Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32319
        (A) )
        )(B)
        Anlagen
        (alle BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur Abstim- zialversicherung – Bedingungsloses Grundeinkommen“
        Anlage 1
        Liste der entschuldigten Abgeordneten
        * für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver-
        sammlung des Europarates
        Anlage 2
        Erklärung nach § 32 GO
        der Abgeordneten Viola von Cramon-Taubadel,
        Katja Dörner, Volker Beck (Köln), Dr. Anton
        Hofreiter, Katja Keul, Sven-Christian Kindler,
        Maria Klein-Schmink und Dr. Harald Terpe
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        Abgeordnete(r)
        entschuldigt bis
        einschließlich
        Bahr (Münster), Daniel FDP 27.06.2013
        Brandner, Klaus SPD 27.06.2013
        Brüderle, Rainer FDP 27.06.2013
        Dr. Dehm, Diether DIE LINKE 27.06.2013
        Fell, Hans-Josef BÜNDNIS 90/
        DIE GRÜNEN
        27.06.2013
        Fischer (Göttingen),
        Hartwig
        CDU/CSU 27.06.2013
        Fritz, Erich G. CDU/CSU 27.06.2013*
        Gunkel, Wolfgang SPD 27.06.2013
        Hiller-Ohm, Gabriele SPD 27.06.2013
        Hintze, Peter CDU/CSU 27.06.2013
        Lay, Caren DIE LINKE 27.06.2013
        Möller, Kornelia DIE LINKE 27.06.2013
        Roth (Augsburg),
        Claudia
        BÜNDNIS 90/
        DIE GRÜNEN
        27.06.2013
        Schlecht, Michael DIE LINKE 27.06.2013
        Schmidt (Eisleben),
        Silvia
        SPD 27.06.2013
        Werner, Katrin DIE LINKE 27.06.2013
        Wunderlich, Jörn DIE LINKE 27.06.2013
        Zimmermann, Sabine DIE LINKE 27.06.2013
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        Anlagen zum Stenografischen Bericht
        mung über die Beschlussempfehlung: Sammel-
        übersicht 611 zu Petitionen (Tagesordnungs-
        punkt 79 ccc)
        52 976 Bürgerinnen und Bürger unterzeichneten über
        en Jahreswechsel 2008/2009 innerhalb von sechs Wo-
        hen die Onlinepetition der Greifswalderin Susanne
        iest. Unter dem Titel „Reformvorschläge in der So-
        ialversicherung – Bedingungsloses Grundeinkommen“
        rderte die Petentin: „Der Deutsche Bundestag möge
        eschließen, das bedingungslose Grundeinkommen ein-
        uführen.“
        In der Gesellschaft gibt es bisher keine einheitliche
        einung dazu. Dabei ist uns wichtig, die Leitbilder von
        erechtigkeit und emanzipativer Sozialpolitik mit der
        edeutung öffentlicher Institutionen und Finanzierbar-
        eit zu verbinden. Angesichts sich zuspitzender Wachs-
        msproblematik und der umfassenden Umstrukturie-
        ng der Wirtschaft durch Rationalisierungsprozesse
        enötigen wir auf Dauer eine Transformation des Sozial-
        taates.
        Wir halten deshalb die Einrichtung einer Enquete-
        ommission im Deutschen Bundestag für sinnvoll, in
        er Idee und Modelle eines Grundeinkommens sowie
        rundlegende Reformperspektiven für den Sozialstaat
        nd die sozialen Sicherungssysteme diskutiert werden.
        einer solchen Enquete wollen wir der Diskussion über
        in bedingungsloses Grundeinkommen sowie damit ver-
        undene Veränderungen in den sozialen Sicherungssys-
        men den nötigen Raum verschaffen. Unser Ziel ist es,
        ie Schere zwischen Arm und Reich zu schließen und
        as individuelle Grundrecht auf soziale Teilhabe zu ver-
        irklichen.
        Diese Enquete kann die mit der Petition begonnene
        ebatte zum Grundeinkommen im Deutschen Bundes-
        g fortsetzen. Den Abschluss der Petition im Sinne ei-
        es Endes der Debatte im Bundestag lehnen wir ab.
        nlage 3
        Erklärung nach § 31 GO
        der Abgeordneten Agnes Brugger, Thilo Hoppe,
        Ute Koczy, Monika Lazar, Beate Müller-
        Gemmeke, Dr. Hermann E. Ott, Lisa Paus,
        Dr. Gerhard Schick, Dorothea Steiner,
        Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn und Arfst
        Wagner (Schleswig) (alle BÜNDNIS 90/DIE
        GRÜNEN) zur Abstimmung über die Be-
        schlussempfehlung: Sammelübersicht 611 zu
        Petitionen (Tagesordnungspunkt 79 ccc)
        52 976 Bürgerinnen und Bürger unterzeichneten über
        en Jahreswechsel 2008/2009 innerhalb von sechs
        ochen die Onlinepetition der Greifswalderin Susanne
        iest. Unter dem Titel „Reformvorschläge in der So-
        32320 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
        (A) )
        )(B)
        forderte die Petentin: „Der Deutsche Bundestag möge
        beschließen, das bedingungslose Grundeinkommen ein-
        zuführen.“
        In unserer Partei Bündnis 90/Die Grünen gibt es bis-
        her keine einheitliche Meinung dazu. Wir wollen aber
        die Debatte um Grundsicherung und ein bedingungs-
        loses Grundeinkommen weiter in die Gesellschaft hi-
        neintragen. Dabei ist uns wichtig, die grünen Leitbilder
        von Gerechtigkeit und emanzipativer Sozialpolitik mit
        der Bedeutung öffentlicher Institutionen und Finanzier-
        barkeit zu verbinden. Angesichts sich zuspitzender
        Wachstumsproblematik und der umfassenden Umstruk-
        turierung der Wirtschaft durch Rationalisierungspro-
        zesse benötigen wir auf Dauer eine Transformation des
        Sozialstaates.
        Die Grünen halten deshalb die Einrichtung einer
        Enquete-Kommission im Deutschen Bundestag für sinn-
        voll, in der Idee und Modelle eines Grundeinkommens
        sowie grundlegende Reformperspektiven für den Sozial-
        staat und die sozialen Sicherungssysteme diskutiert wer-
        den. In einer solchen Enquete wollen wir der Diskussion
        über ein bedingungsloses Grundeinkommen sowie damit
        verbundene Veränderungen in den sozialen Sicherungs-
        systemen den nötigen Raum verschaffen. Grünes Ziel ist
        es, die Schere zwischen Arm und Reich zu schließen und
        das individuelle Grundrecht auf soziale Teilhabe zu ver-
        wirklichen.
        Diese Enquete kann aus unserer Sicht, die mit der
        Petition begonnene Debatte zum Grundeinkommen im
        Deutschen Bundestag fortsetzen. Den Abschluss der
        Petition im Sinne eines Endes der Debatte im Bundestag
        lehnen wir ab.
        Anlage 4
        Erklärungen nach § 31 GO
        zur Abstimmung über die Beschlussempfeh-
        lung: Sammelübersicht 611 zu Petitionen (Ta-
        gesordnungspunkt 79 ccc)
        Katja Kipping (DIE LINKE): Ich lehne die Be-
        schlussempfehlung des Petitionsausschusses ab, das
        Petitionsverfahren abzuschließen, weil damit dem
        grundsätzlichen Anliegen der Petentin und der gesell-
        schaftlichen Bedeutung der Debatte über das bedin-
        gungslose Grundeinkommen nicht Rechnung getragen
        wird.
        Obwohl ich dem von Susanne Wiest konkret vorge-
        schlagenen Grundeinkommensmodell nicht zustimme,
        halte ich es für notwendig, eine breite gesellschaftliche
        Debatte über das Grundeinkommen zu führen als auch
        eine Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages
        zum Thema Grundeinkommen einzurichten. Auch des-
        halb, weil dieses Thema innerhalb verschiedener Par-
        teien – so auch in meiner – kontrovers diskutiert wird.
        Diese Kommission soll sowohl die verschiedenen in
        Deutschland bereits seit Jahren diskutierten Ansätze und
        Modelle eines bedingungslosen Grundeinkommens be-
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        üglich ihrer Vor- und Nachteile debattieren als auch
        ögliche Handlungsvorschläge einer schrittweisen Ein-
        hrung eines Grundeinkommens, zum Beispiel durch
        ine sanktionsfreie und individuelle Mindestsicherung,
        rüfen (vergleiche Übersicht über die Modelle in Ronald
        laschke: Aktuelle Ansätze und Modelle von Grund-
        icherungen und Grundeinkommen in Deutschland; ver-
        leichende Darstellung in: Ronald Blaschke/Adeline
        tto/Norbert Schepers (Hrsg.): Grundeinkommen. Von
        er Idee zu einer europäischen politischen Bewegung,
        amburg 2012).
