Nachbarschaftsregelungen negativ
uf die Wohnungsprostitution gerade auch selbstständi-
er und eigenorganisierter Prostituierter auswirken. Der
oalitionsantrag schafft einen Willkürparagrafen mit un-
laren Rechtsbegriffen. Er unterlässt eine klare Defini-
on des Begriffes „Prostitutionsstätten“ ebenso wie eine
lärung, welche Auflagen eigentlich möglich und nötig
ind, um eine positive Gestaltung der Prostitution zu er-
öglichen und Ausbeutung zu verhindern. Letztlich
onstatieren Sie nur, was längst Realität ist in Deutsch-
nd, nämlich dass die Polizei und Ordnungsbehörden in
rostitutionsstätten zu Untersuchungen gelangen kön-
en. Das ist angesichts von Hunderten Razzien jedes
ahr keine wirkliche Neuerung. Dabei bleibt völlig of-
n, wonach die Behörden eigentlich suchen sollen, nach
elchen Kriterien sie Einrichtungen schließen können.
r Gesetzentwurf ist lediglich eine Festschreibung des
tatus quo, ein Arbeitsbeschaffungsprogramm für Ge-
chte und Verwaltungsbehörden. Ein Beitrag zur Be-
ämpfung von Ausbeutung oder zur Stärkung der Prosti-
ierten gegenüber Vermietern und Betreibern ist der
esetzentwurf auf jeden Fall nicht.
Wir fordern dagegen eine weitergehende Regulierung
on Bordellen als genehmigungspflichtiges Gewerbe.
ur eine umfassende Regulierung führt die Prostitution
us dem Dunkelfeld und schafft Rechtssicherheit für
rostituierte und Betreiber.
Unser Änderungsantrag definiert konkrete Auflagen,
ie es den Behörden erlauben, zum Schutz von Prostitu-
rten Kontrollen durchzuführen und im Zweifel ausbeu-
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32367
(A) )
)(B)
terische Praktiken zu untersagen. Durch eine Dokumen-
tationspflicht werden ausbeuterische Praktiken sichtbar
und können dann auch geahndet werden. Bereits im Ge-
nehmigungsverfahren werden die Zuverlässigkeit der
Betreiber und ihres Personals überprüft, der Geschäfts-
plan geprüft und die Rechtsverhältnisse zwischen Betrei-
ber und Prostituierten dokumentiert. Klare Regeln schaf-
fen Rechtssicherheit auf allen Seiten.
Die Koalition hat nun angesichts auch der vernichten-
den Kritik bei der Anhörung im Rechtsausschuss am
vergangenen Montag angekündigt, in der nächsten Le-
gislatur einen umfassenden Entwurf vorzulegen. Unklar
bleibt, warum dann besser gelingen soll, was in den ver-
gangenen sieben Jahren nicht gelungen ist. Wir werden
uns einer solchen Diskussion konstruktiv stellen. Bis da-
hin gilt aber: Dieser Gesetzentwurf, der heute vorliegt,
ist kein Beitrag zur Rechtssicherheit. Er verschlimmbes-
sert die bestehenden Defizite. Dem können wir Grüne
nicht zustimmen.
Anlage 25
Zu Protokoll gegebene Reden
zur Beratung der Antwort auf die Große An-
frage: Ergebnisse und Folgen der Beschlüsse
des NATO-Gipfels von Chicago für Abrüstung,
Raketenabwehr und europäische Sicherheit
(Tagesordnungspunkt 21)
Dr. Reinhard Brandl (CDU/CSU): Bereits in der
Vorbemerkung ihrer Anfrage an die Bundesregierung
gibt die SPD eine abschließende Bewertung zu den Er-
gebnissen des NATO-Gipfels ab: Der NATO-Gipfel von
Chicago war für sie aus sicherheits- und friedenspoliti-
scher Sicht eine Enttäuschung. Dem schließe ich mich
nicht an. Vielleicht waren aber auch nur meine Erwar-
tungen an den Gipfel schlicht niedriger. Ich habe auf
kleine, aber konkrete Schritte bei den aktuellen Baustel-
len gehofft: Wie geht es weiter in Afghanistan bis und
nach 2014? Wie setzen wir die Idee von Smart Defence
um? Welche Fortschritte verzeichnen wir beim Aufbau
des Raketenabwehrsystems? Darüber hinaus habe ich
vor allem ein starkes Bekenntnis zur transatlantischen
Allianz vonseiten Amerikas erwartet. In den ersten
Punkten wurden meine Erwartungen weitgehend erfüllt,
im letzten Punkt – dem Bekenntnis zu einer auch in Zu-
kunft starken transatlantischen Allianz – wurde auch ich
zugegebenermaßen ein wenig enttäuscht.
Neben den bereits erwähnten Themen lag ein Schwer-
punkt des NATO-Gipfels auf Fragen der Abrüstung und
der Rüstungskontrolle. Im Rahmen des Gipfels bekann-
ten sich die Mitgliedstaaten erneut zu ihrem Ziel, eine
nuklearwaffenfreie Welt zu schaffen. Auch hier zeigte
sich im Laufe des letzten Jahres wiederum, dass die Er-
wartung von kleinen Schritten sich als richtig erweisen
sollte. Außenminister Guido Westerwelle hat es hier im
Plenum vor einigen Wochen überaus treffend beschrie-
ben: „Wir alle wissen aus den Erfahrungen der Ge-
schichte, dass Abrüstungspolitik einen langen Atem
braucht.“
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Zu diesem langen Atem gehört aber auch, dass wir
leine Fortschritte und Erfolge wertschätzen und eben
icht aus den Augen verlieren, dass beispielsweise der
eg hin zu einer nuklearwaffenfreien Welt ein sehr lan-
er und mühsamer ist. Als Präsident Barack Obama in
einer Rede in der vergangenen Woche vor dem Bran-
enburger Tor angekündigt hat, das Atomwaffenarsenal
er USA um ein Drittel reduzieren zu wollen, habe ich
ies als weiteren wichtigen Schritt auf diesem Weg emp-
nden. Wie schwierig jedoch die Umsetzung der An-
ündigung sein wird, zeigte sich an der umgehenden Re-
ktion aus Moskau. Wir müssen uns nun fragen: Welche
olle kann Deutschland hier in den nächsten Jahren
pielen? Welchen Beitrag können wir leisten? Die Bun-
esregierung hat sich in der Vergangenheit immer wie-
er als Mittler zwischen den USA und Russland einge-
etzt und mit vertrauensbildenden Maßnahmen versucht,
ie Zusammenarbeit der beiden Nationen zu fördern.
iese Bemühungen müssen wir auch in Zukunft fortset-
en.
Die christlich-liberale Koalition steht, wie auch die
undesregierung, zu ihrem Versprechen, eine aktive Ab-
stungspolitik zu betreiben. Die Bundesregierung hat
ich vehement für die Einrichtung des Abrüstungs- und
üstungskontrollausschusses der NATO eingesetzt. Und
uch hier sind Fortschritte zu erkennen. Der Ausschuss
at sich am 12. Februar dieses Jahres konstituiert und
eine Arbeit aufgenommen. Im Mittelpunkt stehen dabei
ansparenz- und vertrauensbildende Maßnahmen mit
ussland bei nichtstrategischen Nuklearwaffen.
Zu Beginn meiner Rede bin ich bereits kurz auf die
aketenabwehr eingegangen. Während des Gipfels in
hicago haben die NATO-Partner offiziell deren An-
ngsbefähigung in Europa erklärt. In der hier zu debat-
erenden Großen Anfrage beschäftigt sich ein Abschnitt
it den möglichen Bedrohungen, vor denen wir uns mit
iesem Raketenabwehrsystem schützen wollen, bzw. mit
er Wahrscheinlichkeit, dass diese Bedrohungen auch in
ukunft Realität werden. Man könnte bei den Fragen
en Eindruck erhalten, dass die Opposition an der Legi-
mität der Raketenabwehr zweifelt. Die Bundesregie-
ng hat in ihrer Antwort klargestellt, dass sich die ge-
einsame Raketenabwehr gegen mögliche Bedrohungs-
otenziale richtet und nicht gegen spezifische Länder.
ir benötigen ein NATO-Raketenabwehrsystem, wel-
hes uns flächendeckend und nicht nur punktuell vor
em Angriff ballistischer Raketen schützen kann. Hierzu
ind die derzeit vorhandenen Raketenabwehrsysteme
ber nicht in der Lage.
Die Kooperation mit Russland im Rahmen der Rake-
nabwehr ist ein sehr schwieriges und überaus sensibles
hema. Unser Wunsch ist es, die Raketenabwehr ge-
einsam mit Russland voranzubringen. Die Bundesre-
ierung versucht auch hier, mit vertrauensbildenden
aßnahmen eine Basis für Dialog und Kooperation zu
chaffen. Dazu gehörte die Ausrichtung einer gemeinsa-
en computergestützten Raketenabwehrübung im letz-
n Jahr. Von dem Nutzen dieser Übung konnte ich mich
amals persönlich vor Ort überzeugen.
32368 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
(A) )
)(B)
Meine Rede begonnen habe ich mit den Erwartungen,
die an den NATO-Gipfel gestellt wurden. Meines Erach-
tens wurde am letzten NATO-Gipfel vor allem eines
deutlich: Die sicherheitspolitischen Herausforderungen
des 21. Jahrhunderts können wir nur gemeinsam bewäl-
tigen. Gemeinsames Handeln – insbesondere vor dem
Hintergrund unterschiedlicher nationaler Interessen –
kann jedoch nach meiner Überzeugung nur in kleinen
Schritten funktionieren. Diesen kleinen Schritten stehen
aber häufig Maximalforderungen entgegen, die eine Zu-
sammenarbeit von Beginn an verkomplizieren. Ich sage
nicht, dass wir uns auf kleinen Erfolgen ausruhen soll-
ten, aber wenn wir uns auf sie berufen, dann trägt dies zu
einem Arbeitsklima bei, das Kooperation fördert und
nicht behindert.
Roderich Kiesewetter (CDU/CSU): Der freund-
schaftliche Besuch des US-Präsidenten Barack Obama
in Berlin und sein Versprechen, einen wesentlichen Bei-
trag für die globale Abrüstung von Nuklearwaffen zu
leisten, hat uns einmal mehr verdeutlicht, dass die trans-
atlantische Allianz ihre Wichtigkeit für Deutschland be-
halten wird und dass sie die von der SPD entgegenge-
brachte Skepsis nicht verdient hat. Statt in kleinteiligen
Fragenkatalogen die Leistungsfähigkeit der NATO anzu-
zweifeln, sollten wir uns Gedanken machen, wie wir das
Bündnis zukunftsfest gestalten können.
Seit dem 11. September 2001 befindet sich die NATO
in einer fortgesetzten Strategiedebatte und in einer dau-
erhaften Anpassung. Sie konzentriert sich nach dem
Gipfel von Lissabon und der Verabschiedung des Neuen
Strategischen Konzepts 2010 auf drei Kernaufgaben:
kollektive Verteidigung, Krisenbewältigung und koope-
rative Sicherheit.
Auf ihrem Gipfeltreffen im letzten Jahr in Chicago
haben die Staaten der NATO dieses Konzept weiterent-
wickelt. Es ist das Verdienst unserer Bundesregierung,
dass die Abrüstungspolitik dabei eine hohe Priorität
bekommen hat. In Chicago wurde auf gemeinsame Ini-
tiative von Deutschland, der Niederlande, Norwegen und
Polen ein Angebot an Russland zu reziproken Transpa-
renzmaßnahmen bei nicht strategischen Nuklearwaffen
beschlossen. Auch der neue Abrüstungs- und Rüstungs-
kontrollausschuss ist eine wichtige Errungenschaft. Mit
dem Bekenntnis zum Ziel einer nuklearwaffenfreien
Welt, das im Abschlussdokument des Überprüfungs-
prozesses des NATO-Abschreckungs- und Verteidi-
gungsdispositivs festgehalten wurde, konnte die Bundes-
regierung einen weiteren Meilenstein erreichen.
Ebenso wie die Worte von US-Präsident Obama so
müssen auch diese Gipfel-Ergebnisse erst mit Leben ge-
füllt werden. Dennoch, die Grundlagen sind gelegt, die
entsprechenden Bündnisgremien haben ihre Arbeit auf-
genommen, und Deutschland wird weiter eine aktive
Rolle bei der praktischen Umsetzung übernehmen. Auch
wenn bei den Verhandlungen viel Geduld verlangt wird,
ist der Grundsatz, dass Entscheidungen zum Nukleardis-
positiv im Bündnis einmütig entschieden werden, weiter
richtig.
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Lassen Sie mich zu den vielen Anmerkungen in der
roßen Anfrage über das sogenannte Lebensdauerver-
ngerungsprogramm der US-Nuklearwaffen des Typs
61 und zu den Tornados der Bundeswehr und ihrer po-
nziellen Trägerfunktion einen wichtigen Punkt klar-
tellen, der auch in der Beantwortung durch die Bundes-
gierung aufgeführt ist: Abrüstung und Abschreckung
tehen nicht im Widerspruch, sie sind zwei unverzicht-
are Teile einer Gesamtstrategie.
Dies zeigen nicht zuletzt die aktuellen Berechnungen
es Stockholm International Peace Reseach Institues,
IPRI, für das Jahr 2012. Während Russland und die
SA ihre Atomwaffenbestände verringert haben, stockten
ie Atommächte China, Indien und Pakistan ihre Arsenale
ach Angaben von SIPRI im gleichen Zeitraum weiter
uf. Russland modernisiert seine noch 8 500 Atomspreng-
öpfe mit erheblichen Finanzmitteln. Die Modernisie-
ng der in der Anzahl erheblich geringeren nicht strate-
ischen nuklearen Verteidigungskapazitäten der NATO,
urch die keineswegs neue Einsatzzwecke oder Einsatz-
higkeiten geschaffen werden, gewährleistet angesichts
ieser Entwicklungen fortwährend eine glaubhafte Auf-
chterhaltung des Schutzes; vor allem unsere NATO-
artner Estland, Lettland, Litauen und Polen bestehen
arauf.
In dem Zusammenhang komme ich auf ein weiteres
icherheitspolitisches Thema des Chicagoer Gipfel-
effens zu sprechen: die Pläne, gemeinsam mit unseren
erbündeten unsere Fähigkeiten zur Raketenabwehr aus-
ubauen. Bis 2020 soll ein Raketenschirm entwickelt
erden, mit dessen Hilfe das Territorium der NATO-
itgliedstaaten vor Angriffen durch unbemannte Flug-
örper geschützt wird. Im Vorfeld des Projektes wird im-
er wieder kritisiert, dass ein antirussischer Impetus die
otivation hinter dem Raketenschirm darstelle. Auch
ie Opposition fragt nach hypothetischen Szenarien und
öchte konkrete Länder genannt wissen. Es ist festzu-
alten, dass die Raketenabwehr sich gegen mögliche
edrohungspotenziale richtet, nicht gegen spezifische
änder. Zum Verhältnis mit Russland möchte ich unse-
n Außenminister Guido Westerwelle unterstützend zi-
eren, der betont, dass Sicherheit in Europa nur zusam-
en mit Russland garantiert werden könne und dass „die
ür für Russland offen bleibt“. Wir dürfen nicht verges-
en, dass unsere Bundesregierung eine Intensivierung
nserer Partnerschaft mit Russland anstrebt und eine
nge Kooperation auf ökonomischer und kultureller
bene zwischen Berlin und Moskau besteht. Die rus-
isch-deutschen Beziehungen nur auf aktuelle außen-
olitische Differenzen zu reduzieren, verschleiert den
lick auf die Komplexität unserer strategischen Partner-
chaft. Es ist deshalb gut, mit klarer Stimme die
issstände in Russland anzumahnen, schönreden hilft
ieser strategischen Partnerschaft nicht, sondern gefähr-
et sie eher.
Die Fragen rund um die Partnerschaft mit Russland
hren mich zu meinem letzten Punkt, den Sie mit Ihrer
leinteiligen Großen Anfrage leider verfehlen. Wir müs-
en uns grundsätzliche Gedanken machen über die stra-
gische Zukunft der NATO, vor allem als Europäer.
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32369
(A) )
)(B)
Was ist heute das Besondere am Atlantischen Bünd-
nis? Was macht es so einzigartig? Ich möchte in der
Kürze dieser Rede nur vier essenzielle Argumente anrei-
ßen:
Erstens eine leistungsfähige NATO-Kommandostruk-
tur, die trotz oder gerade wegen ihrer Verschlankung von
13 000 auf 9 000 Mitarbeiter einzigartig bleibt, zweitens
ihre Fähigkeit zur Interoperabilität unter den Mitglied-
staaten, aber auch mit Partnern – hier müssen wir inves-
tieren, um zukunftsfähig zu bleiben –, drittens weitere
besondere Fähigkeiten der NATO, beispielsweise bei der
Aufklärung, Luftverteidigung und zunehmend auch im
Bereich Cybersicherheit, viertens Art. 5 als Kernfunk-
tion des Bündnisses sowie die Nuklearschutzgarantie
durch die USA.
Trotz der weitgehend positiven Bilanz des Chicagoer
Gipfels ist es wichtig, zu hinterfragen, wo wir noch
Verbesserungspotenzial haben. Die Gates-Rede in Brüs-
sel von 2011 hat Defizite im Bereich der Lastenteilung
verdeutlicht. Hier bedarf es tiefergehender Analysen und
offener Debatten, auch zur Lastenverteilung bei gemein-
samen Auslandseinsätzen. Die Positionierung der NATO
bezüglich der Herausforderungen im Nahen und Mittle-
ren Osten muss ebenfalls strategisch diskutiert werden.
Als politisches Bündnis, das gemeinsame Werte vertritt,
können gegebenenfalls nicht nur ideelle Unterstützungs-
leistungen der NATO für Israel gefordert sein. Bezüglich
der wachsenden Cyberbedrohungen müssen wir uns die
Frage stellen, ob die NATO bereit ist, eine eigene Infra-
struktur aufzubauen, um ihre Mitgliedstaaten besser ge-
gen diese Gefahren zu schützen. Und schließlich ist die
NATO immer noch in erster Linie, was ihre Außengren-
zen angeht, ein maritimes Bündnis; möglicherweise sind
hier ebenfalls Fähigkeiten zu optimieren. Auf Fragen
nach Rollenverteilungen und Erweiterungsfragen, die si-
cher auch diskutiert werden müssen, möchte ich an die-
ser Stelle nicht weiter eingehen.
Abschließend rufe ich am Ende meiner Rede noch
einmal dazu auf, weiter eine vertiefte, sicherheitspoliti-
sche Integration innerhalb der Europäischen Union an-
zustreben. Das erwarten auch die Amerikaner von uns –
im Sinne einer effektiveren transatlantischen Arbeitstei-
lung. Die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungs-
politik stellt einen wichtigen Meilenstein dar. Aber künf-
tig müssen wir verstärkt in sicherheitspolitischen Fragen
mit einer Stimme sprechen, damit wir auch in der
Zukunft den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts
gewachsen sind.
Diese Woche fand das erste Deutsche Forum Sicher-
heitspolitik an der Bundesakademie für Sicherheitspoli-
tik statt, ein guter Schritt zur breiteren sicherheitspoliti-
schen Debatte in Deutschland, zu der auch unsere
heutige Debatte wesentlich beiträgt.
Uta Zapf (SPD): Dass wir weit nach Mitternacht hät-
ten reden sollen, ist zwar dem Thema nicht angemessen,
aber wohl der Antwort der Bundesregierung auf unsere
Große Anfrage. Diese Antwort gibt über die wesentli-
chen Fragen keine Auskunft. Sie übertüncht das Versa-
gen der Bundesregierung mit weißer Salbe; sie gibt be-
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arrlich und wiederholt falsche Auskünfte, oder sie
erschanzt sich hinter Geheimhaltung.
Diese Koalition ist mit großem Getöse als Abrüstungs-
acht aufgebrochen. Ziel: nuklearwaffenfreie Welt,
uklearwaffen raus aus Büchel – Abmarsch in die USA.
Die Beratungen der NATO zum neuen strategischen
onzept und zur Verteidigungs- und Abschreckungsstra-
gie hätten die Möglichkeit geboten, größere Schritte
ur Reduzierung von Nuklearwaffen zu erwirken, als im
rgebnis des Gipfels festgeschrieben wurde.
Nach Chicago definiert sich die NATO als nukleare
rganisation. Die Rolle der Nuklearwaffen ist nicht re-
uziert. Der bisherige Mix aus konventionellen Waffen
nd Nuklearwaffen des Abschreckungsdispositivs wird
estätigt, „solange es Nuklearwaffen gibt“, und die Bun-
esregierung hat dem zugestimmt. Das Versagen der
undesregierung wird hinter Formeln wie „Unter den
ündnispartnern besteht Einvernehmen darüber, dass
ntscheidungen über das Nukleardispositiv im Bündnis
emeinsam und folglich im Konsens zu treffen sind“
eutlich. Dieser Satz taucht in der Antwort zu unserer
nfrage dreimal auf und zeigt die ganze Hilflosigkeit
er Regierung. Hat diese Regierung wirklich so wenig
influss und Gewicht?
Wenig Positives ist erreicht: Auf der Habenseite steht
ie Etablierung des Abrüstungsausschusses, der wohl
uch allmählich seine Arbeit aufgenommen hat – nach
inem Jahr! – und sich, so hört man, mit Angeboten zu
ransparenzmaßnahmen an Russland beschäftigt. Ergeb-
isse liegen noch nicht vor.
Russland wird sich nur zu gegenseitigen Transparenz-
aßnahmen bei den taktischen Nuklearwaffen bewegen
ssen, wenn der Konflikt um die Raketenabwehr gelöst
t – etwas, was mir noch in weiter Ferne erscheint.
urch diese Transparenzmaßnahmen will die NATO bei
en taktischen Nuklearwaffen mit Russland Fortschritte
rreichen. Aber der Dialog hat noch nicht begonnen.
Auch das erneuerte Angebot von Präsident Obama zu
eiteren Reduzierungen von Nuklearwaffen wird Russ-
nd nicht akzeptieren, solange es seine Sicherheitsbe-
ürfnisse nicht berücksichtigt sieht. Warum sollten tak-
sche US-Nuklearwaffen bei uns und in Europa bleiben,
is abgerüstet wird? Wäre es für Abrüstung nicht viel
rderlicher, wenn die Waffen in den USA stationiert
ären?
In der Tat scheint die Chance für einen Rückzug der
ktischen Nuklearwaffen verstrichen zu sein. In der
euen Nuclear Employment Strategy der USA vom
2. Juni 2013 wird – wohl auch als Konsequenz aus den
eschlüssen von Chicago – die Stationierung dieser
affen in Europa festgeschrieben. Also ist die Moderni-
ierung der B61 Bestandteil der US-Strategie zum
chutz der Verbündeten – „extended deterrence“.
Mit ihrer Unterschrift unter das neue strategische
onzept und durch die Akzeptanz der Abschreckungs-
nd Verteidigungsdoktrin akzeptiert die Bundesregie-
ng die Modernisierung der in Europa und Deutschland
tationierten US-Nuklearwaffen. Es ist damit festge-
32370 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
(A) )
)(B)
schrieben, dass die Verbündeten, auf deren Territorium
die US-Nuklearwaffen stationiert sind, die Verantwor-
tung für die volle Funktionsfähigkeit der Trägersysteme
tragen.
Die geplante Modernisierung wird eine höchst kost-
spielige Modernisierung des Trägersystems Tornado er-
fordern.
Wieso die Bundesregierung die Modernisierung der
B61 trotzdem steif und fest nach wie vor zur nationalen
Entscheidung der USA deklariert, ist mir schleierhaft.
Dem widerspricht auch die Antwort der Bundesregie-
rung auf die Große Anfrage:
Frage 4 b): „Würde ein Abzug der taktischen Atom-
waffen aus Europa, beispielsweise eine Verlagerung der
Waffen in die USA, nach Auffassung der Bundesregie-
rung, den Fortbestand der Politik der nuklearen Teilhabe
in der NATO grundsätzlich infrage stellen?“
Antwort: „Bei einem vollständigen Abzug der
nichtstrategischen Nuklearwaffen aus Europa würden
sich die Voraussetzungen für die nukleare Teilhabe we-
sentlich ändern. Die politischen Diskussionen im
Bündnis im Rahmen der Erarbeitung des strategischen
Konzepts der NATO sowie der Untersuchung des Ab-
schreckungs- und Verteidigungsdispositivs der Allianz
haben gezeigt, dass die auf dem Territorium europäischer
Bündnispartner stationierten amerikanischen nichtstrate-
gischen Nuklearwaffen weiterhin als Fundament und
Ausdruck der engen und tragfähigen transatlantischen
Bindung zwischen den europäischen und nordamerikani-
schen Mitgliedern der Allianz durch Teilung nuklearer
Risiken und Wahrnehmung gemeinsamer Verantwortung
verstanden werden. Zugleich soll die Beteiligung der
Staaten ohne Nuklearstreitkräfte am nuklearen Potential
des Bündnisses die Solidarität im Bündnis, die gemein-
same Verpflichtung und die ausgedehnte Lasten- und Ri-
sikoteilung demonstrieren.
Unter den Bündnispartnern besteht Einvernehmen da-
rüber, dass Entscheidungen über das Nukleardispositiv
im Bündnis gemeinsam und folglich im Konsens zu tref-
fen sind.“
Wenn die Stationierung dieser Waffen in Europa
Bündnispolitik ist, ist die Modernisierung dieser Waffen
keine reine nationale Entscheidung. Beharrlich besteht
die Bundesregierung darauf, die Modernisierung der
B61 sei reine Lebensdauerverlängerung, diene der Si-
cherheit, bewirke keine Qualitätsverbesserung. Dies ist
einfach falsch. Zielgenauigkeit, Durchschlagskraft und
Reichweite werden verändert und damit auch die militä-
rischen Einsatzoptionen. Ich empfehle der Bundesregie-
rung die Lektüre wissenschaftlicher Studien zum Bei-
spiel von Hans Kristensen und Otfried Nassauer zum
Thema.
Bei dieser Modernisierung geht es ja nicht nur darum,
die Bomben sicherer zu machen. Auch ihre strategischen
Qualitäten würden verändert: Reichweite, Präzision,
Zielgenauigkeit und Durchschlagskraft. Eine neue Qua-
lität und neue Fähigkeiten werden damit erreicht. Es ist
eine neue Bombe, eine strategische Nuklearwaffe.
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Dies widerspricht der Absicht, die Bedeutung von
uklearwaffen zu verringern und Abrüstung zu fördern.
icht nur der Koalitionsvertrag stellt dies fest. Auch die
SA haben diese Absicht erklärt, und alle Mitglied-
taaten des Nichtverbreitungsvertrages haben 2010 im
ktionsplan beschlossen, in ihren Strategien und Doktri-
en die Rolle der Nuklearwaffen zu verringern und alles
u tun, um Abrüstung zu fördern.
Ein solche neue Waffe gibt Russland keinen Anreiz,
ber taktische Nuklearwaffen und deren Abrüstung zu
erhandeln. Wie soll das Angebot von mehr Transparenz
ngesichts von Modernisierungsplänen Vertrauen bil-
en? Vielmehr steht zu befürchten, dass Russland seine
igenen Nuklearwaffen modernisiert – wie angekündigt.
Wenn sich die NATO in ihrer Argumentation, die US-
affen in Europa zu behalten, auf die weit höhere An-
ahl taktischer Nuklearwaffen der russischen Föderation
eruft, vergisst sie, dass Russland die hohe konventio-
elle Überlegenheit der NATO durch Nuklearwaffen
ompensieren will.
Eine Folge der Verpflichtungen aus Chicago ist, dass
ie Bundesregierung unterschrieben hat, die für die mo-
ernisierten B61 vorgesehenen Trägersysteme in bester
etriebsform zu halten.
Das heißt: viel Geld in den Tornado und seine Le-
ensdauerverlängerung stecken. Die Frage nach einem
euen Trägersystem „stellt sich derzeit nicht“.
Aber sonst: Nur Ausweichmanöver, Nebelkerzen. Zi-
t Frage 20: „Müssen an den vorhandenen Tornado-
ampfflugzeugen der Luftwaffe technische Änderungen
orgenommen werden, um mit diesen Luftfahrzeugen
ünftig auch die Bomben vom Typ B61-12 einsetzen zu
önnen?
Wenn ja, welche Änderungen sind dies, und mit wel-
hen Kosten wäre für diese Änderungen zu rechnen?“
Antwort: „Aufgrund der frühen Programm- und Pla-
ungsphase des Lebensdauerverlängerungsprogramms
er US-Nuklearwaffen des Typs B61 können über den
mfang der gegebenenfalls notwendigen Maßnahmen
ur Anpassung der von der Bundeswehr zur Verfügung
estellten Trägersysteme zurzeit keine abschließenden
ussagen getroffen werden. Im Vordergrund steht insge-
amt die Anpassung der lebensdauerverlängerten B61-12
n das Trägersystem.
Gemäß eigener Aussagen wird die US-Administra-
on sicherstellen, dass lebensdauerverlängerte B61-12
it den verschiedenen Trägermitteln der NATO-Mit-
liedstaaten, die zur nuklearen Teilhabe beitragen, kom-
atibel sind.“
Und aus der Antwort auf Frage 17: „Es sind derzeit
eine Maßnahmen geplant, um das Waffensystem Tor-
ado über das Jahr 2030 einsatzfähig zu halten.“
In derselben Antwort weist die Bundesregierung aus,
ass für den IDS-Tornado für Lebensdauerverlänge-
ngsmaßnahmen und Sicherheit über das Jahr 2017 hi-
aus 224 Millionen Euro geplant sind, während sie
leichzeitig die Frage nach der Kostenabschätzung des
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32371
(A) )
)(B)
Forschungsdirektors des NATO Defense College, der
250 Millionen Euro ansetzt, mit einem einsilbigen
„Nein“ abtut.
Mein Fazit: Die Arbeit hätte sich die SPD-Fraktion
sparen können, die wir aufgewendet haben, um den Fra-
genkatalog zu erstellen. Die Bundesregierung hat sechs
Monate gebraucht, um uns nichtssagende oder falsche
Antworten zu geben. – Schade.
Dr. Rainer Stinner (FDP): Die SPD fährt mit ihrer
großen Anfrage schweres Geschütz auf und verurteilt die
deutsche Politik auf dem NATO-Gipfel und wohl auch
insgesamt in Bausch und Bogen. Das könnte man als
übliches Oppositionsgebaren abtun. Deutschland trägt
etwa 5 Prozent der finanziellen Verteidigungslasten der
NATO, und Sie beschweren sich, dass Deutschland sich
auf einem NATO-Gipfel nicht zu 100 Prozent durch-
setzt.
Immer wieder müssen wir erleben, dass die SPD eine
völlig inkohärente und widersprüchliche Politik betreibt.
Wir hatten erst kürzlich das schlagende Beispiel dazu:
Ihr Kanzlerkandidat stellt in seiner außenpolitischen
Rede, die als große Rede angekündigt worden war, die
Frage, warum es nicht mehr gemeinsame militärische
Fähigkeiten gebe, etwa eine gemeinsame europäische
Marine, was ja durchaus eine berechtigte Frage ist.
Aber wenn es dann ganz konkret um gemeinsame
Marine-Aktivitäten mit unseren europäischen Partnern
geht, kommt von Ihnen postwendend ein Widerspruch:
Mit geradezu haarsträubenden Begründungen hat die
SPD hier im Bundestag die Verlängerung des Atalanta-
Mandats abgelehnt.
So ist mit Ihnen außenpolitisch kein Blumentopf zu
gewinnen. Nein, so lassen sich in einem Bündnis keine
Fortschritte erzielen, und deshalb ist es gut, dass die
Bundesregierung hier in Europa und in der NATO anders
vorgeht.
Natürlich würden auch wir einen schnelleren Abzug
von taktischen Nuklearwaffen wünschen. Aber ebenso
natürlich war doch immer klar, dass dies nur im Konsens
geschehen kann. Und wir müssen einfach zur Kenntnis
nehmen, dass andere Länder in ihrem Sicherheitsbedürf-
nis eine andere Einschätzung zu diesem Thema haben
als wir. Für viele Länder geht es hier nicht um eine
Detailfrage, sondern um tief sitzende Ängste und Be-
fürchtungen, die wir ernst nehmen müssen. Deshalb ist
die Strategie der Bundesregierung richtig: in einem um-
fassenden Prozess das Thema Abrüstung überhaupt wie-
der zu einem prioritären Thema in der NATO zu machen
und auszuloten, wie die Sicherheitsbedürfnisse einzelner
Länder auf einem anderen – besseren – Weg befriedigt
werden können. Nur so können wir zu einer Lösung
kommen, die nicht in einer Hauruck-Einzelaktion ste-
cken bleibt, sondern in einen Prozess mündet, in dem
dann auch umfassende Fortschritte möglich sind.
Die Rede von Präsident Obama hier am Brandenbur-
ger Tor mit der Ankündigung einer umfassenden und
konkreten Abrüstungsinitiative bestärkt mich und uns in
dieser Strategie. Die falschen Vorhaltungen, durch das
Lebensdauerverlängerungsprogramm würden neue
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ukleare Fähigkeiten entstehen, werden von der Bundes-
gierung zu Recht und korrekt zurückgewiesen.
Ähnliches gilt für die Kritik der SPD an der Koopera-
on der NATO mit Russland in Fragen der Raketenab-
ehr. Ich bin der Meinung, heute würden Sie den Text
icht mehr so schreiben. Ja, wir wollen in diesem Be-
ich eine Zusammenarbeit mit Russland, und die NATO
at dazu konkrete Vorschläge vorgelegt. Zu Kooperation
nd Vertrauen gehören aber zwei. Und da muss man ein-
ch feststellen, dass auch so manche russische Positio-
ierung beim besten Willen nicht mehr als konstruktiv
ezeichnet werden konnte. Dagegen blieben konkrete
ntworten auf die konkreten Vorschläge der NATO bis-
er eben aus. Wir werden aber im NATO-Russland-Rat
eiter in einem kooperativen Sinn verhandeln, und ich
enke, auch die gemeinsame computergestützte Rake-
nabwehrübung, die die Bundesregierung ausgerichtet
at, war ein äußerst konstruktiver Beitrag.
Wir sind uns völlig bewusst, dass es europäische Si-
herheit nur mit und nicht gegen Russland geben kann.
ber auch hier müssen wir die Bündnispartner mit ande-
n historischen Erfahrungen mitnehmen. Daran arbeiten
ir stetig und nachhaltig. Schnellschüsse helfen da nie-
andem, und restlos überfrachtete Erwartungen, die not-
endig Enttäuschungen produzieren, ebenfalls nicht.
Insgesamt bedanke ich mich bei der SPD dafür, dass
ie mit dieser Großen Anfrage der Bundesregierung Ge-
genheit gegeben hat, ihre richtige Strategie und ihre
onkreten Erfolge auf dem Gipfel umfassend und prä-
ise darzustellen, bleibe aber bei der Bewertung, dass die
PD sich selber mit dieser kleinteiligen und innenpoli-
sch orientierten Art der Fragestellung keinen Gefallen
t. Sie machen damit nur erneut deutlich, dass Sie nicht
der Lage sind, große Linien in konkrete Politik umzu-
etzen. Das macht die Bundesregierung anders, und das
egrüßen und unterstützen wir.
Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): In der NATO
errscht weiter Stillstand. Der Chicago-Gipfel im letzten
ahr war kein Aufbruch, sondern „business as usual“
lus Wahlkampfhilfe für Obama.
In keiner der zentralen Fragen hat sich der Dinosau-
er NATO bewegt: Militärische Interventionen à la Af-
hanistan will sie weiter vorbereiten und führen. Statt
Atomwaffen, nein danke!“ heißt es weiter „Atomwaf-
n, ja bitte!“. Nicht ein Gedanke wurde auf die Beendi-
ung der nuklearen Teilhabe, also der Stationierung von
S-Atomwaffen in Deutschland und anderen europäi-
chen Staaten, verwendet. Stattdessen wurde noch ein-
al draufgesattelt, und es wurden die Weichen für den
ufbau eines umfassenden Raketenabwehrsystems in
uropa gestellt. Das Ganze, obwohl die gesamte techni-
che Realisierbarkeit und Funktionsfähigkeit völlig un-
lar ist und weder aktuelle noch in absehbarer Zukunft
icherheitspolitische Bedrohungen existieren, die die
xistenz eines Raketenabwehrsystems erfordern. Damit
immt die NATO eine Eskalation des Streits mit Russ-
nd ebenso in Kauf wie unkalkulierbare finanzielle Ri-
iken und die Gefahr eines neuen Wettrüstens.
Heute, mehr als ein Jahr später, ist das ganze Ausmaß
er Misere zu besichtigen: Die Beendigung der nuklea-
32372 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
(A) )
)(B)
ren Teilhabe ist bei FDP und CDU/CSU vom Tisch. Die
Bundesregierung argumentiert, dass man nur gemeinsam
mit den anderen europäischen NATO-Staaten eine sol-
che Entscheidung treffen wird – also in den nächsten
zehn Jahren eben wohl nicht. Während die Bundesregie-
rung sich wegduckt, sind die USA dabei, die unter ande-
rem auch in Deutschland gelagerten taktischen Atom-
waffen vom Typ B 61 zu modernisieren. Die Regierung
spricht von einem Lebensdauerverlängerungspro-
gramm, aber es besteht kein Zweifel, dass es nicht nur
um den Austausch von Komponenten geht, sondern um
die Verbesserung der Funktions- und Einsatzfähigkeit.
Beim Gipfel in Chicago 2012 und insgesamt in den
letzten beiden Jahren hat die Bundesregierung keinen
Zweifel daran gelassen, dass sie diesen falschen NATO-
Kurs nicht nur mitträgt, sondern auch weiter aktiv unter-
stützen will: die fortdauernde Lagerung von Atomwaf-
fen in Deutschland, die Aufstellung einer Ballistic Mis-
sile Defense Operation Cell in Ramstein.
Demgegenüber konnte die Bundesregierung lediglich
verklausulierte Bekenntnisse zu Abrüstung und Rüs-
tungskontrolle sowie dem Ziel einer nuklearwaffenfreien
Welt im Kommuniqué zum Abschluss des Chicago-Gip-
fels als friedenspolitisch sinnvolle Ergebnisse präsentie-
ren. So schwammig sich das liest, so wenig ist bislang
auch daraus geworden.
Auch bei konventioneller Rüstungskontrolle hat sich
die Bundesregierung nicht sonderlich hervorgetan. Den
KSE-Prozess kann man endgültig als gescheitert betrach-
ten. Die Bundesregierung war nicht bereit, eigenständig
auf Russland zuzugehen, sondern hat sich hinter der Be-
wegungsunwilligkeit der NATO versteckt. Auch den
neuen Herausforderungen durch unbemannte Systeme,
zum Beispiel als Träger von Massenvernichtungswaffen,
als Spionageinstrumente oder für völkerrechtswidrige ge-
zielte Tötungen, wird nur halbherzig Aufmerksamkeit ge-
schenkt. Lieber beteiligt sich die Bundesregierung an der
Beschaffung von NATO-Drohnen.
Der Aufrüstungskurs in der NATO bleibt ungebro-
chen, unabhängig davon, ob es überhaupt kurz- oder mit-
telfristig eine ernst zu nehmende militärische Bedrohung
gibt. Auch die Wirtschaftskrise scheint nur geringe Spu-
ren hinterlassen zu haben. Der deutsche Verteidigungs-
etat ist nahezu ungekürzt durch die Krise gekommen.
Und jüngst auf dem Treffen der NATO-Verteidigungsmi-
nister in Brüssel Anfang Juni 2013 hat NATO-General-
sekretär Rasmussen genau diese Devise vorgegeben: Die
NATO-Staaten sollen den Trend umkehren, sich ge-
schlossen gegen weitere Kürzungen stellen und die Auf-
stockung der Militärausgaben in Angriff nehmen, sobald
sich die Wirtschaft wieder erholt.
Der Bundesregierung fehlt es an außen- und sicher-
heitspolitischen Konzepten, die nicht auf militärische In-
strumente gestützt sind. Das wird bei der NATO-Politik
deutlich erkennbar. Aber auch in der EU konzentriert
man sich auf den Ausbau der militärischen Instrumente
der GSVP, um kleinere Interventionseinsätze eigenstän-
dig führen und die NATO entlasten zu können und um
vielleicht durch das sogenannte Pooling & Sharing einige
der üppigen Verteidigungskosten reduzieren zu können.
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Mit einer solchen Politik – und in den Antworten auf
ie Große Anfrage lässt die Bundesregierung keinen
weifel daran, dass sie diese Politik fortführen will – er-
icht man nicht Frieden, Sicherheit und Stabilität, sondern
as Gegenteil. Smart Defense, das neue Wunderwort der
ATO für effiziente Rüstungs- und Militärpolitik, ist eben
icht kluge Verteidigungspolitik. Eine solche Verteidi-
ungspolitik – und das hat die Linke schon mehrfach im
undestag ausgeführt und begründet – basiert auf einer
alistischen sicherheitspolitischen Bedrohungsanalyse
nd ruht auf den Pfeilern einer Fokussierung auf Landes-
erteidigung, der Abrüstung bei der Bundeswehr und der
eendigung der nuklearen Teilhabe. Mit der NATO, wie
ie sich derzeit präsentiert, ist das nicht zu machen.
Agnes Brugger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Wir werden uns im Bündnis sowie gegenüber den ame-
kanischen Verbündeten dafür einsetzen, dass die in
eutschland verbliebenen Atomwaffen abgezogen wer-
en.“ So steht es schwarz auf weiß im Koalitionsvertrag
on 2009. Geblieben ist davon nach dem NATO-Gipfel
Chicago 2012 nur heiße Luft. Die Antwort der Bun-
esregierung auf die Große Anfrage der SPD zu den Be-
chlüssen und Folgen des Gipfels macht klar: Diese vier
ahre waren vier verlorene Jahre für die deutsche Abrüs-
ngspolitik.
Schwarz-Gelb hat die hehren Ziele des Koalitionsver-
ages und des Parlamentsbeschlusses von 2010 zur Ver-
irklichung einer atomwaffenfreien Welt dem internen
treit zwischen Westerwelle und de Maizière geopfert.
ei der Genehmigung skandalöser Rüstungsexporte und
ei der Finanzierung von teuren und nutzlosen Rüs-
ngsprojekten herrscht in diesem Kabinett zwar Einig-
eit, geht es aber um Friedens- und Abrüstungspolitik,
ankt sich Merkels Chaostruppe bis zur außenpolitischen
andlungsunfähigkeit.
Was dabei herauskommt, zeigt der Chicago-Gipfel in
ller Deutlichkeit: Den schönen Worten von Schwarz-
elb folgte nicht etwa der Abzug der Atomwaffen aus
eutschland, sondern der Aufbau eines Raketenabwehr-
ystems, dessen Funktionstüchtigkeit fraglich ist. Doch
it eklatanten Mängeln bei Rüstungsgütern haben Sie ja
rfahrung, nicht erst seit dem Euro-Hawk. Das Raketen-
bwehrsystem schafft nicht mehr Sicherheit, sondern führt
u mehr Aufrüstung und damit zu mehr Unsicherheit. Da-
ei sind die Kosten für dieses System heute noch immer
icht absehbar. Klar ist aber schon jetzt, dass der friedens-
olitische Preis, den wir hierfür bezahlen, hoch ist.
Die NATO hat auf ihrem Gipfel 2012 in Chicago da-
ei versagt, Antworten auf die dringenden sicherheits-
nd friedenspolitischen Fragen unserer Zeit zu geben.
ie hat dabei eine wichtige Chance verpasst, die günstigen
ahmenbedingungen zur Verwirklichung einer atom-
affenfreien Welt zu nutzen und ihren Beitrag für mehr
brüstung und Rüstungskontrolle zu leisten. Die NATO
ersteht sich immer noch als Nuklearmacht und denkt
icht daran, die Rolle ihrer Nuklearwaffen substanziell
u reduzieren. Im Gegenteil, mit deutscher Zustimmung
at das Bündnis beschlossen, die noch in Europa statio-
ierten US-Atomwaffen vorerst beizubehalten, obwohl
iese nicht mal mehr einen sicherheitspolitischen Nutzen
aben. Noch schlimmer: Die USA wollen genau diese
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32373
(A) )
)(B)
Waffen modernisieren. Damit würde die nukleare Teil-
habe auf unabsehbare Zeit zementiert. Das abrüstungs-
politische Scheitern der NATO ist zugleich eine abrüs-
tungspolitische Bankrotterklärung für Schwarz-Gelb.
Angesichts der gewaltigen sicherheits- und außen-
politischen Herausforderungen kann sich Deutschland
solch eine Kakofonie der ministeriellen Eitelkeiten ein-
fach nicht leisten. Sie geht auf Kosten einer glaubwürdi-
gen und wirkungsvollen Friedenspolitik. Wer hierfür in
der internationalen Gemeinschaft Geschlossenheit sucht,
muss auch selbst überzeugend und geschlossen auftre-
ten.
Eine Abrüstungs- und Friedenspolitik, die erfolgreich
sein will, muss Chancen nutzen und entschlossen han-
deln. Obamas Rede vor zwei Wochen unweit von hier,
am Brandenburger Tor, ist eine solche Gelegenheit. Wir
begrüßen ausdrücklich die Ankündigung des US-Präsi-
denten, das amerikanische Atomwaffenarsenal um ein
Drittel kürzen zu wollen.
Der damit verbundene Aufruf zur nuklearen Abrüs-
tung ging von Berlin aus. Daraus sollte auch eine Berliner
Initiative werden. Herr Außenminister Westerwelle, wir
fordern Sie dazu auf, das erneute Bekenntnis von Barak
Obama zu einer atomwaffenfreien Welt aufzugreifen.
Sie müssen die US-Regierung beim Wort nehmen und
klarstellen, dass dieses Ziel nicht mit der Modernisie-
rung der in Deutschland verbliebenen US-Atomwaffen
vereinbar ist, sondern nur mit deren endgültigem Abzug.
Ausdrücklich hat der Präsident der Vereinigten Staa-
ten auch auf diese Atombomben verwiesen. Diese Re-
likte des Kalten Krieges müssen endlich verschrottet
werden. Herr Außenminister, das wäre ein wichtiger
Schritt auf dem Weg zu einer atomwaffenfreien Welt und
würde Deutschland neue abrüstungspolitische Glaub-
würdigkeit verleihen. Es sind nur noch drei Monate bis
zu Ihrer Abwahl – machen Sie sich schnell noch auf den
Weg. Damit wäre auch Ihrer abrüstungspolitischen Bi-
lanz geholfen.
Anlage 26
Zu Protokoll gegebene Reden
zur Beratung:
– Entwurf eines … Gesetzes zur Änderung des
Strafgesetzbuches – Strafbarkeit der Ver-
stümmelung weiblicher Genitalien (… Straf-
rechtsänderungsgesetz – … StrÄndG)
– Entwurf eines … Strafrechtsänderungsge-
setzes – Strafbarkeit der Verstümmelung
weiblicher Genitalien (… StrÄndG)
– Entwurf eines … Strafrechtsänderungsge-
setzes – Wirksame Bekämpfung der Genital-
verstümmelung
– Entwurf eines … Gesetzes zur Änderung des
Strafgesetzbuchs – Strafbarkeit der Genital-
verstümmelung
(Tagesordnungspunkt 22)
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Ute Granold (CDU/CSU): Die gestrigen Beratungen
Rechtsausschuss haben noch einmal die große Einig-
eit und Entschlossenheit aller Bundestagsfraktionen de-
onstriert, nun gemeinsam gegen die barbarische Praxis
er Verstümmelung der weiblichen Genitalien vorzuge-
en. So freut es mich sehr, dass auch die Fraktionen von
PD und Bündnis 90/Die Grünen den Gesetzentwurf der
oalition mittragen wollen und die Grünen ihren eige-
en Gesetzentwurf für erledigt erklärt haben. Somit kön-
en wir heute ein wichtiges Vorhaben abschließen, mit
em wir uns insbesondere als Rechtspolitiker bereits seit
ielen Jahren befasst haben.
Vor diesem Hintergrund beraten wir also abschlie-
end über Gesetzentwürfe der Koalition, des Bundes-
tes und der SPD-Fraktion, die mit unterschiedlichen
ösungsvorschlägen den Opferschutz verbessern und
as Problembewusstsein in der Öffentlichkeit steigern
ollen.
Um die Genitalverstümmelung bekämpfen und poten-
ielle Opfer wirksam schützen zu können, gilt es vor al-
m, den Einfluss der archaischen Tradition zu bekämp-
n, mit der diese Praxis in vielen Ländern Afrikas, aber
uch einigen Staaten Asiens und Lateinamerikas begrün-
et wird. Laut UN-Kinderhilfswerk UNICEF werden
eltweit jeden Tag mehr als 8 000 Mädchen an ihren
enitalien verstümmelt.
Effektiver Opferschutz muss also zum einen in den
weiligen Heimatländern ansetzen, in denen Genital-
erstümmelung verbreitet ist. Dabei müssen wir ökono-
ische, psychologische und soziologische Effekte be-
enken. So gilt es, den Menschen durch Aufklärungs-
nd Bildungsarbeit zu vermitteln, welche schwerwie-
enden Verletzungen durch diese „Tradition“ hervorge-
fen werden und dass es zum Beispiel im Islam keine
ligiöse Begründung dafür gibt.
Während einer Delegationsreise des Menschenrechts-
usschusses zur Sitzung des UN-Menschenrechtsrates
ach Genf Ende Mai 2013 sind wir unter anderem zu ei-
em Gespräch zum Thema weibliche Genitalverstüm-
elung mit Leyla Alyanak aus dem Genfer Büro des Be-
ölkerungsfond der VN, UNFPA, und Holger Postulart,
em Direktor der Global Alliance against FGM, zusam-
engetroffen.
Beide haben dabei ausdrücklich die Bedeutung dieser
ildungs- und Aufklärungsarbeit betont und Beispiel-
rojekte ihrer Organisationen vorgestellt. Gleichzeitig
aben beide aber auch auf die Notwendigkeit der Schaf-
ng eines eigenen Straftatbestandes hingewiesen und
ie entsprechenden Pläne in Deutschland begrüßt.
Denn neben der Aufklärungs- und Bildungsarbeit
üssen auch die Rechtssysteme in den betreffenden
erkunftsländern weiterentwickelt und eine strafrecht-
che Ahndung der Genitalverstümmelung durchgesetzt
erden. Hier ist es wichtig, dass auch wir in Europa die
erschiedenen internationalen Initiativen gegen Genital-
erstümmelung – etwa die UN-Resolution „Intensifying
lobal efforts for the elimination of female genital muti-
tions“ vom 20. Dezember 2012 – aufgreifen und durch
ie Schaffung eines entsprechenden Straftatbestandes im
32374 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
(A) )
)(B)
jeweiligen nationalen Strafrecht ein Zeichen setzen.
Denn dem globalen Problem der Genitalverstümmelung
kann man sich nach den Erfahrungen unserer Gesprächs-
partner in Genf nur stellen, indem man die Betroffenen
in ihren Heimatländern und Migrationszielländen mit
gleichlautenden Botschaften anspricht.
Einwanderer aus den jeweiligen Regionen haben die
Praxis der Genitalverstümmlung nach Europa gebracht.
Ich habe die Zahlen bereits in der vergangenen Debatte
genannt: Die Nichtregierungsorganisation Terre des
Femmes geht beispielsweise für 2012 von knapp
24 000 betroffenen Frauen, die älter als zwanzig Jahre
sind, und etwa 6 000 von Genitalverstümmelung bedroh-
ten Frauen und Mädchen in Deutschland aus. Auch dies
unterstreicht nachdrücklich, dass wir in Deutschland
dringend handeln und mit der Schaffung eines eigenen
Straftatbestandes dieser Herausforderung entgegentre-
ten müssen.
Zwar kann schon heute die Verstümmelung der äuße-
ren weiblichen Genitalien nach den §§ 223 und 224
StGB mit Freiheitsstrafen von bis zu zehn Jahren bestraft
werden. Dennoch ist nach unserer Auffassung die Rege-
lung in einem eigenen Straftatbestand, die die Tat als
Verbrechen einstuft, notwendig. Die ursprünglich vorge-
legten Gesetzentwürfe haben dafür unterschiedliche sys-
tematische Einordnungen in das StGB vorgesehen: in
§ 224 Abs. 3 StGB, in § 226 Abs. 1 Nr. 3 StGB oder in
§ 226 a StGB.
Gegen eine Einbeziehung in § 224 Abs. 1 Nr. 3 StGB
spricht, dass es bei der Genitalverstümmelung auf den
erstrebten Erfolg – also hier den Eingriff in das sexuelle
Selbstbestimmungsrecht des Opfers – und weniger auf
die gefährliche Begehungsweise ankommt, die den
Grund für die Qualifikation als gefährliche Körperverlet-
zung bildet. Auch § 226 StGB ist systematisch nicht ge-
eignet, da im Fall der Genitalverstümmelung § 226
Abs. 2 StGB zur Regel würde, was der Deliktstruktur
der § 226 StGB widerspricht. In der Grundstruktur des
§ 226 ist der Erfolg lediglich eine mögliche, schwere
Folge der Tat. Die Genitalverstümmelung ist aber gerade
darauf angelegt, den „Erfolg“ herbeizuführen. Wir haben
uns deshalb für die Einfügung eines eigenen Straftatbe-
standes als § 226 a StGB entschieden, weil dies am bes-
ten der strafrechtlichen Systematik der Körperverlet-
zungsdelikte entspricht.
Eine Sachverständigenanhörung des Rechtsaus-
schuss des Deutschen Bundestages am 24. April 2013
hat gezeigt, dass die in den ursprünglich vorliegenden
Gesetzentwürfen entwickelten Ansätze in der vorliegen-
den Form teilweise nicht optimal dazu geeignet sind, die
von allen Fraktionen grundsätzlich begrüßte Zielsetzung
eines besseren Opferschutzes durch eine Schließung von
rechtlichen Schutzlücken und der Verbesserung der
Effektivität der Strafverfolgung in diesem Bereich zu-
friedenstellend zu erreichen. Deshalb hat die Koalition
einen eigenen Gesetzentwurf eingebracht, der die Ergeb-
nisse dieser Beratungen aufgegriffen und nach unserer
Auffassung in einer Form zusammengefasst hat, die so-
wohl den Opferschutz als auch gewollte Signalwirkung
angemessen berücksichtigt.
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In diesem Zusammenhang will ich noch einmal auf
wei Aspekte eingehen, die in den bisherigen Beratun-
en und in der Anhörung eine besondere Rolle gespielt
aben: die Frage nach dem angemessenen Strafmaß und
iner Meldepflicht für Ärzte.
Natürlich wäre allein mit Blick auf das furchtbare
erbrechen selbst ein möglichst hohes Strafmaß wün-
chenswert. Doch ergeben sich hieraus auch direkte
olgen für andere Rechtsgebiete, die mit Blick auf die
teressen des Opfers ebenfalls berücksichtigt werden
üssen.
So würde die im Bundesratsentwurf vorgesehene
indestfreiheitsstrafe von zwei Jahren nur sehr selten
ine Strafaussetzung zur Bewährung ermöglichen, weil
56 StGB diese nur bei einer Freiheitsstrafe bis zu zwei
ahren zulässt und zudem § 56 Abs. 2 StGB eine Straf-
ussetzung zur Bewährung bei einer Freiheitsstrafe von
ber einem und bis zu zwei Jahren an besondere Um-
tände knüpft.
Eine Bewährungsstrafe sollte nach unserer Auffas-
ung aber als Option möglich bleiben, damit eine An-
eige durch die Opfer wahrscheinlicher wird. Da in der
egel die Eltern die Verstümmelung nicht selbst vorneh-
en, muss ein Weg offen bleiben, über den man auf die
zw. den Täter zugreifen kann, ohne die Eltern zwingend
bschieben zu müssen.
Die von den Grünen ursprünglich in ihrem zurückge-
ogenen Gesetzentwurf vorgeschlagene Einfügung der
enitalverstümmelung in den Katalog des § 226 Abs. 1
tGB hätte zur Folge gehabt, dass bei wissentlicher oder
eabsichtigter Genitalverstümmelung nach § 226 Abs. 2
tGB Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren angedroht
t. Da die Voraussetzungen des § 226 Abs. 2 StGB aus-
ahmslos vorliegen werden, wird die Genitalverstümme-
ng nach diesem Gesetzentwurf immer mit Freiheits-
trafe nicht unter drei Jahren bestraft werden. Nach
226 Abs. 2 StGB wirkt die „niedrige Gesinnung“ straf-
erschärfend, die sich darin zeigt, dass das Opfer beson-
ers schwer und in der Regel irreversibel getroffen wer-
en soll. Diese niedrige Gesinnung kann man in den
ällen, in denen die Eltern den Geboten ihrer Tradition
lgen und ihren Töchtern subjektiv nicht böswillig
chaden wollen, kaum feststellen.
Zudem müssen auch hier die aufenthaltsrechtlichen
olgen eines Strafverfahrens bedacht werden, da ein
usländer – darum wird es sich in der Mehrzahl der
älle handeln – bei einer Verurteilung zu einer Freiheits-
trafe von mindestens drei Jahren nach § 53 Nr. 1 des
ufenthaltsgesetzes zwingend ausgewiesen werden
uss. Eine Strafaussetzung zur Bewährung ist ebenfalls
usgeschlossen.
Bereits 2007 in der Bundestagsanhörung zur Genital-
erstümmelung war dieses Spannungsfeld zwischen ei-
er angemessenen Bestrafung der Täter und den sich da-
us ergebenden aufenthaltsrechtlichen Konsequenzen
r die betroffenen Familien thematisiert worden. So ist
s fraglich, ob es im Sinne der Opfer wäre, die Familien
urch die Folgen eines Strafprozesses – das heißt die
usweisung der Eltern – grundsätzlich auseinanderzu-
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32375
(A) )
)(B)
reißen. Hier gilt es, einen Kompromiss zu finden, der die
strafrechtlichen Regelungen auch auf das abgestufte
System der Rechtsfolgen nach §§ 53 bis 56 Aufenthalts-
gesetz angemessen abstimmt.
Ziel muss es sein, die abschreckende Wirkung des
Strafrechts durch eine Strafverschärfung zu erhöhen,
ohne dabei die Auswirkungen auf das direkte Umfeld
der Opfer aus den Augen zu verlieren. Wir wollen, dass
es für die Gerichte möglich ist, jeden Einzelfall individu-
ell zu prüfen und ein angemessenes Urteil zu fällen.
Deshalb haben wir in unserem Gesetzentwurf im Ver-
gleich zur geltenden Rechtslage – Strafbarkeit im Regel-
fall nach den §§ 223, 224 StGB: sechs Monate bis zehn
Jahre Freiheitsstrafe – eine Erhöhung des Strafrahmens
auf ein bis fünfzehn Jahre Freiheitsstrafe vorgesehen.
In der Anhörung ist ein weiterer Aspekt kontrovers
diskutiert worden, der sich so in keinem der beratenen
Gesetzentwürfe wiederfindet. Um Genitalverstümme-
lung wirksamer bekämpfen zu können, wurde die Ein-
führung eines Melderechts bzw. einer Meldepflicht für
Ärzte erörtert. So wurde unter anderem vermutet, dass
die Meldepflicht in Frankreich dafür mitverantwortlich
ist, dass Frankreich der einzige europäische Staat ist, in
dem es bislang zu nennenswerter Strafverfolgung in die-
sem Bereich gekommen ist.
Auch wenn wir für diese Auffassung nach der ersten
Lesung teilweise kritisiert wurden, spricht weiterhin ge-
gen eine Meldepflicht, dass es dann für Ärzte schwerer
würde, die Opfer zu versorgen. Denn die Eltern würden
aus Angst vor einer Meldung ihre Kinder nach einer Ge-
nitalverstümmelung nicht mehr zum Arzt bringen und
dort versorgen lassen. Uns ist es wichtig, dass die Opfer
von Genitalverstümmelung wenigstens dann medizi-
nisch versorgt werden.
Im übrigen ist ein ärztliches Melderecht im Kinder-
schutzgesetz von 2012 und auch im Strafrecht – über den
rechtfertigenden Notstand – verankert.
Auf weitere wesentliche Punkte, wie zum Beispiel die
Themen Auslandsstrafbarkeit vor dem Hintergrund der
sogenannten Ferienbeschneidungen und die Anpassung
der Verjährungsregelung des § 78 b StGB, bin ich bereits
im Rahmen der ersten Lesung eingegangen. Wichtig ist,
dass die Verjährung der Tat bis zur Vollendung des
18. Lebensjahrs des Opfers ruht. So ist sichergestellt,
dass eine im Kleinkindalter vorgenommene Genitalver-
stümmelung auch noch im Erwachsenenalter durch das
Opfer zur Anzeige gebracht werden kann.
Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf, insbesondere
mit einem eigenen Straftatbestand, senden wir ein star-
kes Signal aus, dass wir die Genitalverstümmelung in
keiner Weise dulden.
Wir bedanken uns abschließend ausdrücklich dafür,
dass neben der Regierungskoalition auch SPD und
Grüne das Gesetz mittragen.
Sonja Steffen (SPD): Bei der weiblichen Genital-
verstümmelung werden die äußeren weiblichen Ge-
schlechtsorgane teilweise oder ganz entfernt. Auf dem
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frikanischen Kontinent ist diese Praktik am weitesten
erbreitet. Doch es gibt sie auch in Deutschland.
Menschen, die in andere Länder immigrieren, verle-
en ihren Wohnsitz in ein anderes kulturelles Umfeld.
ie eigenen, sozusagen mitgebrachten Einstellungen,
leiben gleichwohl oft dieselben, auch in der neuen
eimat. Heute reden wir über Vorstellungen vom Ge-
chlechterverhältnis und die körperliche und seelische
chwächung von Frauen, deren Genitalien verstümmelt
erden.
In Somalia ist es zum Beispiel Tradition, dass Töchter
Alter von fünf Jahren genitalverstümmelt werden.
ber ihre eigene Verstümmelung in Somalia berichtet
ie Autorin Waris Dirie in ihrem viel beachteten Buch
üstenblume. Viele Menschen haben den erschrecken-
en Bericht von Waris Dirie gelesen oder als Verfilmung
Kino gesehen.
Frau Dirie ist heute eine engagierte Menschenrechts-
ktivistin im Kampf gegen Genitalverstümmelung. Wir
sen ihr Buch Wüstenblume, wir sehen den Film, sind
utiefst erschrocken, ja verstört, und dennoch versucht,
u denken, das wäre alles weit weg. Doch das ist es
icht!
Nehmen wir zum Beispiel ein Ehepaar aus Somalia,
as vor einigen Jahren nach Berlin gezogen ist und hier
ine Tochter bekommt. Diese Tochter ist eine von derzeit
000 bis 5 000 Mädchen in Deutschland, die potenziell
on der Durchführung einer Genitalverstümmelung be-
roht sind. 4 000 bis 5 000 Mädchen, die dem Risiko
usgesetzt sind, heimlich hierzulande oder im Ausland
nter furchtbaren Bedingungen an ihren Genitalien ver-
tümmelt zu werden.
Die Menschenrechtsorganisation Terre des Femmes
eht in ihrer Statistik vom Jahr 2012 davon aus, dass ins-
esamt 30 000 in Deutschland lebende Frauen und Mäd-
hen betroffen sind.
Es ist viel darüber diskutiert worden, welche Maßnah-
en wir ergreifen müssen, um diese Frauen zu schützen
nd das Praktizieren von Genitalverstümmelung welt-
eit einzudämmen. Neben Aufklärungskampagnen, Be-
tungsstellen und entwicklungspolitischen Projekten
ing es dabei auch immer um die Frage der Verschärfung
es deutschen Strafrechts.
Nach geltendem Recht stellt die Genitalverstümme-
ng aufgrund des Gebrauchs eines gefährlichen Werk-
eugs eine gefährliche Körperverletzung nach § 224
tGB dar und gilt wegen des Strafrahmens von sechs
onaten bis zu zehn Jahren nur als Vergehen. Erst wenn
er Eingriff zum Verlust der Fortpflanzungsfähigkeit
hrt, liegt auch eine schwere Körperverletzung gemäß
226 Abs. 1 StGB und damit ein Verbrechen vor.
Die SPD-Fraktion stimmt heute dem Gesetzentwurf
er Koalition zu, der die Strafbarkeit der Verstümmelung
eiblicher Genitalien neu regelt und in einem eigenen
traftatbestand zum Verbrechen hochstuft. Wir freuen
ns, dass Sie sich dabei an dem schon von uns vorge-
chlagenem Strafmaß orientiert haben.
32376 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
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Bisher ist deutsches Strafrecht jedoch nur anwendbar,
wenn die Tat im Herkunftsland mit Strafe bedroht ist.
Doch leider gibt es immer noch einige, insbesondere
afrikanische Länder, in denen Genitalverstümmelung
praktiziert wird und nicht unter Strafe steht. Diese Lücke
haben Sie in Ihrem Gesetzentwurf leider nicht geschlos-
sen, was bedauerlich ist. Die Aufnahme in den in
§ 5 StGB geregelten Katalog der Auslandstaten gegen
inländische Rechtsgüter im heute zu verabschiedenden
Gesetz wäre wirklich konsequent gewesen.
Genitalverstümmelungen sind Menschenrechtsverlet-
zungen, die wir mit allen Mitteln gemeinsam bekämpfen
müssen. Ein Kampf, der jedoch erst dann wirklich er-
folgreich war, wenn Frauen auf der ganzen Welt davor
sicher sind. Waris Dirie beendet ihre Biografie mit genau
diesem Gedanken: Keine Frau soll diese Qualen mehr
erleiden müssen!
Marco Buschmann (FDP): Wir verabschieden
heute eine Änderung des Strafgesetzbuches, die dem
Schutz von Mädchen und jungen Frauen dient. Die Än-
derung soll der sogenannten Genitalverstümmelung bes-
ser vorbeugen. Im Rechtsausschuss zeichnete sich ab,
dass wir dies hier heute mit einer sehr breiten Mehrheit
tun werden. Denn SPD und Grüne haben dort Zustim-
mung zu diesem Vorhaben signalisiert. Darüber freue ich
mich sehr, und dies spricht ja auch dafür, dass hier ein
sehr vernünftiger Vorschlag vorliegt. Dies freut mich
aber gerade auch für die Frauen und Mädchen, die wir
schützen wollen. Denn wir signalisieren ihnen mit brei-
ter Mehrheit über die Grenzen von Koalitions- und
Oppositionsfraktionen hinweg, dass wir an ihrer Seite
stehen.
Natürlich bietet auch das geltende Strafrecht den Op-
fern und den gefährdeten Mädchen und Frauen schon
heute Schutz. Es macht unmissverständlich klar, dass es
sich bei der Verstümmelung weiblicher Genitalien um
schweres Unrecht handelt, das mit hohen Strafen geahn-
det werden kann.
Trotzdem handelt es sich bei dem neuen § 226 a
StGB, den wir einführen, um alles andere als bloße sym-
bolische Gesetzgebung: Das Unrecht, das sich in der
Genitalverstümmelung manifestiert, wird bisher vom
Gesetz nämlich nicht vollständig erfasst. Die Genitalver-
stümmelung ist heute Körperverletzung bzw. schwere
Körperverletzung. Der Normbruch führt also allein zu
dem Unwerturteil, dass die körperliche Unversehrtheit
eines anderen Menschen geschädigt wurde. Die Absicht
des Täters aber, nicht nur die körperliche Unversehrtheit,
sondern auch die sexuelle Selbstbestimmung des Opfers
unwiderruflich einzuschränken, bildet sich in einem rei-
nen Körperverletzungsdelikt eben nicht ab.
Der Gesetzentwurf schafft daher mit § 226 a Strafge-
setzbuch einen eigenen Straftatbestand für die Verstüm-
melung der äußeren weiblichen Genitalien, der eben ge-
nau dies berücksichtigt, und das Strafmaß zwischen
einem und 15 Jahren, in minder schweren Fällen zwi-
schen sechs Monaten und fünf Jahren bestimmt. Der
spezielle Tatbestand wie auch die höhere Strafandrohung
machen deutlich, dass es sich hier um eine besondere
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orm des Unrechts handelt, das gleich zwei Rechtsgüter
erheblicher Weise schädigt. Die Mindeststrafe von ei-
em Jahr erhebt die Tat dementsprechend auch in den
ang eines Verbrechens statt eines bloßen Vergehens.
Von einer höheren Mindeststrafe als einem Jahr, die
an vor diesem Hintergrund durchaus hätte erwägen kön-
en, haben wir jedoch bewusst abgesehen. Denn meist be-
tehen zwischen Opfern und Tätern enge familiäre Bezie-
ungen. In Deutschland könnte eine Mindesttrafe von
wei oder mehr Jahren zu aufenthaltsrechtlichen Folgen
hren, die auch die effiziente Strafverfolgung beein-
ächtigen. Nämlich dann, wenn etwa eine Verurteilung
er Täter zwingend zu Ausweisung und Abschiebung
hrt, hemmt das die Opfer, Anzeige zu erstatten oder
urch ihre Zeugenaussage eine Verurteilung herbeizu-
hren.
Ich bedanke mich daher bei allen Kolleginnen und
ollegen des Rechtsausschusses, mit denen wir so enga-
iert und koalitionsübergreifend an der Sache gearbeitet
aben. Vielleicht gibt sich ja auch noch die Linke einen
uck und stimmt zu.
Halina Wawzyniak (DIE LINKE): Wir reden über
ie Strafbarkeit der Verstümmelung weiblicher Genita-
en. Dazu liegen drei verschiede Vorschläge vor; der
echtsausschuss hat am 24. April 2013 eine Sachver-
tändigenanhörung zu diesen Initiativen durchgeführt.
ir alle sind uns einig, dass die Verstümmelung weibli-
her Genitalien eine schwerwiegende Grundrechtsverlet-
ung ist. Der Bundesrat schlägt einen neuen Straftatbe-
tand, § 226 a StGB, und ein Mindeststrafmaß von zwei
ahren vor. Die SPD will einen neuen Abs. 3 im
224 StGB einführen, mit einem Mindeststrafmaß von
inem Jahr. Die Grünen wiederum schlagen vor, im
226 Abs. 1 StGB eine neue Nr. 3 einzuführen. Alle
rei Initiativen wollen darüber hinaus den § 5 StGB,
uslandstaten gegen inländische Rechtsgüter, erweitern.
lle drei Initiativen sind getragen von dem Gedanken,
ine gesetzliche Klarstellung vorzunehmen. Ich sage be-
usst „gesetzliche Klarstellung“, weil aus meiner Sicht
soweit ich das sehe, auch unumstritten – die Verstüm-
elung der weiblichen Genitalien bereits jetzt mindes-
ns als Körperverletzung, eigentlich sogar als gefährli-
he Körperverletzung strafbar ist.
Gegen eine gesetzliche Klarstellung hätten wir als
inke überhaupt nichts einzuwenden, wenn in deren
olge auch der § 5 StGB geändert werden muss, um eine
irksame Verfolgung zu ermöglichen, und – ich komme
arauf zurück – ein Vollzugsdefizit zu beheben.
Wir haben aber ein Problem mit einer Strafmaßver-
chärfung. Wir sind nicht überzeugt, dass eine Erhöhung
es Mindeststrafmaßes einen Beitrag zur Verhinderung
er Verstümmelung weiblicher Genitalien leistet. Glau-
en Sie denn wirklich, dass ein Täter/eine Täterin sich
bhalten lässt, weil das Mindestmaß der Strafe erhöht
ird? Wir wissen doch alle, dass es diesbezüglich genü-
end kriminologische Untersuchungen gibt, die eine sol-
he Abschreckungswirkung infrage stellen. Eine weitere
chwierigkeit, die mit der Erhöhung des Strafrahmens
erbunden ist, macht die SPD in ihrem Gesetzentwurf
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32377
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deutlich, wenn sie auf den § 53 Aufenthaltsgesetz ver-
weist. § 53 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz sieht eine zwin-
gende Ausweisung vor, soweit eine Verurteilung zu einer
Freiheitsstrafe von drei Jahren erfolgt ist. Genau dieser
Aspekt war ein wesentlicher Bestandteil der Anhörung.
Für die betroffenen Mädchen und Frauen würde neben
Verletzung ihrer Grundrechte auch noch hinzukommen,
dass ein Elternteil oder gar beide gegebenenfalls ausge-
wiesen werden.
Die Antwort könnte nun sein, § 53 Aufenthaltsgesetz
zu ändern oder gar abzuschaffen, aber das scheint keine
der Initiatorinnen und kein Initiator der vorliegenden
Drucksachen in Erwägung zu ziehen. Wenn dies aber
nicht gewollt ist, dann müssen wir uns dem Problem
stellen, dass wir möglicherweise mit Strafrahmenserwei-
terungen ein gesellschaftliches Problem nicht lösen kön-
nen, was logischerweise zu der Frage führt, ob das Straf-
recht nicht auch irgendwann an seine Grenzen zur
Lösung gesellschaftlicher Probleme stößt. Das Problem,
dass die weibliche Genitalverstümmelung eine Grund-
rechtsverletzung und einen nicht hinnehmbaren Eingriff
in die körperliche Integrität darstellt, muss gesellschaft-
lich angegangen werden. Aufklärung und Prävention
heißen hier die Stichworte; Aufklärung darüber, dass
eine solche Genitalverstümmelung eben nicht zu akzep-
tieren ist; Prävention dahin gehend, dass es genügend
Anlaufstellen und Hilfsangebote für potenziell betrof-
fene Personen ebenso gibt wie die Ermutigung, sich zum
Beispiel mit Anzeigen gegen eine solche Körperverlet-
zung zu wehren.
In der Anhörung im Rechtsausschuss wurde deutlich,
dass derzeit kein einziges Ermittlungsverfahren, zumin-
dest kein bekanntes, wegen dieses Körperverletzungsde-
liktes geführt wird. Bei einer solchen Sachlage hilft aber
eine Strafrahmenverschärfung nicht. Wenn es keine Er-
mittlungsverfahren gibt, weil keine Anzeigen erstattet
werden, dann kann auch keine höhere Strafe ausgespro-
chen werden. Meine Fraktion plädiert deshalb dafür, das
Thema mit der gebührenden Aufmerksamkeit in der ge-
sellschaftlichen Debatte zu halten. Meine Fraktion plä-
diert dafür, Hilfsangebote und Prävention zu stärken.
Eine Strafrahmenerhöhung mit all den Folgeproblemen
können wir nicht mittragen. Dies scheint uns eher sym-
bolische denn rationale Kriminalpolitik zu sein.
Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Heute
kommt eine jahrelange Debatte über einen sehr schwer-
wiegenden Menschenrechtsverstoß zu einem guten
Ende. Zumindest können wir eine wichtige Etappe ab-
schließen. Die brutale Entstellung bis Entfernung der
weiblichen Genitalien bei kleinen Mädchen, aber auch
weiblichen Jugendlichen wird von heute an in Deutsch-
land als eine schwere Straftat und damit als ein sozial-
ethisch nicht zu akzeptierendes und strafwürdiges Ver-
halten benannt.
Die weibliche Genitalverstümmelung ist eine welt-
weit verbreitete, von Traditionen und einem sexual- und
freiheitsfeindlichen Frauenbild geprägte Qual, die Kin-
dern mit Gewalt angetan wird und die bleibende physi-
sche und psychische Schäden verursacht. Sie ist an keine
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eligion gebunden und steht in den meisten Staaten, in
enen sie sehr zahlreich anzutreffen ist, unter Strafe.
Auch Europa und auch Deutschland kennen die Ver-
tümmelung der weiblichen Genitalien bei Kindern und
gendlichen Frauen. Ärztinnen und Ärzte berichten von
ntsprechenden Befunden, und die Organisation Terre
es Femmes geht für das Jahr 2012 von circa 24 000 be-
offenen Frauen und circa 6 000 gefährdeten Frauen und
ädchen in Deutschland aus. Die Verstümmelungen
erden in Deutschland zum Teil heimlich vollzogen, es
ibt aber auch Berichte über Fahrten in die jeweiligen
erkunftsländer, wo die Verstümmelung oft in unhygie-
ischen Verhältnissen und ohne jegliche Schmerzunter-
rückung durchgeführt wird.
Seit vielen Jahren wird international über eine Äch-
ng der weiblichen Genitalverstümmelung als eine
rnste Menschenrechtsverletzung diskutiert. Im Jahre
012 hat die UNO-Vollversammlung eine entsprechende
esolution angenommen. Die strafrechtliche Durchset-
ung staatlicher Verbote solcher Praktiken der Frauenun-
rdrückung und Frauenmissachtung ist nur ein Mittel
er Wahl. Selbstverständlich sind Aufklärung und Prä-
ention sowie Sensibilisierungskampagnen mindestens
o wichtig wie strafrechtliche Verbote.
Insoweit gehen wir heute nur einen Schritt, weitere im
ationalen, europäischen und internationalen Rahmen
üssen folgen. Und auch dieser Schritt hat lange – wir
rünen finden: viel zu lange – gedauert. Seit Jahren ha-
en wir in vielen parlamentarischen Anfragen, Anträgen
nd Gesetzentwürfen die Mehrheit in diesem Hohen
ause zum Handeln aufgefordert. Nichts ist geschehen,
enigstens nichts Essenzielles.
In der letzten Legislaturperiode ist ein Gruppenantrag
uf den letzten Metern an der Koalition von CDU/CSU
nd FDP gescheitert. Unser letzter Gesetzentwurf in die-
er Legislaturperiode stammt vom Februar 2011. Sie ha-
en wieder über zwei weitere Jahre blockiert. Endlich,
or noch nicht einmal drei Wochen, haben auch Sie
achgezogen und einen eigenen Gesetzentwurf vorge-
gt.
Wir Grünen hätten weiterhin die Einordnung der
eiblichen Genitalverstümmelung in die schwere Kör-
erverletzungsvorschrift des § 226 StGB bevorzugt, und
uch die mögliche Lücke bei im Ausland verübten Ver-
tümmelungen hätten wir gerne geschlossen.
Aber Ihr Entwurf enthält die wesentlichen Elemente:
ine in sich stimmige Norm, die Begrenzung der Straf-
arkeit auf die Verstümmelung weiblicher Genitalien,
in ausreichendes Strafmaß und auch eine Regelung der
ebenklageberechtigung und der Bestellung eines an-
altlichen Beistands für die Opfer. Wir werden deshalb
ie Chance, die sich jetzt in der letzten Sitzungswoche
ietet, aufgreifen, unsere eigenen Vorstellungen zurück-
tellen und um der Opfer und der Sache Willen dem Ge-
etzentwurf der Koalition zustimmen.
Lassen Sie mich zum Schluss noch eine persönliche
emerkung machen:
Wir wissen, dass diejenigen, die in der Debatte um die
traffreiheit der Vorhautbeschneidung bei männlichen
indern für eine kompromisslose Strafbarkeit eintraten,
32378 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
(A) )
)(B)
dies auch mit dem falschen Argument der Gleichheit
oder der Vergleichbarkeit der Vorhautbeschneidung bei
Jungen und der weiblichen Genitalverstümmelung taten.
Die Ungleichheit dieser beiden Handlungen ist aber evi-
dent. Die Vorhautbeschneidung ist ein marginaler Ein-
griff mit einer sehr geringen Komplikationsrate. Er ist
weder auf das sexuelle Empfinden noch auf eine gesell-
schaftliche Unterdrückung der Jungen gerichtet, und
schließlich ist der Eingriff bei Jungen seit Jahrtausenden
auf der ganzen Welt kulturell und religiös integriert und
in keinem Staat der Welt unter Strafe gestellt.
Die weibliche Genitalverstümmelung hingegen ist in-
ternational geächtet, auf die Unterdrückung der Sexuali-
tät und Freiheit von Frauen ausgerichtet und praktisch
immer mit entstellenden und schmerzhaften Verwundun-
gen verbunden. Gerade genitale Sexualkontakte und die
Schwangerschaft und Geburt werden so für die betroffe-
nen Frauen zu einer gewollt erniedrigenden Qual.
Der deutsche Gesetzgeber, wir Abgeordnete, haben
deshalb das Richtige getan, als wir die Vorhautbeschnei-
dung von Jungen unter strengen Bedingungen für straf-
frei erklärten, und wir tun heute ebenfalls das Richtige,
indem wir die weibliche Genitalverstümmelung als eine
ernste Menschenrechtsverletzung unter Strafe stellen.
Anlage 27
Zu Protokoll gegebene Reden
zur Beratung:
– Entwürfe: Gesetz zur Förderung der Prä-
vention
– Beschlussempfehlung und Bericht zu den
Anträgen:
– Kinder- und Jugendgesundheit: Un-
gleichheiten beseitigen – Versorgungslü-
cken schließen
– Bestechung und Bestechlichkeit im Ge-
sundheitswesen unter Strafe stellen
– Unabhängigkeit der ärztlichen Entschei-
dungen sichern – Korruptives Verhalten
effektiv bekämpfen
– Korruption im Gesundheitswesen straf-
bar machen
– Potenziale der Prävention erkennen und
nutzen – Prävention und Gesundheitsför-
derung über die gesamte Lebensspanne
stärken
– Prävention weiter denken – Gesundheits-
förderung als gesamtgesellschaftliche
Aufgabe stärken
– Gesetzliche Grundlage für Prävention
und Gesundheitsförderung schaffen –
Gesamtkonzept für nationale Strategie
vorlegen
(Tagesordnungspunkte 24 a bis 24 d)
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Dietrich Monstadt (CDU/CSU): Mit dem Präven-
onsgesetz hat die Regierungskoalition ein Gesetz vor-
elegt, das für die Gesundheitspolitik wichtiger kaum
ein könnte. Die geschätzte Kollegin Stefanie Vogelsang
at sich als engagierte Berichterstatterin hier bereits ge-
ußert.
Nicht minder bedeutsam ist hier heute das Thema
erhinderung von Korruption im Gesundheitswesen. Ich
arf mich darauf beschränken, die vorgelegten Regelun-
en zur Verhinderung von Korruption zu erläutern.
Seitdem das Thema Korruption im Gesundheitswesen
it der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom Juni
012 auch medial Thema wurde, ist leider teilweise ein
kandalklima entstanden, das besonders für das Vertrau-
nsverhältnis zwischen Arzt und Patient sehr schädlich
ar.
Bundesweite Hochrechnungen gehen davon aus, dass
is zu 2 Prozent – teilweise gibt es auch höhere Schät-
ungen – der Kosten im Gesundheitswesen aufgrund von
ehlern, Betrug oder Korruption entstehen. Allerdings
t nicht jeder Fehler bei einer Abrechnung automatisch
orsätzlicher Betrug. Gerade bei sehr komplizierten Ab-
chnungscodes im Krankenhaus, wo jede Diagnose und
rankheitsverlauf einen vierstelligen Code aus Zahlen
nd Buchstaben bekommt, passieren Fehler; ich unter-
telle keinem Arzt, der nach der Nachtschicht noch Be-
chte schreibt und Fehler macht, dass er korrupt ist.
eshalb müssen wir sehr genau hinschauen.
Aufgrund der Berichterstattung und den Darstellun-
en der Opposition konnte der Eindruck entstehen, dass
s einen rechtsfreien Raum gegeben habe, in dem Kor-
ption und Fehlverhalten größeren Umfangs im Ge-
undheitswesen ungeahndet stattfinden konnte. Dies ent-
pricht nicht den Tatsachen. Mehrmals habe ich vor
iesem Hohen Hause bereits auf die insoweit bestehen-
en umfassenden Möglichkeiten zur Korruptionsbe-
ämpfung – im Berufsrecht der Ärzte, im Sozialrecht, im
eilmittelwerbegesetz als auch im Wettbewerbsrecht –
ingewiesen. Die Ärztekammern, denen die Ausübung
er Berufsaufsicht obliegt, beklagen aber, dass mitunter
iel Zeit vergeht, bis Sachverhalte hinreichend vorliegen
der die Staatsanwaltschaft ermittelt, um berufsrechtlich
orzugehen. Hier muss nachgebessert werden. Diesen
nspruch haben die Ärzte selbst – aber natürlich auch
atienten und Beitragszahler in der gesetzlichen Kran-
enversicherung.
Die Regierungskoalition aus CDU/CSU und FDP hat
en Beschluss des Bundesgerichtshofes vom Juni 2012,
dem klargestellt wurde, dass niedergelassene Ärzte
eine Beauftragten oder Amtsträger der Krankenkassen
ind, zum Anlass genommen, die bestehenden berufs-
nd sozialrechtlichen Regelungen zu überprüfen.
Die überwiegende Zahl der Ärzte und Zahnärzte in
eutschland verhält sich korrekt. Viele Ärzte begleiten
re Patienten schon lange, und die Patienten danken es
nen mit Vertrauen und Anerkennung für die teilweise
nstrengende und engagierte Arbeit.
Das Ergebnis der gründlichen Überprüfung der Geset-
eslage nach dem BGH-Urteil ist, dass es umfängliche
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32379
(A) )
)(B)
Regelungen gibt, jedoch teilweise ein Vollzugsdefizit
besteht und verwaltungstechnische Hürden existieren.
Durch eine neue gesetzliche Regelung soll hier nun die
vom BGH aufgezeigte, Regelungslücke geschlossen
werden. Ermittlungsverfahren werden erleichtert und be-
schleunigt.
Drei Dinge waren uns bei dem Gesetzentwurf beson-
ders wichtig:
Erstens sollten auf keinen Fall Ärzte und Angestellte
im Gesundheitswesen unter Generalverdacht gestellt
werden, denn dies wäre absolut ungerechtfertigt.
Zweitens müssen aber Maßnahmen ergriffen werden,
die das angegriffene Vertrauensverhältnis zwischen Arzt
und Patient wieder verbessern und für die Fälle, wo es
nötig ist, ein schnelleres und besseres Ermitteln der be-
fugten Behörden ermöglichen.
Drittens sollen sinnvolle und gewollte Zusammenar-
beit und Kooperationsformen weiterhin unterstützt wer-
den. Der Antrag der Regierungskoalition unterscheidet
sich von den Vorschlägen der Opposition vor allem da-
rin, wo die neuen gesetzlichen Regelungen im Gesetz
verankert werden sollen und welche Signalwirkung da-
von ausgeht.
Der Vorschlag der Regierungskoalition sieht vor, das
Sozialgesetzbuch V zu erweitern und zu präzisieren.
Wir erweitern § 70 und schaffen einen neuen § 307 c im
SGB V.
Hierbei war uns besonders wichtig, herauszuarbeiten,
dass der Schutzzweck der Norm der unabhängigen ärzt-
lichen Entscheidung gilt. Die meisten Ärzte handeln na-
türlich so, aber der Patient muss sich darauf verlassen
können, dass die Entscheidung seines Arztes am Patien-
tenwohl orientiert und sachgerecht ist. Der Arzt soll das
Medikament verschreiben oder eine OP empfehlen, weil
sie medizinisch notwendig sind, und nicht, weil er mög-
licherweise von einem Dritten hinterher Boni und oder
andere Vergünstigungen bekommt.
Es sollen trotzdem weiterhin gewünschte Koopera-
tionsformen existieren können, ohne unter den Verdacht
der Korruption zu fallen. Weder die Arbeit von Hilfsmit-
telversorgern im Außendienst, die die Patienten zu
Hause mit Material wie Pflastern, Kathedern, Verbänden
beliefern und gleichzeitig deren Benutzung erklären,
noch die durch Erfahrungswerte geprägte Zusammenar-
beit zwischen Zahnarzt und Dentallabor beim Anfertigen
von Brücken und Implantaten sollen unter Korruptions-
verdacht fallen. Strafrechtlich kann dies nur im Neben-
strafrecht so ausdifferenziert umgesetzt werden.
Die Oppositionsanträge werden diesen differenzierten
Vorgaben nicht gerecht. Denn unabhängig von juristi-
schen Feinheiten haben die Vorschläge eine klare nega-
tive Botschaft an alle Beteiligten im Gesundheitswesen.
Die Anträge fordern eine Änderung im Strafgesetzbuch
und die Schaffung eines neuen Paragrafen für Beste-
chung im Gesundheitswesen. Dies, obwohl § 299 StGB
die Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen
Verkehr bereits sanktioniert.
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Ärzte unterliegen dieser Regelung genau wie Archi-
kten, Anwälte oder sonstige Freiberufler. Im Straf-
cht, neben dieser für alle geltenden Regelung, die
eschäftigten im Gesundheitswesen besonders heraus-
ustellen und damit eine Kriminalisierung dieser Berufs-
ruppe bewusst hinzunehmen, haben diese nicht ver-
ient, dies besonders nicht vor dem Hintergrund der
glich geleisteten guten Arbeit der Beschäftigten im Ge-
undheitswesen.
Der Gesetzentwurf der Regierungskoalition geht hier
inen anderen, einen richtigen Weg. Deshalb schlägt die
egierungskoalition eine Konkretisierung im Neben-
trafrecht, also im Sozialgesetzbuch V, mit den bereits
ngesprochenen Ausdifferenzierungen vor.
Hier kann Fehlverhalten trotzdem angemessen geahn-
et werden. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass die Ge-
chte sogar eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren
erhängen können. Wichtig ist hier auch, dass nicht nur
erjenige bestraft wird, der bestechlich war, sondern
uch der Bestechende.
Die Opposition hat dem Gesetzentwurf von CDU/
SU und FDP vorgeworfen, dass er eine Ungleichbe-
andlung von gesetzlich und privat Versicherten be-
eute. Diese Argumentation verkürzt diese Problematik
unzulässiger Weise.
Im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung ha-
en wir ein dichteres Regelungsgeflecht, welches auf-
rund des Sachleistungsprinzips in seiner Struktur sehr
pezifisch ist. Wie auch die öffentliche Anhörung im
eutschen Bundestag gezeigt hat, ist diese spezifische
truktur sehr ausdifferenziert ausgestaltet und daher an-
llig für Fehlanreize und Nichtentdeckung durch den
atienten. Dies rechtfertigt die Anknüpfung allein an das
ozialgesetzbuch. Das Gesetzgebungsvorhaben der Ko-
lition stellt sicher, dass anders als ein Straftatbestand im
tGB keine unnötigen verfassungsrechtlichen Risiken
eraufbeschworen werden.
Ich darf zusammenfassen:
Unser Gesetzentwurf stellt weder Ärzte noch andere
erufsgruppen im Gesundheitswesen unter Generalver-
acht oder kriminalisiert diese.
Unser Gesetzentwurf bietet wirkungsvolle Möglich-
eiten, Korruption besser zu verfolgen und zu ahnden.
Unser Gesetzentwurf stellt nachdrücklich heraus, dass
ie unabhängige ärztliche Entscheidung oberste Priorität
at.
Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass die Mehrzahl
er Beschäftigten im Gesundheitswesen und der Ärzte
ich korrekt verhält, wird das begründete Vertrauensver-
ältnis zwischen Arzt und Patient gestärkt.
Unser Gesetzentwurf ist der notwendige Warnschuss
n alle, die meinen, sich auf Kosten anderer im Gesund-
eitswesen bereichern zu können.
Unser Gesetzentwurf erkennt die Notwendigkeit, die
ooperationsformen und Arten der Zusammenarbeit zu
chützen, die positiv sind.
32380 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
(A) )
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Unser Gesetzentwurf ist im Detail ausdifferenziert
und wird den komplexen Anforderungen der gelebten
Gesundheitsversorgung gerecht.
Ich darf Sie daher bitten, dem Gesetzentwurf zuzu-
stimmen.
Stefanie Vogelsang (CDU/CSU): Seit vielen Jahren
arbeiteten unterschiedliche parlamentarische Mehrheiten
und verschiedene Regierungskoalitionen an einem Ge-
setz zur Förderung der Prävention im Gesundheitswe-
sen. Zukünftiger Schwerpunkt in der gesundheitlichen
Versorgung der Menschen in Deutschland soll neben der
Behandlung von Krankheiten auch die Vorbeugung vor
Krankheiten als gesetzliche Pflichtaufgabe der Kranken-
kassen sein.
Es hat lange gedauert. Ein SPD-Entwurf ist geschei-
tert. Wir haben uns erneut aufgemacht. Gründlichkeit
ging auch hier vor Schnelligkeit. Den Entwurf der Re-
gierung haben wir parlamentarisch noch um einige As-
pekte verbessert.
Heute liegt vor uns ein Entwurf eines Gesetzes zur
Förderung der Prävention mit einem Gesamtvolumen
von 500 Millionen Euro – also eine halbe Milliarde
Euro. Zukünftig sollen die Krankenkassen 7 Euro pro
Versicherten ausgeben für betriebliche Prävention, für
die Förderung in den Lebenswelten, also im Verein, in
der Schule, in der Kita und, und, und.
140 Millionen Euro sollen zukünftig zur Verfügung
stehen, um regional unterschiedlich in den Lebenswelten
der Länder mit deren Beteiligung abgestimmte spezielle
Projekte für unterschiedliche – vor allem auch sonst
schwerer zu erreichende – Personengruppen eingesetzt
werden.
Sicher, man kann immer mehr machen. Sicher, man
wird auch an diesem Entwurf immer noch etwas verbes-
sern können. Aber die Ankündigung der Oppositionspar-
teien, dass der Bundesrat dem niemals zustimmen
werde, kam lange, bevor der Entwurf überhaupt bekannt
war. Allein aus parteipolitischer Sicht wollen Sie von der
Opposition verhindern, dass wir endlich eine gesetzliche
Grundlage zur Finanzierung dieser wichtigen Aufgabe
haben, wollen Sie den Gesundheitsdezernenten in unse-
ren Städten die Chance nehmen, kleinteilig in ihren städ-
tischen Bereichen Gesundheitsförderung anbieten zu
können, die von den Krankenkassen bezahlt werden. Das
ist unredlich. Das empfinde ich als Skandal.
Erstmals liegt ein Gesetzentwurf vor, der konkrete,
nationale Gesundheitsziele nennt, der eine kontinuierli-
che Zielerreichungsmessung festlegt, der eine nationale
Gesundheitskonferenz initiiert und, und, und. Auch dies
wollen Sie ablehnen. Auch hier wollen Sie Ihre Länder
in die falsch verstandene parteipolitische Pflicht neh-
men, Nein zu sagen. Das werden Sie den Menschen
nicht erklären können. Dieses Taktieren wird Sie nicht
einen einzigen Prozentpunkt näher an einen Wahlerfolg
bringen. Im Gegenteil: Wir werden die Sommerpause
nutzen, an jedem nur möglichen Ort in unseren Wahl-
kreisen darauf hinzuweisen.
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Ich bitte im Interesse der Gesundheit unserer Gesell-
chaft, noch einmal darüber nachzudenken und sich rich-
g und zukunftsweisend zu entscheiden.
Angelika Graf (Rosenheim) (SPD): Die Anhörung
um schwarz-gelben sogenannten Präventionsgesetz hat
ie Befürchtungen und Einschätzungen der Opposition
Gänze bestätigt: Wie so oft bei Schwarz-Gelb gibt es
ur ein leere Flasche mit einem irreführenden Etikett da-
uf. Auch die letzten Änderungsanträge ändern daran
ichts. Der Gesetzentwurf ist Murks, wie Ihre Regie-
ngsbilanz. Oder soll ich sagen Kürzungsbilanz zum
hema Prävention seit ihrem Amtsantritt?
Der Gesetzentwurf versagt auf den beiden Hauptfel-
ern der Prävention in Deutschland. Die Hauptfragen in
er Prävention sind zum einen, wie wir Menschen errei-
hen, die bislang kaum von Prävention und Gesundheits-
rderung profitieren konnten, und zum anderen besteht
ie Problematik, dass eine Projektitis und ein aktionisti-
ches Nebeneinander von Programmen bestehen. Beide
robleme werden von dem „Präventionsgesetz“ der
undesregierung nicht gelöst, schlimmer noch: Sie wer-
en gar nicht erst angegangen. Es würden, käme dieser
esetzentwurf durch, neue Probleme entstehen. Die An-
örung hat bestätigt, dass weiterhin der Großteil der Mit-
l für die Prävention in wenig effektive individuelle
räventionsmaßnahmen gesteckt würde. Sie machen
eiterhin zu wenig in der Primärprävention. Das ist ein
rundfehler im schwarz-gelben Entwurf.
Vor allem die Förderung der Bundeszentrale für ge-
undheitliche Aufklärung durch die Gesetzliche Kran-
enversicherung, GKV, ist problematisch. Die GKV
üsste Beitragsmittel an die BZgA als nachgeordnete
ehörde des Bundesgesundheitsministeriums abführen.
as ist ein aberwitziger Vorschlag des FDP-geführten
inisteriums, der vermutlich eher als indirekte Partei-
eundschaftshilfe für die ebenfalls FDP-geführte Bun-
eszentrale zu werten ist; denn die BZgA ist im Bereich
er Lebenswelten nicht der beste Kooperationspartner.
uch das hat die Anhörung zum Gesetzentwurf sehr
eutlich gemacht.
Dass sich die Private Krankenversicherung, PKV,
icht an der Förderung beteiligen muss, ist die typische
lientelpolitik dieser Bundesregierung und völlig inak-
eptabel aus Sicht der SPD.
Die öffentliche Anhörung am 15. Mai 2013 zu diesem
esetzentwurf war sowieso ein interessantes Schauspiel:
ie Regierungsfraktionen von CDU/CSU und FDP
ussten einen großen Teil ihrer umfangreichen Frage-
eit verstreichen lassen, weil kaum einer von den gelade-
en Sachverständigen für den schwarz-gelben Gesetz-
ntwurf ein gutes Wort übrig hatte. Weder die
esetzliche Krankenversicherung noch Wohlfahrtsver-
ände wie die Caritas und erst recht nicht die Wissen-
chaft konnten an dem Gesetzentwurf etwas Gutes fin-
en. Vernichtender kann eine Anhörung zu einem
esetzentwurf kaum sein. Nicht einmal die sonst wohl-
esonnenen Arbeitgeberverbände standen auf der Seite
er Bundesregierung.
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32381
(A) )
)(B)
Auch die letzten Änderungsanträge zum Präventions-
gesetz machen es nicht besser. Die Kassen nochmal ei-
nen Zwangs-Euro mehr an die BZgA für Lebenswelten
bereitstellen zu lassen, bleibt sachlich doppelt falsch.
Die BZgA bleibt der falsche Akteur bei den Lebenswel-
ten, und die Beitragsmittel für eine nachgeordnete Be-
hörde zwangsweise abzuführen, bleibt auch vor dem
Hintergrund der dadurch für den Beitragszahler eventu-
ell induzierten einkommensunabhängigen Zusatzbei-
träge eine Unverschämtheit. Die Schieflage zur Privaten
Krankenversicherung, die nichts zahlen muss, würde
noch stärker.
Daran wird deutlich, dass der Gesetzentwurf nicht mit
Sorgfalt geschrieben wurde, sondern lediglich ein
Schaufenstergesetzentwurf ist, der die Haushaltskürzun-
gen im Bereich Prävention von Schwarz-Gelb kaschie-
ren und im Wahlkampf als Gegenargument für Kritik
herhalten soll.
Die tatsächlichen Entscheidungen von Schwarz-Gelb
im Bereich der Prävention sind am Haushalt zu erken-
nen: Seit dem Amtsantritt von Merkel, Rösler und Bahr
im Jahr 2009 sind die Mittel im Bereich Prävention ins-
gesamt um 10 Prozent gekürzt worden. Dieses Verhalten
erklärt, warum es in 2013 nur zu diesem durchsichtigen
Wahlkampfmittel „Präventionsgesetz“ reicht, mit dem
Sie lediglich versuchen, entweder die Opposition im
Bundesrat zu erpressen oder uns vorzuwerfen, wir hätten
etwas verhindert.
Wirkliche Präventionsmaßnahmen sind in Ihrer Re-
gierungszeit nämlich nicht zu finden, im Gegenteil: Die
Mittel zur HIV-/Aids-Bekämpfung in Zusammenarbeit
mit Osteuropa wurden in 2011 komplett gestrichen. Wir
haben dazu bis heute keine Ersatzleistungen in irgendei-
ner Richtung von Ihnen gehört. Sogar die Forschungs-
und Entwicklungsvorhaben zur Bekämpfung von Aids
und anderen sexuell übertragbaren Krankheiten sind von
Ihnen um 25 Prozent gekürzt worden. Die zusätzlichen
Mittel zur Aufklärung für Organspendemaßnahmen sind
nur durch einen interfraktionellen Beschluss zustande
gekommen, und auch sie haben CDU/CSU und FDP mit
Kürzungen im Bereich der Prävention finanziert: In
2013 wurden die Haushaltsmittel für Aufklärungsmaß-
nahmen zu sexuell übertragbaren Krankheiten noch ein-
mal um 10 Prozent und für die Bekämpfung von Dro-
gen- und Suchtmittelmissbrauch um 4 Prozent gekürzt.
Der Korruptionsteil im Präventionsgesetz ist als Om-
nibus nur angehängt. Sie verknüpfen zwei Themen mit-
einander, die nichts miteinander zu tun haben. Die
Gründe sind Untätigkeit und der Wunsch nach Erpres-
sungsmöglichkeiten in Richtung des Bundesrates, weil
die schwarz-gelbe Bundesregierung in den Ländern zu
Recht die Mehrheiten verloren hat. Ich vermute, er ist
auch nur deshalb angehängt worden, weil Regierung und
Koalition gar nicht wollten, dass Korruptionsregeln
wirklich Gesetz werden.
Im Übrigen ist auch dieser Gesetzentwurf der Bun-
desregierung handwerklich schlecht gemacht: Wir den-
ken, er ist wegen eines Verstoßes gegen Art. 3 Grundge-
setz verfassungswidrig.
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In der Konsequenz Ihrer gewünschten Korruptionsre-
eln würde in Zukunft in Fällen nachgewiesener Beste-
hung ein Krankenhausarzt nach dem Strafgesetzbuch
erfolgt und bestraft werden, ein freiberuflicher Ver-
agsarzt würde nach dem Sozialgesetzbuch und ein
rivatarzt gar nicht strafrechtlich belangt. Diese willkür-
che Ungleichbehandlung führt dazu, dass Privatpatien-
n, wie zum Beispiel Beamte, zum Freiwild bei
estechung und Bestechlichkeit werden. Die Bundesre-
ierung weiß das und macht es trotzdem. Hier sehen wir
ine Ähnlichkeit zum Präventionsgesetz: Sie wollen ein
eiteres Feigenblatt für den Wahlkampf und betreiben
tikettenschwindel.
Die Korruptionsbekämpfung muss im Strafgesetz-
uch geregelt werden. Sie darf nicht im Sozialgesetz-
uch „versteckt“ werden. Die Anhörung hat daran kei-
en Zweifel gelassen. Nahezu alle Sachverständigen
aben unsere Kritik geteilt. Die SPD begrüßt es, dass
ndlich auch die anderen Oppositionsfraktionen nach
ahren des Zögerns der SPD bei der Korruptionsbe-
ämpfung folgen. Wir brauchen eine Regelung im Straf-
esetzbuch, die nicht nur den Wettbewerb, sondern auch
ie Patienten schützt.
Spätestens die Anhörung müsste Ihnen deutlich ge-
eigt haben, dass der Bundesrat richtig handeln würde,
enn er diese Gesetzentwürfe hoffentlich zurückweist.
ass Sie es niemals ernst gemeint haben, zeigt der Zeit-
blauf. Sie haben dafür gesorgt, dass Ihr Gesetzentwurf
rst jetzt, in der letzten Sitzungswoche vor der Sommer-
ause, verabschiedet und damit wohl der Diskontinuität
nheimfallen wird. Sie haben niemals Maßnahmen in
iesem Bereich gewollt.
Das „Präventionsgesetz“ ist vor dem Hintergrund Ih-
r Kürzungsorgie in diesem Bereich zudem zynisch. Es
t einfach nur noch verantwortungslos, wie Sie mit
chaufenstergesetzen Ihre verantwortungslose Politik zu
aschieren versuchen. Es wird Zeit, dass die Wählerin-
en und Wähler dieses Kasperletheater und das Simulie-
n von Politik am 22. September 2013 beenden.
Martina Bunge (DIE LINKE): Heute stehen zwei
ichtige Punkte auf der Tagesordnung – zum einen ein
esetzentwurf zur Prävention und zum anderen Vorla-
en zur Eindämmung der Korruption im Gesundheits-
ystem. Beides sind wichtige Themen. Die Bedeutung,
ie die Bundesregierung diesen Themen zumisst, lässt
ich aber schon daran ablesen, zu welcher Zeit diese
ebatte angesetzt wurde.
Das Interesse der Bundesregierung an einer wirklich
uten Gesundheitsförderung und Prävention und an der
erringerung der Korruption im Gesundheitswesen ist
leich null. Den Gesetzentwurf zur Prävention haben Sie
o ausgestaltet, dass jeder auch nur mäßig an Gesund-
eitsförderung Interessierte diesen Entwurf ablehnen
uss und somit von vornherein klar war, dass dieser
ntwurf den Bundesrat nicht passieren wird. Und ob-
ohl sogar schon entsprechende Bekundungen aus dem
undesrat zu hören waren, hängen Sie genau hier Ihre
war halbherzigen, aber wenigstens etwas in die richtige
ichtung gehenden Änderungsanträge an, die die Kor-
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)(B)
ruption von Ärztinnen und Ärzten und anderen Gesund-
heitsberufen eindämmen sollen. Spätestens hier wird
doch deutlich, dass Ihnen nicht daran gelegen ist, Ihre
Vorlagen je das Licht eines Gesetzes erblicken zu lassen.
Das nenne ich Proformapolitik oder Wahlkampfshow.
Um die Sache kann es Ihnen nicht gehen; dann hätten
Sie es anders gemacht.
Ihre Vorlage zur Prävention führt nicht zu einer
Verbesserung. Das haben Ihnen erneut die Fachleute in
der Anhörung bestätigt. Es war auch spannend, in den
Anhörungen zu beobachten, wie Sie es tunlichst ver-
meiden, hoch anerkannte Gesundheitswissenschaftler,
Koryphäen zu Gesundheitsförderung und Prävention, zu
befragen, weil die Ihnen nur den Kopf waschen würden.
Sie sind eine Bundesregierung, die Angst vor der
Expertise der Wissenschaft hat. Stattdessen fragen Sie
diejenigen, die zwar wenig von Gesundheitsförderung
verstehen, für die Sie aber den Gesetzentwurf geschrie-
ben haben: Ärztevertreter, Kurbäder etc. Das ist schon
peinlich.
Ein Gesetz zur Gesundheitsförderung und Prävention
muss drei zentrale Anforderungen erfüllen:
Es muss deutlich machen, dass es wirklich um einen
Paradigmenwechsel geht: weg von der medizinischen
Sicht auf Gesundheit, auf Krankheitsbehandlung hin zu
einem Blick, der die Gesunderhaltung der Menschen als
der Krankheitsbehandlung mindestens gleichwertige,
gesamtgesellschaftliche Aufgabe wahrnimmt. Dies muss
durch Strukturen, aber auch durch die gesamtgesell-
schaftliche und angemessene Finanzierung zum Aus-
druck kommen.
Ein solches Gesetz muss als eine zentrale Aufgabe die
Verringerung sozial bedingter gesundheitlicher Un-
gleichheit bewirken. Unsere Gesellschaft ist sozial unge-
recht und wird immer ungerechter. In der Gesundheit
kommt diese Ungerechtigkeit auf eine Weise zum
Tragen, die jedem, der nur ein wenig ethisches Bewusst-
sein hat, unerträglich sein muss. Wie können wir zu-
schauen, dass Kinder, nur weil sie in eine sozial benach-
teiligte Familie hineingeboren werden, bis zu zehn Jahre
früher sterben müssen, als solche, die in gehobene Ver-
hältnisse hineingeboren werden?
Und ein solches Gesetz muss sicherstellen, dass unser
Wissen, wie wir unsere Gesundheit erhalten, in gleichem
Maße wächst wie unser Wissen zur Behandlung von
Krankheiten. Wir brauchen eine umfassende und syste-
matische Forschungsstrategie zur Verbesserung des
Wohlbefindens und der Gesundheit sowie der Verringe-
rung der sozial bedingten gesundheitlichen Ungleich-
heit.
Keiner dieser drei Anforderungen kommt der Regie-
rungsentwurf nur im Geringsten nahe. Wenn Sie lesen
wollen, wie es besser geht, lesen Sie unseren Antrag!
Nun noch ein paar Worte zur Korruption: Ihr Entwurf
zur Korruption ist halbherzig, weil Sie drei Bremsen ein-
gebaut haben. Zum einen darf die Staatsanwaltschaft nur
auf Antrag tätig werden; es muss nachgewiesen werden,
dass der Arzt aufgrund von Zuwendungen tatsächlich
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eine Behandlung ändert, und es werden nur diejenigen
rreicht, die über die gesetzliche Krankenversicherung
brechnen. Alle anderen bleiben außen vor. Das ist uns
iel zu wenig und Ihnen offensichtlich schon zu viel.
Aber ich sage Ihnen: Wer nicht sämtliche Anreize im
esundheitssystem ausschaltet, die dazu führen, dass
atientinnen und Patienten nicht allein im Sinne ihrer
estmöglichen Gesundheit behandelt werden, der nimmt
eid und frühzeitigen Tod der Menschen in diesem
ande in Kauf. Das Gleiche gilt für diejenigen, die nicht
ndlich bereit sind, Gesundheitsförderung und Prä-
ention den Stellenwert zukommen zu lassen, den wir
rauchen, um effektiv die Gesundheit der Menschen zu
rhalten und die sozial bedingte gesundheitliche Un-
leichheit zu verringern.
Die Linke wird das nicht mittragen, sondern für die
esundheit der Menschen streiten.
Maria Klein-Schmeink (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
EN): Ein Schelm, wer Böses dabei denkt, dass die Ko-
litionsfraktionen erst in den allerletzten Sitzungswo-
hen einen Entwurf für ein Präventionsgesetz vorgelegt
nd auch noch die ungeliebten Regelungen zur Strafbar-
eit von Korruption im Gesundheitswesen an diesen an-
ehängt haben. Die Opposition hat zu beiden Themen in
ieser Legislatur bereits frühzeitig Initiativen einge-
racht, die von der Koalition schlicht ausgesessen wur-
en. Deutlicher lässt sich das Desinteresse an der Ver-
irklichung der eigenen Gesetzesvorlagen kaum zeigen.
eder wurden die Länder noch Expertinnen und Exper-
n bei der Erarbeitung des Gesetzentwurfs einbezogen.
nders lässt sich die absolute Fehlkonstruktion kaum er-
lären. Wer diesen Gesetzentwurf liest, muss den Ein-
ruck gewinnen, er sei von jemandem verfasst worden,
er keinen Einblick in die Strukturen der Gesundheits-
olitik in Deutschland hat und kaum etwas von Ge-
undheitsförderung und Primärprävention versteht. Die
onzentration auf die Eigenverantwortung und Eigen-
ompetenz jeder und jedes Einzelnen lässt die Förderung
esunder Lebensverhältnisse vollkommen aus dem Blick
eraten. Maßnahmen zur Verzahnung von Gesundheits-
rderung und Arbeitsförderung – Fehlanzeige. Strate-
ien zur Reduktion von psychischen Belastungen – Fehl-
nzeige. Alle, die sich und ihre Gesundheit nicht im
öchstmaß optimieren können, fallen bei diesem Ge-
etzentwurf aus dem Rahmen. Dies bedeutet einen
ückschritt für die gesundheitliche Chancengleichheit.
it mehr Früherkennung, Bonusprogrammen und ärztli-
hen Präventionsempfehlungen werden sozial Benach-
iligte nicht erreicht.
Die Zwangsbeauftragung der Bundeszentrale für ge-
undheitliche Aufklärung im Bereich der lebensweltli-
hen Prävention ist der falsche Weg. Dass ein selbstver-
alteter Sozialversicherungsträger einer nachgeordneten
undesbehörde die Beitragsmittel der gesetzlich Versi-
herten zur Verfügung stellen soll, damit diese sich
rnab der Lebenswelten der Menschen vor Ort um die
bensweltliche Prävention kümmert, ist schlicht nicht
achvollziehbar. Vorhandene Strukturen und gelungene
odelle ignoriert dieser Gesetzentwurf: die Koordinie-
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32383
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rungsstellen für gesundheitliche Chancengleichheit, die
Landesvereinigungen für Gesundheitsförderung, den Öf-
fentlichen Gesundheitsdienst und das Gesunde-Städte-
Netzwerk. Stattdessen schafft er nur Doppelstrukturen
und unnötige Bürokratisierung. Und was nützt ein Be-
richt alle vier Jahre, wenn schon bei der Festlegung von
Handlungsfeldern und Kriterien für Leistungen wie Be-
darf, Zielgruppen, Zugangswegen und Qualität der An-
gebote unabhängiger Sachverstand nicht mehr vorgese-
hen ist?
Die jetzt kurzfristig vorgelegten Änderungsanträge
bringen keine entscheidenden Verbesserungen. Der zen-
trale Webfehler – die Konzentration nur auf Änderungen
im SGB V – bleibt und kann die entscheidende Wende
für Gesundheitsförderung und Prävention nicht bringen.
Auch die angehängten Regelungen zur Strafbarkeit
von Korruption im Gesundheitswesen bleiben unzuläng-
lich. Es reicht nicht, wenn nur die Korruption in Bezug
auf Leistungen nach dem SGB V unter Strafe gestellt
wird. Auch Patienten, die privat versichert sind oder
IGeL-Leistungen in Anspruch nehmen, müssen sicher
sein können, dass die Behandler ausschließlich das ge-
sundheitliche Wohl des Patienten im Auge haben und
nicht den persönlichen Gewinn.
Unser Fazit: Dieser Gesetzentwurf gehört in den Pa-
pierkorb, die nächste Bundesregierung muss ein echtes
Gesetz für Prävention und Gesundheitsförderung vorle-
gen.
Daniel Bahr, Bundesminister für Gesundheit: Unver-
ändert gilt: Die Gesundheit ist der Spitzenreiter auf der
individuellen Wunschliste der Menschen. Verändert hat
sich aber die Bedeutung der Gesundheit unter gesamtge-
sellschaftlichen Gesichtspunkten; denn auch hier liegt
sie inzwischen in ihrem Stellenwert ganz vorne.
Mehr ältere und weniger junge Menschen, ein Wandel
des Krankheitsspektrums, aber auch eine veränderte Ar-
beitswelt machen die Gesundheit künftig zu einem be-
deutenden Rohstoff für unser Land. Im Widerspruch
dazu steht die Tatsache, dass die Gesundheitsförderung
in Deutschland bei weitem noch nicht den Stellenwert
hat, den sie haben müsste. Deshalb haben wir einen Ge-
setzentwurf erarbeitet, der die richtige Prioritätensetzung
verfolgt. Dazu gehört:
Erstens. Wir bauen die Präventionsleistungen insge-
samt deutlich aus und legen dabei einen besonderen
Schwerpunkt auf die Leistungen zur Prävention in den
Lebenswelten der Menschen. Wir wollen die Menschen
dort erreichen, wo sie leben, wo sie lernen und wo sie ar-
beiten.
Zweitens. Was im Kindes- und Jugendalter nicht ge-
lernt wird, rächt sich später. Deshalb werden wir dafür
sorgen, dass die Präventionsleistungen für Kinder und
Jugendliche ausgebaut werden. Kurse, die die Kranken-
kassen vor allem aus Marketinggründen anbieten, brin-
gen niemanden weiter.
Deshalb werden wir drittens die Wirksamkeit und
Qualität von Prävention verbessern. Uns geht es um Prä-
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entionsleistungen, die die Menschen in die Lage verset-
en, ihre Gesundheit zu verbessern. Deshalb werden wir
ie Angebote an gesetzlich festgelegten Zielen ausrich-
n und die Qualität der Leistungen überprüfen.
Uns bleiben für diese Legislaturperiode nun zwei
öglichkeiten: Zum einen haben wir die Chance, Ge-
undheitsförderung und Prävention ein großes Stück vo-
nzubringen; denn es gibt hier – darin sind sich fast alle
kteure einig – viel zu tun. Zum anderen können wir
ber auch überflüssige Diskussionen führen, wie dies in
en letzten Wochen immer wieder versucht wurde, bei-
pielsweise durch Behauptungen, mit den für die Prä-
ention vorgesehenen Finanzmitteln könne nichts er-
icht werden, das sei alles viel zu wenig.
Die Forderung von Herrn Lauterbach, die wir hier vor
inigen Wochen zu hören bekamen, „man müsse Geld in
ie Hand nehmen“, ist angesichts dessen, was die rot-
rüne Regierung seinerzeit zur Stärkung der Prävention
r ausreichend hielt, bemerkenswert.
Wenn man den von der rot-grünen Regierungskoali-
on im Jahr 2005 vorgelegten Gesetzentwurf zur Stär-
ung der gesundheitlichen Prävention neben den heute
ier zur Beschlussfassung anstehenden Gesetzentwurf
gt, müssen Sie sich von der Opposition folgende Frage
efallen lassen: Was war denn Ihr damaliger Gesetzent-
urf, wenn es so ist, wie sich Herr Lauterbach hier vor
inigen Wochen äußerte, dass wir mit dem Gesetzent-
urf nämlich „de facto nichts beschließen“? Ich kann Ih-
r Erinnerung auf die Sprünge helfen. Die Antwort
uss nämlich lauten: weniger als nichts.
Hinter unserem Gesetzentwurf steht ein Finanzvolu-
en für Prävention von fast einer halben Milliarde Euro.
er Löwenanteil der Mittel wird für regionale Gesund-
eitsarbeit mit den Menschen eingesetzt, die sie benöti-
en, um ihre Gesundheitschancen zu verbessern.
Künftig werden die Krankenkassen mit mindestens
80 Millionen Euro strukturfördernde Maßnahmen in
nd für gesundheitsförderliche Lebenswelten unterstüt-
en – sei es in Betrieben, in Kitas und Schulen oder in
ozialen Brennpunkten. Dies werden sie im Zusammen-
irken mit den zuständigen Stellen in den Ländern, mit
en Verantwortlichen vor Ort und den Menschen in den
ebenswelten umsetzen.
Auch wenn es die Opposition nicht wahrhaben will:
it diesem Mittelansatz liegen wir deutlich über dem Fi-
anzvolumen des Gesetzentwurfs der rot-grünen Regie-
ng aus dem Jahr 2005. Dieser Gesetzentwurf, den Sie
o gerne und häufig als echtes Präventionsgesetz postu-
eren, hatte für die Leistungen zur Prävention und Ge-
undheitsförderung gerade einmal 250 Millionen jähr-
ch vorgesehen, und davon sollten noch 50 Millionen
uro für die Schaffung unnötiger bürokratischer Struktu-
n aufgewendet werden – Stiftung Prävention. Für die
esetzliche Krankenversicherung sollte die Neuregelung
ogar aufkommensneutral sein. Für die betriebliche Ge-
undheitsförderung und für individuelle Präventions-
aßnahmen sah Ihr Gesetzentwurf insgesamt nur
00 Millionen Euro vor.
32384 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
(A) )
)(B)
Unser Gesetzentwurf sieht allein für die betriebliche
Gesundheitsförderung ein Ausgabevolumen von min-
destens rund 140 Millionen Euro vor, und zwar zusätz-
lich zu den Mitteln für Individualmaßnahmen. Vor die-
sem Hintergrund wird deutlich: Die Vorwürfe der
Opposition, unser Gesetzentwurf sei „nicht weitreichend
genug“ oder verfolge gar „veraltete Ansätze“, weil wir
vermeintlich zu wenig Geld für Settingleistungen vorsä-
hen, entbehren nicht nur jeglicher Grundlage, sie lassen
vielmehr auch Ihren eigenen Gesetzentwurf im Nach-
hinein mehr als fragwürdig erscheinen; denn dieser hatte
neben deutlich geringeren Ausgaben für Präventionsleis-
tungen sogar eine Kürzung der Leistungen anderer Sozial-
versicherungsträger einkalkuliert.
So wollten Sie bei der Rentenversicherung entstehende
Mehraufwendungen für Prävention durch Einsparungen
bei der medizinischen Rehabilitation ausgleichen. Der-
artige Umschichtungen zulasten ebenso wichtiger medizi-
nischer Rehaleistungen sieht unser Gesetzentwurf nicht
vor.
Eine weitere Behauptung stellt die angeblich fehlende
Einbeziehung insbesondere der Präventionsakteure in
den Ländern und Kommunen in den Mittelpunkt. An der
Notwendigkeit der Zusammenarbeit aller Akteure be-
steht überhaupt kein Zweifel. Aber – und das betone ich
nochmals ganz deutlich – jegliche Lösungswege, um in
der Gesundheitsförderung und der Prävention die Ko-
operation der Akteure und die Koordination der Leistun-
gen zu verbessern, müssen verfassungsrechtlich sauber
sein.
Auch ein Präventionsgesetz des Bundes muss sich im
Rahmen des bundesstaatlichen Kompetenzgefüges be-
wegen. Die Länder müssen in der Gesundheitsförderung
ihre Aufgaben wahrnehmen und der Bund seine. Dessen
ungeachtet muss Gesundheitsförderung am Ort des Ge-
schehens stattfinden. Deshalb verpflichten wir die Kran-
kenkassen dazu, insbesondere in den Lebenswelten der
Menschen mit den vor Ort zuständigen Stellen zu koope-
rieren und die Versicherten zu beteiligen.
Mit unserem Gesetzentwurf leisten wir einen wesent-
lichen Beitrag, um der sozialbedingten Ungleichheit von
Gesundheitschancen entgegenzutreten. In Zeiten, in de-
nen die Krankenkassen immer weniger für Präventions-
maßnahmen ausgeben, sorgen wir dafür, dass die Kran-
kenkassen künftig Prävention in einem bislang nie da
gewesenen Umfang betreiben müssen, und zwar gerade
in den Lebenswelten.
Und wir setzen die richtigen Schwerpunkte, da wir ei-
nen echten Beitrag zur Verringerung gesundheitlicher
Ungleichheit leisten wollen. Künftig werden zwei Drittel
der Präventionsmittel und damit soviel wie noch nie für
die Förderung gesundheitsförderlicher Strukturen in den
Kommunen, Ländern und Betrieben ausgegeben.
Wer sich jetzt diesem Gesetzentwurf verschließt, ver-
weigert deshalb gerade den sozial benachteiligten Men-
schen gleiche Chancen auf ein möglichst gesundes und
möglichst langes Leben.
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Im Zusammenhang mit dem Präventionsförderungs-
esetz setzen wir auch auf die Kompetenz der Ärztinnen
nd Ärzte. Schon angesichts der Tatsache, dass 90 Pro-
ent der Erwachsenen einmal im Jahr ihren Arzt aufsu-
hen, haben die Ärzte die besten Möglichkeiten, um auf
esundheitsrelevante Lebensweisen Einfluss zu nehmen.
ie Menschen vertrauen ihrem Arzt oder ihrer Ärztin
nd nehmen ihre Ratschläge ernst.
Dieses Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Pa-
ent gilt es zu erhalten. Deshalb werden wir korruptives
erhalten einiger Mediziner nicht dulden und wirksam
ekämpfen. Dazu haben wir einen Änderungsantrag in
as Gesetzgebungsverfahren zum Präventionsförderungs-
esetz eingebracht, der das Verbot der Bestechlichkeit
nd Bestechung von Leistungserbringern enthält, das
ich auf alle Leistungsbereiche in der GKV und alle
erufsgruppen erstreckt, die an der Versorgung der Ver-
icherten beteiligt sind. Außerdem wird ein an den Be-
techungsdelikten des StGB angelehnter Straftatbestand
SGB V aufgenommen, der an dieses Verbot anknüpft.
anach werden insbesondere Verstöße gegen das sozial-
ersicherungsrechtliche Verbot der Verordnung oder Zu-
eisung gegen Entgelt unter Strafe gestellt, sofern es
ich dabei nicht nur um lediglich geringwertige Zuwen-
ungen handelt.
Die Regelung schützt die Versicherten, weil sie wirklich
icher sein können, dass beispielsweise der Arzt ihnen ein
edikament allein aus medizinisch-therapeutischen Grün-
en verordnet und nicht, weil sich vielversprechende Ver-
ünstigungen eines Pharmaunternehmens dahinter verber-
en. Sie schützt aber auch die Krankenkassen vor korrup-
onsbedingten Mehrkosten und sichert so die Wirtschaft-
chkeit der Versorgung, und sie schützt die verschiedenen
eistungsanbieter vor korruptionsbedingter Benachteili-
ung und sichert so die Lauterkeit und Fairness des Wett-
ewerbs im Gesundheitsmarkt.
Korruption im Gesundheitswesen schadet allen. Ein-
elne bestechliche Leistungserbringer können das Anse-
en der großen Mehrheit der verantwortungsvoll und
dlich arbeitenden Ärzte, Apotheker und der anderen
ngehörigen der Heilberufe empfindlich schädigen. Mit
iesem Änderungsantrag wollen wir das Vertrauen der
atientinnen und Patienten in die Unabhängigkeit der
ehandelnden Ärztinnen und Ärzte und der anderen
eilberufe erhalten und stärken.
nlage 28
Zu Protokoll gegebene Reden
zur Beratung:
– Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen
vom 31. Mai 2013 zwischen der Bundes-
republik Deutschland und den Vereinigten
Staaten von Amerika zur Förderung der
Steuerehrlichkeit bei internationalen Sach-
verhalten und hinsichtlich der als Gesetz
über die Steuerehrlichkeit bezüglich Aus-
landskonten bekannten US-amerikanischen
Informations- und Meldebestimmungen
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32385
(A) )
)(B)
– Beschlussempfehlung und Bericht zu den
Anträgen:
– Aggressive Steuerplanung und Steuer-
vermeidung internationaler Konzerne
bekämpfen
– Globale Steuergestaltung verhindern –
Regulierungsschlupflöcher stopfen
– Steuerzahlungen multinationaler Unter-
nehmen transparent machen – Country-
by-Country-Reporting in Deutschland
einführen und in Europa vorantreiben
– Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung
der Bekämpfung von Steuerstraftaten
(Tagesordnungspunkt 26 a bis c)
Manfred Kolbe (CDU/CSU): Ende Mai 2013 hat die
Bundesregierung ein bilaterales Abkommen zum auto-
matischen Informationsaustausch mit den USA ge-
schlossen. Dieses wollen wir mit dem heutigen Gesetz in
deutsches Recht gießen.
Demnach verpflichten sich die Steuerverwaltungen
beider Länder, bei ihren Finanzinstituten für die Besteue-
rung relevante Daten zu erheben und auszutauschen.
Ausgangspunkt ist ein Steuergesetz der USA aus dem
Jahr 2010, FATCA. Es bestimmt, dass ausländische
Finanzinstitute die amerikanischen Steuerbehörden über
Konten von US-Bürgern informieren müssen. Kommen
sie dieser Pflicht nicht nach, müssen sie eine Quellen-
steuer von 30 Prozent auf Erträge abführen, die das
Finanzinstitut aus US-Quellen bezieht.
Das jetzt unterzeichnete Abkommen beruht auf einem
Musterabkommen, das verschiedene europäische Staaten
zusammen mit den USA erarbeitet haben.
Der heute vorliegende Gesetzentwurf ist ein wichtiger
Baustein in der Strategie der Bundesregierung zur Be-
kämpfung der internationalen und nationalen Steuerhin-
terziehung. Das Abkommen mit den USA soll nach un-
serem Willen auch Grundlage und Muster für einen
(erweiterten) automatischen Informationsaustausch in-
nerhalb der Europäischen Union sein. Wir gehen damit
den bereits seit 2009 beschrittenen Weg der bilateralen
Kooperation weiter. Denn Steuerbetrüger können wir nur
in gemeinsamer Arbeit bekämpfen. Dies führt zum Er-
folg, und diesen sehen wir auch an über 42 unter der
christlich-liberalen Koalition abgeschlossenen bilatera-
len Abkommen für den Informationsaustausch in Steuer-
sachen.
Des Weiteren wird durch die zügige gesetzgeberische
Umsetzung der deutschen Kreditwirtschaft rechtzeitig
Planungssicherheit gegeben, damit entsprechende Mel-
depflichten ordnungsgemäß eingehalten werden können.
Die Opposition von SPD und Grünen möchte uns mit
ihren Schaufensteranträgen wieder einmal zeigen, wie
man angeblich richtig Steuerhinterziehung bekämpft.
Aber sie ist der Zeit damit wieder einmal hinterher:
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Zu dem Thema „Gewinnverschiebungen großer inter-
ationaler Konzerne“ hat der Bundestag bereits am
1. März 2013 (Bundestagsdrucksache 17/12827) einen
ntrag beschlossen. Die Initiative hierzu ging von den
oalitionsfraktionen aus. Insbesondere wird darauf ver-
iesen, dass noch im Juni 2013 ein Bericht der OECD
it konkreten Handlungsempfehlungen zu erwarten ist.
ie Umsetzung der Handlungsempfehlungen wird die
undesregierung zusammen mit dem britischen und dem
anzösischen Amtskollegen mit allem Nachdruck vo-
ntreiben. Wir sind also bereits weiter als Ihre bloße
orderung. Dass Sie auch früher wenig Interesse an ei-
er effektiven Bekämpfung der Steuerhinterziehung hat-
n, zeigen die Zahlen: Unter SPD-Finanzminister
teinbrück wurden in vier Jahren ganze sechs Informa-
onsaustauschabkommen abgeschlossen. CDU/CSU und
DP haben in dreieinhalb Jahren bereits 42 unterzeich-
et.
Das FATCA-Abkommen passt sich, wie bereits er-
ähnt, lückenlos und konsequent in die erfolgreiche
trategie unserer Koalition zur Bekämpfung der Steuer-
interziehung ein. Was hat Rot-Grün zwischen 1998 und
005 gemacht? Nichts!
Das Einzige, was in Erinnerung geblieben ist, ist
ichels Steueramnestie. Die Bemessungsgrundlage bei
er Einkommensteuer wurde auf 60 Prozent abgesenkt,
ei der Erbschaftsteuer teilweise auf 20 Prozent. Eichels
teueramnestie, das war das Wesentliche in sieben Jah-
n Rot-Grün.
Dann kam die Große Koalition, und der Kampf gegen
ie Steuerhinterziehung begann, wenn auch zunächst un-
r SPD-Minister Steinbrück zaghafter als heute. Wir ha-
en den Tatbestand der bandenmäßigen Umsatzsteuer-
interziehung eingeführt. Wir haben die Möglichkeit der
elekommunikationsüberwachung auch bei schwerer
teuerhinterziehung eingeführt. Wir haben die Verlänge-
ng der Verjährungsfrist für schwere Steuerhinterzie-
ung verabschiedet – gemeinsam.
Herr Steinbrück war eher für die Abteilung Klamauk
uständig: Kavallerie, dann die armen Indianer und Oua-
adougou. Ich weiß nicht, was die Republik Burkina
aso oder die Ureinwohner Nordamerikas mit Steuerhin-
rziehung zu tun haben sollen. Das war eher die Abtei-
ng Klamauk, während die Sacharbeit von anderen ge-
istet wurde.
2009 kam dann die christlich-liberale Koalition. Wir
aben ohne irgendwelchen Druck von außen den Tatbe-
tand der strafbefreienden Selbstanzeige verschärft. Wir
aben das aus eigener Initiative gemacht.
Wir haben die Teilselbstanzeige abgeschafft. Wir ha-
en den Zeitpunkt der Entdeckung vorverlegt. Wir haben
inen Zuschlag auf Hinterziehungszinsen eingeführt.
Die internationalen Anstrengungen habe ich bereits
rwähnt.
Das heute vorliegende Abkommen mit den USA,
ATCA, ist ein wichtiger Baustein bei der Bekämpfung
er Steuerhinterziehung. Es fügt sich nahtlos in die bis-
erigen internationalen Abkommen und Anstrengungen
32386 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
(A) )
)(B)
ein. Keine Bundesregierung hat auf diesem Gebiet bis-
her so viel geleistet. Wir wollen diesen Weg auch nach
der Bundestagswahl weitergehen!
Lassen Sie mich zum Schluss mit einem Zitat des
deutschen Nationalökonomen Hans Karl Schneider
schließen: „Wer mehr als die Hälfte seines Einkommens
an das Finanzamt abführen muss, ist mehr darauf be-
dacht, Steuern zu sparen, als darauf, Geld zu verdienen.“
Dieser Gedanke weist uns auch daraufhin, dass die
Steuerhinterziehung auch durch die Einführung eines
einfachen und gerechten Steuersystems mit niedrigen
Steuersätzen bekämpft werden kann. Das ist das Ziel
dieser Koalition und meiner Partei CDU. Einkommen-
steuersätze bis zu 75 Prozent, wie das die französischen
Genossen praktizieren, sind der falsche Weg. Damit wird
die Steuerhinterziehung eher befördert. Wir gehen des-
halb unseren Mittelweg weiter. Das bedeutet eine ener-
gische Bekämpfung der Steuerhinterziehung sowie ein
einfaches und gerechtes Steuersystem mit niedrigen
Steuersätzen.
Lothar Binding (Heidelberg) (SPD): Unser Kanzler-
kandidat Peer Steinbrück hat es in der Debatte am 7. Juni
bereits deutlich gesagt: Ohne Steuerbetrug und ohne die
Möglichkeiten legaler, aber nicht legitimer Steuerver-
meidung bzw. Steuergestaltung wären weit mehr öffent-
liche, auch private, Investitionen möglich. Die Steuern
könnten niedriger sein, und die Neuverschuldung könnte
schneller abgebaut werden. Wenn wir uns darin einig
wären, wie wir diesem Missbrauch – zum eigenen Vor-
teil auf Kosten der Allgemeinheit – Herr werden wollen,
brauchten wir darüber keine langen Debatten zu führen.
Dass es Schwachstellen gibt, darin besteht kein Zwei-
fel; sie zu vermeiden, ist die Herausforderung. So wur-
den im Laufe dieser Legislaturperiode viele Entwürfe,
Anträge, Aspekte, Lösungswege, Scheinlösungswege,
Irrwege und Strategien diskutiert, und es wurden verein-
zelt durchaus tragfähige Lösungen gefunden. Schaut
man sich jedoch die Vorschläge und Initiativen der SPD-
Bundestagsfraktion an, ist zu sehen, dass wir erheblich
weiter nach vorne gegangen sind. Unsere Ideen und
Strategien zur Verhinderung von Steuervermeidung und
Steuerhinterziehung, ganz besonders dort, wo sie am
schwersten zu regulieren ist, nämlich bei den grenzüber-
schreitenden Steuergestaltungen, waren mutiger und
konsequenter. Ich erinnere an unsere Debatte zum
Selbstbehalt, zum Trennbankensystem, zur Finanztrans-
aktionsteuer, ich erinnere an das misslungene Steuerab-
kommen mit der Schweiz, aber auch an unanständig
hohe Vergütungen von Fehlleistungen bestimmter Mana-
ger. Immer – ich wüsste keine Ausnahme – hat Schwarz-
Gelb Monate, oft Jahre, gebraucht, sich unseren Vor-
schlägen – und dann oft noch halbherzig – anzuschlie-
ßen. Weil die Vorstellungen der Koalition und erst recht
die gesetzgeberische Umsetzung den gesellschaftlichen
Entwicklungen, auch der Entwicklung der Gauner und
Betrüger, immer ein wenig hinterherhinken, konnten in
der Zwischenzeit häufig zahlreiche Konzerne, Unterneh-
men und Firmen, aber auch Einzelpersonen – darunter
auch eine ganze Reihe von Steuerkriminellen – die vor-
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andenen Schlupflöcher und Regulierungsfehlstellen für
ich erfolgreich nutzen – gegen den Fiskus, gegen die
esellschaft, gegen das Allgemeinwohl. Damit werfe
h nicht zwingend Unfähigkeit vor; mir geht es viel-
ehr um die unterschiedliche Wahrnehmung, um unter-
chiedliche Urteile. Wer zum Beispiel dem Fiskus 1 Mil-
arde Euro in schwerer Zeit hoher Staatsverschuldung
ntzieht und diese Milliarde einer kleinen Gruppe Hotel-
esitzer gibt, statt dieses Geld wenigsten den Kommu-
en zu geben, die damit ein Vielfaches dieser Summe in
ffentliche Investitionen lenken, zeigt damit, welches
enken dieser Politik zugrunde liegt. Damit wird auch
eutlich, warum das Interesse von Schwarz-Gelb so ge-
ng ist, sich wirksam und für die Gauner schmerzhaft
r die staatlichen, die allgemeinen Interessen zu ver-
enden.
Dabei gilt es für uns, immer wieder zu betonen, dass
der Steuerbetrug immer auch das Vertrauen in den
echtsstaat untergräbt und ein solidarisches Zusammen-
ben gefährdet.
Wenn es um Steuergerechtigkeit und das Gegenteil
die Aktivitäten im Zusammenhang mit Steuerhinter-
iehung und Steuervermeidung – geht, dann müssen wir
ur einen Blick in die Tageszeitung werfen, um zu se-
en, wie aktuell das noch ist und wie zwingend rege-
ngsbedürftig. Zum einen kann man in der Zeitung
sen, dass die französische Bankenaufsicht ACP eine
trafzahlung von 10 Millionen Euro gegen die französi-
che Filiale der Schweizer Großbank UBS verhängt hat,
eil sie bei der Kontrolle von möglichem grenzüber-
chreitendem Steuerbetrug zu „lax“ gewesen sei. Dies
etrifft uns erst einmal nicht, sondern das französische
echts- und Finanzsystem, aber es ist ein Zeichen für die
rforderlichkeit einer wirksamen und zuverlässigen
ontrolldichte. Zum anderen können wir dann auch le-
en, dass die Bundeskanzlerin auf dem G-8-Gipfel im
ischen Enniskillen zu mehr Zurückhaltung mahne,
uch um die deutschen Firmen im internationalen Wett-
ewerb und auf ausländischen Märkten nicht durch eine
trengere Regulierung zu benachteiligen. Dies sei ihr
eutlich geworden, nachdem sie sich von Experten und
nternehmen habe beraten lassen. Es werden andere
nternehmen gewesen sein als diejenigen, deren Daten
urch die Organisation von Journalisten ICIJ online ge-
tellt wurden.
Debattieren wir über Steuergerechtigkeit und oft in-
ansparente internationale Finanzströme, ist in dem Zu-
ammenhang auch die hier diskutierte FATCA-Initiative
er USA wichtig. Auf der Grundlage von den USA ein-
eführter Vorschriften des Foreign Account Tax Compli-
nce Acts sollen und wollen sich Deutschland und die
SA in einem Abkommen verpflichten, für Zwecke der
esteuerung von Unternehmen in Deutschland und in
en USA Steuerpflichtigen Daten von Finanzinstituten
u erheben und auszutauschen. Gemeinsames Ziel dabei
t, die umfassende Besteuerung von Steuerpflichtigen
icherzustellen, indem ausländische Finanzintermedi-
re, wie unter anderem Banken, auf Mitwirkungspflich-
n verpflichtet werden, auch bezogen auf solche Aktivi-
ten in Tochter- und Muttergesellschaften außerhalb der
SA. Auf bestimmte Erträge, insbesondere Kapital-
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32387
(A) )
)(B)
erträge, soll eine Quellensteuer in Höhe von 30 Prozent
erhoben werden, wenn das Finanzinstitut die Informatio-
nen über die Konten von in den USA Steuerpflichtigen
nicht zur Verfügung stellt. Damit soll ausgeschlossen
werden, dass durch die Zwischenschaltung ausländi-
scher Finanzinstitute und Finanzdienstleister Steuern
hinterzogen werden können, indem durch die Verwen-
dung ausländischer Konten und Depots Einkommen ver-
steckt und verheimlicht werden.
Im Gegensatz zu dem bedenklichen Abkommen mit
der Schweiz ist dies ein guter Gedanke und ein vielver-
sprechender Ansatz. Positiv daran ist, dass dadurch die
Diskussion über die Bekämpfung von Steuervermeidung
und Steuerhinterziehung aufrechterhalten wird. Diese öf-
fentliche Debatte brauchen wir, um durch die Schaffung
von Transparenz Steuervermeidung und Steuerhinterzie-
hung zu verhindern, wenigstens aber zu erschweren;
denn nach wie vor sind die größten Probleme grenzüber-
schreitende Anonymität und der Mangel an Informatio-
nen. Gott sei Dank sind wir nach jahrelanger Überzeu-
gungsarbeit heute alle so weit, die Einführung eines
automatischen Informationsaustausches zu wollen.
Dem entspricht auch der gemeinsam mit den Kolle-
ginnen und Kollegen von Bündnis 90/Die Grünen ein-
gebrachte Antrag zum Country-by-Country-Reporting,
wonach Unternehmen zur Bekämpfung der aggressiven
Steuerplanung zu einer länderbezogenen Berichterstat-
tung über ihre Gewinne, Verluste und ihre Steuerzahlun-
gen verpflichtet werden sollen. Auf nationaler Ebene
soll eine länderbezogene Berichterstattung für deutsche
große Kapitalgesellschaften vorgeschrieben werden, und
wir wollen uns auf europäischer Ebene dafür einsetzen,
dass die EU zeitnah das Country-by-Country-Reporting
einführt. Wir sind froh, dass solche Gedanken inzwi-
schen von der OECD und sogar der Kommission unter-
stützt und vorangetrieben werden. So gesehen gerät
Schwarz-Gelb trotz aller Zögerlichkeit der Kanzlerin in
Europa in die Zange, zwischen die Opposition im Deut-
schen Bundestag und die Aktivitäten in der EU. Wir
warten darauf, dass sich die Kanzlerin an die Spitze der
Bewegung setzt und alles schon seit Jahren gewollt ha-
ben will, ähnlich wie bei der Atomkraft, der Wehrpflicht
oder der Finanztransaktionsteuer.
Noch besser wäre es, wenn wir auch in Deutschland,
in Europa und global das Problem konsequent angehen
würden. Die Bundesregierung, das ist zum Ende der Le-
gislaturperiode festzustellen, hat in den vier Jahren ihrer
Regierungszeit zögerlich gearbeitet. Deshalb kommt
jetzt am Ende der Legislaturperiode plötzlich ein Vor-
schlag nach dem anderen, was alles zu tun sei – in der
nächsten Legislaturperiode. Und jeder fragt sich, warum
das in den vergangenen vier schwarz-gelben Jahren nicht
schon erledigt wurde. Na, jeder fragt sich das nicht. Wir
wissen ja, warum. Der neoliberale Virus ist noch viru-
lent.
Es zeigt sich jetzt, auch bei dem täglichen Blick in die
Zeitung, dass die bisherigen Bemühungen nicht wirklich
wirksam waren, auch wenn wir Finanzpolitiker im
Finanzausschuss in der jüngsten Zeit mit mehr als
90 Regulierungsvorschlägen befasst waren. Wichtig ist
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ns dabei jedoch nicht die Anzahl, nicht die Quantität,
ondern immer noch die Wirksamkeit, die Qualität unse-
r Arbeit. Und da gibt es hinsichtlich legaler und illega-
r Steuervermeidung und Steuerhinterziehung noch viel
u tun.
Wie man wirksam und effizient gegen eine aggressive
teuerplanung und Steuervermeidung internationaler
onzerne vorgehen kann und auch sollte, lässt sich aus
nseren Forderungen an die Bundesregierung ableiten,
it denen wir sie unter anderem auffordern, die Initiati-
en der G 20 und der OECD, ich denke speziell an die
itiative BEPS, gegen Steueroasen und die Steuerver-
eidung internationaler Konzerne zu unterstützen, sich
ktiv gegen schädlichen Steuerwettbewerb in der Euro-
äischen Union zu engagieren und sich für die konse-
uente Umsetzung des Aktionsplans der Europäischen
ommission zur Verstärkung der Bekämpfung von Steu-
rbetrug und Steuerhinterziehung einzusetzen.
Was wir jetzt brauchen, ist ein umfassender, interna-
onaler und strategischer Ansatz zur Bekämpfung von
teuerkriminalität, um die Interessen der zahlreichen
hrlichen Steuerzahler zu wahren. Dabei ist das Vorge-
en der USA konsequenter. Will man eine vollständige
ransparenz herstellen, dann liegt die Verpflichtung zu
iner Offenlegung der entsprechenden Daten und eine
Strafzahlung“ im Falle der Weigerung sicherlich nahe.
Wir stehen für eine Zusammenarbeit der Staaten bei
er Besteuerung grenzüberschreitender Sachverhalte
nd sind der Ansicht, dass es keine Rechtfertigung dafür
ibt, ausländischen Staaten die hierfür notwendigen Da-
n vorzuenthalten. Dies betrifft nicht nur die Erhöhung
es OECD-Standards für den steuerlichen Auskunftsaus-
usch, auch unter Einbeziehung von Sanktionen gegen
eniger kooperative Staaten.
Wir stimmen dem Antrag deshalb zu, allerdings ver-
unden mit einer deutlichen Skepsis an der Wirksamkeit
er in Art. 6 des Abkommens niedergelegten gegenseiti-
en Verpflichtung zur weiteren Verbesserung und Wirk-
amkeit des Informationsaustausches und der Transpa-
nz. Besonders bedeutsam, aber auch wertvoll, ist dabei
as Wort „gegenseitig“. Diese Gegenseitigkeit ist in die-
em Abkommen im Zusammenhang mit den rechtlichen
egebenheiten noch nicht so verankert, wie es bei einem
bkommen auf Augenhöhe der Fall sein sollte. Wozu
in Mangel an Parität führen kann, haben uns die Ver-
andlungen zum deutsch-schweizerischen Steuerabkom-
en gezeigt, in denen die Schweizer Regierung bemüht
ar, das dortige Bankgeheimnis möglichst weitgehend
u schützen, und in denen wir auf Strafverfolgung und
teueransprüche verzichtet hätten. So stellen wir uns das
icht vor.
Betrachtet man dann aber das Abkommen und seine
inzelnen Bestimmungen, dann sehen wir ganz deutlich
in Ungleichgewicht. Es gibt unzweifelhaft große Unter-
chiede zwischen dem, was wir an Informationen zu
efern verpflichtet wären, und dem, was die USA im
egenzug an Informationen zu liefern bereit und im-
tande wäre. Dafür kann man einen Blick in den Art. 2
es Abkommens werfen und die Informationspflichten
32388 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
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von Deutschland an die USA aufführen und umgekehrt
von den USA an Deutschland.
Was wir an die amerikanischen Finanzbehörden wei-
tergeben würden, wären beispielsweise die Kapitaler-
träge, die Veräußerungserträge und die Kontostände.
Was wir bekommen würden, wären die Zins- und die Di-
videndenerträge. Das ist von dem Ziel eines gleichwerti-
gen Informationsniveaus noch sehr weit entfernt. Da der
Grund im amerikanischen Rechtssystem liegt, weil die
Behörden nur die Daten liefern können, die ihnen nach
ihrem Recht zu erheben und weiterzugeben erlaubt sind,
fragen wir uns natürlich, wie sich ein gleichwertiger In-
formationsaustausch herstellen ließe, wenn die Grenzen
auch dadurch entstehen, dass Informationen nach dem
gegenwärtigen amerikanischen Recht nicht den Melde-
pflichten unterliegen.
Wir wurden durch das Bundesministerium der Finan-
zen darauf hingewiesen, dass man sich in den Verhand-
lungen darauf geeinigt habe, dass ein gleichwertiges In-
formationsniveau hergestellt werden soll. Entsteht aber
das Ungleichgewicht dadurch, dass ein symmetrischer
Informationsaustausch aufgrund der nationalen Geset-
zeslage in den USA momentan nicht möglich ist, dann
fragen wir uns – angesichts des amerikanischen Rechts-
setzungsverfahrens, aber auch der Mehrheitsverhältnisse
im Kongress – nach der Wahrscheinlichkeit einer Ände-
rung und einem möglichen Zeithorizont. Bis dahin wird
ein entsprechendes Maß an Daten weitergegeben, ohne
dafür das Äquivalent zu erhalten, in der Hoffnung, dass
sich dies eines Tages ändert.
Darüber hinaus müssen wir uns, dies mit Blick auf
den Art. 4 Absatz 1 des Abkommens die Frage stellen,
welche Wirkungen es haben kann, wenn die Beurteilung
eines Verhaltens dem Rechtssystem eines anderen Staa-
tes gewissermaßen überlassen wird. Danach wird jedes
meldende deutsche Finanzinstitut so behandelt, als
würde es den § 1471 des Steuergesetzbuches der Verei-
nigten Staaten einhalten. Damit geben wir in gewisser
Weise einem anderen Rechtssystem das Regime über das
Handeln in unserem Rechtssystem.
Hier erkennen wir wieder ein Defizit der deutschen
Regierung, das uns mit Blick auf die Mitgliedsländer der
EU leider bekannt vorkommt. Es fehlt an interkultureller
Kompetenz, an der Verständigung auf ein gemeinsames
Maßsystem, wenigstens hinsichtlich der technischen Pa-
rameter. Die Abstimmung über technische Prozesse er-
laubt gleichwohl kulturelle Vielfalt. Das setzt aber eine
qualifizierte Außenpolitik voraus.
Wir werden dem Entwurf zustimmen, jedoch verbun-
den mit dem Hinweis, dass der darin enthaltenen Asym-
metrie baldmöglichst abgeholfen werden muss und sie
kein Dauerzustand werden soll – gerade im Interesse der
deutschen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. Dann erst
handelt es sich um eine Regelung auf Augenhöhe zwi-
schen gleichberechtigten Vertragspartnern.
Wenn auch Sie sich dazu durchringen könnten, unse-
ren Anträgen und dem gemeinsam mit den Grünen ein-
gebrachten CbC-Reporting-Antrag zuzustimmen, könn-
ten wir eine neue Stufe der internationalen Steuerpolitik
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rreichen. Ich bin gespannt, ob Sie das parteipolitische
alkül dem Wohl unserer Gesellschaft unterordnen.
Holger Krestel (FDP): Mit dem vorliegenden Ge-
etzentwurf zum Abkommen mit den Vereinigten Staa-
n von Amerika tut sich nicht nur ein hervorragendes
erkzeug zur Bekämpfung und Aufdeckung von Steuer-
interziehung auf. Der Foreign Account Tax Com-
liance Act, FATCA, ermöglicht durch seinen automati-
chen Datenaustausch mit den US-amerikanischen
teuerbehörden auch, Steuervermeidungsstrategien und
ewinnverlagerung von international tätigen Unterneh-
en aufzudecken.
Großunternehmen und Mittelständler bilden mit ihren
tandorten und den damit verbundenen Abführungen an
ie öffentliche Hand das Rückgrat in der Finanzierung
er deutschen Kommunen. Wenn aber Konzerne wie
pple, Google und Ikea von unserer Infrastruktur und
tabilen Wirtschaftslage profitieren und auf dem deut-
chen Markt erfolgreich sind, dann müssen sie hier auch
ie jeder andere Akteur ihren Anteil dazu leisten, damit
eutschland auch weiterhin so ein attraktiver Wirt-
chaftsstandort sein kann.
Es darf nicht sein, dass sämtliche Gewinne als Li-
enzgebühren veranschlagt und zu einer Holdinggesell-
chaft auf den Bermudainseln verlagert werden und sie
ich so aus der Verantwortung ziehen, während der Rest
ahlt. Dafür kämpft die christlich-liberale Koalition er-
lgreich seit ihrem Antritt, und der vorliegende Entwurf
t dabei ein weiterer Schritt in die richtige Richtung.
Die rot-grüne Initiative zur Einführung des Country-
y-Country-Reporting ist hierbei jedoch wenig hilfreich.
ie greifen mit Ihrem Antrag die Grundsätze des Steuer-
eheimnisses an, ohne dass das einen praktischen Nut-
en hätte. Die zuständigen Finanzämter müssen selbst-
erständlich bereits mit sämtlichen relevanten Zahlen
ersorgt werden. Was dabei dann übrig bleibt, ist das,
as Sie wirklich damit bezwecken: einen öffentlichen
teuerpranger. Ich muss Sie aber enttäuschen: Das Mit-
lalter ist in Deutschland schon lange vorbei.
Wir können im Kampf gegen Steuerhinterziehung
nd -vermeidung nur erfolgreich sein, wenn wir interna-
onal an einem Strang ziehen. Diesen Weg hat die
hristlich-liberale Koalition erfolgreicher als jede Regie-
ng vor ihr beschritten und zahlreiche internationale
orstöße initiiert und Abkommen besiegelt.
Es sind große diplomatische Erfolge, dass Länder wie
uxemburg und Österreich ihre Bankgeheimnisse be-
its aufgegeben haben – und das ganz ohne Kavallerie!
as mit der Schweiz ausgehandelte Doppelbesteue-
ngsabkommen hätte ebenso eine Erfolgsgeschichte
erden können, bis es von der Opposition unter faden-
cheinigen Argumenten blockiert wurde. Erstmals in der
eschichte wären damit sämtliche in die Eidgenossen-
chaft verbrachte deutsche Vermögen auch unter deut-
ches Steuerrecht gefallen. Das hätte eine sofortige rück-
irkende Zahlung von rund 10 Milliarden Euro an den
eutschen Fiskus zur Folge gehabt. Das hätten 125 Euro
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32389
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pro Bürger sein können – egal ob Steuerzahler oder
nicht.
Das soll Herr Steinbrück mal dem Durchschnittswäh-
ler erklären; denn nachverhandeln wird die Schweiz
nicht. Letzte Woche hat der Schweizer Nationalrat das
Abkommen mit den USA, welches die Opposition stets
als Vorbild angeführt hat, nämlich abgelehnt.
Neben internationaler Kooperation bleibt das beste
Mittel gegen Steuerhinterziehung und -vermeidung aber
immer noch ein einfaches und faires Steuersystem, das
den Bürgern und Unternehmen genug Raum zum Wirt-
schaften lässt und nicht erdrückt, bevor sie produktiv
werden können. Die Wahlprogramme der drei Opposi-
tionsparteien kann man daher getrost als Aufforderung
an alle Leistungsträger zum Verlassen Deutschlands an-
sehen. Das geht so lange, bis Sie merken, dass keiner
mehr da ist, um die Party zu bezahlen. Da wir hier in
Berlin sind, kann man Ihre Ziele auch als die „Wowerei-
tisierung des bundesdeutschen Finanzwesens“ bezeich-
nen.
Zum Glück wird es aber nicht so weit kommen; denn
die Koalition wird ihre erfolgreiche Steuerpolitik auch in
der nächsten Legislaturperiode so fortsetzen.
Dr. Barbara Höll (DIE LINKE): Das heutige Thema
ist die Bekämpfung von Steuerflucht sowie aggressiver
Steuergestaltung. Hierzu liegen uns zahlreiche Initiati-
ven vor. Zum einen der Gesetzentwurf der Bundesregie-
rung zum Abkommen vom 31. Mai 2013 zwischen der
Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staa-
ten von Amerika, kurz FATCA, zum anderen Anträge
der SPD und Grünen sowie ein Gesetzentwurf des Bun-
desrates zur Verbesserung der Bekämpfung von Steuer-
straftaten.