        Die Prüfung konkreter Ansätze und Modelle eines be-
        ingungslosen Grundeinkommens wurde auch in mit
        roßer Mehrheit angenommenen Entschließungen des
        uropäischen Parlaments gefordert. In der Entschlie-
        ung, eingebracht mit einem Bericht von Gabi Zimmer,
        ie Linke, zur „Förderung der sozialen Integration und
        ie Bekämpfung der Armut, einschließlich der Kinder-
        rmut, in der EU“, Beschluss vom 9. Februar 2008
        008/2034(1 NI)), heißt es:
        Das Europäische Parlament … fordert die Kommis-
        sion auf, die armutsbekämpfende Wirkung des be-
        dingungslosen Grundeinkommens für alle zu prü-
        fen.
        ln der Entschließung, eingebracht mit einem Bericht
        on llda Figueiredo, Kommunistische Partei Portugals,
        ur „Bedeutung des Mindesteinkommens für die Be-
        ämpfung der Armut und die Förderung einer integra-
        ven Gesellschaft in Europa“, Beschluss vom 20. Okto-
        er 2010 (2010/2039 (INI)), heißt es:
        Das Europäische Parlament ... ist der Auffassung,
        dass die verschiedenen Erfahrungen mit Min-
        desteinkommen sowie mit dem bedingungslosen
        Grundeinkommen für alle, gepaart mit zusätzlichen
        Maßnahmen zur sozialen Einbeziehung und zum
        sozialen Schutz, zeigen, dass es sich um wirksame
        Formen zur Bekämpfung von Armut und sozialer
        Ausgrenzung und zur Gewährleistung eines Lebens
        in Würde für alle handelt; fordert daher die Kom-
        mission auf, eine Initiative zur Unterstützung ande-
        rer Erfahrungen in den Mitgliedstaaten auf den Weg
        zu bringen, die bewährte Verfahren berücksichtigen
        und anregen und individuell verschiedene Modelle
        des angemessenen Armut verhindernden Mindest-
        bzw. Grundeinkommens als Maßnahme zur Armuts-
        prävention und zur Sicherung der sozialen Gerech-
        tigkeit und Chancengleichheit für alle Bürger, deren
        Bedürftigkeit im jeweiligen regionalen Maßstab
        nachzuweisen ist, bejahen, ohne die Besonderheiten
        der einzelnen Mitgliedstaaten infrage zu stellen.
        Verweisen möchte ich dabei auch auf die derzeit lau-
        nde Europäische Bürgerinitiative Grundeinkommen,
        ww.ebi-grundeinkommen.de, mit der die Europäische
        ommission aufgefordert wird, die Zusammenarbeit
        wischen den Mitgliedstaaten zu fördern im Hinblick auf
        ie Erforschung des bedingungslosen Grundeinkommens,
        GE, als Instrument zur Verbesserung ihrer jeweiligen
        ysteme der sozialen Sicherheit. Diese Bürgerinitiative
        ird von Grundeinkommensnetzwerken und -initiativen
        allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union und in
        Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32321
        (A) )
        )(B)
        Deutschland von einem breiten Bündnis zivilgesell-
        schaftlicher Organisationen getragen; siehe dazu die
        Kampagnenwebsite www.ebi-grundeinkommen.de.
        Angesichts der fortschreitenden sozialen Spaltung in
        Deutschland und in Europa halte ich es für unerlässlich,
        alternative Ideen und praktische Ansätze für die Verbes-
        serung der sozialen Situation der Menschen auch im
        Deutschen Bundestag ernsthaft zu debattieren.
        Alexander Süßmair (DIE LINKE): Ich lehne die
        Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses ab, das
        Petitionsverfahren abzuschließen, weil damit dem grund-
        sätzlichen Anliegen der Petentin und der gesellschaftlichen
        Bedeutung der Debatte über das bedingungslose Grund-
        einkommen nicht Rechnung getragen wird.
        Parallel zu der breiten gesellschaftlichen Debatte über
        das Grundeinkommen sollte vielmehr eine Enquete-
        Kommission beim Deutschen Bundestag zum Thema
        Grundeinkommen eingerichtet werden. Auch deshalb,
        weil dieses Thema innerhalb verschiedener Parteien und
        Fraktionen kontrovers diskutiert wird.
        Die Prüfung der Möglichkeiten, ein bedingungsloses
        Grundeinkommen einzuführen, wurde auch mit großer
        Mehrheit vom Europäischen Parlament gefordert. In der
        Entschließung, eingebracht mit einem Bericht von Gabi
        Zimmer, Die Linke, zur „Förderung der sozialen Integra-
        tion und die Bekämpfung der Armut, einschließlich der
        Kinderarmut, in der EU“, Beschluss vom 9. Februar
        2008 (2008/2034(INI)), heißt es:
        Das Europäische Parlament … fordert die Kommis-
        sion auf, die armutsbekämpfende Wirkung des be-
        dingungslosen Grundeinkommens für alle zu prü-
        fen.
        In der Entschließung, eingebracht mit einem Bericht
        von Ilda Figueiredo, Kommunistische Partei Portugals,
        zur „Bedeutung des Mindesteinkommens für die Be-
        kämpfung der Armut und die Förderung einer integrati-
        ven Gesellschaft in Europa“, Beschluss vom 20. Oktober
        2010 (2010/2039(INI)), heißt es:
        Das Europäische Parlament … ist der Auffassung,
        dass die verschiedenen Erfahrungen mit Mindest-
        einkommen sowie mit dem bedingungslosen
        Grundeinkommen für alle, gepaart mit zusätzlichen
        Maßnahmen zur sozialen Einbeziehung und zum
        sozialen Schutz, zeigen, dass es sich um wirksame
        Formen zur Bekämpfung von Armut und sozialer
        Ausgrenzung und zur Gewährleistung eines Lebens
        in Würde für alle handelt …
        Hinzu kommt die derzeit laufende Europäische Bür-
        gerinitiative Grundeinkommen. Hierin wird die Europäi-
        sche Kommission aufgefordert, die Zusammenarbeit
        zwischen den Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Erfor-
        schung des bedingungslosen Grundeinkommens, BGE,
        als Instrument zur Verbesserung ihrer jeweiligen Sys-
        teme der sozialen Sicherheit zu fördern.
        Das Petitionsverfahren in dieser Situation abzuschlie-
        ßen, wird der Brisanz und Bedeutung des Themas nicht
        gerecht. Es würde vielmehr der Kluft zwischen Zivilge-
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        ellschaft und dem Parlament Ausdruck verleihen. Die
        ebatte zum Thema Grundeinkommen muss in der Zi-
        ilgesellschaft, muss aber auch im Deutschen Bundestag
        eführt werden.
        Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
        2 976 Bürgerinnen und Bürger unterzeichneten über
        en Jahreswechsel 2008/2009 innerhalb von sechs Wo-
        hen die Onlinepetition der Greifswalderin Susanne
        iest. Unter dem Titel „Reformvorschläge in der So-
        ialversicherung – Bedingungsloses Grundeinkommen“
        rderte die Petentin: „Der Deutsche Bundestag möge
        eschließen, das bedingungslose Grundeinkommen ein-
        uführen.“
        In meiner Partei Bündnis 90/Die Grünen gibt es bis-
        er keine einheitliche Meinung dazu. Wir wollen aber
        ie Debatte um Grundsicherung und ein bedingungslo-
        es Grundeinkommen weiter in die Gesellschaft hinein-
        agen. Dabei ist uns wichtig, die grünen Leitbilder von
        erechtigkeit und emanzipativer Sozialpolitik mit der
        edeutung öffentlicher Institutionen und Finanzierbar-
        eit zu verbinden. Angesichts sich zuspitzender Wachs-
        msproblematik und der umfassenden Umstrukturie-
        ng der Wirtschaft durch Rationalisierungsprozesse
        enötigen wir auf Dauer eine Transformation des Sozial-
        taates.
        Grünes Ziel ist es, die Schere zwischen Arm und
        eich zu schließen und das individuelle Grundrecht auf
        oziale Teilhabe zu verwirklichen. Den Abschluss der
        etition im Sinne eines Endes der Debatte im Bundestag
        hne ich ab.
        nlage 5
        Erklärung nach § 31 GO
        des Abgeordneten Michael Grosse-Brömer
        (CDU/CSU) zur Beschlussempfehlung des Aus-
        schusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Ver-
        mittlungsausschuss) zu dem Vierten Gesetz zur
        Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und an-
        derer Gesetze (Zusatztagesordnungspunkt 11)
        Als Berichterstatter des Bundestages zu den abschlie-
        enden Verhandlungen des Vermittlungsausschusses am
        6. Juni 2013 mache ich darauf aufmerksam, dass die
        undesregierung eine Protokollerklärung abgegeben
        at. Diese gebe ich nachfolgend zur Kenntnis:
        Protokollerklärung der Bundesregierung zum Vierten
        esetz zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und
        nderer Gesetze. Die Bundesregierung gibt aus Anlass
        er Beschlussfassung des Vermittlungsausschusses zum
        ierten Gesetz zur Änderung des Straßenverkehrsgeset-
        es und anderer Gesetze folgende Zusagen:
        Durch eine Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung
        ird gewährleistet werden, dass auch folgende Ver-
        ehrsverstöße im neuen Fahreignungsregister gespei-
        hert und mit Punkten bewertet werden:
        32322 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
        (A) )
        )(B)
        Unterschreitung der zulässigen Stützlast um mehr als
        50 Prozent (Nr. 217 BKat) mit einem Punkt.
        Alle Fälle der in der Neunten Verordnung zur Ände-
        rung der Fahrerlaubnis-Verordnung und anderer straßen-
        verkehrsrechtlicher Vorschriften noch nicht vorgesehe-
        ner Fälle des unerlaubten Entfernens vom Unfallort
        (§ 142 StGB) mit zwei Punkten.