Im Mittelpunkt der Debatte steht der Gesetzentwurf
der Bundesregierung – das Abkommen zwischen den
USA und Deutschland. Ausgangspunkt des Abkommens
ist das im März 2010 erlassene FATCA-Gesetz. Mit
FATCA wollen die USA zur Bekämpfung der Steuerhin-
terziehung Finanzinstitute in die Pflicht nehmen. Insti-
tute, die nicht bereit sind, ausländische Konten von US-
Steuerpflichtigen zu identifizieren und Kontodaten zu
übermitteln, müssten den FATCA-Quellensteuerabzug in
Höhe von 30 Prozent auf Erträge und bestimmte Zahlun-
gen aus den USA hinnehmen. FATCA sieht eigentlich
eine direkte Verpflichtung der Finanzinstitute auf Infor-
mationsweitergabe vor. Für die Fraktion Die Linke ist
FATCA die Initiative, die die meiste Wirkung bei der
Bekämpfung der internationalen Steuerhinterziehung
und Verschleierung verspricht. Wir haben uns daher in
unserem Antrag „Steueroasen trockenlegen – offshore und
hierzulande“ vom 17. April 2013 (Drucksache 17/13129)
auch positiv darauf bezogen. Allerdings beruhte diese
Einschätzung vor allem auf der eigentlich in FATCA
vorgesehenen Neuerung, wonach steuerrelevante Infor-
mationen künftig direkt bei denen eingeholt werden sol-
len, die über diese definitiv verfügen. Das sind Banken,
sonstige Finanzinstitute und Finanzdienstleister. Sofern
diese nicht mitmachen, droht ihnen eine Quellensteuer in
Höhe von 30 Prozent auf aus den USA abfließende Zah-
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ngen. Durch die mit jetzigen Abkommen vorgenom-
ene zwischenstaatliche Umsetzung legt die Bundesre-
ierung quasi ihre schützende Hand über die deutschen
inanzinstitute, um diese vor der drastischen Quellen-
teuer zu schützen. Bezeichnenderweise sehen die dem
IFM-Steueranpassungsgesetz angefügten FATCA-Be-
leitregelungen vor, dass vorsätzliche oder leichtfer-
ge Verstöße gegen die Informationspflichten lediglich
ls Ordnungswidrigkeit mit einem Bußgeld bis zu
000 Euro behandelt werden. Die zwischenstaatliche
msetzung von FATCA stellt damit eine Verwässerung
es ursprünglichen Ansatzes der USA dar. Mit dem vor-
egenden Abkommen hat die Bundesregierung eine
hance vertan, die Beschaffung von steuerrelevanten In-
rmationen auf eine effektivere Grundlage zu stellen.
ie USA verfolgen hier den klaren Anspruch einer sank-
onsbewehrten Informationspflicht von Finanzinstituten
it dem Ziel einer lückenlosen Aufdeckung von Trans-
ktionen ihrer Steuerpflichtigen. Dies erfolgt insbeson-
ere im Hinblick auf grenzüberschreitende Verschleie-
ngsaktivitäten, zum Beispiel durch Verschachtelungen
nd Zwischenschaltungen. Die Bundesregierung bleibt
agegen ihrem Ansatz verhaftet, die Reste des deutschen
ankgeheimnisses zu wahren. Kapitalerträge sollen
ach wie vor anonymisiert über die Abgeltungsteuer mit
en Banken als Steuervollzieher erfasst werden. Dabei
isten Banken aktiv Unterstützung zu Steuerhinterzie-
ung und -vermeidung, wie es zum Beispiel die aktuel-
n Aufdeckungen zu Ex-/Cum-Trades, Dividendenstrip-
ing, zeigen.
Das Abkommen stellt insgesamt eine Verbesserung
ar, angesichts der erwähnten Mängel allerdings eine un-
ureichende. Wir enthalten uns daher.
Kurz zu den anderen Vorschlägen von SPD, Grünen
nd Bundesrat: Dem gemeinsamen Antrag von Grünen
nd SPD zur Einführung von Country-by-Country-Re-
orting in Deutschland stimmen wir zu. Die Einführung
er länderbezogenen Berichterstattung für große Kapi-
lgesellschaften ist zu begrüßen; denn mehr Transpa-
nz, die Offenlegung von Steuerzahlungen, Gewinnen,
msätzen, Beschäftigten und Kapitalbeständen ist ein
austein für die Steuervermeidung.
Bei den beiden anderen Anträgen der SPD, Drucksa-
hen 17/12819 sowie 17/13716, werden wir uns enthal-
n. Die Anträge enthalten wenig Konkretes und nichts
eues. Bei den wenigen konkreten Forderungen, wie
um Beispiel die Fristenangleichung für die Festsetzung
interzogener Steuern auf zehn Jahre, stimmen wir zu;
ies fordern wir selbst in unserem viel weitergehenden
ntrag „Steueroasen trockenlegen – offshore und hier-
ulande“ (Drucksache 17/13129). Kritisch sehen wir die
usführungen der SPD zum internationalen Steuerwett-
ewerb; die SPD weist lediglich auf den sogenannten
chädlichen Steuerwettbewerb hin. Unserer Meinung ist
teuerwettbewerb jedoch generell schädlich; denn er un-
rhöhlt die finanzielle Handlungsfähigkeit des Staates.
Ebenso werden wir uns bei dem Gesetzentwurf des
undesrates (Drucksache 17/13664), enthalten. Dem
nliegen ist zwar grundsätzlich zuzustimmen, die kon-
ret vorgeschlagenen Maßnahmen erachten wir jedoch
32390 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
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)(B)
als zu pauschal. Und eine verschärfte Kriminalisierung
von Bagatelldelikten ist ebenfalls nicht in unserem
Sinne. Wir befürworten daher die Ausweitung der kon-
kretisierten Regelbeispiele für besonders schwere Steu-
erhinterziehung in § 370 Abs. 3 Abgabenordnung. Auf
diese Weise würde für mehr Steuerhinterziehungsfälle
die verlängerte Verjährungsfrist von zehn Jahren gelten.
Insgesamt zeigt sich: Die Bundesregierung tut viel zu
wenig bei der Bekämpfung von Steuerbetrug und ag-
gressiver Steuergestaltung.
Dr. Thomas Gambke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN): Mit dem Abkommen zwischen den USA und
Deutschland zur Umsetzung des Foreign Account Tax
Compliance Act, kurz FATCA genannt, wird ein Meilen-
stein gesetzt auf dem Weg zu mehr Transparenz und Of-
fenheit im Finanzwesen. Wir Grünen begrüßen das aus-
drücklich und werden dem Gesetzentwurf zustimmen.
Mit diesem Gesetzentwurf werden Finanzdaten, die
bisher nicht sichtbar waren, automatisch von den Ban-
ken an die Finanzbehörden weitergeleitet. Das ist ein
entscheidender Schritt, um Steuerflucht effektiv zu be-
kämpfen. Wir Grünen haben uns stets auch im Zusam-
menhang mit Doppelbesteuerungsabkommen und Infor-
mationsaustauschabkommen sowie im Prozess um die
erweiterte EU-Zinsrichtlinie für den automatischen In-
formationsaustausch eingesetzt.
Machen wir uns nichts vor: Dieser Gesetzentwurf ist
nicht vom Himmel gefallen, er ist auch mehr der US-
amerikanischen Initiative geschuldet als dem Drängen
der Bundesregierung. Wir nehmen erfreut die Wandlung
des Herrn Finanzministers Schäuble vom Saulus zum
Paulus zur Kenntnis. Hat die Bundesregierung bis zum
Dezember mit dem Schweizer Steuerabkommen ver-
sucht, eine intransparente Abgeltungslösung durchzu-
setzen – diese hätte möglicherweise auf Jahre einen
Fortschritt beim automatischen Informationsaustausch
gebremst –, so ist mit dem FATCA-Abkommen das Eis
gebrochen. Auch Luxemburg und Österreich haben nun
angekündigt, sich nicht länger einem automatischen In-
formationsaustausch zu widersetzen. Damit kann die
EU-Zinsrichtlinie endlich erweitert und umgesetzt wer-
den.
Kommen wir zurück zu FATCA: Der Datenaustausch
zwischen den USA und Deutschland wird ziemlich
asymmetrisch gestaltet; das heißt, wir liefern den USA
sehr viel mehr Daten als sie uns. Dies liegt daran, dass
den USA viele Daten nicht vorliegen. Die USA haben
sich in dem Abkommen mit Deutschland verpflichtet,
ihre nationalen Gesetze entsprechend zu verbessern.
Eine konkrete Gesetzgebung ist teilweise bereits in den
Kongress eingespeist. Wir erkennen aber auch, dass die
Republikaner im Senat eine Verabschiedung dieser Ge-
setze verhindern können. Hier gibt es einige Senatoren,
die die Wettbewerbsfähigkeit der USA als Steueroase
nicht aufgeben wollen. Es ist nun einmal so: Der Staat
Delaware ist die älteste Steueroase in der globalen Welt.
Daher könnte der Handlungsspielraum des US-Finanz-
ministeriums zur Kooperation mit anderen Ländern für
einen gemeinsamen Kampf gegen Steuerflucht einge-
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chränkt sein. Viele Informationen über die US-Steuer-
ase Delaware werden wir auch über das FATCA-Ab-
ommen aktuell nicht erhalten. Einige Banken in Florida
nd Texas profitieren zudem von Investitionen von la-
inamerikanischen Staatsbürgern. Die USA ist das
ichtigste und größte Offshorecenter für Bürger aus La-
inamerika. Wie die innerstaatliche Auseinandersetzung
den USA bei dem Thema ausgeht, ist aktuell noch of-
n. Um so wichtiger ist eine europäische Einigkeit bei
er Frage des automatischen Informationsaustausches.
enn die Europäer ihre gesamte Wirtschaftsmacht bün-
eln und mit einer Sprache sprechen, können sie Druck
uf die USA ausüben, weitere Schritte für Transparenz
u unternehmen.
Wichtig im weiteren Prozess wird sein, dass die In-
rmationspflichten nach FATCA und die Informa-
onspflichten nach der erweiterten EU-Zinsrichtlinie so
armonisiert werden, dass den Instituten die Informa-
onsweitergabe mit dem gleichen systemischen Ansatz
rmöglicht wird.
Das vorliegende Abkommen zeigt auch, wie wichtig
ie Forderung der Grünen nach Abschaffung der deut-
chen Abgeltungsteuer ist, um auch jenseits des FATCA-
ustausches mit den USA wichtige Daten an alle ande-
n Ländern liefern zu können. Aktuell sammeln deut-
che Finanzämter nicht die Informationen von Banken,
tiftungen oder Trusts, die ein effektiver automatischer
formationsaustausch verlangen würde. Ich will es an
ieser Stelle nochmals deutlich machen: Der Gang in die
bgeltungsteuer war ein Gang in die Intransparenz.
uch beim Schweizer Steuerabkommen plante die Bun-
esregierung, durch eine anonyme Abgeltungsteuer auf
formationen über individuelle Steuerpflichtige zu ver-
ichten. Die Finanzämter sind so auf die Steuerehrlich-
eit des Einzelnen angewiesen – und die ist ja auch bei
ersonen hoher Reputation nicht immer anzutreffen, wie
rominente Beispiele gezeigt haben. Ich bin froh, dass
as Schweizer Steuerabkommen von Rot-Grün gestoppt
erden konnte und sich damit nicht die anonyme Abgel-
ngsteuer, sondern der automatische Informationsaus-
usch als internationaler Standard durchsetzen wird.
Der automatische Informationsaustausch und damit
ATCA beziehen sich auf die Bankdaten des individuell
teuerpflichtigen. Wichtig ist es aber auch, bei global
gierenden Unternehmen zu mehr Steuergerechtigkeit zu
ommen. Hier geht es nicht um Steuerhinterziehung,
ondern um – im Prinzip legale – aggressive Steuerge-
taltung. Dieser kommt man aber nur auf die Spur, wenn
nternehmen zu mehr Transparenz bezüglich ihrer Steu-
rgestaltung gezwungen werden.
Mit dem gemeinsamen Antrag mit der SPD haben wir
och einmal eine zentrale Maßnahme für mehr Transpa-
nz – die länderbezogenen Offenlegungspflichten von
nternehmen, das sogenannte Country-by-Country-Re-
orting – hervorgehoben. Diese Transparenz ist der erste
chritt, um Steuergestaltung von multinationalen Unter-
ehmen wirkungsvoll zu verhindern. Dabei ist entschei-
end, dass die Offenlegung nicht nur vor der Finanzver-
altung erfolgt, sondern vor der Öffentlichkeit. Wir
ollen Unternehmen verpflichten, ihre Umsätze, Ge-
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32391
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)(B)
winne und Steuerzahlungen sowie weitere wichtige
Kennzahlen nach Ländern aufgeschlüsselt offenzulegen.
Dies sorgt für Transparenz darüber, welche Unterneh-
men sich durch Gewinnverlagerungen einen Wettbe-
werbsvorteil verschaffen gegenüber kleinen und mitt-
leren Unternehmen, die standortgebunden sind und
Gewinne nicht verschieben können. So würde transpa-
rent werden, wenn die Umsätze in Europa erwirtschaftet
werden, die Gewinne aber in Steueroasen anfallen und
auch dort gebunkert werden. Parallel zum politischen
Einsatz für eine verbindliche EU-Regelung wollen wir
diese Offenlegungspflichten auch in einem ersten Schritt
national umsetzen.
Ein letztes Wort noch zum Gesetzentwurf des Bun-
desrates: Wir unterstützen das Ziel einer vollständigen
Parallelität zwischen der Steuerfestsetzungsverjährung
und der steuerstrafrechtlichen Verfolgungsverjährung.
Aktuell besteht in nicht besonders schweren Fällen eine
Diskrepanz zwischen der Steuerfestsetzungsverjährung
von zehn und der Strafverfolgungsverjährung von fünf
Jahren. Durch die vorgeschlagene Gesetzesänderung
würde die Verjährungsfrist für die Strafverfolgung in al-
len Fällen zehn Jahre betragen.
Lassen Sie es mich zum Abschluss nochmals beto-
nen: Mit dem FATCA-Abkommen wird ein entscheiden-
der Schritt zu mehr Offenheit und Steuerehrlichkeit ge-
macht. Aber es müssen weitere Schritte folgen. Und da
blockiert diese Bundesregierung. Ob länderbezogene
Offenlegungspflichten oder Verhinderung von Steuerge-
staltung bei der Ausnutzung der Schlupflöcher der vor-
handenen Doppelbesteuerungsabkommen: Diese Bun-
desregierung offenbart immer wieder ein viel zu offenes
Ohr für die Vorstellungen der internationalen Konzerne,
anstatt Rücksicht zu nehmen auf diejenigen, die den
wirtschaftlichen Erfolg in Deutschland ausmachen: den
Mittelstand. Das wollen wir Grünen ändern.
Dr. Nils Schmid, Minister (Baden-Württemberg):
Schätzungen zufolge entgehen dem Staat jährlich 50 bis
100 Milliarden Euro durch Steuerhinterziehung. Dieser
Betrug am Gemeinwesen ist zugleich ein Schlag ins Ge-
sicht für alle ehrlichen Steuerzahler in diesem Land.
Deshalb muss eines unmissverständlich gelten: Dieje-
nigen, die das Gemeinwesen stützen und finanzieren,
verdienen Schutz: Der ehrliche Steuerzahler darf nicht
der Dumme sein.
Dafür muss Steuerhinterziehung wirksam bekämpft
und konsequent sanktioniert werden. Das erfordert auch
eine Angleichung der Fristen, innerhalb derer die straf-
rechtliche Verfolgung von Steuerhinterziehung und die
Festsetzung der verkürzten Steuern möglich sind.
Bislang können nur die besonders schweren Fälle ei-
ner Steuerhinterziehung über einen Zeitraum von zehn
Jahren strafrechtlich geahndet werden. Ansonsten tritt
die Strafverfolgungsverjährung derzeit bereits fünf Jahre
nach der Tat ein.
Anders die steuerrechtlichen Vorschriften. Mit Strafe
rechnen muss ein Steuerhinterzieher in der Regel zwar
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ur fünf Jahre lang, die hinterzogenen Steuern muss er
ber in jedem Fall für die letzten zehn Jahre nachzahlen.
Dieses Auseinanderfallen der steuerlichen und der
trafrechtlichen Verjährung ist unverständlich, unbefrie-
igend und ungerecht, und zwar gleich aus mehreren
ründen: Zum einen weisen gerade die Hinterziehungs-
lle mit Auslandsbezug einen erheblichen Unwertgehalt
uf. Wer Kapitalerträge hinterzieht, sollte deshalb auch
ehn Jahre strafrechtlich dafür belangt werden können.
um anderen widerspricht das Auseinanderfallen der
erjährungsfristen diametral dem Ziel des Schwarzgeld-
ekämpfungsgesetzes aus dem Jahr 2011: Straffrei soll
er ausgehen, der „reinen Tisch macht“.
Das Auseinanderfallen führt aber dazu, dass auch der
interzieher durch eine Selbstanzeige straffrei ausgeht,
er die Vergangenheit nicht vollständig bereinigt. Denn
ine Selbstanzeige muss sich nur auf die strafrechtlich
nverjährten Zeiträume erstrecken, um wirksam zu sein,
lso bei einfacher Steuerhinterziehung derzeit auf fünf
ahre.
Die Festsetzung der hinterzogenen Steuern für frühere
ahre wird so aber stark erschwert. Denn die Besteue-
ngsgrundlagen für diese Jahre müssen vom Steuer-
flichtigen nicht mitgeteilt und deshalb vom Finanzamt
eschätzt werden.
All dies zeigt: Eine Verlängerung der Frist für die
trafrechtliche Verfolgung von allen Fällen einer Steuer-
interziehung auf zehn Jahre ist unbedingt erforderlich.
Dagegen werden allerlei Bedenken vorgebracht.
Doch es bedarf an dieser Stelle der grundsätzlichen
ntscheidung: Wollen wir den ehrlichen Steuerzahler
irksam vor dem Steuerbetrug schützen, und wie effek-
v soll dieser Schutz sein?
Und die Antwort kann nur lauten: Ja, mit allen Mit-
ln, die uns der Rechtsstaat in die Hand gibt. Denn un-
er Gemeinwesen funktioniert nur, wenn sich alle Steu-
rpflichtigen an seiner Finanzierung beteiligen.
Eine Ausweitung der Strafverfolgung ist deshalb eine
ntscheidende Frage der Gerechtigkeit.
nlage 29
Zu Protokoll gegebene Reden
zur Beratung der Entwürfe: Gesetz zur Ände-
rung des Handelsgesetzbuchs (Tagesordnungs-
punkt 28)
Dr. Stephan Harbarth (CDU/CSU): Wir verabschie-
en heute den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des
andelsgesetzbuchs. Mit diesem Gesetzentwurf wollen
ir das Ordnungsgeldverfahren bei Verstößen gegen die
andelsregisterrechtlichen Offenlegungspflichten klei-
er und kleinster Kapitalgesellschaften an die Realitäten
ieser Unternehmenswelt anpassen. Wir wollen mit die-
em Gesetz entbürokratisieren und die Verfahrensab-
ufe bei der Offenlegung von Rechnungslegungsunter-
gen erleichtern.
32392 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
(A) )
)(B)
Nach fünf Jahren Geltung des EHUG hat der Deut-
sche Bundestag in seiner Entschließung vom 29. No-
vember 2012 (Drucksache 17/11702) festgestellt, dass
etwaiger Änderungsbedarf an dem seit 2006 geltenden
Ordnungsgeldverfahren zu prüfen war. Der jetzige Ge-
setzentwurf ist das Ergebnis der Entschließung des Bun-
destages. Damit soll dem rechtspolitischen Änderungs-
bedarf Rechnung getragen werden.
Im Wesentlichen greift der Entwurf drei Anliegen auf:
Erstens sollen die Mindestordnungsgelder für Kleinst-
kapitalgesellschaften und kleine Kapitalgesellschaften
deutlich gesenkt werden, wenn diese Unternehmen am
Verfahren der Offenlegung ihrer Rechnungsunterlagen
mitwirken. Die Senkung der Mindestordnungsgelder für
Unternehmen, die am Verfahren der Offenlegung in
Form der elektronischen Hinterlegung ihrer Bilanz beim
Bundesanzeiger mitwirken, soll für den Rechtsverkehr
Transparenz schaffen und gleichzeitig für die Unterneh-
men einen Offenlegungsanreiz darstellen. Nach derzeit
geltendem Recht beträgt das Mindestordnungsgeld un-
abhängig von der Unternehmensgröße stets 2 500 Euro.
Nach dem Koalitionsentwurf soll das Mindestordnungs-
geld für Kleinstkapitalgesellschaften auf 500 Euro ge-
senkt werden.
Zweitens werden Fragen zum Verschulden und der
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand geregelt. Damit
können unbillige Härten durch knappe Fristen aufgefan-
gen werden. Das Instrument der Wiedereinsetzung
würde dem Bundesamt die Möglichkeit geben, den Be-
sonderheiten des Einzelfalles besser als bisher gerecht zu
werden.
So kann künftig ein Ordnungsgeld festgesetzt werden,
wenn das Unternehmen tatsächlich ein Verschulden
trifft. Um unbillige Härten zu vermeiden, kann zum Bei-
spiel der Alleingeschäftsführer, der an der Offenlegung
durch eine längere Erkrankung gehindert war, innerhalb
von zwei Wochen nach Wegfall dieses Hindernisses
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragen.
Drittens soll ein gerichtliches Verfahren geschaffen
werden, um eine einheitliche Rechtsprechung in Ord-
nungsgeldverfahren zu erreichen. Zwar sieht das Gesetz
schon jetzt vor, dass nur das für den Sitz des Bundesam-
tes für Justiz zuständige Landgericht Bonn über Be-
schwerden gegen Ordnungsgeldentscheidungen des
Bundesamtes zu entscheiden hat. Die große Zahl der
Verfahren und die Befassung mehrerer Kammern des
Landgerichts haben in den vergangenen Jahren jedoch in
wichtigen Einzelfragen zu einer uneinheitlichen Recht-
sprechung geführt.
Ziel ist es, ein Verfahren zu schaffen, durch das bei-
spielsweise bei einer Divergenz zwischen einzelnen
Kammern im Interesse der Rechtssicherheit eine einheit-
liche Rechtsprechung erreicht wird.
Mit dem Koalitionsentwurf haben wir einen ausge-
wogenen Kompromiss zwischen den widerstreitenden
Interessen der Erleichterung für Unternehmen im Ord-
nungsgeldverfahren sowie der bewährten Publizitätser-
fordernisse gefunden.
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Mit diesem Gesetzentwurf werden wir unbillige Här-
n im Ordnungsgeldverfahren des elektronischen Han-
els- und Unternehmensregisters künftig vermeiden und
leine Kapitalgesellschaften sowie Kleinstkapitalgesell-
chaften insgesamt stärken.
Es freut mich sehr, dass die Änderungen zur Vereinfa-
hung im Bereich der kleinen Unternehmen führen wer-
en. Ich bin davon überzeugt, dass dies ein richtiger und
ichtiger Schritt ist.
Ingo Egloff (SPD): Alle Kapitalgesellschaften und
ersonenhandelsgesellschaften ohne haftende natürliche
erson wie die GmbH und Co. KG müssen ihren kauf-
ännischen Jahresabschluss im elektronischen Bundes-
nzeiger offenlegen oder mindestens dort hinterlegen.
0 Prozent der Unternehmen kommen diesen Pflichten
ibungslos nach. In den letzten Jahren gab es öfter Ver-
russ, wenn kleine Unternehmen gegen diese Pflicht
erstoßen haben. Das Bundesamt für Justiz musste dann
ach § 335 HGB ein Ordnungsgeldverfahren durchfüh-
n. Das Ordnungsgeld beträgt mindestens 2 500 Euro
nd höchstens 25 000 Euro.
Bereits bei den Beratungen zum MicroBilG hatte der
undesrat geringere Bußgeldhöhen bei sogenannten
henden Gesellschaften gefordert. Die Grünen haben in
inem Antrag mehr Ermessen des Bundesamtes der
ustiz und generell geringere Bußgeldhöhen – 250 statt
500 Euro – gefordert. Schließlich wurde das
icroBilG aber ohne derartige Änderungen verabschie-
et. Die Koalitionsfraktionen haben jedoch die Regie-
ng in einem Entschließungsantrag aufgefordert, einen
esetzentwurf mit Erleichterungen hinsichtlich Ord-
ungsgeldhöhe und Verfahren sowie mit Regelungen,
ie eine einheitliche Rechtsprechung ermöglichen, bis
ärz 2013 vorzulegen.
Der Gesetzentwurf setzt diesen Antrag nur halbherzig
m. Vor allem soll es bei dem Mindestbußgeld in Höhe
on 2 500 Euro bleiben. Es soll auch weiterhin möglich
ein, dass nachträglich – also nach Erfüllung der gesetz-
chen Pflicht – angedrohte Ordnungsgelder auch festge-
etzt werden. Dies hat in der Vergangenheit verständli-
herweise zu Akzeptanzproblemen geführt.
In der Anhörung haben mehrere Sachverständige, un-
r anderem die Vertreterin von Bundessteuerberater-
ammer, DGRV, DIHK und ZDH wie auch der Vertreter
er Wirtschaftsprüferkammer und der IHK Stuttgart, für
in niedrigeres Mindestordnungsgeld plädiert. Es wurde
der Anhörung festgestellt, dass das Bundesamt für
ustiz ein bisher durch Verweisung im Gesetz vorgesehe-
es Ermessen zur Herabsetzung der Ordnungsgelder
icht erkannt hatte.
Insgesamt ist das Verfahren überzogen und soll es
leiben. Wir hatten mit unserem Änderungsantrag im
echtsausschuss vorgeschlagen, das Mindestordnungs-
eld von 2 500 Euro auf 500 Euro herabzusetzen, dem
inspruch eine aufschiebende Wirkung zu verleihen und
der Folge eine ausdrückliche Ermessensregel vorzuse-
en. Dazu verlangen wir, keine Ordnungsgelder mehr
stzusetzen, wenn die Offenlegung erfolgt ist, und bes-
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32393
(A) )
)(B)
sere Möglichkeiten der Wiedereinsetzung in den vorigen
Stand zu schaffen.
Die nachträgliche Herabsetzung des Ordnungsgeldes
stellt eine unnötige Verkomplizierung des Verfahrens
dar, die bisher nur deshalb geboten war, weil die Ord-
nungsgelder unangemessen hoch angedroht wurden. Sie
könnte entfallen, wenn unseren Forderungen gefolgt
würde. Wir fordern außerdem, die Rechtsbeschwerde
ohne Zulassung möglich zu machen.
Wir haben feststellen müssen, dass beim Bundesamt
für Justiz eine „Flucht aus dem Ermessen“ stattgefunden
hat. Wir fordern das Bundesministerium für Justiz des-
halb auf, dafür zu sorgen, dass das Bundesamt für Justiz
bei der Vollstreckung von Altfällen das in der Bundes-
haushaltsordnung eingeräumte Ermessen auch tatsäch-
lich ausübt. Sollte das Personal nicht ausreichen, wie der
Vertreter des Bundesamtes für Justiz in der Anhörung
ausführte, um hier Ermessensentscheidungen zu treffen,
ist die Bundesregierung gefordert. Jedenfalls kann das
Bundesamt die vom Gesetzgeber in § 379 FamFG vorge-
sehene Ermessensregel nicht eigenmächtig außer Kraft
setzen.
Marco Buschmann (FDP): Wir legen Ihnen heute
in zweiter und dritter Lesung den Gesetzentwurf der
Koalitionsfraktionen zur Reform des Ordnungsgeldver-
fahrens des elektronischen Handels- und Unternehmens-
registers vor.
Seit dem Jahr 2007 kommt dem Bundesamt für Justiz
die Aufgabe zu, Unternehmen zu ihrer Verpflichtung zur
Offenlegung des Jahresabschlusses mittels Ordnungs-
geldverfahren anzuhalten. Die Sanktionierung der Of-
fenlegungspflicht über das Ordnungsgeldverfahren hat
sich im Grundsatz bewährt. Die Offenlegungsquote liegt
bei über 90 Prozent.
Zu Problemen kommt es aber immer wieder bei klei-
nen und Kleinstkapitalgesellschaften, weil hier vielleicht
nur der Geschäftsführer alleine tätig ist, weil er erkrankt
oder das Verfahren schlicht ohne böse Absicht übersieht.
Mit dem hier vorliegenden Gesetzentwurf passen wir
nun das Ordnungsgeldverfahren bei Verstößen gegen die
handelsregisterrechtlichen Offenlegungspflichten im In-
teresse dieser kleinen und kleinsten Kapitalgesellschaf-
ten an. Damit wollen wir der Lebenswirklichkeit des
Mittelstandes in unserem Land entgegenkommen, ohne
aber die Offenlegungsquote zu gefährden. Dies ist also
ein weiterer Schritt der Rechtspolitik – wie zuletzt beim
MicroBilG – zur Entlastung unseres Mittelstandes von
Bürokratie.
Dieses Ziel erreichen wir im Kern mit drei Maßnah-
men des vorliegenden Gesetzentwurfes:
Wir senken im Ergebnis die Ordnungsgelder ab. Für
kleine Kapitalgesellschaften kann künftig ein Betrag von
1 000 Euro und für Kleinstkapitalgesellschaften sogar
nur von 500 Euro statt bislang 2 500 Euro festgesetzt
werden. Voraussetzung ist allerdings ein Mindestmaß an
Mitwirkung im Verfahren. Diese ermäßigten Ordnungs-
gelder sind hoch genug, um gerade bei kleineren Gesell-
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chaften genügend Motivation zur Pflichterfüllung zu
ntfalten.
Wir führen zudem die Wiedereinsetzung in den vori-
en Stand ein. Das ist insbesondere in Fällen äußerst
raxisrelevant, in denen der Alleingeschäftsführer für
ngere Zeit erkrankt oder einen schweren Unfall hatte.
m unbillige Härten zu vermeiden, kann er künftig in-
erhalb von zwei Wochen nach seiner Genesung Wie-
ereinsetzung in den vorigen Stand beantragen, um einer
anktionierung zu entgehen.
Einen entscheidenden Beitrag zu mehr Rechtssicher-
eit leistet der Gesetzentwurf mit der Einführung eines
euen Verfahrens zur Vereinheitlichung der Rechtspre-
hung im Ordnungsgeldverfahren. Künftig soll gegen
ie Entscheidungen des einzig zuständigen Landgerichts
onn das Rechtsmittel der zulassungsbedürftigen Rechts-
eschwerde zum OLG Köln gegeben sein. So können
wischen verschiedenen Kammern divergierende Recht-
prechungen eingefangen und grundsätzliche Fragen des
rdnungsgeldverfahrens geklärt werden.
Mit diesem Gesetzentwurf werden wir künftig unbil-
ge Härten im Ordnungsgeldverfahren des elektronischen
andels- und Unternehmensregisters vermeiden und den
ittelstand durch den Abbau von Bürokratie und mehr
echtssicherheit insgesamt stärken. Daher werbe ich um
re Zustimmung.
Richard Pitterle (DIE LINKE): Die Linke ist, wie
ie unserem am 16. Juni 2013 beschlossenen Bundes-
gswahlprogramm „100 Prozent sozial“ entnommen
aben, für die Förderung von kleinen und mittleren
nternehmen und für Bürokratieabbau. Sie setzt sich für
en Schutz der Schwachen, der Unerfahrenen ein:
ierzu zählen beispielsweise Existenzgründer, Klein-
nd Kleinstunternehmerinnen und -unternehmer.
Wenn man ihnen mit der Erfüllung ihrer Buchfüh-
ngspflichten, § 238 HGB, viel Zeit lässt – in diese
ichtung geht Ihr Gesetzentwurf mit der geplanten
enkung der Ordnungsgelder –, erweist man ihnen damit
inen Bärendienst. Denn spätestens in der Insolvenz
rohen harte Konsequenzen: Verletzungen der Pflichten
ei Buchführung oder Bilanzierung, hierzu zählen auch
ristversäumnisse, werden mit Freiheitsstrafe bis zu
wei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, § 283 b Abs. 1
iffer 3 b StGB.
Diese Gefahr besteht besonders bei Kapitalgesell-
chaften. Es ist so leicht geworden, als Existenzgründer
der Kleinunternehmerin und -unternehmer eine Kapi-
lgesellschaft zu gründen, mit der die persönliche
aftung für die Schulden des Unternehmens verhindert
erden kann. Doch gerade wegen der Haftungsbe-
chränkung muss man hier besonders auf die Einhaltung
ller Pflichten achten, um nicht in die Gefahr zu geraten,
och unvermittelt privat für die Schulden des Unterneh-
ens zu haften. Denn bei einer Kapitalgesellschaft ist
egen des festen Grundkapitals tendenziell viel früher
solvenz anzumelden als bei einer Personengesell-
chaft.
32394 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
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Mein zweiter Kritikpunkt, über den ich heute Abend
sprechen will, ist Ihre Ungleichbehandlung von Klein-
und mittelständischen Unternehmen auf der einen Seite
und Großunternehmen auf der anderen Seite. Wenn
Großunternehmen zwar rechtzeitig ihre Bilanzen veröf-
fentlichen, diese aber falsch sind, hat das keine Sanktio-
nen zur Folge. Wenn ein Unternehmen jedoch verspätet
Bilanzzahlen veröffentlicht, die aber korrekt sind, wird
es bestraft und muss zahlen. Diese unterschiedliche Be-
handlung passt für mich nicht zusammen. Denn falsche
Zahlen halte ich für wesentlich schlimmer als verspätet
eingereichte korrekte Bilanzzahlen.
Mit dieser Einschätzung stehen wir nicht allein: Auch
die Wertpapieraufsichtsbehörde in den USA, die SEC,
teilt unsere Meinung und legt Unternehmen hohe Strafen
auf, die ihre Bilanz nachträglich korrigieren müssen. Es
geht hier übrigens nicht um Randfälle. Immerhin sind
nach den langjährigen Erfahrungen der Deutschen Prüf-
stelle für Rechnungslegung rund 25 Prozent der Bilan-
zen kapitalmarktorientierter Unternehmen in Deutsch-
land falsch. Die gravierende Ungleichbehandlung bei
Fehlern von Klein- und mittelständischen Unternehmen
im Vergleich zu Fehlern von Großunternehmen zeigt
einmal mehr, wer Interessenvertreter der kleinen und
mittelständischen Unternehmen ist und wer für die Inte-
ressen der Großunternehmen eintritt.
Wäre es nicht konsequenter, statt Ordnungsgelder für
Unternehmen zu verlangen, die die Offenlegungsfrist
überschritten haben, die säumigen Unternehmen in ei-
nem Register zu erfassen, das öffentlich zur Verfügung
steht? Damit wird nicht nur Transparenz geschaffen,
sondern auch eine wichtige Schutzfunktion für alle
erfüllt: Jeder Lieferant und jeder Kunde weiß, wie das
Unternehmen mit seinen gesetzlichen Verpflichtungen
umgeht und der betreffende Unternehmer weiß, dass alle
wissen, dass er seiner Pflicht zur Rechnungslegung
immer noch nicht nachgekommen ist. Mit dieser Öffent-
lichkeit kann mehr Druck aufgebaut werden, rechtzeitig
Bilanzen offenzulegen, als mit der nichtöffentlichen
Verhängung von niedrigen Ordnungsgeldern.
Beate Walter-Rosenheimer (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): In den Ordnungsverfahren der Jahre 2009
und 2010 wurden laut Antwort der Bundesregierung auf
eine Anfrage von uns Grünen 97 Prozent der Ordnungs-
geldverfahren gegen kleine und Kleinstunternehmen ein-
geleitet. Was bedeutet das?
Gerade für kleine Unternehmen ist der buchhalteri-
sche Aufwand und die Erstellung des Jahresabschlusses
schwerer zu erfüllen als für mittlere und große Unterneh-
men. Wir sprechen hier zum Beispiel von typischen
kleinen Handwerksbetrieben mit nur wenigen oder gar
keinen Angestellten. Wenn sie es nicht rechtzeitig, das
heißt, spätestens ein Jahr nach Abschluss des Geschäfts-
jahres, schaffen, ihre Rechnungsunterlagen einzurei-
chen, dann kommt es dicke: Mindestens 2 500 Euro
Ordnungsgeld sind die Konsequenz. 2 500 Euro sind für
kleine Unternehmen wirklich happig. Das kann je nach
Fall und Situation bis hin zur Existenzbedrohung gehen.
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Danach gefragt, was mittelständischen Unternehmen
m ehesten helfen würde, haben 41 Prozent den Abbau
on Bürokratie – Angabe des Bankenverbandes aus dem
ahr 2012 – genannt. Bürokratieabbau muss genau da
orangetrieben werden, wo es für die Praxis wirklich
ichtig und entscheidend ist. Dass endlich bei den Ord-
ungsgeldern angesetzt wird, war schon lange überfällig.
Das konnten nun auch die Kolleginnen und Kollegen
on CDU/CSU und FDP nicht länger ignorieren. Jetzt,
urz vor knapp, soll der Gesetzentwurf zur Änderung
es Handelsgesetzbuches kleine und Kleinstunterneh-
en entlasten. Die Inspiration durch unseren damaligen
ntrag ist überdeutlich. Das freut uns natürlich.
In unserem Antrag vom Herbst vergangenen Jahres
aben wir vorgeschlagen, ein deutlich geringeres Ord-
ungsgeld einzuführen. Dabei haben wir als Mindest-
öhe für Kleinstunternehmen 250 Euro und für Kleinun-
rnehmen 500 Euro vorgeschlagen. Das ist aus unserer
icht ausreichend abschreckend und kann ja immer noch
rogressiv gestaltet werden.
Darüber hinaus haben wir im vergangenen Jahr deut-
ch gemacht, dass das Bundesamt für Justiz in Härtefäl-
n auch nach Ermessen ganz von der Zahlung des Ord-
ungsgeldes absehen können muss. Gerade in kleinen
nternehmen kann es beispielsweise vorkommen, dass
ur eine Person für die Rechnungslegung und Buchhal-
ng verantwortlich ist und eine Vertretung nicht besteht.
Krankheitsfall des Geschäftsführers bzw. der Ge-
chäftsführerin kann sich die Einreichung der Bilanz
rastisch verzögern. Für solche und ähnliche Fälle muss
as Bundesamt für Justiz mehr Flexibilität beweisen und
ie Besonderheiten von Klein- und Kleinstkapitalgesell-
chaften entsprechend berücksichtigen.
CDU/CSU und FDP gehen nun davon aus, dass
000 Euro für Kleinstunternehmen als Ordnungsgeld
urchaus verträglich seien. Natürlich ist es besser, als
lle pauschal mit 2 500 Euro oder mehr zu bestrafen; da-
ber brauchen wir nicht zu diskutieren. Aber wir glau-
en, dass auch eine geringere Summe bei progressiver
estaltung ausreichen würde, um Unternehmen zur Ord-
ung zu rufen.
Und der Teufel steckt im Detail: Die geringeren Ord-
ungsgelder im Entwurf von Schwarz-Gelb sollen nur
ann greifen, sofern Unternehmen ihre „Pflicht, wenn
uch verspätet“ erfüllt haben. Die Herabsetzung auf
000 Euro soll es also nur geben, wenn die Beteiligten
ach Ablauf der Sechswochenfrist der Offenlegungs-
flicht nachkommen.
Das nützt ihnen aber nur, wenn es nicht vorher eine
ntscheidung des Bundesamtes für Justiz gegeben hat.
in Zeitpunkt dafür steht überhaupt nicht fest. Wenn also
irekt nach Ablauf der sechs Wochen das Ordnungsgeld
erhängt werden würde, gäbe es keine Chance mehr auf
as geringere Ordnungsgeld. Das ist doch bürokratischer
onsens wie er im zynischsten Gerhard-Polt-Sketch
orkommen könnte. De facto wäre das in so einem Fall
ogar eine Schlechterstellung gegenüber der jetzigen
ituation.
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32395
(A) )
)(B)
Ernsthaft: Was haben Sie sich dabei gedacht? Mo-
mentan kann das Ordnungsgeld auf 250 Euro herab-
gesenkt werden, wenn die Frist geringfügig – und das
heißt nach Rechtsprechung, zwei Wochen – überschrit-
ten wurde.
Die Mindesthöhe der grundsätzlich angesetzten Ord-
nungsgelder soll nach dem Entwurf der Bundesregierung
demnach für alle Kapitalgesellschaften, gleich welcher
Größe, bestehen bleiben – nämlich bei 2 500 Euro. Diese
Gleichbehandlung aller Unternehmensgrößen ist pau-
schal und ungerecht.
Zudem erscheint fraglich, inwiefern sich der Verwal-
tungsaufwand durch diese Vorgehensweise erhöhen
würde; denn so wird zunächst die Summe von
2 500 Euro angedroht, nur um dann bei verspäteter Zah-
lung zu prüfen, ob nicht doch eine Senkung greifen
könnte und, wenn ja, welche der drei Stufen zutreffen
würde.
Im Gesetzentwurf wird für Härtefälle weiterhin vor-
geschlagen, dass Wiedereinsetzungsverfahren greifen
sollen. Zunächst muss vonseiten der Unternehmerinnen
und Unternehmer glaubhaft geschildert werden, dass ein
wirklich unverschuldetes Hindernis der rechtzeitigen
Offenlegung entgegenstand. Wenn das Bundesamt für
Justiz der Erklärung Glauben schenkt, gibt es eine zu-
sätzliche sechswöchige Nachfrist, die mit dem Wegfall
des Hindernisses startet. In so einem Fall soll das Ord-
nungsgeld entfallen.
Allerdings halte ich die angedachte Frist, in der ein
solcher Wiedereinsetzungsantrag gestellt werden kann,
für alles andere als praktikabel. Betroffene müssen spä-
testens zwei Wochen nach Ende des Hindernisgrundes
einen solchen Antrag stellen. Nach einer langen, schwe-
ren Krankheit sofort an die unverzügliche Antragsstel-
lung zu denken, ist zu rational, zu lebensfern gedacht.
Stellen Sie sich doch nur im Ansatz vor, was sich unter
solchen Umständen an Unterlagen und Arbeit aufstaut!
Hier hätten wir uns mehr Rücksicht und Bürgernähe er-
wartet. Eine längere Frist hätte es wirklich auch getan.
Übrigens ist in dem Entwurf auch überhaupt keine
Rücksicht auf Fälle genommen worden, in denen das
Einreichen der Unterlagen faktisch unmöglich geworden
ist. Es wurde zum Beispiel von Fällen berichtet, in denen
durch Brände sämtliche Unterlagen zerstört wurden, so-
dass der Jahresabschluss nicht erstellt werden kann –
auch in der Zukunft nicht. Oder ganz aktuell hat ja auch
das Hochwasser verheerende Schäden angerichtet. Sol-
che Fälle beachten Sie von der CDU/CSU und FDP
nicht ansatzweise, obwohl Sie von verschiedenen Seiten
darauf aufmerksam gemacht wurden – zuletzt in der
öffentlichen Anhörung des Rechtsausschusses. Die Kon-
sequenz ist: Betroffene, die vermutlich ohnehin schon
Sorgen genug haben, werden mit Ordnungsgeldbeschei-
den ohne Ende „beglückt“.
Im Fazit stehen wir also einem Gesetzentwurf gegen-
über, der alles andere als abgerundet ist. Ja, er lässt sogar
in manchen Teilen eine Schlechterstellung befürchten.
Ich hätte mir gewünscht, dass wenn Sie von CDU/CSU
und FDP sich schon von unserem Antrag inspirieren
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ssen, es auch bis zum Ende durchziehen und richtig
bschreiben. Aber nein, stattdessen sind wir jetzt mit
iesem unausgegorenen Entwurf konfrontiert, demge-
enüber es nicht nur von uns, sondern auch von Verbän-
en und Menschen aus der Praxis Kritik hagelt, und
war zu Recht: Gerade die Feinheiten erscheinen uns
eit weg von der Lebensrealität der Menschen. Deshalb
önnen wir hier nicht zustimmen.
nlage 30
Zu Protokoll gegebene Reden
zur Beratung der Beschlussempfehlung und des
Berichts zu den Unterrichtungen: Fortschritts-
bericht 2012 zur nationalen Nachhaltigkeits-
strategie (Tagesordnungspunkt 32 und Zusatz-
tagesordnungspunkt 14)
Andreas Jung (Konstanz) (CDU/CSU): Diese De-
atte zum Ende der Legislaturperiode gibt uns Anlass,
ilanz und Ausblick der Arbeit des Parlamentarischen
eirates für nachhaltige Entwicklung zu diskutieren.
Die Arbeit unseres mit 22 Abgeordneten besetzen
remiums ist gekennzeichnet vom Bemühen um einen
berfraktionellen Konsens. In der ganz überwiegenden
ahl der Fälle ist es uns auch in dieser Wahlperiode ge-
ngen, dieses Konsensprinzip zu verwirklichen. Damit
immt der PBNE eine Sonderstellung im Parlament ein.
rund für dieses konsensuale Denken ist zum einen ein
emeinsames Verständnis des Gebots der Nachhaltigkeit
nd zum anderen die Einsicht, dass breit getragene
eschlüsse unseren Initiativen ein stärkeres Gewicht
erleihen.
Der Parlamentarische Beirat für nachhaltige Entwick-
ng besteht jetzt in der dritten Legislaturperiode. Der
eirat hat sich damit seinen festen Platz im Parlament
rarbeitet. Nach unserer gemeinsamen Auffassung ist es
eboten, den Parlamentarischen Beirat für nachhaltige
ntwicklung in der kommenden Legislaturperiode zu
erstetigen und ihn in der Geschäftsordnung des Deut-
chen Bundestages fest zu verankern. Denn Nachhaltig-
eit ist kein Modebegriff, sondern ein dauerhaftes Ge-
ot. Und deshalb wird es auch dauerhaft ein Gremium
Deutschen Bundestag brauchen, das sich dem Gebot
achhaltiger Entwicklung als Querschnittsaufgabe an-
immt.
Nach unserem Verständnis ist Nachhaltigkeit mit
einer ökologischen, seiner ökonomischen und seiner
ozialen Dimension die Wurzel, aus der alle Politikberei-
he erwachsen, die gemeinsame Klammer, das Dach –
ie auch immer man es ausdrücken möchte.
Diesem Verständnis folgt auch die Nachhaltigkeits-
trategie der Bundesregierung. Aus ihr heraus werden
ie jeweiligen Fachpolitiken entwickelt. Der PBNE ist
it der parlamentarischen Begleitung dieser Nachhaltig-
eitsstrategie durch den Einsetzungsbeschluss des Deut-
chen Bundestags beauftragt. In den vergangenen Jahren
aben wir diese Aufgabe mit Nachdruck und großem
ngagement versehen. Dies kommt zum Ausdruck
32396 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
(A) )
)(B)
durch detaillierte Stellungnahmen zu den regelmäßigen
Fortschrittsberichten. Wir empfehlen dem Bundestag, in
der kommenden Wahlperiode den PBNE federführend
mit der Begleitung der nationalen Nachhaltigkeitsstrate-
gie zu beauftragen. Dasselbe gilt für die europäische
Nachhaltigkeitsstrategie. Auch diese Federführung folgt
dem Verständnis von Nachhaltigkeit als Querschnittsauf-
gabe. Nachhaltigkeit ist keine Unterabteilung der Ökolo-
gie. Deshalb sollte auch der Nachhaltigkeitsbeirat im
Hinblick auf seine parlamentarischen Rechte nicht auf
den Umweltausschuss als „Patenausschuss“ verwiesen
sein.
Der PBNE pflegt eine intensive Zusammenarbeit mit
dem vom Bundesminister im Bundeskanzleramt koordi-
nierten Staatssekretärsausschuss sowie mit dem Rat für
Nachhaltige Entwicklung als unabhängigem Beratergre-
mium der Bundesregierung. Diese Zusammenarbeit hat
sich in den vergangenen Jahren als erfolgreich erwiesen.
Defizite sehen wir noch in der Verzahnung der Imple-
mentierung der Grundsätze nachhaltiger Entwicklung
mit den Ländern einerseits und der Europäischen Union
andererseits. Nur ein intensives Zusammenwirken aller
Ebenen kann dem Gebot nachhaltiger Entwicklung letzt-
lich umfassend zum Durchbruch verhelfen.
Seit dieser Legislaturperiode führt der PBNE eine for-
male Nachhaltigkeitsprüfung durch. Das bedeutet, dass
jeder Gesetzentwurf und jede Verordnung auf seine lang-
fristige Wirkung für kommende Generationen anhand
konkreter Richtlinien überprüft wird. Zum Abschluss
der Legislaturperiode ziehen wir ein positives Resümee:
Mussten wir am Anfang in etlichen Fällen die Verant-
wortlichen „ermahnen“, die ökologischen, ökonomi-
schen und sozialen Auswirkungen auf kommende Gene-
rationen zu benennen, ist dies heute kaum noch nötig.
Wir haben aber auch bemerkt, dass die formale Geset-
zesfolgenabschätzung an seine Grenzen stößt und erwei-
tert werden muss. Denn eine formale Prüfung erlaubt das
korrekte Einhalten des Verfahrens. Um aber die Geset-
zesfolgen in vollem Umfang abschätzen zu können, ist
eine qualitative Prüfung notwendig.
Neben dieser parlamentarischen Arbeit ist es dem
PBNE ein Anliegen, mit Anhörungen und Stellungnah-
men zu wichtigen Teilbereichen nachhaltiger Entwick-
lung die politische Debatte zu befruchten, Einfluss auf
mittel- und langfristige Politikentwürfe zu nehmen und
die Bundesregierung in dieser Hinsicht anzuspornen.
Beispielhaft seien die Initiativen zu nachhaltiger Mobili-
tät und zur Flächeninanspruchnahme genannt.
Nachhaltige Entwicklung braucht schließlich ein brei-
tes Fundament und muss deshalb fest gesellschaftlich
verankert sein. Der PBNE sieht es deshalb auch als seine
Aufgabe an – im Rahmen seiner Möglichkeiten und ne-
ben der Arbeit des RNE, dem dies originär zukommt –,
die gesellschaftliche Debatte über nachhaltige Entwick-
lung zu befördern. Hierzu haben wir zum Beispiel dem
Bundestagspräsidenten vorgeschlagen, einen Filmpreis
für den besten Film zu Nachhaltigkeit auszuloben. Diese
Anregung hat der Präsident aufgegriffen, und es konnte
unter zahlreichen Bewerbungen ein Film ausgewählt und
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nter anderem auch im Deutschen Bundestag gezeigt
erden.
All diese Aktivitäten gilt es in der kommenden Legis-
turperiode fortzuführen. Nachhaltigkeit ist eine Dauer-
ufgabe und die Implementierung langfristigen Denkens
den parlamentarischen Alltag eine immerwährende
otwendigkeit, die der PBNE sozusagen als „Wach-
und“ kontrolliert.
Den Kolleginnen und Kollegen aller Fraktionen im
BNE danke ich für die menschlich angenehme und in-
altlich konstruktive Arbeit.
Marcus Weinberg (Hamburg) (CDU/CSU): Der
arlamentarische Beirat für nachhaltige Entwicklung hat
den zurückliegenden vier Jahren kontinuierlich und
it wichtigen Maßnahmen zur konkreten Ausgestaltung
er nationalen Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregie-
ng weiter beigetragen, und zwar auf allen Ebenen
eines Auftrags: neue Zieldefinitionen und treffsichere
dikatoren, Positionspapiere und Gutachten, Stabilisie-
ng und weitere Vernetzung der mit Nachhaltigkeit
efassten politischen Akteure, vor allem auf Parlaments-
bene.
Das Projekt Nachhaltigkeit ist nicht nur in den Hän-
en dieser Regierung, sondern auch des Parlaments gut
ufgehoben. Dessen konkrete Ausgestaltung kommt
eiterhin zielstrebig und parlamentarisch im Konsens
ut voran. Es ist also Zeit, hier zum Ende der Legislatur-
eriode noch einmal die Schwerpunkte des Forschungs-
erichts 2012, aber auch den Arbeitsbericht des Beirats
u resümieren.
Der Fortschrittsbericht ist inzwischen zum Rückgrat
er nationalen Nachhaltigkeitsstrategie geworden, die
ie Bundesregierung seit 2002 verfolgt. Er steht für die
estaltungsdynamik und Kontinuität, die diese Strategie
zwischen gewonnen hat. Mit dem Forschungsbericht
012 wurde nun schon zum dritten Mal eine umfassende
estandsaufnahme zur Nachhaltigkeit in Deutschland
rarbeitet und dem Parlament zur Diskussion vorgestellt.
ie ist es also bestellt um die Nachhaltigkeit in
eutschland heute?
Die Wahrung der Nachhaltigkeit ist eines der politi-
chen Leitprinzipien der Bundesregierung. Worauf zielt
achhaltigkeit? Seit Carl von Carlowitz, einem der Vä-
r des Nachhaltigkeitsdenkens, gilt: Jede Generation
uss ihre Aufgaben lösen und darf sie nicht nachkom-
enden Generationen aufbürden. Es ist unsere Aufgabe,
irtschaftliche Leistungsfähigkeit, Umweltschutz und
oziale Verantwortung so zusammenzuführen, dass un-
ere Entscheidungen unter allen drei Gesichtspunkten
auerhaft tragfähig sind.
Der Fortschrittsbericht setzt im Rahmen dieses um-
ssenden Auftrags eigene, zeitadäquate Schwerpunkte:
achhaltiges Wirtschaften, Klima und Energie und
asserpolitik. Aus dem immer noch aktuellen Anlass
er Finanz- und Staatsschuldenkrise heraus und ganz im
inne einer nachhaltigen Entwicklung hat sich der Be-
cht zudem dezidiert mit der fiskalischen Nachhaltigkeit
eschäftigt. Im Ergebnis führte dies zu dem zentralen
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32397
(A) )
)(B)
Ziel der Bundesregierung, die öffentlichen Haushalte
entschieden zu konsolidieren und die Verschuldung des
Staates Schritt für Schritt zurückzuführen.
In ihrem Fortschrittsbericht zeigt die Bundesregie-
rung aber darüber hinaus auf, wie das Leitbild der
Nachhaltigkeit in ihrer gesamten Politik konkret gestärkt
werden soll – vom Flächenverbrauch über Fragen der
Gesundheits- und Pflegepolitik bis hin zur Bildung.
Ein wichtiger weiterer Teil dieses Berichts behandelt
die Maßnahmen, mit denen im Zeitraum seit 2008 Nach-
haltigkeit als Leitprinzip der Regierungspolitik auch or-
ganisatorisch Schritt für Schritt gestärkt worden ist.
Grundlegend ist das Managementkonzept der Nachhal-
tigkeit, das auf drei Säulen aufbaut: Managementregeln,
Indikatoren und Ziele, Monitoring. Allen, die sich
politisch mit Nachhaltigkeit befassen, steht so ein Kom-
pendium von Zielen, Regeln und Instrumenten zur Ver-
fügung, mit dessen Hilfe der Stand und die Maßnahmen
der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie auf breit gefä-
cherter Grundlage diskutiert und bewertet werden kön-
nen, ohne in die Gefahr des Ausuferns zu geraten.
Der Bericht hat seine Schwerpunkte aus guten Grün-
den bei den drei Themen „Nachhaltiges Wirtschaften“,
„Klima und Energie“ und „Nachhaltige Wasserpolitik“
gesetzt. Er vernachlässigt zugleich aber keineswegs die
laufende Berichterstattung zu weiteren wichtigen Poli-
tikfeldern der Nachhaltigkeit, zum Beispiel zur nachhal-
tigen Mobilität. Der Blick bleibt weiterhin offen für
eventuelle Verlagerungen in den bisherigen Problem-
schwerpunkten und das Auftauchen neuer Problemlagen
mit Schwerpunktqualität. Die Quintessenz aus diesem
Verfahren lautet: den bisher eingeschlagenen Weg des
Nachhaltigkeitsmanagements weitergehen, aber dort, wo
neuer Handlungsbedarf entsteht, dieses Management in
seinen Grundlagen erweitern und stärken bzw. bereits
bestehende Handlungsmöglichkeiten optimieren.
Bei der Betrachtung der Indikatoren zeigt sich dage-
gen aufs Ganze gesehen ein eher gemischtes, teils helles,
teils dunkles Bild: Während einige Indikatoren nach der-
zeitigem Stand ihre Zielstellung sicher erreichen werden
oder bereits erreicht haben, zeigen andere an, dass hier
noch erhebliche Anstrengungen aufzubringen sind,
wenn das gesteckte Ziel erreicht oder zumindest eine
Trendwende zum Besseren bewirkt werden soll.
Dominant positive Entwicklungen gab es vor allem
im Klimaschutz, bei den erneuerbaren Energien, der
wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, der Studienanfän-
gerquote und der Erwerbstätigenquote Älterer. In ande-
ren Prüfbereichen werden die gesteckten Ziele dagegen
wohl verfehlt; zum Teil geht die Entwicklung sogar in
die falsche Richtung. Dies gilt etwa für die Neuinan-
spruchnahme von Flächen, die Entwicklung der Güter-
transportintensität oder den Verdienstabstand zwischen
Frauen und Männern.
Bei der Ressourcen- und Energieproduktivität sowie
bei der Mobilität, die in hohem Maße auf Rohstoffe und
Energie angewiesen ist, sind ganz offensichtlich noch
enorme Anstrengungen vonnöten, wenn wir die uns ge-
setzten Ziele noch erreichen wollen. Die entsprechenden
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dikatoren – Rohstoffeffizienz, Artenvielfalt und um-
eltschonende Mobilität – sind im Berichtszeitraum
icht besser geworden, sondern haben sich zu einem be-
eutenden Teil sogar verschlechtert.
In Fällen wie diesen darf es kein einfaches „Weiter
o!“ geben. Auch in den Vorstandsetagen der Wirtschaft
uss sich schneller als bisher geschehen die Überzeu-
ung durchsetzen, dass nachhaltiges Wirtschaften nicht
ur für ein gutes Gewissen, sondern auch und vor allem
r steigende Erträge sorgt. Nachhaltigkeit und Gewinn-
teigerung sind keine Gegensätze. Nachhaltigkeit bedeu-
t Chancen – auch in ökonomischer Sicht.
Risiken für unsere Zielstellungen und die darauf be-
ogenen Indikatoren ergeben sich zusätzlich daraus, dass
iese unter den Druck der vertikalen Integration der
achhaltigkeitsstrategie geraten können. Aus unserer
icht dürfen solche Integrationsmaßnahmen aber keines-
lls dazu führen, bislang ehrgeizigere Ziele durch
chwächere zu ersetzen.
Schließlich und nicht zuletzt verweist der Bericht da-
uf, dass es noch eine Reihe von Indikatoren gibt, deren
ielschärfe durch Konkretisierung weiter verbessert
erden sollte.
Gleichwohl: Der Forschungsbericht zur nationalen
achhaltigkeitsstrategie belegt aufs Ganze gesehen ein-
rucksvoll, dass das Leitbild einer nachhaltigen Ent-
icklung in Deutschland deutlich Fuß gefasst hat und
chritt für Schritt an Boden gewinnt. Die Bundesregie-
ng hat Nachhaltigkeit als politisches Leitsystem damit
chon jetzt zum Erfolg gebracht. Der Forschungsbericht
rzählt eine Erfolgsgeschichte.
Das ist aber kein Grund, deshalb die Hände in den
choß zu legen. Im Gegenteil: Je umfassender die natio-
ale Nachhaltigkeitsstrategie weiter umgesetzt wird,
esto mehr wird sie zum Motor unseres gesellschaftli-
hen, wirtschaftlichen und politischen Fortschritts wer-
en.
Was lässt sich aus diesem Bericht für die Zukunft ab-
iten? Zunächst und vor allem müssen die Indikatoren,
ie wir derzeit anwenden, weiterentwickelt und in eine
ngfristigere Perspektive gerückt werden. Dass die
undesregierung vereinzelt bereits Perspektiven bis
050 in die Zielstellungen der Nachhaltungsstrategie
ufgenommen hat, ist so gut wie richtig. Wie jedoch ge-
erell in unserer von ständigem Wandel geprägten Zeit,
o gilt auch hier, dass solche weit ausgreifenden Ziel-
erte zum einen realistisch genug sein müssen, damit sie
it den uns zur Verfügung stehenden Instrumenten zu-
indest annähernd auch erreicht werden können, und
um anderen sollten sie aber auch vorgreifend und hin-
ichend ambitioniert genug sein, damit sie zur Entwick-
ng neuer Instrumente anspornen.
Die Nachhaltigkeitspolitik geht aber keineswegs da-
n auf, Indikatoren festzulegen und deren Erreichen zu
berprüfen. Letztlich geht es hier ganz praktisch darum,
urch ein neues, nachhaltiges Alltagsverhalten aller die
inhaltung der Nachhaltigkeitsziele und ihrer Indikato-
n zu ermöglichen und zu diesem Zweck Kenntnisse
32398 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
(A) )
)(B)
darüber zu gewinnen, wie das eigene Handeln diese
Zielerreichung fördert bzw. gefährdet.
Dies lässt sich am ehesten mit dem Blick von außen
bewerkstelligen. Erst durch das Heraustreten aus den
einzelnen Fachressorts gewinnen wir die notwendige Di-
stanz zum betriebsblind machenden Detailreichtum des
Tagesgeschäftes und die Fähigkeit, die Auswirkungen
unseres Handelns auf alle drei Säulen der Nachhaltigkeit
– Ökonomie, Ökologie und Soziales – als ganzheitlichen
Vorgang wahrzunehmen und zu erkennen.
Das, was für uns alle gilt, gilt erst recht für die Politik.
Deshalb ist es mir auch ganz persönlich sehr wichtig,
dass die Nachhaltigkeitspolitik des Parlaments in der
bisherigen, erprobten Form auch in der kommenden
Legislaturperiode – am besten nahtlos – fortgeführt
wird. Ich sehe ansonsten die Gefahr, dass die notwen-
dige Weiterentwicklung der Indikatoren, die die Nach-
haltigkeitsstrategie von uns fordert, künftig allein von
der Bundesregierung vorgenommen wird.
Das Parlament, also die Abgeordneten, deren Haupt-
aufgabe es neben der Gesetzgebung ist, das Regierungs-
handeln zu kontrollieren und zum Besseren zu raten,
könnte mit seinen Ausschüssen diese klassische
Querschnittsaufgabe nicht bewältigen; denn wenn die
Kontrolle der einzelnen Indikatoren dem jeweils ein-
schlägigen Fachausschuss allein übertragen würde,
ginge die Gesamtsicht verloren, die zwingend erforder-
lich ist, wenn das komplexe Politikthema Nachhaltigkeit
nicht in der Mühle kurzfristiger, tagesaktueller Partiku-
larinteressen zermahlen werden soll.
Ulrike Gottschalck (SPD): In den vergangenen
Jahren haben wir uns im Parlamentarischen Beirat für
Nachhaltige Entwicklung bemüht, im Sinne zukünftiger
Generationen Gesetze und ihre Folgen abzuschätzen,
Themen der Nachhaltigkeit zu diskutieren und manche
Praxis kritisch zu hinterfragen. Wir sind uns fraktions-
übergreifend einig: Ein Zurücklehnen darf es nicht ge-
ben, das sind wir den nachfolgenden Generationen und
auch uns selber schuldig.
Wir brauchen ambitionierte Ziele in der Nachhaltig-
keitspolitik und begrüßen daher die Weiterentwicklung
unserer nationalen Nachhaltigkeitsstrategie. Wir begrü-
ßen auch die Fortentwicklung des Indikatorensystems,
mit dem wir in unserem Land versuchen, nachhaltige
Entwicklung in vielen Bereichen zu messen. Wir wissen
um die Megathemen, die uns in Zukunft beschäftigen
werden, beispielsweise den Klimawandel und die demo-
grafische Entwicklung.
Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe
Kolleginnen und Kollegen im Beirat für Nachhaltige
Entwicklung: es gehört auch zur Wahrheit, dass es in
dieser Legislaturperiode, die sich nun dem Ende zuneigt,
Punkte gab und gibt, bei denen wir uns trotz großen
Bemühens und Konsensverfahren nicht einig waren und
sind. Dazu gehörten die Arbeitsweise des Beirates und
seine zukünftige Entwicklung.
Wir von der SPD sind überzeugt, dass es ein „Weiter
so“ mit uns nicht geben kann. Das Thema nachhaltige
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ntwicklung muss aufgewertet werden und sich präsen-
r im Bundestag wiederfinden. Dies sieht im Übrigen
uch Marlehn Thieme, die Vorsitzende des Rates für
achhaltige Entwicklung, so, die einen eigenen Bundes-
gsausschuss fordert. Genau dies möchten wir auch.
nsere Vorstellungen gehen in Richtung eines Bürger-
ialogausschusses, um verstärkt für Nachhaltigkeit zu
ensibilisieren und die Bürgerinnen und Bürger zum
itmachen zu animieren. Kritisch sehen wir auch die
in formelle Prüfung von Gesetzen, denn bei Gesetzen
ählen die Inhalte, und daher ist in der nächsten Legis-
tur eine inhaltliche Prüfung von Gesetzen dringend er-
rderlich. Im Hinblick auf die bisherige Konsensarbeit
Beirat haben wir nach langen Verhandlungen nun ei-
er gemeinsamen Ausschussentschließung zugestimmt,
eil unser Wunsch, den Dialog mit der Zivilgesellschaft
u intensivieren, aufgenommen wurde. Auch für die Ein-
eziehung der Ergebnisse der Enquete-Kommission
Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität“ haben wir mit
rfolg gestritten. Wir hätten uns allerdings ein wenig
ehr Mut von Union und FDP gewünscht, damit sich
as Parlament in der 18. Wahlperiode verstärkt mit der
achhaltigen Entwicklung unseres Landes beschäftigen
ann. Für meine Fraktion darf ich ankündigen, dass wir
enau dies tun werden und Ihnen zu Beginn der nächsten
egislaturperiode unser Konzept zur Stärkung der nach-
altigen Entwicklung vorlegen werden.
Wir begrüßen, dass es auch in der neuen Legislatur
in Nachhaltigkeitsgremium geben wird, verhehlen aber
uch nicht unsere Skepsis. Es wird noch viel Arbeit not-
endig sein, damit wir von einer rein formellen, oft er-
ebnislosen Gesetzesfolgenabschätzung hin zum Prüfen
on Inhalten kommen. Es geht darum, die Diskussionen
ber Nachhaltigkeit in der Gesellschaft aufzugreifen und
en Beirat von einem „zahnlosen Papiertiger“ in die
olle eines aktiven Gestalters dieser Diskussion weiter-
uentwickeln.
Dafür müssen wir auch die Arbeitsweise des Beirats
berdenken. Expertinnen und Experten einzuladen ist
ine feine Sache, aber die Ergebnisse unserer Gespräche
ollten auch für andere sichtbar werden. Deshalb plädiert
ie SPD an dieser Stelle dafür, eine deutlich aktivere
ffentlichkeitsarbeit zu betreiben und den Beirat fortzu-
ntwickeln. Wir dürfen uns vor dieser Diskussion nicht
egducken und sollten sie schnellstmöglich zu Beginn
er 18. Wahlperiode aufnehmen – im Sinne der Nachhal-
gkeit.
Michael Kauch (FDP): Wir debattieren neben dem
ortschrittsbericht zur nationalen Nachhaltigkeitsstrate-
ie auch den Arbeitsbericht des Parlamentarischen Bei-
ts für nachhaltige Entwicklung. Dies ist ein guter An-
ss, um Bilanz über unsere Arbeit in dieser Wahlperiode
u ziehen.
Ziel der Arbeit des Parlamentarischen Beirats ist die
rbeit an einer nachhaltigen und somit generationenge-
chten Entwicklung – in ihrer ökologischen, sozialen
nd ökonomischen Dimension. Es ist in dieser Wahl-
eriode gelungen, die Verengung der Nachhaltigkeitsde-
atte auf Klimaschutz zu beenden. Das ist wichtig; denn
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während wir beim Klimaschutz und bei den erneuerba-
ren Energien laut Fortschrittsbericht auf dem richtigen
Weg sind, gibt es andere Indikatoren nachhaltiger Ent-
wicklung, bei denen es schlechter aussieht. Bei Arten-
schutz und der Reduzierung des Flächenverbrauchs etwa
liegen wir weiterhin hinter unseren Zielen zurück.
Im Beirat waren auch in dieser Wahlperiode wieder
Kolleginnen und Kollegen aus den unterschiedlichsten
Fachausschüssen vertreten. Dies ist gut; denn Nachhal-
tigkeit ist eine Querschnittsaufgabe, die nahezu alle
Politikfelder betrifft. Die bunte Zusammensetzung be-
fruchtet die Debatten innerhalb des Beirats, weil die
Themen aus ganz unterschiedlichen Blickwinkeln
betrachtet werden. Viel wichtiger aber ist, dass der Ge-
danke der Nachhaltigkeit zurück in die Fachgremien ge-
tragen wird. Dieser Impuls an die Fachausschüsse wurde
in dieser Wahlperiode dadurch verstärkt, dass der Beirat
erstmals Bewertungen zu den Nachhaltigkeitsprüfungen
in den Gesetzentwürfen der Bundesregierung abgegeben
hat und diese den federführenden Fachausschüssen und
Ministerien zugeleitet hat. Inwieweit diese in den feder-
führenden Ausschüssen behandelt werden, liegt aller-
dings in deren Ermessen. Hier wäre eine Verankerung
des Verfahrens in der Geschäftsordnung des Bundesta-
ges wünschenswert, um zumindest eine Kenntnisnahme
durch die Fachausschüsse sicherzustellen.
Neben der Bewertung der Nachhaltigkeitsprüfung hat
der Beirat in bewährter Form die Nachhaltigkeitsstrate-
gie der Bundesregierung begleitet und sich am Konsulta-
tionsverfahren zum Fortschrittsbericht 2012 beteiligt
sowie Stellungnahmen zu diesem Bericht und zum Indi-
katorenbericht 2010 abgegeben. Ein Beleg für die gute
Zusammenarbeit zwischen Regierung und Parlament ist
die Tatsache, dass dem Beirat auch im Fortschrittsbe-
richt 2012 wieder die Möglichkeit eingeräumt wurde, ei-
nen eigenen Beitrag zu verfassen. Vor allem aber wurden
Forderungen des Beirats aufgenommen, unter anderem
dass nicht mehr nur die Zahl der Wohnungseinbrüche als
Indikator für die Bekämpfung von Kriminalität gilt.
Der Beirat hat sich in mehreren Anhörungen mit
nachhaltigkeitsrelevanten Themen befasst und Stellung-
nahmen und Positionspapiere verabschiedet. Ein Novum
in dieser Wahlperiode war, dass sich der Beirat vor Sit-
zungen des Staatssekretärsausschusses für nachhaltige
Entwicklung mit dem jeweiligen Thema befasst und ein
Positionspapier als Input übermittelt hat.
In der 18. Wahlperiode sollte der Parlamentarische
Beirat für nachhaltige Entwicklung möglichst schnell
zusammen mit den Fachausschüssen eingesetzt werden,
um eine Kontinuität seiner Arbeit zu gewährleisten.
Dann wird zu diskutieren sein, wie die Bewertung der
Nachhaltigkeitsprüfung fortentwickelt werden kann.
Bislang werden nur formale Kriterien geprüft. Eine in-
haltliche Prüfung der Gesetzentwürfe wäre sicher wün-
schenswert, allerdings stellt sich die Frage, ob diese mit
dem im Beirat gepflegten Konsensprinzip in Einklang zu
bringen ist.
Zentral ist es aber zumindest, Transparenz über Ge-
setzesfolgen zu schaffen. Daher ist es bedauerlich, dass
es nicht gelungen ist, Generationenbilanzen in der Ge-
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etzesfolgenabschätzung von Regierung und Parlament
u verankern. Die entsprechende Bestimmung des Ko-
litionsvertrages ist wegen des Widerstandes aus Teilen
er Unionsfraktion nicht umgesetzt worden.
Das ist umso unverständlicher, als diese Bundesregie-
ng ja die Nachhaltigkeit in den Sozialversicherungen
assiv verbessert hat. Wir haben aus Defiziten Über-
chüsse gemacht, Reserven der Rentenversicherung er-
öht, neue Leistungen etwa für die Pflege von Dementen
ingeführt und dabei auch noch die Beiträge gesenkt.
as waren vier gute Jahre für demografiefeste und gene-
tionengerechte Sozialversicherungen. Und es waren
uch vier gute Jahre für die finanzielle Nachhaltigkeit:
ie zuvor seit der Wiedervereinigung hat eine Bundesre-
ierung am Ende ihrer Wahlperiode weniger Geld ausge-
eben als an ihrem Anfang. Wir haben die Schulden-
remse vorzeitig umgesetzt und legen für 2014 einen
trukturell ausgeglichenen Haushalt vor.
Diese gute Entwicklung im Staatshaushalt und den
ozialversicherungen muss verstetigt werden. Der Man-
el fehlender Generationenbilanzen muss in der nächs-
n Wahlperiode beseitigt werden. Wir brauchen Trans-
arenz über die Leistungen, die wir für kommende
enerationen erbringen, und die Lasten, die wir ihnen
ufbürden. Auch brauchen wir ein Rechenwerk für das
arlament, mit dem wir Finanz- und Sozialgesetze auf
re intergenerativen Wirkungen untersuchen können,
evor sie beschlossen werden.
Abschließend bedanke ich mich als „letzter Überle-
ender“ aus der Gründungszeit des Beirats vor mehr als
eun Jahren für die ganz besonders kollegiale Zusam-
enarbeit im Parlamentarischen Beirat. Er ist ein Bei-
piel für Sachorientierung, Konsens- und Kompromiss-
uche in unserem Parlament, dafür dass man nicht nur
chaufensterdebatten führen, sondern auch zuhören
ann – über die Grenzen der Fraktionen hinweg. Dies ist
ine Arbeitsweise, die mehr Aufmerksamkeit im Parla-
ent und in der Öffentlichkeit verdient.
Ralph Lenkert (DIE LINKE): Frau Bundeskanzlerin
erkel hat letzte Woche mal wieder eine salbungsvolle
ede über Nachhaltigkeit gehalten. Eine schöne Story
at sie dem handverlesenen Publikum des 11. Weltbank-
rums dabei aufgetischt: dass Nachhaltigkeit so etwas
ie eine deutsche Erfindung ist, und dass der Nachhal-
gkeitsgedanke ein Kind deutscher Tugendhaftigkeit ist.
ei Frau Merkels Realpolitik von Nachhaltigkeit zu
prechen, ist für mich übertrieben und arrogant.
Nachhaltigkeit ist uraltes Menschheitswissen; da
icht ein Blick in die Geschichtsbücher. Das Problem
om Raubbau an der Natur ist keinesfalls zuerst vom
erghauptmann Hans Carl von Carlowitz erkannt wor-
en, auch wenn die Mahnungen des Sachsen für eine
chonende Forstwirtschaft Anerkennung verdienen. Seit
s Menschen, Jagd und Ackerbau gibt, ist man sich der
efahr vom Überverbrauch bewusst. Das ist vom Ama-
onas über Afrika bis Neuseeland vielfach belegt. Res-
ourcen sind begrenzt. Der Natur kann nur so viel ent-
ommen werden, wie nachwächst. Die Tabuzonen
euseelands waren zu 100 Prozent vor Menschen ge-
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schützte Totalreservate. Diese weise Einsicht in die Ver-
nunft jetzt als Made in Germany auszugeben, ist das
Merkelsche Plagiat.
Die Linke steht für eine vernünftige Politik echter
Nachhaltigkeit. Wie wir das hinbekommen wollen, kann
auf der Webseite vom Plan-B-Projekt der Fraktion nach-
gelesen werden. Plan B ist die Alternative zur Alterna-
tivlosigkeit des Finanzkapitalismus. Gerade Deutschland
mit seiner zweifelhaften exportorientierten Wirtschafts-
politik, mit Lohndumping und Sozialabbau sollte nicht
als Vorbild für Europa und die Weltgemeinschaft dienen.
Stellen wir uns vor, jedes Land würde wie Deutschland
mehr exportieren, als es verbraucht. Wer soll den Ex-
portüberschuss dann kaufen – die Marsianer? Überpro-
duktion ist auch kein Zeichen von nachhaltiger Ressour-
censchonung; es ist Verschwendung.
Vorbild bei Nachhaltigkeit wäre Deutschland bei ei-
ner ausgeglichenen Leistungsbilanz zum Ausland. Dahin
kommen wir mit einem gesetzlichen flächendeckenden
Mindestlohn und besseren Tarifabschlüssen für Beschäf-
tigte. Ein weiterer Schritt zur Nachhaltigkeit wäre die
Entlastung des Produktionsfaktors menschliche Arbeit
und die Belastung der Faktoren Rohstoff-, Flächen- und
Energieverbrauch – alles enthalten im Plan B der Links-
fraktion.
Im Parlamentarischen Beirat für nachhaltige Entwick-
lung bekommen wir alle Gesetzesvorhaben auf den
Schreibtisch. Geprüft wird, ob auf die Nationale Nach-
haltigkeitsstrategie eingegangen wird. Leider prüfen wir
nur, ob eine Bewertung der Nachhaltigkeit erfolgte, aber
nicht, ob das Gesetz wirklich nachhaltig ist. Das wurde
von uns und auch von den Kolleginnen und Kollegen der
anderen Fraktionen vielfach kritisiert. Es ist haarsträu-
bend, was da alles als nachhaltig eingestuft wird. In mei-
ner Rede zum Fortschrittsbericht letztes Jahr wies ich
darauf hin. Selbst das Gesetz zum ESFS-Rettungspaket
wurde 2012 mit dem Gütestempel der Nachhaltigkeit be-
dacht. Die Rettung von Banken und Spekulanten auf
Kosten der Gemeinschaft war im Verständnis von CDU/
CSU, SPD, Grünen und FDP nachhaltige Politik. Die
Linke sagt: Das ist einfach nachhaltige, verantwortungs-
lose Umverteilung zum Wohle der Milliardäre.
Die Bundeskanzlerin forderte in ihrer jüngsten Rede
über Nachhaltigkeit auch globale Verantwortung ein:
Die Herausforderung der Globalisierung muss nachhal-
tig gestaltet werden. Armut, Hunger und Kriege an je-
dem Ort der Welt gehen jeden etwas an? Dem stimme
ich zu. Dass aber Deutschland Platz 3 bei Rüstungsex-
porten einnimmt und mit dem staatlich geförderten Ex-
port von Schusswaffen nach Mexiko, U-Boot-Trägersys-
temen für Atomsprengköpfe an Israel und Panzern nach
Saudi-Arabien Regionalkonflikte weiter anheizt und
noch daran verdient, das hat nichts mit Nachhaltigkeit zu
tun. Es tröstet sicher jedes Opfer, wenn die eingesetzten
Waffen ökologisch korrekt produziert wurden, oder? Die
Linke sagt: Da ist Nachhaltigkeit ein zynischer Etiket-
tenschwindel für die Kriegstreiber ohne Gewissen.