        Das unzulässige Parken in einer gekennzeichneten
        Feuerwehrzufahrt mit Behinderung eines Rettungsfahr-
        zeuges (Nr. 53.1 BKat) mit einem Punkt. Durch Ände-
        rung der Bußgeldkatalog-Verordnung wird der Bußgeld-
        regelsatz für das Nicht-Führen des Fahrtenbuches oder
        dessen Nicht-Aushändigen von zurzeit 50 Euro auf
        100 Euro (Nr. 190 BKat) erhöht werden.
        Durch eine Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung
        soll eine Reduzierung der Kosten für das neu eingeführte
        Fahreignungsseminar erreicht werden, indem die Anzahl
        der Teilnehmer an der verkehrspädagogischen Teilmaß-
        nahme mit höchstens sechs Personen festgelegt wird und
        für die verkehrspsychologische Teilmaßnahme nur zwei
        Module mit jeweils 75 Minuten Dauer vorgesehen wer-
        den.
        Durch eine Ergänzung der Fahrerlaubnis-Verordnung
        werden Anforderungen an die Qualitätssicherungs-
        systeme und Regeln für die Durchführung der Qualitäts-
        sicherung bestimmt werden.
        Die Bundesregierung wird zur Umsetzung der Zu-
        sagen 1 bis 3 eine Formulierungshilfe für entsprechende
        Maßgabebeschlüsse zur Neunten Verordnung zur
        Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung und anderer
        straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften (Bundesrats-
        drucksache 810/12) für die Sitzung des Verkehrsaus-
        schusses des Bundesrates zur Verfügung stellen.
        Zur Umsetzung der Zusage 4 wird die Bundesregie-
        rung dem Bundesrat eine entsprechende Verordnung
        spätestens bis zum Ablauf des Jahres 2013 zur Zustim-
        mung zuleiten.
        Anlage 6
        Erklärung nach § 31 GO
        der Abgeordneten Marieluise Beck (Bremen)
        (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): zur Abstim-
        mung über den Antrag: Einvernehmensherstel-
        lung von Bundestag und Bundesregierung zum
        Beitrittsantrag der Republik Serbien zur Euro-
        päischen Union und zur Empfehlung von Euro-
        päischer Kommission und Hoher Vertreterin
        vom 22. April 2013 zur Aufnahme von Beitritts-
        verhandlungen (Zusatztagesordnungspunkt 4)
        Ich stimme der Aufnahme von Beitrittsverhandlungen
        mit Serbien zu. Angesichts der von Serbien erstmals in
        dieser Tragweite signalisierten Bereitschaft zu einer Ei-
        nigung mit dem Kosovo halte ich es für geboten, ein
        deutliches Signal an die serbische Bevölkerung zu sen-
        den, dass die EU an ihrem 2003 in Thessaloniki gegebe-
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        en Versprechen der EU-Perspektive festhält und das
        and sich auf dem richtigen Weg befindet.
        Gleichwohl nehme ich zur Kenntnis, dass es berech-
        gte Bedenken gegenüber diesem Schritt gibt. Denn
        erbien hat die im Implementierungsplan zum Abkom-
        en mit dem Kosovo vom 19. April 2013 vorgesehenen
        chritte zum Abbau der Parallelstrukturen in Nord-
        osovo noch nicht in dem vorgesehenen Maß umgesetzt.
        iele der für die Frist bis Mitte Juni vorgesehenen
        chritte sind begonnen, aber noch nicht abgeschlossen.
        islang kann noch nicht von einer unumkehrbaren Ent-
        icklung zum Abbau der Parallelstrukturen gesprochen
        erden. Diese ist unabdingbar für die Funktionsfähig-
        eit des kosovarischen Gesamtstaates und bleibt Voraus-
        etzung für die Eröffnung erster Kapitel in den EU-
        eitrittsverhandlungen. Die Europäische Union ist auf-
        erufen, die weitere Implementierung des Abkommens
        ufmerksam zu verfolgen.
        Ich möchte jedoch die Gelegenheit nutzen, um auf ei-
        en Missstand hinzuweisen, der uns im Falle Serbiens,
        ber auch darüber hinaus europaweit Sorge bereitet: die
        ystematische Diskriminierung der Roma. In Serbien le-
        en Roma vielfach unter erschreckenden Bedingungen.
        ür sie sind Ausgrenzung, Armut und Perspektivlosig-
        eit alltägliche Erfahrungen. Antidiskriminierungs- und
        tegrationsmaßnahmen müssen daher einen Schwer-
        unkt in den Beitrittsverhandlungen darstellen.
        Die Diskriminierung der Roma ist jedoch kein serbi-
        ches Phänomen. Im Kosovo ist die Lage dieser
        enschen ebenfalls dramatisch. Insbesondere die Ver-
        eibung der Roma im Zuge des Kosovo-Konfliktes stellt
        ine große Tragödie dar. Unseriös sind allerdings Versu-
        he, die Lage der Roma zu instrumentalisieren, um den
        FOR-Einsatz zu diffamieren, und dabei Zahlen anzu-
        hren, die nicht belegbar sind. Weder ist die Zahl der
        or dem Krieg tatsächlich im Kosovo lebenden Roma
        ekannt, noch ist die Größenordnung der Vertreibungen
        weifelsfrei ermittelbar. Richtig ist, dass KFOR zu
        eginn des Einsatzes nicht in der Lage war, die Roma
        usreichend vor Übergriffen zu schützen. Wahr ist aber
        uch, dass die KFOR-Truppen sich um einen besseren
        chutz der Roma bemühten, sobald sie über deren alar-
        ierende Lage informiert wurden. So hält es ein ge-
        einsamer Bericht des Europarates und der OSZE von
        999 fest.
        An Gewalt und Diskriminierung gegenüber den
        oma damals wie heute ändert dies nichts. Nicht nur in
        er Westbalkanregion, sondern auch in der gesamten
        uropäischen Union werden sie systematisch ausge-
        renzt. Rassistische Übergriffe sind an der Tagesord-
        ung. Armut, Arbeitslosigkeit und mangelnder Zugang
        u Bildung bestimmen den Alltag der Menschen. Doch
        tatt daran mitzuwirken, dass Hundertlausende im
        uropa des 21. Jahrhunderts unter menschenwürdigen
        edingungen leben können, unterstellt Innenminister
        riedrich den Roma pauschal Asylmissbrauch und droht
        amit, die Reisefreiheit der Menschen in Südosteuropa
        inzuschränken. Das ist nicht nur verantwortungslos,
        ondern schürt darüber hinaus den Rassismus gegenüber
        en Roma. Deshalb fordern wir nicht nur ein Ende der
        Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32323
        (A) )
        )(B)
        Abschiebungen von Roma in die Westbalkanregion, son-
        dern auch ein endlich ernstzunehmendes Engagement
        Deutschlands für die europaweite Integration der Roma.
        Anlage 7
        Erklärung nach § 31 GO
        des Abgeordneten Volker Beck (Köln) (BÜND-
        NIS 90/DIE GRÜNEN) zur Abstimmung über
        die Beschlussempfehlung des Ausschusses nach
        Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsaus-
        schuss) zu dem Gesetz zur Umsetzung der
        Richtlinie 2012/…/EU über den Zugang zur Tä-
        tigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichti-
        gung von Kreditinstituten und Wertpapierfir-
        men und zur Anpassung des Aufsichtsrechts an
        die Verordnung (EU) Nr. …/2012 über die Auf-
        sichtsanforderungen an Kreditinstitute und
        Wertpapierfirmen (CRD IV-Umsetzungsge-
        setz) (Zusatztagesordnungspunkt 8)
        Ich erkläre im Namen der Fraktion Bündnis 90/Die
        Grünen, dass unser Votum „Ablehnung“ lautet.