Wie die schwarz-gelbe Bundesregierung es in der
Realität mit Nachhaltigkeit hält, hat in dieser Legislatur-
periode besonders aufschlussreich Bundeswirtschafts-
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inister Philipp Rösler bewiesen. Im Konsens, also mit
en Stimmen seiner Parteikollegen, hatte der Parlamen-
rische Beirat für nachhaltige Entwicklung in einer Stel-
ngnahme bei Hermes-Exportbürgschaften ein Ende der
örderung von energetischer Nutzung der Atomkraft im
usland gefordert. Das wäre globale Verantwortung
eim Wort genommen. Sind nur deutsche Atomkraft-
erke für Einwohnerinnen und Einwohner der Bundes-
publik eine Gefahr – oder auch die geplanten neuen
tommeiler in Tschechien und Polen? Sollten nicht auch
ie Menschen in Brasilien vor Reaktorunglücken sicher
ein? Rösler ist nicht nur erklärter Gegner der Energie-
ende, sondern auch Freund der Atomlobby und er-
lärte kurz, der Bund werde weiter beantragte Hermes-
ürgschaften für Atomkraftwerksbauten im Ausland
enehmigen, egal ob die Hermesbürgschaften in Polen,
schechien oder Brasilien wirken. Für die Linke hat das
it Glaubwürdigkeit und Nachhaltigkeit wenig zu tun.
Es ist die fehlende Glaubwürdigkeit, die Nachhaltig-
eit als ernstzunehmendes Leitbild der Politik zuneh-
end infrage stellt. In der kommenden Legislaturpe-
ode wird sich die Linke darum für eine starke Prüfung
er Nachhaltigkeit einsetzen. Nach dem Stichprobenver-
hren könnten Gesetze im Büro für Technikfolgen-
bschätzung beim Deutschen Bundestag auf Nach-
altigkeit gecheckt werden. Für die Linke ist eines klar:
er Etikettenschwindel kann so nicht weitergehen. Die
inke fordert echte Nachhaltigkeit in der Politik. Lassen
ie uns gemeinsam an einem Plan B für die Gesellschaft
rbeiten.
Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
enn man die Menschen fragt, ob ihnen das Thema
achhaltigkeit wichtig ist, dann sagen die meisten Ja,
äufig unabhängig davon, wen sie wählen. Gerade die
nge Generation weiß, dass man nicht weiterkommt,
enn man wirtschaftet und lebt, wie die Nachkriegs-
eneration dies getan hat, aber auch heute immer noch
t.
Wenn man hier in die Runde schaut, darf man durch-
us darauf schließen, dass viele nicht wissen, dass es im
eutschen Bundestag ein Gremium gibt, das sich mit
iesem wichtigen Thema auseinandersetzt – seit 2004 –,
ämlich den Parlamentarischen Beirat für nachhaltige
ntwicklung, der heute hier redet. Es geht um Umwelt
nd Landwirtschaft, um Wirtschaft und Mobilität, um
ozial- und Gesundheitspolitik, um Bildung und Sicher-
eit, aber auch um eine solide Haushaltspolitik und eine
ire internationale Zusammenarbeit.
Als Verkehrspolitikerin könnte ich mich von diesem
achhaltigkeitsbeirat durchaus eingeengt fühlen; denn
enn dieser Beirat sagen würde, Mobilität müsse ganz-
eitlich gedacht werden, Bahn, Auto und Fahrrad müss-
n miteinander verknüpft werden, oder wenn der Beirat
agen würde, wir brauchten neue Ansätze, um den im-
ens steigenden Güterverkehr auf der Straße zu begren-
en und ihn umweltfreundlicher zu machen, dann wäre
h eingeengt. Ich müsste mich fragen: Brauche ich hier
ine neue Straße, oder kann man die Güter nicht besser
uf die umweltfreundlichere Schiene verlagern?
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32401
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Dieser Parlamentarische Beirat für nachhaltige Ent-
wicklung hat genau das getan. In einem Positionspapier
an die Bundesregierung fordert er, Mobilität ganzheitlich
zu denken. Mit seinen Stellungnahmen zur Nachhaltig-
keitsstrategie der Bundesregierung fordert er, die Nach-
haltigkeitsziele stärker in Angriff zu nehmen. Gerade im
Bereich Güterverkehr stehen wir vor gewaltigen Heraus-
forderungen.
Diese Positionspapiere und Stellungnahmen hat der
Parlamentarische Beirat überwiegend im Konsens aller
fünf im Bundestag vertretenen Fraktionen erarbeitet.
Übrigens: Das Konsensprinzip ist auch etwas, was von
den Menschen geschätzt wird. Meine Besuchergruppen
staunen stets, wenn ich ihnen erzähle, dass es so etwas
hier im Deutschen Bundestag auch gibt, nicht nur die
politischen Schaukämpfe zwischen Regierung und Op-
position; denn was würde es der Nachhaltigkeit nützen,
wenn auch hier – wie in den einzelnen Fachbereichen –
in jeder Wahlperiode die Richtung immer wieder geän-
dert würde.
Wenn wir Generationengerechtigkeit wollen, gibt es
nur einen Weg: Nachhaltigkeit, also ein generationenge-
rechtes Verhalten in Ökologie, Ökonomie und im Sozia-
len. Viele, leider auch einige hier im Hause, scheinen da-
von noch nie etwas gehört zu haben. Dabei gibt es die
Nachhaltigkeitsstrategie seit 2002. Kritisch begleitet
wird sie seit 2004 von uns hier, dem Parlamentarischen
Beirat für nachhaltige Entwicklung.
Trotzdem hat die Enquete-Kommission „Wachstum,
Wohlstand, Lebensqualität“ hier im Deutschen Bundes-
tag einen Bericht vorgelegt – ganz so, als gäbe es noch
keine Nachhaltigkeitsindikatoren, die eingebettet sind in
eine umfassende Nachhaltigkeitsstrategie. Es ist richtig,
dass das Wachstum Grenzen braucht – in ökologischer
wie sozialer Hinsicht. Aber die vorhandene Nachhaltig-
keitsstrategie des Bundes und deren parlamentarische
Begleitung wurden dabei von der Enquete-Kommission
vollständig verdrängt. So schlägt der Bericht der En-
quete-Kommission ein Sammelsurium von 20 Indikato-
ren vor, die das Wachstum in einen nachhaltigen Kontext
stellen sollen.
Dabei ist die Nachhaltigkeitsstrategie gut etabliert –
richtigerweise fachübergreifend und zentral gesteuert
vom Staatssekretärsausschuss im Bundeskanzleramt, an-
erkannt von allen Fraktionen, unterlegt mit einem Ma-
nagementsystem und einem Monitoringsystem, und
schließlich sehr engagiert unterstützt vom Rat für nach-
haltige Entwicklung.
Ich glaube, es leuchtet ein, dass wir nicht alle zehn
Jahre Indikatoren erfinden müssen, sondern dass wir un-
sere Energie darauf richten müssen, die vereinbarten
Ziele auch wirklich umzusetzen mit den entsprechenden
politischen Maßnahmen, woran es derzeit durchaus et-
was hapert. Ich plädiere dafür, die Zusammenarbeit der
Fraktionen im Parlamentarischen Beirat für nachhaltige
Entwicklung fortzusetzen und ihn gleich zu Beginn der
kommenden Wahlperiode genauso wie die Fachaus-
schüsse wieder einzusetzen.
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Die erste große Aufgabe muss aber sein, uns zu über-
gen, wie wir den Nachhaltigkeitsgedanken in Politik
nd Wirtschaft stärker verankern können, statt das Rad
lle vier Jahre mit einer neuen Enquete-Kommission
ieder neu erfinden zu wollen.
nlage 31
Zu Protokoll gegebene Reden
zur Beratung des Antrags zu dem Bericht der
Kommission an den Rat und das Europäische
Parlament: Die angestrebte Umsetzung har-
monisierter Rechnungsführungsgrundsätze für
den öffentlichen Sektor in den Mitgliedstaaten
– die Eignung der IPSAS für die Mitgliedstaa-
ten; (KOM (2013) 114 endg.; Ratsdok. Nr. 7677/
13) – hier: Stellungnahme des Deutschen Bun-
destages nach Artikel 23 Absatz 3 des Grund-
gesetzes i. V. m. § 9 des Gesetzes über die
Zusammenarbeit von Bundesregierung und
Deutschem Bundestag in Angelegenheiten der
Europäischen Union (Tagesordnungspunkt 37)
Norbert Barthle (CDU/CSU): Mit dem vorliegenden
eschluss geben wir eine Stellungnahme des Deutschen
undestags nach Art. 23 Grundgesetz in Verbindung mit
9 EUZBBG ab. Dies zeigt, dass die Beteiligung des
undestags an der Europapolitik der Bundesregierung
eben dem großen Thema der Euro-Stabilisierung auch
weniger wahrgenommenen Themen angekommen ist.
Worum geht es? Die Richtlinie 2011/85/EU des Rates
om 8. November 2011 über die Anforderungen an die
aushaltspolitischen Rahmen der Mitgliedstaaten – Teil
es sogenannten Sixpack – gibt der Kommission den
ufrag, zu prüfen, ob die internationalen Rechnungsfüh-
ngsgrundsätze für den öffentlichen Sektor IPSAS eine
eeignete Bilanzierungs- und Buchführungsgrundlage
r die Mitgliedstaaten der EU sein können. Mit dem Be-
cht vom 20. März 2013 kommt die Kommission die-
em Auftrag nach. Ergebnis ihrer Analysen ist, dass die
SAS zwar nicht direkt für diesen Zweck herangezogen
erden können, die EU aber von ihnen ausgehend eigen-
tändige Buchführungsgrundsätze entwickeln könne.
Das klingt zwar zunächst nach einem eher techni-
chen als politisch relevanten Thema, ist es aber nicht.
ielmehr kündigt die Kommission in dem relativ schma-
n Bericht nicht weniger als eine kleine Revolution im
ffentlichen Rechnungswesen der Mitgliedstaaten der
U an.
Da sollten alle hellhörig werden. Offen spricht die
ommission aus, dass sie in allen staatlichen Ebenen der
itgliedstaaten eine kaufmännische doppelte Buchfüh-
ng einzuführen gedenke. Ziel ist insbesondere, einen
ollständigen Überblick über alle staatlichen Verbind-
chkeiten sowie über das Vermögen des Staates zu er-
alten.
Im Kern ist der Vorstoß zwar nachzuvollziehen.
chon heute führen sehr unterschiedliche Rechnungsle-
ungsstandards sowohl in den Mitgliedstaaten der EU
32402 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
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als auch innerstaatlich dazu, dass Zahlen der Haushalts-
wirtschaft nicht immer exakt vergleichbar sind. Wenn
eine der Lehren aus der Euro-Krise die bessere Überwa-
chung der nationalen Haushalte ist, ist der Schritt der
Kommission nur konsequent.
Dennoch sollten wir nicht zu euphorisch sein. Allein
die Erfahrung in den deutschen Ländern und Kommu-
nen, die bereits eine doppische Buchführung eingeführt
haben, zeigt, dass eine gute und richtige Idee in der Pra-
xis nicht immer zu besseren Ergebnissen führt. Beruht
doch ein doppisches System notwendigerweise auf einer
Menge nicht immer objektiver Annahmen und Bewer-
tungen.
Wenn ich also den Ansatz der Kommission im Kern
als richtig bezeichne, möchte ich uns aber auch gleich-
zeitig zu einer gewissen kritischen Vorsicht mahnen.
Kosten und Nutzen müssen gerade bei diesem Projekt
sorgfältig abgewogen werden. Gerade in Deutschland
wären die Kosten einer Einführung eines doppischen
Systems der Buchführung relativ hoch. Denn im Ergeb-
nis würde die Einführung von EPSAS auch eine Verein-
heitlichung des Rechnungswesens in Deutschland be-
deuten. Zudem gilt es die komplizierte Umsetzung im
deutschen Föderalismus zu beachten.
Der Deutsche Bundestag wird daher den Prozess der
Erarbeitung eines europäischen Standards EPSAS, der
noch ganz am Anfang steht, eng begleiten. Für uns ist
von besonderer Bedeutung, dass eine mögliche Harmo-
nisierung den verfassungsrechtlichen Prinzipien der
Budgethoheit des Deutschen Bundestages Rechnung
trägt. Zudem ist es uns wichtig, dass die Bundesregie-
rung, die die Verhandlungen führt, sicherstellt, dass die
etwaige Einführung dieser Standards die Aufstellung,
den Inhalt und die Ausführung der Haushaltspläne der
Gebietskörperschaften der Mitgliedstaaten nicht berührt.
Auf keinen Fall darf es zu einer Schwächung der Kon-
trollmöglichkeiten des Deutschen Bundestags im Haus-
haltsvollzug kommen.
Ziel soll sein, durch eine aktive Mitgestaltung der
EPSAS darauf hinzuwirken, dass bewährte deutsche
Rechnungslegungsgrundsätze ausreichend Beachtung
finden und die Einführung der bzw. Umstellung auf die
neuen Standards mit möglichst geringem Aufwand erfol-
gen könnte. Vor dem Hintergrund dieser Eckpfeiler bin
ich zuversichtlich, dass die europäische Diskussion über
einheitliche Buchungsgrundsätze für den öffentlichen
Sektor am Ende auch zu einem nützlichen Ergebnis füh-
ren kann. Der Deutsche Bundestag wird diesen Prozess
jedenfalls konstruktiv kritisch begleiten.
Carsten Schneider (Erfurt) (SPD): Am 8. Novem-
ber 2011 verabschiedete der Rat der Europäischen Union
im Rahmen des Gesetzgebungspakts, das als „Sechser-
pack“ bekannt wurde, auch eine Richtlinie, die die
Anforderungen an die haushaltspolitischen Rahmen der
Mitgliedstaaten näher definiert. Sie schreibt vor, dass die
Mitgliedstaaten vergleichbare, vollständige und zuver-
lässigere Haushaltsdaten an die EU-Ebene übermitteln
müssen.
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Einerseits wird durch diese Richtlinie die Vergleich-
arkeit der Haushalte und der Rechnungslegung der
taaten verbessert. Die Refinanzierungsschwierigkeiten
iniger Euro-Staaten als Konsequenz der Finanzmarkt-
rise haben gezeigt, dass hier Handlungsbedarf besteht.
ndererseits sind wir in der EU und im Euro-Raum von
inheitlichen, harmonisierten Rechnungsführungsgrund-
ätzen für den öffentlichen Sektor noch weit entfernt. Es
ibt mit den International Public Sector Accounting
tandards, IPSAS, schon einen allgemeinen Vorschlag.
ufgabe der Kommission war es, uns zu berichten, ob
iese Standards eine taugliche Grundlage für europäi-
che Grundsätze sein könnten.
Die Kommission kommt zu der grundsätzlich richti-
en Auffassung, dass noch Handlungsbedarf besteht. Sie
tellt aber zutreffend fest, dass wir nichts damit gewin-
en, internationale Standards einfach so in Europa zu
bernehmen. Die staatlichen Strukturen in den Mitglied-
taaten sind sehr unterschiedlich. In Deutschland genie-
en die Gemeinden den besonderen Schutz des Grund-
esetzes, und ihre Rechnungslegung unterscheidet sich
on der der Länder und der des Bundes. Einige Kommu-
en und Länder sind zur kaufmännisch orientierten
ilanzierung übergegangen, weil es für sie zweckmäßi-
er und passender ist. Für den Bund kann sie nicht
infach übernommen werden, das wäre nicht dienlich.
Rahmen der Bemühungen um ein modernisiertes
echnungswesen des Bundes haben wir lange diskutiert,
ass wir es schaffen müssen, den aktuellen Zeitwert von
vestitionen zielführender abzubilden. Das Fachwort
ierfür ist erweiterte Kameralistik. Doch ansonsten
aben sich unsere Rechnungsführungsgrundsätze für
und, Länder und Kommunen bislang bewährt. Vieles
on dem, was die Kommission vorschlägt, zum Beispiel
ine Periodenabrechnung, haben wir schon, sie ent-
pricht unserer mittelfristigen Finanzplanung, die die
undesregierung dem Bundestag jährlich vorlegen
uss.
Darauf können wir in Europa aufbauen, und ich be-
rüße, dass die Kommission einen gründlichen Prozess
orschlägt. Gemeinsam mit allen Mitgliedstaaten sollen
uropäische Rechnungsführungsgrundsätze für den öf-
ntlichen Sektor entwickelt werden, und „Mitgliedstaa-
n“ muss hier heißen: auch mit den Gebietskörperschaf-
n und Parlamenten; denn wir müssen stets daran
rinnern: Das Haushaltsrecht ist und bleibt das Königs-
cht des Parlaments. Das umfasst auch die Rechnungs-
gung. Für den Bundestag ist deshalb von besonderer
edeutung, dass jede weitere Harmonisierung unseren
erfassungsrechtlichen Prinzipien und der Budgethoheit
es Bundestages Rechnung trägt. Auch Kosten-Nutzen-
spekte müssen wir beachten. Und damit das sicherge-
tellt ist, werden wir uns als Parlament mit dieser
tellungnahme frühzeitig in den Prozess auf europäi-
cher Ebene einschalten. Es liegt an uns, sicherzustellen,
ass die Erarbeitung neuer Standards die Aufstellung,
en Inhalt und die Ausführung der Haushaltspläne von
und, Ländern und Gemeinden nicht berührt. Wir
ollen nicht, dass die Kontrollmöglichkeiten des Bun-
estages im Haushaltsvollzug geschwächt werden. Wir
ollen, dass in dem weiteren Prozess die Belange und
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32403
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die Erfahrungen der Länder und Kommunen mit einbe-
zogen werden, und ich darf hinzufügen, auch die des
Bundesrechnungshofes. In seiner grundgesetzlich ge-
schützten Unabhängigkeit ist der Bundesrechnungshof
Mahner und Berater zugleich. Das soll er bleiben.
Deswegen fordern wir, dass der Bundestag im gesam-
ten Verhandlungsprozess fortlaufend, umfassend und
frühestmöglich zu beteiligen ist, und wir wollen einen
regelmäßigen Bericht im Haushaltsausschuss. Gleiches
gilt für die anderen Mitgliedstaaten. Einheitliche öffent-
liche Rechnungsführungsgrundsätze werden nur dann
hilfreich sein, wenn sie von den Haushaltsgesetzgebern
akzeptiert und angewandt werden können. Klarheit und
Transparenz ist nicht immer eine Selbstverständlichkeit
für europäische Vorlagen. Deshalb müssen wir frühzeitig
mitmischen.
Otto Fricke (FDP): Der sehr klug handelnde Unter-
ausschuss des Haushaltsausschusses zu Fragen der Euro-
päischen Union hat einen Bericht der EU-Kommission
zur Frage der Errichtung einheitlicher Rechnungslegung
für öffentliche Haushalte dem Haushaltsausschuss als
Ganzes zur Debatte vorgelegt. Aufgrund der nicht zu un-
terschätzenden Bedeutung von Rechnungslegungsvor-
schriften für die Haushaltspolitik insgesamt, aber auch
für die Stellung des Parlaments im Haushaltsgefüge, ha-
ben die Koalitionsfraktionen ausnahmsweise beschlos-
sen, von dem Recht des Haushaltsausschusses Gebrauch
zu machen, in dieser Sache eine Stellungnahme des
Deutschen Bundestages herbeizuführen.
Worum geht es im Konkreten? Die Kommission ist in
ihrem Bericht zu dem Ergebnis gekommen, dass die
sogenannten International Public Sector Accounting
Standards, kurz IPSAS, in ihrer jetzigen Form als Rech-
nungsführungsstandards für die Mitgliedstaaten der Eu-
ropäischen Union zwar nicht eins zu eins geeignet sind,
jedoch als Ausgangspunkt für noch zu entwickelnde Eu-
ropäische Rechnungsführungsstandards, European Pub-
lic Sector Acounting Standards, EPSAS, dienen sollen.
Aus dem Bericht ist erkennbar, dass die Kommission
einheitliche, für alle staatlichen Ebenen aller Mitglied-
staaten verbindliche Standards, die auf dem Prinzip der
kaufmännischen doppelten Buchführung beruhen, an-
strebt. Die Kommission könnte sich bei der Erreichung
dieses Ziels einer Rahmenverordnung als möglichem
rechtlichem Instrument bedienen. Bis es hierzu kommt,
wird es sicherlich noch einer Vorbereitungsphase mit
weiteren Konsultationen zur Gewinnung weiterer An-
sichten und zur Entwicklung eines Fahrplans bedürfen.
Um bereits in dieser frühen Phase eine klare Positio-
nierung des Deutschen Bundestages in dieser überaus
bedeutsamen Frage auch und insbesondere gegenüber
der europäischen Ebene herauszustellen, haben die Ko-
alitionsfraktionen eine Stellungnahme erarbeitet.
In dieser Stellungnahme geht es uns insbesondere da-
rum, dass die hergebrachten und letztlich verfassungs-
rechtlich gebotenen Parlamentsrechte des Deutschen
Bundestages, also nicht nur des Haushaltsausschusses,
bei der Begleitung des Haushaltsaufstellungsverfahrens,
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er Beratung des Haushaltes sowie seiner Verabschie-
ung, aber auch der intensiven Kontrollmöglichkeit im
aushaltsvollzug, bewahrt bleiben. Hierbei geht es da-
m, dass mittels der kameralen Buchführung die größt-
ögliche Transparenz für die Ausübung des „Königs-
chts“ des Parlaments erhalten bliebe. Im Gegensatz
azu halten wir die sogenannte kaufmännische Buchfüh-
ng für intransparent und trügerisch, dies deshalb, weil
ber die Einbeziehung sämtlicher Vermögenswerte des
undes in eine bilanzielle Buchführung schnell der Ein-
ruck entstehen kann, dass man mit der vorhandenen
taatsverschuldung eigentlich kein Problem habe und
arüber hinaus die Zusammenfassung verschiedener
aushaltstitel zu sogenannten Produkthaushalten die
arlamentarische Budgethoheit in entscheidender Weise
u beschränken vermag. Zudem ist die parlamentarische
teuerung des Haushalts durch das Parlament erheblich
eschränkt. Die Erfahrungen auf kommunaler Ebene mit
en dortigen neuen Rechnungslegungsvorschriften,
KH, zeigen deutlich, wie gefährlich und schlecht die
egelungen der Doppik, so gut diese in der Wirtschaft
t, sich bei der Frage der Parlamentsbeteiligung darstel-
n.
Mit unserer Stellungnahme geben wir der Bundesre-
ierung bei den anstehenden Verhandlungen in Brüssel
as klare Mandat, die von uns aufgezeigten Grundsätze
on Transparenz und Nachvollziehbarkeit, wie sie das
amerale System bietet, nicht preiszugeben. Es würde
ns zudem freuen, wenn der Bundesrechnungshof dieses
erfahren aufmerksam begleitetet.
Für viele mag dieses Thema trocken und langweilig
rscheinen; in der Konsequenz, die es für die Ausübung
es freien Mandates als Abgeordneter hat, ist dieses
hema jedoch in höchstem Maße spannend und bedeut-
am.
Steffen Bockhahn (DIE LINKE): Grundsätzlich ist
ie Idee, einheitliche Buchführungs- und Bilanzierungs-
tandards innerhalb der Europäischen Union zu schaffen,
u begrüßen. Wer sich einmal für einen gemeinsamen
innenmarkt entschieden hat, benötigt auch einheitliche
echnungsführungsstandards. 27 Rezepte, mit dem EU-
eitritt Kroatiens am Montag dann 28, für ein und die-
elbe Suppe bieten in der Küche zwar eine gute Ab-
echslung, sind im Haushaltswesen jedoch kontrapro-
uktiv. Hier ist es notwendig, eine Vergleichbarkeit der
U-Mitgliedstaaten zu erreichen. Nur so können Haus-
altsdaten und ihre Finanzstabilität zuverlässig geprüft
nd die Einhaltung der Maastricht-Kriterien kontrolliert
erden.
Für die Bundesrepublik Deutschland als ein föderal
rganisiertes Land würde die Einführung einheitlicher
echnungsführungsstandards jedoch auch einen erhebli-
hen Kostenaufwand bedeuten. Die Europäische Kom-
ission schätzt diesen auf bis zu 0,1 Prozent des Brutto-
landsprodukts. Laut Kommission müssten also bis zu
,5 Milliarden Euro für eine Umstellung der Rechnungs-
hrung innerhalb von zehn Jahren eingeplant werden.
as Bundesfinanzministerium dagegen kann die finan-
iellen Auswirkungen für Deutschland derzeit noch gar
32404 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
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nicht präzise abschätzen. Für alle staatlichen Ebenen,
also inklusive Länder und Kommunen, geht das BMF
lediglich von einem einstelligen Milliardenbetrag aus.
Eine Verdreifachung der Kosten ist im schlimmsten Fall
also nicht auszuschließen.
Für die kleinsten Verwaltungsebenen, die Kommu-
nen, ist dies, angesichts notorisch klammer Kassen, je-
doch eine desaströse Aussicht. Zwar hat ein Teil der
Kommunen schon jetzt auf ein doppisches Rechnungs-
wesen umgestellt, um einheitliche Begrifflichkeiten zu
schaffen wird eine nochmalige Anpassung der Standards
jedoch unumgänglich. Schon jetzt müssen Schulen
schließen, kulturelle Angebote können nicht mehr geför-
dert, und dringend notwendige Infrastrukturmaßnahmen
müssen aufgeschoben werden, weil die Kommunen kei-
nen finanziellen Spielraum mehr haben. Es geht also
nicht, dass auf höchster Ebene eine mit massiven und
nicht absehbaren Kosten verbundene Umstellung der
Rechnungsführung beschlossen wird, die die Kommu-
nen dann allein schultern müssen. Bevor einheitliche
EPSAS erarbeitet werden, muss innerhalb Deutschlands
erst einmal geklärt werden, wie dieses Reformvorhaben
finanziert und mit dem Austeritätsprinzip vereinbart
werden kann, ohne dass dafür bestehende Ausgaben im
Bereich der allgemeinen Daseinsvorsorge und der not-
wendigen öffentlichen Verwaltung weiter gekürzt wer-
den müssen.
Darüber hinaus muss darauf geachtet werden, dass
neben dem doppischen Rechnungswesen auch eine ent-
sprechende doppische Haushaltsplanung eingeführt
wird. Wird dies, wie im Bericht der Europäischen Kom-
mission, nicht beachtet, besteht die Gefahr, dass zwar
doppisch gebucht, de facto jedoch eine kamerale, also
am Geldverbrauchskonzept orientierte Haushaltsplanung
beibehalten wird. Die wichtigste Steuerungsebene Haus-
haltsplanung würde damit weiterhin in alten Denkstruk-
turen verhaftet bleiben.
Die Einführung von EPSAS setzt somit einen umfas-
senden Reformprozess innerhalb aller europäischen Mit-
gliedstaaten voraus. Wenn die Bundesregierung möchte,
dass nicht nur doppisch gebucht, sondern auch doppisch
geplant wird, muss sie sich aktiv in den Prozess der Erar-
beitung der Standards einbringen. Letztlich ist das auch
ein Weg, um zu gewährleisten, dass trotz neuer Regelun-
gen die Budgethoheit der Parlamente und Gemeindever-
tretungen in der Bundesrepublik Deutschland beibehal-
ten wird.
Zum Schluss möchte ich aber noch darauf hinweisen,
dass auch die Buchung in einem doppischen Verfahren
Haushaltsnotlagen nicht lösen kann. Im Gegenteil führt
sie gelegentlich sogar zu einer Verschärfung. Ich bin
Vorsitzender des Finanzausschusses der Rostocker Bür-
gerschaft und erlebe dort immer wieder, welche Heraus-
forderungen es mit sich bringt, doppisch zu buchen. Al-
lein bei uns müssen jedes Jahr 32 Millionen Euro
Abschreibungen erwirtschaftet werden, Geld, das eigent-
lich nicht da ist, nur auf dem Papier bewegt wird und
letztlich zu einem Minus im Haushalt führt. Da sollten
sich die europäischen Rechnungsprüfer noch einmal ver-
ständigen, wie so etwas verhindert werden kann.
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Priska Hinz (Herborn) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
EN): In der Staatschuldenkrise hat sich deutlich ge-
eigt, dass es bei der Berechnung der Haushaltslage
inzelner Staaten massive Probleme gab. Die meisten
U-Mitgliedstaaten wenden unterschiedliche Berech-
ungssysteme an, die häufig sehr komplex und teilweise
nfällig für Fehler oder Manipulationen sind. Das darf
icht so bleiben!
Es ist dringend erforderlich, dass die europäischen
egierungen ihre Finanzstabilität in Zukunft zweifelsfrei
achweisen können und in der Berichterstattung über die
ffentlichen Finanzen deutlich mehr Stringenz und
ransparenz erreichen. In allen Ländern der Europäi-
chen Union sollte künftig die sogenannte Periodenrech-
ung angewendet werden. Das heißt, dass Haushalts-
aten wie die Neuverschuldung oder der Schuldenstand
ezielt für einen genau definierten Zeitabschnitt erhoben
erden. Das verbessert die Vergleichbarkeit der Daten
nd verhindert bereits einige Statistiktricks. Auch die
ualität der Daten muss verbessert werden. Eine
armonisierung der Rechnungsführungssysteme aller
taatlichen Ebenen in der EU kann dazu entscheidend
eitragen. Neben interner Kontrolle ist auch externe Prü-
ng notwendig, um die Einhaltung von Qualitäts-
ormen sicherzustellen.
Eine Harmonisierung der Rechnungslegungsstan-
ards innerhalb der EU bietet also erhebliche Vorteile.
erzeit bilden die International Public Sector Accoun-
ng Standards, kurz IPSAS, die einzige international an-
rkannte Zusammenstellung von Rechnungsführungs-
rundsätzen für den öffentlichen Sektor. Die IPSAS
ollten deshalb auch die Grundlage für die Entwicklung
emeinsamer europäischer Standards, der sogenannten
PSAS, sein. Darin sind sich die meisten Expertinnen
nd Experten einig.
Trotz der Vorteile sollten allerdings auch die Kosten
er Einführung solcher Standards beachtet werden. Ei-
ige Länder haben bereits Erfahrung mit der Einführung
iner Periodenrechnung und stellen entsprechende Infor-
ationen bereit. Die auf der Grundlage dieser Informa-
onen geschätzten Kosten einer Umstellung sind erheb-
ch. Die Kosten aufgrund von Periodenrechnung und
eformen der Haushaltsplanung in den vergangenen
ehn Jahren wurden zum Beispiel in Frankreich auf
,5 Milliarden Euro beziffert. Darüber hinaus legen die
rfahrungen nahe, dass es für die Mitgliedstaaten sinn-
oll sein könnte, bei der Einführung der neuen Rech-
ungsführungsgrundsätze auch ihre Systeme der öffent-
chen Finanzverwaltung zu modernisieren.
Die Einführung von gemeinsamen europäischen Stan-
ards zur Rechnungslegung ist wünschenswert, der Auf-
and ist aber nicht zu unterschätzen. Seitens des Finanz-
inisteriums sollte deshalb zunächst dargestellt werden,
uf welchen staatlichen Ebenen welche Änderungen
elche Kosten verursachen würden. Daneben muss die
rage geklärt werden, ob die vielen bereits vorhandenen,
um Teil makroökonomischen Instrumente wie der ge-
amte Stabilitäts- und Wachstumspakt mit seinen Ergän-
ungen und Verschärfungen nicht erst einmal vollum-
nglich in Kraft treten und erprobt werden sollten,
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32405
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bevor so ein bürokratischer Kraftakt zur Modernisierung
und Harmonisierung der zugrunde liegenden Daten voll-
zogen wird.
Hier sind noch einige Fragen zu klären, aber das Ziel
ist richtig. Ich begrüße deshalb sehr, dass wir im
Haushaltsausschuss zusammen mit der Koalition und
den Sozialdemokraten einen gemeinsamen Antrag er-
reicht haben, um die Grundlage für die ersten Schritte
dieses komplexen Projekts auf den Weg zu bringen.
Hartmut Koschyk, Parl. Staatssekretär beim Bun-
desminister der Finanzen: Die Beschlussempfehlung,
die heute im Plenum des Deutschen Bundestages beraten
wird, geht zurück auf einen Bericht der EU-Kommission
vom 6. März 2013. Mit dem vorliegenden Bericht
kommt die Europäische Kommission einem Auftrag aus
der Richtlinie 2011/85/EU des Rates vom 8. November
2011 über die Anforderungen an die haushaltspoliti-
schen Rahmen der Mitgliedstaaten nach, in der sie be-
auftragt wird, zu prüfen, ob die internationalen Rech-
nungsführungsgrundsätze für den öffentlichen Sektor,
IPSAS, eine geeignete Bilanzierungs- und Buchfüh-
rungsgrundlage für die Mitgliedstaaten der EU sein kön-
nen
Die Kommission kommt in dem Bericht zum Ergeb-
nis, dass die IPSAS zwar nicht direkt für diese Zweck
herangezogen werden können, die EU aber von ihnen
ausgehend eigenständige Buchführungsgrundsätze
entwickeln könne. Der Bericht macht deutlich, dass die
EU-Kommission die Schaffung einheitlicher Buchfüh-
rungs- und Bilanzierungsstandards auf der Grundlage
der kaufmännischen doppelten Buchführung, soge-
nannte EPSAS, anstrebt, die für alle staatlichen Ebenen
in allen Mitgliedstaaten der EU gelten sollen
Die Initiative der Kommission ist vor dem Hinter-
grund der Staatsschuldenkrise zu sehen. Das Statistische
Amt der Kommission möchte die Qualität der Meldun-
gen der Mitgliedstaaten zum Schuldenstand und zum
jährlichen Defizit dadurch verbessern, dass die zugrunde
liegenden Daten ausnahmslos aus kaufmännischen
Buchhaltungen erzeugt werden, für die europaweit ein-
heitliche Buchführungsregeln gelten. Von einer Verbes-
serung der Datenqualität verspricht sich die Kommission
auch eine bessere haushaltspolitische Überwachung der
Mitgliedstaaten. Die Bundesregierung ist der Auffas-
sung, dass die von Deutschland gelieferten Zahlen zu
Schuldenstand und Defizit bisher keinen Anlass zu
grundlegender Kritik gegeben haben. Gleichwohl hat die
Bundesregierung durchaus Verständnis für das von der
Kommission verfolgte Ziel der Verbesserung der Daten-
qualität.
Der Deutsche Bundestag möchte den weiteren von
der Kommission im Bericht vorskizzierten Prozess zur
Erarbeitung der EPSAS eng begleiten. Für den Deut-
schen Bundestag ist von besonderer Bedeutung, dass
jedwede Harmonisierung den verfassungsrechtlichen
Prinzipien der Budgethoheit des Deutschen Bundestages
Rechnung trägt. Die Bundesregierung wird daher aufge-
fordert, sicherzustellen, dass die etwaige Einführung die-
ser Standards die Aufstellung, den Inhalt und die Aus-
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hrung der Haushaltspläne der Gebietskörperschaften
er Mitgliedstaaten nicht berührt und dass es zu keiner
chwächung der Kontrollmöglichkeiten des Deutschen
undestags im Haushaltsvollzug kommt. Die Kommis-
ion selbst hat zwar dargelegt, dass die Haushaltsbuch-
hrung von der Harmonisierung nicht betroffen sein
oll. Es erscheint aber auch aus Sicht der Bundesregie-
ng wichtig, gegenüber der Kommission vorsorglich
arauf hinzuweisen, dass durch die etwaige Einführung
er EPSAS der Inhalt der Haushaltspläne und das Haus-
altsverfahren nicht beeinflusst werden darf.
Bei der konkreten Ausgestaltung eines europaweit
inheitlichen Rechnungswesens sind nach der Be-
chlussempfehlung auch Kosten-Nutzen-Aspekte zu be-
chten. Dieser Aspekt ist insofern sehr bedeutsam, als es
ach den Kostenschätzungen der Kommission für
eutschland zu Gesamtkosten von circa 500 Millionen
uro bis 2,5 Milliarden Euro kommen kann, wenn alle
ebietskörperschaften die EPSAS auf der Basis einer
ächendeckenden kaufmännischen Buchführung einfüh-
n. Wie viel es tatsächlich insgesamt kosten würde,
ann derzeit niemand verlässlich schätzen. Deutschland
äre in besonderem Maße von der Pflicht betroffen, auf
ie kaufmännische Buchführung umzustellen, weil der
und und die Bundesländer, die bisher an der kameralen
uchführung festgehalten haben, einen durchaus be-
ächtlichen Umstellungsaufwand im Bereich der IT und
ei der Schulung des Personals haben werden. Bei den
ielen Gemeinden dagegen, welche die kaufmännische
uchführung bereits eingeführt haben, würden sich die
osten infolge der Umstellung von den bisher prakti-
ierten HGB-nahen Buchführungsregeln auf die EPSAS
ohl eher in einem überschaubaren Rahmen halten.
Die Bundesregierung wird daher entsprechend der
eschlussempfehlung durch aktive Mitgestaltung der
PSAS darauf hinwirken, dass die Einführung der bzw.
mstellung auf die neuen Standards mit möglichst ge-
ngem Aufwand erfolgen könnte. Um dies sicherzustel-
n, ist der Bundesrechnungshof bei dem gesamten Ver-
hren zu beteiligen.
Da einige Bundesländer und viele Kommunen bereits
uf ein kaufmännisches Rechnungswesen umgestellt ha-
en, sollte die Bundesregierung bei der Mitgestaltung
er EPSAS die Belange und Erfahrungen der Länder und
ommunen mit einbeziehen. Bewährte deutsche Rech-
ungslegungsgrundsätze, die in den Kommunen teil-
eise schon viele Jahre erprobt sind, wie zum Beispiel
as Vorsichtsprinzip, sollten ausreichend Beachtung fin-
en. Im Ergebnis würde die Einführung von EPSAS
uch eine Vereinheitlichung des Rechnungswesens in
eutschland bedeuten.
Wichtig ist uns auch, dass der Deutsche Bundestag
ährend des gesamten Verhandlungsprozesses fortlau-
nd, umfassend und frühestmöglich beteiligt wird. Vor
iner Zustimmung der Bundesregierung zu einem
echtsakt der Kommission im Zusammenhang mit der
inführung einheitlicher europäischer Rechnungsfüh-
ngsgrundsätze ist der Deutsche Bundestag rechtzeitig
u konsultieren. Dem Haushaltsausschuss des Deutschen
undestages ist zum 1. Februar 2014 ein erster Bericht
32406 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
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über den Stand der Aktivitäten der Kommission zur Ein-
führung einheitlicher Rechnungsführungsstandards in
den Mitgliedstaaten der EU vorzulegen.
Lassen Sie mich zum Abschluss betonen, dass nach
dem Verständnis der Bundesregierung mit dieser Be-
schlussempfehlung noch keine Vorentscheidung für eine
Einführung einheitlicher Rechnungsführungsstandards
auf der Grundlage einer flächendeckenden kaufmänni-
schen Buchführung getroffen wird. Die Bundesregierung
wird das weitere Vorgehen der Kommission kritisch be-
gleiten und zu gegebener Zeit entscheiden, ob sie einem
Rechtsakt der Kommission, der auf eine verbindliche
Einführung einheitlicher Rechnungsführungsstandards
in allen Mitgliedsstaaten der EU abzielt, unter Berück-
sichtigung aller relevanten Aspekte zustimmen kann
oder nicht.
Anlage 32
Zu Protokoll gegebene Reden
zur Beratung des Entwurf eines Gesetzes zur
Einrichtung eines Registers über unzuverläs-
sige Unternehmen (Korruptionsregister-Gesetz)
(Zusatztagesordnungspunkt 13)
Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU): Worüber wir hier
heute debattieren, dürfte uns doch allen sehr bekannt
vorkommen. Wir erinnern uns nur zu gut, dass Sie,
meine lieben Kolleginnen und Kollegen von den Grü-
nen, in der 16. Wahlperiode schon einmal einen Gesetz-
entwurf zur Einrichtung eines Korruptionsregisters vor-
gelegt hatten. Diesen Entwurf hatten wir aus guten
Gründen abgelehnt.
Es zeichnet Sie ja grundsätzlich aus, dass Sie nicht so
schnell aufgeben und hartnäckig bleiben, wenn Sie ein
Ziel vor Augen haben. Aber Sie sollten auch bedenken,
dass Hartnäckigkeit oft schnell in Verbissenheit um-
schlägt, und das lässt einen nicht unbedingt sympathi-
scher, geschweige denn kompetenter wirken.
Auch bei Ihrem Gesetz zur Einrichtung eines Korrup-
tionsregisters sollten Sie einsehen, dass es keinen Sinn
macht. Hierfür nenne ich Ihnen auch gerne die Gründe:
Erstens. Der Entwurf kommt zur falschen Zeit. Die Ein-
führung eines bundesweiten Korruptionsregisters kann
nicht isoliert von der Umsetzung der in den nächsten
Monaten zu erwartenden neuen EU-Vorgaben zum Ver-
gaberecht erfolgen. Die neuen EU-Richtlinien werden
einen Katalog zwingender und fakultativer Gründe für
den Ausschluss von Bietern enthalten. Zudem werden
sie auch die Voraussetzungen und Modalitäten der mög-
lichen Selbstreinigung von Bietern nach Korruptionsta-
ten regeln. Die Einführung eines Korruptionsregisters
sollte deshalb erst in der nächsten Legislaturperiode zu-
sammen mit der Umsetzung der neuen EU-Vorgaben an-
gegangen werden. Zweitens. Auch wenn die Einführung
eines bundesweiten Korruptionsregisters zwar an sich
erwägenswert erscheint, ist Ihr Entwurf dafür nicht die
geeignete Grundlage. Die Einführung eines Korruptions-
registers setzt die Klärung wichtiger Fragen voraus, die
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Ihrem Gesetzesvorschlag nicht ausreichend berück-
ichtigt oder nicht zufriedenstellend gelöst wurden. Bei
er öffentlichen Anhörung am 25. Februar 2013 wurden
ilweise deutliche Bedenken gegen einzelne Punkte des
orgelegten Gesetzentwurfs geäußert. Eine Eintragung
ein solches Register stellt für das betroffene Unterneh-
en einen Grundrechtseingriff dar. Außerdem kann eine
intragung eine Prangerwirkung für das betroffene Un-
rnehmen oder einzelne Personen haben. Mögliche gra-
ierende Folgen reichen bis hin zur Existenzgefährdung
r ein Unternehmen und mithin der Arbeitsplätze.
Vor diesem Hintergrund muss die Ausgestaltung eines
undesweiten Korruptionsregisters im Einzelnen sorg-
ltig geprüft werden. Insbesondere muss sichergestellt
erden, dass es einen Anspruch auf Löschung einer un-
chtigen Eintragung gibt. Ferner muss die Regelung des
echtsschutzes genau geprüft werden. Bei der Anhörung
urde zu Recht kritisiert, dass im Gesetzentwurf die
uflistung der Delikte, derentwegen eine Eintragung er-
lgen soll, nicht abschließend sei. Das erfülle nicht die
nforderungen an die Normenklarheit und -bestimmt-
eit, die bei einem Grundrechtseingriff zu stellen sind.
Übrigen ist der Name Korruptionsregister irrefüh-
nd, wenn auch Delikte einzutragen seien, die nichts
it Korruption zu tun haben.
Auch der Punkt, ab wann keine vernünftigen Zweifel
n der Täterschaft bestehen und deshalb eine Eintragung
rfolgen muss, sollte klarer als in dem vorgelegten Ge-
etzentwurf geregelt werden. Es können durchaus noch
ernünftige Zweifel an der Schuld bestehen, wenn ein
trafverfahren nach § 153 a StPO eingestellt wird oder
ine zivilrechtliche Verurteilung zu Schadensersatz vor-
egt. Daher sollte dann möglicherweise noch keine Ein-
agung erfolgen.
Die Regelung, wonach eine Eintragung erst sechs
onate nachdem ein Unternehmen Selbstreinigungs-
aßnahmen durchgeführt hat, gelöscht werden kann, ist
icht überzeugend. Wenn das Unternehmen seine Zuver-
ssigkeit durch Selbstreinigungsmaßnahmen wiederher-
estellt hat, muss die Eintragung sofort gelöscht werden.
Das Verhältnis eines Korruptionsregisters zu den be-
its bestehenden Registern – dem Bundeszentralregister
nd dem Gewerbezentralregister – muss geklärt werden,
m eine optimale Verzahnung zu erreichen. Vor der Ein-
hrung eines bundesweiten Korruptionsregisters wird
uch eingehend zu prüfen sein, welche Verwaltungsbe-
örde in welchem Geschäftsbereich mit der Einrichtung
nd Führung des Registers beauftragt werden soll. Der
esetzentwurf sieht das BAFA als Registerbehörde vor.
ür diese zusätzliche Aufgabe stehen dem BAFA aber
ohl keine hinreichenden Personal- und Sachmittel zur
erfügung. Außerdem müsste geprüft werden, ob nicht
ine andere Behörde besser dafür geeignet wäre.
Ein solches Register sollte so effizient wie möglich
usgestaltet werden, um die bürokratischen Belastungen
r die Vergabestellen, die Strafverfolgungsbehörden,
ber auch die Unternehmen so gering wie möglich zu
alten. Dafür muss unter anderem geklärt werden, ab
elchem Auftragswert eine Abfragepflicht der Vergabe-
telle besteht und ob sie nur im Hinblick auf den erfolg-
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32407
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reichen Bieter oder im Hinblick auf alle Bieter eine Ein-
tragung abfragen muss.
Sie sehen, dass es sich um einen Gesetzentwurf han-
delt, der viele inhaltliche Fragen aufwirft, teilweise un-
präzise ist und der zur falschen Zeit kommt. Deshalb
muss ich Ihnen leider sagen, meine Kolleginnen und
Kollegen, dass Sie aus Ihren Fehlern der 16. Wahlpe-
riode offenbar nicht viel gelernt haben und es auch jetzt
wieder gute Gründe für uns gibt, warum wir Ihren Ge-
setzentwurf ablehnen müssen. Es wäre einer guten Poli-
tik für unser Land dienlich, wenn Sie sich an den Reali-
täten orientieren und ausgereifte Vorschläge vorlegen
würden. Nicht nur dieser Fall zeigt, dass Sie damit Pro-
bleme haben.
Deshalb ist es auch gut, dass nicht Sie, sondern die
christlich-liberale Koalition die Regierung stellen.
Ingo Egloff (SPD): Nach geltendem Vergaberecht
sollen öffentliche Aufträge nur an gesetzestreue und zu-
verlässige Firmen vergeben werden. So bestimmt es § 97
Abs. 4 GWB und die in seinem Gefolge erlassenen un-
tergesetzlichen Regeln von VOL, VOB, VOF und
SektVO.
Diese Regelung hat der Gesetzgeber aus gutem Grund
getroffen; denn gerade wenn öffentliche Aufträge verge-
ben werden, die mit Steuergeld finanziert werden, hat
die Bevölkerung ein Recht darauf, dass diese Gelder nur
an gesetzestreue Auftragnehmer gezahlt werden, und die
unterlegenen Mitbewerber haben ein Anrecht darauf,
dass sich niemand aufgrund eines Gesetzesverstoßes ei-
nen Vorteil bei der Erlangung eines öffentlichen Auftra-
ges verschafft.
Dies hat wettbewerbsrechtliche Gründe, aber auch
solche der Staatsräson, muss doch der Staat als Auftrag-
geber darauf achten, dass sich die Firmen, die er beauf-
tragt, an Gesetze halten, und zwar nicht nur an die
Regeln des Wettbewerbsrechtes, sondern auch an solche
des Sozialversicherungsrechts; denn die Einhaltung die-
ser Bestimmungen ist konstitutiv für unseren sozialen
Rechtsstaat.
Deshalb begrüßt die SPD den Gesetzentwurf von
Bündnis 90/Die Grünen über die Einrichtung eines
Korruptionsregisters ausdrücklich und unterstützt ihn.
Es ist auch richtig, dass über den Tatbestand der Kor-
ruption hinaus weitere Straftaten und Verstöße gegen
unterschiedlichste Gesetze aufgegriffen werden. Ein
Staat, der von seinen Unternehmen verlangt, dass sie
sich auch im internationalen Wettbewerb an Compli-
ance- und Governance-Regeln halten, muss ein In-
strument schaffen, das es gewährleistet, dass sich nur ge-
setzestreue Unternehmen an öffentlichen Aufträgen
beteiligen dürfen.
Die bundesweite Regelung sorgt dafür, dass hier der
Vorwurf nicht greift, der verschiedentlich gegen von
Bundesländern eingeführte Regelungen erhoben wird:
Unternehmen können dann nämlich nicht durch Wechsel
des Bundeslandes dieser Meldung ausweichen, sondern
hier wird bundesweit erfasst, wer gegen solche Regeln
verstoßen hat.
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Insbesondere begrüße ich die klare Regel in
3 Abs. 2 des Gesetzentwurfes, unter welchen Umstän-
en Unternehmen beziehungsweise Unternehmer dem
egister gemeldet werden dürfen. Dies verhindert Miss-
rauch und schafft auch Vertrauen in das Register.
Nun soll niemand meinen, dass das Register Aus-
ruck eines allgemeinen Misstrauens gegen Unterneh-
er und Unternehmen ist. Das Gegenteil ist der Fall, und
ie große Zahl von Unternehmen, die sich korrekt ver-
alten, muss folglich auch keine Angst vor einer solchen
egelung haben.
Deshalb begrüßen wir, dass sich der Bundesverband
er Deutschen Industrie und der Deutsche Gewerk-
chaftsbund grundsätzlich für ein solches Register aus-
prechen. Wir sollten im Interesse und zum Schutz der
ich überwiegend gesetzestreu verhaltenden Unterneh-
en diese Regelung beschließen, damit den schwarzen
chafen von vornherein deutlich wird: Öffentliche Auf-
äge werden sie nicht bekommen, wenn ihr Verhalten
egen Gesetze verstößt.
Kein Verständnis haben wir dafür, dass die Koalition
Wirtschaftsausschuss durch ständige Vertagung – mit
er Argumentation, irgendwann würde es eine europäi-
che Lösung geben – eine Beschlussfassung und Positio-
ierung verhindern wollte. Dies erinnert fatal an ihre
auertaktik beim Thema Abgeordnetenbestechung.
Aber lassen Sie sich sagen: Die Zeit arbeitet hier ge-
en Sie. Die allgemeine Akzeptanz von Organisationen
ie Transparency International in Verbindung mit dem
aradigmenwechsel, der bei den Unternehmen selbst
tattgefunden hat, wird dafür sorgen, dass diese Rege-
ng kommt. Die Entwicklung wird Sie einfach überrol-
n, und dann müssen Sie sehen, dass Sie überhaupt noch
interherkommen. Auf der Höhe der Zeit sind Sie mit
rer Auffassung jedenfalls nicht.
Wir stimmen dem Gesetzentwurf zu, weil er gut und
otwendig ist.
Dr. Martin Lindner (Berlin) (FDP): Der vorliegende
ericht des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie
immt gemäß § 62 Abs. 2 der Geschäftsordnung zu dem
esetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen,
rucksache 17/11415, Stellung. Wichtige Fragen zur
inführung eines bundesweiten Korruptionsregisters
ind nicht ausreichend berücksichtigt oder nicht zufrie-
enstellend gelöst worden. Der Gesetzentwurf der Frak-
on Bündnis 90/Die Grünen greift hier zu kurz. Auch
ei der öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Wirt-
chaft und Technologie am 25. Februar 2013 haben wir
chon deutliche Bedenken gegen einzelne Punkte des
orgelegten Gesetzentwurfs geäußert.
In den nächsten Monaten erwarten wir die neuen EU-
orgaben zum Vergaberecht. Gegenwärtig wird in Brüs-
el das Legislativpaket der Europäischen Kommission
ur Modernisierung des Vergaberechts beraten, welches
uch Regelungen über den Ausschluss von wegen
orruption verurteilten Unternehmen sowie zur Selbst-
inigung enthält. Die Forderung nach der Einführung
ines bundesweiten Korruptionsregisters darf nicht iso-
32408 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
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liert von der sich schon abzeichnenden EU-Richtlinien-
umsetzung erfolgen. Die neuen EU-Richtlinien werden
einen Katalog zwingender und fakultativer Gründe für
den Ausschluss von Bietern enthalten. Zudem werden
sie auch die Voraussetzungen und Modalitäten der mög-
lichen Selbstreinigung von Bietern nach Korruptionsta-
ten regeln.
Denn eine solche Eintragung in ein bundesweites
Korruptionsregister stellt für das betroffene Unterneh-
men einen weitgehenden Eingriff dar. Es können gravie-
rende Folgen für die Existenz von Unternehmen entste-
hen, und dies muss gut überlegt sein. Daher müssen wir
die Ausgestaltung dieses Registers im Einzelnen sorgfäl-
tig prüfen und auch klären, wann ein Anspruch auf Lö-
schung besteht. Auch der Vorschlag, sechs Monate nach
der Selbstreinigung eines Unternehmens eine Lösung in
diesem Register zu vollziehen, ist nicht zu Ende gedacht.
Die Eintragung des Unternehmens in dem Register sollte
direkt nach den Maßnahmen der Selbstreinigung und die
damit verbundene Herstellung der Zuverlässigkeit sofort
gelöscht werden.
Zu den weiteren Schwachpunkten des Antrages von
Bündnis 90/Die Grünen gehört die Klarstellung, ab
wann ein vernünftiger Zweifel an der Täterschaft besteht
und daraus resultierend keine Eintragung in dieses Re-
gister geschehen soll. Es können durchaus noch vernünf-
tige Zweifel an der Schuld bestehen, wenn ein Strafver-
fahren nach § 153 a StPO eingestellt wird oder eine
zivilrechtliche Verurteilung zu Schadensersatz vorliegt.
Der Gesetzentwurf sieht das BAFA als Registerbe-
hörde vor. Für diese zusätzliche Aufgabe stehen dem
BAFA aber keine hinreichenden Personal- und Sachmit-
tel zur Verfügung. Außerdem müsste geprüft werden, ob
nicht eine andere Behörde besser dafür geeignet wäre.
Um die bürokratischen Belastungen für die Vergabestel-
len, die Strafverfolgungsbehörden, aber auch die Unter-
nehmen so gering wie möglich zu halten, muss vor allem
geklärt werden, ab welchem Auftragswert eine Abfrage-
pflicht der Vergabestelle besteht und ob sie nur im Hin-
blick auf den erfolgreichen Bieter oder im Hinblick auf
alle Bieter eine Eintragung abfragen muss.
Die Initiative der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ist
nicht zu Ende gedacht. Deshalb stimmen wir dem Be-
richt des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie zu
und lehnen den Grünen-Antrag ab.
Werner Dreibus (DIE LINKE): 400 Milliarden Euro
geben die Vergabestellen des Bundes, der Länder und
der Kommunen jedes Jahr für die öffentliche Beschaf-
fung von Gütern und Dienstleistungen aus. Die öffentli-
che Auftragsvergabe entspricht damit immerhin 17 Pro-
zent des Bruttoinlandsproduktes. Angesichts dieser
großen wirtschaftlichen Bedeutung ist es schon erstaun-
lich, wie lax mit den Steuermilliarden umgegangen wird.
Öffentliche Auftraggeber haben keine Möglichkeit, die
Zuverlässigkeit und Gesetzestreue der Unternehmen, die
für die oft millionenschweren Aufträge bieten, anhand
bundesweiter, fundierter Informationen zu überprüfen.
Dank Union, FDP und SPD, die die Einführung eines
zentralen Korruptionsregisters in den letzten Jahren er-
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lgreich verhinderten, existieren heute nur in einigen
undesländern Korruptionsregister. Mit diesen werden
war gute Erfahrungen gemacht, sie erfassen aber nur
aten innerhalb ihrer Landesgrenzen. Das ist ein unhalt-
arer Zustand!
Insofern ist es wirklich skandalös, wie Union und
DP die Beratung des Gesetzentwurfs mit fadenscheini-
en Begründungen verschleppt und eine Abstimmung
ber die Einführung eines bundesweiten Korruptionsre-
isters verhindert haben. Meine Damen und Herren von
nion und FDP, Sie machen sich durch diese Arbeitsver-
eigerung zu Handlangern von Unternehmen, die sich
ittels Korruption und der Umgehung von Arbeits- und
ozialstandards auf Kosten der Steuerzahler einen Wett-
ewerbsvorteil verschaffen wollen.
Wie wichtig die Schaffung einer zentralen Informa-
onsgrundlage zur Überprüfung von Unternehmen in
eutschland ist, zeigt eine Auswahl von namhaften
eutschen Unternehmen, die es mit Korruption und Be-
techung in die Presse geschafft haben: Siemens, MAN,
errostahl, Daimler, Infineon, ThyssenKrupp oder
heinmetall. Auch die riesigen Schadenssummen durch
irtschaftskriminalität im Allgemeinen und Korruption
Besonderen, die das Bundeskriminalamt in seinem
undeslagebild veröffentlicht, verdeutlichen den drin-
enden Handlungsbedarf. Demnach entstand 2010 durch
irtschaftskriminalität ein gesamtwirtschaftlicher Scha-
en von 4,65 Milliarden Euro. Aus Korruption resul-
erte 2011 ein Schaden von circa 276 Millionen Euro. In
eiden Bereichen müssen wir von einer großen Dunkel-
iffer ausgehen.
Die Linke unterstützt deshalb die Einführung eines
undesweiten Korruptionsregisters, auch wenn natür-
ch weitere Maßnahmen notwendig sind, damit Korrup-
on verhindert wird und Unternehmen Tarifverträge,
rbeits- und Sozialstandards und andere Rechtsvor-
chriften tatsächlich einhalten. Die Sachverständige des
GB, Frau Dr. Gazaleh Nassibi, hat in der Anhörung zu
iesem Gesetzentwurf zu Recht darauf hingewiesen,
ass es ebenso dringend wirksamer Kontrollen zur Er-
ssung der Verstöße bedarf. Die Linke fordert wie der
GB bereits seit Jahren, dass die dafür zuständige Fi-
anzkontrolle Schwarzarbeit personell massiv aufge-
tockt wird, um mit mehr Kontrollen gegen die kriminel-
n Lohndumpingstrategien der Unternehmen vorgehen
u können. Andere wichtige Punkte sind zum Beispiel
ergabegesetze, die die Unternehmen zur Tariftreue ver-
flichten und die europarechtliche Absicherung von Ta-
ftreueerklärungen.
Dennoch hätten wir heute mit der Einführung eines
undesweiten Korruptionsregisters einen Beitrag dafür
isten können und leisten müssen, dass bei öffentlichen
ufträgen künftig geltende Standards besser eingehal-
n, Steuergelder effektiver verwendet werden und die
ürgerinnen und Bürger eine qualitativ hochwertigere
frastruktur und Verwaltung erhalten. Das haben Union
nd FDP leider wieder verhindert.
Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
EN): Leider darf sich das Plenum des Bundestages
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32409
(A) )
)(B)
heute nicht mit dem Gesetzentwurf der Grünen-Fraktion
befassen. Stattdessen müssen wir uns mit dem Bericht
des Ausschusses auseinandersetzen, warum die Union
und die FDP die Schaffung eines wichtigen Instruments
im Kampf gegen Korruption, illegale Leiharbeit und an-
dere Wirtschaftskriminalität verweigern.
Die Koalition scheut sich ganz offensichtlich, hier im
Plenum inhaltlich offen gegen unseren Vorschlag zu
stimmen.
Innen- sowie Finanzministerinnen und -minister von
Bund und Ländern fordern in ihren Konferenzen unisono
seit vielen Jahren ein zentrales Register, ebenso der Bun-
desrat 2008 und Verbände wie Transparency Internatio-
nal sowieso.
Ich selbst und die Grünen-Fraktion setzen uns schon
seit fast 20 Jahren für ein solches Zentralregister ein. Die
bisher von uns 1995, 1998, 2002 und 2009 eingebrach-
ten Anträge und Gesetzentwürfe wurden abgelehnt. In-
zwischen ist die SPD einsichtig und unterstützt unseren
Vorschlag.
Angesichts dieser langen Bemühungen auf allen Ebe-
nen von Bund und Ländern um ein zentrales Register
sind die anhaltenden schwarz-gelben Störmanöver deut-
lich sichtbar. Das Unternehmensklientel der Regierungs-
koalitionen wird nun Beifall klatschen, dass dieser Kelch
nochmal an ihr vorüber ging. Die werden nun womög-
lich sogar die Dankeschönspenden für Schwarz-Gelb
üppiger fließen lassen.
Wegen Fehlens eines zentralen Korruptionsregisters
werden Vergabestellen von Bund, Ländern und Kommu-
nen etwa großen Unternehmen wie Siemens(-Nokia),
Hochtief oder ThyssenKrupp weiter öffentliche Aufträge
erteilen, obwohl die Unternehmen regional oder im Aus-
land wiederkehrend korruptiv, kriminell oder gewerblich
unzuverlässig auffielen.
Unser Gesetzentwurf war seit dem 22. November
2012 dem Wirtschaftsausschuss des Bundestages feder-
führend zur Beratung überwiesen. Nach der Geschäfts-
ordnung war dieser Ausschuss zur „baldigen Erledi-
gung“ dieser Beratung verpflichtet. Der Ausschuss
führte eine Sachverständigenanhörung im Februar
durch. Die eingeladenen Experten bestätigen einhellig,
wie nötig das von uns vorgeschlagene Register ist. Ei-
nige wenige Detailbedenken einzelner Experten dort hät-
ten keine Veränderung unseres Entwurfs erfordert.
Doch danach gefielen sich die Regierungsfraktionen
im Ausschuss in Arbeitsverweigerung und setzten die
dortige Beratung unseres Entwurfs fünf Sitzungswochen
nacheinander wieder von der Tagesordnung ab: jeweils
mit ihrer Mehrheit gegen unseren Widerstand und ohne
inhaltliche Begründung. Schwarz-Gelb nötigte uns so-
gar, unseren Entwurf dem Nationalen Normenkontrollrat
zur Prüfung vorzulegen, obwohl der eigentlich Gesetzes-
initiatoren nur auf deren eigenen Wunsch hin beraten
soll.
Derweil lehnte die Koalition in zwei mitberatenden
Ausschüssen unseren Gesetzentwurf bereits im April
ruck-zuck inhaltlich ab. Warum scheuten sich Union und
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DP, sich gegen schärfere Korruptionsbekämpfung auch
Wirtschaftsausschuss und offen im Plenum festzule-
en? Die Gründe dafür, die nun im heute beratenen
usschussbericht erstmals nachgeschoben werden, über-
eugen in ihrer Dürftigkeit nicht.
Unser Gesetzentwurf für ein bundeseinheitliches
egister über unzuverlässige Unternehmen soll eine gra-
ierende Regelungslücke im deutschen Föderalismus
chließen. Denn bei der Ahndung von Wirtschaftskrimi-
alität und Sanktionen gegen bestimmte Kriminelle so-
ie bei Vergabe öffentlicher Aufträge weiß heute die
nke Hand nicht, was die rechte tut: Flensburg weiß
ichts von korruptiven Vorgängen und Unternehmen in
riedrichshafen, Dresden nichts über Düsseldorf.
Öffentliche Aufträge dürfen nur an „zuverlässige“
nternehmen vergeben werden; das sieht schon heute
as Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen vor.
och in der Praxis sind den Vergabestellen der Länder
nd Kommunen für öffentliche Aufträge die anderswo
orhandenen Erkenntnisse über solche Unzuverlässig-
eit von Bietern um solche Aufträge oft nicht zugäng-
ch. Es existieren zwar Register mit Notierungen in
ahlreichen Bundesländern schon seit 1997, etwa in
essen. Doch ohne eine bundeszentrale Erfassung dieser
erstreuten Informationen erfahren die Register sowie
ie öffentlichen Auftraggeber in Bund, Ländern und
ommunen vielfach nichts von auffällig gewordenen
nternehmen bzw. Personen in jeweils anderen Bundes-
ndern. Transparency International und ähnliche Orga-
isationen fordern daher seit Jahren ein bundeszentrales
egister: als ein zentrales Instrument, damit solche
nternehmen nicht quasi zur Belohnung noch Steuergel-
er erhalten in Gestalt öffentlicher Aufträge.
Soweit unser Gesetzentwurf nun im Untätigkeitsbe-
cht als „nicht beratungsreif“ erklärt wird, ist das schon
rmell eine Anmaßung. Die angeblichen Hindernisse
ind während der letzten 20 Jahre in der Fachwelt und in
er langen Gesetzgebungsgeschichte um das Register
ereits derart intensiv diskutiert und reflektiert worden,
ass man hier nur von durchsichtigen Vorwänden der
oalition sprechen kann.
Auch die Brüsseler Beratungen über das Legislativpa-
et der Europäischen Kommission zur Modernisierung
es Vergaberechts müssen nicht abgewartet werden.
ach den nun auslaufenden Verhandlungen darüber ist
öllig ungewiss, ob, wann und gegebenenfalls mit wel-
hem Inhalt ein Kompromisstext dazu wie erforderlich
om Europäischen Parlament und dem Europäischen Rat
erabschiedet werden könnte. Jedenfalls sehen auch die
isher vorgelegten Entwürfe – etwa in Art. 55 – Aus-
chlüsse korruptiv auffälliger Unternehmen vor. Und
lls dies in Brüssel wirklich einmal verabschiedet wird,
liebe danach jedenfalls bei der Umsetzung in Deutsch-
nd ausreichend gesetzgeberischer Gestaltungsspiel-
um zur Frage, wie Informationen über die „schwarzen
chafe“ ermittelt und registriert werden sollen. Daher
perren die Brüsseler Diskussionen um die Vergabe-
chtsmodernisierung also die Befassung mit dem grü-
en Gesetzentwurf Korruptionsregister in Wirklichkeit
icht, wie die Koalition glauben machen will.
32410 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
(A) )
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Die Grünen wollen mit dem vorgelegten Gesetzent-
wurf nicht die Wirtschaft knebeln, sondern vielmehr
gleiche Wettbewerbsbedingungen unter den Bietern um
öffentliche Aufträge sicherstellen. Fairer Wettbewerb,
darum geht es. Und darum, Korruption wirksamer zu be-
kämpfen, um Staat und Steuerzahler vor Schaden zu
schützen.
Anlage 33
Zu Protokoll gegebene Reden
zur Beratung des Antrags: Stärkung des Aus-
baus von grenzüberschreitenden Schienenver-
kehrsachsen (Zusatztagesordnungspunkt 15)
Karl Holmeier (CDU/CSU): In der politischen, wirt-
schaftlichen und gesellschaftlichen Realität sind die
Grenzen nach Osteuropa schon lange offen. Deutschland
liegt mittlerweile in der Mitte Europas.
Ich selbst kann das aus meiner praktischen Erfahrung
nur bestätigen. Mein ostbayerischer Wahlkreis liegt di-
rekt an der Grenze zur Tschechischen Republik, und die
Entwicklung der vergangenen Jahre zeigt, dass wir zwi-
schenzeitlich kein klassisches Grenzgebiet mehr, son-
dern mit den tschechischen Nachbarn sehr eng verbun-
den sind.
Wir entwickeln uns immer mehr zu einem einheitli-
chen Wirtschafts-, Lebens- und Kulturraum.
Leider hinkt die Verkehrsinfrastruktur dieser Ent-
wicklung vielerorts noch hinterher, vor allem auf der
Schiene und im ländlichen Raum.
Auch dies bestätigen mir meine persönlichen Erfah-
rungen aus meinem Wahlkreis. Seit Jahren kämpfen wir
in der Region um eine attraktive Bahnverbindung von
München nach Prag. Bislang dauert jedoch eine Zug-
fahrt in der einzig verfügbaren Nahverkehrsanbindung
unverändert sechs Stunden. Mit dem Auto schafft man
die Strecke in drei Stunden. Welches Verkehrsmittel die
Menschen wählen, können Sie sich selbst denken.
Die EU-Kommission hat sich dieses Problems ange-
nommen und im Oktober 2011 einen Vorschlag mit
neuen Leitlinien für die transeuropäischen Verkehrs-
netze, den sogenannten TEN-V-Leitlinien, vorgelegt.
Herzstück dieser Leitlinien ist ein transeuropäisches
Kernnetz, das zentrale und strategisch wichtige Knoten-
punkte wie große Städte, Flughäfen oder Häfen mitei-
nander verbindet.
Damit verfolgt die EU-Kommission einen komplett
neuen Ansatz als dies bisher in Europa und auch in
Deutschland immer der Fall war. In der Vergangenheit
lag der Schwerpunkt immer auf dem Ausbau von Ver-
bindungen mit einer hohen Verkehrsbelastung und einer
besonders hohen Wirtschaftlichkeit. Das ist jetzt anders.
Mit dem neuen Kernnetz entsteht ein echtes transeuro-
päisches Verkehrsnetz, das diesen Namen auch verdient.
Die Verhandlungen über die neuen Leitlinien konnten
zwischenzeitlich beendet werden und ich freue mich,
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ass viele wichtige grenzüberschreitende Schienenver-
ehrsachsen durch Deutschland und vor allem in Rich-
ng unserer osteuropäischen Nachbarländer Polen und
schechien Bestandteil dieses neuen europäischen Kern-
etzes geworden sind.
Die Verbindung von München nach Prag ist hier übri-
ens dabei. Das freut mich aus regionaler Sicht natürlich
esonders, auch weil ich mich persönlich sehr für dieses
rojekt eingesetzt und hierzu viele Gespräche in Brüssel
eführt habe.
Mit der Festlegung der Strecken und Korridore des
ernnetzes ist ein bedeutender Schritt dahin gelungen,
ass Deutschland auch bei der Schienenverkehrsinfra-
truktur seiner Rolle als Mittelpunkt Europas gerecht
erden kann.
Die christlich-liberale Koalition hat nun nach Ab-
chluss der Verhandlungen den nächsten Schritt in An-
riff genommen.
Bekanntlich laufen derzeit die Vorbereitungen für die
ufstellung des Bundesverkehrswegeplanes 2015. Mit
em vorliegenden Koalitionsantrag stellen wir in der
hristlich-liberalen Koalition nun sicher, dass in diesem
ahmen auch die Maßgaben der TEN-Leitlinien entspre-
hend priorisiert werden.
Die in das EU-Kernnetz aufgenommenen Projekte
ollen nach den TEN-Leitlinien bis 2030 fertiggestellt
ein. Dieser Vorgabe müssen und wollen wir bei der
ufstellung des Bundesverkehrswegeplanes in Deutsch-
nd Rechnung tragen.
Wir fordern daher die Bundesregierung auf, die Vo-
ussetzungen dafür zu schaffen, dass die im Kernnetz
enannten grenzüberschreitenden Schienenverkehrsach-
en auch tatsächlich im Bundesverkehrswegeplan wider-
espiegelt werden.
Das ist zugleich eine große Chance für den ländlichen
aum. Denn aufgrund des Ansatzes, mit dem Kernnetz
ie Zentren miteinander zu verbinden, werden gleichzei-
g die dazwischen liegenden ländlichen und struktur-
chwachen Regionen erschlossen.
Das neue transeuropäische Netz ist also ein Gewinn
r alle Regionen in Europa. Und mit dem vorliegenden
ntrag tragen wir in der christlich-liberalen Koalition
azu bei, dass dieses Netz auch für Deutschland ein Ge-
inn wird.
Ich kann Sie daher nur alle ermuntern, diesem Antrag
uzustimmen. Die Menschen in Ihren Wahlkreisen wer-
en es Ihnen danken.
Arnold Vaatz (CDU/CSU): Verkehrsinfrastruktur ist
ie Voraussetzung für eine erfolgreiche wirtschaftliche
ntwicklung von Wirtschaftregionen. Die Qualität der
frastrukturellen Einrichtungen und die bestehenden
erbindungsangebote für den Gütertransport und die Ge-
chäftsreisenden sind für die Standortentscheidungen
on Unternehmen mitentscheidend – bisher ein Stand-
rtvorteil Deutschlands. Die verkehrliche Anbindung
roßer deutscher Wirtschaftszentren an andere europäi-
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32411
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sche Zentren hat mit der Öffnung Osteuropas an Bedeu-
tung gewonnen, der verkehrliche Mittelpunkt der euro-
päischen Logistikwirtschaft hat sich in den Osten
Deutschlands verschoben. Hierdurch ergeben sich neue
Chancen für die Weiterentwicklung der deutschen Wirt-
schaftsräume, gerade in den bisherigen geografischen
Randlagen Deutschlands. Die wirtschaftliche Entwick-
lung strukturschwacher Randgebiete kann nur durch eine
gute Erreichbarkeit von Zentren und die Anbindung an
das überregionale Verkehrsnetz erfolgen. Gute grenz-
überschreitende Verkehrsverbindungen für den Güter-
und Personenverkehr sind ein entscheidender Faktor, um
die regionalen Potenziale besser zu nutzen und die Wett-
bewerbsfähigkeit im wachsenden europäischen Binnen-
markt zu stärken.
Deutschland hat sich in mehreren zwischenstaatlichen
Erklärungen zu internationalen Schienenkorridoren und
bilateralen Infrastrukturprojekten verpflichtet. Auch im
Hinblick auf die EU-Osterweiterung wurden bereits im
Bundesverkehrswegeplan 2003 für das transeuropäische
Verkehrsnetz in Ost-West-Ausrichtung wichtige Projekte
benannt, die den Erfordernissen der wachsenden grenz-
überschreitenden Personen- und Güterverkehre zwi-
schen Deutschland und seinen östlichen Nachbarländern
nachkommen sollten.
Des Weiteren hat die Europäische Kommission ihren
Verordnungsvorschlag zu den TEN-Leitlinien im Okto-
ber 2011 zur Schaffung eines einheitlichen europäischen
Verkehrsnetzes, TEN-V, für Straßen, Schienenwege,
Wasserstraßen und Flughäfen definiert. Ziel ist es, die
noch wichtigen fehlenden europäischen Verbindungen
zwischen den europäischen Verkehrsknoten und Zentren
herzustellen sowie die wichtigsten Häfen und Flughäfen
an das Schienennetz besser anzubinden. Zudem sollen
mit dem Kernnetz zahlreiche große grenzüberschrei-
tende Vorhaben bis 2030 verwirklicht werden.
Um das transeuropäische Verkehrsnetz, insbesondere
das Kernnetz, realisieren zu können, hat die Kommission
zehn länderübergreifende Entwicklungskorridore be-
nannt; davon führen sechs durch Deutschland. Für mich
besonders wichtig sind die zwei Verbindungen; die
durch Ostdeutschland zu den Nachbarstaaten Polen und
Tschechien führen: Warschau–Berlin–Amsterdam/Rot-
terdam–Midlands (Ost-West), Hamburg/Rostock–Ber-
lin–Dresden–Prag–Bratislava–Budapest–Piraeus (Nord-
Süd).
Die Nord-Süd-Relation ist mit dem Baltisch-Adria-
tischen Korridor und dem Straßburg-Donau-Korridor
verknüpft, was den für Deutschland wichtigen Vier-
Meeres-Korridor – Nord-/Ostsee, Adria, Schwarzes
Meer – für den Schienenfernverkehr abbildet. Dafür ist
der Ausbau des Abschnitts Berlin–Dresden–Prag für den
Hochgeschwindigkeitspersonenverkehr, 200 Stunden-
kilometer, und als leistungsfähige Güterverkehrsverbin-
dung auszubauen. Dazu gehört mittelfristig auch die
Entlastung der Elbtalstrecke durch eine Neubaustrecke
für den grenzüberschreitenden Güter- und Personenfern-
verkehr. In den vordringlichen Bedarf des Bundesver-
kehrswegeplans 2003, BVWP, wurden wichtige grenz-
überschreitende Schienenprojekte zur Anbindung an die
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stlichen Nachbarländer aufgenommen. Die Projekte
ind jedoch nicht oder nur teilweise fertiggestellt.
Insgesamt ist festzustellen, dass sich leider seit der
eutschen Einheit an den Schienenverbindungen West-
st, die die Grenze zu unseren östlichen Nachbarländern
berschreiten, zu wenig getan hat. Das Netz weist erheb-
che Lücken auf. So sind unter anderem die ostdeut-
chen Städte vergleichsweise unterdurchschnittlich bis
chlecht über das Bundesschienennetz zu erreichen. Feh-
nde Elektrifizierungen schmälern das Nah- und Fern-
erkehrsangebot. Die Fernverkehrsangebote für den
chienenpersonenfernverkehr im Hochgeschwindigkeits-
etz sind nicht attraktiv. So sind die Taktung und die
eisezeiten zu lang, die verkehrenden Züge nicht auf
em heutigen Qualitätsniveau, zum Beispiel Ber-
n–Dresden–Prag, wichtige Strecken werden nur über
ahverkehrsangebote bedient, zum Beispiel Dres-
en–Görlitz–Breslau.
Wir wollen, dass mit der Aufstellung des Bundesver-
ehrswegeplans 2015 eine Priorisierung des Ausbaus
on grenzüberschreitenden Verkehrsachsen für die An-
indung der deutschen Wirtschaftsräume an die Nach-
arländer ermöglicht wird. Für Deutschlands Grenzregi-
nen, zum Beispiel die an Polen und Tschechien
ngrenzenden, ist es wichtig, mit der Verbesserung der
undesschienenwege in den transeuropäischen Ver-
ehrskorridoren die Chancen zu wahren, sich wirtschaft-
ch weiterzuentwickeln und im Netz der internationalen
arenströme eine zentrale Rolle einnehmen zu können.
o können gerade in Ostdeutschland zahlreiche Schie-
enstrecken mit einer Elektrifizierung, die leider noch
ussteht, für die Verbesserung des grenzüberschreiten-
en Personenverkehrs mit annehmbaren Reisezeiten
hren. Hierfür ist die Strecke von meiner Heimatstadt
resden über Görlitz und weiter nach Tschechien ein gu-
s Beispiel.
Für die Forcierung dieser Ausbaumaßnahmen bitte
h Sie alle, sich im Rahmen der Gestaltung der transeu-
päischen Verkehrsnetze und bei der Aufstellung des
euen Bundesverkehrswegeplans mit Entschiedenheit
insetzen.
Martin Burkert (SPD): Es ist ein schöner Antrag,
en Union und FDP hier vorgelegt haben, ein schöner,
ber scheinheiliger Antrag; denn die Regierungskoali-
on will mit ihrem von Torschlusspanik geprägten Akti-
ismus einen angeblichen Beweis dafür erbringen, wie
ichtig grenzüberschreitende Schienenverkehrsachsen
r sie seien. Vier Jahre trödeln kann man damit nicht
ettmachen. Deshalb können wir uns bei der Abstim-
ung über diesen Antrag fremdschämend nur enthalten.