        Anlage 8
        Erklärung nach § 31 GO
        der Abgeordneten Dr. Dietmar Bartsch,
        Heidrun Bluhm, Steffen Bockhahn, Raju
        Sharma, Dr. Kirsten Tackmann und Halina
        Wawzyniak (alle DIE LINKE) zu den Abstim-
        mungen über den Entwurf eines Gesetzes gegen
        unseriöse Geschäftspraktiken (Tagesordnungs-
        punkt 20 a)
        Wir haben uns bei der Abstimmung zu den vorliegen-
        den Änderungsanträgen enthalten.
        Erstens. Bündnis 90/Die Grünen schlagen eine Ände-
        rung des § 558 f BGB vor. Mit dem Änderungsantrag
        wollen die Antragsteller bei nicht ausreichender Versor-
        gung mit Mietwohnungen die Landesregierungen er-
        mächtigen, für die davon betroffenen Gebiete eine
        Rechtsverordnung zu erlassen, mit der bei Wiederver-
        mietung die ortsübliche Vergleichsmiete nicht um mehr
        als 10 Prozent überschritten werden darf.
        Diese Regelung ist zwar besser als der bisherige Zu-
        stand, aber nicht ausreichend. Notwendig wäre zum ei-
        nen eine Regelung ohne die Einschränkung „nicht aus-
        reichende Versorgung mit Mietwohnungen“. Notwendig
        wäre auch eine gesetzliche Regelung statt einer Mög-
        lichkeit, eine Verordnung zu erlassen. Schließlich wäre
        es notwendig, gesetzlich festzuschreiben, dass Mieterhö-
        hungen allein wegen Neuvermietung unzulässig sind.
        Zweitens. Die Änderungsanträge der SPD und von
        Bündnis 90/Die Grünen zur gesetzlichen Regelung der
        Strafbarkeit der Bestechlichkeit und Bestechung von
        Mitgliedern von Volksvertretungen – Abgeordnetenbeste-
        chung – sind nicht ausreichend, um ihnen zuzustimmen.
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        ie Fraktion Die Linke hat bereits am 21. April 2010 ei-
        en Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung der Abge-
        rdnetenbestechung vorgelegt – Drucksache 17/1412. Die
        oalitionsfraktionen haben eine abschließende Behand-
        ng der von allen Oppositionsparteien vorgelegten Ge-
        etzesentwürfe im Plenum durch ständige Vertagung der
        eratung im Rechtsausschuss verhindert. Obwohl wir
        as Anliegen, die Strafbarkeit der Abgeordnetenbeste-
        hung gesetzlich zu regeln, teilen, ist eine Zustimmung
        u den konkret vorliegenden Gesetzentwürfen von SPD
        nd Bündnis 90/Die Grünen nicht möglich. Nachträgli-
        he „Dankeschön-Spenden“ werden danach nicht unter
        trafe gestellt. Außerdem sind abstrakte Rechtsbegriffe
        ie „parlamentarische Gepflogenheiten“ bzw. „Verwerf-
        chkeit“ nicht geeignet, um die gewünschte Transparenz
        ei der Abgrenzung von erlaubtem und unerlaubtem
        erhalten herzustellen. Danach wäre es auch zukünftig
        öglich, dass Lobbyverbände im Rahmen von Werbe-
        eranstaltungen Politiker und Politikerinnen in großem
        mfang bewirten, obwohl auch hier die Gefahr und der
        nschein der Käuflichkeit erzeugt wird. Besser wären
        lare gesetzliche Regeln, zum Beispiel durch die Einfüh-
        ng von Bagatellgrenzen.
        Drittens. Die Einbringung der vorliegenden drei Än-
        erungsanträge stellt eine nahe an der Instrumentalisie-
        ng der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages
        hier § 82 – liegende Handlung dar. Änderungsanträge,
        as besagt schon der Begriff, müssen sich auf die Ände-
        ng eines vorliegenden Gesetzentwurfs beziehen. Der
        orliegende Entwurf eines Gesetzes gegen unseriöse Ge-
        chäftspraktiken enthält keinen Sachzusammenhang mit
        en vorgelegten Änderungsanträgen. Das mit den Ände-
        ngsanträgen vorgeschlagene Verfahren nennt sich
        mnibus-Verfahren. Sosehr wir bei aller Kritik der kon-
        reten Änderungsanträge – vergleiche Punkte eins und
        wei – das grundlegende Anliegen der Änderungs-
        nträge teilen, halten wir das Verfahren für nicht seriös.
        nlage 9
        Erklärungen nach § 31 GO
        zu den Abstimmungen über den Entwurf eines
        Gesetzes gegen unseriöse Geschäftspraktiken
        (Tagesordnungspunkt 20 a)
        Manuel Höferlin (FDP): Zunächst möchte ich auf
        ie Art und Weise der Einbringung der Anträge hinwei-
        en. Sie sind im Omnibus-Verfahren zur Abstimmung
        ber das Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken ge-
        tellt worden, stehen aber mit diesem in keinerlei Zu-
        ammenhang. Die Einbringung der Änderungsanträge ist
        ffensichtlich dem Wahlkampf geschuldet.
        Weiter möchte ich auf die schwerwiegenden Mängel
        er Gesetzesentwürfe hinweisen. Die Änderungsanträge
        nthalten die von SPD und Grünen bereits in den Bun-
        estag eingebrachten Gesetzesentwürfe, die auch Ge-
        enstand der öffentlichen Anhörung des Rechtsaus-
        chusses zur Abgeordnetenbestechung im Oktober
        ergangenen Jahres waren.
        32324 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
        (A) )
        )(B)
        Schon in der Anhörung wurde deutlich, dass die
        Mehrheit der Sachverständigen verfassungsrechtliche
        Bedenken gegen die Entwürfe hatte. Denn nach dem
        Grundgesetz ist es höchst problematisch, die Abgeord-
        netenbestechung wie die Strafbarkeit von Amtsträgern
        zu gestalten. Um die Probleme der Umsetzbarkeit wis-
        sen auch alle spätestens seit der öffentlichen Anhörung
        im Rechtsausschuss. Nach überwiegender Auffassung
        der gehörten Sachverständigen verstoßen die Entwürfe
        entweder gegen Art. 38 GG, der die Freiheit des Mandats
        gewährleistet, und/oder gegen Art. 103 Abs. 2 GG,
        wonach gesetzliche Bestimmungen klar und eindeutig
        verfasst sein müssen, damit der Bürger – und hier der
        Abgeordnete – weiß, was strafbar ist und was nicht.
        Selbst den – teilweise ratlosen – Befürwortern war eine
        Argumentation zur praktischen Umsetzung unmöglich.
        Nach der Verfassung müssen Beamte stets unpartei-
        isch und frei von unsachlichen Einflüssen nach Maßgabe
        der Gesetze handeln und entscheiden. Abgeordnete hin-
        gegen haben keinen genau umgrenzten Pflichtenkreis
        wie Amtsträger. Sonst könnten sie ihr Mandat auch nicht
        frei ausüben. Deshalb muss zwischen beiden unterschie-
        den werden.
        Die unbestimmten Rechtsbegriffe „parlamentarische
        Gepflogenheiten“ – wie ihn der Entwurf der SPD
        vorsieht – oder „Verwerflichkeit“ eines rechtswidrigen
        Vorteils – wie ihn der Entwurf von Bündnis 90/Die Grü-
        nen vorsieht – erfüllen nicht das Bestimmtheitsgebot der
        Verfassung.
        Ich sehe keine Möglichkeit, ein Gesetz zu verabschie-
        den, das die UN-Konvention ratifiziert und gleichzeitig
        verfassungskonform ist. Es fällt der Opposition leicht,
        etwas zu fordern, das sie nicht selbst gestalten muss. Bis-
        her konnte von niemandem eine praktikable Lösung vor-
        geschlagen werden.
        Anette Hübinger (CDU/CSU): Ich lehne den sach-
        fremden Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die
        Grünen zur Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesre-
        gierung zum Entwurf eines Gesetzes gegen unseriöse
        Geschäftspraktiken am 27. Juni 2013 ab. Ich bin mir der
        Tatsache bewusst, dass der Änderungsantrag eine Forde-
        rung aus dem Wahlprogramm 2014 von CDU/CSU auf-
        greift. In meinen Augen stellt der vorliegende Antrag ein
        reines Wahlkampfmanöver dar und verkürzt diese wich-
        tige Problematik unsachgemäß. Ich befürworte die im
        CDU/CSU-Wahlprogramm enthaltene Forderung, wo-
        nach in angespannten Märkten die Mieterhöhungen in
        Zukunft auf 10 Prozent oberhalb der ortsüblichen Ver-
        gleichsmiete beschränkt werden können. Damit muss al-
        lerdings auch der Bau ausreichend vieler Wohnungen in
        Gebieten mit Wohnungsknappheit verbunden werden, da
        ansonsten das Problem nicht umfassend genug gelöst
        werden kann. Hierauf gibt der vorliegende Änderungs-
        antrag im Gegensatz zum Wahlprogramm 2014 von
        CDU und CSU keine Antworten und ist deshalb abzu-
        lehnen.
        Uwe Schummer (CDU/CSU): Erstens. Mit einem
        Verfahrenstrick zu einem anderen Tagesordnungspunkt
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        bstimmungen zur Abgeordnetenbestechung zu verste-
        ken, ist weder transparent noch dem Thema angemes-
        en.
        Zweitens. Ich persönlich stehe für mehr Transparenz.
        eit 2002 veröffentliche ich meine Steuerbescheide auf
        er Internetseite www.uwe-schummer.de.
        Mein Ziel ist, in der nächsten Legislaturperiode das
        hema in einem geordneten und transparenten Verfahren
        u regeln.
        nlage 10
        Erklärung nach § 31 GO
        des Abgeordneten Frank Schäffler (FDP) zur
        Abstimmung über die Beschlussempfehlung:
        Entsendung bewaffneter deutscher Streitkräfte
        zur Beteiligung an der Multidimensionalen
        Integrierten Stabilisierungsmission in Mali
        (MINUSMA) auf Grundlage der Resolution
        2100 (2013) des Sicherheitsrates der Vereinten
        Nationen vom 25. April 2013 (Tagesordnungs-
        punkt 11)
        Nicht einmal vier Monate nach der Beschlussfassung
        es Bundestags über die Beteiligung an AFISMA wird
        ie Mission aufgebohrt und um diverse Facetten erwei-
        rt. Sie heißt nun MINUSMA, und unter diesem Namen
        setzt Deutschland im Sinne eines vernetzten Ansatzes
        ein umfassendes Engagement in Mali und der Sahel-re-
        ion fort“. lm Gegensatz zur bisherigen internationalen
        nterstützungsmission AFISMA, deren Mandat
        diglich die Unterstützung der malischen Streitkräfte
        eim Aufbau von Kapazitäten sowie bei der Wiederher-
        tellung der territorialen Integrität Malis vorsah, soll
        INUSMA einen „umfassenden Beitrag zur Stabilisie-
        ng Malis“ leisten. Das Mandat soll bei der „Stabilisie-
        ng wichtiger Bevölkerungszentren“ sowie bei der
        Wiederherstellung der staatlichen Autoritäten im ganzen
        and“ Hilfe gewähren. Es gibt jetzt eine „Road Map“.
        Ich habe schon EUTM Mali wie auch AFISMA nicht
        ugestimmt (Plenarprotokoll 17/225 vom 28. Februar
        013, Seite 28161), weil ich dem Erfolgsversprechen der
        issionsbefürworter nicht glauben konnte. Ich hatte vor
        en unbeabsichtigten und absehbaren Folgen gewarnt,
        ie die Verteidigung Deutschlands in Timbuktu nach
        ich ziehen könnte. Viel früher als am 28. Februar von
        ir erwartet – nicht erst in einem Jahr, sondern schon
        ach vier Monaten – kommt im größeren Stil, was wohl
        kleinen bislang nicht funktioniert hat. Für dieses be-
        bsichtigte „umfassende deutsche Engagement in Mali
        nd der Sahelregion“ sehe ich afghanische Verhältnisse
        uf uns zukommen. Ich wünsche den Betroffenen, das
        ind in zweiter Linie die in den Sahel verschickten Sol-
        aten und ihr Tross ziviler Helfer aus allen Nationen und
        erster Linie die Bevölkerung Malis, alles erdenklich
        ute und hoffe, dass das internationale Engagement
        icht zu noch mehr Leid führt, als die Menschen ohnehin
        chon ertragen müssen. Meine Gedanken und mein Mit-
        efühl sind bei allen, denen es in Mali schlecht geht. In
        Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32325
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        )(B)
        Bezug auf den Ausgang der Mission schwant mir jedoch
        nichts Gutes. Wenn ich den Missionsnamen lese, dann
        erinnert mich dieser unweigerlich an SNAFU.
        Anlage 11
        Erklärungen nach § 31 GO
        zur Abstimmung über den Entwurf eines Geset-
        zes zur Änderung des Einkommensteuer-
        gesetzes in Umsetzung der Entscheidung des
        Bundesverfassungsgerichtes vom 7. Mai 2013
        (Tagesordnungspunkt 13 a)
        Veronika Bellmann (CDU/CSU): Ich kann dem vor-
        liegenden Gesetzentwurf nicht zustimmen, weil ich
        schon die ihm zugrunde liegende Entscheidung des Bun-
        desverfassungsgerichtes als rechtlich nicht tragfähig er-
        achte. Insofern schließe ich mich im Wesentlichen der
        abweichenden Meinung, im Folgenden auszugsweise zi-
        tiert, von Richter Landau und Richterin Kessal-Wulf
        hinsichtlich des Beschlusses des Zweiten Senats vom
        7. Mai 2013 an:
        Naheliegende, Gestaltungsauftrag und -prärogative
        des Gesetzgebers schonende sowie die funktionale Auf-
        gabenverteilung zwischen Gesetzgeber und Verfassungs-
        gericht respektierende Lösungsmöglichkeiten wurden
        durch den Senat nicht ausreichend berücksichtigt.
        Der Senat verkennt, dass die eingetragene Lebenspartner-
        schaft bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Überarbeitung
        des Lebenspartnerschaftsrechts am 1. Januar 2005 nach dem
        ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers nicht als eine der
        Ehe vergleichbare Gemeinschaft von Erwerb und Verbrauch
        ausgestaltet war.
        Die Verfassung stellt Ehe und Familie durch die ver-
        bindliche Wertentscheidung in Art. 6 Abs. 1 GG unter
        den besonderen Schutz der staatlichen Ordnung. Dieser
        besondere Schutz wird der Ehe zuteil, weil sie Vorstufe
        zur Familie sein kann, die wiederum Voraussetzung der
        Generationenfolge und damit der Zukunftsgerichtetheit
        von Gesellschaft und Staat ist. Das Schutz- und Förder-
        gebot bildet einen sachlichen Differenzierungsgrund, der
        geeignet ist, die Besserstellung der Ehe gegenüber ande-
        ren, durch ein geringeres Maß an wechselseitiger
        Pflichtbindung geprägten Lebensgemeinschaften zu
        rechtfertigen.
        Mit der eingetragenen Lebenspartnerschaft schuf der
        Gesetzgeber im Jahr 2001 eine institutionalisierte Ver-
        antwortungsgemeinschaft, die sich in ihrer rechtlichen
        Verbindlichkeit der Ehe annäherte, ihr aber in ihren
        Rechtswirkungen nicht unmittelbar gleichkam. Die ein-
        getragene Lebenspartnerschaft war nicht von Beginn an
        zivilrechtlich als eine der Ehe vergleichbare Gemein-
        schaft von Erwerb und Verbrauch ausgestaltet. In der ur-
        sprünglichen Gesetzesfassung des Lebenspartnerschafts-
        gesetzes vom 16. Februar 2001 hat er noch bewusst
        davon abgesehen, vollständige Gleichheit herzustellen
        (vergleiche Bundestagsdrucksache 14/3751, Seite 1,
        33 f.; 15/3445, Seite 1, 14 f.). Eine weitere Stufe der An-
        gleichung erfolgte erst durch das Gesetz zur Überarbei-
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        ng des Lebenspartnerschaftsrechts vom 15. Dezember
        004, das mit Wirkung zum 1. Januar 2005 in Kraft trat.
        is zu diesem Zeitpunkt bestanden gewollte, nicht bloß
        ufällige, strukturelle Unterschiede zur Ehe unter ande-
        m im Güterrecht und beim Recht des Versorgungsaus-
        leichs. Die Lebenspartner waren zwar bis dahin auch zu
        egenseitiger Fürsorge und Unterstützung sowie zur Un-
        rhaltsgewährung verpflichtet (vergleiche BVerfGE 105,
        13 <355>), begründeten aber noch keine der Ehe schon
        ergleichbare Gemeinschaft von Erwerb und Verbrauch.
        emessen am Regelungsgegenstand und -ziel der §§ 26,
        6 b und 32 a Abs. 5 EStG liegt aber gerade hierin ein
        inreichend gewichtiger Sachgrund, der die Privilegie-
        ng der Ehe in den Veranlagungsjahren zwischen 2001
        nd 2004 zu rechtfertigen vermag, ohne dass es eines
        ückgriffs auf Art. 6 Abs. 1 GG bedarf. Der Verweis des
        enats auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungs-
        erichts zur Erbschaft- und Schenkungsteuer, zur Grund-
        rwerbsteuer und zum besoldungsrechtlichen Familien-
        uschlag ist ungeeignet, das gegenteilige Ergebnis zu
        egründen. Keine der genannten Entscheidungen stellt
        uf den Bereich des Einkommensteuerrechts unbesehen
        bertragbare Grundsätze auf.