Ich bin ja erstaunt, dass anscheinend immerhin zu-
indest noch ein, zwei Mitarbeiter damit beauftragt
urden, diesen Antrag zu formulieren. Man kann bei
ieser Regierung ja schon froh sein, wenn ein Thema im
aufe der Legislaturperiode nicht total im Nirwana lan-
et.
Im Nirwana enden die nationalen Schienenwege in
uropa zum Glück nicht, doch wir sind leider immer
32412 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
(A) )
)(B)
noch meilenweit entfernt davon, dass man ohne Hinder-
nisse europäische Grenzen mit dem Zug passieren kann.
Vier ernüchternde Fakten:
Es bestehen enorme technische Barrieren wie feh-
lende Elektrifizierungen, verschiedene Spurweiten und
Stromsysteme oder Signaltechniken. Die europäischen
Eisenbahnen arbeiten beispielsweise mit sieben unter-
schiedlichen Spurweiten sowie 18 unterschiedlichen
Leit- und Sicherungssystemen.
Nur 20 der europäischen Großflughäfen und 35 der
wichtigsten Häfen sind direkt an das europäische Schie-
nennetz angeschlossen.
Es bestehen ungleiche Wettbewerbsbedingungen be-
ziehungsweise unterschiedliche Rahmenbedingungen
für die einzelnen Verkehrsträger. Beispielsweise unter-
liegen grenzüberschreitende Züge im Gegensatz zum
Luftverkehr in einigen Mitgliedstaaten der Mehrwert-
steuer und/oder der Mineralölverbrauchsteuer.
Es mangelt auch erheblich an Verbindungen; denn sie
weisen – das ergaben aktuelle Marktauswertungen –
keine ausreichend starken Verkehrsströme für rentable
neue Dienste auf. Insbesondere Marktnischen wie
Nachtzugverbindungen bieten dafür wenig Möglichkei-
ten. Sie werden von schnelleren Tagzugverbindungen
oder durch andere Verkehrsträger wie dem Flugzeug ver-
drängt – ganz abgesehen von den Schwierigkeiten, neue
grenzüberschreitende Dienste so in den inländischen
Fahrplan zu integrieren, dass geeignete Anschlussmög-
lichkeiten entstehen.
Deshalb müssen wir weiter an einem transeuropäi-
schen Verkehrsnetz arbeiten, um aus dem Flickenteppich
aus Schienenwegen, aber auch Straßen, Schifffahrtska-
nälen und Flughäfen ein einheitliches europäisches Ver-
kehrsnetz zu schaffen.
15 000 Kilometer Eisenbahnstrecken sollen europa-
weit zusammengeführt und für den Hochgeschwindig-
keitsverkehr ausgelegt werden. Das ist gut. Hochge-
schwindigkeitsverbindungen zwischen großen Städten
weisen die größten Verkehrsströme und damit auch gro-
ßes Potenzial auf. Das wird den Reisenden und der Wirt-
schaft in ganz Europa zugutekommen. Weder der Indivi-
dual- noch der Handelsverkehr endet an den nationalen
Grenzen.
Dass alle Europäerinnen und Europäer spätestens im
Jahr 2050 nur 30 Minuten von einem Zubringernetz
nach Rom, Amsterdam oder sonst wo in Europa entfernt
sein sollen, ist und bleibt das europäische Ziel.
Michael Groß (SPD): „Die schwarz-gelbe Bundes-
regierung kann natürlich weiterhin jede Ortsumgehun-
gen in Bayern bauen. Oder sie entschließt sich endlich,
in ein Infrastrukturnetz für Gesamtdeutschland unter Be-
rücksichtigung europäischer und internationaler Korri-
dore zu investieren. Investitionen, die sich im Übrigen
auszahlen, besonders in einem Exportland wie Deutsch-
land.“ Dies ist ein Auszug aus meiner Rede aus dem Jahr
2011 zum europäischen Verkehrsnetz, dem TEN, und
dem EU-Weißbuch für Verkehr. Nach weiteren zwei Jah-
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n schwarz-gelber Bundesregierung fordert nun die
chwarz-gelbe Koalition die eigene Bundesregierung
uf, diese grenzüberschreitenden Schienenverkehrsach-
en zu stärken. Da bleibt lediglich die Frage: Warum ha-
en Sie das in dieser – Ihrer – Regierungszeit nicht ge-
n?
Ein einheitlicher europäischer Verkehrssektor ist für
ie Wirtschaft und die Wettbewerbsfähigkeit der EU von
normer Bedeutung. Deutschland ist ein Transitland,
nd funktionstüchtige Verkehrsverbindungen sind für
ns als Exportnation und den Wirtschaftsstandort
eutschland von hoher Bedeutung. Die zehn länderüber-
reifenden Korridore des Kernnetzes und insbesondere,
ass sechs dieser Korridore durch Deutschland führen,
t eine Erkenntnis, die mit diesem Antrag endlich auch
ie Koalitionsfraktionen erreicht hat. Ich bin sehr froh
arüber, denn die SPD-Bundestagsfraktion hat dies be-
its mit stichhaltigen Konzepten auf der Grundlage viel-
ltiger Fachgespräche untermauert.
Mit klaren Priorisierungen, Engpass- und Staustellen-
eseitigung hätte man bereits in den vergangenen vier
ahren die wichtigsten Verkehrsachsen durch Deutschland
usbauen und stabilisieren können. Unsere europäischen
achbarn weisen nicht umsonst auf die mangelnden bis
hlenden Anbindungen der Hafenhinterlandverkehre,
ie die Betuwe-Linie, und die vereinbarten Zulauf-
trecken, beispielsweise für den Brenner-Basistunnel
in. Deutschland hinkt hinterher. Zusagen an die euro-
äischen Nachbarländer werden verschleppt. Die bereits
tzt starke Belastung der Bundesfernverkehrsstraßen
urch den Güterverkehr – auch Transitverkehr – wirft in-
wischen neue Probleme auf. Marode Brücken, Ver-
chleiß der Infrastruktur viel früher als prognostiziert,
rfordern jetzt klar Mehrinvestitionen in den Erhalt
nserer Verkehrsinfrastruktur. Mangelnde Prioritäten-
etzung im Verkehrsnetz, fehlende verkehrsträgerüber-
reifende Konzepte für die Bewältigung und umwelt-
eundliche Ausgestaltung der Verkehre der Zukunft,
ies ist ein schlechtes Zeugnis für den Verkehrsminister.
Bis zum Schluss haben die schwarz-gelbe Regierung
nd der Verkehrsminister nicht dazugelernt. Für den
euen, kommenden Bundesverkehrswegeplan werden
uerst die Projektanmeldungen aus den Ländern einge-
rdert und wird erst nachträglich ein Konzept erarbeitet.
ie Folge: Für den Bundesverkehrswegeplan ab 2016
ind bereits jetzt mehr Projektanmeldungen erfolgt als
mals zuvor. Die Länder stecken in der Klemme, kön-
en nicht zielgerichtet entscheiden, da es keine Konzept-
orgabe gibt. Die Finanzierung wird jedoch zumindest
urch Schwarz-Gelb nicht wirklich verbessert. Bereinigt
m die Baupreisentwicklung ist der Haushalt 2013 real
er niedrigste seit vielen Jahren. Sie leben von der Sub-
tanz. Somit ist mit Ihnen ein Verkehrschaos bereits jetzt
ealität, und das zulasten der Industrie, des Mittelstan-
es, der Arbeitsplätze und derjenigen, die mobil sein
üssen.
Sabine Leidig (DIE LINKE): In Sachen Ausbau des
chienenverkehrs hat diese Regierung vier Jahre lang
urch absolute Untätigkeit geglänzt, und nun kommen
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32413
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Sie in der allerletzten Sitzungswoche mit einem Schau-
fensterantrag ums Eck, der noch nicht mal mehr im Aus-
schuss beraten werden kann. Das ist schade; denn das
Thema ist zu wichtig, um es hier auf den letzten Metern
nebenbei zu behandeln.
Ihr Antrag wird wirkungslos bleiben. Das liegt nicht
nur am Ende der Legislaturperiode, sondern schlicht und
ergreifend daran, dass die Koalition in diesem Antrag
nichts fordert, was die Regierung tatsächlich zum sinn-
vollen Handeln nötigen würde.
In den vier Forderungen des Antrages benutzen Sie
vielsagende Formulierungen wie „soll … gewahrt wer-
den“, „sollten nach Möglichkeit … beschleunigt wer-
den“ und es sei „darauf hinzuwirken“. Immerhin wird zu
guter Letzt ein Bericht gefordert, der den Stand der inter-
nationalen Projekte bis Ende 2013 darstellen soll. Dieser
Bericht könnte das einzige konkrete Ergebnis dieses An-
trages sein. Wir sind gespannt. So ein Sachstandsbericht
wäre durchaus sinnvoll und eine gute Grundlage für die
Diskussion über den Fortgang dieser Projekte und den
Bedarfsplan Schiene, dessen Behandlung die Koalition
gestern im Ausschuss im Übrigen abgesetzt hat – so viel
zur Ernsthaftigkeit Ihres Anliegens.
Damit ist eigentlich auch schon genug gesagt. Ich
möchte aber noch drei Anmerkungen machen:
Erstens. Nicht alles, was an grenzüberschreitender
Schieneninfrastruktur geplant ist, ist auch sinnvoll. Ge-
rade die europäischen TEN-Projekte sind vor allem am
Wirtschaftsinteresse ausgerichtet und nicht an Zielen der
nachhaltigen Entwicklung. Ihre eigenen Formulierungen
zeigen ganz unterschiedliche Ausrichtungen: Die „Um-
setzung der im BVWP 2003 als internationale Projekte
benannten Vorhaben zur Verbesserung von grenzüber-
schreitenden Personen- und Güterverkehren zu forcie-
ren“ oder „gute Erreichbarkeit strukturschwächerer Re-
gionen in Deutschland“ sind etwas ganz anderes als
„durch Einbindung der deutschen Wirtschaftsräume in
ein leistungsfähiges transeuropäisches Verkehrsnetz die
Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands zu stärken“.
Für uns steht die Mobilität der Menschen vor allem in
den Regionen im Vordergrund, und wir wollen den
Transportwahnsinn verringern und nötige Gütertrans-
porte auf Schiff und Schiene verlagern. Das muss auch
im Nahraum geschehen.
Zweitens. Das Thema Rheintalbahn ist und bleibt ein
Trauerspiel. Die Baufortschritte sind schneckenförmig,
die berechtigten Forderungen der lärmgeplagten Anwoh-
ner hätten längst umgesetzt werden müssen, und die
Bahn ist weit davon entfernt, das Projekt wie vereinbart
zu realisieren, was alle wissen. Dazu schreiben Sie
nichts.
Drittens. Nur ein Beispiel für Ihre Unaufrichtigkeit:
Bei den Zugverbindungen zwischen Deutschland und
Polen liegt in der Tat vieles im Argen. Dazu gab es kürz-
lich einen ziemlich guten und konkreten Antrag der Grü-
nen auf Drucksache 17/9947. Den hätten Sie doch unter-
stützen können. Wir haben das jedenfalls getan.
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Natürlich haben wir nichts gegen einen verstärkten
usbau grenzüberschreitender Schienenverkehrsach-
en. Deswegen werden wir den Antrag auch nicht ableh-
en. Wir können ihm aber auch nicht zustimmen, son-
ern werden uns deswegen enthalten.
Die Linke will deutlich mehr Mittel für den Ausbau
er Schiene als echte Alternative zum motorisierten Ver-
ehr auf der Straße und als die wirklich sinnvolle Wei-
rentwicklung der Elektromobilität – in der Fläche und
uropaweit.
Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
s ist erstaunlich, mit welchen Anträgen die Koalition in
tzter Minute noch um die Ecke kommt. Ohne Debatte
den Ausschüssen und mit sofortiger Abstimmung soll
er Bundestag über die wichtigsten europäischen Schie-
enprojekte abstimmen. Das ist leider keine seriöse par-
mentarische Arbeit. Wir werden die gesamte nächste
ahlperiode Zeit haben, um uns intensiv mit der Zu-
unft unserer Verkehrsinfrastruktur zu befassen. Der alte
undesverkehrswegeplan läuft aus. In der nächsten
ahlperiode werden die Weichen für die nächsten
5 Jahre gestellt. Das müssen wir vernünftig und im
reiten Dialog mit Bürgerinnen und Bürgern machen
nd nicht jetzt im Hauruckverfahren kurz vor Tores-
chluss. Erst gestern hat die Deutsche Bahn dem Ver-
ehrsausschuss die Auskunft über ihre Anmeldungen für
inen nächsten Bundesverkehrswegeplan verweigert.
ie Projekte sollen erst Ende September benannt wer-
en. Gleichzeitig ist das Verkehrsministerium noch mit
er grundsätzlichen Methodik zur Projektbewertung be-
chäftigt. Aus all diesen Gründen bleibt der Sinn dieses
ntrages unklar.
Es ist dazu fragwürdig, wie dieser Antrag zur bisheri-
en Position der Noch-Koalition zu den Transeuropäi-
chen Netzen, TEN, passen soll. Im Januar 2012 haben
ir hier über TEN diskutiert. Von dieser Debatte ist vor
llem eines hängen geblieben: Ihre große Skepsis gegen-
ber der EU. Gegen alle Fraktionen haben wir Grünen
amals als einzige die EU-Vorschläge unterstützt. Sie
ollen die europäischen Mittel, aber die EU soll sich
itte schön ansonsten aus allem heraushalten. So wird es
ider nicht funktionieren. Denn wenn diese europaweit
edeutenden Verkehrswege durchgängig geplant und re-
lisiert werden sollen, müssen die Kompetenzen dafür
uch auf europäischer Ebene gebündelt werden.
Wenn sich jeder Mitgliedstaat weitreichende Ein-
üsse bewahren will, ist das Ergebnis absehbar: Dann
erden die Projekte mit sehr unterschiedlichen Ge-
chwindigkeiten realisiert und wird die Fertigstellung
erzögert. Dazu besteht die Gefahr, dass Regionalinter-
ssen einen übermäßigen Einfluss bekommen und jeder
ersucht, seinen eigenen Anschluss zu bekommen. Sol-
he Gedanken finden sich auch in dem Antrag. Mit den
ranseuropäischen Netzen sollen auch strukturschwache
andgebiete entwickelt werden. Das ist grundsätzlich
chtig; nur sollte man hierunter nicht verstehen, dass die
andgebiete, durch welche die Strecken führen, auch
berall einen eigenen Anschluss bekommen. Diese Klar-
tellung vermeiden Sie jedoch und suggerieren, dass je-
32414 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
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der seinen Anschluss ans überregionale Netz bekommt.
Hierfür brauchen wir vor allem einen klugen Taktver-
kehr, bei dem kleine und mittlere Zentren mit kurzen
Umsteigezeiten optimal an das überregionale Verkehrs-
netz angebunden sind.
Wir freuen uns, dass der Antrag einheitliche techni-
sche Spezifikationen und einheitliche europäische Re-
geln im Schienenverkehrsmarkt fordert. Auch hier passt
die Forderung jedoch nicht so recht zur sonstigen EU-
skeptischen Politik der Koalition. Solche europaweit
einheitlichen Regeln sind dringend erforderlich. Aber
dann brauchen wir auch eine starke europäische Institu-
tion, die Standards setzt und kontrolliert. Hier weichen
Sie aber immer dann zurück, wenn es konkret wird, wie
zum Beispiel bei der Frage nach mehr klaren Kompeten-
zen für die Europäische Eisenbahnagentur, ERA, bei der
Zulassung von Fahrzeugen.
Insgesamt verfolgt der Antrag einen Ansatz, den wir
im Grunde teilen. Aber er passt nicht so recht zur übri-
gen Politik der Koalition und bleibt bei wichtigen Fragen
uneindeutig.
Jan Mücke, Parl. Staatssekretär beim Bundesminis-
ter für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Deutschland
liegt im Herzen Europas. Daher sind die grenzüber-
schreitenden Verkehrsachsen gerade hier außerordent-
lich wichtig. Um die Wirtschaftsregionen erfolgreich
weiterzuentwickeln, mussten wir das marode Netz im
Osten sanieren und sind damit auch schon sehr weit ge-
kommen. Gerade beim Straßennetz ist dies schon jetzt
sehr gut gelungen. Um die Wirtschaftsräume Osteuropas
besser zu erschließen, müssen wir aber nicht nur die
Straßenverbindungen weiter ausbauen, auch die Schie-
nenverkehrsachsen müssen gestärkt werden. Hier gibt es
gerade im Osten und im grenzüberschreitenden Schie-
nenverkehr noch Nachholbedarf.
Bei Standortentscheidungen von Unternehmen spie-
len sowohl die Qualität der infrastrukturellen Einrichtun-
gen als auch die bestehenden Verbindungsangebote eine
wichtige Rolle. Deutschland hat durch seine zentrale
Lage und die gute infrastrukturelle Anbindung bereits
Vorteile und sollte diese auch nutzen und weiter aus-
bauen, gerade im Zuge der EU-Osterweiterung.
Insbesondere strukturschwache geografische Regio-
nen Deutschlands profitieren durch die Anbindung an
Wirtschaftszentren und ein überregionales Verkehrsnetz.
Darunter fallen viele Randgebiete Deutschlands.
Eine entscheidende Rolle spielen dabei grenzüber-
schreitende Verkehrsanbindungen für den Güter- und
Personenverkehr. Regionale Potenziale können dadurch
besser genutzt, und die Wettbewerbsfähigkeit im euro-
päischen Binnenmarkt kann gestärkt werden.
Uns Liberalen ist die große Bedeutung der Weiterent-
wicklung von grenzüberschreitenden Schienenachsen
ein wichtiges Anliegen. Als einzige namentliche Schie-
nenverbindung haben wir auf Drängen der Liberalen be-
reits im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und FDP für
diese Legislaturperiode die Schienenverbindung von der
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stsee über Berlin nach Südeuropa aufgenommen. Da-
n sehen Sie, wie wichtig uns der Ausbau dieser Verbin-
ung ist.
Deutschland traf bereits verschiedene Absprachen
um Ausbau internationaler Schienenkorridore und bila-
raler Infrastrukturprojekte, auch zum Ausbau grenz-
berschreitender Schienenverkehrsachsen. Diese werden
Rahmen des einheitlichen europäischen Verkehrsnet-
es TEN-V von 2011 sowie des Bundesverkehrswege-
lans von 2003 benannt.
Hier muss noch mehr getan werden. Die Umsetzung
ieser Projekte muss weiter vorangetrieben werden. Da-
er fordern wir, dass der Ausbau von grenzüberschrei-
nden Schienenverkehrsachsen im Rahmen des trans-
uropäischen Verkehrsnetzes bei der Aufstellung des
undesverkehrswegeplans 2013 klar favorisiert wird.
ie deutschen Wirtschaftsräume sollen in ein leistungs-
higes transeuropäisches Verkehrsnetz eingebaut wer-
en. Das stärkt die internationale Wettbewerbsfähigkeit
eutschlands nachhaltig.
Die Umsetzung der im Bundesverkehrswegeplan 2003
enannten internationalen Projekte im Bereich Güter-
nd Personenverkehr soll beschleunigt werden. Hier be-
iehen wir uns insbesondere auf bereits angelaufene Pro-
kte.
Im Rahmen der Liberalisierung des europäischen
chienenverkehrsmarktes ist es notwendig, zeitnah eine
inheitliche technische Spezifikation und europäische
egeln festzulegen und umzusetzen. Das bezieht sich
atürlich auch auf bilaterale Abkommen.
Dafür wollen wir bis Ende 2013 einen Bericht zu den
inzelnen grenzüberschreitenden Schienenverbindun-
en vorlegen. Dieser sollte nach Möglichkeit die weitere
msetzung, einschließlich eines planerischen und bau-
chtlichen Zeitplans enthalten. Zudem müsste er eine
ufstellung der dabei anfallenden Kosten auflisten.
Um den Wirtschaftsstandort Deutschland nachhaltig
u stärken und weiterzuentwickeln, ist ein gut ausgebau-
s Schienennetz unabdingbar. Dazu gehört sowohl die
inbindung entlegener strukturschwacher Regionen, als
uch die effiziente Vernetzung an Grenzgebieten. Somit
tellen wir die Weichen für eine bessere überregionale
usammenarbeit und stärken gleichzeitig den Wettbe-
erbsstandort Deutschland.
nlage 34
Zu Protokoll gegebene Reden
zur Beratung des Antrags: Die Elbregion mit
einem zukunftsweisenden Gesamtkonzept
ökologisch und ökonomisch weiterentwickeln
(Zusatztagesordnungspunkt 16)
Jürgen Klimke (CDU/CSU): Ich freue mich, dass
ir heute kurz vor Beginn der sitzungsfreien Zeit Gele-
enheit finden, im Deutschen Bundestag über das
hema Elbe zu sprechen.
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32415
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Die Elbe ist nicht nur einer von Deutschlands längs-
ten und wichtigsten Flüssen, sie ist auch einer der
schönsten. Naturnah und unverbaut fließt sie, aus Tsche-
chien kommend, vom spektakulären Elbsandsteinge-
birge vorbei am reizvollen Dresdener Elbtal, an den
Meißener Weinbergen, am Weltkulturerbe Wörlitzer
Gartenreich durch die intakte Natur der früheren inner-
deutschen Grenze bis in meine Heimatstadt Hamburg,
wo der wichtigste deutsche Hafen liegt. Von Hamburg
aus sind es aber immer noch mehr als 100 Kilometer, bis
die Elbe in die Nordsee fließt.
Die Schönheit bringt es mit sich, dass die Elbe auch
bei Touristen beliebt ist, ganz besonders bei Fahrradtou-
risten. Der Elbe-Radweg ist seit vielen Jahren Deutsch-
lands beliebtester Fernradweg. Wer ihn einmal befahren
hat, weiß, dass die Elbe mit ihren weiten Landschaften
etwas Besonderes in Deutschland ist, etwas Bewahrens-
wertes, und um das Bewahren dieser Schöpfung, in die-
sem Zusammenhang darf man das ja einmal sagen, geht
es auch in unserem Antrag.
Ich leite seit mittlerweile sieben Jahren die Arbeitsge-
meinschaft Elbe der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, ei-
nen Zusammenschluss der CDU-Abgeordneten der Elb-
region, der aber oft Themen auch interfraktionell angeht.
Unser Ziel ist es, das Zusammenwachsen der Elbregion
zu fördern und verschiedene Fragen in Bezug auf Um-
welt, Wirtschaft, Verkehr, Tourismus der Elbregion im
Bundestag oder vor Ort zu diskutieren, aber auch, bun-
despolitische Anliegen zur Elbe umzusetzen.
Sich mit der Elbe politisch zu beschäftigen bedeutet
auch, sich mit berechtigten kontroversen Meinungen
auseinanderzusetzen. Da stehen Umweltschützer, Kir-
chenvertreter und weite Teile der Öffentlichkeit und
wollen den Fluss in seiner Einzigartigkeit bewahren.
Teilweise wird dabei das Ideal eines Flusses gesehen, in
das der Mensch nicht mehr eingreift. Auf der anderen
Seite stehen Hafenbetreiber, Unternehmer und Binnen-
schiffer und wünschen sich mehr Schiffsverkehr auf der
Elbe. Sie fordern Unterhaltungsmaßnahmen oder sogar
Ausbaumaßnahmen, sonst drohen Verkehrsverlagerun-
gen auf den Lkw, der Wegzug von Industrie, der Verlust
von Arbeitsplätzen.
Kernpunkt der Debatte sind dabei die sogenannten
Reststrecken. Das sind jene Bereiche der Elbe in der Re-
gion Dömitz/Hitzacker sowie bei Coswig, die vor dem
Zweiten Weltkrieg nicht mehr mit Buhnen auf das glei-
che Niveau der restlichen Elbe gebracht worden sind. In
der Folge ist der Fluss hier breiter, fließt langsamer, es
kommt zu Ablagerungen. Besonders massiv ist das Pro-
blem an der Reststrecke Hitzacker. Durch die Situation
an den Reststrecken ist die effiziente Befahrbarkeit der
Elbe für Binnenschiffe nicht ausreichend planbar. In der
Folge gehen Verkehre eher auf die Schiene und die
Straße. Um dieser mangelnden Verlässlichkeit abzuhel-
fen, wird an den Reststrecken gebaggert, was rechtlich
eine Unterhaltung ist, der Gewässerökologie aber massiv
schadet. Die Verlängerung der Buhnen auf das Niveau
des übrigen Flusslaufs wäre rechtlich ein Ausbau und
muss entsprechend mit Planfeststellungsbeschluss durch-
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eführt werden. Dagegen gibt es jedoch erheblichen Wi-
erstand.
Jeder, der sich in den vergangenen Jahren näher mit
er Elbe beschäftigt hat, kennt die schwierige Gemenge-
ge und die manchmal fast ideologisch geführten Dis-
ussionen. Die Politik ist dabei gelegentlich mehr der
timme der Öffentlichkeit als einer rationalen Abwä-
ung von Alternativen gefolgt. Nur so ist es zu erklären,
ass die rot-grüne Bundesregierung nach dem vorletzten
roßen Elbe-Hochwasser im Jahr 2002 sogar die Unter-
altungsmaßnahmen an der Elbe gestoppt hat, obwohl
ine Sanierung der Reststrecken keine Auswirkungen
uf das Hochwasser gehabt hätte. Erst in der Zeit der
roßen Koalition wurden diese Unterhaltungsmaßnah-
en wieder aufgenommen.
Unter der jetzigen Union-FDP-Regierung wurden
iese Maßnahmen forciert. Parallel haben Bundesum-
eltministerium und Bundesverkehrsministerium mit
er Erarbeitung eines Gesamtkonzeptes Elbe begonnen,
essen Eckpunkte in diesem Jahr auf einer großen Kon-
renz in Magdeburg vorgestellt wurden. Im Vorfeld fan-
en Gespräche mit Umweltverbänden und Kirchen, mit
irtschaftsverbänden und vor allem mit den Bundeslän-
ern statt. Diese Eckpunkte bedürfen noch der Ausge-
taltung und der Unterlegung durch Projekte. Leider gibt
s darin zum Thema „Baumaßnahmen an der Elbe“ eine
bweichende Meinung: Während alle Länder die Auffas-
ung der Bundesregierung teilen, dass ein Ausbau allein
ur verkehrlichen Verbesserung an der Elbe nicht statt-
nden soll, lehnt die rot-grüne niedersächsische Landes-
gierung jegliche Ausbaumaßnahmen an der Elbe ab
nd behindert damit jeglichen ökologisch vernünftigen
usbau.
Bei der Erstellung des Elbe-Gesamtkonzeptes hat sich
ezeigt, dass es an der Elbe, wie erwartet, unterschied-
che Interessen gibt, dass aber auch die Möglichkeit be-
teht, einen Konsens zu erzielen. Die unterschiedlichen
teressen betreffen zum Beispiel das aktuelle Thema
ochwasserschutz. Wir alle haben sehen müssen, dass
as vermeintliche Jahrhunderthochwasser an der Elbe
ach zehn Jahren teilweise noch übertroffen wurde. Jetzt
eht es darum, dass den Menschen geholfen wird. Dazu
at die Bundesregierung alles Menschenmögliche in die
ege geleitet. Danach muss es darum gehen, den Hoch-
asserschutz noch weiter zu optimieren. Hochwasser-
chutz ist allerdings Ländersache, der Bund kann hier
ur eine Koordinierungsfunktion wahrnehmen. Vor die-
em Hintergrund fordern wir in unserem Antrag von der
undesregierung, dass sie sich bei der Ausgestaltung des
esamtkonzepts Elbe für länderübergreifend einheit-
che Maßstäbe im Bereich Hochwasserschutz einsetzt.
Konsens besteht mittlerweile auch mit den allermeis-
n Vertretern der Umweltverbände und der Kirchen,
ass wir die Elbe nicht sich selbst überlassen dürfen, ja,
ass sogar Ausbaumaßnahmen nötig sind. Grund dafür
t die Erkenntnis, dass wir für die ökologische Zukunft
er Elbe dringend ein Sohlestabilisierungskonzept benö-
gen. Die Elbe hat sich inzwischen so weit in ihr Bett
ingetieft, dass ein kritisches Absinken des Grundwas-
erspiegels droht. Damit drohen Altarme und Auwälder
32416 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
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trockenzufallen. Gefährdet ist auch das UNESCO-Welt-
erbe Wörlitzer Gartenreich.
Diesen Aspekt haben wir in unseren Antrag aufge-
nommen, indem wir die Einleitung eines Planfeststel-
lungsverfahrens für das geplante Pilotprojekt des Elbe-
abschnitts bei Klöden von der Bundesregierung fordern.
Gleichzeitig fordern wir auch weitere Ausbaumaßnah-
men, soweit diese erforderlich sind und sie einen ökolo-
gischen Mehrwert bringen; auch hier soll ein Planfest-
stellungsverfahren eingeleitet werden. Diese Forderung
bezieht sich vor allem auf die Reststrecken Dömitz/
Hitzacker und Coswig. Wir ermöglichen der Bundesre-
gierung mit unserem Antrag, diese Flaschenhälse end-
lich anzugehen und nachhaltig zu sanieren.
Vernünftige Argumente gegen die Sanierung der
Reststrecken sind mir in den letzten sieben Jahren mei-
nes Vorsitzes der Arbeitsgemeinschaft Elbe noch nicht
untergekommen. Lassen Sie mich am Schluss meiner
Rede auf die eventuellen Bedenken eingehen:
Der Begriff Ausbau trifft das Problem eigentlich gar
nicht. Es geht vielmehr darum, an den Reststrecken die
Buhnen und Deckwerke in gleichem Abstand, gleicher
Länge und Bauart zu errichten, wie es am übrigen Fluss-
lauf bereits geschehen ist. Deshalb wäre Sanierung der
bessere Begriff. Wie soll es unökologisch sein, die Sa-
nierung, die an 95 Prozent des Flusslaufs bereits durch-
geführt wurde, auch an den letzten 5 Prozent durchzu-
führen?
Ohne einen Planfeststellungsbeschluss darf unterhal-
ten werden. Das bedeutet im Klartext, dass massiv ge-
baggert wird. Baggern schadet der Flussökologie. Mit ei-
ner Sanierung der Reststrecken werden 90 Prozent der
Baggerarbeiten zukünftig überflüssig; das nützt der Um-
welt und führt dazu, dass sich eine Sanierung auch öko-
nomisch nach kurzer Zeit rentiert.
Nur die Reststreckensanierung bietet die Planungssi-
cherheit, die die Binnenschifffahrt benötigt, um effizient
auf der Elbe zu fahren, um Ladung aus Asien über Ham-
burg in größerem Umfang auf der Elbe weiterzutrans-
portieren. Davon profitiert der Hamburger Hafen, davon
profitieren die Häfen an der Elbe, aber eben auch die
Wirtschaft, die sich verstärkt in Hafennähe ansiedelt.
Der größte Profiteur sind aber die Menschen, die an den
bereits jetzt vielbefahrenen Lkw-Strecken im Hambur-
ger Hinterland wohnen und die von einer Verkehrsverla-
gerung auf das Binnenschiff am spürbarsten profitieren.
Um auf den Anfang meiner Rede zurückzukommen:
Die Elbe ist etwas Besonderes. Sie wird auch in Zukunft
frei fließen und weitgehend unverbaut. Sie wird die
Menschen in ihren Bann ziehen. Wir wollen mit unserem
Antrag die ökologische Dimension der Elbpolitik weiter
stärken, ohne die Bedeutung, die die Elbe als Bundes-
wasserstraße hat, zu mindern. Das ist uns mit unserem
Antrag gut gelungen.
Arnold Vaatz (CDU/CSU): Die Elbregion ökolo-
gisch und wirtschaftlich weiterzuentwickeln, ist gerade
vor dem Hintergrund des aktuellen, verheerenden Hoch-
wassers an der Elbe von besonderer Bedeutung. Wir be-
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rüßen daher umso mehr, dass unter der Federführung
es Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtent-
icklung, BMVBS, sowie des Bundesministeriums für
mwelt und Reaktorsicherheit, BMU, ein Gesamtkon-
ept für die Elbe erarbeitet wird. Entscheidend dabei ist,
ies in breitem Konsens gemeinsam mit den betroffenen
undesländern und unter frühzeitiger Einbeziehung der
irchen, der Umweltverbände, der Wirtschaftsverbände,
en Industrie- und Handelskammern sowie Interessen-
ruppen der Bürgerinnen und Bürgern zu tun. Bisher
urde bei der Diskussion um den Schiffsverkehr auf der
lbe häufig ein Gegensatz zwischen umweltpolitischen
teressen auf der einen Seite und wirtschaftlichen For-
erungen auf der anderen Seite thematisiert. Das Ge-
amtkonzept Elbe kann diese vermeintlichen Gegensätze
urch einen fairen, ökologisch und ökonomisch sinnvol-
n Interessenausgleich aufheben. Die unterschiedlichen
utzungsansprüche an die Elbe fließen in das Gesamt-
onzept gleichberechtigt ein. Mit dem vorliegenden An-
ag haben wir zudem die Bundesregierung aufgefordert,
emeinsam mit den Bundesländern länderübergreifend
inheitliche Maßstäbe für den Hochwasserschutz in das
esamtkonzept Elbe einzubinden.
In diesem Zusammenhang möchte ich auch die wich-
ge Kooperation mit unseren tschechischen Partnern
ervorheben. Denn ohne die Hilfe Tschechiens durch
essen Staustufen und Überschwemmungsflächen hätte
as Hochwasser insbesondere für Sachsen noch verhee-
ndere Folgen gehabt.
Mit dem Gesamtkonzept Elbe von BMVBS und
MU sollen alle erforderlichen Maßnahmen zur Auf-
chterhaltung einer umweltverträglichen schifffahrtli-
hen Nutzung ermöglicht werden. Hierauf möchte ich
us verkehrlicher Sicht besonders eingehen.
Wirtschaftlich ist die Anbindung über die Bundes-
asserstraße Elbe einschließlich des Elbe-Seitenkanals
in Standortvorteil für die Elbanrainer. Seit der Wieder-
ereinigung sind erhebliche Mittel in die Modernisie-
ng der Binnenhäfen an der Elbe investiert worden. In
er Umgebung der Häfen haben sich Unternehmen ange-
iedelt, die die Wasseranbindung als Standortvorteil, ins-
esondere für den Güterverkehr von und zum Hambur-
er Hafen, nutzen.
Für den Hamburger Hafen als wichtigsten deutschen
eehafen ist die Mittel- und Oberelbe eine Option als
ransportweg für den Hinterlandverkehr auf Binnen-
chiffen. Für die Elbestrecke Magdeburg–Hamburg steht
it dem Elbe-Seitenkanal ein paralleler Schifffahrtsweg
ur Verfügung, der vor allem für Massengutverkehre und
r zweilagigen Containerverkehr geeignet ist. Contai-
erverkehre brauchen aber für ihre Wirtschaftlichkeit
uch einen dreilagigen Transport, der wegen der Brü-
kendurchfahrtshöhen auf den Kanälen nicht möglich
t. Vor dem Hintergrund der prognostizierten Wachs-
msraten im Containerumschlag im Hamburger Hafen
pielt der Hinterlandverkehr auf der Elbe eine zuneh-
end wichtige Rolle, da die Kapazitäten auf der Schiene
nnähernd ausgeschöpft sind. Schließlich ist die Binnen-
chifffahrt, wenn es entsprechende Verlademöglichkei-
n gibt, nicht nur deutlich kostengünstiger als der Lkw
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32417
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und die Bahn, sondern auch der umweltfreundlichere
Verkehrsträger.
Für die Nutzung der Elbe als Bundeswasserstraße
zwischen Dresden und Hamburg muss die Fahrrinnen-
tiefe mindestens 1,60 Meter und die Fahrrinnenbreite
50 Meter betragen. Zurzeit kann dies noch nicht an min-
destens 345 Tagen im Jahr gewährleistet werden.
Zum einen liegt dies an den stark schwankenden und
oft niedrigen Wasserständen der Elbe, die die im Contai-
nerverkehr üblichen Linienverkehre nicht mit der erfor-
derlichen Zuverlässigkeit sicherstellen können, und zum
anderen liegt es an der ausbaubedürftigen Infrastruktur
für den Binnenschiffsumschlag im Hamburger Hafen.
Dies führt im Vergleich zum Seehafen Rotterdam zu ver-
hältnismäßig hohen Umschlagskosten für die Binnen-
schifffahrt. Weil keine Prognose der Fahrrinnentiefen
einige Wochen im Voraus möglich ist, wird bei der Pla-
nung von Logistikketten die Bundeswasserstraße Elbe
nur eingeschränkt berücksichtigt. Die Schwachstellen
bei den Fahrrinnentiefen an einigen kritischen Elbab-
schnitten bei Niedrigwasser sind demnach maßgebend
dafür, dass eine wirtschaftliche Schiffbarkeit der Elbe oft
nicht gegeben ist.
Zwei längere Problemstrecken an der Elbe sind aus-
schlaggebend, um zu einer Verbesserung der Situation
mit gleichermaßen ökologischem und verkehrlichem
Mehrwert zu kommen: die Erosionsstrecke zwischen
Mühlberg und der Saalemündung und die sogenannten
Reststrecken zwischen Dömitz und Hitzacker.
Weitreichende ökologische Folgen hat die Sohlen-
erosion im Streckenabschnitt bei Klöden. Dort hat sie in
den letzten 100 Jahren zu einer großen Eintiefung der
Elbe geführt, wodurch den Hartholzlaubwäldern in den
Elbauen das Schicksal droht, trockenzufallen.
An den Reststrecken sind bei früheren Ausbaumaß-
nahmen die Buhnen in der Elbe entweder kriegsbedingt
nicht erbaut oder nicht erneuert worden, sodass dort die
Fließgeschwindigkeit geringer wird und die Fahrrinne
versandet. Derzeit werden die Fahrrinnentiefen durch
ständige Baggerungen gewährleistet, was mit hohen
Kosten für die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung und
nachteiligen Folgen für die Umwelt verbunden ist. Ob-
wohl die Sanierung der Reststrecken Dömitz/Hitzacker
und im Bereich Wittenberg bis Torgau bereits im Bun-
desverkehrswegeplan 1992 vorgesehen war, wurden die
Arbeiten nach dem Hochwasser 2002 durch eine politi-
sche Entscheidung der damaligen Bundesregierung ein-
gestellt.
Wir wollen deshalb insbesondere mit der Umsetzung
eines Sohlenstabilisierungskonzeptes – für das wir mit
unserer Initiative im Bereich Klöden ein Pilotprojekt und
ein Planfeststellungsverfahren fordern – die Situation
nachhaltig verbessern. Dadurch ist es möglich, das Ein-
tiefen der Elbe zu stoppen und das Absinken des Grund-
wasserspiegels in den wertvollen Auenlandschaften zu
verhindern.
Eine weitere Maßnahme, mit der wir die Zukunft der
Elbe als Bundeswasserstraße und Wirtschaftsstandort si-
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hern wollen, betrifft die Sanierung der sogenannten
eststrecken. Die Umsetzung soll mit einem Planfest-
tellungsverfahren zu einer naturschutzverträglichen An-
assung dieser Strecken an das übrige Niveau des Fluss-
ufs erfolgen. Dadurch kann schädliches Baggern
duziert und die Verlässlichkeit für die Binnenschiff-
hrt gestärkt werden.
Wir haben die Bundesregierung aufgefordert, alles
afür zu tun, um bis zum Sommer 2013 die Eckpunkte
r das Gesamtkonzept Elbe im Konsens mit den Bun-
esländern und unter Beteiligung der Akteure und Inte-
ssengruppen herzustellen. Auf dieser Basis soll bis
nde 2014 gemeinsam mit den Bundesländern ein Ge-
amtkonzept und Maßnahmenpaket für die Elbe erarbei-
t werden. Dabei ist darauf hinzuwirken, dass alle ge-
lanten Maßnahmen stets einen verkehrlichen und
kologischen Mehrwert haben.
Die Bewahrung des Naturzustandes der Elbe und die
irtschaftliche Nutzung der Wasserwege sind keine Ge-
ensätze. Sie müssen vielmehr durch kluge Politik mitei-
ander verknüpft werden. Dies wollen wir unterstützen.
Gustav Herzog (SPD): Am Abend werden die Fau-
n fleißig! – Viel mehr fällt mir zu diesem Vorgang fast
icht ein. Es ist schon ungeheuerlich, was Sie hier veran-
talten. Vier Jahre hatten Sie Zeit, Ihre Position zur Elbe
u finden und dann parlamentarisch aufzuarbeiten. Statt-
essen haben Sie die vier Jahre verstreichen lassen und
ollen jetzt in einer Nacht-und-Nebel-Aktion einen
onflikt abräumen, der seit zehn Jahren entlang des
lusses schwelt. Die Scheitelwelle des historischen
ochwassers ist kaum abgeflossen, und noch während
ebrochene Deiche notdürftig geflickt werden, kommen
ie mit einem Antrag zur Elbe!
Einen günstigeren Augenblick hätten Sie sich nun
irklich nicht aussuchen können, liebe Kolleginnen und
ollegen der Koalition. Ich beglückwünsche Sie zu die-
em Weitblick und Ihrer Feinfühligkeit in dieser Situa-
on. Gewiss, auch wir mussten unsere Konflikte im Um-
ang mit der Elbe austragen, haben aber unsere Position
ur Elbe geschärft und sehen die Elbe sowohl als Natur-
um als auch als Verkehrsachse, auf die wir kaum wer-
en verzichten können. Dazu haben wir schon 2012 ei-
en Fraktionsbeschluss herbeigeführt und im Vorfeld auf
iner gut besuchten öffentliche Flusskonferenz in Mag-
eburg mit den Menschen vor Ort diskutiert.
Warum haben Sie den Antrag auf die lange Bank ge-
choben? Warum bringen Sie ihn kurz vor Toresschluss
ls Zusatzpunkt zur sofortigen Abstimmung ein und ver-
indern dadurch eine parlamentarische Beratung? Weil
ie es still und heimlich durchschieben wollen. Ja keine
ufmerksamkeit und ja keine Öffentlichkeit bei unbe-
uemen Themen, genau das ist Ihre Politik. Nicht mit
ns, meine Damen und Herren. Mindestens das Hoch-
asser und seine Folgen müssen anständig ausgewertet
nd interpretiert werden. Dann müssen wir einen trans-
arenten Dialog führen und für unseren Kompromiss
wischen den verschiedenen Interessen werben, bevor
ir einen Beschluss des Bundestags herbeiführen.
32418 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
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Dabei sind unsere Ziele gar nicht so weit auseinander,
und ich finde es ausgesprochen schade, dass wir in einer
so wichtigen und derart umstrittenen Frage nicht mit
ausreichend Zeit beraten können. Mehr Einigkeit hier im
Hause würde dem Thema besser zu Gesicht stehen und
einem Beschluss dadurch auch mehr Aussagekraft ge-
ben. Doch das haben Sie nun wirklich vergeigt. Anders
kann ich es nicht nennen. Die Elbe hat in der Tat Besse-
res verdient!
Warum brauchen wir den Schutz des Naturraums
Elbe? Weil Fauna und Flora zu Lande und im Wasser
einzigartig sind und diese Habitate zum Überleben brau-
chen, wir Menschen Erholungsräume suchen und ein
sanfter Tourismus den Prinzipien der Nachhaltigkeit ent-
spricht. Warum brauchen wir die Elbe als Verkehrsweg?
Weil Arbeitsplätze und Prosperität ganzer Wirtschafts-
räume an der mittleren und oberen Elbe von Transporten
auf dem Fluss abhängen, der Lkw für uns keine Alterna-
tive darstellt, die Bahn Engpässe hat und das Binnen-
schiff seine Stärken sowohl für den Massengut-, als auch
Projektladungs- und Containertransport nutzen sollte.
Wir wollen die Güter auf nachhaltige Verkehrsträger
verlagern, und dafür brauchen wir die Elbe. Wir wollen
die Verkehrsträger nicht gegeneinander ausspielen, doch
wir wollen sie entlang ihrer Stärken optimieren, und da-
her brauchen wir nicht nur die Optionen, sondern auch
die Knotenpunkte, um kombinierte Verkehre möglich zu
machen. Der Hamburger Hafen stellt hier eine zentrale
Schlüsselposition dar. Hier wird intensiv daran gearbei-
tet, dass das Binnenschiff die Rolle bekommt, die es ver-
dient, und wir müssen dafür sorgen, dass die Güter dann
auch abgefahren werden können. Wir müssen Scharne-
beck ertüchtigen, den Elbe-Seitenkanal und die Elbe ih-
ren Verhältnissen entsprechend verkehrsfähig machen.
Ist das nun ein Widerspruch? Nein, denn wir glauben
nicht, dass sich beides gegenseitig ausschließt. Vielmehr
halten wir einen Konsens für möglich, der die wirt-
schaftliche Nutzung des Flusses als Verkehrsträger er-
möglicht und die ökologische Funktionsfähigkeit ver-
bessert. Niemand will einen Ausbau oder einen zweiten
Rhein, wie man mir einmal unterstellt hat; aber wir brau-
chen die Elbe in einem Mindestzustand für verkehrliche
Zwecke. Dieser darf weder unsere ökologischen Schutz-
ziele für das Flusssystem noch den Hochwasserschutz
der Länder konterkarieren. Wir wollen dem Fluss mehr
Raum geben, damit er sich beim nächsten Hochwasser
besser ausbreiten kann.
Hier gibt es jedoch keine Interessenskollision mit der
Binnenschifffahrt, ganz im Gegenteil. Wenn die Deiche
zurückgelegt werden und der Fluss sich weiter entfalten
kann, wird nicht nur das Hochwasser abgeschwächt, die
Schiffe können dann auch länger fahren. Wir müssen uns
genau anschauen, welche Maßnahmen welche Auswir-
kungen haben, und ein Verschlechterungsverbot ist
durchaus eine ganz löbliche Sache. Wir wollen zudem
ein Verbesserungsgebot.
Grundsätzlich sollen Eingriffe zur Verbesserung der
Schiffbarkeit mit einem ökologischen Mehrwert verbun-
den werden. Zugleich müssen wir den Fluss auch vor
sich selbst schützen. Hochwasser dieser Art wirbeln das
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leichgewicht des Flusses gehörig durcheinander und
erschlimmern Missstände, die anthropogene Ursprünge
aben. Die Sohlabsenkung im Bereich der Erosionsstre-
ke wird sich durch die Last und die Geschwindigkeit
es Hochwassers mutmaßlich beschleunigt haben. Umso
ichtiger ist, dass wir Maßnahmen wie das Pilotprojekt
ei Klöden auf die Ergebnisse der Hochwasserauswer-
ng anpassen und dann schleunigst in Kraft setzen, be-
or unser Weltkulturerbe darunter leidet, dass wir nichts
n.
All das, meine Damen und Herren von der Koalition,
etzt voraus, dass wir Menschen haben, die sich vor Ort
arum kümmern. Mit Ihren Mehrheiten haben Sie in die-
er Legislatur eine beispiellose Odyssee über die Was-
er- und Schifffahrtsverwaltung gebracht, die darin mün-
en soll, dass unter anderem an der Elbe zwei von drei
mtern und die Direktion Ost geschlossen werden.
enn wir den von Ihnen beabsichtigten Personalabbau
etreiben, dann frage ich Sie, wer beim nächsten Hoch-
asser bereitstehen soll? Laut Aussagen der Bundesre-
ierung waren bei diesem Hochwasser 2000 Mitarbeiter
er WSV im Dauereinsatz, zufälligerweise genau die
nzahl, die Sie abbauen wollen. Wer soll die Wehre be-
ienen, die Pumpwerke und Sperrtore? Wer hält die Pe-
elanlagen in Ordnung? Wer unterstützt Bundeswehr
nd Hilfsdienste von der Wasserseite aus, setzt die Schu-
n zur Sprengung auf Grund, um gebrochene Deiche zu
chützen, und wer holt verkeilte Baumstämme, Glascon-
iner oder Gartenhäuser aus dem Wasser, damit Brü-
ken und Anlegestellen nicht dem Druck des sich auf-
tauenden Wassers nachgeben müssen? Und wer
ümmert sich um die Aufräumarbeiten in den Fahrrin-
en und Uferzonen, wenn Sie hier alle Ämter abgebaut
aben? Darauf geben Sie keine Antwort!
Am 3. Juni war ich in Dresden und konnte mich per-
önlich davon überzeugen, welche Arbeit dort geleistet
urde. Neben den Einsätzen am Fluss musste das WSA
eräumt und alles vor dem Hochwasser gesichert wer-
en, weil alles von funktionierenden Meldeketten und
oliden Informationen abhängt. Ich darf aus einer E-Mail
itieren, die mich einige Tage später von der Elbe er-
ichte: „… Am nächsten Tag gegen Mittag wurden wir
on der Elbe geflutet und waren damit telefonisch und
er Internet nicht mehr erreichbar. Es ist uns trotzdem
elungen, bei diesem Extremhochwasser unsere Aufga-
en ordentlich zu erfüllen. Wir haben unsere Anlagen,
chiffe und Gebäude gesichert und vor größeren Schä-
en bewahrt. Vor allem haben wir aber dafür gesorgt,
ass unsere wichtigen Pegelanlagen trotz Schäden an
inzelnen Pegeln und der Datenübertragung durchge-
end funktionierten. Unsere Kollegen haben vor Ort
otz widrigster Umstände (abenteuerlichste Zuwegun-
en und extreme Wasserstände vor Ort) die Anlagen be-
eut und repariert. Weiterhin konnten wir im Amtsbe-
ich mit unserem Fachwissen die regionalen
insatzkräfte mit Rat und Tat unterstützen, ob das nun
ie Deichverteidigung, die Information über Abfluss-
nd Wasserstandsentwicklungen oder die Mitwirkung
nd Koordinierung von speziellen Einsätzen war. Dies
ef alles unspektakulär und unauffällig ab und zeigt da-
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32419
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mit die hohe Professionalität aller Kolleginnen und Kol-
legen …“
Meine Damen und Herren der Koalition, liebe Kolle-
gin Wilms, auch Sie von den Grünen haben diesem gan-
zen Unfug zugestimmt. Ich frage Sie: Wer soll all dies
tun, wenn Sie diese „Reform“ abgeschlossen haben, die
diesen Namen nicht verdient? Fangen Sie dann an, von
Bonn aus private Unternehmen zu dirigieren, denen Sie
die Aufgaben übertragen haben? Das Unternehmen
möchte ich sehen, das hierfür Verantwortung übernimmt
und tatsächlich mit Sachverstand und vollem Einsatz vor
Ort ist. Und die Kosten will ich sehen, die das verlangt,
ohne dass es funktionieren würde. Oh nein, liebe Kolle-
ginnen und Kollegen, auch wenn Sie uns eine ganze Le-
gislatur mit diesem Unsinn auf Trab gehalten haben: Es
hat mit einer falschen Motivation begonnen und ist über
die Zeit nicht besser geworden. Daher werden wir in der
kommenden Legislatur das Heft des Handelns in die
Hand nehmen und die WSV in einem transparenten Ver-
fahren und im Einklang mit den Mitarbeitern so aufstel-
len, dass sie sich handlungsfähig und zukunftsfest in der
Fläche um unsere Wasserstraßen kümmern kann.
Torsten Staffeldt (FDP): Dieser Tage erreichen
mich viele Nachrichten und Briefe, in denen für die gute
Zusammenarbeit in den letzten vier Jahren gedankt wird.
Auch ich möchte mich an dieser Stelle bedanken: für
manches offene Wort, für konstruktive Diskussionen, für
Tröstendes und Menschliches und vor allem für all das,
was wir in der christlich-liberalen Koalition im Bereich
Schifffahrt – sei es die See- oder die Binnenschifffahrt –
für die Bundesrepublik erreicht haben.
Denn dies ist die ureigenste und wichtigste Pflicht des
Abgeordneten: den Interessen unseres Landes und seiner
Bürgerinnen und Bürger zu dienen. Das Urteil darüber,
ob und wie ich meinen Teil dazu getan habe, überlasse
ich gerne anderen. Ich stehe an diesem letzten Sitzungs-
tag der Legislaturperiode in Demut vor diesem Hohen
Hause – und zugleich mit einem zuversichtlichen Blick
nach vorn.
Der Politik und den Politikern wird nur allzu oft vor-
geworfen, sie hätten wenig Substanz. Dass diese Vor-
würfe unberechtigt sind, zeigt zum einen der detaillierte,
zukunftsweisende Antrag für die Elbregion, den wir
heute beraten. Zum anderen können wir mit Fug und
Recht sagen: Die zurückliegenden vier Jahre waren vier
gute Jahre. Für Deutschland. Für das Maritime Bündnis
und die Schifffahrt. Für die Menschen in unserem Land.
Denken Sie nur an den Nordostseekanal oder die
Schleuse Brunsbüttel. So sollten wir es weiter angehen.
Dass wir nur gemeinsam etwas erreichen können,
haben die verheerenden Überschwemmungen der letzten
Wochen verdeutlicht. Als Bremer weiß ich: Wer die
Kraft des Wassers unterschätzt, verliert. Oft sind es Ein-
griffe von Menschenhand, die zu solchen Katastrophen
führen, wenn nicht – wie wir das in der christlich-libera-
len Koalition tun – für die Instandhaltung der Wasser-
wege Sorge getragen wird.
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Gleichzeitig bewegt sich Schiffsverkehr immer auch
Spannungsverhältnis zwischen Wirtschaftlichkeit
nd Umweltschutz. Um Eindeichungen kommt man
icht umhin, will man unsere Wasserstraßen wirtschaft-
ch leistungs- und wettbewerbsfähig erhalten. Für die
lbregion setzen wir uns mit Kirchen, Umwelt- und
irtschaftsverbänden, Industrie- und Handelskammern
nd Bürgergruppen ein für ein Gesamtkonzept, das den
iderstreitenden Interessen im breiten Spektrum zwi-
chen Ökologie und Ökonomie Rechnung trägt.
Mit den Nebenflüssen Havel und Spree ist die Elbe
er wichtigste Flusslauf im ostdeutschen Wasserstraßen-
etz, einer der bedeutendsten Flüsse Deutschlands, tou-
stisch, kulturell, ökologisch und wirtschaftlich. Auf
ehr als 400 Flusskilometern ist sie als ältestes deut-
ches UNESCO-Biosphärenreservat eine Modellland-
chaft für nachhaltige Entwicklung. Für den Hamburger
afen als wichtigstem deutschen Seehafen sind Mittel-
nd Oberelbe Transportwege für den Hinterlandverkehr
uf Binnenschiffen. Derzeit werden gut ein Drittel der in
amburg umgeschlagenen Güter in die Elbregion trans-
ortiert.
Da die Kapazitäten auf der Schiene annähernd ausge-
chöpft sind sowie vor dem Hintergrund der prognosti-
ierten Wachstumsraten beim Containerumschlag im
amburger Hafen werden Elbe und Elbe-Seitenkanal
unehmend eine wichtige Rolle für Massengut- und
ontainerverkehre spielen müssen.
Dass man für den Containerverkehr die Elbe und
icht Straße und Schiene nutzt, hat ökologische Vorteile:
eniger Emissionen, weniger Lärm. Auch aus diesem
rund ist Binnenschifffahrt ein zentrales Thema beim
mweltschutz.
Baggern oder Buhnen? Da kennt sich nicht jeder aus.
uhnen – das sind durchbrochene, dammartige Bauten.
ast jeder kennt die aufrecht aneinandergereihten
olzstämme vom Strandspaziergang, die dem Küsten-
chutz dienen. In der Binnenschifffahrt sind sie ebenso
ilfreich.
Für jeden, der am Wasser lebt, ist klar: Dem Umwelt-
chutz ist mehr gedient, wenn die Uferstreifen nicht
lljährlich ausgebaggert werden. Denn so zerstört man
iotope. Richtig ist, den Strom durch Buhnen zu lenken.
o bleibt auch der Erhaltungsaufwand gering.
Um die weitere Diskussion zu befördern und im
ommer 2013 Eckpunkte für das Gesamtkonzept vorle-
en und dieses fertigstellen zu können, werden wir einen
eirat aller beteiligten Akteure unter Vorsitz eines unab-
ängigen Experten einsetzen. Vorbild ist der bereits exis-
erende Runde Tisch.
Wer jetzt noch an der Substanz der Arbeit der christ-
ch-liberalen Koalition zweifelt, dem kann man wohl
icht mehr helfen.
Mir bleibt noch eines zu sagen:
Ich wünsche uns allen einen spannenden Wahl-
ampfsommer mit heißen Debatten, dazu hoffentlich
ine nahegelegene Fluss- oder Meereslandschaft, an der
32420 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
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sich rauchende Köpfe und erhitzte Gemüter gegebenen-
falls Kühlung verschaffen können.
Roland Claus (DIE LINKE): Die Fraktion Die Linke
freut sich, dass die Regierungskoalition diesen Vorstoß
unternimmt. Es liegt in diesem Antrag ja doch so etwas
wie die Einsicht, dass dogmatisierter Föderalismus an
den lebensweltlichen Zusammenhängen scheitern muss.
Natürlich braucht es ein länderübergreifendes Gesamt-
konzept für die Elbregion. Und es braucht dann auch
Gremien, die dieses Gesamtkonzept umzusetzen in der
Lage sind. Und diese, selbstverständlich, müssen inter-
national gestaltet sein, denn die Elbe beginnt ihren Lauf
bekanntlich in Tschechien, und zur Elbregion gehören
alle Nebenflüsse mit ihrem jeweiligen Einzugsgebiet,
also auch – um nur die größten zu nennen – die Moldau,
die Mulde, die Saale und die Havel.
Leider erfasst der Antrag nicht diese Gesamtdimen-
sion, und das ist für uns einer der Gründe dafür, dass wir
dem Antrag nicht zustimmen, sondern uns der Stimme
enthalten. Ein weiterer Grund besteht darin, dass der An-
trag einfach nicht aktuell ist. Zwar ist das Hochwasser
von 2013 durchaus erwähnt. Aber an welcher Stelle?
Ganz am Ende des Antrags. Hochwasserschutz taucht
dort auf als ein Punkt unter vielen anderen. In seinen
Kernpunkten behandelt der Antrag die Elbe so, wie sie
im Mai 2013 existiert hat. Die Dramatik des Hochwas-
sers der ersten Junihälfte 2013 bleibt ausgespart. Aber da
gab es Pegelstände, wie sie noch nie gemessen worden
sind, und mit dem Dammbruch bei Fischbeck in Sach-
sen-Anhalt ist eine Katastrophe geschehen, deren Folgen
auch jetzt noch nicht vollständig überschaubar sind. Die
Heftigkeit und die enorme Längenausdehnung des Flut-
scheitels auf 30 bis 40 Kilometer hatten ihre Ursache im
Aufeinandertreffen der Flutscheitel von Elbe und Saale.
Was für ein Ereignis braucht es denn noch, um deutlich
zu machen, dass ein Konzept für die Elbregion selbstver-
ständlich eines für die Saaleregion einschließen muss?
Und wie dicht müssen denn die fälschlich „Jahrhundert-
hochwasser“ genannten Ereignisse nach 2002, 2006,
2011 und 2013 noch aufeinanderfolgen, bis ins Bewusst-
sein dringt, dass Hochwasserschutz nicht als irgendein
Teilproblem in einem Gesamtkonzept für eine Flussre-
gion behandelt werden darf, sondern dass er den Kern
des Ganzen zu bilden hat?
Aber dann freilich nicht nur als eng geführtes Deich-
bau- oder Spundwanderrichtungsproblem, sondern als
Grundfrage des Umgangs mit den Flüssen überhaupt. Es
ist doch widersinnig, zuerst über diese und jene betriebs-
wirtschaftlich mehr oder weniger effiziente Nutzung ei-
nes Flusses nachzudenken und erst danach die Frage
nach dem Hochwasserschutz zu stellen, und zwar wider-
sinnig auch unter ernsthaftem – sprich: volkswirtschaft-
lichem – ökonomischem Blickwinkel. Wie viel Gewinn
müsste denn eine herkömmlich als effizient gepriesene
Flussschifffahrt erwirtschaften, damit sie die vielen Mil-
liarden, die bei einem „Weiter so!“ im Flussmanagement
künftig alle paar Jahre für die Überwindung der Überflu-
tungsschäden erbracht werden müssen, auszugleichen
vermag? Müssen solche Feststellungen über die Kosten-
vorteile der Binnenschifffahrt gegenüber Lkw und Bahn,
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ie sie im Antrag enthalten sind, nicht einer erneuten
rüfung unterzogen werden, und zwar unter Einrech-
ung der Milliarden, die uns der bisherige Umgang mit
en Flüssen kostet? Und muss damit nicht immer auch
ieder die Frage gestellt werden, wie viel von all diesem
ontinuierlichen Wachstum des Transportvolumens, mit
em der Antrag ganz selbstverständlich arbeitet, tatsäch-
ch notwendig ist? Ist es nicht hohe Zeit, auch unter die-
em Aspekt der tatsächlichen Kosten nicht nur der
ransporte selbst, sondern eben auch der Erhaltung und
flege und Bewahrung der Transportwege neu über re-
ionale Wirtschaftskreisläufe nachzudenken?
Die Linke hat im März 2012 einen eigenen Antrag für
in umfassendes Elbkonzept vorgelegt (Drucksache 17/
160), in dem klar gesagt ist: „Die unterschiedlichen
utzungsansprüche an die Elbe, ihre Nebenflüsse und
r Einzugsgebiet wie Hochwasserschutz, Schifffahrt,
ourismus, Natur- und Umweltschutz, Land- und Forst-
irtschaft, Fischerei, Energiegewinnung, Industrie und
iedlung müssen auf der Basis einer naturnahen
lussentwicklung berücksichtigt werden.“ Die naturnahe
lussentwicklung als Basis von allem, denn ein naturfer-
es Flussmanagement führt zur Zerstörung von allem.
ie rot-rote Landesregierung in Brandenburg, in der die
inke unter anderem das Umweltministerium führt, hat
eim Elbe-Hochwasser 2013 mit der Flutung der für ge-
au diesen Fall vorgehaltenen Havelpolder ein Beispiel
afür geschaffen, was in den nächsten Jahren vor allem
etan werden muss: Es müssen große Überflutungsflä-
hen angelegt werden. Dies kann – wie bei den Havel-
oldern – hinter dem Deich geschehen. Dann erfolgt die
en Fluss entlastende Flutung mittels Schleusen. Oder es
eschieht – auch dafür hat Brandenburg am „Bösen Ort“
urz vor Hitzacker ein Beispiel geschaffen – durch die
ückverlegung von Deichen.
Damit so etwas Wirklichkeit werden kann, braucht es
as Zusammenwirken aller Beteiligten. Bäuerinnen und
auern, Anwohnerinnen und Anwohner, am Fluss ange-
iedelte Unternehmen, die Binnenschifffahrt, der Natur-
chutz, die Forstwirtschaft, sie alle müssen an einem
trang ziehen, und der Fluss macht an Ländergrenzen
icht halt und das Wasser nach einem Deichbruch auch
icht.
Die Brandenburger Landesregierung fordert dieser
age erneut eine nationale Hochwasserkonferenz. 2010
ar ein ähnlicher Vorschlag von der Bundesregierung
urückgewiesen worden. Es ist jetzt höchste Zeit für eine
olche Konferenz. Von ihr könnten dann auch entschei-
ende Impulse für ein tatsächlich in die Zukunft weisen-
es Gesamtkonzept für die Elbregion ausgehen.
Dorothea Steiner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): In
uchstäblich letzter Minute legen uns CDU/CSU und
DP einen Antrag vor, der uns ein zukunftsweisendes
esamtkonzept für die Elbregion in Aussicht stellt, eine
kologische und ökonomische Weiterentwicklung.
ominiert wird dieser Antrag von den Aspekten des Gü-
rverkehrs elbaufwärts von Hamburg und Überlegun-
en zur Schiffbarkeit der mittleren Elbe.
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32421
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Bei hohem Wasserstand gibt es Probleme für die
Durchfahrt unter Brücken, bei niedrigem Wasserstand ist
die Schiffbarkeit, vor allem mit Containern, nicht durch-
gängig möglich. Das müssen Sie doch wissen – seit min-
destens zwanzig Jahren! Wie können Sie dann in Ihrem
Antrag schreiben, dass – ich zitiere – „Schwachstellen
bei den Fahrrinnentiefen an einigen kritischen Elb-
abschnitten bei Niedrigwasser“ dafür verantwortlich
seien, dass es meist keine wirtschaftliche Schiffbarkeit
der Elbe gebe?
Die von Ihnen in Ihrem eigenen Antrag verwendeten
Zahlen machen doch die Situation deutlich: Oberhalb
von Geesthacht werden 75 Prozent von 1 Million Ton-
nen über den Elbe-Seitenkanal transportiert und 25 Pro-
zent über die Elbe. Wozu denn weiter in die Wasser-
straße Elbe investieren, wenn der Güterverkehr wegen
Hochwassers, Niedrigwassers oder Eisgangs immer wie-
der unterbrochen werden muss und weder Verlässlich-
keit noch Rentabilität herstellbar ist?
Erneuern Sie das Schiffshebewerk Scharnebeck und
ertüchtigen Sie den Elbe-Seitenkanal, dann sind Zielset-
zungen entbehrlich, an der mittleren Elbe eine Fahr-
rinnentiefe von 1,60 Metern an durchschnittlich 345 Ta-
gen im Jahr sicherstellen zu wollen. Das läuft doch auf
regelmäßiges Ausbaggern zur Schwachstellenbeseiti-
gung und auf teilweisen Ausbau hinaus.
Sie wollen den Hochwasserschutz in ein Gesamtkon-
zept Elbe einbeziehen. Ich sage Ihnen, nicht der Hoch-
wasserschutz muss in ein vermeintlich höherrangiges
Gesamtkonzept Elbe mit einbezogen werden, sondern
wir brauchen ein flussbezogenes Hochwasserschutzkon-
zept, an dem alle Anrainer-Bundesländer und wie bei der
Elbe auch Oberlieger wie die Tschechische Republik be-
teiligt sind.
Sie dokumentieren mit diesem Antrag, dass Sie noch
nicht wirklich verstanden haben, welches die Ursachen
für die verheerenden und folgenschweren Deichbrüche
und Überflutungen in Sachsen-Anhalt waren. Mehr
Wasser fließt schneller elbabwärts – der Hochwasser-
scheitel war diesmal 40 Kilometer lang – und bricht dort
über die Deiche, wo sie niedriger und nicht auf dem
Niveau von zum Beispiel Dresden sind. Gäbe es auch im
oberen Bereich Polder und Überflutungsflächen, dann
würde der Hochwasserscheitel abgesenkt und die Über-
flutungsgefahr für die Unterlieger würde gemindert.
Es steht doch in völligem Widerspruch zu diesen Er-
kenntnissen, dass Sie eine durchgängige oder teilweise
Vertiefung der mittleren Elbe ins Auge fassen, um die
Bedingungen für den Containerverkehr zu verbessern.
Sie sprechen in Ihrem Antrag in einem Atemzug von
ökologischem und verkehrlichem Nutzen, den Sie errei-
chen wollen, aber Sie müssen doch auch erkennen, dass
ökologischer Vorteil und stärkere verkehrliche Nutzung
an der Elbe nicht immer vereinbar sind, sondern im
Widerspruch stehen, wenn man die Flusslandschaft Elbe
als Naturjuwel erhalten will.
Sie sprechen im Antrag viel von der Elbe als Trans-
portweg und befassen sich mit der Wirtschaftlichkeit des
Güterverkehrs. Aber der wirklich zukunftsfähige Wirt-
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chaftsfaktor der Region ist die touristische Nutzung der
atur- und Kulturpotenziale im Elbe-Raum. Schon jetzt
at der Tourismus in der Region zahlreiche Arbeitsplätze
eschaffen, und noch immer gibt es ein großes Entwick-
ngspotenzial. Im Mittelpunkt der zukünftigen Ent-
icklung der Elbe-Region muss der Erhalt der einzigar-
gen Flusslandschaft mit all seinen positiven Funktionen
r Natur und Mensch stehen.
Das ist zukunftsfähig, und die Politik sollte sich in
iesem Zusammenhang auf ein gemeinsames Vorgehen
erständigen, um das Potenzial zu nutzen.
Wir haben die Bestandteile dieses Konzepts in unse-
m Antrag 2011 vorgestellt. Sie haben abgelehnt. Ihren
ntrag, dem man ansieht, dass er in der letzten Sitzungs-
oche Hals über Kopf zusammengezimmert worden ist,
hnen wir ab, und wir hoffen darauf, dass wir ab Sep-
mber eine bessere Elbe-Politik gestalten können.
nlage 35
Zu Protokoll gegebene Reden
zur Beratung des Antrags: Sozialverträgliche
und anwohnerfreundliche Schienenhinter-
landanbindung zur Festen Fehmarnbeltquerung
gewährleisten (Zusatztagesordnungspunkt 17)
Ingo Gädechens (CDU/CSU): Am 3. September
008 unterschrieben der damalige Bundesminister
r Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Wolfgang
iefensee, SPD, und seine dänische Amtskollegin
arina Christensen den Vertrag zwischen der Bundes-
publik Deutschland und dem Königreich Dänemark
ber eine Feste Fehmarnbeltquerung. In diesem hat sich
ie Bundesregierung zum Ausbau der Hinterlandanbin-
ung auf deutscher Seite verpflichtet.
Dieser Vertrag und die darin festgehaltene Absicht,
ie Hinterlandanbindung für die Querung zu ertüchtigen,
at zu intensiven und auch emotional geführten Diskus-
ionen bei den Bürgerinnen und Bürgern meines Wahl-
reises gesorgt. Nun ist es wie bei jedem Verkehrspro-
kt, dass mögliche Veränderungen bei den Menschen
or Ort zunächst für Skepsis, Ängste und Befürchtungen
orgen. Aber – und dies ist mir wichtig – eine Vielzahl
on Bedenken sind nicht von der Hand zu weisen. Ver-
angene Verkehrsprojekte haben uns deutlich gezeigt,
ass es besser ist, frühzeitig auf diese zu reagieren.
Das Projekt Feste Fehmarnbeltquerung ist nicht nur
r Ostholstein und Nordstormarn, sondern für ganz
chleswig-Holstein, Deutschland und Europa wichtig.
er hier vorliegende Antrag nimmt klar dazu Stellung.
uf der anderen Seite stehen viele berechtigte Forderun-
en der Anwohner, die ebenfalls ernstgenommen werden
üssen. Die Menschen in Ostholstein leben vom Touris-
us. Der Ausbau im bestehenden Gleisbett und durch
ie Ostseebäder hätte gravierende Folgen für die Men-
chen und die bestehende Infrastruktur. Auch abseits der
ekannten Bäderorte wirft das zu erwartende steigende
erkehrsaufkommen Risiken auf, die beim Bau der Hin-
rlandanbindung beachtet werden müssen.
32422 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
(A) )
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Vor diesem Hintergrund ist der Antrag zu verstehen,
der ein starkes Signal aus der Mitte des Parlamentes sen-
den wird: Wir werden die Bürgerinnen und Bürger aus
Ostholstein mit ihren Sorgen nicht alleinlassen. In dem
Antrag wird die Bundesregierung daher aufgefordert,
eine sozialverträgliche und anwohnerfreundliche Schie-
nenhinterlandanbindung zur Festen Fehmarnbeltquerung
zu gewährleisten.
Für die Akzeptanz der Fehmarnbeltquerung und der
Schienenhinterlandanbindung ist es von zentraler Be-
deutung, möglichst viele unterschiedliche Interessen bei
der Planung zu berücksichtigen. Dazu gehört der berech-
tigte Wunsch nach Lärmschutz, aber auch die Anerken-
nung der großen Bedeutung der Tourismusregion Ost-
holstein.
Eines der größten Defizite bei der Planung neuer Ver-
kehrsprojekte liegt in der häufig mangelhaften und viel-
fach unverständlichen Kommunikation, in der sich Pro-
jektverantwortliche in Fachtermini flüchten, welche die
Bürger nicht mehr verstehen. Insofern begrüße ich, dass
der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bahn, Herr
Dr. Rüdiger Grube, vor kurzem die Region besucht hat,
um sich ein reales Bild vor Ort zu machen. Dabei waren
einmal mehr der Dialog und das Erkennen der Problem-
lagen besonders wichtig in den Städten und Gemeinden.
Er folgt damit dem guten Beispiel, das zwei Jahre zuvor
schon Bundesverkehrsminister Dr. Peter Ramsauer ab-
gegeben hat, als er meinen Wahlkreis besuchte und sich
für Gespräche mit Bürgermeistern und Bürgern viel Zeit
nahm.
An dieser Stelle möchte ich den Vertretern der Deut-
schen Bahn, des Bundesverkehrsministeriums wie auch
der Landesplanungsbehörden für die in der Vergangen-
heit stets vorhandene Dialogbereitschaft danken.
Auch in der Region wurden die Hausaufgaben ge-
macht. Es wurde viel unternommen, um berechtigte Sor-
gen aufzunehmen und an entsprechende Stellen weiter-
zuleiten. So hat der Kreis Ostholstein auf Antrag der
CDU eine Betroffenheitsanalyse auf den Weg gebracht,
um Gefahren, Wege und Perspektiven, die in diesem
Verkehrsprojekt liegen, aufzuzeigen. Auch das noch von
der CDU-geführten Landesregierung eingeleitete Raum-
ordnungsverfahren zeigt deutlich: Der Wille, die Bürger
an dem Projekt zu beteiligen und anzuhören, war von
Anbeginn da. Beispielhaft für diese Kommunikation mit
den Bürgern steht auch das ebenfalls von der CDU initi-
ierte Dialogforum zur Festen Fehmarnbeltquerung.
Wichtig ist, die Kritik und Betroffenheiten aus der
Region auch in konkretes Handeln umzusetzen. Die
zuletzt gemachten Ankündigungen vom Chef der
Deutschen Bahn, die sogenannte 2+1-Trassenvariante
nachträglich in das laufende Raumordnungsverfahren
aufzunehmen, dürfen uns zuversichtlich stimmen –
ebenso wie die bereits vergangenes Jahr getätigte Aus-
sage des Bundesverkehrsministers, eine Lösung für die
bereits überlastete Sundbrücke finden zu wollen.
Unser Antrag setzt hier an und fordert die Bundesre-
gierung auf, die bisherigen Bemühungen weiter fortzu-
setzen:
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Die Menschen in der Region brauchen eine akzepta-
le Trassenvariante, die sie vor unnötigen Belastungen
chützt. Die Schienenhinterlandanbindung sollte daher
en aktuellsten Lärmschutzanforderungen entsprechen,
ie sich nach Wegfall des Schienenbonus ergeben.
enkbar sind hier auch Modellprojekte der Deutschen
ahn zur Reduzierung von Schienenverkehrslärm, die
uf dieser Strecke verstärkt zum Einsatz kommen könn-
n.
Da die bestehende Sundbrücke bereits heute überlas-
t und aufgrund von Sturm und Starkwinden oftmals für
ohnwagengespanne und leere Lkws gesperrt ist, ist
ine Erweiterung der bisherigen Kapazität dringend er-
rderlich. Da die Brücke seit 1999 unter Denkmal-
chutz steht, ist ein Aus- oder Umbau schwierig. Die Er-
hrungen der Vergangenheit haben gezeigt, dass eine
ufgrund von widrigen Wetterverhältnissen häufig ge-
perrte Brücke keine Zukunftsoption ist. Daher ist es
ichtig, zu prüfen, ob eine Tunnelvariante in Betracht
ezogen werden könnte.
Ich würde mir wünschen, dass die Feste Fehmarnbelt-
uerung und die dazugehörige Hinterlandanbindung in
in paar Jahren als ein Modell für ein gelungenes Ver-
ehrsprojekt steht. Diese neue Verkehrsader wird allen
ützen, wenn wir jetzt darangehen, Risiken zu minimie-
n und Chancen zu generieren.
Daher möchte ich Sie bitten, unseren Antrag zu unter-
tützen.
Gero Storjohann (CDU/CSU): „Wir dürfen uns
icht nur von Kosten und Zeitplan leiten lassen. Wir wä-
n falsch beraten, wenn wir Erfahrungen aus anderen
roßprojekten ignorierten.“ Diese Botschaft verkündete
er Chef der Deutschen Bahn, Rüdiger Grube, am
2. Juni 2013 vor betroffenen Bürgermeistern aus der
egion Ostholstein in Bezug auf die Ausgestaltung des
usbaus der Hinterlandanbindung zur festen Querung
ber den Fehmarnbelt. Er führte weiter aus, dass es beim
usbau der Hinterlandanbindung Ziel sein muss, die für
ie Bevölkerung bestmögliche Lösung zu finden und
ab bekannt, dass die Bahn einer 2+1-Lösung bei der
chienenhinterlandanbindung nicht mehr im Weg steht.
ie 2+1-Trasse wurde schon seit längerer Zeit von Bun-
esverkehrsminister Dr. Peter Ramsauer favorisiert. Sie
ürde die Küstenorte Ostholsteins entlasten. Ich freue
ich über diese Entwicklung.
Dazu hat die Bahn den Weg frei gemacht. Die soge-
annte 2+1-Variante wurde in Schleswig-Holstein nach-
äglich in das laufende Raumordnungsverfahren aufge-
ommen, das zum 31. Juli 2013 abgeschlossen sein soll.
iese Lösung sieht vor, die bestehende Bahntrasse in
en Küstenorten künftig für den Regionalverkehr zu nut-
en. Dieser Ansatz sieht weiter vor, eine zweite Trasse
eiter landeinwärts nahe der Autobahn 1 zu bauen.
iese soll auf zwei schnellen Gleisen von Personen- und
üterzügen genutzt werden. Die Bahn kam damit den
ünschen der Menschen vor Ort nach. Nun liegt es am
und, diesen Kurs zu unterstützen.