        Insofern ist die Nachzahlung aufgrund Rückwirkung
        owohl im Beschluss des Bundesverfassungsgerichts als
        uch im Gesetzentwurf nicht zu rechtfertigen und legt
        em Steuerzahler ungerechtfertigte Zahlungspflichten
        uf.
        Die vom Senat richterrechtlich vorgenommene Er-
        treckung des Splittingverfahrens auf eingetragene Le-
        enspartner für die Veranlagungsjahre vor 2005 läuft auf
        ie Gewährung der einkommensteuerrechtlichen Vor-
        ile einer Gemeinschaft von Erwerb und Verbrauch hi-
        aus, ohne dass die hieraus spiegelbildlich erwachsen-
        en Verpflichtungen zwischen den Lebenspartnern in
        uch nur annähernd vergleichbarem Umfang bestanden
        ätten. Diese Inkonsistenz wird in besonderem Maße da-
        n deutlich, dass der Senat zur Begründung seiner Lö-
        ung anführt, der Gesetzgeber habe die Lebenspartner-
        chaft „von Anfang an“ in einer der Ehe vergleichbaren
        eise als umfassende institutionalisierte Verantwor-
        ngsgemeinschaft verbindlich gefasst und bestehende
        nterschiede kontinuierlich abgebaut. Unbeschadet der
        ieser Begründung bereits innewohnenden Widersprüch-
        chkeit blendet diese Behauptung aus, dass der Gesetz-
        eber, der durch das Lebenspartnerschaftsgesetz verfas-
        ungsrechtliches Neuland betrat, bewusst von einer
        ollständigen Gleichstellung der eingetragenen Le-
        enspartnerschaft mit der Ehe absah und gerade die öko-
        omische Selbstständigkeit beider Partner als gesetzli-
        hes Leitbild herausstellte. Ausweislich der Gesetz-
        ebungsmaterialien ging der Gesetzgeber ausdrücklich
        on einer „größeren wirtschaftlichen Unabhängigkeit
        eider Partner“ aus und schuf insbesondere beim Vermö-
        ensrecht der eingetragenen Lebenspartnerschaften – der
        ozialen Wirklichkeit des Jahres 2001 entsprechend –
        nterschiede zum ehelichen Güterrecht (vergleiche
        undestagsdrucksache 14/3751, Seite 41 und 42; ver-
        leiche auch V. Beck, NJW 2001, Seite 1894 <1898 ff>).
        Indem der Senat nunmehr eine der Ehe im Hinblick
        uf das Bestehen einer Gemeinschaft von Erwerb und
        32326 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
        (A) )
        )(B)
        Verbrauch vergleichbare rechtliche Ausgangssituation
        der eingetragenen Lebenspartnerschaft „von Anfang an“
        konstruiert, die die Legislative zu diesem Zeitpunkt aus-
        drücklich nicht gewollt hatte, setzt er seine Einschätzung
        an die Stelle des hierzu allein berufenen Gesetzgebers.
        Gesellschaftlichen Wandel aufzunehmen, zu bewerten
        und gegebenenfalls rechtliche Formen hierfür bereitzu-
        stellen, kann nur Sache des Gesetzgebers, nicht aber des
        Verfassungsgerichts sein.
        Der Senat hätte sich zunächst damit auseinanderset-
        zen müssen, ob vor dem Hintergrund des familienpoliti-
        schen Normzwecks des Splittingverfahrens die durch
        §§ 26, 26 b und 32 a Abs. 5 EStG vorgenommene typi-
        sierende Privilegierung der Ehe allein aufgrund ihres
        Charakters als Vorstufe zur Familie und ihrer Bedeutung
        für die Generationenfolge in Gesellschaft und Staat zu-
        lässig gewesen ist.
        Allein aus dem Umstand, dass auch bei Lebenspart-
        nern Kinder aufwachsen, kann indes nicht zwingend ge-
        schlossen werden, dass schon in den Veranlagungsjahren
        2001 und 2002 der Gesamtheit der eingetragenen Le-
        benspartnerschaften das Splittingverfahren im Wege der
        Typisierung zu eröffnen gewesen wäre. Hierzu hätte sich
        der Senat der Frage stellen müssen, ob der Anteil der
        Kinder erziehenden eingetragenen Lebenspartnerschaf-
        ten 2001 und 2002 schon so hoch war, dass diese Kon-
        stellation dem Regelfall entsprach und daher – wie bei
        der Ehe – die Einbeziehung aller Lebenspartnerschaften
        unabhängig vom Vorhandensein von Kindern geboten
        gewesen wäre. Die Annahme des Senats, steuerliche
        Vorteile der §§ 26, 26 b und 32 a Abs. 5 EStG kämen
        auch bei Lebenspartnerschaften typischerweise solchen
        mit Kindern zugute, ist – zumal für die infrage stehenden
        Veranlagungszeiträume – nicht belegt und gibt keine
        Antwort auf die für die Typisierung entscheidende
        Frage, wie hoch der Anteil der eingetragenen Le-
        benspartnerschaften gewesen ist, in denen Kinder erzo-
        gen wurden. Soweit der Senat zu dieser Frage auf das
        Bestehen von Härtefallgruppen verweist, gebietet allein
        deren Bestehen ebenfalls nicht die Erstreckung der Typi-
        sierung auf die gesamte Personengruppe. Der Begrün-
        dungsansatz, die bestehende Rechtslage blende aus, dass
        in eingetragenen Lebenspartnerschaften Kinder auf-
        wüchsen, und laufe hierdurch auf eine mittelbare Diskri-
        minierung wegen der sexuellen Orientierung hinaus, ist
        zur Untermauerung der rückwirkend vorgenommenen
        Typisierung untauglich, da etwaig bestehenden Un-
        gleichbehandlungen auch durch eine beschränkte Eröff-
        nung des Splittingverfahrens für eingetragene Lebens-
        partnerschaften, in denen Kinder erzogen werden oder
        wurden, hätte wirksam Rechnung getragen werden kön-
        nen. Ein solcher Lösungsansatz ist durch den Senat, der
        ausschließlich auf die typisierende Einbeziehung der Le-
        benspartnerschaften abstellt, jedoch nicht vertieft wor-
        den.
        Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesver-
        fassungsgerichts gebührt dem Gesetzgeber bei der Neu-
        regelung eines komplexen Sachverhalts ein zeitlicher
        Anpassungsspielraum; er darf sich zunächst mit einer
        grob typisierenden Regelung begnügen, um diese nach
        hinreichender Sammlung von Erfahrungen allmählich
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        urch eine differenziertere zu ersetzen (vergleiche
        VerfGE 54, 11 <37>; 54, 173 <202> mit weiteren
        achweisen). Dieser Gedanke gilt erst recht bei umfas-
        enden Reformen, die einen hohen Regelungsaufwand
        rfordern. Dem Gesetzgeber muss es grundsätzlich mög-
        ch sein, eine solche Reform in mehreren Stufen zu ver-
        irklichen, um den Regelungsaufwand und die organisa-
        rischen Folgen jeweils zu begrenzen und zunächst in
        inem Teilbereich Erfahrungen zu sammeln, die bei den
        eiteren Schritten berücksichtigt werden können (ver-
        leiche BVerfGE 85, 80 <91 >; 89, 15 <27>; 89, 365
        379 f.>; 95, 267 <314 f.>). In einem solchen Fall geben
        ie damit verbundenen Unzuträglichkeiten erst dann An-
        ss zur verfassungsrechtlichen Beanstandung, wenn der
        esetzgeber eine spätere Überprüfung und fortschrei-
        nde Differenzierung trotz ausreichenden Erfahrungs-
        aterials für eine sachgerechtere Lösung unterlässt (ver-
        leiche BVerfGE 33, 171 <189 f>; 54, 173 <202>; 100,
        9 <101>; 103, 242 <267>).
        Hiermit setzt sich der Senat nicht auseinander. Der
        it der Einführung der eingetragenen Lebenspartner-
        chaft verbundene Regelungsaufwand war für den Ge-
        etzgeber erheblich. Das neu geschaffene Rechtsinstitut
        usste umfassend in die bestehenden zivil- und öffent-
        ch-rechtlichen Strukturen eingepasst werden, wobei
        ine universale Gleichsetzung mit den für die Ehe gel-
        nden Vorschriften vom Gesetzgeber nicht gewollt war
        nd deren Zulässigkeit zudem verfassungsrechtlichen
        weifeln unterlag. Aus diesem Grund hat sich der Ge-
        etzgeber bewusst dazu entschieden, nur eine schritt-
        eise Annäherung von Ehe und eingetragener Le-
        enspartnerschaft durchzuführen. Es kann ihm deshalb
        icht verwehrt sein, einzelne Angleichungen von einer
        päteren Evaluierung abhängig zu machen. Dem Gesetz-
        eber wäre angesichts des familienpolitischen Norm-
        wecks des Splittingverfahrens zuzubilligen gewesen,
        unächst die eingetragene Lebenspartnerschaft im Hin-
        lick auf ihre Vorwirkung für die Familie und Generatio-
        enfolge zu evaluieren und hieraus gegebenenfalls steu-
        rliche Konsequenzen zu ziehen.