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32423
(A) )
)(B)
Die Bundesrepublik Deutschland hat sich vertraglich
zum Ausbau der Hinterlandanbindung verpflichtet. Un-
ser Antrag zielt darauf ab, das hohe Potenzial der Festen
Fehmarnbeltquerung und der dazugehörigen Schienen-
hinterlandanbindung als Teil des transeuropäischen
Schienenverkehrsnetzes der Europäischen Union anzu-
erkennen, da mit der Querung über den Belt in Europa
eine feste Direktverbindung zwischen Skandinavien und
Kontinentaleuropa entsteht. Europa wird dadurch räum-
lich und kulturell weiter zusammenwachsen.
Unser Antrag zielt aber auch darauf ab, die große Be-
deutung des Tourismussektors in der Region Ostholstein
anzuerkennen. In der betroffenen Region ist es in den
zurückliegenden Jahren zu erheblicher Unruhe gekom-
men, weil die Ostseebäder um ihre Attraktivität fürchte-
ten, sollte der Schienenverkehr über die bestehende
Trasse laufen. Ich begrüße daher die Entscheidung der
Deutschen Bahn, eine 2+1-Lösung zu ermöglichen, aus-
drücklich.
Die Sorgen der Anwohner nehmen wir dabei ernst.
Die Küstenorte können erleichtert sein, wenn die 2+1-
Trasse kommt. Anwohner im Landesinneren jedoch ha-
ben nun Sorge vor mehr Verkehrslärm. Wir fordern die
Bundesregierung daher auf, sich bei den weiteren Pla-
nungen der Gestaltung der Schienenhinterlandanbindung
für akzeptable Formen sowohl bei der Trassenführung
als auch beim Lärmschutz einzusetzen. Ziel muss eine
sozial- und raumverträgliche Hinterlandanbindung sein.
Der Ausbau der Schienenhinterlandanbindung muss
den aktuellen Lärmschutzanforderungen entsprechen.
Ferner soll der Wegfall des Schienenbonus nach dem
Bundes-Immissionsschutzgesetz auch auf den Bau der
Hinterlandanbindung volle Anwendung finden. Dabei ist
auch zu prüfen, ob sich die nun entstehende Trasse als
Modellprojekt eignet, um weitere technische Innovatio-
nen zur Reduzierung von Lärm auf der Schiene voranzu-
treiben.
Der Ausbau der Hinterlandanbindung wirft auch die
Frage auf, wie es mit der bestehenden Brücke über den
Fehmarnsund zukünftig weitergehen wird. Sie feierte
jüngst ihr 50-jähriges Bestehen und wird voraussichtlich
eines Tages nicht mehr die erforderliche Belastung tra-
gen können. Die Fehmarnsundbrücke steht seit 1999 un-
ter Denkmalschutz und hat sich zu einem Wahrzeichen
für die Insel Fehmarn entwickelt. Sie wird daher nicht
abgerissen und einfach neu gebaut werden können. Un-
ser Antrag fordert die Bundesregierung daher auf, zu
prüfen, wie eine weitere Querung über den Fehmarnsund
eines Tages konkret zu gestalten ist. Soll die bestehende
Brücke durch eine neue Brücke ergänzt werden, oder
kann ein reibungsloser Verkehr besser mit einem Tunnel
gewährleistet werden? Schließlich ist die Fehmarnsund-
brücke bei starkem Wind für leere Lastkraftwagen und
Wohnwagen gesperrt.
Ich bin davon überzeugt, dass die feste Querung über
den Fehmarnbelt die gesamte Region Norddeutschland
und Skandinavien voranbringen wird. Ich verbinde da-
mit auch die Hoffnung, dass die angrenzenden Regionen
im Bereich der Hinterlandanbindung von dieser Ent-
wicklung profitieren.
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Bettina Hagedorn (SPD): Weit nach Mitternacht am
uchstäblich letzten regulären Debattentag des Deut-
chen Bundestages sollen wir auf ausdrücklichen
unsch der Regierungsparteien einen Antrag mit dem
ositiv klingenden Titel „Sozialverträgliche und anwoh-
erfreundliche Schienenhinterlandanbindung zur Festen
ehmarnbeltquerung gewährleisten“ leider nicht disku-
eren, sondern lediglich unsere Reden zu Protokoll ge-
en. Das ist bedauerlich, weil die Redner darum gar
icht die Reden der Mitdiskutanten kennen und darum
uf ihre Argumente auch nicht eingehen können. Das
cheint allerdings genau so gewollt zu sein und wider-
pricht einem ernsthaften Interesse an dem Thema.
CDU/CSU und FDP haben diesen Antrag offenbar
uch sehr bewusst erst so spät zum Ende der Wahlpe-
ode vorgelegt, dass eine dringend erforderliche Debatte
ieses sehr ernsthaften Themas im zuständigen Ver-
ehrs- und Haushaltsausschuss gar nicht mehr vorge-
ommen werden kann; stattdessen wird über den Antrag
tzt ohne Aussprache abgestimmt. Damit wird deutlich:
s ist leider ein reiner Showantrag, der lediglich Wahl-
ampfzwecken dienen soll. Damit aber werden CDU/
SU und FDP den Sorgen und Bedenken von Tausenden
on Menschen entlang der geplanten Güterverkehrs-
asse in Ostholstein einmal mehr nicht gerecht. Über
ehn Bürgerinitiativen von Fehmarn bis Bad Schwartau
nd viele, die sich unter anderem mit enormem Zeitauf-
and ehrenamtlich im Dialogforum in Ostholstein enga-
ieren, hätten wahrlich eine ernsthaftere Befassung mit
er Problematik der Auswirkungen der geplanten Hin-
rlandanbindung verdient.
Aber kommen wir zum Antrag selbst. Schwarz-Gelb
erfolgt mit dem, was sie uns hier schriftlich vorgelegt
aben, eine chronische Vernebelungsstrategie: Der Titel
es Antrags klingt gut, er suggeriert, als wollten die Re-
ierungsfraktionen tatsächlich für die Menschen in Ost-
olstein sicherstellen – sprich: „gewährleisten“ –, dass
ine „sozialverträgliche und anwohnerfreundliche Schie-
enhinterlandanbindung zur Festen Fehmarnbeltque-
ng“, die wirklich die Belange der Menschen vor Ort in
en Mittelpunkt stellt, auch tatsächlich gebaut wird.
lingt gut. Dieses ist aber lediglich das Etikett, das auf
em Antrag klebt. Im Antrag selbst steht aber leider et-
as ganz anderes; das nennt man gemeinhin Etiketten-
chwindel. Fakt ist: Im Bundestagswahlkampf will
chwarz-Gelb die Menschen in Ostholstein in der Si-
herheit wiegen, es werde angeblich eine sozial- und an-
ohnerfreundliche Schienentrasse verwirklicht und
chwarz-Gelb sei der aufrechte Anwalt der berechtigten
orgen aller Menschen entlang der geplanten Güterver-
ehrstrasse. Aber tatsächlich ist das genaue Gegenteil
er Fall!
Denn was müssen wir bei Lektüre des Antrags mit
em wichtigsten Teil III, also dem Handlungsauftrag an
ie Bundesregierung, lesen? Da soll der Bundestag „die
undesregierung im Rahmen der verfügbaren Haus-
altsmittel“ – aha; das muss man sich auf der Zunge zer-
ehen lassen – zu vier konkreten Punkten mit enormer
nanzieller Tragweite auffordern, wohl wissend, dass
er Verkehrsetat dramatisch unterfinanziert und bislang
berhaupt kein Cent für die Verwirklichung dieser Bau-
32424 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
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maßnahme im Bundeshaushalt und im Finanzplan veran-
kert ist. Was also bleibt dann von diesem Schaufenster-
antrag übrig? Leider nichts!
Vor allem aber kann man, wenn man diesen milliar-
denschweren Trassenausbau „sozialverträglich und an-
wohnerfreundlich“ gestalten will und gleichzeitig alles
„unter Finanzvorbehalt stellt“, eines ganz gewiss nicht,
nämlich die vollmundigen Zusagen an die Anwohner tat-
sächlich „gewährleisten“, was nichts anderes heißt als
diese Zusagen zu garantieren. Insofern schlummert in
diesem Antrag vor allem eines: ein Bruch von Wahlver-
sprechen mit Ansage. Anhand der bisherigen Kostenent-
wicklung des Mammutprojektes binnen vier Jahren,
vollmundiger Versprechen des Verkehrsministers
Ramsauer einerseits ohne jegliche Absicherung im Bun-
deshaushalt andererseits kann sich jeder durchschnittlich
begabte Viertklässler an fünf Fingern ausrechnen: Diese
Bundesregierung arbeitet unseriös und „veräppelt“ die
Menschen in Ostholstein mit ihren Versprechungen, die
sie gar nicht halten will.
Erinnern wir uns gemeinsam an die Fakten: Als der
Staatsvertrag zur Festen Fehmarnbeltquerung im
Juni 2009 vom Bundestag beschlossen wurde, sollte der
Bau der Hinterlandanbindung, vom deutschen Steuer-
zahler finanziert, 850 Millionen Euro kosten. Grundlage
der Kalkulation war eine Eröffnung 2018 für ein elektri-
fiziertes Gleis, der zweigleisige Ausbau mit Elektrifizie-
rung auf der Bestandstrasse sieben Jahre später, 2025,
und als Nadelöhr die unveränderte, heute 50 Jahre alte
Sundbrücke. Bereits im April 2009 hatte der Bundes-
rechnungshof allerdings einen dicken Prüfbericht veröf-
fentlicht, in dem er die Verdoppelung der Gesamtkosten
auf 1,7 Milliarden Euro prognostizierte. Übrigens: Ob
bei Stuttgart 21 oder der Bahnstrecke Ulm–Wendlingen
oder weiteren Großprojekten, der Bundesrechnungshof
hatte mit seinen frühzeitigen Warnungen vor Kostenex-
plosionen bisher leider immer recht.
In den vergangenen vier Jahren mutierte die dänische
Planung für eine Beltbrücke nicht nur zu einem 19 Kilo-
meter langen Tunnel, auch auf deutscher Seite kam dank
vieler Bürgerinitiativen in Ostholstein und Dank der be-
troffenen Kommunen und des Engagements im Dialog-
forum Bewegung in die Planung: Seit Januar 2013 ist
das Raumordnungsverfahren in Schleswig-Holstein für
diverse Trassenvarianten zwischen Bad Schwartau und
Großenbrode für die Hinterlandanbindung eröffnet, de-
ren Abweichung von der ursprünglich von Ramsauer ge-
wollten Bestandstrasse mit Sicherheit 300 bis 500 Mil-
lionen Euro Mehrkosten verursachen werden.
Über 8 300 Einwendungen zum Raumordnungsver-
fahren aus den Kommunen, von Anwohnern und Ver-
bänden wurden nach Kiel überstellt; aber der aktuelle
zur Diskussion gestellte Planungsstand ist längst schon
wieder von der Wirklichkeit eingeholt worden: Denn im
Dezember 2012 erreichte die Öffentlichkeit über die Me-
dien die Nachricht, dass das aktuelle Tragfähigkeitsgut-
achten der DB zur Fehmarnsundbrücke ergeben hat, dass
die bestehende, unter Denkmalschutz stehende Brücke
der prognostizierten Verkehrslast von circa 78 Güterzü-
gen täglich von bis zu 835 Metern Gesamtlänge gar
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icht gewachsen ist. Das überrascht, ehrlich gesagt, nie-
anden in Ostholstein wirklich. Nur der Verkehrsminis-
r Ramsauer war offenbar überrascht. Was heißt das?
er Minister „prüft“ Handlungsalternativen bis nach der
undestagswahl. Als einzig sinnvolle Lösung muss aber
in Sundtunnel kalkuliert werden, mit zusätzlichen Kos-
n von mindestens 500 Millionen Euro.
Womit sich dann die Gesamtkosten, wenn man den
undesrechnungshof als seriöse und erfahrene Instanz
ugrunde legt, jetzt schon auf mindestens 2,5 bis
,7 Milliarden Euro binnen vier Jahren verdreifacht hät-
n. Aber was verspricht Verkehrsminister Ramsauer
ann Anfang April 2013 nonchalant? Die in der Region
ls 2+1-Trasse diskutierte Variante mit einem doppelten
ompletten Neubaugleis bei Erhalt der Bestandstrasse,
omit die 3- bis 4-Milliarden-Euro-Marke sicher er-
icht wäre. Nicht nur, dass diese Trasse gar nicht Ge-
enstand des Raumordnungsverfahrens ist – ebenso we-
ig übrigens wie die Insel Fehmarn, auf der ein
undtunnel erhebliche Planungsveränderung notwendig
achen würde –, nein, dieser Minister verspricht jedem
lles, damit Schwarz-Gelb ohne Blessuren über den
undestagswahlkampf kommt, allerdings ohne die not-
endige Finanzierung für diese Wahlversprechen im
aushalt abzusichern, und das ist ein Skandal!
Als SPD-Abgeordnete aus Ostholstein sage ich hier
lipp und klar: Wer diese feste Beltquerung im Bund
ill, der darf keine Billigvariante planen und bauen, die
ls verlärmte Transittrasse auf dem Rücken der Men-
chen in Ostholstein geplant wird, die die Lebensqualität
dieser Tourismusregion kaputtmacht und die Exis-
nzgrundlage vieler Menschen und Betriebe gefährdet.
ber der muss dann auch die Finanzierung tatsächlich
icherstellen und nicht, wie der vorliegende Pseudoan-
ag von Schwarz-Gelb, alles unter einen Finanzierungs-
orbehalt stellen.
Denn eines wollen wir nicht vergessen: Der gleiche
erkehrsminister Ramsauer hat im April 2013 auf der
aritimen Konferenz in Kiel 1,3 Milliarden Euro binnen
wölf Jahren für die Sanierung des Nord-Ostsee-Kanals
ersprochen, obwohl er drei Wochen vorher im Bundes-
g noch das glatte Gegenteil verkündet hatte. Und als
rönung sozusagen versprach Ramsauer dann im Mai
013, dass die Elbquerung, der Glückstadt-Tunnel, 2014
usgeschrieben werden soll. Dumm nur, dass die Finan-
ierung weder für den Nord-Ostsee-Kanal noch für die
lbquerung im Haushalt und Finanzplan enthalten ist.
as alles ist das Gegenteil von seriöser Haushaltspolitik;
s ist Wahlkampf pur.
Seitdem der Staatsvertrag zur festen Beltquerung im
uni 2009 beschlossen wurde, ist diese schwarz-gelbe
undesregierung im Übrigen nicht wirklich dadurch auf-
efallen, dass sie die Sorgen und Forderungen der An-
ohner in Ostholstein sehr ernst nahm. Verkehrsminister
amsauer fuhr zwar werbewirksam mit dem Zug durch
nsere schönen Orte an der Küste, und er redete auch mit
llen Bürgermeistern der betroffenen Kommunen, nur
onnte er sich leider in Berlin an diese Gespräche nicht
ehr zutreffend erinnern und drehte diesen Bürgermeis-
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32425
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tern später in Berlin öffentlich das Wort im Munde um –
eine bittere Lektion. Und jetzt?
Es soll sich also „im Rahmen der verfügbaren Haus-
haltsmittel“ die Bundesregierung „bei den weiteren Pla-
nungen zur Schienenhinterlandanbindung für akzeptable
Formen sowohl bei der Trassenführung als auch beim
Lärmschutz einsetzen und damit sicherstellen, dass eine
sozial- und raumverträgliche Hinterlandanbindung ge-
währleistet wird“. Sie soll prüfen, inwieweit sich die
Trasse als „Modellprojekt eignet, um weitere technische
Innovationen zur Reduzierung von Lärm und Erschütte-
rung durch Trassen und rollendes Material voranzutrei-
ben“. Dabei muss man wissen: Die Deutsche Bahn hat
am heutigen Tage um 7.30 Uhr ausführlich ihr Konzept
zur Flüsterbremse im Jakob-Kaiser-Haus bis 2020 vor-
gestellt. Fazit: Von den 180 000 Güterwaggons, die in
Deutschland eingesetzt sind, gehören nur 60 000 der
Deutschen Bahn, und diese sollen bis 2020 mit Flüster-
bremsen ausgestattet werden, wenn sich der Bund auch
künftig mit mindestens 100 Millionen Euro jährlich fi-
nanziell beteiligt.
Und die anderen 120 000 Güterwaggons? Es soll
„Anreize“ zur „freiwilligen Investitionsentscheidung“
dieser Unternehmen geben. Na ja, Schwarz-Gelb weist
im Antrag zwar selbst darauf hin, dass die Fehmarnbelt-
querung Teil des transeuropäischen Schienenverkehrs-
netzes sein soll. Genau genommen soll sie aber Teil ei-
ner von drei europäischen Gütervorrangtrassen sein, die
konkret von Palermo in Italien bis Malmö in Schweden
geht. Mit anderen Worten: Die 835 Meter langen Güter-
züge rollen von Italien bis Skandinavien einmal quer
durch Europa. Wie viele Güterwaggons der Deutschen
Bahn werden da wohl als Konsequenz verkehren?
Es ist zwar gut und richtig, dass die Deutsche Bahn
jetzt endlich verbindlich ihre 60 000 Güterwaggons bis
2020 umrüsten wird, aber mit ordnungsrechtlichen
Instrumenten wie in der Schweiz können und wollen
sich CDU/CSU und FDP im Hinblick auf den Einsatz
ausländischer Waggons im deutschen Transitgüterver-
kehr ausdrücklich nicht anfreunden. Soweit geht der
Enthusiasmus zum Schutz lärmgeplagter Anwohner an
Güterverkehrstrassen offenbar doch nicht.
Als dritten Punkt fordert Ihr Schaufensterantrag allen
Ernstes, dass bestehende Gesetze angewendet werden,
die erst Dank des Bundesrates und Dank der rot-grünen
Landesregierungen überhaupt in dieser Form beschlos-
sen wurden: den Wegfall des Schienenbonus, der der
Bahn bisher erlaubt, 5 Prozent mehr Lärm zu verursa-
chen als ansonsten gesetzlich gilt, und das bereits zum
Ende 2014. Interessanterweise hatte die SPD-Bundes-
tagsfraktion im Verkehrsausschuss diese Forderung
schon im November 2012 erhoben und war von der
CDU/CSU und FDP damals noch abgebügelt worden.
Die Regierungsfraktionen beschlossen dann mit ihrer
Mehrheit, dass der Schienenbonus erst 2020 entfallen
soll. Insofern kann man den jetzigen schwarz-gelben
Antrag, dass der Wegfall des Schienenbonus beim Bau
der Hinterlandanbindung volle Anwendung findet, ge-
trost mindestens als scheinheilig bezeichnen. Denn wäre
das schwarz-gelbe Gesetz in Kraft getreten, hätte er eben
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eine Anwendung gefunden. Jetzt hingegen hat die
eutsche Bahn übrigens längst zugestanden, dass sie
ufgrund der Bundesratsinitiative die Hinterlandanbin-
ung so plant und planen muss, dass es keinen 5-prozen-
gen Lärmaufschlag geben darf.
Der Punkt 4 im Forderungskatalog an die Bundesre-
ierung von CDU/CSU und FDP? Die Bundesregierung
oll „prüfen, ob beim Bau einer gegebenenfalls erforder-
chen neuen Sundquerung nicht eine Tunnellösung in
etracht gezogen werden könnte“. Eine samtweichere
ormulierung kann man sich kaum vorstellen, zumal ja
uch hier der Finanzierungsvorbehalt im Antrag steht.
iese Prüfung läuft allerdings schon seit einigen Mona-
n, behauptet jedenfalls das Verkehrsministerium. Jede
rüfung, die nicht eine Tunnellösung im Sund mit einbe-
ieht, wäre in jedem Fall ein Schildbürgerstreich. Der
esunde Menschenverstand sagt jedem Ortskundigen,
ass weder ein Ausbau der bestehenden Brücke funktio-
ieren kann noch eine zweite Brücke daneben auch nur
nsatzweise akzeptabel wäre. Es muss also auf eine Tun-
ellösung hinauslaufen. Das Offensichtliche zu fordern,
ber sich nicht zur soliden Finanzierung zu bekennen, ist
lso weder besonders innovativ noch ehrlich gegenüber
en Menschen in der Region.
Fazit: Es kommt einer Quadratur des Kreises gleich,
enn Schwarz-Gelb eine sozial- und raumverträgliche,
rmarme Trasse im Sinne aller Anwohner samt Unter-
nnelung des Fehmarnsund fordert und gleichzeitig den
orbehalt bei bestehender Schuldenbremse im Grundge-
etz macht: Das alles soll bezahlbar sein „im Rahmen
erfügbarer Haushaltsmittel“. Wer’s glaubt, wird selig,
nd im Himmel ist Jahrmarkt.
Unser Fazit: Dieser Antrag ist das Papier nicht wert,
uf dem er gedruckt ist, und kann deshalb auf keinen
all unsere Zustimmung erhalten. Dieser Antrag trägt
ereits in sich den Bruch von Wahlversprechen. Er dient
llein dazu, um kurz vor der Wahl in Ostholstein auf
ählerfang zu gehen und dann nach der Wahl absehbar
chulterzuckend auf die „verfügbaren Haushaltsmittel“
nd die Schuldenbremse zu verweisen. Das aber ist zu-
efst unredlich und schürt die Politikverdrossenheit der
ählerinnen und Wähler. So darf man mit Menschen,
ie berechtigte existenzielle Sorgen haben, auf keinen
all umgehen.
Auf fast 30 Milliarden Euro lassen sich die Wahlver-
prechen im Merkel-Wahlprogramm addieren. Finanzie-
ng? Fehlanzeige! Dass nach der Wahl all diese Ver-
prechen stillschweigend ad acta gelegt werden sollen,
afür gibt es einen prominenten CDU-Kronzeugen: den
räsidenten des CDU-Wirtschaftsrats und Mitglied des
DU-Parteivorstands Kurt Lauk, der am 20. Juni 2013
uf einer Pressekonferenz die Realisierbarkeit der CDU-
ahlversprechen wie folgt in entwaffnender Offenheit
ommentiert hat: „Wahlversprechen sind das, was die
arteien versprechen, um gewählt zu werden. Es war
och nie der Fall, dass Wahlversprechen eins zu eins in
in Regierungsprogramm übernommen werden. Und das
issen die Wähler aus Erfahrung.“ Daher sehe er die
ahlversprechen seiner Partei mit einer „gewissen Ge-
ssenheit“. Und: „Solange die Haushaltskonsolidierung
32426 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
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die Priorität Nummer eins ist, würden sich die anderen
Versprechen ‚fügen‘.“
Ich komme zum Schluss: Die Menschen entlang der
geplanten Schienentrasse quer durch Ostholstein wissen
dank dieser Worte, was sie von der CDU/CSU und der
FDP an Engagement gegen einen Trassenausbau als Bil-
ligvariante zu erwarten haben: warme Worte und sonst
nichts!
Torsten Staffeldt (FDP): „Schienenhinterlandan-
bindung der Fehmarnbeltquerung“, auf den ersten Blick
ein ziemliches Wortungetüm für ein wichtiges und rich-
tiges Vorhaben. Im Meeresboden soll ein Tunnel, die so-
genannte Fehmarnbeltquerung, gebaut werden, um den
transeuropäischen Verkehr von und nach Skandinavien
zu erleichtern. Für die dichtbefahrene Ostsee bringt das
Entlastung vom zunehmenden Verkehrsaufkommen, für
Fähr- und Bauunternehmen mehr Planungssicherheit.
Mit der Querung wächst Europa auch im Norden zusam-
men.
Reisezeiten werden kürzer. Für Passagiere zwischen
Hamburg und Kopenhagen sind es statt viereinhalb nur
noch drei Stunden Fahrzeit. Der 160 Kilometer lange
Umweg für Güterzüge entfällt. Entstehen wird eine wett-
bewerbsfähige Großregion mit einer besseren Schienen-
und Straßenhinterlandanbindung. Das bedeutet insge-
samt mehr Wachstum und Beschäftigung und ist, anders
als eine Brücke, eine Variante, die die Umwelt schont
und den Schiffsverkehr nicht gefährdet. So wird bei-
spielsweise der Wasseraustausch zwischen der sauer-
stoffarmen Ostsee, zum Beispiel im Gotlandtief, und der
sauerstoffreichen Nordsee nicht beeinträchtigt. Das nutzt
der Pflanzen- und Tierwelt.
Zusammen mit der festen Querung ist der Aus- und
Neubau der Straßen- und Schienenhinterlandanbindung
eines der wichtigsten Verkehrsinfrastrukturprojekte der
Bundesrepublik. Beteiligt sind Deutschland und Däne-
mark. Auf deutscher Seite geht es um den Ausbau der
E 47 zwischen Heiligenhafen-Ost und Puttgarden zu ei-
ner vierspurigen Bundesstraße. Vorgesehen ist weiterhin
der zweistufige Ausbau der Schienenstrecke zwischen
Lübeck und Puttgarden. Vier Spuren und Bahntrassen,
das bedeutet Lärm, und das in einem Gebiet mit dem,
was wir in unserem Antrag als „hohe Wertschöpfung im
Tourismussektor“ beschrieben haben. Strände, Meer,
Küste, hier liegen nicht zuletzt die Ostseebäder.
Wo Belästigungen unumgänglich sind, soll dies mög-
lichst umwelt- und anwohnerfreundlich geschehen. Die
Fehmarnbeltquerung soll den Menschen vor Ort nützen,
nicht sie belasten. Um dies zu gewährleisten, sind schon
jetzt alle Beteiligten über das „Dialogforum Feste Feh-
marnbeltquerung“ in die Planungen eingebunden. Hier
diskutieren Vertreter der Deutschen Bahn AG, der Bun-
des- und Landesregierung, regionale Politiker und Mit-
glieder von Bürgerinitiativen. Im derzeit laufenden
Raumordnungsverfahren werden überdies derzeit die
Auswirkungen des Projekts unter überörtlichen Ge-
sichtspunkten geprüft.
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Um Lärmbelästigungen durch die Straßen- und Schie-
enhinterlandanbindung in Grenzen zu halten, setzen
ir uns für vernünftige Formen der Trassenführung und
es Lärmschutzes ein. Das ist dann so wie mit unserer
egierungsarbeit in der christlich-liberalen Koalition:
ir haben gezeigt, wie es geht, in den vergangenen vier
ahren und auch in Zukunft. Es waren vier gute Jahre für
eutschland!
Herbert Behrens (DIE LINKE): Seit Jahren beraten
ir über das Projekt Feste Fehmarnbeltquerung. Immer
ieder haben wir dabei Forderungen der Bürgerinnen
nd Bürger diskutiert, die um ihre Existenz im Touris-
us an der schleswig-holsteinischen Ostseeküste fürch-
n. Die Koalition tat sich damit hervor, dass sie die
achteile kleinredete und die Vorteile groß.
Heute, am vorletzten Sitzungstag der Wahlperiode,
ommen sie mit Ihrem Antrag zur Schienenhinter-
ndanbindung der Festen Fehmarnbeltquerung um die
cke und fordern, dass das Ganze sozialverträglich und
nwohnerfreundlich gestaltet werden soll. Haben Sie be-
erkt, dass in den vergangenen Jahren in dieser Frage
icht eine einzige parlamentarische Initiative von Ihnen
am? Haben Sie etwas gelernt aus den vielen, vielen
rgumenten der Ostholsteiner Bürgerinnen und Bürger?
ein, haben Sie nicht! Der Antrag ist nichts anderes als
in Täuschungsmanöver. Sie wollen lediglich davon ab-
nken, dass die Koalition nicht bereit ist, die Sorgen und
öte der Bürgerinnen und Bürger an der Trasse ernst zu
ehmen. Seit Jahren protestieren sie gegen das milliar-
enteure Verkehrsprojekt; denn der donnernde Lärm der
üterzüge, dem sie künftig Tag und Nacht ausgesetzt
erden sollen, zerstört in der Tourismusregion die Exis-
nzgrundlage ganz Ostholsteins und ist verkehrspoli-
sch völlig überflüssig. Es ist das Stuttgart 21 des Nor-
ens!
Nach erheblichen Veränderungen der Planungen für
ie Fehmarnbeltquerung mit einem Tunnel statt einer
rücke, einer Halbierung der Verkehrsprognosen, einer
ahren Kostenexplosion, tausendfachen Einwendungen
er Betroffenen im Raumordnungsverfahren und großen
ürgerprotesten ist die Zeit reif, dieses Projekt grundle-
end zu bewerten. Doch nach wie vor weigert sich die
undesregierung, dieses Projekt infrage zu stellen. Sie
eigert sich, mit Dänemark zu beraten, ob nicht ange-
ichts der Veränderungen die Ausstiegsklausel im Staats-
ertrag zur Beltquerung angewendet werden kann, um
eiteren Schaden von den Vertragspartnern abzuwen-
en.
Stattdessen nun, in „letzter Sekunde“ sozusagen,
gen Sie den Antrag vor, der eine „sozialverträgliche
nd anwohnerfreundliche Schienenhinterlandanbin-
ung“ zum Projekt ankündigt. Leider hält der Titel nicht,
as er verspricht! Aber Sie räumen ja auch selbst ein,
ass es Ihnen eigentlich darum geht, „die Akzeptanz …
icht weiter zu gefährden“. Wenn die Koalitionsfraktio-
en ihre eigene Regierung zum Ende der Wahlperiode
uffordert, sich unverbindlich für dieses oder jenes ein-
usetzen, dann ist das absurd. Diese Regierung ist an ihr
nde gekommen. Die Karten werden am 22. September
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32427
(A) )
)(B)
2013 neu gemischt. Wir hoffen sehr, dass sich nach der
Bundestagswahl eine neue Verkehrspolitik durchsetzen
lässt, die insbesondere den Interessen der Mehrheit der
Bevölkerung verpflichtet ist und nicht den wirtschaftli-
chen Interessen der großen Baukonzerne untergeordnet
ist.
Aber ich will noch etwas zum Antrag sagen. Ihre For-
derungen darin sind windelweich: Man möge sich „im
Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel“ für eine „ak-
zeptable“ Trassenführung und Lärmschutz einsetzen; es
soll geprüft oder „gegebenenfalls“ „in Betracht gezogen
werden“. Einzig die Forderung, dass der Ausbau den
aktuellen Lärmschutzanforderungen entsprechen soll, ist
verbindlich formuliert. Das allerdings ist bereits gesetz-
lich geregelt. Noch einmal gefordert werden müsste es
eigentlich nicht wirklich.
Nachdem es vor zwei Monaten endlich eine Einigung
zum Wegfall des Schienenbonus gab, fordern Sie, dass
auch für die Hinterlandanbindung die reduzierten Lärm-
werte gelten sollen. Auch das ist nicht wirklich neu. Auf
die Verlegung des Güterverkehrs an eine Neubautrasse
entlang der A 1 und den Erhalt der Bädertrasse für den
Nahverkehr, 2+1-Trasse, gehen Sie gar nicht ein. Da ist
die Zeit einfach über Ihren Antrag hinweggegangen.
Mit Ihrem Antrag erwecken Sie kurz vor der Wahl
den Anschein, dass Sie sich für die Belange der Region
einsetzen würden, doch erfahren die betroffenen Bürge-
rinnen und Bürger, was am Ende für sie besser sein soll,
also anwohnerfreundlich und sozialverträglich. In Ihrem
Antrag loben Sie die Arbeit des „Dialogforums Feste
Fehmarnbelt-Querung“ als „moderne Bürgerbeteili-
gung“. Dieses Forum wurde eingerichtet, um den Kon-
flikt zu entschärfen und das Projekt nachträglich zu legi-
timieren, nicht um ergebnisoffen darüber zu entscheiden.
Die Linke fordert, dass die Bürgerinnen und Bürger auch
an der Entscheidung beteiligt werden, ob ein solches
Großprojekt vor ihrer Haustür entstehen muss oder nicht
und nicht nur darüber, wie man die Nachteile durch mehr
Verkehr, mehr Lärm und die Folgen für die Tourismus-
wirtschaft bewältigen kann.
Doch dieses Forum, in dem mehrheitlich Projekt-
befürworter sitzen, hat letzte Woche einen Workshop zu
den Verkehrsprognosen und dem Nutzen-Kosten-
Verhältnis dieses Projektes samt Anbindung veranstaltet,
zu dem renommierte Verkehrsgutachter berichteten. Sie
kamen zu dem Ergebnis, dass die bisherigen Annahmen
veraltet und überbewertet waren, sich die Rahmenbedin-
gungen wesentlich verändert hätten. Nehmen Sie das
Dialogforum ernst, ziehen Sie daraus die Konsequenzen
und stellen Sie sich einer ergebnisoffenen Neubewertung
des Projektes.
Wir hatten vor einem Jahr genau das beantragt; doch
Sie haben den Antrag abgelehnt, weil Sie Angst davor
haben, dass Ihnen das Ergebnis nicht passen könnte. Sie
sprechen sich erneut ausdrücklich für den Bau einer Fes-
ten Fehmarnbeltquerung aus und verstecken sich hinter
dem Staatsvertrag, den die Vorgängerregierung unter
dem SPD-Verkehrsminister Tiefensee mit Dänemark
ausgehandelt hat, obwohl er eine Verständigungsklausel
enthält, bei veränderten Rahmenbedingungen das Pro-
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kt neu zu verhandeln. Der Spatenstich zum Projekt
egt noch in weiter Ferne, noch gibt es kein Planungs-
cht, noch kann das Projekt gestoppt werden. Natürlich
eht es nur gemeinsam mit Dänemark; doch Verträge
ssen sich auch ändern, und in einer Demokratie müs-
en Entscheidungen auch wieder demokratisch verändert
erden können. Auch der Gerichtsweg ist noch völlig
ffen. Die Linke wird weiter alles daransetzen, dass Ihre
etonideologie scheitern wird und dieses unsinnige Ver-
ehrsprojekt nicht gebaut werden kann.
Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
EN): Um es gleich unmissverständlich vorwegzu-
ehmen: Ihr heute hier vorgelegter Antrag zur Festen
ehmarnbeltquerung ist an Peinlichkeit kaum zu über-
ieten. Seit Jahren diskutiert dieses Hohe Haus, für jede
nd jeden zum Glück gut dokumentiert, über die Sinn-
aftigkeit einer festen Querung über den Fehmarnbelt in
iner Art und Weise – leider muss man an dieser Stelle
och einmal sagen –, die dem Ansehen des Deutschen
undestages nur sehr bedingt nutzen dürfte. Mit Ihrem
un vorgelegten Antrag fügen Sie dieser Tragödie eine
eitere Episode hinzu.
Seit nunmehr mehreren Legislaturperioden machen
eine Fraktion und eine engagierte Zivilgesellschaft auf
ie eklatanten Planungsmängel des gesamten Projekts
ufmerksam. Am Ende der 16. Wahlperiode, als die
nterzeichnung des Staatsvertrags unmittelbar bevor-
tand, führte der Verkehrsausschuss eine vierstündige
nhörung durch. Im Zuge der Anhörung wurden die
assiven ökologischen und ökonomischen Risiken des
rojekts von mehreren Sachverständigen eindrucksvoll
eschildert.
Gegen alle Bedenken und wider besseres Wissen ha-
en die Abgeordneten von CDU/CSU, FDP und auch
PD – bei letzterer Fraktion gab es immerhin wenige
hmliche Ausnahmen – schließlich grünes Licht für die
nterzeichnung des Staatsvertrags gegeben, obwohl die-
er zahlreiche unklare juristische Formulierungen
nthielt, wichtige Aspekte der Planung überhaupt nicht
erücksichtigte, die Finanzierung des Projekts völlig un-
eklärt war und auch die ökologischen Risiken aufgrund
er Tatsache, dass noch völlig offen war, welche Art von
auwerk, eine Brücke oder ein Tunnel, überhaupt ent-
tehen wird, nicht ansatzweise absehbar waren.
Auf die gravierenden Planungsmängel machen seit
ehreren Jahren beständig auch der Bundesrechnungs-
of und der Rechnungsprüfungsausschuss dieses Hohen
auses aufmerksam. Sie drängen angesichts eklatanter
ersäumnisse im Vorfeld der Vertragsunterzeichnung
uf dringend notwendige Nachbesserungen und fordern
ie erneute Aufnahme von Verhandlungen zwischen den
ertragspartnern, dem Königreich Dänemark und der
undesrepublik Deutschland.
Bundesrechnungshof und Rechnungsprüfungsaus-
chuss verweisen in ihren Stellungnahmen auf nicht
bsehbare Risiken für die öffentlichen Haushalte, die
ich aus unklaren juristischen Formulierungen ergeben.
udem weisen sie seit Jahren auf massive Kostensteige-
ngen des Projekts und die Tatsache hin, dass zahlrei-
32428 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
(A) )
)(B)
che zusätzliche Kosten überhaupt noch nicht in die Be-
rechnungen eingeflossen sind. Insgesamt bestehen seit
Jahren massive Zweifel an den dem Projekt zugrunde
liegenden Rentabilitätsberechnungen.
Bereits vor Inkrafttreten des Staatsvertrags warnte der
Bundesrechnungshof in einer Stellungnahme nach § 88
Abs. 2 der Bundeshaushaltsordnung, BHO, an den Rech-
nungsprüfungsausschuss, einen Unterausschuss des
Haushaltsausschusses des Bundestages, dass sich die
bisher kalkulierten Kosten für den Ausbau der Deut-
schen Hinterlandanbindung auf 1,7 Milliarden Euro ver-
doppelt hätten – ohne dass weitere Kosten wie der Aus-
bau des Knotenpunktes Hamburg oder der Ausbau des
Schienenteilstücks von Lübeck bis Puttgarden überhaupt
berücksichtigt wurden. Mit Hinweis hierauf hat der Bun-
desrechnungshof wiederholt die Bundesregierung aufge-
fordert, aktualisierte Kostenkalkulationen vorzulegen.
Genauso wenig wurden bisher die Kosten für eine bei
der Realisierung einer Festen Fehmarnbeltquerung zwin-
gend benötigten zweiten Brücke über den Fehmarnsund
berücksichtigt. Gleiches gilt für die Kosten für eine im-
mer wieder in Aussicht gestellte Alternativtrasse der
Hinterlandanbindung fernab der Ostseebäder sowie nicht
erst nach dem Wegfall des „Schienenbonus“ dringend
benötigte zusätzliche Lärmschutzmaßnahmen.
Addiert man alle bislang nicht berücksichtigten Kos-
ten für die öffentlichen Haushalte zusammen, landet
man schnell bei einer Summe von 2,5 Milliarden Euro
und mehr – wohlgemerkt: allein für die Hinterlandanbin-
dung einer Querung, die aller Wahrscheinlichkeit nach
von weit unter 10 000 Autos und unter 100 Zügen am
Tag genutzt würde und deren Grundlast damit unter
20 Prozent der üblichen Kapazität einer zweispurigen
Schnellstraße mit 26 000 Autos am Tag läge.
Der Bundesrechnungshof hat in seiner Stellungnahme
vom April 2009 folgerichtig bezüglich des Projekts vor
„erheblichen Unsicherheiten für künftige Bundeshaus-
halte“ gewarnt. Des Weiteren kritisierte der Bundesrech-
nungshof zahlreiche unklare juristische Formulierungen
des Vertragswerks. So enthalte der Staatsvertrag
Klauseln, welche die Vertragspartner unter nur unpräzise
formulierten Voraussetzungen zu Nachverhandlungen
– auch über die Kostentragung – verpflichte.
Obwohl die Bundesregierung als verantwortliche Ver-
tragspartnerin immer wieder mit Hinweis auf die ekla-
tanten Planungsmängel, die extremen Kostensteigerun-
gen des Projekts und die Neuverhandlungsklausel in
§ 22 des Staatsvertrags dazu aufgefordert wurde, tat-
sächlich in Neuverhandlungen mit dem Königreich
Dänemark einzutreten, hat sie diese Verpflichtung bisher
ignoriert. Die Bundesregierung – dies will ich an dieser
Stelle ausdrücklich sagen – trägt damit die volle politi-
sche Verantwortung für dieses mit massiven Risiken ver-
bundene Projekt.
Wir haben auch hier im Plenum immer wieder über
eben diese eklatanten Planungsmängel gesprochen und
die Bundesregierung in den letzten Jahren unzählige
Male aufgefordert, endlich eine aktualisierte Rentabili-
tätsberechnung vorzulegen und zumindest die nötigen
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achbesserungen bezüglich des Staatsvertrags vorzu-
ehmen. Hierzu lagen verschiedene Anträge aller Oppo-
itionsfraktionen vor. Auch meine Fraktion hat hier am
5. April 2012 mit einem entsprechenden, sehr ausführ-
chen Antrag erneut auf die Problematik aufmerksam
emacht und die schwarz-gelbe Bundesregierung aufge-
rdert, dies in ihre Abwägungen bezüglich der Bewer-
ng der Sinnhaftigkeit des Projekts einzupreisen.
Die Kritikerinnen und Kritiker der Querung verwei-
en also seit nunmehr mehreren Jahren gebetsmühlenar-
g immer wieder auf die ganz massiven ökologischen
nd ökonomischen Probleme und Risiken des Projekts.
ie schwarz-gelben Befürworter der Querung haben hie-
uf bislang nicht einmal ansatzweise reagiert. Sämtliche
arnungen bezüglich des Projektes wurden in den Wind
eschlagen, und anstatt gegenüber der eigenen Bundes-
gierung wichtige Verbesserungen anzumahnen, zieht
an es bis heute vor, von einem „Jahrhundertprojekt“ zu
chwadronieren, das letztendlich schon zu einem guten
bschluss gebracht werde.
Nach dem Motto „Augen zu und durch“ haben Sie
eit Jahren unbeirrt an den bisherigen Planungen festge-
alten und sich von den ökonomischen und ökologi-
chen Realitäten gar nicht erst irritieren lassen. So viel
t gewiss: Diese verkehrspolitische Vogelstraußhaltung
ird die Menschen in diesem Land im Allgemeinen, als
teuerzahlerinnen und Steuerzahler, und die Menschen
uf Fehmarn, in Ostholstein und im Hamburger Rand im
esonderen sehr teuer zu stehen kommen.
Sie von CDU/CSU und FDP haben die Bürgerinnen
nd Bürger der Region mit ihren Sorgen alleingelassen
nd merken nun, da das Projekt zusehends an die Wand
hrt, dass Ihr bisheriger Kurs nicht durchträgt. Dabei
eten Sie in der letzten hierzu in diesem Hohen Haus ge-
hrten Debatte noch, man solle einfach „ein bisschen
offnung und Fantasie“ haben. Die guten Argumente
erde man uns im Ausschuss gerne noch einmal vortra-
en. Allein gehört haben wir Sie nicht.
Statt jetzt endlich die zahlreichen Hiobsbotschaften,
ie uns bislang bezüglich des Projekts erreicht haben,
ur Kenntnis zu nehmen und sich intensiv mit den tat-
ächlichen Kennzahlen des Projekts auseinanderzuset-
en, legen Sie nun, in der letzten Sitzungswoche der
egislaturperiode und gerade noch rechtzeitig vor den
undestagswahlen, einen lachhaft dünnen Antrag vor,
it dem Sie offenbar im kommenden Wahlkampf durch
ie schleswig-holsteinischen Landen ziehen und Pro-
lemverständnis vortäuschen wollen. Dieser Plan wird
icht aufgehen.
Ihr Antrag, das muss man einfach so deutlich sagen,
t das Papier nicht wert, auf dem er steht. Unter ande-
m berufen Sie sich in ihm auf einen Forderungskata-
g, den der Kreistag Ostholstein im Jahr 2007 verab-
chiedet hat. Das muss man sich einmal auf der Zunge
ergehen lassen! Das war vor sechs Jahren! Seitdem ist
iel geschehen.
Auch dokumentieren Sie mit Ihrem Antrag eindrück-
ch, dass Sie die aktuellen Entwicklungen am Fehmarn-
elt nicht ansatzweise verfolgt haben. So wurde von der
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32429
(A) )
)(B)
Deutschen Bahn längst zugesagt, dass die in Ihrem
Antrag geforderte Alternativtrasse mit in die weitere
Planung aufgenommen wird. Das Placebo, das Sie hier
verteilen wollen, hat die Bahn längst selbst als Mittel
erkannt, um den Protest auszubremsen. Ob die Alterna-
tivtrasse tatsächlich kommt, ist mehr als fraglich, und
das wissen Sie – genauso wie die Deutsche Bahn – auch.
In Ihrem Antrag verweisen Sie auf das Raumord-
nungsverfahren, das im Januar 2013 in Schleswig-
Holstein gestartet sei. Von den mehreren Tausend Ein-
wänden, die hierzu eingegangen sind und zu einer weite-
ren Verzögerung des Projekts geführt haben, schreiben
Sie bezeichnenderweise kein Wort. Genauso wenig er-
wähnen Sie in Ihrem Antrag auch nur mit einer Silbe all
die anderen eklatanten Planungsmängel, die in den letz-
ten Jahren offenbar wurden, zum Beispiel den Umstand,
dass man, obwohl wir Sie auch hierauf immer wieder
hingewiesen hatten, bei den Planungen zur Festen Feh-
marnbeltquerung scheinbar übersehen hat, dass es sich
bei Fehmarn tatsächlich um eine Insel handelt und am
Fehmarnsund ohne eine weitere Brücke ein Nadelöhr
entsteht.
Nun wollen Sie, so steht es zumindest in Ihrem
Antrag, auch hier noch einen zusätzlichen Tunnel bauen.
Woher die Mittel hierfür kommen sollen – mehrere Hun-
dert Millionen Euro –, sagen Sie leider nicht. Genauso
wenig sagen Sie etwas zu der weiterhin völlig in den
Sternen stehenden Gesamtfinanzierung der deutschen
Hinterlandanbindung, zur Finanzierung weiterer Lärm-
schutzmaßnahmen oder zu der Beseitigung des Knoten-
punktes Hamburg. Das alles sind Punkte, die der
Bundesrechnungshof seit Jahren anmahnt. Zu alldem
kommt kein Wort von Ihnen.
Unter dem Strich bleibt, dass Sie mindestens 2,5 Mil-
liarden Euro im Hinterland des Fehmarnbelts vergraben
wollen, für eine Strecke, die mit unter 10 000 Fahrzeu-
gen täglich andernorts nicht einmal den Bau einer
Umgehungsstraße rechtfertigen würde. Auch das von
der Deutschen Bahn aktuell prognostizierte Bahnver-
kehrsaufkommen ist nicht imstande, die Realisierung in
irgendeiner Form zu rechtfertigen. Dass die Bahn nach
Inkrafttreten des Staatsvertrages plötzlich ihre Erwartun-
gen hinsichtlich der täglichen Züge von 210 auf 96 ge-
senkt hat, macht Sie nicht stutzig.
Seit Jahren mahnen wir Sie mit Blick auf die Feh-
marnbeltquerung, den gefährlichen Kurs der völlig unre-
alistischen „Wünsch-dir-was-Politik“ zu verlassen und
sich endlich an verkehrspoltischen und ökonomischen
Realitäten zu orientieren. Ihr Bundesverkehrsminister
scheint langsam zu erkennen, wozu Sie leider noch im-
mer nicht imstande zu sein scheinen.
Im Bereich der Verkehrspolitik befanden wir uns viel
zu lang auf einem Irrweg. Daher begrüßen wird es, dass
Ihr Verkehrsminister gerade in Aussicht gestellt hat,
Gelder, die bislang in Neubauprojekte, darunter zahlei-
che Prestigeprojekte mit höchst zweifelhaftem
verkehrspolitischem Nutzen, gesteckt wurden, zukünftig
in den Erhalt und die Sanierung bestehender Straßen zu
investieren.
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„Die Zeit der Wunschzettel“ sei vorbei, stattdessen
üsse streng priorisiert werden, so Bundesverkehrsmi-
ister Ramsauer im Rahmen der 3. Nationalen Konfe-
nz Güterverkehr und Logistik kürzlich in Nürnberg.
Während Ihr Verkehrsminister mit Hinweis auf weg-
röckelnde Brücken und einen oftmals miserablen
ustand der Infrastruktur in unserem Land hoffentlich
tsächlich erkannt hat, wohin ein Festklammern an ei-
er längst überholten Verkehrspolitik führt, halten Sie
eiter unbeirrt an dem Paradebeispiel einer unsinnigen
nd in Zeiten leerer Kassen und eingezogener Schulden-
remsen geradezu fahrlässigen Verkehrspolitik fest.
ährend Ihr Minister zu Protokoll gibt, dass es mittler-
eile an allen Ecken und Ende brenne, halten Sie, ob-
ohl Sie nur zu gut um den Zustand der schleswig-
olsteinischen Verkehrswege wissen, auch weiter an ei-
er unsinnigen Festen Fehmarnbeltquerung fest und ver-
uchen nun durch die plumpe Forderung nach einer Al-
rnativtrasse, die Probleme im Wahlkampf kaschieren
u können. Sie übersehen dabei, dass sich die
ostenproblematik durch Alternativtrassen noch einmal
rheblich verschärft und auch eine Alternativtrasse zahl-
iche Verlierer produzieren würde, ganz abgesehen von
em rechtlichen Problem, ob Güterzüge überhaupt ge-
wungen werden können, eine bestimmte öffentliche
trecke nicht zu befahren.
Es wäre Ihre Aufgabe als Vertreter der Koalitions-
aktionen, Druck auf die eigene Bundesregierung aus-
uüben, die bestehenden Planungsmängel endlich zu be-
eitigen und sich für tatsächliche Verbesserungen im
inne der Bürgerinnen und Bürger in Ihren Wahlkreisen
inzusetzen. Das tun Sie aber nicht. Genauso wenig er-
ennen Sie, dass die Zeit reif ist, die Sinnhaftigkeit der
uerung zumindest einem bis heute nicht stattgefunde-
en kritischen Abgleich mit Realitäten zu unterziehen.
tattdessen legen Sie hier am Ende der Legislaturperiode
och einen mehr als dürftigen Placeboantrag vor.
Sie erdreisten sich tatsächlich nicht, die eigene Bun-
esregierung sage und schreibe fünf Jahre nach Unter-
eichnung des Staatsvertrags aufzufordern, sich bei den
eiteren Planungen „für akzeptable Formen sowohl bei
er Trassenführung als auch beim Lärmschutz“ einzuset-
en. Wenn Sie von der schwarz-gelben Koalition glau-
en, jetzt, im Nachklapp der Entscheidung der Deut-
chen Bahn, einen solchen Antrag vorlegen und mit
iesem tatsächlich durchkommen zu können, haben Sie
ich geschnitten. Mit diesem Populismus werden Sie
icht bestehen.
Sie wissen genauso gut wie ich, dass die Menschen in
er Region die Diskussionen über die Feste Fehmarn-
eltquerung und deren Planungen sehr genau verfolgen.
ie haben die Reden, die Sie hier in diesem Hohen Haus
ber Jahre gehalten haben, genau mitgeschnitten. Ihnen
t Ihre in diesen Debatten offen zur Schau gestellte Ig-
oranz gegenüber sämtlichen vorgebrachten Warnungen
nd angemahnten Nachbesserungen keineswegs verbor-
en geblieben.
Im Zuge der Debatte, die wir in diesem Haus am
6. April dieses Jahres zur Festen Fehmarnbeltquerung
hrten, kritisierte der Kollege Gero Storjohann, dass be-
32430 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
(A) )
)(B)
züglich der Querung im Parlament „laufend Anträge
vorgelegt“ werden, was „nicht besonders originell“ sei.
Ich sag’ Ihnen von CDU/CSU und FDP eines – speziell
in Richtung meiner Kolleginnen und Kollegen aus
Schleswig-Holstein –: Es stimmt; unsere immer und im-
mer wieder durch belastbares Zahlenmaterial untermau-
erten Anträge waren gewiss nicht „originell“. Dafür ist
die Thematik auch viel zu ernst. Was ebenso keineswegs
originell ist, ist, die Menschen in Schleswig-Holstein für
dumm zu verkaufen. Nichts anderes tun Sie durch die
Vorlage dieses Antrags. Er wird Ihnen am Ende dieses
Fehlprojekts nicht aus der Patsche helfen.
Anlage 36
Zu Protokoll gegebene Reden
zur Beratung des Antrags: Deutsche Sprache
fördern und sichern (Zusatztagesordnungs-
punkt 18)
Monika Grütters (CDU/CSU): Lassen Sie mich bei
unserer Debatte über die deutsche Sprache hier im Deut-
schen Bundestag mit einem Beispiel beginnen, das mir
der damalige Präsident der Akademie der Wissenschaf-
ten, Professor Dieter Simon, erzählte: Auf deutschem
Boden führten sechs Wissenschaftler ein Expertenge-
spräch über den Philosophen Hegel. Da einer von ihnen
Amerikaner war, fand das Gespräch auf Englisch statt,
bis ausgerechnet dieser Amerikaner sie unterbrach und
auf Deutsch darum bat, man möge doch bitte Deutsch
sprechen: „Ich verstehe Hegel nämlich besser auf
Deutsch.“ Dies ist ein Beispiel für ein irregeleitetes
Gleichheitsdenken an der falschen Stelle.
Wie man an diesem Beispiel sieht, ist Sprache nicht
nur Mittel zur Verständigung, sie ist wahre Kunst.
Deutschland ist nicht ohne Grund das „Land der Dichter
und Denker“. Seit dem Mittelalter schon ist die deutsche
Sprache eine der bedeutenden europäischen Literatur-
sprachen. Von der Erfindung des Buchdrucks über
Luthers Bibelübersetzung aus dem Lateinischen bis in
die deutsche Klassik, die weltweit Achtung und Bewun-
derung für die Zeugnisse der Sprachkunst hervorruft, ist
Deutsch über Jahrhunderte in Zentraleuropa die Sprache
der Philosophie und Literatur.
Das ist auch im globalen Kontext bedeutsam: Welt-
weit werden zurzeit circa 6 700 Sprachen gesprochen.
Ende des Jahrhunderts werden wir nur noch halb so viele
Sprachen nachweisen können, so die Gesellschaft für be-
drohte Sprachen in Köln und auch die Erwartung der
UNESCO. Etwa 125 Millionen Menschen weltweit spre-
chen die deutsche Sprache als Erst- oder Zweitsprache.
Mit einem Anteil von 18 Prozent ist Deutsch die meist-
gesprochene Muttersprache in der Europäischen Union.
Das sind rund 100 Millionen deutsche Muttersprachler.
Als erste Fremdsprache steht Deutsch in Europa seit der
EU-Osterweiterung hinter Englisch an zweiter Stelle
gleichauf mit Französisch. 63 Millionen Europäer, das
sind 14 Prozent, lernen Deutsch im Unterricht. Somit
spricht EU-weit jeder dritte EU-Bürger, 32 Prozent,
Deutsch. In vielen Ländern stellt Deutsch die alleinige
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der regionale Amtssprache dar: Deutschland, Öster-
ich, Schweiz, Frankreich – Elsass –, Belgien, Luxem-
urg, Italien und Liechtenstein. Die deutsche Sprachge-
einschaft ist wirtschaftlich derzeit die drittstärkste der
elt und die wirtschaftlich stärkste in Europa. Dennoch
at Deutsch im täglichen Betrieb der EU und ihrer Kom-
issionen und in dem Wirken der EU nach außen nicht
ie gleiche Bedeutung wie Englisch und Französisch.
Auch im Inland ist Deutsch ein beliebter Gegenstand
ulturpessimistischen Jammerns. Die Klage über den in-
eren Verfall der deutschen Sprache hat in Deutschland
ieder einmal Hochkonjunktur. Die Angst, unsere Mut-
rsprache könnte überfremdet oder verschludert wer-
en, wird regelmäßig von selbsternannten Hütern der
einheit der deutschen Sprache beklagt: Ob im Internet,
uf der Chefetage oder im Hörsaal, so lesen wir, zerstöre
das globalisierte Englisch der Zeitgeist-Schwafler das
bendige Deutsch“, so die Zeit am 26. Juli 2007.
Deutsch for sale“, titelte dann auch der Spiegel 2006
nd klagt, dass wohl nie zuvor „so schlampig gespro-
hen und geschrieben“ worden sei.
Vor der Fähigkeit unserer wie anderer Sprachen, Ein-
üsse des sich immer wandelnden alltäglichen Lebens
u integrieren, ist mir nicht bange. Die Gegenwart ist
her von Sprach- oder Wortinflation geprägt als von
prach- und Wortverfall. 1880 zählte der Duden noch
7 000 Wörter. 2005 waren es bereits 125 000 Wörter.
ährlich kommen im Durchschnitt 1 000 Wörter hinzu.
eutsch ist eine der wortreichsten Sprachen der Welt.
as ist schön für uns Muttersprachler und schwierig für
lle, die es lernen wollen. Sorge bereitet vielmehr die
rage, wie sich die deutsche Sprache in einer entgrenz-
n Welt behaupten wird.
Doch wie steht es nach diesen Erkenntnissen um die
ukunft des Deutschen? Die deutsche Sprache wird nach
inem Bericht des British Council – „English Next“, Bri-
sh Council 2006 – derzeit noch als vorherrschende re-
ionale Sprache Europas bezeichnet, sie werde aber, so
ie Voraussage, im Jahr 2050 nicht einmal mehr den Sta-
s einer Regional-, also einer Europasprache, haben.
ber die Wahrscheinlichkeit dieser Annahme zu streiten,
t müßig. Allein die Möglichkeit einer solchen Entwick-
ng fordert zu einer entschlossenen Sprachpolitik
eraus. Daher haben wir auch heute diesen Antrag ein-
ebracht.
Im Zuge der Globalisierung verstärkt sich der Druck
ugunsten weniger Weltsprachen. Selbst die englische
prache wird sich ihre Rolle als Lingua franca bald mit
nderen Sprachen, wie zum Beispiel dem Chinesischen
nd Hindi, teilen müssen. Das beeinflusst bereits heute
starken Maße das Sprachverhalten unserer wirtschaft-
chen, wissenschaftlichen und politischen Eliten. Deren
ereitschaft, das Deutsche zu sprechen und zu schrei-
en, lässt ja schon im eigenen Lande zu wünschen übrig.
ir Deutschen sprechen beflissen englisch, statt Dol-
etscher zu beschäftigen. Allzu leichtfertig verzichten
ir darauf, uns wortgewandt und damit gedankenreich
der vertrauten Muttersprache darzustellen.
Neben der Philosophie, der Theologie, der Kunstge-
chichte ist unter anderem auch die Archäologie eine der
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32431
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Disziplinen, in denen deutsche Wissenschaftler seit Jahr-
zehnten eine führende Rolle spielen – und mit ihnen na-
türlich auch ihre/unsere Sprache Deutsch. Aber ohne die
englische Sprache kann heute kaum noch ein Wissen-
schaftler zu Weltruhm aufsteigen.
Das darf aber nicht gleich zu einer regelrechten
Sprachflucht deutscher Wissenschaftler führen. Denn
wenn an deutschen Universitäten Englisch zur aus-
schließlichen Sprache in Forschung und Lehre würde,
verkäme Deutsch zu einer Freizeitsprache, die mangels
einer fortgebildeten wissenschaftlichen Terminologie
modernen Ansprüchen nicht mehr genügte. Die Wissen-
schaftler täten sich mit einem Verzicht auf ihre Mutter-
sprache Deutsch auch gar keinen Gefallen. Von der
Wortgewandtheit und dem rhetorischen Geschick hängt
es ab, ob jemand sich als gleichwertiger Partner in einem
Gedankenaustausch behaupten kann. Kurzum: Einspra-
chigkeit hat in der Wissenschaft wie im übrigen Leben
Eintönigkeit und Einfalt zur Folge. Nicht nur die Ideen
und Forschungsfragen verarmen.
Nach all dem bin ich fest davon überzeugt, dass das
europäische Konzept der Mehrsprachigkeit die beste
Antwort ist. Fremdsprachenkenntnisse bedeuten einen
geistigen Gewinn, und das nicht allein deshalb, weil sie
mit anderen, fremden Weltansichten vertraut machen.
Mit dem Erlernen einer Fremdsprache verfeinert sich zu-
dem das Verständnis für die Muttersprache. Der Ver-
gleich mit der ersteren verschafft die Möglichkeit, die ei-
gene Sprache zu überdenken. Wie hat es Goethe so
treffend gesagt: „Wer fremde Sprachen nicht lernt, kennt
seine eigene nicht.“
Die kurze, gescheiterte Karriere des Deutschen als in-
ternationale Wissenschaftssprache sollte uns lehren, dass
intellektueller und nationalistischer Hochmut keine taug-
lichen Triebkräfte für eine erfolgreiche Sprachpolitik
sind. Die deutsche Sprache wird sich als eine europa-
oder gar weltweite Sprache nur behaupten, wenn wir das
Bildungsziel der Mehrsprachigkeit auch zu unserer eige-
nen Sache in Deutschland machen. Denn nur wenn die
deutsche Politik und die Wissenschaft in der Einsicht
handeln, dass jede Sprache ein kulturelles Vermächtnis
mit sich trägt, wird sie mit der Empathie handeln, die in
der Sprachpolitik Erfolg verspricht.
Wir selbst sollten ohne Dünkel, aber selbstbewusst
für die deutsche Sprache eintreten, das heißt, sie spre-
chen und schreiben, auf nationaler wie auf internationa-
ler Bühne, wann und wo es sich anbietet. Dass wir dabei
den Berufen des Übersetzers und Dolmetschers künftig
unsere besondere Aufmerksamkeit zukehren müssen,
versteht sich von selbst. Ganz in diesem Sinne wäre
nicht nur ein Staatsziel Kultur auch wahrlich mehr als
nur ein folgenloser Verfassungsschnörkel. Ich persönlich
wäre auch froh, wenn wir uns endlich dazu durchringen
könnten, dem Art. 22 unseres Grundgesetzes den Satz
hinzuzufügen: „Die Landessprache ist Deutsch.“
Johannes Singhammer (CDU/CSU): Es ist eine
unendliche und aus deutscher Sicht auch beschämende
Geschichte: Obwohl Deutsch in der Europäischen Kom-
mission gleichberechtigte Arbeitssprache neben Eng-
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sch und Französisch ist und obwohl Catherine Ashton,
ie Hohe Repräsentantin der EU-Außen- und Sicher-
eitspolitik, Außenminister Guido Westerwelle seit Jah-
n die ja selbstverständliche Zusage gemacht hat,
eutsch im Europäischen Auswärtigen Dienst, EAD, an-
emessen zu berücksichtigen, sprechen die Fakten noch
mer eine andere Sprache:
Die Homepage des EAD ist nur in eingeschränktem
mfang auf Deutsch verfügbar. Termine, Reden und Er-
lärungen von Frau Ashton werden auf der deutschen
AD-Seite in englischer Sprache veröffentlicht.
Erst auf massiven Druck werden jetzt Stellenaus-
chreibungen in Englisch, Französisch und Deutsch ver-
ffentlicht und neben Englisch- und Französisch- auch
rmal Deutschkenntnisse gefordert. Was das konkret
eißt, formuliert Frau Ashton in einem Schreiben vom
4. April 2013 an mich ganz offen mit den Worten: „…
ass wir von den Bewerbern erwarten, dass sie über die
ur Wahrnehmung ihrer Aufgaben notwendigen Kennt-
isse der im Rahmen der GASP und der Außenbeziehun-
en verwendeten Sprachen verfügen. Gleichzeitig wird
ine Kenntnis anderer EU-Sprachen, natürlich ein-
chließlich der Deutschen, auch als Vorteil betrachtet.“
Klartext: Deutschkenntnisse sind keine EAD-Einstel-
ngsvoraussetzung bis heute.
Außenminister Guido Westerwelle teilte mir in die-
em Zusammenhang mit Schreiben vom 19. April 2013
it, dass Deutschland rund 20 Prozent des EAD finan-
iert, auf der Ebene der EAD-Delegationsleiter aber nur
0 von 136 Posten mit Deutschen besetzt sind, das sind
erade mal 7 Prozent. Wenn wundert es noch, dass
eutsch in der EU untergeht?
Es ist freilich nur ein Mosaikstein in der systemati-
chen Diskriminierung, die die deutsche Sprache durch
ie Mehrzahl der europäischen Organe und Behörden er-
hren hat und erfährt.
Es hat zahllose Initiativen zur Behebung dieses Miss-
tandes gegeben – von der Anweisung der Bundesregie-
ng an deutsche Beamte, nur auf Deutsch zu verhan-
eln, über geplatzte Ratstagungen, an denen die Vertreter
eutschlands und Österreichs nicht teilgenommen ha-
en, weil keine deutsche Übersetzung gewährleistet war,
is zu Vorstößen des Deutschen Bundestages, des Bun-
esrates und von Vertretern der Zivilgesellschaft. Der
rfolg ist bislang mäßig.
Es kann nicht sein, dass wir Parlamentarier regelmä-
ig Beratungsdokumente nur in englischer Sprache vor-
egen haben, die der Deutsche Bundestag dann auf ei-
ene Kosten übersetzen soll.
Es kann nicht sein, dass immer wieder Überlegungen
ufflammen, in der Brüsseler Generaldirektion Überset-
ung in der Deutschabteilung bis zu 22 Stellen zu strei-
hen und dafür den englischen Bereich auszuweiten.
Es kann nicht sein, dass das Auswärtige Amt
eutschkurse für den EAD durch das Goethe-Institut mit
prachaufenthalten in Berlin anbieten muss. Dies alles
t eine eigene Aufgabe der EU.
32432 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
(A) )
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Dabei ist Deutsch für über 100 Millionen Menschen
Muttersprache, und damit die größte Sprachgruppe in
der Europäischen Union. Deutsch ist Amts- bzw. aner-
kannte Minderheitensprache in Deutschland, Österreich,
Luxemburg, Belgien, Dänemark, Polen, Italien und
Frankreich, und es ist nach Englisch die am zweithäu-
figsten verbreitete Fremdsprache in Europa. Diese Fak-
ten gilt es selbstbewusst zur Kenntnis zu nehmen.
Die Charta der Grundrechte gewährleistet mittler-
weile in Art. 41 jedermann das Recht, sich in einer der
Sprachen der Verträge an die Organe der Union zu wen-
den und eine Antwort in derselben Sprache zu erhalten;
in der Praxis ist dies jedoch noch nicht angekommen.
Doch ist es mit dem Anspruch auf Kommunikation in
der eigenen Sprache nicht getan. Auch in den internen
Entscheidungsprozessen der EU-Organe bedarf es der
gleichberechtigten Berücksichtigung des Deutschen.
So werden zum Beispiel Fortschrittsberichte über
EU-Beitrittsverhandlungen zunächst nur in Englisch ver-
öffentlicht. Deutsch folgt Wochen später. Da ist dann die
öffentliche Diskussion bereits vorbei.
Sprache ist Identität, gelebte Kultur und Heimat. Soll
die europäische Integration auf Dauer nicht in der Herr-
schaft einer entrückten Brüsseler EU-Bürokratie mün-
den, dann wird dies nur möglich sein, wenn Deutsch
endlich auch tatsächlich im Gebrauch zu einer echten
Arbeits- und Umgangssprache der EU wird.
Es ist deshalb notwendig, auf allen Ebenen die Um-
setzung der rechtlichen Garantien der deutschen Sprache
als Arbeitssprache nicht nur einzufordern, sondern dies
auch mit allen rechtlichen und politischen Mitteln von
der Bundesregierung durchzusetzen, bis hin zur Frage
der Zustimmung zu einem EU-Haushalt, in dem der Etat
für Übersetzungen zu gering ist.
Doch müssen wir auch als Deutsche selbst immer
wieder bei internationalen Organisationen die Verwen-
dung der deutschen Sprache aktiv einfordern und dies
auch konsequent in Deutschland vorleben.
Denn die prekäre Situation des Deutschen ist nicht
zuletzt auch unsere eigene Schuld: Jahrzehntelang konn-
ten unsere Partner in Europa beobachten und unsere ei-
genen Kinder lernen, wie desinteressiert wir an der eige-
nen deutschen Sprache waren bzw. sind, dass man lieber
pseudo-englische Begriffe wie „Handy“ erfand und ver-
meintliche Weltläufigkeit durch das Einstreuen von
Anglizismen zu belegen versuchte, dass selbst von der
Bundesregierung finanzierte wissenschaftliche Kon-
gresse wie der „World Health Summit“ in Berlin in eng-
lischer Sprache abgehalten werden und deutsche Vertre-
ter dort ihre Reden auf Englisch halten, ohne deutsche
Übersetzung, dass deutsche Universitäten Prüfungen nur
noch auf Englisch abhalten – und ich rede nicht von
Sprachprüfungen in Englisch. Solche negativen Bei-
spiele gibt es leider zu viele.
Aber es gibt auch eine positive Wende: Bundesver-
kehrsminister Ramsauer hat bei der Deutschen Bahn ein
klares Signal zurück zum Deutschen gestellt: Der Coun-
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r ist jetzt wieder der Schalter. Es geht also, wenn man
ur will.
Daher unsere Forderungen in diesem Antrag, dass die
eutsche Bundesregierung eigene Texte, Verlautbarun-
en, Werbekampagnen und Bürgerkommunikation in
erständlicher deutscher Sprache abfassen soll, dass
eutsch durchgängig bei Beschilderungen, Beschriftun-
en usw. auf allen Ebenen verwendet werden soll, dass
den europäischen Institutionen Deutsch als Arbeits-
prache praktiziert wird, auch bei Übersetzungen und
nterlagen, dass deutsche Beamte in den EU-Gremien
eutsch sprechen sollen und dass im EAD Deutsch ange-
essen und wie zugesagt zum Einsatz kommt.
Im Wissenschaftsbereich gilt, dass Deutsch die Wis-
enschaftssprache in Deutschland bleiben muss, dass
kademische Lehre zumindest ausgewogen in deutscher
prache erfolgt, dass professionelle Übersetzung aus
em Deutschen oder ins Deutsche gefördert werden soll,
ber auch, dass es über die Goethe-Institute weiter geför-
ert wird, dass junge Menschen Deutsch als Fremdspra-
he lernen können.
Diese sich in Deutschland verändernde öffentliche
einung gilt es dann auch in Brüssel zu transportieren
nd selbstbewusst für die Sprache der Dichter und Den-
er zu fechten.
Dr. h. c. Wolfgang Thierse (SPD): Was die Koali-
on mit ihrem Antrag „Deutsche Sprache fördern und si-
hern“ anstellt, ist nichts weniger als empörend. Ein
ichtiges, ja edles Anliegen, über das ernsthaft und
usführlich zu sprechen wäre, wird hier am Ende der
egislaturperiode in allerletzter Minute ins Plenum ein-
ebracht, weit hinten auf die ohnehin ellenlange Tages-
rdnung gesetzt, direkt zur Abstimmung gestellt und mit
eden zu Protokoll spät nachts verabschiedet. Eine or-
entliche Debatte und eine Aussprache in den Ausschüs-
en sind damit ausgeschlossen.
Die Koalition beerdigt damit ihre eigene Initiative in
er denkbar teilnahmslosesten Weise – mit einem Be-
räbnis dritter Klasse. Dieses Vorgehen zeigt, wie wenig
rnst die Koalition ihre eigene Initiative nimmt. Das
ird der Bedeutung des Themas nicht gerecht. Schon
eshalb lehnen wir den Antrag ab. Das Anliegen, mit der
eutschen Sprache einen wesentlichen Bestandteil unse-
s kulturellen Reichtums zu fördern und zu bewahren,
alten wir für zu wichtig.
Dabei ist über den Inhalt des Antrages Erfreulicheres
u sagen: Es steht viel Richtiges darin. Es ist richtig, den
ppell der Enquete-Kommission „Kultur in Deutsch-
nd“ mit der Forderung aufzunehmen, im öffentlichen
aum auf unnötige Anglizismen zu verzichten. Die An-
ündigung der Deutschen Bahn in dieser Woche lässt
iesbezüglich hoffen. Die Bahn will im Kundenverkehr
ne Begriffe abschaffen, die für Reisende ohne Eng-
schkenntnisse schlicht unverständlich bleiben.
Für einen Irrtum halte ich dagegen den Ansatz, aus
ationalen Gründen auf der Förderung der deutschen
prache zu beharren. Dies greift viel zu kurz. Der Ge-
rauch der deutschen Sprache ist nicht deshalb zu vertei-
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32433
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digen, weil es die deutsche ist. Er ist zu verteidigen, weil
die deutsche Sprache den Reichtum einer ganzen – in ih-
rer Weise einmaligen – Kultur abbildet. Sie prägt und ist
gleichzeitig Ausdruck unserer Kultur des Denkens, des
Handelns und Erfindens, des sozialen Umgangs und
auch des Politischen.
Im Alltag wie in den Wissenschaften ist unsere Kultur
an eine spezifische deutsche Begrifflichkeit gebunden,
die sich aus gesellschaftlichen, wissenschaftlichen und
technischen Diskursen heraus über lange Zeit entwickelt
hat. Sie ist nicht starr und auch nicht besser, aber eben
anders als etwa entsprechende Traditionen im angelsäch-
sischen, romanischen oder chinesischen Sprachraum.
Alle diese kulturellen Traditionen sind erhaltenswert;
wir wollen sie in ihrer Vielfalt bewahren, in Europa und
in der Welt. Deshalb müssen wir alle auf unsere Spra-
chen achtgeben.
Dass Handlungsbedarf besteht, zeigen beunruhigende
Entwicklungen in der Wissenschaft. Das Verhältnis zur
deutschen Sprache scheint bei der wissenschaftlichen
Elite unseres Landes oftmals von Lieblosigkeit, wenn
nicht Verachtung geprägt zu sein. Oftmals geht diese
einher mit einer unreflektierten Anbiederung an das
Englische, das dann gleichzeitig als einzige Wissen-
schaftssprache proklamiert wird.
Ein solches Wissenschaftsverständnis halte ich für fa-
tal. Denn darunter wird absehbar die Qualität der wis-
senschaftlichen Leistungen in Deutschland leiden, und
dann wird die deutsche Sprache wirklich provinziell. Es
ist ein Fehler zu glauben, dass Internationalität des wis-
senschaftlichen Denkens Monolingualität heißen muss.
Forschen und Erfinden bedarf der Fantasie, bedarf eines
großen sprachlichen Reichtums und der Sicherheit im
Umgang damit. Nur so kann ein Wissenschaftler eine Er-
kenntnis in all ihren einzelnen Aspekten ausbreiten und
formulieren. Dazu ist nur ein Muttersprachler fähig. Ein
deutscher Wissenschaftler kann deshalb noch so gut
Englisch sprechen: Die Qualität und Exaktheit des Aus-
drucks, derer er im Deutschen fähig ist, wird er im Eng-
lischen nicht erreichen. Wenn es um Exzellenz geht,
muss dieser Weg deshalb notwendig in die Irre führen.
Internationalität in der Wissenschaft kann nur den in-
tensiven Austausch zwischen Sprachen und Kulturen be-
deuten. Kulturelle und sprachliche Unterschiede der For-
schenden ermöglichen einen Reichtum kognitiver und
emotionaler Art, der sich dann auch in der Qualität der
Forschung niederschlägt. Die Forderung heißt also
Mehrsprachigkeit!
In Deutschland sollten wir deshalb dafür sorgen, dass
bei Exzellenzwettbewerben, bei Anträgen auf For-
schungsförderung, bei allem, was Steuergelder kostet,
die deutsche Sprache verwendet wird. Dies ist keine
Selbstverständlichkeit mehr, wenn Kongresse in
Deutschland, die vorwiegend von deutschen Fachwis-
senschaftlern besucht werden, in englischer Sprache ab-
gehalten werden. Hier ist das Bundesministerium für
Forschung und Wissenschaft aufgefordert, zu handeln.
Sprachpolitik in diesem Sinne ist nicht nur zum
Wohle einer kleinen Elite und der Sicherung der Qualität
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Wissenschaft und Forschung nötig. Vielmehr liegt sie
gesamtgesellschaftlichen Interesse. Es geht auch um
as Aufrechterhalten der Verbindung von Wissenschaft
nd Gesellschaft und damit um die Verteidigung des de-
okratischen und pluralen Charakters von Wissenschaft.
Diese und weitere Aspekte, die eine deutsche Sprach-
olitik sinnvoll machen, hätten in den Ausschüssen dis-
utiert und in konkrete Maßnahmen umgesetzt werden
üssen. Die Koalition versagt sich und dem Parlament
ine sinnvolle Debatte. Noch eine vertane Chance!
Reiner Deutschmann (FDP): „Jede Sprache ist
rägerin des kulturellen Gedächtnisses“. So steht es zu
eginn unseres Antrags „Deutsche Sprache fördern und
ichern“, den die christlich-liberale Koalition nun zur
eratung und Abstimmung im Deutschen Bundestag
orgelegt hat. In einer vernetzten und globalisierten Welt
acht man sich im alltäglichen Leben oft nicht bewusst,
elchen Stellenwert die Sprache, insbesondere die eigene
uttersprache, hat. Deutsch ist eine der zehn weltweit
m häufigsten gesprochenen Sprachen und besticht
urch einen mit 500 000 Wörtern des allgemeinen
prachgebrauchs sehr reichen Wortschatz.
Der deutsche Sprachraum ist die wirtschaftlich
tärkste Region in Europa. Da könnte man annehmen,
ass auch die deutsche Sprache eine dementsprechend
ichtige Rolle in Europa einnehmen würde. Stattdessen
istet Deutsch, obwohl offiziell dritte Amtssprache der
uropäischen Union, ein stiefmütterliches Dasein. Statt-
essen werden EU-Vorlagen zumeist in englischer oder
anzösischer Sprache verfasst und auch im Entschei-
ungsprozess vorgelegt.
Mit dem heute vorgelegten Antrag geht es nicht da-
m, Deutsch im Wettbewerb der Sprachen vor dem
nglischen oder Französischen zu platzieren und die
olle der beiden anderen Sprachen zu verkleinern. Wir
ind überzeugt vom Prinzip der Mehrsprachigkeit. Ein
uropa der 27 hat mehr zu bieten als nur zwei Amtsspra-
hen. Ohne die ohnehin unbestrittene Rolle des Engli-
chen als Weltsprache berühren zu wollen, ist es doch
ngebracht, dass in einem vielfältigen Europa auch ganz
elbstverständlich andere Sprachen zur Kommunikation
ntereinander genutzt werden, zumal die EU einen her-
orragenden Übersetzungsdienst anbietet.
Mit unserem Antrag möchten wir die deutschen Ak-
ure auf europäischer Ebene bitten, dafür Sorge zu tra-
en, dass die Sprachvielfalt auf EU-Arbeitsebene kein
ippenbekenntnis bleibt, sondern gelebte europäische
tegration ist. Dazu müssen wir bereit sein, unsere
prache aktiv auf europäischer Ebene einzubringen, so
ie wir uns dies auch von den anderen EU-Mitgliedstaa-
n wünschen würden. Gleichzeitig kann von unseren
andatsträgern in Deutschland, Brüssel und Straßburg
owie unseren Beamten und Mitarbeitern der öffentli-
hen Verwaltungen nicht per se erwartet werden, dass
ntscheidungen immer öfter nur auf Grundlage nicht-
eutscher Vorlagen gefällt werden. Es kann bezweifelt
erden, dass alle Beteiligten immer verstehen, was in
en Vorlagen enthalten ist. Hier ist eine Übersetzung ins
eutsche erforderlich, so die Anfertigung dieser mit ver-
32434 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
(A) )
)(B)
tretbarem Aufwand möglich ist und besonders eilbedürf-
tige Notfallszenarien ausnimmt.
Als Mitglied des Auswärtigen Ausschusses konnte
ich mich schon mehrfach vergewissern, welch hervorra-
gende Arbeit die Goethe-Institute im Ausland leisten.
Nicht nur der neue Trainer des FC Bayern München, Pep
Guardiola, hat seine Deutschlehrerin über das Goethe-
Institut vermittelt bekommen und mit ihrer Hilfe hörbar
erfolgreich Deutsch gelernt. Das Goethe-Institut bildet
zum Beispiel auch ausländisches Krankenhaus- und
Pflegepersonal noch in der Heimat aus, damit dieses be-
reits bei Antritt der Stelle in Deutschland Deutsch
spricht und über das notwenige Fachvokabular verfügt.
Das Goethe-Institut ist eine der bekanntesten Kulturmar-
ken Deutschlands, und wir sollten dafür sorgen, dass
dies so bleibt und unser Kulturmittler seine Arbeit ersten
Ranges weiter so erfolgreich fortführen kann.
Auf weitere Aspekte der auswärtigen Kultur- und Bil-
dungspolitik wird mein Kollege Patrick Kurth in seiner
Rede eingehen.
Ein Punkt ist mir besonders wichtig in unserem An-
trag. Die Förderung der deutschen Sprache zielt nicht
nur ins Ausland. Deswegen begrüße ich es ausdrücklich,
dass in Abstimmung mit den Ländern ein verbindlicher
bundesweiter Sprachstandtest eingeführt und bei Bedarf
gezielte Sprachprogramme angeboten werden sollen.
Dies betrifft natürlich auch insbesondere die Integration
von Menschen, die aus dem Ausland zu uns kommen
und mit uns hier leben wollen. Die Vermittlung von
Sprachkenntnissen ist dabei eine wichtige Aufgabe, die
unsere Gesellschaft zu leisten hat. Dazu kommt die Stär-
kung von Initiativen zur Förderung der Sprachkompe-
tenz von Migrantinnen und Migranten. Wir können es
uns auch angesichts des demografischen Wandels in
Deutschland nicht leisten, wertvolle und lernwillige
Menschen nur aufgrund mangelnder Sprachfähigkeiten
für unser gesellschaftliches Leben und unsere Wirt-
schaftskraft zu verlieren. Nur wer die Sprache be-
herrscht, hat Zugang zu unserer an Kultur und Bildung
reichen Gesellschaft.
Ich gehe davon aus, dass der Erhalt und die besondere
Förderung der deutschen Sprache ein Herzensanliegen
aller Fraktion des Deutschen Bundestages ist, und bitte
Sie somit um Zustimmung zu diesem Antrag.
Patrick Kurth (Kyffhäuser) (FDP): Deutsch ist eine
der großen Kultursprachen der Welt. 100 Millionen
Menschen sprechen Deutsch als Muttersprache. Es ist
die meistgesprochene Sprache in der Europäischen
Union und nach Englisch die wichtigste Fremdsprache.
Für uns Deutsche ist unsere Sprache nicht nur ver-
bindendes kulturelles Grundelement und historisches
Erbe, sondern die gemeinsame Grundlage für unser Le-
ben. „Sie ist das prägende Element der deutschen
Identität“, wie der Abschlussbericht der Enquete-Kom-
mission „Kultur in Deutschland“ (Bundestagsdrucksa-
che 16/7000) resümiert. Damit ist die deutsche Sprache
der Schlüssel zu unserem Land und unserer Gesell-
schaft.
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Ausreichende Sprachkenntnisse sind ein entscheiden-
er Faktor, wenn es darum geht, in Deutschland zu ar-
eiten und heimisch zu werden. Dies müssen wir heute,
Zeiten von demografischem Wandel, einer alternden
esellschaft, von Fachkräftemangel und von internatio-
alem Wettbewerb, besonders berücksichtigen. Ange-
ichts dieses Umfeldes ist Deutschland zunehmend auf
ualifizierte Zuwanderung angewiesen – besonders auch
us dem nichtdeutschsprachigen Ausland. Dabei sind
ir erfolgreich. Viele junge Menschen zieht es nach
eutschland, weil sie hier gute Perspektiven sehen.
Generell erfreut sich Deutschland in der Welt großer
ympathie. Vielerorts blicken die Menschen neugierig
uf unser vielfältiges Land. In vielen Teilen der Welt ist
u beobachten, dass auch das Interesse am Deutsch-Ler-
en wieder zunimmt – insbesondere in Wachstumsregio-
en wie China, Brasilien und Indien, aber auch in Ost-
nd Südeuropa.
Die wirtschaftliche und kulturelle Bedeutung
eutschlands macht die Kenntnis der deutschen Sprache
uch in den neuen Wachstumsregionen der Welt attrak-
v; denn Deutsch eröffnet berufliche Chancen und den
ugang zu einer Ausbildung in einem der besten Bil-
ungssysteme der Welt. Es gilt, dieses Interesse weiter
u unterstützen und weltweit das Erlernen der deutschen
prache zu ermöglichen. Daher war die Auswärtige Kul-
r- und Bildungspolitik selten so wichtig wie heute.
Dafür sind aber die richtigen Schwerpunkte nötig. Die
hristlich-liberale Koalition hat bei der Auswärtigen
ultur- und Bildungspolitik die überfällige Neujustie-
ng umgesetzt – hin zu mehr Sprachförderung. Unter li-
eraler Führung haben wir die Mittel gerade in diesem
ereich erheblich angehoben.
Zahlreiche erfolgreiche Initiativen wurden begonnen.
it der Initiative „Deutsch – Sprache der Ideen“ begeis-
rn wir junge Menschen im Ausland für die deutsche
prache und öffnen ihnen Türen zur deutschen Wissen-
chaft, Wirtschaft und Kultur. Große Sprachwerbe-
ampagnen fördern die deutsche Sprache in ausgewähl-
n Ländern wie Großbritannien – Think German in
010/11 –, Polen – Deutsch-Wagen-Tour –, Tschechien –
prechtíme – und Frankreich – DeutschMobil.
Im November 2010 startete die umfangreiche Werbe-
ampagne „Lern’ Deutsch!“ in Russland und gipfelt nun
deutsch-russischen Sprachenjahr 2013/14.
Gemeinsam mit US-amerikanischen Partnern startete
as Auswärtige Amt ein Sonderprogramm zur Förde-
ng von Deutsch in den USA. Mehr Schulen, Colleges
nd Universitäten sollen Deutschunterricht anbieten und
ehr Schüler Zugang zur deutschen Sprache erhalten.
In Indien wurde Deutsch als Fremdsprache an
000 Schulen eingeführt. 1 Million Schüler erhält so
ugang zu unserer Sprache.
All diese Programme tragen nicht nur zur Verbreitung
on Deutsch bei, sondern vermitteln auch unsere Will-
ommenskultur in Deutschland.
Besonders wichtig für die Deutschförderung im Aus-
nd ist das weltumspannende Netz der Initiative „Schu-
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32435
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len: Partner der Zukunft“, PASCH. Sie ist die bisher
größte Investition im Bereich des Auslandsschulwesens
und der Sprachförderung mit jährlich circa 50 bis
55 Millionen Euro seit 2008. Mit PASCH wurde ein
weltweites Netzwerk von mittlerweile über 1 500 Schu-
len aufgebaut, an denen Deutsch unterrichtet wird. Da-
mit trägt die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik zur
Qualifikation von rund 500 000 Schülerinnen und Schü-
lern rund um den Globus bei, die wir für Deutschland
gewinnen wollen.
Damit Deutschland langfristig wettbewerbsfähig
bleibt, müssen wir uns heute um die klügsten Köpfe be-
mühen und ihnen eine Möglichkeit geben, in unserem
Land Fuß zu fassen. Auch durch die Auswärtige Kultur-
und Bildungspolitik der schwarz-gelben Koalition
waren wir darin in den letzten Jahren sehr erfolgreich.
Nur wenn wir bei unserer Sprachförderung im Ausland
nicht nachlassen, werden wir auch in Zukunft ein attrak-
tives Ziel für die Motivierten und Hochqualifizierten
aus aller Welt bleiben. Dafür wird sich die FDP-Frak-
tion einsetzen.
Dr. Rosemarie Hein (DIE LINKE): Was hat sich die
CDU nur dabei gedacht, einen solchen Antrag, noch
dazu in der letzten Sitzungswoche der Wahlperiode, ein-
zubringen? Möglicherweise spekulierte sie darauf, dass
er dann ja gar nicht mehr öffentlichkeitswirksam debat-
tiert werden kann. Das ist möglicherweise auch das
Beste, was diesem Antrag passieren kann, denn er ist an
Peinlichkeit kaum zu überbieten.
Zwar können sich die Autoren darauf berufen, viele
ihrer Standpunkte und Faktensammlungen, die die be-
sondere Bedeutung der deutschen Sprache in der Welt
belegen sollen, auch im Enquete-Bericht „Kultur in
Deutschland“ wiederzufinden, doch jene Aussagen, die
dort auf Vielfalt und Entwicklung von Sprache als Ver-
ständigungsmittel abzielen, werden absichtsvoll ausge-
blendet. Im Antrag werden Aussagen zur Sprachbeherr-
schung als Mittel der Verständigung lustig gemischt mit
Aussagen zur Pflege des auf der deutschen Sprache auf-
bauenden Kulturgutes, wird Sprache plötzlich zum Wirt-
schaftsfaktor, werden Forderungen aufgemacht, bei
denen man den Eindruck bekommt, das deutsche Rein-
heitsgebot beim Bierbrauen solle nun auf die deutsche
Sprache übertragen werden. Dabei werden Minderhei-
tenrechte ebenso ignoriert wie die Sprachgeschichte von
Jahrhunderten. Wäre es nicht so traurig, würde ich meine
Rede mit dem Slogan „Vom Muckefuck zur Bluejeans“
überschreiben. Beide Worte sind wohl auch im deut-
schen Sprachraum verständlich, beide sind nichtdeut-
scher Herkunft. Das Wort „Fenster“, habe ich gelernt, ist
ebenfalls ein Lehnwort, eben einer anderen Sprache ent-
lehnt. Die deutsche Sprache gehört zur indogermani-
schen Sprachfamilie wie eben auch die in Indien gespro-
chenen Sprachen. Mit dem Hochdeutsch eines Walther
von der Vogelweide könnten wir uns heute kaum ver-
ständigen und auch die wenigsten in Friesisch, Bayrisch
oder dem in meiner Region gesprochenen Bördeplatt.
Worüber reden wir also? Sprachen sind Produkte ge-
sellschaftlicher Entwicklungen. Sie werden sowohl vom
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usammenleben in einer konkreten Gemeinschaft wie
uch vom Austausch mit anderen Kulturen geprägt. Was
ns heute fremd erscheint, wird über kürzere oder län-
ere Zeit unsere Sprache prägen. Die netzaffinen „Neu-
nd“-Bewohner können schon länger mit „Hashtags“ et-
as anfangen. Ich hab das erst vor kurzem gelernt. Auch
enn ich es blöd finde, zu Zeitplänen „timetable“ zu
agen, kann und will ich nicht verhindern, dass andere
ebensgewohnheiten irgendwann auch meine Sprache
nd Ausdrucksweise prägen. Ich gehe ins Restaurant
der ins Bistro und freue mich, wenn ich in anderen Län-
ern diesen Hinweis finde, weil ich ansonsten die Spra-
he dort nicht verstehe. Ich freue mich, wenn ich in
innland, das übrigens zwei Muttersprachen anerkennt,
einem Kaufhaus in Helsinki bei dem Versuch, mich
debrechend auf Englisch verständlich zu machen, vom
erkaufspersonal freundlich darauf hingewiesen werde,
ass man mich auch auf Deutsch versteht.
Doch was sollen mir die Aussagen im Antrag, wie
iele Menschen auf der Welt deutsch sprechen? Und vor
llem: Welches Recht, welche Forderung sollen sich da-
us ableiten? Moderne Sprachen sind für mich jene, die
ich zur Verständigung in einer internationalen Welt eig-
en. Da ist Mehrsprachigkeit, die mir leider nicht gege-
en ist, eher angesagt als der den Antrag an vielen Stel-
n prägende Alleinvertretungsanspruch der deutschen
prache. So etwas führt zur Abkapselung und ist das Ge-
enteil von weltoffen.
Und nein, aus Heinrich Heines „Buch der Lieder“
erden wir keine Papiertüten falten, und Wolfram
on Eschenbach werden wir genauso achten wie
abindranath Tagore, Nazim Hikmet und Pablo Neruda,
eren Poesie ich nur in deutscher Übersetzung verstehe.
och ich bin mir nicht sicher, ob sie in ihrer Ursprungs-
prache nicht viel poetischer klingen.
Lassen Sie uns den Schwerpunkt darauf legen, dass
lle Menschen, die in unserem Land leben oder leben
ollen, über eine gute Grundbildung verfügen und sich
ittels Sprache verständigen können. Lassen Sie uns Li-
ratur und Sprache, auch die deutsche, als Kulturgut
flegen, aber lassen Sie uns keine Ansprüche daraus ab-
iten, die eher unserer Vergangenheit angehören als un-
erer Zukunft.
Claudia Roth (Augsburg) (BÜNDNIS 90/DIE
RÜNEN): Ich wundere mich sehr, wie die Koalition
it dem Thema deutsche Sprache umgeht. Auf den al-
rletzten Drücker, in der letzten Sitzungswoche der Le-
islaturperiode, bringt sie einen Antrag zum Thema ein,
er offensichtlich mit heißer Nadel gestrickt wurde und
ber den auch sofort abgestimmt werden soll – ohne
hance, dass er je den zuständigen Fachausschuss er-
icht. Auch eine Plenumsdebatte, in der Argumente
usgetauscht werden könnten, ist nicht vorgesehen. Die
eden gehen zu Protokoll. Dort können die an deutscher
prache Interessierten dann ja die Standpunkte nachle-
en.
Nein! Das ist ein wirklich schludrig-wurschtiger Um-
ang mit dem Thema und wird der Verantwortung des
arlaments und seiner Gremien nicht gerecht. Einmal
32436 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
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mehr sehen wir einen Akt aus dem Schauspiel, das
Schwarz-Gelb nun schon seit Wochen aufführt und das
den Titel trägt: „Abends werden die Faulen fleißig“.
Gute Fachpolitik haben wir von der Koalition vier Jahre
lang nicht gesehen. Jetzt zum Schluss reicht es vollends
nur noch für Showanträge, die im tiefen Widerspruch
stehen zur von Schwarz-Gelb tatsächlich betriebenen
Politik.
Im Antrag begegnet uns der Satz: „Deutsch ist mit
etwa 500 000 Wörtern des allgemeinen Sprachgebrauchs
eine besonders wortreiche Sprache.“ Gemeint ist hier
wohl der gesamte deutsche Wortschatz ohne Fachspra-
chen, der auf 300 000 bis 500 000 Wörter geschätzt
wird.
Wenn hinter diesem und manch anderem Satz im An-
trag der Versuch stecken sollte, eine Art romantischen
Sprachpatriotismus in Politik zu übersetzen, dann dürfte
das nicht sehr weit führen. Was die genannte Zahl an-
geht, da gibt es möglicherweise ein Sprachgenie, das den
gesamten deutschen Wortschatz wirklich ausschöpft; der
im Antrag genannte „allgemeine Sprachgebrauch“ tut
dies sicher nicht.
Der zentrale Wortschatz der deutschen Standardspra-
che dürfte bei rund 70 000 Wörtern liegen. In Goethes
Werk wurden rund 90 000 aktiv gebrauchte Wörter er-
mittelt, was im Vergleich zu anderen Autoren sehr viel
ist. Der durchschnittliche aktive oder produktive Wort-
schatz der Bundesbürgerinnen und Bundesbürger liegt
deutlich darunter, Schätzungen zufolge sind es um die
15 000 Wörter, darunter auch einige Tausend Fremdwör-
ter. Der Wortschatz der englischen Sprache wird übri-
gens auf 600 000 bis 800 000 Wörter geschätzt.
Aber solche abstrakte Zahlen sagen wenig. Wo Zah-
len für das Anliegen der Sprachförderung tatsächlich
wichtig wären, fehlen sie im Antrag, zum Beispiel beim
für Bildungschancen so bedeutsamen frühkindlichen
Spracherwerb. Dass es hier große Aufgaben gibt, wissen
wir. Der Antrag liefert keine verlässliche Datengrund-
lage, um sie genauer zu definieren.
Stattdessen bringt er einiges an Lyrik und Prosa zur
Geschichte der deutschen Sprache – der Sprache der
„Dichter und Denker“. Und er spart auch die Erfindung
des Buchdrucks und Luthers Bibelübersetzung nicht aus.
Was er geschichtlich dagegen völlig ausspart, ist die ab-
solute Katastrophe, die der deutschen Sprache mit dem
Nationalsozialismus widerfahren ist, und zwar nicht nur
im Sinne der „Lingua Tertii Imperii“, jener Sprachde-
formationen im Dritten Reich, die Victor Klemperer
kritisch protokollierte, sondern auch mit Blick auf den
Exodus von Künstlerinnen und Künstlern und Wissen-
schaftlerinnen und Wissenschaftlern aus Nazideutsch-
land. Dass Deutsch heute keine große Wissenschafts-
sprache mehr ist, sondern in der internationalen
Scientific Community immer mehr ein Randdasein fris-
tet, hat darin wesentliche Gründe.
An der Tatsache, dass Deutsch nach dem Krieg in
vielen Ländern als aggressive Sprache des Befehls und
Kommandos wahrgenommen wurde, hat sich inzwi-
schen zum Glück einiges geändert. Angesichts solch
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rfreulicher Veränderungen sind auftrumpfende Äuße-
ngen wie die von Volker Kauder auf dem Leipziger
DU-Parteitag 2011 – mitten in den Verwerfungen der
uro-Krise –, wonach in Europa jetzt wieder Deutsch
esprochen werde, äußerst kontraproduktiv. Sie schaden
em Anliegen, den offenen und unverkrampften Zugang
ur deutschen Sprache zu entwickeln, und werfen uns
urück.
Schauen wir uns die Forderungen des Antrags im De-
il an. Die erste Forderung erwähnt tatsächlich die kind-
che und frühkindliche Sprachförderung. Wir wissen,
ie wichtig das ist. Die zentrale Aufgabe an dieser
telle, der konsequente Ausbau einer qualitativ hoch-
ertigen Infrastruktur der Kinderbetreuung, wird jedoch
icht benannt. Das verwundert wenig bei einer Koali-
on, die mit ihrer desaströsen Herdprämie genau auf das
egenteil setzt. Sie verbrennt Geld, das für den Ausbau
er Betreuungsinfrastrukturen nötig wäre, und schafft
nreize, damit Kinder aus bildungsfernen Schichten, die
ühe Sprachförderung am dringendsten brauchten, zu
ause bleiben und die nötige Förderung nicht erfahren.
Die zweite Forderung erwähnt Initiativen zur Förde-
ng der deutschen Sprache im Bereich der Integration
on Migrantinnen und Migranten. Auch das ist sehr
ichtig – und ebenfalls eine Baustelle, auf der Schwarz-
elb versagt hat. Wir brauchen keine ständigen Andro-
ungen von Sanktionen, wenn Deutsch- und Integra-
onskurse abgebrochen werden, sondern eine bessere
nanzielle Ausstattung dieser Kurse und Betreuungsan-
ebote für Kinder während der Kurszeiten, damit auch
ütter problemlos teilnehmen können.
In der dritten Forderung wird wieder einmal der
ampf gegen die Anglizismen aufgemacht. Da möchte
h doch auf das Blamagepotenzial hinweisen, das
s hier gibt, zum Beispiel wenn Dr. Peter Ramsauer
ls hochministerieller Sprachpfleger aus „Laptops“
Klapprechner“ macht und „Tickets“ bei ihm nur noch
Fahrschein“ heißen dürfen. So etwas ist doch wirklich
anz kleines Karo und führt uns auf den spießig-sprach-
olizeilichen Weg.
In der zehnten Forderung taucht ziemlich verschämt
as neue Auslandsschulgesetz auf. Ich verstehe schon,
ass man dieses schlecht gemachte Gesetz erwähnen
usste, weil es zu auffällig wäre, wenn es in einem An-
ag zur Förderung der deutschen Sprache überhaupt
icht vorkäme. Aber was die Probleme angeht, die hier
u benennen sind, da geht es doch nicht vorrangig und
inzig um das Deutsche Sprachdiplom der Kultusminis-
rkonferenz. Vordringlich wäre eine klare Forderung
ach Rücknahme der in diesen Tagen bekannt geworde-
en Kürzungen im Haushaltsentwurf für den Bereich der
uswärtigen Kultur- und Bildungspolitik!
Die Koalition will die Mittel für die Förderung der
uslandsschulen von 244 Millionen Euro im laufenden
aushalt auf 224 Millionen Euro im Haushalt 2014 kür-
en – und das, obwohl mit dem Auslandsschulgesetz
roßspurig angekündigt wurde, die Finanzierung der
uslandsschulen „auf sichere Beine zu stellen“. Als ein-
ig sicher erscheint nun, dass den Auslandsschulen kräf-
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32437
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tig ein Bein gestellt wird – und damit auch der Förde-
rung der deutschen Sprache im Ausland.
Besonders leiden werden die kleinen Auslandsschu-
len mit weniger als zwölf Abschlüssen im Jahr; denn die
fallen aus der neuen gesetzlichen Förderung sowieso
schon heraus. Und sie werden sehr tief fallen und nur
noch eine Restförderung erhalten, wenn ein schrumpfen-
der Etat mit Vorrang an die großen Schulen verteilt wird,
die nun den gesetzlichen Anspruch haben.
Und es geht nicht nur um Sprachförderung. Viele
kleine Schulen befinden sich in den Krisenregionen die-
ser Welt. Es sind Schulen, die für Demokratie- und Men-
schenrechtsbildung unendlich wichtig sind und die wir
doch besonders unterstützen müssen. Mit dem neuen
Auslandsschulgesetz – und den sogleich hinterher ge-
schobenen Kürzungen bei den Auslandsschulen – sehe
ich große Gefahren für diese Schulen weit über die
Sprachförderung hinaus.
Auch die Stipendienmittel des Deutschen Akademi-
schen Austauschdienstes, DAAD, werden im Haushalts-
entwurf der Koalition um 17 Millionen Euro gekürzt,
das heißt um 13 Prozent – gegen jede Vernunft. Welche
Auswirkungen das auf den Wissenschaftsaustausch und
die Förderung von Deutsch als Wissenschaftssprache ha-
ben wird, kann man sich an fünf Fingern abzählen.
Kleinlich bis knickrig ist die 16. Forderung, die da-
rauf abzielt, in deutschen Parlamenten erst dann über eu-
ropäische Vorhaben zu entscheiden, wenn eine amtliche
Übersetzung in deutscher Sprache vorliegt. Das sollte
man doch wirklich nicht so verbissen sehen und stets
entlang der Inhalte und Dringlichkeiten entscheiden.
Keine Treffer landet man, wenn man im Koalitionsan-
trag nach erleichterten Visa- und Einreiseregelungen
sucht, obwohl erleichterte Einreisemöglichkeiten nach
Deutschland doch ein zentrales Anliegen gerade bei der
Förderung der deutschen Sprache sein müssten.
Kein Wort zur diskriminierenden Regelung, wonach
beim Ehegattennachzug aus dem Ausland einige glei-
cher sind als andere und Ehegatten aus Japan oder den
USA beim Nachzug keinen Sprachnachweis brauchen,
Ehegatten zum Beispiel aus der Türkei aber schon.
Kein Wort zu Visabestimmungen, die Deutschland
teilweise abschotten von einer sich rasant globalisieren-
den Welt. Wenn es zum Beispiel für türkische Künstle-
rinnen und Künstler viel einfacher ist, nach Moskau als
nach Berlin zu reisen, dann sollten wir uns nicht wun-
dern, wenn der Kulturaustausch mit der Türkei hinter
dem zurückbleibt, was möglich wäre.
Gleiches gilt für den Sprachaustausch. Die Möglich-
keit, ohne extreme bürokratische Hürden nach Deutsch-
land reisen zu können, um hier Kultur und Sprache ken-
nenzulernen, wäre dem Anliegen der Sprachförderung
unendlich viel dienlicher als der vorliegende folgenlose
Koalitionsantrag zum Ende der Legislatur.
Insbesondere die Union sollte auch ihr kulturelles
„Mono“-Denken dringend überdenken. Dass sie alle
paar Jahre wieder ihre deutsche Leit- und Monokultur
aus der Mottenkiste holt, um gegen die im Alltag längst
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tablierte Multikulturalität zu wettern, ist weltoffenen
ulturpolitikern in der Union selbst inzwischen ziemlich
einlich. Zu Recht! Man sollte dann aber auch überzo-
ene Aussagen vermeiden, wonach die deutsche Sprache
Voraussetzung für das Funktionieren unserer Demokra-
e“ ist. Die Schweiz als eine der ältesten existierenden
emokratien lebt mit ihrer Viersprachigkeit doch auch
anz gut. Und die Demokratie in Europa werden wir auf
iner noch viel breiteren multilingualen Grundlage ge-
talten.
Nein, ein bisschen weniger Verkrampftheit und ein
enig mehr Lust an der Multilingualität dürfte es schon
ein; denn die vielen Sprachen sind doch Heimstatt für
inen unermesslichen kulturellen Reichtum, für unter-
chiedliche Arten, die Dinge zu sehen, für unterschiedli-
he Weisen, als menschliche Wesen zu existieren. Diese
ielfalt sollten wir schützen und achten und dabei auch
nsere Sprache als eine Stimme im bunten Chor der
prachen schätzen und genießen.
Der Koalitionsantrag zur Förderung der deutschen
prache ist dagegen politisches Potemkin, eine frisch ge-
trichene Fassade, hinter der eine falsche Betreuungs-,
tegrations- und Einreisepolitik versteckt werden soll,
nd nun auch Kürzungsvorschläge in der auswärtigen
ultur- und Bildungspolitik, die vor allem auch der
prachförderung schaden werden.
Ich verstehe sehr gut, warum die Koalition einen sol-
hen Antrag ohne Aussprache und Ausschussberatung
urchwinken will. Der Pflege der deutschen Sprache er-
eist sie mit diesem Showantrag jedenfalls einen politi-
chen Bärendienst.
nlage 37
Zu Protokoll gegebene Reden
zur Beratung des Antrags: Kulturgüterschutz
stärken – Neuausrichtung des Kulturgüter-
schutzes in Deutschland jetzt beginnen (Zusatz-
tagesordnungspunkt 19)
Dagmar G. Wöhrl (CDU/CSU): Wir beraten heute
ber den Antrag zur bundesweiten Stärkung des Kultur-
üterschutzes, der aufgrund der aktuellen Geschehnisse
aum eine größere Bedeutung haben könnte.
Die Hochwasserkatastrophe entlang Elbe, Donau und
nderen kleineren Flüssen in den vergangenen Wochen
at uns alle schockiert und tief betroffen gemacht. Noch
ind die Wassermassen nicht überall vollständig besei-
gt, und bis tatsächlich alle Schäden komplett behoben
ein werden, wird es noch viele Jahre dauern. Der Wie-
eraufbau nach dem schlimmen Hochwasser 2002 war
ielerorts gerade erst abgeschlossen, da hatten die Men-
chen bereits mit dieser neuen Flut zu kämpfen. Viele
ausend Menschen von Süd- bis Norddeutschland ste-
en nun vor dem Nichts. Wir haben aber in den letzten
ochen auch sehen können, dass die Anstrengungen
eim Hochwasserschutz seit 2002 dazu geführt haben,
ass mancherorts Schäden gering gehalten werden konn-
32438 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
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ten. Vieles, aber noch lange nicht alles ist im Bereich des
Hochwasserschutzes seit 2002 verbessert worden.
Auch aufgrund dieser besseren Schutzmaßnahmen
sind die Museen, Theater, Konzertsäle, Bibliotheken und
Archive beim diesjährigen Hochwasser nicht ganz so
stark betroffen gewesen wie noch beim Hochwasser vor
elf Jahren. Trotzdem kann man einige traurige Beispiele
aufzählen: Das Landestheater Niederbayern in Passau
wurde vom Hochwasser zerstört, im Fürstbischöflichen
Opernhaus in Passau musste die gesamte Bestuhlung he-
rausgenommen und mussten alle Vorstellungen bis zum
Saisonende abgesagt werden. Auch das am Donauufer
gelegene Museum Moderner Kunst wurde im Erdge-
schoss komplett überflutet, und viele wertvolle Kunst-
werke wurden zerstört. Ebenfalls Opfer der Fluten
wurde zum Beispiel das vor allem für seine herrliche Ar-
chitektur bekannte frühklassizistische Sommerpalais in
Greiz in Thüringen.
Hinzu kommt die Zerstörung von Kunst- und Kultur-
schätzen durch Feuer und andere Ursachen während der
vergangenen Jahre. Wir alle haben noch die Bilder der
ausgebrannten Anna-Amalia-Bibliothek in Weimar im
Jahr 2004 vor Augen, und wir alle erinnern uns an den
Einsturz des Stadtarchivs im Kölner Süden vor vier Jah-
ren, bei dem 30 wertvolle Regalkilometer in die Tiefe
gerissen wurden.
Die Kunstwerke und Bauwerke der vergangenen Jahr-
hunderte sind Zeugnis unserer Geschichte und von ei-
nem unermesslichen Wert. Diesen gilt es zu schützen.
Wir sollten also den Schutz unserer Kunst- und Kultur-
einrichtungen ausbauen und stärken. Der vorliegende
Antrag gibt uns die Möglichkeit, die bereits bestehenden
Zuständigkeiten im Bereich des Katastrophenschutzes
bei Kunst- und Kulturgütern zu überprüfen und zu ver-
bessern. Wichtig ist, dass wir die Maßnahmen von Bund,
Ländern und Kommunen beim Hochwasserschutz künf-
tig noch besser koordinieren, damit wir den Zerstörun-
gen unserer Kunst- und Kulturgüter vorbeugen oder um
im Notfall schnell und angemessen reagieren können.
Der Schutz von Kulturgut, insbesondere im Katastro-
phenfall, ist nach wie vor Kernkompetenz unserer Bun-
desländer, und das ist auch gut so. Dennoch wird es in
Zukunft wichtig sein, dass wir eine koordinierende
Stelle schaffen, die Informationen und Zuständigkeiten
jeglicher Art bündelt und verteilt. Dies reicht von der
Forschung über den technischen Einsatz im Notfall bis
hin zu Evakuierungsmaßnahmen und Methoden zur
Konservierung und Wiederherstellung.
Unser Staatsminister für Kultur und Medien, Bernd
Neumann, hat bei zahlreichen Katastrophen in den ver-
gangenen Jahren den Schutz von Kulturgütern im Rah-
men seiner Möglichkeiten – und darüber hinaus – unter-
stützt. Beim Einsturz des Kölner Stadtarchivs konnte so
zusätzlich 1 Million Euro zur Verfügung gestellt werden,
und auch die Konferenz nationaler Kultureinrichtungen,
KNK, wird vom Beauftragten der Bundesregierung für
Kultur und Medien finanziell unterstützt. Die KNK ist
ein Zusammenschluss von 23 über die Landesgrenzen
hinaus wirkenden Institutionen der neuen Bundesländer.
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ie befasst sich bereits seit 2005 mit dem Thema „Si-
herheit und Katastrophenschutz für Museen, Archive
nd Bibliotheken“ und hat so 2010 den umfangreichen
icherheitsleitfaden Kulturgut herausgegeben, der seit
tztem Jahr in überarbeiteter Fassung vorliegt.
Außerdem gibt es den Rahmenplan für Notfallmaß-
ahmen in den staatlichen Archiven Bayern. Und
chließlich beschäftigen sich das Rathgen-Forschungsla-
or der Staatlichen Museen zu Berlin, das Fraunhofer-
stitut und die Forschungsinstitute in der Leibniz-Ge-
ellschaft mit zahlreichen Aspekten im Bereich des
enkmalschutzes und der Denkmalpflege. Hier sollte
eitnah eine Überprüfung der Expertise und der Kompe-
nzen stattfinden, um anschließend nach Möglichkeit
as vorhandene Wissen hierzulande zu bündeln und ein
rofessionelles und interdisziplinäres Expertennetzwerk
u schaffen. Wir haben mittlerweile leider, so muss man
agen, einen ausreichenden Erfahrungsschatz zur Ber-
ung und Konservierung von Kulturgütern im Falle von
atastrophen. Diesen gilt es voll zu nutzen. Hier ist es
anz besonders wichtig, bereits in der Lehre und For-
chung anzusetzen, um so langfristig einen Expertenpool
u schaffen, der uns in Deutschland die Möglichkeit
ibt, im Kulturgutschutz präventiv tätig zu sein und, so-
rn notwendig, auch relativ rasch, unkompliziert und
bsolut professionell auf Katastrophen zu reagieren. Wie
ie sehen, hat bei uns der Katastrophenschutz für die uns
o wichtigen Schätze in Kunst und Kultur Priorität!
Aus kulturpolitischer Sicht hat der Antrag zum Kul-
rgüterschutz im Katastrophenfall absolute Aktualität.
sbesondere bei national bedeutsamen Kultureinrich-
ngen sollten wir also in Zukunft über eine Bündelung
er Kompetenzen nachdenken. Diese könnte durch einen
erantwortlichen auf Bundesebene übernommen wer-
en, der in Abstimmung mit den Ländern Maßnahmen
Katastrophenfall koordiniert und moderiert. Um die
inführung von Doppelstrukturen zu vermeiden, sollte
ier geprüft werden, inwieweit wir diese Kompetenzen
ei unserem Staatsminister bündeln können. Hier könn-
n vorhandene Kompetenzen erweitert und auf beste-
enden Strukturen ausgebaut werden. Für die kommen-
en Jahre sollten wir also prüfen, inwieweit die
uständigkeiten und Ressourcen hier also erweitert wer-
en können.
Bisher vertritt der Kulturstaatsminister bereits die In-
ressen kulturbewahrender Einrichtungen und ist unter
nderem zuständig für den Schutz von Kulturgütern vor
bwanderungen ins Ausland, für den Erhalt des schrift-
chen Kulturguts in Archiven und Bibliotheken und un-
r anderem auch für den Denkmalschutz. Gleichzeitig
at die Bundesregierung nach der diesjährigen Hoch-
asserkatastrophe das Aufbauhilfegesetz, mit dem
Milliarden Euro zur Verfügung gestellt werden sollen,
uf den Weg gebracht. Die Bündelung der Kompetenzen
nd Zuständigkeiten eines Verantwortlichen für Kultur-
utschutz im Katastrophenfall beim Staatsminister er-
chte ich als angemessen und zielführend. Für die
ächste Legislaturperiode sollten wir uns also vorneh-
en, zeitnah zu prüfen, wie wir die dafür notwendigen
essourcen zur Verfügung stellen können.
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32439
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Wie bereits erwähnt, liegen Forschung und Umset-
zung des Schutzes von Kulturgütern im Verantwortungs-
bereich der Länder. Dennoch haben wir einerseits in im-
mer kürzeren Abständen mit Naturkatastrophen zu
kämpfen, die zahlreiche Bundesländer betreffen. Ande-
rerseits werden Kunst- und Kultureinrichtungen, die von
nationaler Bedeutung sind, immer wieder in Mitleiden-
schaft gezogen. Ein Verantwortlicher auf Bundesebene
könnte dann nicht nur koordinativ tätig werden, sondern
auch Wissen und Erfahrung aus dem europäischen Aus-
land bündeln und hier die Kooperation mit ebenfalls be-
troffenen Ländern, wie beispielsweise Polen, der
Tschechei oder Rumänien, ermöglichen.
Unsere Kunst- und Kulturgüter sind ein Schatz von
unermesslichem Reichtum, den es mit allen uns zur Ver-
fügung stehenden Mitteln zu verteidigen und zu schüt-
zen gilt. Unser Antrag hat leider aktuell enorm große Be-
deutung erlangt und findet deshalb unser aller
Unterstützung. Unser Kulturstaatsminister Bernd
Neumann hat in den vergangenen acht Jahren bewun-
dernswerte Arbeit für die Bereiche Kultur und Medien in
unserem Land geleistet. An dieser Stelle möchte ich
mich bei ihm herzlich bedanken. Ebenfalls bedanken
möchte ich mich bei den Kollegen aus dem Ausschuss
für Kultur und Medien für eine wirklich konstruktive
und zielführende Zusammenarbeit seit 2009.
Ich schließe diese Rede mit der Hoffnung, dass die
Förderung und der Erhalt von künstlerischen und kultu-
rellen Schätzen auch in der neuen Legislaturperiode fort-
gesetzt und ausgebaut werden wird.
Ulla Schmidt (Aachen) (SPD): Es ist schade, dass
Sie das Thema des Kulturgüterschutzes im Katastro-
phenfall erst in letzter Sekunde – am Kulturausschuss
vorbei und ohne Debatte – auf die Tagesordnung brin-
gen. Schade, dass wir nicht gemeinsam über Forderun-
gen und Maßnahmen diskutieren konnten. Das Anliegen
des Antrags liegt uns am Herzen, viele der Forderungen
sind grundsätzlich zu begrüßen. Die SPD will, dass im
Katastrophenfall zügig reagiert werden und eine profes-
sionelle Restaurierung beschädigten Kulturgutes ge-
währleistet werden kann. Wir lehnen aber die lapidare
Vorgehensweise der Regierungsfraktionen ab, mit der sie
dieses Thema gerade eben noch in der letzten Sitzungs-
woche der Legislaturperiode abhaken. Am Abend wird
der Faule fleißig!.
Viele der im Antrag geforderten Initiativen wären,
wie ich finde, selbstverständliche Aufgaben des Bundes-
beauftragten für Kultur und Medien, wenn man das Kul-
turgut besser schützen will: zum Beispiel das gesell-
schaftliche Bewusstsein für die Bedeutung des Kultur-
güterschutzes zu schaffen oder die Rolle der Forschungs-
einrichtungen für den Kulturgüterschutz zu evaluieren
oder im Benehmen mit den Ländern und Kommunen zu
überprüfen, wie der rechtliche Rahmen angepasst wer-
den kann. Das sind Forderungen, aus denen erst konkre-
tere Planungen und Vorgehensweisen folgen. Sie sind
nicht handfest. Schon längst hätte sich die Bundesregie-
rung um all das kümmern können. Dazu muss man nicht
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rst eine neue Hochwasserkatastrophe oder das Ende der
egislaturperiode abwarten.
Dass die Bundesregierung sich nicht kümmert, zeigt
uch der Fall Stadtarchiv Köln. Hier haben wir in den
aushaltsberatungen gefordert, dass sich der Bund stär-
er und deutlicher an der Stiftung zum Wiederaufbau be-
iligt. Es hat am Anfang 1 Million Euro gegeben; das
ar‘s. Hätte der Bundesbeauftragte für Kultur und Me-
ien mehr getan, wäre vielleicht auch die Spendenbereit-
chaft gestiegen. Jetzt zu kommen und alle möglichen
aßnahmen und Strukturen zu fordern, ist wohlfeil,
enn die Bundesregierung mit Ihrer Unterstützung zu-
or versäumt hat, ganz konkret zu helfen, liebe Kollegin-
en und Kollegen von Union und FDP.
Einige der Forderungen beinhalten ganz neue Struktu-
n. Ich finde, dass es besonders in diesem Fall notwen-
ig wäre, ein ordnungsgemäßes parlamentarisches Ver-
hren mit Anhörungen und Gesprächen in den zu-
tändigen Ausschüssen zu durchlaufen, um im Ergebnis
esser beurteilen zu können, was richtig ist. Damit
eine ich zum Beispiel die Forderung, ein zentrales
undesdeutsches Institut für Konservierungs- oder Kul-
rschutzforschung einzurichten. Oder in Abstimmung
it den Ländern die Einsetzung eines Verantwortlichen
uf Bundesebene zu prüfen, der die zur Verbesserung
es Kulturgüterschutzes notwendigen Maßnahmen koor-
iniert und moderiert.
Im Grundsatz wirken die Forderungen des Koalitions-
ntrags nicht unvernünftig. Unsere Fraktion hat bei-
pielsweise die Einrichtung einer Koordinierungsstelle
um Schutz schriftlichen Kulturgutes unterstützt. Über
as genaue Was und Wie und die finanziellen Erforder-
isse sollte man sich aber doch parlamentarisch austau-
chen können, um den richtigen Weg zu finden, Kata-
trophen wie den Brand der Anna-Amalia-Bibliothek
004, den Einsturz des Kölner Stadtarchivs 2009 oder
ochwasserkatastrophen schnellstmöglich und effektiv
u bewältigen, damit nicht noch mehr Schaden angerich-
t wird.
Dass wir wertvolles nationales Kulturgut nicht verlie-
n wollen, darüber sind wir uns selbstverständlich einig.
u dem vorliegenden Antrag wollen wir uns jedoch ent-
alten, weil wir es für notwendig halten, Forderungen zu
euen Strukturen ordnungsgemäß zu diskutieren und
eil wir es für notwendig halten, dass Kulturanträge
icht am Ausschuss vorbei in das Parlament eingebracht
erden. Wir würden begrüßen, wenn das Einbringen des
ntrags wenigstens bewirkt, dass wir in der nächsten
egislaturperiode zu gemeinsamen Beschlüssen kom-
en.
Reiner Deutschmann (FDP): „Feuer und Wasser
ind zwei gute Diener, aber schlimme Herrn“. Dieses
lte deutsche Sprichwort bringt die Gefahren auf den
unkt, die einer Gesellschaft jederzeit drohen.
Katastrophen drohen immer wieder mit einer gewis-
en Regelmäßigkeit. Schon lange kehren die sogenann-
n Jahrhundert-Naturkatastrophen in Form von Fluten
der Stürmen in immer kürzeren Abständen wieder.
32440 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
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Dazu kommen die menschgemachten Katastrophen
durch technische Defekte oder menschliches Versagen.
Mit diesen Katastrophen werden die Menschen immer
wieder konfrontiert werden. Das Elbehochwasser 2002
oder das jüngste Hochwasser an Elbe und Donau samt
ihrer Nebenflüsse in diesem Jahr haben uns wieder ein-
mal exemplarisch vor Augen geführt, dass sich die Natur
nicht zu 100 Prozent zähmen lässt und mit dem Eintritt
von Naturkatastrophen fast biblischen Ausmaßes nicht
nur alle 100 Jahre zu rechnen ist.
Weil das so ist, gibt es eine Reihe von exzellenten
Notfallplänen, die dazu führen, dass zum Beispiel Poli-
zei, Feuerwehr, Technisches Hilfswerk und nicht zuletzt
die Bundeswehr schnell zur Stelle sind, wenn es darum
geht, Menschenleben im Notfall zu retten und in Sicher-
heit zu bringen. Dafür wollen wir diesen und den vielen
anderen helfenden Einrichtungen, aber auch den vielen
Freiwilligen herzlich danken.
Sind die unmittelbaren Ursachen einer Katastrophe
verschwunden, die Flüsse wieder in ihr ursprüngliches
Flussbett zurückgekehrt, der Brand gelöscht oder die
Orkanwinde abgeebbt, offenbart sich oftmals das wahre
Ausmaß des Desasters. Menschen haben ihre Wohnun-
gen verloren oder müssen diese erst einmal wieder her-
richten; die betroffenen Betriebe müssen wieder in Gang
gebracht und die Schäden müssen erfasst und beseitigt
werden.
Für die Kulturpolitik stellen sich durch Katastrophen
ganz eigene Fragestellungen. 2002 stand das Dresdner
Stadtzentrum mit Zwinger, Frauenkirche und Haupt-
bahnhof komplett unter Wasser. Kultureinrichtungen ers-
ten Ranges waren von den Fluten betroffen. Diesmal ist
Dresden glimpflicher davongekommen, während es
Großräume wie Passau, Halle und Magdeburg besonders
hart getroffen hat. Die Erfassung der Schäden der dies-
jährigen „Jahrhundertflut“ wird sicherlich noch Wochen
dauern.
Der Brand in der Anna-Amalia-Bibliothek in Weimar
im Jahr 2004 hat uns die Wucht und Zerstörungskraft
des Feuers deutlich gemacht. Damals fielen dem Feuer
allein 50 000 wertvolle Bücher zum Opfer, und es wären
sicherlich noch mehr Kulturgüter zu Schaden gekom-
men, hätten zum Zeitpunkt des Unglücksfalls nicht ein
Notfallplan in der Einrichtung und eine enge Koopera-
tion mit der Feuerwehr existiert.
Der menschengemachte Einsturz des Kölner Stadtar-
chivs im Jahr 2009 vernichtete zwei Leben und ver-
schluckte 30 Regalkilometer Archivgut. Zwar konnten
circa 90 Prozent der Archivalien geborgen werden, aber
in welchem Ausmaß diese restaurierungsfähig sind und
wie hoch sich die derzeit auf circa eine Milliarde Euro
geschätzten Schadensbeseitigungskosten letzten Endes
wirklich belaufen werden, weiß keiner.
Nach einer durch die FDP-Bundestagsfraktion im Ja-
nuar 2013 durchgeführten Expertenanhörung wissen wir,
dass der Kulturgüterschutz aber nicht bei der Bewälti-
gung von akuten Katastrophen aufhören darf. Dr. Volker
Rodekamp, Präsident des Deutschen Museumsbundes,
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at damals auf die dramatische Lage gerade in kleinen
nd mittleren Häusern hingewiesen, in denen oftmals
infachste Bestimmungen des Brandschutzes nicht ein-
ehalten werden können.
Vor diesem Hintergrund hat sich die FDP-Bundes-
gsfraktion zusammen mit unseren Partnern von der
nion entschlossen, etwas für die Stärkung des Kultur-
üterschutzes in Deutschland zu tun. Die Expertenanhö-
ng hatte ergeben, dass es derzeit in der Gesellschaft an
ewusstsein für die Bedürfnisse des Kulturgüterschutzes
angelt. Deshalb wollen wir dafür werben.
Ganz konkret wurde insbesondere eine koordinie-
nde und moderierende Stelle vermisst, die sich der
rängenden Aufgabenstellungen des Kulturgüterschut-
es annimmt. Aus der Expertenrunde wurde der Wunsch
n uns herangetragen, trotz der generellen Zuständigkeit
er Bundesländer für den Kulturgüterschutz vom Bund
us die Initiative zu übernehmen und die Koordinierung
eziehungsweise Moderation zwischen den Beteiligten
Bund, Ländern und Kommunen sowie zwischen Poli-
k, Wissenschaft und Einrichtungen zu beginnen. Dies
t Teil unseres Antrages. Es geht uns nicht darum, dass
iese vom Bund vorzunehmende Koordinierung und
oderation Kompetenzen wahrnimmt, die den Ländern
ugewiesen sind. Der Bund kann im Bereich Kulturgü-
rschutz nur sehr begrenzt rechtsverbindlich wirken.
ies verhindert das Grundgesetz mit der klaren Kompe-
nzzuweisung für den Kulturgüterschutz an die Bundes-
nder. Dennoch wollen wir gerne – quasi beratend und
chtsunverbindlich – diese erste Koordinierung im Be-
ehmen mit den Bundesländern und Kommunen über-
ehmen.
Letztlich wollen wir erreichen, eine signifikante und
pürbare Stärkung des Kulturgüterschutzes durch aktive
nd präventive Maßnahmen in den Einrichtungen sicher-
ustellen. Dazu gehören beispielsweise die Überprüfung
es rechtlichen Rahmens sowie Maßnahmen wie der
ntwurf gemeinsamer Not- und Katastrophenfallszena-
en und Pläne durch Kultureinrichtungen und Katastro-
henschutz. Es geht um die Schaffung eines interdiszi-
linären Expertennetzwerks für die Lagerung, Bergung,
icherung und Restaurierung von Kulturgütern. Nicht
uletzt geht es uns um eine bessere Forschungsarbeit im
ereich des Kulturgüterschutzes, und zwar dort, wo dies
ötig ist.
Es ist das erste Mal, dass mit einer Initiative des Deut-
chen Bundestages eine signifikante Stärkung des Kul-
rgüterschutzes unter Einbeziehung aller Ebenen ange-
angen wird. In vielen Fällen werden wir Neuland
etreten oder auf Widerstände treffen. Die Experten aus
ibliotheken, Archiven und Museen sind sich aber uni-
ono einig, dass in der Sache Kulturgüterschutz dringend
ehr passieren muss und die Zeit drängt. Ich möchte Sie
lle einladen, konstruktiv und an der Sache orientiert an
iesem Vorhaben mitzuarbeiten und sich einzubringen.
ber den Weg können wir gerne streiten, aber dass wir
ine Verbesserung hinbekommen, sollte uns unsere her-
orragende deutsche Kulturlandschaft wert sein. Ich
itte sie daher um Zustimmung zu unserem Antrag.
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32441
(A) )
)(B)
Patrick Kurth (Kyffhäuser) (FDP): „Kulturgüter von
landesweiter Bedeutung bedroht“, „Wasser als Feind der
Kulturschätze“ oder „Hochwasser in Mitteldeutschland
– Kunst und Kultur in Not“ – Überschriften wie diese
prägten bis noch vor wenigen Tagen die deutschen Me-
dien. Naturkatastrophen wie die aktuelle Flut sind nicht
nur eine Bedrohung für Wohnungen, Privathäuser,
Unternehmen oder Selbstständige, sondern haben noch
weitere Dimensionen. Besonders gefährdet ist auch das
kulturelle Erbe der betroffenen Region, das sich oftmals
über Jahrhunderte angesammelt hat.
In schmerzlicher Erinnerung ist dahin gehend das
Elbe-Hochwasser von 2002. Unter anderem in Dresden
wurden immense Kulturschäden angerichtet, einige da-
von irreparabel. Die Bilanz der aktuellen Flut fällt nach
dem weitgehenden Verschwinden des Wassers zum
Glück positiver aus. Zwar wurden entsprechende Schä-
den dokumentiert, zum Beispiel in Halle-Burg Giebi-
chenstein, Schloss Pillnitz in Sachsen oder im Stadtmu-
seum in Pirna. Insgesamt fällt die Schadensbilanz aber
kürzer aus.
„Wir sind gerade noch einmal davongekommen“ ti-
telte die FAZ zum glimpflichen Ausgang der Flut für die
deutschen Kulturgüter. Zu verdanken ist dies insbeson-
dere der Vorsorge beim Neubau der oft schon 2002 be-
troffenen Museen, besserer Deiche und besonders ge-
ringerer Pegelstände. Beispiel Dresden: Hatten vor elf
Jahren in der Semperoper noch die Unterbühne samt
technischer Anlagen sowie das Parkett unter Wasser ge-
standen, reichten die Fluten diesmal nicht einmal an die
Barrieren heran. Kaum auszudenken ist aber, was bei hö-
heren Pegelständen passiert wäre.
Menschengemachte oder natürliche Katastrophen sind
eine ständige Gefahr für unsere Kulturschätze. Nicht nur
die genannten Fluten, auch der Brand der Anna-Amalia-
Bibliothek in Weimar oder der Einsturz des Kölner
Stadtarchivs haben uns die Vergänglichkeit unserer oft
über Jahrhunderte gesammelten und bewahrten Kunst-
und Kulturschätze vor Augen geführt. Zahlreiche Bü-
cher, Dokumente und Kunstwerke wurden unwieder-
bringlich zerstört. Kultureinrichtungen und Kunstgegen-
stände sind keine Badezimmerkacheln. Sie müssen
geschützt werden.
Diese nationalen Katastrophen werfen die Frage auf,
wie man sie bereits im Vorfeld besser verhindern und ih-
nen im Schadensfall bestmöglich begegnen kann, prä-
ventiv und reaktiv. Bislang gibt es allenfalls Stückwerk:
Die Konferenz nationaler Kultureinrichtungen hat den
Sicherheitsleitfaden Kulturgut herausgegeben, der das
Sicherheitsmanagement von Kultureinrichtungen un-
terstützen soll. In Bayern gibt es einen Notfallplan der
bayerischen Bibliotheken. Demgegenüber wird der
Kulturgüterschutz in anderen Ländern wie der Schweiz
bundeseinheitlich koordiniert, um überall optimale Stan-
dards zu sichern. Dies muss auch das Ziel für Deutsch-
land sein; dafür setzen sich FDP und Union ein.
Nachdem das Thema „Katastrophenschutz und Kata-
strophenhilfe im Kunst- und Kulturbereich“ unter den
Vorgängerregierungen stark vernachlässigt wurde, nimmt
sich jetzt die schwarz-gelbe Koalition unter liberaler Fe-
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erführung dieses Themas an. Auch wenn die Zustän-
igkeit für den Kulturgüterschutz allgemein bei den Län-
ern liegt, so muss die Initialzündung für die dringend
enötigte Initiative zur Stärkung des Kulturgüterschutzes
on der Bundesebene ausgehen. Dafür hat sich die FDP
tark gemacht. Liberale Kulturpolitik zeichnet sich näm-
ch nicht nur dadurch aus, dass sie das Entstehen von
euen Werken fördert, sondern auch das bereits Vorhan-
ene schützt.
Unsere Maßnahmen sind vielfältig: Wir fordern die
undesregierung auf, gemeinsam mit den Ländern zu
berprüfen, wie der rechtliche Rahmen angepasst wer-
en kann, damit der Kulturgüterschutz gestärkt und da-
it bessere Schutzmaßnahmen für Not- und Katastro-
henfälle ergriffen werden können. Wir halten es
ußerdem für nötig, die Einsetzung eines Verantwort-
chen auf Bundesebene zu prüfen, der die zur Verbesse-
ng des Kulturgüterschutzes notwendigen Maßnahmen
oordiniert. Außerdem fordern wir die Bundesregierung
uf, ein stärkeres Problembewusstsein nicht nur in der
esellschaft, sondern auch bei den Verantwortlichen in
useen, Ausstellungen usw. herzustellen und ein profes-
ionelles interdisziplinäres Expertennetzwerk zu schaf-
n, das im Not- und Katastrophenfall zum Schutz, zur
ergung und zur Restaurierung von Kulturgütern
chnellstmöglich herangezogen werden kann.
In kaum einem anderen Land ist die Kulturlandschaft
o breit wie in Deutschland. Die Anzahl der bedeutsa-
en Kulturgüter ist kaum mehr zu überblicken. Als erste
egierungskoalition setzt sich Schwarz-Gelb mit diesem
ntrag dafür ein, dass das Bewahrenswerte in Zukunft
och besser bewahrt werden kann. Darauf können wir
tolz sein.
Dr. Lukrezia Jochimsen (DIE LINKE): Wenn ein
ntrag es verdient, gewissermaßen in der letzten Minute
ieser Legislaturperiode bedacht zu werden, dann dieser.
ulturgüterschutz in Deutschland zu betreiben, ist eine
berfällige Aufgabe. Durch die aktuelle Flutkatastrophe
llerdings ist sie jetzt ganz konkret auf der Tagesordnung
olitischen Handelns, auch und gerade auf nationaler
bene. Die 500 000 Euro, die die Kulturstiftung des
undes, wie sie am 25. Juni 2013 bekannt gab, für den
usgleich von Schäden im Bereich Kunst und Kultur
ufgrund der Flutkatastrophe bereitstellen will, sind in
ieser Hinsicht ein erstes Anzeichen, aber natürlich nicht
ehr.
Dem Antrag ist in allen Punkten zuzustimmen.
In der neuen Legislaturperiode sollte schnell mit der
msetzung begonnen werden, wofür der Antrag sehr de-
ilgenaue Handlungsempfehlungen enthält.
Agnes Krumwiede (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
chutz vor Hochwasserschäden für Menschen, Tiere und
r unsere Infrastruktur sollte nicht nur in den „Nachwe-
en“ von sogenannten Jahrhunderthochwassern auf allen
olitischen Ebenen ein wichtiges Thema sein. Politik
uss vorausschauend handeln, nicht nur reaktiv. Die
este Prävention vor massiven Hochwasserschäden ist
in nachhaltiger ökologischer Hochwasserschutz mit der
32442 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
(A) )
)(B)
Schaffung von Überflutungsgebieten und Deichrückver-
legung. Technischer Hochwasserschutz bekämpft nur die
lokalen Symptome und verlagert das Problem stromab-
wärts. Das haben die Menschen in diesem Sommer leid-
voll erfahren müssen.
Was wir dringend brauchen, sind eine Bekämpfung
der Ursachen und eine langfristige, nachhaltige und
transparente Strategie zum Schutz vor Hochwasser- und
anderen Naturkatastrophen. In vielen Regionen unseres
Landes brauchen wir mehr Ausgleichsflächen und Maß-
nahmen zur Flächenentsiegelung sowohl bei bestehen-
den Gebäuden und Flächen als auch bei Neubauvor-
haben. Hier vertreten wir die Auffassung: Ausbau statt
Neubau! Durch den ungehemmten Flächenverbrauch
und die Versiegelung der Flächen sowie technische Maß-
nahmen – Kanalisierung, Drainierung, Gräben – werden
die Regenmengen immer schneller in die Flüsse geleitet.
Dadurch laufen die Hochwasserspitzen immer schneller
und höher auf. Auch die industrielle Landwirtschaft hat
einen entscheidenden Anteil an der Versiegelung unserer
Landschaft.
Nachhaltige Klima- und Umweltpolitik und ökologi-
sche Landwirtschaft sind nicht nur für Menschen und
Tiere unter anderem der beste Schutz vor Hochwasser,
sondern bewahren auch unsere Städte, Kunstschätze und
Baudenkmäler vor Substanzschäden. Da Regenwolken
und Flüsse weder vor Länder- noch vor Bundesgrenzen
haltmachen, brauchen wir keinen Föderalismus, sondern
ein internationales Konzept zum Hochwasserschutz.
Der vorliegende Antrag beinhaltet einige bedenkens-
werte Forderungen: Die Einrichtung eines professionel-
len interdisziplinären Expertennetzwerks beispielsweise,
das im Not- und Katastrophenfall zum Schutz, zur Ber-
gung und zur Restaurierung von Kulturgütern schnellst-
möglich herangezogen werden kann, sollte unbedingt in
Erwägung gezogen werden. In der Summe aber bleiben
die vorgeschlagenen Maßnahmen zu unkonkret, die For-
derung nach der Einrichtung eines zentralen bundesdeut-
schen Instituts für Konservierungs- oder Kulturschutz-
forschung ist lediglich ein Prüfauftrag.
Darüber hinaus fehlt eine zentrale Forderung:
Auch von Hochwasser betroffene öffentliche Kulturein-
richtungen müssen bei der Mittelvergabe aus dem ak-
tuell vom Bund eingerichteten Fluthilfefonds in Höhe
von 8 Milliarden Euro ausreichend Berücksichtigung
finden. In Thüringen beispielsweise ist aktuell das Som-
merpalais in Greiz aufgrund der Hochwasserschäden
in seiner Substanz bedroht. Der Schlosspark, der für
900 000 Euro gerade neu gestaltet und erst im Mai der
Öffentlichkeit vorgestellt worden ist, wurde komplett
überflutet. Zudem wurden die Stuckarbeiten und Flach-
reliefs aus dem 18. Jahrhundert am Schloss beschädigt.
Wie der Berichterstattung zu entnehmen ist, wird allein
hier von einem Schaden von 2,6 Millionen Euro ausge-
gangen. In ihrer Regierungserklärung hat die Bundes-
kanzlerin eine „rasche Soforthilfe und einen zügigen
Wiederaufbau“ versprochen. Das muss auch für vom
Hochwasser beschädigte öffentlich geförderte Kulturgü-
ter und Kulturinstitutionen gelten.
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Im Antrag der Koalition wird zu Recht angemerkt,
ass die Schweiz uns im Bereich des Kulturgüterschut-
es mehrere Schritte voraus ist. Es stellt sich die Frage,
arum die Regierungskoalitionen der letzten acht Jahre
icht längst schon die im Antrag formulierten Maßnah-
en umgesetzt haben. Dazu gehört auch, ein Experten-
am zur Bergung von Kulturschätzen einzurichten und
zusätzliche Schulungen zum sachgerechten Umgang
it schützenswerten Kulturgütern beispielsweise für
itarbeiterinnen und Mitarbeiter des Technischen Hilfs-
erks zu investieren.
Im Fall einer Hochwasserkatastrophe kann allerdings
elbst das beste Expertenteam lediglich die beweglichen
ulturgüter retten. Dies zeigte sich auch 2002, wo die
ebäude den Fluten ausgeliefert waren und Milliarden-
chäden entstanden sind. Deshalb brauchen wir nicht nur
aktive Maßnahmen, sondern ein Umdenken hin zu
ehr Klima-, Umwelt- und Naturschutz. Denn die beste
rävention vor massiven Hochwasserschäden ist ein
kologischer Hochwasserschutz.
Trotz unserer hier vorgebrachten Kritik ist es unserem
ollegen Wolfgang Börnsen mit diesem letzten Antrag
einer Zeit als Bundestagsabgeordneten gelungen, wich-
ge Impulse zu formulieren für einen verbesserten Kul-
rgüterschutz. Wir wünschen Wolfgang Börnsen alles
ute für seine Zeit nach der aktiven Bundespolitik!
nlage 38
Zu Protokoll gegebene Reden
zur Beratung:
– Entwurf eines Gesetzes zur Nutzung ver-
waister und vergriffener Werke und einer
weiteren Änderung des Urheberrechtsgeset-
zes
– Entwurf eines … Gesetzes zur Änderung des
Urheberrechtsgesetzes
– Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des
Gesetzes über die Wahrnehmung von Ur-
heberrechten und verwandten Schutzrech-
ten (Urheberrechtswahrnehmungsgesetz –
UrhWahrnG)
– Beschlussempfehlung und Bericht zu dem
Antrag: Zugang zu verwaisten Werken er-
leichtern
– Beschlussempfehlung und Bericht zu dem
Antrag: Förderung von Open Access im
Wissenschaftsbereich und freier Zugang zu
den Resultaten öffentlich geförderter For-
schung
(Zusatztagesordnungspunkte 20 a und 20 b)
Ansgar Heveling (CDU/CSU): Was ursprünglich
in ganzer „Korb“ an Maßnahmen zur Modernisierung
es Urheberrechts werden sollte – es wäre der „Dritte
orb“ gewesen –, ist nun zu einem kleinen Bündel an
egelungen zusammengeschrumpft. Wir als CDU/CSU-
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32443
(A) )
)(B)
Fraktion haben uns stets für eine umfassende Umsetzung
des sogenannten Dritten Korbes und einer darin enthalte-
nen Anpassung des Urheberrechts an die Entwicklungen
durch die Digitalisierung starkgemacht.
Lassen Sie mich dennoch an dieser Stelle zu dem
kommen, was nun mit dem vorliegenden Entwurf eines
Gesetzes zur Nutzung verwaister und vergriffener Werke
und einer weiteren Änderung des Urheberrechtsgesetzes
erreicht wird.
Umsetzung der Richtlinie „Verwaiste Werke“: Dies
ist zum einen die Umsetzung der EU-Richtlinie über be-
stimmte zulässige Formen der Nutzung verwaister
Werke in deutsches Recht, die wir mit dem Beschluss
des Gesetzentwurfes erreichen. Dabei gehen wir sogar
über die Vorgaben der Richtlinie hinaus und regeln
zusätzlich zu den verwaisten Werken auch die Nutzung
vergriffener Werke. So leisten wir unseren Beitrag zu ei-
ner möglichst einheitlichen europäischen Regelung bei
der Nutzung von Werken, deren Urheber nicht oder nicht
mehr ermittelbar ist, insbesondere in digitaler Form. Da-
mit die in verwaisten oder vergriffenen Werken enthalte-
nen Daten, Inhalte und Informationen einer möglichst
großen Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden
können, brauchen wir die neue gesetzliche Regelung.
Denn ein freier, aber damit nicht zwangsläufig kosten-
freier und ungehinderter Zugang und Austausch von
Wissen, Forschungsergebnissen und anderen Informatio-
nen ist eine der zentralen Grundlagen unserer Informa-
tionsgesellschaft. Wir dürfen nicht riskieren, dass diese
Werke aufgrund einer unklaren Rechtssituation nicht öf-
fentlich zugänglich gemacht werden und dass damit be-
deutendes kulturelles Erbe verloren gehen könnte.
Etablierung und Förderung von Golden Open Access:
Mit dem gemeinsamen Entschließungsantrag der Koali-
tionsfraktionen untermauern wir noch einmal die Rege-
lung zum Zweitverwertungsrecht für Autoren wissen-
schaftlicher Beiträge. Ausdrücklich sprechen wir uns
dabei für die Förderung von Open Access und Golden
Open Access im Besonderen aus. Open Access sorgt für
ein attraktives und breites Angebot wissenschaftlicher
Publikationen, die öffentlich zugänglich gemacht wer-
den. Die weiteren Schritte, die für die Förderung von
Open Access in Deutschland notwendig sind, benennen
wir in unserem Entschließungsantrag klar und deutlich.
Es ist daher unser unabdingbares Anliegen, dass diese
Schritte nun konsequent aufgenommen und weiterver-
folgt werden. Dazu gehört zunächst und vor allem die
Förderung von Publikationen mit Golden Open Access,
bei dem die Erstveröffentlichung unmittelbar auf digita-
lem Wege, etwa in einer online erscheinenden Zeitschrift
erfolgt. Zudem wollen wir ein Instrument zur Förderung
von Golden Open Access, etwa in Form eines Publika-
tionsfonds, etablieren. Damit sollen Publikationskosten
für Wissenschaftler erstattet werden können, die mit
Golden Open Access ihre Beiträge veröffentlichen
möchten.
Urheberrecht als Lebensgrundlage für die Kreativen:
Der Entschließungsantrag verdeutlicht darüber hinaus in
unmissverständlicher Weise, dass das Urheberrecht zen-
trale Lebensgrundlage für die Kreativen und Kultur-
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chaffenden in Deutschland ist. Es sichert die angemes-
ene Vergütung und damit die wirtschaftliche Existenz
on Urheberinnen und Urhebern. So erhalten wir krea-
ve Tätigkeit und eine vielfältige Kulturlandschaft in
nserem Land.
Zentrale Aufgabe für die Politik ist dabei die auch im
ntschließungsantrag angesprochene Ausbalancierung
er unterschiedlichen Interessenlagen im Urheberrecht.
ir stellen fest, dass das Urheberrecht nicht nur die zen-
ale Grundlage für Kreativität und Entwicklergeist ist,
ondern auch Innovationen in Wissenschaft und For-
chung voranbringt. Zwischen den berechtigten Interes-
en von Urhebern, Rechteverwertern, Verbrauchern, der
irtschaft und der Wissenschaft muss stets ein ange-
essener Ausgleich hergestellt werden. Ein Kompro-
issvorschlag wäre eine annehmbare Alternative für alle
eteiligten gewesen.
An dieser Stelle möchte ich dennoch nicht unerwähnt
ssen, dass eine Kompromissformulierung im Gesetzes-
xt selbst die Förderung von Golden Open Access be-
its jetzt möglich gemacht hätte. Ein solcher Kompro-
iss hätte durchaus die unterschiedlichen Interessen der
issenschafts- und Verlegerseite zueinanderbringen
önnen und den Weg, den wir nun mit der Förderung
on Open-Access-Veröffentlichungen beschreiten wol-
n, bereits in rechtssicherer Art und Weise im Gesetz
erankert.
Tankred Schipanski (CDU/CSU): Das Bundeskabi-
ett hat am 10. April 2013 einen Regierungsentwurf ver-
bschiedet, den wir heute in unveränderter Form im
eutschen Bundestag verabschieden. Das Gesetz stärkt
issenschaft und Forschung in Deutschland in dreierlei
insicht. Erstens schaffen wir die Voraussetzung dafür,
ass sogenannte verwaiste Werke, also Werke, deren
echteinhaber auch nach sorgfältiger Suche nicht festge-
tellt werden kann, digitalisiert und online gestellt wer-
en können, sodass sie dem kulturellen Erbe nicht verlo-
n gehen. Dafür ändern wir das Urheberrechtsgesetz
nd fügen die §§ 61 bis 61 c Urheberrechtsgesetz neu
inzu. Die entsprechende EU-Richtlinie, 2012/28/EU,
etzen wir fristgerecht in deutsches Recht um. Dieselbe
ichtlinie fordert die nationalen Gesetzgeber zweitens
azu auf, die Nutzung vergriffener Werke im Rahmen
on Digitalisierungsvorhaben zu erleichtern. Hierfür ist
ine Änderung des Urheberrechtswahrnehmungsgeset-
es erforderlich, die wir in den §§ 13 d und 13 e Ur-
eberrechtswahrnehmungsgesetz vornehmen. Drittens
ird mit diesem Gesetz ein unabdingbares Zweitverwer-
ngsrecht eingeführt. Davon profitieren Autoren von
issenschaftlichen Beiträgen in Periodika, die überwie-
end mit öffentlichen Mitteln gefördert wurden. Dies ge-
chieht durch eine Neufassung von § 38 Abs. 4 Urheber-
chtsgesetz.
Meine Damen und Herren, aus Sicht der Wissenschaft
ommt diesem Gesetz somit eine ganz besondere Bedeu-
ng zu, da wir erstmals in § 38 Abs. 4 Urheberrechtsge-
etz ein sogenanntes Zweitverwertungsrecht bzw. ein
weitveröffentlichungsrecht gesetzlich verankern. Somit
chaffen wir einen fairen Interessenausgleich zwischen
32444 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
(A) )
)(B)
Verlagen und Forschern. Beide werden dadurch wieder
Partner auf Augenhöhe.
Die Änderung wurde nötig, um die Rechte der For-
scher zu stärken, die bislang oft gezwungen waren, zur
Veröffentlichung in einem renommierten Journal ihre
kompletten Autorenrechte an die Verlage zur Verwertung
abzutreten. Hernach war es ihnen nicht mehr möglich,
allen voran mit Blick auf die digitale Arbeitswelt, über
den Grad der Sichtbarkeit ihrer Forschungsergebnisse zu
entscheiden. Die Zirkulation von Wissen erhöhen, Er-
kenntnisse einer breiten Öffentlichkeit bereitstellen und
den Nutzen der eingesetzten Steuermittel maximieren,
von dieser Trias lassen wir uns bei dem vorliegenden
Gesetz sowie dem Entschließungsantrag leiten. Wir leis-
ten mit dieser Gesetzesnovelle und dem sie begleitenden
Entschließungsantrag einen wichtigen Beitrag zur För-
derung von Open Access in Deutschland. Mit beiden
Bausteinen entwickeln wir unsere Open-Access-Strate-
gie weiter.
Das unabdingbare Zweitveröffentlichungsrecht för-
dert den sogenannten grünen Weg des Open Access, bei
dem Wissenschaftler ihre Publikationen nach der tradi-
tionellen Printpublikation zusätzlich noch im Internet
zugänglichen machen wollen. Dies ermöglicht das Ge-
setz nach einer sogenannten Embargofrist von zwölf
Monaten. Daneben existiert der sogenannte goldene Weg
des Open Access, bei dem die Veröffentlichung von
vorneherein und unmittelbar digital erfolgt, zum Bei-
spiel in einem Open-Access-Journal. Hierfür fallen in
der Regel Publikationskosten an.
Für die christlich-liberale Koalition stehen beide For-
men der Open-Access-Veröffentlichung bzw. beide
Wege des Open Access gleichberechtigt nebeneinander
und ergänzen einander. Mit der Gesetzesnovellierung
fördern wir primär den grünen Weg des Open Access.
Mit dem Entschließungsantrag wird verdeutlicht, dass
auch der goldene Weg des Open Access förderungswür-
dig ist und die Bundesregierung zu ganz konkreten Maß-
nahmen auffordert. Dazu gehören die Schaffung eines
Publikationsfonds oder die Aufnahme entsprechender
Klauseln in die Förderbestimmungen; alles Fördermög-
lichkeiten für Open-Access-Publikationen.
Insgesamt stellen somit die Gesetzesnovelle und der
Entschließungsantrag ein rundes Gesamtpaket zur För-
derung von Open Access dar. Dies begrüßt auch aus-
drücklich die Allianz der Wissenschaftsorganisationen.
Gleichwohl bleiben aus Sicht der Wissenschaftsorgani-
sationen Wünsche offen, wie uns die Anhörung zum Ge-
setzentwurf gezeigt hat. Mit Blick auf die Arbeit der
Projektgruppe Bildung und Forschung der Enquete-
Kommission Internet und digitale Gesellschaft des Deut-
schen Bundestages und dem dort gefundenen fraktions-
übergreifenden Arbeitsauftrag bezüglich eines Zweit-
veröffentlichungsrechts und der Förderung von Open
Access bleibt die Thematik auf der politischen Agenda.
Einen großen Schritt in die richtige Richtung gehen
wir mit § 38 Abs. 4 Urheberrechtsgesetz bereits am heu-
tigen Tag. Dabei ist durchaus festzuhalten, dass es be-
reits in Teilen der Verlagswelt Praxis ist, dass Verlage in
Verlagsverträgen explizit eine Zweitpublikation nach ei-
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er Embargofrist gestatten. Richtigerweise stellte in der
nhörung im Rechtsausschuss am 10. Juni 2013 der
achverständige Dr. Eric Steinhauer dazu fest: „Das im Re-
ierungsentwurf vorgeschlagene Zweitveröffentlichungs-
cht greift für den in § 38 Abs. 4 Urheberrechtsgesetz
orgesehenen Kreis von Wissenschaftlerinnen und Wis-
enschaftlern diese Praxis auf und stattet sie mit recht-
cher Verbindlichkeit aus. Damit werden Rechtssicher-
eit und Rechtsklarheit hergestellt. Die Autorinnen und
utoren werden bei der weiteren Nutzung der von ihnen
elbst verfassten Werke von urheberrechtlichen Überle-
ungen weitgehend entlastet.“
Der Sachverständigenanhörung war die einhellige Bot-
chaft zu entnehmen, dass das Zweitveröffentlichungs-
cht die Position der wissenschaftlichen Autorinnen
nd Autoren stärkt. Gleichzeitig bleibt festzuhalten, dass
erlagspublikationen und Zweitveröffentlichung keine
egensätze sind, sondern sich ergänzen. So stellte der
achverständige Dr. Steinhauer zutreffend fest: „Zweit-
eröffentlichungen können überdies die Verlagspublika-
onen nicht ersetzen, da es letztlich offen bleibt, ob ein
erk durch die Autorin oder den Autor erneut öffentlich
ugänglich gemacht wird. Die Verlagspublikation behält
aher auch nach Einführung eines Zweitveröffent-
chungsrechts in Zukunft ihre wichtige Stellung, ver-
unden freilich mit Verbesserungen für wissenschaft-
che Autoren, ihre Werke im Rahmen einer digital und
ernetzt arbeitenden Wissenschaft leicht und unkompli-
iert zu nutzen.“
In diesem Sinne bin ich überzeugt, dass wir mit unse-
m Gesetzentwurf und dem Entschließungsantrag den
chtigen Weg beschreiten. Mit diesem Gesamtpaket zur
örderung von Open Access entwickeln wir unsere
pen-Access-Strategie weiter.
René Röspel (SPD): Mit der heutigen Debatte wird
ine Reihe von Anträgen zum Thema „Verwaiste
erke“ behandelt. Da es sich bei diesem Teil des
esetzgebungsverfahrens um eine Umsetzung einer
U-Richtlinie handelt, ist dieser Teil des vorliegenden
esetzentwurfes unstreitig. Da sich die Koalitionsfrak-
onen nach fast vier Jahren Untätigkeit – trotz mehrfa-
her Aufforderung – auf den letzten Metern doch noch
azu entschieden haben, im Rahmen dieses Gesetzge-
ungsverfahrens durch eine Novelle des § 38 Urheber-
chtsgesetz ein Zweitverwertungsrecht für wissen-
chaftliche Autoren einzuführen, wird mit diesem
esetzentwurf ein wichtiges Thema für den Wissen-
chafts- und Forschungsstandort Deutschland auf die Ta-
esordnung gesetzt.
Auch wenn die Aussicht auf ein Zweitverwertungs-
cht für die Wissenschaft zunächst vielversprechend
lingt, ist das vorliegende Ergebnis mehr als nur eine
nttäuschung bzw. eine Mogelpackung. Denn was hier
ls unabdingbares Zweitverwertungsrecht für die deut-
che Wissenschaft verkauft wird, ist in Wirklichkeit ein
Zweitverwertungsrecht light“, das den Bedürfnissen
er Wissenschaft in unserem Land nicht gerecht wird.
Als gravierendster Mangel muss an dieser Stelle die
ktische Zweiteilung der Wissenschaftslandschaft he-
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32445
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rausgestellt werden: Die Diskriminierung beim Gel-
tungsbereich des Zweitverwertungsrechts in universitäre
und außeruniversitäre Forschung lässt diesen Rechtsan-
spruch als ein Zweiklassenrecht erscheinen.
Die häufig von schwarz-gelb propagierte Einheit von
Forschung und Lehre in der deutschen Wissenschafts-
landschaft erscheint vor diesem Hintergrund wie eine
leere Hülse. Zudem geht eine solche rechtlich diskrimi-
nierende Regelung an der Wirklichkeit der Wissen-
schafts- und Forschungslandschaft vorbei. Universitäre
und außeruniversitäre Forschung mögen für Schwarz-
Gelb auf dem Papier als getrennte Sphären erscheinen,
doch ist im Alltag der Übergang häufig nur schwer abzu-
grenzen.