        Diesen Einschätzungsspielraum übergeht der Senat
        urch seine auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens des Le-
        enspartnerschaftsgesetzes rückwirkende Unvereinbar-
        eitserklärung und verengt die gesetzgeberischen Ge-
        taltungsmöglichkeiten zusätzlich. Im Zuge dessen setzt
        r sich zudem über die bisherige Rechtsprechung hin-
        eg, wonach der Gesetzgeber einen mit dem Grundge-
        etz unvereinbaren Rechtszustand nicht rückwirkend be-
        eitigen muss, wenn die Verfassungsrechtslage nicht
        inreichend geklärt war (vergleiche BVerfGE 120, 125
        167 f>; 125, 175 <258>).
        Zum Gehalt der Ehe, wie er sich ungeachtet des ge-
        ellschaftlichen Wandels und der damit einhergehenden
        nderungen ihrer rechtlichen Gestaltung bewahrt und
        urch das Grundgesetz seine Prägung bekommen hat,
        ehört, dass sie die Vereinigung eines Mannes und einer
        rau zu einer auf Dauer angelegten Lebensgemeinschaft
        t (Bundesverfassungsgericht vom 17. Juli 2002,
        VerfGE 105, 313/345). Die Ehe als Verbindung von
        ann und Frau hat auch das Alleinstellungsmerkmal,
        ass alleine aus dieser Verbindung Kinder hervorgehen
        Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32327
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        können, die wiederum die Zukunftsfähigkeit jeder Ge-
        sellschaft sichern. Daran hat bisher noch keine Ideolo-
        gie, kein Parteiprogramm oder keine Gerichtsentschei-
        dung etwas ändern können.
        Diese Alleinstellungsmerkmal verbietet sowohl die
        Öffnung der Ehe für andere Lebensformen, wie etwa der
        gleichgeschlechtlichen Partnerschaft, als auch, entgegen
        der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom
        7. Mai 2013, die Privilegierung der Ehe gegenüber ande-
        ren Formen des Zusammenlebens aufzuheben. Darin
        liegt keinerlei Diskriminierung oder Unwerturteil gegen-
        über anderen Lebensformen, sondern eine schlichte
        Feststellung der Realität.
        Dieses Alleinstellungsmerkmal verkennt das Bundes-
        verfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 7. Mai
        2013, wenn es Unterschiede zwischen der Lebenssitua-
        tion von Ehepartnern und Lebenspartnern, die eine Un-
        gleichbehandlung rechtfertigen könnten, nicht zu erken-
        nen vermag. Deshalb verstößt meines Erachtens die
        Gewährung gleicher Vergünstigungen, wie etwa der Ein-
        räumung des Ehegattensplitting, gegen den besonderen
        Schutz der Ehe. Auch die Argumentation, man nimmt
        der Ehe nichts, wenn man auch der Lebenspartnerschaft
        oder anderen Formen des Zusammenlebens dieselben
        Rechte einräumt, trägt nicht, da etwa auch im Prüfungs-
        wesen die Verleihung eines Spitzenprädikats an alle die-
        ses Spitzenprädikat entwertet.
        Zwar ist der Gesetzgeber bei der Grundrechtsausle-
        gung an Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts
        gebunden, umgekehrt kann aber auch das Bundesverfas-
        sungsgericht nicht in die freie Gewissensentscheidung
        des Abgeordneten eingreifen.
        Michael Kauch (FDP): Seit Beginn der Regierungs-
        beteiligung der FDP im Jahr 2009 sind eingetragene
        Lebenspartner im Beamten-, Richter- und Soldatenrecht,
        im Entwicklungshelfergesetz, bei der Erbschaft- und
        Grunderwerbsteuer und beim BAföG mit Ehegatten
        gleichgestellt worden. Wir haben als FDP die Errichtung
        der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld durchgesetzt, die
        durch Bildung und Forschung der Diskriminierung ein-
        getragener Lebenspartnerschaften entgegentritt. Das
        Auswärtige Amt und das Bundesministerium für wirt-
        schaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung haben
        unter liberalen Ministern neue Akzente in der Men-
        schenrechtspolitik für Homosexuelle gesetzt: Erstmals
        wurde die Budgethilfe für Staaten verschärft, die Straf-
        normen verschärfen; erstmals wurden konkrete Projekte
        vor Ort für mehr gesellschaftliche Akzeptanz finanziert.
        Mit dem neuen Sorgerecht haben wir zudem auch für
        schwule Väter in sogenannten Regenbogenfamilien ei-
        nen guten Rechtsrahmen geschaffen.
        Bei der Einkommensteuer haben wir bereits lange auf
        die Gleichstellung der Lebenspartner gedrängt. Unsere
        Position wurde vollumfänglich vom Bundesverfassungs-
        gericht bestätigt. Wir freuen uns, dass die Koalition in
        Rekordgeschwindigkeit diese Entscheidung heute um-
        setzt.
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        Die Gleichstellung im Einkommensteuergesetz macht
        eitere Anpassungen in damit verbundenen Gesetzen er-
        rderlich. Hier ist ein umfassendes Rechtsbereinigungs-
        esetz erforderlich. Dies erfordert hohe Sorgfalt und
        ehr Zeit, als sie jetzt zur Verfügung stand. Auch die
        nderungsanträge der Opposition sind nicht vollständig.
        ie Linke will nur die Abgabenordnung anpassen, die
        rünen dagegen auch das Wohnungsbauprämiengesetz,
        as Altervorsorge-Zertifizierungsgesetz, das Eigenheim-
        ulagengesetz und das Bundeskindergeldgesetz. Auch
        er grüne Gesetzentwurf ist nicht vollständig.
        Dennoch habe ich mich entschlossen, diesen Ände-
        ngsanträgen trotz ihrer Unvollständigkeit zuzustim-
        en.
        Die FDP tritt darüber hinaus für die vollständige
        leichstellung der eingetragenen Lebenspartnerschaften
        it der Ehe und die Öffnung der Ehe für gleich-
        eschlechtliche Paare ein. Wer gleiche Pflichten hat,
        uss auch gleiche Rechte bekommen. Auch beim Adop-
        onsrecht ist eine vollständige Gleichstellung geboten.
        Ich verstehe, dass die FDP-Fraktion nach dem Koali-
        onsvertrag, wie in allen Koalitionen dieser Republik,
        aran gebunden ist, nicht mit wechselnden Mehrheiten
        bzustimmen. Ich habe mich aber entschlossen, den Än-
        erungsanträgen dennoch zuzustimmen.
        Patrick Meinhardt (FDP): Seit Beginn der Regie-
        ngsbeteiligung der FDP im Jahr 2009 sind einge-
        agene Lebenspartner im Beamten-, Richter- und Solda-
        nrecht, im Entwicklungshelfergesetz, bei der
        rbschaft- und Grunderwerbsteuer und beim BAföG mit
        hegatten gleichgestellt worden. Wir haben als FDP die
        rrichtung der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld
        urchgesetzt, die durch Bildung und Forschung der
        iskriminierung eingetragener Lebenspartnerschaften
        ntgegentritt. Das Auswärtige Amt und das Bundes-
        inisterium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
        ntwicklung haben unter liberalen Ministern neue Ak-
        ente in der Menschenrechtspolitik für Homosexuelle
        esetzt: Erstmals wurde die Budgethilfe für Staaten ver-
        chärft, die Strafnormen verschärfen; erstmals wurden
        onkrete Projekte vor Ort für mehr gesellschaftliche
        kzeptanz finanziert. Mit dem neuen Sorgerecht haben
        ir zudem auch für schwule Väter in sogenannten
        egenbogenfamilien einen guten Rechtsrahmen ge-
        chaffen.
        Bei der Einkommensteuer haben wir bereits lange auf
        ie Gleichstellung der Lebenspartner gedrängt. Unsere
        osition wurde vollumfänglich vom Bundesverfassungs-
        ericht bestätigt. Wir freuen uns, dass die Koalition in
        ekordgeschwindigkeit diese Entscheidung heute um-
        etzt.