An dieser Stelle möchte ich als Beispiel die Situation
bei der Fraunhofer-Gesellschaft für Forschung anführen:
Die Mehrzahl aller bei der Fraunhofer-Gesellschaft an-
gestellten Professoren hat zugleich einen Lehrauftrag an
einer Hochschule. In der Alltagspraxis dieses Personen-
kreises findet aktive Forschungsarbeit sowohl an der
Hochschule selbst als auch an den jeweiligen FhG-Insti-
tuten statt. Gleiches gilt für die wissenschaftlichen
Publikationen dieser Gruppe von Wissenschaftlerinnen
und Wissenschaftlern. Wie stellt sich die Bundesregie-
rung in der Praxis die Abgrenzung einer möglichen Pu-
blikation dieses Personenkreises vor? Muss ein an einer
Helmholtz-Einrichtung beschäftigter Professor einen
Stunden- und Ortsnachweis führen, wenn er von seinem
Zweitverwertungsrecht Gebrauch machen will? In der
Begründung des Gesetzentwurfes finden sich keinerlei
Hinweise auf die Möglichkeiten zur praktischen An-
wendung im Grenzbereich dieser gesetzlichen Regelung.
Für all jene Professorinnen und Professoren, die zwi-
schen universitärer und außeruniversitärer Forschung
wechseln, wird diese Änderung des § 38 Urheberrecht
keine Erleichterung bringen.
Ebenso möchte ich an dieser Stelle die unnötige Ein-
schränkung des Zweitverwertungsrechts auf die Manu-
skriptversion bemängeln. Wenn es einem wissenschaftli-
chen Autor untersagt bleibt, formatgleiche Versionen
seiner Publikation zur nichtkommerziellen Zweitverwer-
tung freizugeben, dann wirkt sich dies negativ auf die
Zitierfähigkeit der Zweitveröffentlichung aus. Dies wird
letztlich ein Zitat-Wirrwarr zur Folge haben und somit
mittelfristig einen negativen Einfluss auf zweitveröffent-
lichte Publikation mit sich bringen. Diesen wird in der
wissenschaftlichen Community wahrscheinlich der Ma-
kel einer Publikation der zweiten Wahl anhaften.
Vor diesem Hintergrund ist es nicht verwunderlich,
dass der von der schwarz-gelben Koalition vorgelegte
Gesetzentwurf nicht nur von den Oppositionsfraktionen,
sondern auch von der Allianz der Wissenschaftsorgani-
sationen, also der Gesamtheit der deutschen Wissen-
schaft, abgelehnt wird. Dies sollte den Autoren dieses
Gesetzentwurfes eigentlich zu denken geben. Dass der
Entwurf der Bundesregierung noch solch gravierende
Mängel aufweist, ist um so bedauerlicher, wenn man
sich vor Augen hält, wie viel Zeit und Fachexpertise auf-
gewendet wurden, um ein solch mageres Ergebnis abzu-
liefern.
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Die Forderung nach der Einführung eines Zweitver-
ertungsrechts für wissenschaftliche Autorinnen und
utoren gibt es schon seit vielen Jahren: Bereits zu Zei-
n der Großen Koalition verabschiedeten die Wissen-
chaftspolitikerinnen und Wissenschaftspolitiker von
PD und CDU/CSU einen gemeinsamen Entschlie-
ungsantrag, der ein unabdingbares Zweitverwertungs-
cht forderte. In einem sogenannten „Dritten Korb“ für
as Urheberrecht sollten die Belange der Wissenschaft
nd Forschung im Urheberrecht berücksichtigt werden.
eider war bereits damals der Widerstand der Rechtspo-
tiker der Unionsfraktionen so groß, dass der Dritte
orb nicht umgesetzt werden konnte.
Da sich die SPD-Bundestagsfraktion ihrer Verantwor-
ng bewusst ist und sich für eine moderne Wissen-
chaftslandschaft einsetzt, hat sie bereits am 16. März
011 einen Gesetzentwurf zum Zweitverwertungsrecht
orgelegt. Vonseiten der derzeitigen Koalitionsfraktio-
en war hingegen fast vier Jahre nichts zu hören. Anstatt
uf eine tragfähige Einigung mit den Rechtspolitikern
er Unionsfraktionen hinzuarbeiten, hat man sich dafür
ntschieden, die Sache auf die lange Bank zu schieben,
it fatalem Ergebnis. Denn jetzt, kurz vor dem Ende der
egislatur, versucht die Merkel-Regierung die eigene
ntätigkeit bzw. die Kapitulation der Wissenschaftspoli-
ker von CDU, CSU und FDP vor dem antiquierten
echtsverständnis der eigenen Rechtspolitiker durch ei-
en zahnlosen und praxisfremden Gesetzentwurf zu ka-
chieren. Auf die Möglichkeit, den Entwurf nachzubes-
ern, wurde verzichtet. Die konstruktiven und sach-
ienlichen Hinweise der Sachverständigen in der Anhö-
ng des Rechtsausschusses vom 10. Juni 2013 wurden
benfalls nicht aufgegriffen.
Es ist bedauerlich, dass durch die Untätigkeit der
oalitionsfraktionen in dieser Frage den Forschenden in
nserem Land ein modernes Urheberrecht verweigert
urde, welches ihren Bedürfnissen im internationalen
ettbewerb gerecht wird. Das Fehlen praxistauglicher
nd zeitgemäßer Regelungen im Wissenschaftsurheber-
cht beschädigt auf Dauer den Wissenschaftsstandort
eutschland. Das Einzige, was dieses trübe Bild auf-
ellt, ist die Aussicht, dass es ab Herbst dieses Jahres
ndlich die Möglichkeit zum Umsteuern ergibt.
Stephan Thomae (FDP): Die Digitalisierung unse-
r Welt schreitet immer weiter voran. Sie eröffnet uns
roße Möglichkeiten, kulturelle Schöpfungen für die
achwelt dauerhaft zu erhalten. Gerade im Land der
ichter und Denker ist uns der Erhalt unseres kulturellen
rbes ein sehr wichtiges Anliegen. Daher wollen wir die
chnischen Möglichkeiten bestmöglich ausnutzen.
und, Länder und Kommunen errichten zur Zeit die
eutsche Digitale Bibliothek, DDB. Durch sie soll na-
onales Kulturgut für jedermann online zugänglich ge-
acht werden. Die DDB ist ein wesentlicher Beitrag zur
örderung der Wissens- und Informationsgesellschaft in
eutschland.
Allerdings müssen wir bei diesem Vorhaben die Inte-
ssen der Rechteinhaber berücksichtigen. Die FDP be-
ennt sich zu einem umfassenden Eigentumsschutz, der
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auch geistiges Eigentum umfasst. Daraus folgt, dass der
Rechteinhaber entscheiden können muss, ob und wie
sein Werk genutzt werden darf. Ohne sein Einverständ-
nis dürfen Dritte das Werk nicht verwenden.
Problematisch wird es dort, wo nicht festgestellt wer-
den kann, wer der Inhaber von Rechten an einem Werk
ist oder wie dieser zu erreichen ist. Dann kann er auch
nicht nach seinem Einverständnis gefragt werden.
Auf europäischer Ebene ist daher die Richtlinie 2012/
28/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom
25. Oktober 2012 über bestimmte zulässige Formen der
Nutzung verwaister Werke erlassen worden. Diese set-
zen wir mit dem vorliegenden Gesetzentwurf um.
Darin schaffen wir die Möglichkeit, Werke zu digita-
lisieren und online zu stellen, damit sie nicht dem kultu-
rellen Erbe verloren gehen. Dieses Recht erhalten
öffentlich zugängliche und im Gemeinwohl errichtete
Institutionen, insbesondere Bibliotheken, Archive und
öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten. Voraussetzung
hierfür ist, dass die Rechteinhaber dieser Werke auch
nach einer sorgfältigen Suche nicht festgestellt oder aus-
findig gemacht werden konnten. Wird ein Rechteinhaber
erst nach begonnener Nutzung ausfindig gemacht, muss
die Nutzung sofort nach Kenntnis davon unterlassen
werden. In diesem Fall hat der Rechteinhaber einen An-
spruch auf angemessene Vergütung für die bereits er-
folgte Nutzung.
Etwas anders liegt die Situation bei Werken, deren
Rechteinhaber zwar bekannt sind, die aber nicht mehr
produziert oder aufgelegt werden. Auch solche Werke
können unter engen Voraussetzungen digitalisiert und
online gestellt werden, allerdings nur, wenn der Rechte-
inhaber einem entsprechenden Begehren nicht innerhalb
von sechs Wochen widersprochen hat. Rechteinhaber
können der Nutzung ihrer Werke auch bereits im Vorfeld
widersprechen.
Zudem schaffen wir ein Zweitverwertungsrecht für
wissenschaftliche Urheber. Einen wissenschaftlichen
Beitrag, der im Rahmen einer mindestens zur Hälfte mit
öffentlichen Mitteln geförderten Forschungstätigkeit
entstanden und in einer periodisch mindestens zweimal
jährlich erscheinenden Sammlung erschienen ist, kann
der Urheber zu nicht gewerblichen Zwecken öffentlich
zugänglich machen. Dieses Recht entsteht jedoch erst
nach Ablauf von zwölf Monaten nach der Erstveröffent-
lichung. Damit verbessern wir den Zugang zu Wissen
und Informationen und stärken den Forschungsstandort
Deutschland.
Durch das Gesetz erleichtern wir den Erhalt unseres
kulturellen Erbes. Gleichzeitig erleichtern wir die Ver-
breitung von Forschungsergebnissen zum Wohle des
Forschungsstandortes Deutschland. Die FDP-Bundes-
tagsfraktion wird dem Gesetzentwurf daher zustimmen.
Ich bitte auch um Ihre Stimmen für dieses Anliegen.
Petra Sitte (DIE LINKE): Nach der Ankündigung ei-
nes „Dritten Korbes“ der Urheberrechtsreform für Bil-
dung und Wissenschaft im Koalitionsvertrag, nach An-
hörungen im Justizministerium, nach vier Jahren
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ebatte rumpelte und kreißte nun der Koalitionsberg
nd gebar in den letzten drei Sitzungswochen der Legis-
tur ein Reförmchen. Und zu diesem muss man der Jus-
zministerin und den wenigen netzaffinen Politikerinnen
nd Politikern in der Union auch noch gratulieren, denn
uch dieses Reförmchen stand immer wieder auf der
ippe.
Sie wollen also eine Urheberrechtsschranke, damit
ogenannte verwaiste Werke aus Bibliotheken, Archiven
nd Museen digital zugänglich gemacht werden können.
ieser Vorschlag entspricht weitgehend dem seit 2011
orliegenden Vorschlag der Linken und der seit 2012
orliegenden EU-Richtlinie. Kritik haben wir an der auf-
endigen Vorschrift für eine Suche nach möglichen Ur-
ebern und Rechteinhabern. Nach Aussage des Sachver-
tändigen Dr. Steinhauer in der Anhörung würde ein
olches Verfahren für den geschätzten Bestand verwais-
r Werke 170 Jahre dauern und ist für eine Massendigi-
lisierung demnach nicht geeignet. Hier mahnen wir
ine Vereinfachung an. Eine computergestützte Stan-
ardsuche würde reichen, zumal eventuelle Rechteinha-
er jederzeit die Möglichkeit zum Stopp der Werknut-
ung haben.
Die Lösung einer Registrierung für die vergriffenen
erke, die dann zur Digitalisierung lizenziert werden
önnen, finden wir ebenfalls praktikabel. Wir wünschen
ns aber eine Ausweitung auch auf jüngere Werke nach
966. Der Status des vergriffenen Werkes ist für diesen
all bereits in § 53 Abs. 2 Satz 4 Urheberrechtsgesetz
it „mehr als zwei Jahre nicht lieferbar“ definiert. Auch
iele Autorinnen und Autoren hätten etwas davon: Sie
ürden nicht nur wieder gelesen, sondern könnten auch
och Einnahmen generieren.
Der zweite Teil des Gesetzentwurfes führt ein Zweit-
erwertungsrecht für Werke von Wissenschaftlerinnen
nd Wissenschaftlern ein. Meine Fraktion hat dies selbst
ehrfach im Bundestag vorgeschlagen, denn durch ein
olches Recht bekämen die Autorinnen und Autoren eine
rößere Verfügungsmacht über ihr eigenes Schaffen. Sie
önnten ihre Werke selbst dann online stellen, wenn sie
utzungsrechte an einen Verlag abgetreten haben. Der
egierungsentwurf hat jedoch zu viele Mängel:
So ist die grundständige Forschung an Hochschulen
umindest laut der Begründung nicht einbezogen. Diese
egelung grenzt also mehr als zwei Drittel der wissen-
chaftlichen Publikationen aus. Davon wären zudem die
eistes- und Sozialwissenschaften besonders betroffen,
bwohl bei ihnen eine spezifische Fähigkeit des An-
chlusses an die nichtwissenschaftliche Öffentlichkeit
egeben ist. In der Praxis ist eine solche Trennung zu-
em nicht sauber durchzuhalten, was eine große Rechts-
nsicherheit mit sich bringen würde. Man kann den Au-
rinnen und Autoren an Hochschulen ob der unklaren
usformulierung nur raten, das Recht selbstbewusst in
nspruch zu nehmen.
Wir bemängeln auch eine zu lange und einheitliche
rist, nach der das Recht zur Zweitveröffentlichung
reift. Insbesondere für Natur- und Technikwissenschaf-
n sind Publikationen ein Jahr nach Erscheinen nicht
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mehr relevant. Die Linke setzt sich für eine deutliche
Verkürzung auf höchstens sechs Monate ein.
Laut Regierungsentwurf darf nur in einer Manuskript-
version, nicht in der im Verlagsprodukt veröffentlichten
Version zweitverwertet werden. Wir meinen: Das ist die
Einführung eines neuen Leistungsschutzrechtes durch
die Hintertür. Um keine „Versionenfriedhöfe“ entstehen
zu lassen und die allgemeine Zitierfähigkeit zu erhalten,
sollte immer die Publikation in der Verlagsversion er-
laubt sein. Zudem kollidiert diese Regelung mit dem Ab-
satz 1 des § 38 Urheberrechtsgesetz. Dort steht nämlich
nichts von einer Manuskriptversion, was im Umkehr-
schluss nur bedeuten kann, dass die Verlagsversion nutz-
bar ist.
Die Einschränkung auf zweimal jährlich erscheinende
Periodika erscheint uns unnötig und verursacht in der
Praxis große Rechtsunsicherheit, da viele dieser Samm-
lungen unregelmäßig erscheinen. Zudem wollen wir
auch Monographien in das Zweitverwertungsrecht auf-
nehmen, die wiederum für Geistes- und Kulturwissen-
schaften eine große Rolle spielen.
Eine neu eingeführte Schlechterstellung der Autorin-
nen und Autoren bedeutet die Formulierung, dass Ver-
lage zukünftig automatisch exklusive Onlinerechte an
den Publikationen erwerben, wo diese „Vermutungsre-
gel“ bisher nur für gedruckte Werke galt.
Wir müssen leider sagen: gut gemeint, aber nicht gut
gemacht. Dieses Gesetz ist nicht mal ein Mindeststan-
dard, sondern bestenfalls ein zukünftig weiter zu entwi-
ckelnder Einstieg in ein Zweitverwertungsrecht für Wis-
senschaftlerinnen und Wissenschaftler. Die Koalition ist
den Verlagsinteressen weitestmöglich entgegengekom-
men, wo doch der freie Austausch von Wissen im Mittel-
punkt unserer Bemühungen stehen sollte.
Den Kolleginnen und Kollegen der Grünen sind beim
Verfassen ihres eigentlich guten Entschließungsantrages
wohl die Wahlkampfpferde durchgegangen. Aber einer
Entschließung des Parlaments, die Werbefläche für die
Anträge einer Fraktion sein soll, können wir leider nicht
zustimmen.
Krista Sager (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die
Regierungskoalition hatte zu Anfang der Legislatur ei-
nen Dritten Korb zur Reform des Urheberrechts ange-
kündigt mit Schrankenregelungen zugunsten von Wis-
senschaft und Bildung. Dabei sollte es nicht nur um ein
unabdingbares Zweitveröffentlichungsrecht für wissen-
schaftliche Autorinnen und Autoren gehen, sondern
auch um wissenschaftsadäquate Regelungen für die Ar-
beit von Bibliotheken. Heute können wir feststellen:
Auch dies hat diese Regierung nicht zustande gebracht.
Was uns als einzige Notmaßnahme heute vorliegt, ist
eine Regelung zum Zweitveröffentlichungsrecht als An-
hängsel zu den Neuregelungen über verwaiste und ver-
griffene Werke. Aber selbst bei dieser Minimallösung
springen Sie zu kurz.
Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zu einem un-
abdingbaren Zweitveröffentlichungsrecht für wissen-
schaftliche Autoren bleibt nicht nur deutlich hinter dem
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urück, was von der Allianz der Deutschen Wissen-
chaftsorganisationen gefordert wurde; auch im Bundes-
t wurde dieser Entwurf zu Recht als unzureichend kri-
siert, und ihm wurde ein weiter gehender Antrag
ntgegengehalten. Der Gesetzentwurf fällt leider auch
inter das zurück, worauf wir uns schon in der Enquete-
ommission Internet und digitale Gesellschaft fraktions-
bergreifend und auch mit den Sachverständigen geei-
igt hatten. Das finde ich wirklich enttäuschend.
Nun kann ich durchaus nachvollziehen, dass die Aus-
inandersetzung der Wissenschaftspolitiker der Koali-
on mit ihren Rechtspolitikern alles andere als vergnü-
ungssteuerpflichtig ist. Aber ich hatte doch gehofft,
ass Sie wenigstens den größten Blödsinn im Regie-
ngsentwurf repariert kriegen würden. Als Blödsinn
ann man getrost eine Begründung bezeichnen, die das
nabdingbare Zweitveröffentlichungsrecht auf wissen-
chaftliche Autoren begrenzen will, die aus ihrer Tätig-
eit an einer außeruniversitären Forschungseinrichtung
eraus publizieren oder aus der Projektförderung. Das
eißt, Autoren, die aus ihrer normalen Hochschulfor-
chung heraus veröffentlichen, werden ausdrücklich dis-
riminiert. Zweierlei Recht für die öffentlich finanzierte
orschung. Das kann nicht gut gehen. Eine pauschale
mbargofrist zwischen Erst- und Zweitveröffentlichung
on einem Jahr ist für Aufsätze in Periodika eindeutig zu
ng und müsste für diesen Bereich auf sechs Monate re-
uziert werden, wie dies die Wissenschaftsorganisatio-
en fordern.
Auch in der Anhörung wurde deutlich, wie wichtig
ie Möglichkeit ist, die Zweitveröffentlichung im glei-
hen Format vorzunehmen wie die Erstveröffentlichung,
m die Zitationsfähigkeit und Auffindbarkeit zu erleich-
rn. Aber aus der Anhörung haben Sie leider keinerlei
ehren gezogen. Die Beschränkung des Zweitveröffent-
chungsrechts auf mehrmals im Jahr erscheinende
ammlungen benachteiligt von vornherein einzelne Dis-
iplinen.
Ihr Gesetzentwurf kann auch nur als unzureichend be-
eichnet werden gemessen an dem, was das BMBF zu
einer Open-Access-Politik in seinem Bericht zur Ver-
irklichung des europäischen Forschungsraums selbst
eschrieben hat. Das passt einfach vorne und hinten
icht zusammen. Damit läuft die Entwicklung in
eutschland zunehmend der hohen Dynamik bei der in-
rnationalen Umsetzung von Open-Access-Strategien
interher. Mit Ihrem Entschließungsantrag reparieren
ie dies keineswegs, sondern versehen den missglückten
egierungsentwurf noch mit höheren parlamentarischen
eihen. Wenn es dort heißt: „Der Bundestag begrüßt die
emühungen der Bundesregierung“, dann sollten wir
icht vergessen, was „bemüht“ in einem Zeugnis letzt-
ch aussagt.
Ich halte es für falsch, dass Sie, nachdem Sie bei der
nterstützung des „grünen Weges“ für Open Access zu
urz gesprungen sind, jetzt in Ihrem Antrag ausschließ-
ch auf das Geschäftsmodell des „goldenen Weges“ ab-
tellen. Einen Publikationsfonds für die Übernahme von
ublikationsgebühren der Autoren gibt es übrigens
ngst schon bei der DFG. Hier muss vor allem auf die
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internationale Verständigung über Obergrenzen für die
öffentliche Bezuschussung hingearbeitet werden.
Die Empfänger öffentlicher Fördermittel lediglich
zum Open-Access-Publizieren „anzuhalten“, ist im Ver-
gleich zur Open-Access-Politik der Schweiz, Großbri-
tanniens, der EU, aber auch zum NIH in den USA deut-
lich zu zaghaft. Die Öffentlichkeit, aber auch die
internationale Wissenschaft haben nicht nur ein Inte-
resse, sondern auch ein Recht darauf, dass Publikationen
aus der von ihr finanzierten Forschung nicht dauerhaft
privatisiert oder sogar der Öffentlichkeit weitgehend ent-
zogen werden. Zumal die Leistungen der wissenschaftli-
chen Qualitätssicherung bei Publikationen auch von öf-
fentlich finanzierten Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftlern erbracht werden.
Zu den verwaisten und vergriffenen Werken hat
meine Kollegin Agnes Krumwiede bereits bei der Ein-
bringung ausführlich Stellung genommen. Was ein wis-
senschaftsadäquates Urheberrecht angeht, stehen wir lei-
der immer noch ziemlich am Anfang, und es spricht
nichts dafür, dass diese Koalition jemals in der Lage sein
wird, diese Aufgabe zu stemmen.
Anlage 39
Zu Protokoll gegebene Rede
zur Beratung der Beschlussempfehlung zu den
Anträgen:
– Das Menschenrecht auf inklusive Bildung in
Deutschland endlich verwirklichen
– Gemeinsam lernen – Inklusion in der Bildung
endlich umsetzen
– Zusammen lernen – Recht auf inklusive Bil-
dung bundesweit umsetzen (Tagesordnungs-
punkt 40)
Marcus Weinberg (Hamburg) (CDU/CSU): In der
heutigen Debatte beschäftigen wir uns mit dem Men-
schenrecht auf inklusive Bildung, dem gemeinsamen
Lernen. Ich freue mich über eine Debatte zu diesem
wichtigen, uns alle angehenden Thema.
In der Zielsetzung sind wir uns einig: Wir wollen
Menschen mit Behinderung volle Teilhabe ermöglichen.
Deutschland hat die UN-Behindertenrechtskonvention
ratifiziert und sich damit dazu verpflichtet, eine umfas-
sende Teilhabe zu fördern und mit Maßnahmen dabei zu
unterstützen, alle Lebensbereiche barrierefrei zu gestal-
ten.
Im Rahmen seiner Zuständigkeiten trägt der Bund
bereits aktiv zur Umsetzung der UN-Konvention bei. Er
unterstützt im Bildungsbereich – und das trifft speziell
die Umsetzung des Art. 24 der Konvention – Bund, Län-
der und Kommunen mit zahlreichen Maßnahmen in der
Forschung oder der Innovationsförderung. Denn auch
hier muss betont werden, dass die Bildungshoheit bei
den Ländern liegt und der Bund daher „nur“ unterstüt-
zend tätig werden kann.
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Dies tut der Bund durch drei Dinge:
Die Ausgaben für Bildung sind insgesamt enorm an-
estiegen. Dementsprechend bescheinigt der Nationale
ildungsbericht, dass das Bildungsniveau in Deutsch-
nd insgesamt angestiegen ist. Er hat die Dachkampa-
ne zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonven-
on, den Nationalen Aktionsplan, geschaffen.
In den vorgelegten Anträgen stellen die Kollegen der
pposition zahlreiche Forderungen an den Bund auf, die
um Teil bereits umgesetzt werden oder nicht ohne Wei-
res umgesetzt werden können.
Zu nennen ist hier beispielsweise wieder einmal die
orderung nach der Aufhebung des Kooperationsver-
otes. Es fällt auf, dass die Opposition dies fordert, aber
eine umsetzbaren Vorschläge unterbreitet, außer solche,
ie mit einer reinen Verschiebung von Finanzströmen
inhergehen, ohne dass jedoch Mitspracherechte der be-
iligten Akteure oder Verantwortlichen geregelt werden
ürden.
Seit Jahren diskutieren wir zum Teil sehr kontrovers
as Thema der Zusammenarbeit von Bund und Ländern
der Bildung – bisher leider ohne Erfolg, aber wie eben
ereits angesprochen, weil es immer wieder zu Blocka-
ehaltungen kommt. Auch zwischen den Ländern kann
eine Einigkeit erzielt werden, vor allem aber weil die
PD blockiert und stattdessen diese reine Finanzver-
chiebung zugunsten der Länder fordert. Dies soll durch
ine Änderung des Grundgesetzes, die Schaffung eines
euen Art. 104 c, geschehen.
Die Einfügung eines entsprechenden neuen Artikels
ürde dann die Finanzierungskompetenz des Bundes
usweiten, jedoch nicht seine Mitspracherechte.
Es geht der SPD anscheinend wie so oft um eine
erteilung mit der Gießkanne, ohne dass die Länder Re-
henschaft darüber abzulegen hätten, wohin die Gelder
enau fließen. Zudem fehlt jegliche Zielvereinbarung
it einer entsprechenden Kontrolle oder Evaluation der
rgriffenen Maßnahmen.
Diese Vorgehensweise kennen wir unter anderem so-
ohl beim Kitaausbau als auch bei der Hochschulfinan-
ierung. Auf die Forderungen seitens des Bundes nach
erichtspflichten reagierten die Länder dementspre-
hend auch „empfindlich“ und versagten ihre Zustim-
ung für wichtige Vorhaben, die sowohl der Bildung
on Kindern und Studierenden zugutekommen sollten.
Vor allem in Richtung der SPD bleibt daher zu sagen:
hne eine gute und vernünftige Lösung für die Kompe-
nzverteilung und Kooperation kann und wird es daher
it der Union keine Aufhebung des Kooperationsverbo-
s geben. Und so lange bleiben die Länder vor Ort vor-
ngig für die Aufgabe Bildung und damit für die Um-
etzung des Bildungsaspektes der Inklusion zuständig.
Zur Forderung nach einer Qualifizierung des pädago-
ischen Personals sowie einer Offensive für inklusive
us- und Weiterbildung möchte ich sagen, dass auch
iese zum Teil den Schulbereich betrifft; die Aus- und
ortbildung der Lehrer ist grundsätzlich Sache der Län-
er.
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32449
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Die Entwicklungen in den einzelnen Ländern zeigen,
dass unter anderem aufgrund der regionalen Besonder-
heiten der Ausbau des gemeinsamen Lernens unter-
schiedlich intensiv und mit unterschiedlichen Schwer-
punkten vorangetrieben wird.
So existieren sechs Lehramtstypen, die an insgesamt
120 Einrichtungen ausgebildet werden. Wenigstens hat
die Kultusministerkonferenz, KMK, im Dezember des
vergangenen Jahres in der Lehrerbildung eine verpflich-
tende Basiskomponente Inklusion aufgenommen.
Der Bund flankiert diese Bestrebungen und wird eine
Offensive Lehrerbildung mit 500 Millionen Euro finan-
Das sind erfreuliche Zahlen und ist ein Erfolg auch der
Bundesregierung. Seit Inkrafttreten des Tagesbetreu-
ungsausbaugesetzes im Jahr 2005 ist darüber hinaus die
gemeinsame Frühförderung von Kindern ohne und mit
Behinderung möglich und wird vielerorts gelebt: Insge-
samt werden 76 Prozent der Kinder mit Behinderungen
in Regeleinrichtungen betreut.
Der Ausbau des Betreuungsangebotes für unter Drei-
jährige erfolgt weiterhin planmäßig: Zu den 4 Milliarden
Euro für den Ausbau investiert der Bund weitere
580,5 Millionen Euro für den Ausbau von zusätzlichen
30 000 Plätzen; insgesamt wird er weitere Betriebskos-
tenzuschüsse bis 2014 von fast 5,4 Milliarden Euro zur
zieren, in der Fragen von Didaktik und inklusiver
Bildung zentral sind. Mit dem Programm wird er die
Länder und Hochschulen dabei unterstützen, innovative
Konzepte für das Lehramtsstudium in Deutschland wei-
terzuentwickeln und dadurch dessen Qualität zu stei-
gern. Die GWK hat dieses Vorhaben gestärkt und ebenso
erst kürzlich die „Qualitätsoffensive Lehrerbildung“ be-
schlossen.
Das sind positive Entwicklungen, die Schlüsselrolle
der Lehrerschaft erhält die Bedeutung, die ihr zukommt,
der Aspekt des gemeinsamen Lernens wird in den Vor-
dergrund gerückt. Dennoch ist gleichzeitig zu beobach-
ten, dass die Länder Lehrerstellen streichen: In Rhein-
land-Pfalz streicht die SPD 2 000 Lehrerstellen, in
Schleswig-Holstein streicht die Landesregierung 3 000
Lehrerstellen. In Niedersachsen kündigt die Regierung
an, die demografische Rendite nicht mehr in Lehrer
umzusetzen. Vielmehr hört man davon, dass durch Rot-
Grün 10 000 Stellen dem Rotstift zum Opfer fallen sol-
len. In Baden-Württemberg sollen es angeblich bald
12 000 Stellen weniger sein.
Auch für die frühkindliche Bildung setzt sich der
Bund in seinen Kompetenzbereichen ein. Die Weiterbil-
dungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte, WiFF, des
Bundes hat in ihrer 2. Förderphase bis Ende 2014 das
Thema Inklusion zum Schwerpunkt gemacht. Derzeit
wird ein „Wegweiser Weiterbildung – Kinder mit Behin-
derungen“ erarbeitet. Dieser hat zum Ziel, die Fachkräfte
in der Kita zu professionalisieren.
Was die Forderung nach einem Rechtsanspruch auf
einen ganztägigen, gebührenfreien, inklusiven Betreu-
ungsplatz in einer Kindertagesstätte angeht, bleibt zu sa-
gen, dass ein solcher ab dem dritten Lebensjahr seit dem
Jahr 2003 besteht. Bis zu 98 Prozent der Drei- bis Fünf-
jährigen besuchen mittlerweile eine Kindertagesstätte.
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erfügung stellen.
Die durchschnittliche Betreuungsquote liegt bundes-
eit mittlerweile bei 28 Prozent. Das Angebot für die
etreuung ist in allen Bundesländern dynamisch gestie-
en. Der Rechtsanspruch gilt ab 1. August dieses Jahres.
Was für die frühkindliche Bildung gilt, gilt in glei-
hem Maße für Schule und Ausbildung. So wollen wir
llen Kindern und insbesondere den bildungsbenachtei-
gten Kindern einen allgemeinbildenden Schulabschluss
rmöglichen. Die aktuellste PISA-Studie bestätigt, dass
s in diesem Bereich positive Entwicklungen gibt. Der
nteil der Schüler ohne Abschluss sank von 2006 mit
Prozent auf 6,5 Prozent in 2010. Auch für die jungen
uszubildenden hat sich die Situation verbessert; denn
ehr Jugendliche erhielten durch den Nationalen Aus-
ildungspakt einen Ausbildungsvertrag. Die Berufs-
rientierung hat dabei für uns enorme Bedeutung. Das
aben Bund und Länder in der Qualifizierungsinitiative
etont. Vor allem das Programm der Bildungsketten ist
ier besonders wichtig. Es richtet sich an alle Jugendli-
hen mit dem Interesse für eine duale Ausbildung, in
rster Linie Haupt- und Förderschüler. Der Bund stellt
llein bis zum Jahr 2014 rund 362 Millionen Euro für die
ildungsketten bereit.
Die Zahlen belegen, dass das Bildungssystem sich gut
ntwickelt, das Bildungsniveau sowie die Bildungsbetei-
gung sind gestiegen. Wir setzen Priorität auf Bildung,
nd dies zahlt sich aus. Neue Herausforderungen wie
eterogene Lerngruppen oder Inklusion stellen uns dabei
mer wieder vor neue Aufgaben, die wir gemeinsam
it den Ländern und Kommunen bewältigen. Die Län-
er stehen vorrangig in der Pflicht. Wo der Bund jedoch
nterstützend unter die Arme greifen kann, wird er dies
uch weiterhin tun.
32450 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
(A) )
)(B)
Günter Gloser Mechthild Rawert Matthias W. Birkwald Volker Beck (Köln)
Angelika Graf (Rosenheim)
Kerstin Griese
Gabriele Groneberg
Michael Groß
Hans-Joachim Hacker
Bettina Hagedorn
Klaus Hagemann
Gerold Reichenbach
Dr. Carola Reimann
Sönke Rix
René Röspel
Dr. Ernst Dieter Rossmann
Karin Roth (Esslingen)
Michael Roth (Heringen)
Steffen Bockhahn
Christine Buchholz
Eva Bulling-Schröter
Dr. Martina Bunge
Roland Claus
Sevim Dağdelen
Heidrun Dittrich
Birgitt Bender
Agnes Brugger
Viola von Cramon-Taubadel
Ekin Deligöz
Katja Dörner
Harald Ebner
Hans-Josef Fell
Ulrike Gottschalck Stefan Rebmann Heidrun Bluhm Cornelia Behm
Anlage 40
der namentlichen Abstimm
Gesetzes zur Änderung de
fassungsgerichtes vom 7. M
Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 571;
davon
ja: 259
nein: 311
enthalten: 1
Ja
SPD
Ingrid Arndt-Brauer
Rainer Arnold
Heinz-Joachim Barchmann
Doris Barnett
Dr. Hans-Peter Bartels
Klaus Barthel
Sören Bartol
Bärbel Bas
Dirk Becker
Uwe Beckmeyer
Lothar Binding (Heidelberg)
Gerd Bollmann
Willi Brase
Bernhard Brinkmann
(Hildesheim)
Edelgard Bulmahn
Marco Bülow
Ulla Burchardt
Martin Burkert
Petra Crone
Dr. Peter Danckert
Martin Dörmann
Elvira Drobinski-Weiß
Sebastian Edathy
Ingo Egloff
Siegmund Ehrmann
Dr. h. c. Gernot Erler
Petra Ernstberger
Karin Evers-Meyer
Elke Ferner
Gabriele Fograscher
Dr. Edgar Franke
Dagmar Freitag
Michael Gerdes
Martin Gerster
Iris Gleicke
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ichael Hartmann
(Wackernheim)
ubertus Heil (Peine)
olfgang Hellmich
olf Hempelmann
r. Barbara Hendricks
ustav Herzog
etra Hinz (Essen)
rank Hofmann (Volkach)
r. Eva Högl
hristel Humme
sip Juratovic
liver Kaczmarek
hannes Kahrs
r. h. c. Susanne Kastner
lrich Kelber
ars Klingbeil
ans-Ulrich Klose
r. Bärbel Kofler
aniela Kolbe (Leipzig)
nette Kramme
ngelika Krüger-Leißner
te Kumpf
hristine Lambrecht
hristian Lange (Backnang)
r. Karl Lauterbach
teffen-Claudio Lemme
urkhard Lischka
abriele Lösekrug-Möller
irsten Lühmann
aren Marks
atja Mast
ilde Mattheis
etra Merkel (Berlin)
r. Matthias Miersch
ranz Müntefering
r. Rolf Mützenich
ndrea Nahles
ietmar Nietan
anfred Nink
homas Oppermann
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ydan Özoğuz
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Ja
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30) (Tagesordnungspunkt 13
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(Tuchenbach)
nnette Sawade
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xel Schäfer (Bochum)
ernd Scheelen
arianne Schieder
(Schwandorf)
erner Schieder (Weiden)
lla Schmidt (Aachen)
arsten Schneider (Erfurt)
wen Schulz (Spandau)
wald Schurer
rank Schwabe
r. Martin Schwanholz
olf Schwanitz
tefan Schwartze
ita Schwarzelühr-Sutter
r. Carsten Sieling
onja Steffen
r. Frank-Walter Steinmeier
hristoph Strässer
erstin Tack
r. h. c. Wolfgang Thierse
ranz Thönnes
olfgang Tiefensee
üdiger Veit
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r. Marlies Volkmer
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eidemarie Wieczorek-Zeul
r. Dieter Wiefelspütz
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(Wolmirstedt)
ta Zapf
anfred Zöllmer
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DP
ichael Kauch
arina Schuster
IE LINKE
n van Aken
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r. Rosemarie Hein
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iema Movassat
ns Petermann
ichard Pitterle
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aul Schäfer (Köln)
r. Ilja Seifert
athrin Senger-Schäfer
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r. Petra Sitte
ersten Steinke
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r. Kirsten Tackmann
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r. Axel Troost
lexander Ulrich
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arald Weinberg
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IE GRÜNEN
erstin Andreae
arieluise Beck (Bremen)
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32451
(A) )
)(B)
Dr. Thomas Gambke
Kai Gehring
Katrin Göring-Eckardt
Britta Haßelmann
Bettina Herlitzius
Priska Hinz (Herborn)
Dr. Anton Hofreiter
Bärbel Höhn
Ingrid Hönlinger
Thilo Hoppe
Uwe Kekeritz
Katja Keul
Susanne Kieckbusch
Memet Kilic
Sven-Christian Kindler
Maria Klein-Schmeink
Ute Koczy
Tom Koenigs
Sylvia Kotting-Uhl
Oliver Krischer
Agnes Krumwiede
Stephan Kühn
Renate Künast
Markus Kurth
Undine Kurth (Quedlinburg)
Monika Lazar
Dr. Tobias Lindner
Nicole Maisch
Jerzy Montag
Kerstin Müller (Köln)
Beate Müller-Gemmeke
Dr. Konstantin von Notz
Omid Nouripour
Friedrich Ostendorff
Dr. Hermann E. Ott
Lisa Paus
Brigitte Pothmer
Tabea Rößner
Krista Sager
Elisabeth Scharfenberg
Dr. Gerhard Schick
Dr. Frithjof Schmidt
Ulrich Schneider
Dorothea Steiner
Dr. Wolfgang Strengmann-
Kuhn
Hans-Christian Ströbele
Dr. Harald Terpe
Markus Tressel
Jürgen Trittin
Daniela Wagner
Beate Walter-Rosenheimer
Arfst Wagner (Schleswig)
Wolfgang Wieland
Dr. Valerie Wilms
Josef Philip Winkler
fraktionsloser
Abgeordneter
Wolfgang Nešković
Nein
CDU/CSU
Ilse Aigner
Peter Altmaier
Peter Aumer
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homas Bareiß
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eronika Bellmann
r. Christoph Bergner
eter Beyer
teffen Bilger
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eter Bleser
r. Maria Böhmer
olfgang Börnsen
(Bönstrup)
olfgang Bosbach
orbert Brackmann
laus Brähmig
ichael Brand
r. Reinhard Brandl
elmut Brandt
r. Ralf Brauksiepe
r. Helge Braun
eike Brehmer
alph Brinkhaus
ajus Caesar
itta Connemann
lexander Dobrindt
homas Dörflinger
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r. Thomas Feist
nak Ferlemann
grid Fischbach
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laus-Peter Flosbach
erbert Frankenhauser
r. Hans-Peter Friedrich
(Hof)
ichael Frieser
r. Michael Fuchs
ans-Joachim Fuchtel
lexander Funk
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r. Thomas Gebhart
orbert Geis
lois Gerig
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sef Göppel
eter Götz
r. Wolfgang Götzer
te Granold
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ichael Grosse-Brömer
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r. Stephan Harbarth
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r. Matthias Heider
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r. Franz Josef Jung
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r. Hermann Kues
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r. Karl A. Lamers
(Heidelberg)
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r. Max Lehmer
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r. Ursula von der Leyen
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r. Carsten Linnemann
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r. Jan-Marco Luczak
aniela Ludwig
r. Michael Luther
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r. Thomas de Maizière
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r. Michael Meister
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r. Mathias Middelberg
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r. Heinz Riesenhuber
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r. Norbert Röttgen
r. Christian Ruck
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lbert Rupprecht (Weiden)
nita Schäfer (Saalstadt)
r. Wolfgang Schäuble
r. Annette Schavan
r. Andreas Scheuer
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hristian Schmidt (Fürth)
atrick Schnieder
r. Andreas Schockenhoff
adine Schön (St. Wendel)
r. Kristina Schröder
(Wiesbaden)
r. Ole Schröder
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Rhein)
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r. Patrick Sensburg
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hannes Singhammer
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r. Frank Steffel
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hristian Freiherr von Stetten
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32452 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
(A) )
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der namentlichen Abstimmung über den Änderung g der Fraktion DIE LINKE zu dem Entwurf
Enthalten
CDU/CSU
Dr. Stefan Kaufmann
eines Gesetzes zur Änderun
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Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 574;
davon
ja: 259
nein: 312
enthalten: 3
Ja
SPD
Ingrid Arndt-Brauer
Rainer Arnold
Heinz-Joachim Barchmann
Doris Barnett
Dr. Hans-Peter Bartels
Klaus Barthel
Sören Bartol
Bärbel Bas
Dirk Becker
Uwe Beckmeyer
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(Hildesheim)
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r. Peter Danckert
artin Dörmann
lvira Drobinski-Weiß
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erstin Griese
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ichael Groß
ans-Joachim Hacker
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laus Hagemann
ichael Hartmann
(Wackernheim)
ubertus Heil (Peine)
olfgang Hellmich
olf Hempelmann
r. Barbara Hendricks
ustav Herzog
etra Hinz (Essen)
rank Hofmann (Volkach)
r. Eva Högl
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lrich Kelber
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r. Bärbel Kofler
aniela Kolbe (Leipzig)
nette Kramme
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hristian Lange (Backnang)
r. Karl Lauterbach
teffen-Claudio Lemme
urkhard Lischka
abriele Lösekrug-Möller
irsten Lühmann
aren Marks
atja Mast
ilde Mattheis
etra Merkel (Berlin)
r. Matthias Miersch
ranz Müntefering
r. Rolf Mützenich
ndrea Nahles
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Becker
Dagmar G. Wöhrl
Dr. Matthias Zimmer
Wolfgang Zöller
Willi Zylajew
Otto Fricke
Dr. Edmund Peter Geisen
Hans-Michael Goldmann
Heinz Golombeck
Miriam Gruß
Joachim Günther (Plauen)
Gabriele Molitor
Jan Mücke
Petra Müller (Aachen)
Burkhardt Müller-Sönksen
Dr. Martin Neumann
(Lausitz)
Manfred Todtenhausen
Dr. Florian Toncar
Serkan Tören
Johannes Vogel
(Lüdenscheid)
Dr. Daniel Volk
(D
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Jens Ackermann
Dr. Christel Happach-Kasan
Heinz-Peter Haustein
Manuel Höferlin
Dirk Niebel
Hans-Joachim Otto
(Frankfurt)
Dr. Claudia Winterstein
Dr. Volker Wissing
Hartfrid Wolff (Rems-Murr)
Anlage 41
Endgültiges Ergebnis
Thomas Strobl (Heilbronn)
Lena Strothmann
Michael Stübgen
Dr. Peter Tauber
Antje Tillmann
Dr. Hans-Peter Uhl
Arnold Vaatz
Volkmar Vogel (Kleinsaara)
Stefanie Vogelsang
Andrea Astrid Voßhoff
Dr. Johann Wadephul
Marco Wanderwitz
Kai Wegner
Marcus Weinberg (Hamburg)
Peter Weiß (Emmendingen)
Sabine Weiss (Wesel I)
Ingo Wellenreuther
Karl-Georg Wellmann
Peter Wichtel
Annette Widmann-Mauz
Klaus-Peter Willsch
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laus Breil
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ylvia Canel
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ijan Djir-Sarai
atrick Döring
erhard Drexler
echthild Dyckmans
ans-Werner Ehrenberg
ainer Erdel
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r. Lutz Knopek
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r. Heinrich L. Kolb
udrun Kopp
ebastian Körber
olger Krestel
atrick Kurth (Kyffhäuser)
einz Lanfermann
ibylle Laurischk
arald Leibrecht
abine Leutheusser-
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ars Lindemann
r. Martin Lindner (Berlin)
ichael Link (Heilbronn)
r. Erwin Lotter
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r. Christiane Ratjen-
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r. Birgit Reinemund
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r. Peter Röhlinger
r. Stefan Ruppert
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r. Erik Schweickert
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r. Hermann Otto Solms
achim Spatz
orsten Staffeldt
r. Rainer Stinner
tephan Thomae
santra
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32453
(A) )
)(B)
Dietmar Nietan
Manfred Nink
Thomas Oppermann
Holger Ortel
Aydan Özoğuz
Heinz Paula
Joachim Poß
Dr. Wilhelm Priesmeier
Florian Pronold
Dr. Sascha Raabe
Mechthild Rawert
Stefan Rebmann
Gerold Reichenbach
Dr. Carola Reimann
Sönke Rix
René Röspel
Dr. Ernst Dieter Rossmann
Karin Roth (Esslingen)
Michael Roth (Heringen)
Marlene Rupprecht
(Tuchenbach)
Annette Sawade
Anton Schaaf
Axel Schäfer (Bochum)
Bernd Scheelen
Marianne Schieder
(Schwandorf)
Werner Schieder (Weiden)
Ulla Schmidt (Aachen)
Carsten Schneider (Erfurt)
Swen Schulz (Spandau)
Ewald Schurer
Frank Schwabe
Dr. Martin Schwanholz
Rolf Schwanitz
Stefan Schwartze
Rita Schwarzelühr-Sutter
Dr. Carsten Sieling
Sonja Steffen
Dr. Frank-Walter Steinmeier
Christoph Strässer
Kerstin Tack
Dr. h. c. Wolfgang Thierse
Franz Thönnes
Wolfgang Tiefensee
Rüdiger Veit
Ute Vogt
Dr. Marlies Volkmer
Andrea Wicklein
Heidemarie Wieczorek-Zeul
Dr. Dieter Wiefelspütz
Waltraud Wolff
(Wolmirstedt)
Uta Zapf
Manfred Zöllmer
Brigitte Zypries
FDP
Michael Kauch
Marina Schuster
DIE LINKE
Jan van Aken
Agnes Alpers
Dr. Dietmar Bartsch
Karin Binder
Matthias W. Birkwald
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teffen Bockhahn
hristine Buchholz
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r. Martina Bunge
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r. Dagmar Enkelmann
laus Ernst
icole Gohlke
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r. Ilja Seifert
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r. Axel Troost
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erstin Andreae
arieluise Beck (Bremen)
olker Beck (Köln)
ornelia Behm
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riska Hinz (Herborn)
r. Anton Hofreiter
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aria Klein-Schmeink
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ylvia Kotting-Uhl
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gnes Krumwiede
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ndine Kurth (Quedlinburg)
onika Lazar
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r. Gerhard Schick
r. Frithjof Schmidt
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orothea Steiner
r. Wolfgang Strengmann-
Kuhn
ans-Christian Ströbele
r. Harald Terpe
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rgen Trittin
aniela Wagner
eate Walter-Rosenheimer
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olfgang Wieland
r. Valerie Wilms
sef Philip Winkler
aktionsloser
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olfgang Nešković
ein
DU/CSU
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eter Altmaier
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rnst-Reinhard Beck
(Reutlingen)
anfred Behrens (Börde)
eronika Bellmann
r. Christoph Bergner
eter Beyer
teffen Bilger
lemens Binninger
eter Bleser
r. Maria Böhmer
olfgang Börnsen
(Bönstrup)
olfgang Bosbach
orbert Brackmann
laus Brähmig
ichael Brand
r. Reinhard Brandl
elmut Brandt
r. Ralf Brauksiepe
r. Helge Braun
eike Brehmer
alph Brinkhaus
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lexander Dobrindt
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arie-Luise Dött
r. Thomas Feist
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r. Hans-Peter Friedrich
(Hof)
ichael Frieser
r. Michael Fuchs
ans-Joachim Fuchtel
lexander Funk
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r. Thomas Gebhart
orbert Geis
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berhard Gienger
ichael Glos
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r. Wolfgang Götzer
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r. Stephan Harbarth
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r. Matthias Heider
elmut Heiderich
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rsula Heinen-Esser
32454 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
(A) )
)(B)
Frank Heinrich
Rudolf Henke
Michael Hennrich
Ansgar Heveling
Ernst Hinsken
Christian Hirte
Robert Hochbaum
Karl Holmeier
Franz-Josef Holzenkamp
Joachim Hörster
Anette Hübinger
Hubert Hüppe
Thomas Jarzombek
Dieter Jasper
Dr. Franz Josef Jung
Andreas Jung (Konstanz)
Dr. Egon Jüttner
Bartholomäus Kalb
Hans-Werner Kammer
Alois Karl
Bernhard Kaster
Siegfried Kauder (Villingen-
Schwenningen)
Volker Kauder
Roderich Kiesewetter
Eckart von Klaeden
Ewa Klamt
Volkmar Klein
Jürgen Klimke
Axel Knoerig
Jens Koeppen
Manfred Kolbe
Dr. Rolf Koschorrek
Hartmut Koschyk
Thomas Kossendey
Michael Kretschmer
Gunther Krichbaum
Dr. Günter Krings
Rüdiger Kruse
Bettina Kudla
Dr. Hermann Kues
Günter Lach
Dr. Karl A. Lamers
(Heidelberg)
Andreas G. Lämmel
Katharina Landgraf
Ulrich Lange
Dr. Max Lehmer
Paul Lehrieder
Dr. Ursula von der Leyen
Ingbert Liebing
Matthias Lietz
Dr. Carsten Linnemann
Patricia Lips
Dr. Jan-Marco Luczak
Daniela Ludwig
Dr. Michael Luther
Karin Maag
Dr. Thomas de Maizière
Hans-Georg von der Marwitz
Andreas Mattfeldt
Stephan Mayer (Altötting)
Dr. Michael Meister
Maria Michalk
Dr. h. c. Hans Michelbach
Dr. Mathias Middelberg
Philipp Mißfelder
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r. Gerd Müller
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r. Philipp Murmann
ichaela Noll
r. Georg Nüßlein
ranz Obermeier
duard Oswald
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r. Michael Paul
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lrich Petzold
r. Joachim Pfeiffer
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uprecht Polenz
ckhard Pols
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r. Peter Ramsauer
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laus Riegert
r. Heinz Riesenhuber
hannes Röring
r. Norbert Röttgen
r. Christian Ruck
rwin Rüddel
lbert Rupprecht (Weiden)
nita Schäfer (Saalstadt)
r. Wolfgang Schäuble
r. Annette Schavan
r. Andreas Scheuer
arl Schiewerling
orbert Schindler
ankred Schipanski
eorg Schirmbeck
hristian Schmidt (Fürth)
atrick Schnieder
r. Andreas Schockenhoff
adine Schön (St. Wendel)
r. Kristina Schröder
(Wiesbaden)
r. Ole Schröder
ernhard Schulte-Drüggelte
we Schummer
rmin Schuster (Weil am
Rhein)
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einhold Sendker
r. Patrick Sensburg
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r. Frank Steffel
rika Steinbach
hristian Freiherr von Stetten
ieter Stier
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ichael Stübgen
r. Peter Tauber
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r. Hans-Peter Uhl
rnold Vaatz
olkmar Vogel (Kleinsaara)
tefanie Vogelsang
ndrea Astrid Voßhoff
r. Johann Wadephul
arco Wanderwitz
ai Wegner
arcus Weinberg (Hamburg)
eter Weiß (Emmendingen)
abine Weiss (Wesel I)
go Wellenreuther
arl-Georg Wellmann
eter Wichtel
nnette Widmann-Mauz
laus-Peter Willsch
lisabeth Winkelmeier-
Becker
agmar G. Wöhrl
r. Matthias Zimmer
olfgang Zöller
illi Zylajew
DP
ns Ackermann
hristine Aschenberg-
Dugnus
lorian Bernschneider
ebastian Blumenthal
laudia Bögel
icole Bracht-Bendt
laus Breil
ngelika Brunkhorst
rnst Burgbacher
arco Buschmann
ylvia Canel
elga Daub
einer Deutschmann
ijan Djir-Sarai
atrick Döring
erhard Drexler
echthild Dyckmans
ans-Werner Ehrenberg
ainer Erdel
rg van Essen
lrike Flach
tto Fricke
r. Edmund Peter Geisen
ans-Michael Goldmann
einz Golombeck
iriam Gruß
achim Günther (Plauen)
r. Christel Happach-Kasan
einz-Peter Haustein
anuel Höferlin
lke Hoff
irgit Homburger
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r. Lutz Knopek
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ebastian Körber
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atrick Kurth (Kyffhäuser)
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arald Leibrecht
abine Leutheusser-
Schnarrenberger
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r. Martin Lindner (Berlin)
ichael Link (Heilbronn)
r. Erwin Lotter
liver Luksic
orst Meierhofer
atrick Meinhardt
abriele Molitor
n Mücke
etra Müller (Aachen)
urkhardt Müller-Sönksen
r. Martin Neumann
(Lausitz)
irk Niebel
ans-Joachim Otto
(Frankfurt)
ornelia Pieper
isela Piltz
rg von Polheim
r. Christiane Ratjen-
Damerau
r. Birgit Reinemund
agen Reinhold
r. Peter Röhlinger
r. Stefan Ruppert
jörn Sänger
rank Schäffler
hristoph Schnurr
mmy Schulz
r. Erik Schweickert
erner Simmling
dith Skudelny
r. Hermann Otto Solms
achim Spatz
orsten Staffeldt
r. Rainer Stinner
tephan Thomae
anfred Todtenhausen
r. Florian Toncar
erkan Tören
hannes Vogel
(Lüdenscheid)
r. Daniel Volk
r. Claudia Winterstein
r. Volker Wissing
artfrid Wolff (Rems-Murr)
nthalten
DU/CSU
r. Stefan Kaufmann
PD
ichael Gerdes
ans-Ulrich Klose
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32455
(A) )
)(B)
Günter Gloser Gerold Reichenbach Christine Buchholz Cornelia Behm
Angelika Graf (Rosenheim)
Kerstin Griese
Gabriele Groneberg
Michael Groß
Hans-Joachim Hacker
Bettina Hagedorn
Klaus Hagemann
Sönke Rix
René Röspel
Dr. Ernst Dieter Rossmann
Karin Roth (Esslingen)
Michael Roth (Heringen)
Marlene Rupprecht
(Tuchenbach)
Dr. Martina Bunge
Roland Claus
Sevim Dağdelen
Heidrun Dittrich
Werner Dreibus
Dr. Dagmar Enkelmann
Klaus Ernst
Agnes Brugger
Viola von Cramon-Taubadel
Ekin Deligöz
Katja Dörner
Harald Ebner
Hans-Josef Fell
Dr. Thomas Gambke
Ulrike Gottschalck Dr. Carola Reimann Eva Bulling-Schröter Birgitt Bender
Anlage 42
der namentlichen Abstimm
dem Entwurf eines Gesetze
des Bundesverfassungsgeric
Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 573;
davon
ja: 260
nein: 312
enthalten: 1
Ja
SPD
Ingrid Arndt-Brauer
Rainer Arnold
Heinz-Joachim Barchmann
Doris Barnett
Dr. Hans-Peter Bartels
Klaus Barthel
Sören Bartol
Bärbel Bas
Dirk Becker
Uwe Beckmeyer
Lothar Binding (Heidelberg)
Gerd Bollmann
Willi Brase
Bernhard Brinkmann
(Hildesheim)
Edelgard Bulmahn
Marco Bülow
Ulla Burchardt
Martin Burkert
Petra Crone
Dr. Peter Danckert
Martin Dörmann
Elvira Drobinski-Weiß
Sebastian Edathy
Ingo Egloff
Siegmund Ehrmann
Dr. h. c. Gernot Erler
Petra Ernstberger
Karin Evers-Meyer
Elke Ferner
Gabriele Fograscher
Dr. Edgar Franke
Dagmar Freitag
Michael Gerdes
Martin Gerster
Iris Gleicke
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htes vom 7. Mai 2013 (Druck
ichael Hartmann
(Wackernheim)
ubertus Heil (Peine)
olfgang Hellmich
olf Hempelmann
r. Barbara Hendricks
ustav Herzog
etra Hinz (Essen)
rank Hofmann (Volkach)
r. Eva Högl
hristel Humme
liver Kaczmarek
hannes Kahrs
r. h. c. Susanne Kastner
lrich Kelber
ars Klingbeil
ans-Ulrich Klose
r. Bärbel Kofler
aniela Kolbe (Leipzig)
nette Kramme
ngelika Krüger-Leißner
te Kumpf
hristine Lambrecht
hristian Lange (Backnang)
r. Karl Lauterbach
teffen-Claudio Lemme
urkhard Lischka
abriele Lösekrug-Möller
irsten Lühmann
aren Marks
atja Mast
ilde Mattheis
etra Merkel (Berlin)
r. Matthias Miersch
ranz Müntefering
r. Rolf Mützenich
ndrea Nahles
ietmar Nietan
anfred Nink
homas Oppermann
olger Ortel
ydan Özoğuz
einz Paula
achim Poß
r. Wilhelm Priesmeier
lorian Pronold
r. Sascha Raabe
echthild Rawert
tefan Rebmann
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ensteuergesetzes in Umsetzu
sache 17/14232) (Tagesordnu
nnette Sawade
nton Schaaf
xel Schäfer (Bochum)
ernd Scheelen
arianne Schieder
(Schwandorf)
erner Schieder (Weiden)
lla Schmidt (Aachen)
arsten Schneider (Erfurt)
wen Schulz (Spandau)
wald Schurer
rank Schwabe
r. Martin Schwanholz
olf Schwanitz
tefan Schwartze
ita Schwarzelühr-Sutter
r. Carsten Sieling
onja Steffen
r. Frank-Walter Steinmeier
hristoph Strässer
erstin Tack
r. h. c. Wolfgang Thierse
ranz Thönnes
olfgang Tiefensee
üdiger Veit
te Vogt
r. Marlies Volkmer
ndrea Wicklein
eidemarie Wieczorek-Zeul
r. Dieter Wiefelspütz
altraud Wolff
(Wolmirstedt)
ta Zapf
anfred Zöllmer
rigitte Zypries
DP
ichael Kauch
arina Schuster
IE LINKE
n van Aken
gnes Alpers
r. Dietmar Bartsch
arin Binder
atthias W. Birkwald
eidrun Bluhm
teffen Bockhahn
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90/DIE GRÜNEN zu
ng der Entscheidung
ngspunkt 13 a)
icole Gohlke
iana Golze
nnette Groth
r. Gregor Gysi
eike Hänsel
r. Rosemarie Hein
ge Höger
r. Barbara Höll
ndrej Hunko
lla Jelpke
r. Lukrezia Jochimsen
arald Koch
n Korte
tta Krellmann
abine Leidig
tefan Liebich
lla Lötzer
homas Lutze
lrich Maurer
orothée Menzner
ornelia Möhring
iema Movassat
homas Nord
ns Petermann
ichard Pitterle
vonne Ploetz
grid Remmers
aul Schäfer (Köln)
r. Ilja Seifert
athrin Senger-Schäfer
aju Sharma
r. Petra Sitte
ersten Steinke
abine Stüber
lexander Süßmair
r. Kirsten Tackmann
rank Tempel
r. Axel Troost
lexander Ulrich
hanna Voß
alina Wawzyniak
arald Weinberg
ÜNDNIS 90/
IE GRÜNEN
erstin Andreae
arieluise Beck (Bremen)
olker Beck (Köln)
32456 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
(A) )
)(B)
Kai Gehring
Katrin Göring-Eckardt
Britta Haßelmann
Bettina Herlitzius
Priska Hinz (Herborn)
Dr. Anton Hofreiter
Bärbel Höhn
Ingrid Hönlinger
Thilo Hoppe
Uwe Kekeritz
Katja Keul
Susanne Kieckbusch
Memet Kilic
Sven-Christian Kindler
Maria Klein-Schmeink
Ute Koczy
Tom Koenigs
Sylvia Kotting-Uhl
Oliver Krischer
Agnes Krumwiede
Stephan Kühn
Renate Künast
Markus Kurth
Undine Kurth (Quedlinburg)
Monika Lazar
Dr. Tobias Lindner
Nicole Maisch
Jerzy Montag
Kerstin Müller (Köln)
Beate Müller-Gemmeke
Dr. Konstantin von Notz
Omid Nouripour
Friedrich Ostendorff
Dr. Hermann E. Ott
Lisa Paus
Brigitte Pothmer
Tabea Rößner
Krista Sager
Elisabeth Scharfenberg
Dr. Gerhard Schick
Dr. Frithjof Schmidt
Ulrich Schneider
Dorothea Steiner
Dr. Wolfgang Strengmann-
Kuhn
Hans-Christian Ströbele
Dr. Harald Terpe
Markus Tressel
Jürgen Trittin
Daniela Wagner
Beate Walter-Rosenheimer
Arfst Wagner (Schleswig)
Wolfgang Wieland
Dr. Valerie Wilms
Josef Philip Winkler
fraktionsloser
Abgeordneter
Wolfgang Nešković
Nein
CDU/CSU
Ilse Aigner
Peter Altmaier
Peter Aumer
Dorothee Bär
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homas Bareiß
orbert Barthle
ünter Baumann
rnst-Reinhard Beck
(Reutlingen)
anfred Behrens (Börde)
eronika Bellmann
r. Christoph Bergner
eter Beyer
teffen Bilger
lemens Binninger
eter Bleser
r. Maria Böhmer
olfgang Börnsen
(Bönstrup)
olfgang Bosbach
orbert Brackmann
laus Brähmig
ichael Brand
r. Reinhard Brandl
elmut Brandt
r. Ralf Brauksiepe
r. Helge Braun
eike Brehmer
alph Brinkhaus
ajus Caesar
itta Connemann
lexander Dobrindt
homas Dörflinger
arie-Luise Dött
r. Thomas Feist
nak Ferlemann
grid Fischbach
irk Fischer (Hamburg)
laus-Peter Flosbach
erbert Frankenhauser
r. Hans-Peter Friedrich
(Hof)
ichael Frieser
r. Michael Fuchs
ans-Joachim Fuchtel
lexander Funk
go Gädechens
r. Thomas Gebhart
orbert Geis
lois Gerig
berhard Gienger
ichael Glos
sef Göppel
eter Götz
r. Wolfgang Götzer
te Granold
einhard Grindel
ermann Gröhe
ichael Grosse-Brömer
arkus Grübel
anfred Grund
onika Grütters
lav Gutting
lorian Hahn
r. Stephan Harbarth
rgen Hardt
erda Hasselfeldt
r. Matthias Heider
elmut Heiderich
echthild Heil
rsula Heinen-Esser
rank Heinrich
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udolf Henke
ichael Hennrich
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rnst Hinsken
hristian Hirte
obert Hochbaum
arl Holmeier
ranz-Josef Holzenkamp
achim Hörster
nette Hübinger
ubert Hüppe
homas Jarzombek
ieter Jasper
r. Franz Josef Jung
ndreas Jung (Konstanz)
r. Egon Jüttner
artholomäus Kalb
ans-Werner Kammer
lois Karl
ernhard Kaster
iegfried Kauder (Villingen-
Schwenningen)
olker Kauder
oderich Kiesewetter
ckart von Klaeden
wa Klamt
olkmar Klein
rgen Klimke
xel Knoerig
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anfred Kolbe
r. Rolf Koschorrek
artmut Koschyk
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r. Günter Krings
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ettina Kudla
r. Hermann Kues
ünter Lach
r. Karl A. Lamers
(Heidelberg)
ndreas G. Lämmel
atharina Landgraf
lrich Lange
r. Max Lehmer
aul Lehrieder
r. Ursula von der Leyen
gbert Liebing
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r. Carsten Linnemann
atricia Lips
r. Jan-Marco Luczak
aniela Ludwig
r. Michael Luther
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r. Thomas de Maizière
ans-Georg von der Marwitz
ndreas Mattfeldt
tephan Mayer (Altötting)
r. Michael Meister
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r. h. c. Hans Michelbach
r. Mathias Middelberg
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r. Gerd Müller
tefan Müller (Erlangen)
r. Philipp Murmann
ichaela Noll
r. Georg Nüßlein
ranz Obermeier
duard Oswald
enning Otte
r. Michael Paul
ita Pawelski
lrich Petzold
r. Joachim Pfeiffer
ibylle Pfeiffer
eatrix Philipp
onald Pofalla
hristoph Poland
uprecht Polenz
ckhard Pols
homas Rachel
r. Peter Ramsauer
ckhardt Rehberg
atherina Reiche (Potsdam)
othar Riebsamen
sef Rief
laus Riegert
r. Heinz Riesenhuber
hannes Röring
r. Norbert Röttgen
r. Christian Ruck
rwin Rüddel
lbert Rupprecht (Weiden)
nita Schäfer (Saalstadt)
r. Wolfgang Schäuble
r. Annette Schavan
r. Andreas Scheuer
arl Schiewerling
orbert Schindler
ankred Schipanski
eorg Schirmbeck
hristian Schmidt (Fürth)
atrick Schnieder
r. Andreas Schockenhoff
adine Schön (St. Wendel)
r. Kristina Schröder
(Wiesbaden)
r. Ole Schröder
ernhard Schulte-Drüggelte
we Schummer
rmin Schuster (Weil am
Rhein)
etlef Seif
hannes Selle
einhold Sendker
r. Patrick Sensburg
ernd Siebert
homas Silberhorn
hannes Singhammer
ns Spahn
arola Stauche
r. Frank Steffel
rika Steinbach
hristian Freiherr von Stetten
ieter Stier
ero Storjohann
tephan Stracke
ax Straubinger
arin Strenz
homas Strobl (Heilbronn)
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32457
(A) )
(D)(B)
Dr. Matthias Zimmer
Wolfgang Zöller Joachim Günther (Plauen) Dirk Niebel Dr. Volker Wissing
Anlage 43
der namentlichen Abstimm
dem Entwurf eines Gesetze
des Bundesverfassungsgeric
Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 574;
davon
ja: 261
nein: 312
enthalten: 1
Ja
SPD
Ingrid Arndt-Brauer
Rainer Arnold
Heinz-Joachim Barchmann
Doris Barnett
Dr. Hans-Peter Bartels
Klaus Barthel
Sören Bartol
Bärbel Bas
Dirk Becker
Uwe Beckmeyer
L
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M
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S
D
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G
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Endgültiges E
ung über den Änderungsant
s zur Änderung des Einkomm
htes vom 7. Mai 2013 (Druck
othar Binding (Heidelberg)
erd Bollmann
illi Brase
ernhard Brinkmann
(Hildesheim)
delgard Bulmahn
arco Bülow
lla Burchardt
artin Burkert
etra Crone
r. Peter Danckert
artin Dörmann
lvira Drobinski-Weiß
ebastian Edathy
go Egloff
iegmund Ehrmann
r. h. c. Gernot Erler
etra Ernstberger
arin Evers-Meyer
lke Ferner
abriele Fograscher
r. Edgar Franke
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rag der Fraktion BÜNDNIS
ensteuergesetzes in Umsetzu
sache 17/14233) (Tagesordnu
agmar Freitag
ichael Gerdes
artin Gerster
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ünter Gloser
lrike Gottschalck
ngelika Graf (Rosenheim)
erstin Griese
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hristine Lambrecht
hristian Lange (Backnang)
r. Karl Lauterbach
teffen-Claudio Lemme
urkhard Lischka
abriele Lösekrug-Möller
irsten Lühmann
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atja Mast
FDP
Jens Ackermann
Christine Aschenberg-
Dugnus
Heinz-Peter Haustein
Manuel Höferlin
Elke Hoff
Birgit Homburger
Heiner Kamp
Dr. Lutz Knopek
(Frankfurt)
Cornelia Pieper
Gisela Piltz
Jörg von Polheim
Dr. Christiane Ratjen-
Damerau
Enthalten
CDU/CSU
Dr. Stefan Kaufmann
Willi Zylajew Dr. Christel Happach-Kasan Hans-Joachim Otto Hartfrid Wolff (Rems-Murr)
Lena Strothmann
Michael Stübgen
Dr. Peter Tauber
Antje Tillmann
Dr. Hans-Peter Uhl
Arnold Vaatz
Volkmar Vogel (Kleinsaara)
Stefanie Vogelsang
Andrea Astrid Voßhoff
Dr. Johann Wadephul
Marco Wanderwitz
Kai Wegner
Marcus Weinberg (Hamburg)
Peter Weiß (Emmendingen)
Sabine Weiss (Wesel I)
Ingo Wellenreuther
Karl-Georg Wellmann
Peter Wichtel
Annette Widmann-Mauz
Klaus-Peter Willsch
Elisabeth Winkelmeier-
Becker
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rnst Burgbacher
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ijan Djir-Sarai
atrick Döring
erhard Drexler
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r. Edmund Peter Geisen
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r. Peter Röhlinger
r. Stefan Ruppert
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r. Hermann Otto Solms
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r. Florian Toncar
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(Lüdenscheid)
r. Daniel Volk
r. Claudia Winterstein
32458 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
(A) )
)(B)
Hilde Mattheis
Petra Merkel (Berlin)
Dr. Matthias Miersch
Franz Müntefering
Dr. Rolf Mützenich
Andrea Nahles
Dietmar Nietan
Manfred Nink
Thomas Oppermann
Holger Ortel
Aydan Özoğuz
Heinz Paula
Joachim Poß
Dr. Wilhelm Priesmeier
Florian Pronold
Dr. Sascha Raabe
Mechthild Rawert
Stefan Rebmann
Gerold Reichenbach
Dr. Carola Reimann
Sönke Rix
René Röspel
Dr. Ernst Dieter Rossmann
Karin Roth (Esslingen)
Michael Roth (Heringen)
Marlene Rupprecht
(Tuchenbach)
Annette Sawade
Anton Schaaf
Axel Schäfer (Bochum)
Bernd Scheelen
Marianne Schieder
(Schwandorf)
Werner Schieder (Weiden)
Ulla Schmidt (Aachen)
Carsten Schneider (Erfurt)
Swen Schulz (Spandau)
Ewald Schurer
Frank Schwabe
Dr. Martin Schwanholz
Rolf Schwanitz
Stefan Schwartze
Rita Schwarzelühr-Sutter
Dr. Carsten Sieling
Sonja Steffen
Dr. Frank-Walter Steinmeier
Christoph Strässer
Kerstin Tack
Dr. h. c. Wolfgang Thierse
Franz Thönnes
Wolfgang Tiefensee
Rüdiger Veit
Ute Vogt
Dr. Marlies Volkmer
Andrea Wicklein
Heidemarie Wieczorek-Zeul
Dr. Dieter Wiefelspütz
Waltraud Wolff
(Wolmirstedt)
Uta Zapf
Manfred Zöllmer
Brigitte Zypries
FDP
Michael Kauch
Marina Schuster
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r. Dietmar Bartsch
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hristine Buchholz
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r. Martina Bunge
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evim Dağdelen
eidrun Dittrich
erner Dreibus
r. Dagmar Enkelmann
laus Ernst
icole Gohlke
iana Golze
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r. Gregor Gysi
eike Hänsel
r. Rosemarie Hein
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r. Barbara Höll
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r. Lukrezia Jochimsen
arald Koch
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tta Krellmann
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r. Ilja Seifert
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r. Petra Sitte
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r. Thomas Feist
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r. Hans-Peter Friedrich
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r. Thomas Gebhart
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r. Stephan Harbarth
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32459
(A) (C)
)(B)
Jürgen Hardt Stephan Mayer (Altötting) Dr. Frank Steffel Manuel Höferlin
Gerda Hasselfeldt
Dr. Matthias Heider
Helmut Heiderich
Mechthild Heil
Ursula Heinen-Esser
Frank Heinrich
Rudolf Henke
Michael Hennrich
Ansgar Heveling
Ernst Hinsken
Christian Hirte
Robert Hochbaum
Karl Holmeier
Franz-Josef Holzenkamp
Joachim Hörster
Anette Hübinger
Hubert Hüppe
Thomas Jarzombek
Dieter Jasper
Dr. Franz Josef Jung
Andreas Jung (Konstanz)
Dr. Egon Jüttner
Bartholomäus Kalb
Hans-Werner Kammer
Alois Karl
Bernhard Kaster
Siegfried Kauder (Villingen-
Schwenningen)
Volker Kauder
Roderich Kiesewetter
Eckart von Klaeden
Ewa Klamt
Volkmar Klein
Jürgen Klimke
Axel Knoerig
Jens Koeppen
Manfred Kolbe
Dr. Rolf Koschorrek
Hartmut Koschyk
Thomas Kossendey
Michael Kretschmer
Gunther Krichbaum
Dr. Günter Krings
Rüdiger Kruse
Bettina Kudla
Dr. Hermann Kues
Günter Lach
Dr. Karl A. Lamers
(Heidelberg)
Andreas G. Lämmel
Katharina Landgraf
Ulrich Lange
Dr. Max Lehmer
Paul Lehrieder
Dr. Ursula von der Leyen
Ingbert Liebing
Matthias Lietz
Dr. Carsten Linnemann
Patricia Lips
Dr. Jan-Marco Luczak
Daniela Ludwig
Dr. Michael Luther
Karin Maag
Dr. Thomas de Maizière
Hans-Georg von der Marwitz
Andreas Mattfeldt
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r. Mathias Middelberg
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r. Philipp Murmann
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r. Heinz Riesenhuber
hannes Röring
r. Norbert Röttgen
r. Christian Ruck
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lbert Rupprecht (Weiden)
nita Schäfer (Saalstadt)
r. Wolfgang Schäuble
r. Annette Schavan
r. Andreas Scheuer
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hristian Schmidt (Fürth)
atrick Schnieder
r. Andreas Schockenhoff
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r. Kristina Schröder
(Wiesbaden)
r. Ole Schröder
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r. Florian Toncar
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hannes Vogel
(Lüdenscheid)
r. Daniel Volk
r. Claudia Winterstein
r. Volker Wissing
artfrid Wolff (Rems-Murr)
nthalten
DU/CSU
r. Stefan Kaufmann
250. Sitzung
Inhaltsverzeichnis
TOP 4 Hilfefonds zur Bewältigung der Hochwasserkatastrophe
TOP 5, ZP 4 Regierungserklärung zum G8-Gipfel und Europäischem Rat
TOP 6 Pflegereform
TOP 79, ZP 5 Abschließende Beratungen ohne Aussprache
ZP 6 – ZP 11 Beschlussempfehlungen des Vermittlungsausschusses
ZP 12 Aktuelle Stunde zu den Wahlversprechen von CDU/CSU
TOP 20 Eindämmung unseriöser Geschäftspraktiken
TOP 8 Arbeitnehmerüberlassung
TOP 9 Bundeswehreinsatz im Libanon (UNIFIL)
TOP 10 Bekämpfung der Steuerflucht und Vermögensabgabe
TOP 11 Bundeswehreinsatz in Mali (MINUSMA)
TOP 12 Dopingbekämpfung im Sport
TOP 13 Einkommensteuerrecht – Gleichstellung
TOP 14 Kooperation von Bund und Ländern in der Bildung
TOP 15 Transparenz im Prozess der Organspende
TOP 16 Unabhängigkeit der Justiz
TOP 17 Vertrag über den Waffenhandel
ZP 13 Korruptionsregister-Gesetz
TOP 7 Aktienrechtsnovelle und Managergehälter
TOP 19 Bekämpfung des Menschenhandels
TOP 21 Ergebnisse des NATO-Gipfels von Chicago
TOP 22 Verstümmelung weiblicher Genitalien
TOP 29 Lebensbedingungen in Entwicklungsländern
TOP 24 Förderung der Gesundheitsprävention
TOP 25 Übergangslücke Arbeitslosengeld Rente
TOP 26 Steuerehrlichkeit bei internationalen Sachverhalten
TOP 27 Finanzielle Absicherung von Künstlern
TOP 28 Änderung des Handelsgesetzbuches
TOP 31 Bildungspolitik
TOP 30 Aufarbeitung der SED-Diktatur
TOP 38 Arbeitsbedingungen in der Wissenschaft
TOP 32, ZP 14 Bericht 2012 zur Nachhaltigkeitsstrategie
TOP 33 Handwerkspolitik
TOP 34 Wettbewerbsfähigkeit der Kreativwirtschaft
TOP 35 Datenbankgrundbuch
TOP 36 Langlebigkeit von Produkten
TOP 37 Harmonisierte Rechnungsführungsgrundsätze in der EU
TOP 40 Recht auf Inklusive Bildung
TOP 39 Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt
TOP 46 Verbraucherinteressen im Gentechnikrecht
TOP 41 Deutsch-koreanische Beziehungen
TOP 42 Agrarwissenschaften
TOP 43 Internationalisierung der Wissenschaft
TOP 44 Straßen- und Schienenlärm
TOP 45 Modernisierung des Geschmacksmustergesetzes
TOP 48 Abbau von Diskriminierungen
TOP 47 Novellierung patentrechtlicher Vorschriften
TOP 51 Rechtssicherheit für WLAN-Betreiber
ZP 15 Grenzüberschreitende Schienenverkehrsachsen
ZP 16 Gesamtkonzept für die Elbregion
TOP 49 Staatsleistungen an Religionsgesellschaften
ZP 17 Schienenanbindung an die Feste Fehmarnbeltquerung
TOP 50 Kindernachzugsrecht
ZP 18 Förderung und Sicherung der deutschen Sprache
TOP 52 Demografischer Wandel im RV-Leistungsrecht
ZP 19 Kulturgüterschutz
TOP 55 Aufenthaltsgesetz
ZP 20 Nutzung verwaister und vergriffener Werke
TOP 53 Schutz für Flüchtlinge
TOP 54 Förderung von Genossenschaftsgründungen
TOP 56 Europaweite Bekämpfung synthetischer Drogen
TOP 57 Mindestpersonalbemessung in Krankenhäusern
TOP 58 Vergabekriterien für Sportgroßveranstaltungen
TOP 60 Informationsfreiheits- und Transparenzgesetz
TOP 63 Presseauskunftsgesetz
TOP 61 Mindestlohn
TOP 62 Visapolitik
TOP 64 Forschungs- und Innovationsförderung
TOP 65 Fremdrentengesetz und Rehabilitierung Verfolgter
TOP 66 Kooperation von Hochschulen und Unternehmen
TOP 67 Lärmschutz am BER
TOP 68 Netzneutralität
Anlagen