        Die Gleichstellung im Einkommensteuergesetz macht
        eitere Anpassungen in damit verbundenen Gesetzen er-
        rderlich. Dies ist in der Kürze der Zeit nicht mit der
        irklich notwendigen Sorgfalt leistbar. Schade, dass die
        nken Oppositionsparteien jetzt mit heißer Nadel ge-
        trickte Anträge einbringen, die einer genaueren Prüfung
        icht standhalten. Die Änderungsanträge der Opposition
        32328 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
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        sind nicht vollständig. Die Linke will nur die Abgaben-
        ordnung anpassen, die Grünen dagegen auch das Woh-
        nungsbauprämiengesetz, das Altervorsorgezertifizie-
        rungsgesetz, das Eigenheimzulagengesetz und das
        Bundeskindergeldgesetz. Auch der grüne Gesetzentwurf
        ist nicht vollständig. Daher ist ein umfassendes Rechts-
        bereinigungsgesetz erforderlich, das in dieser Wahl-
        periode nicht mehr leistbar war. Hier sollten wir uns
        gleich zu Beginn der neuen Wahlperiode daran machen,
        um ein solides, bestandskräftiges Gesetz auf den Weg zu
        bringen.
        Die FDP tritt darüber hinaus für die vollständige
        Gleichstellung der eingetragenen Lebenspartnerschaften
        mit der Ehe und die Öffnung der Ehe für gleichge-
        schlechtliche Paare ein. Wer gleiche Pflichten hat, muss
        auch gleiche Rechte bekommen. Auch beim Adoptions-
        recht ist eine vollständige Gleichstellung geboten.
        Nach dem Koalitionsvertrag sind wir, wie in allen
        Koalitionen dieser Republik, daran gebunden, nicht mit
        wechselnden Mehrheiten abzustimmen. Gerade in der
        Frage des Adoptionsrechtes gibt es beim Koalitions-
        partner noch erkennbaren inhaltlichen Klärungsbedarf.
        Daher können wir den Änderungsanträgen der Opposi-
        tion zum Adoptionsrecht und zur Öffnung der Ehe, die
        wir beide inhaltlich unterstützen, heute nicht zustimmen.
        Wir werden als FDP weiterhin unseren Weg fortset-
        zen und Schritt für Schritt die Ungerechtigkeiten gegen-
        über eingetragenen Lebenspartnerschaften abbauen.
        Dafür ist ein langer Atem notwendig. Den haben wir
        Liberale.
        Burkhardt Müller-Sönksen (FDP): Seit Beginn der
        Regierungsbeteiligung der FDP im Jahr 2009 sind ein-
        getragene Lebenspartner im Beamten-, Richterrecht,
        im Entwicklungshelfergesetz, bei der Erbschaft- und
        Grunderwerbsteuer und beim BAföG mit Ehegatten
        gleichgestellt worden. Ich persönlich habe mich mit Er-
        folg im Verteidigungsausschuss dafür eingesetzt, dass
        auch im Soldatenrecht eine echte Gleichstellung veran-
        kert wurde.
        Wir haben als FDP die Errichtung der Bundesstiftung
        Magnus Hirschfeld durchgesetzt, die durch Bildung und
        Forschung der Diskriminierung eingetragener Le-
        benspartnerschaften entgegentritt. Das Auswärtige Amt
        und das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusam-
        menarbeit und Entwicklung haben unter liberalen Minis-
        tern neue Akzente in der Menschenrechtspolitik für Ho-
        mosexuelle gesetzt: Erstmals wurde die Budgethilfe für
        Staaten verschärft, die Strafnormen verschärfen; erst-
        mals wurden konkrete Projekte vor Ort für mehr gesell-
        schaftliche Akzeptanz finanziert. Mit dem neuen Sorge-
        recht haben wir zudem auch für schwule Väter in
        sogenannten Regenbogenfamilien einen guten Rechts-
        rahmen geschaffen.
        Bei der Einkommensteuer haben wir bereits lange auf
        die Gleichstellung der Lebenspartner gedrängt. Unsere
        Position wurde vollumfänglich vom Bundesverfassungs-
        gericht bestätigt. Wir freuen uns, dass die Koalition in
        Rekordgeschwindigkeit diese Entscheidung heute um-
        setzt. Die Gleichstellung im Einkommensteuergesetz
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        acht weitere Anpassungen in damit verbundenen Ge-
        etzen erforderlich. Dies war in der Kürze der Zeit nicht
        it der notwendigen Sorgfalt möglich. Auch die Ände-
        ngsanträge der Opposition sind nicht vollständig. Die
        inke will nur die Abgabenordnung anpassen, die Grü-
        en dagegen auch das Wohnungsbauprämiengesetz, das
        ltervorsorge-Zertifizierungsgesetz, das Eigenheimzu-
        gengesetz und das Bundeskindergeldgesetz. Auch der
        rüne Gesetzentwurf ist nicht vollständig. Daher ist ein
        mfassendes Rechtsbereinigungsgesetz erforderlich, das
        dieser Wahlperiode nicht mehr leistbar war. In der
        eit bis zur Verabschiedung eines solchen Gesetzes wird
        en Betroffenen dadurch keinerlei steuerlicher Nachteil
        ntstehen.
        Die FDP tritt darüber hinaus für die vollständige
        leichstellung der eingetragenen Lebenspartnerschaften
        it der Ehe und die Öffnung der Ehe für gleichge-
        chlechtliche Paare ein. Wer gleiche Pflichten hat, muss
        uch gleiche Rechte bekommen. Auch beim Adoptions-
        cht ist eine vollständige Gleichstellung geboten.
        Eine vollständige Gleichstellung braucht aus meiner
        icht eine fundierte gesetzliche Grundlage. Die vorge-
        gten Gesetzentwürfe der Opposition werden diesem
        nspruch nicht gerecht. Auch wenn ich im Grundsatz
        ie Anliegen der Opposition im Adoptionsrecht und zur
        ffnung der Ehe teile und mich seit vielen Jahren in
        einem Wahlkreis Hamburg für die vollständige Gleich-
        tellung tatkräftig engagiere, werde ich den handwerk-
        ch mangelhaften Gesetzentwürfen heute nicht zustim-
        en.
        Gleichzeitig sehe ich in der Frage des Adoptionsrech-
        s beim Koalitionspartner noch erkennbaren inhalt-
        chen Klärungsbedarf. Um eine möglichst breite parla-
        entarische Mehrheit, die ich in dieser Grundsatzfrage
        egrüßen würde, zu ermöglichen, eröffne ich bewusst
        it meinem Abstimmungsverhalten den Raum für eine
        lärung innerhalb der CDU/CSU-Fraktion. Ich bin da-
        on überzeugt, dass die CDU/CSU sich, nach tieferge-
        ender Auseinandersetzung mit der Intention und der
        ragweite des Karlsruher Urteils, den gelebten gesell-
        chaftlichen Realitäten in unserem Land nicht länger
        erschließen kann.
        Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU): Das Bundesverfas-
        ungsgericht hat ein politisch höchst relevantes Urteil
        efällt. Das haben wir hinzunehmen, aber nicht kritiklos.
        rt. 6 Abs. 1 GG stellt „Ehe und Familie“ unter den be-
        onderen Schutz des Grundgesetzes und privilegiert
        iese Form des Zusammenlebens damit ausdrücklich.
        as die Verfassungsväter und -mütter gemeint haben, ist
        inerseits historisch klar, andererseits erschließt es sich
        us der Konjunktion „Ehe und Familie“ zusätzlich.
        Ich werde dem Gesetzentwurf zustimmen, allerdings
        ben nicht kritiklos.
        Ferner weise ich vorausschauend und ausdrücklich im
        usammenhang mit dem Adoptionsrecht auf einen mir
        esonders wichtigen Punkt hin: Das Adoptionsverfahren
        at sich vorrangig am Interesse des Kindes zu orientie-
        n und nicht einseitig den Interessen adoptionswilliger
        lternpaare, egal welchen Geschlechts, zu beugen. Unter
        Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32329
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        diesen Aspekten ist die Adoption durch Vater und Mutter
        klar zu privilegieren.
        Katherina Reiche (CDU/CSU): Der Beschluss des
        Bundesverfassungsgerichts vom 7. Mai 2013 lässt an
        Klarheit nichts zu wünschen übrig. Dort heißt es: „Art. 6
        Abs. 1 Grundgesetz, GG, garantiert den Eheleuten, eine
        Sphäre privater Lebensgestaltung, die staatlicher Einwir-
        kung entzogen ist. Der Gesetzgeber muss daher Rege-
        lungen vermeiden, die geeignet sind, in die freie Ent-
        scheidung der Ehegatten über ihre Aufgabenverteilung
        in der Ehe einzugreifen.“
        Ehe und Familie unterliegen einem besonderen
        grundgesetzlichen Schutz. Diesen Schutz muss der Ge-
        setzgeber achten und wahren. Der besondere verfas-
        sungsrechtliche Schutz von Ehe und Familie bietet den
        Ehepartnern ebenso Wahlmöglichkeiten: Ein Ehepartner
        ist Alleinverdiener für beide oder beide Ehepartner ver-
        dienen den Lebensunterhalt gemeinsam. Ich sehe daher
        keine Möglichkeit, das Splittingverfahren bei der Zu-
        sammenveranlagung der Ehegatten grundlegend zu mo-
        difizieren. Der Gesetzgeber hat nicht das Rechte in die
        Lebensgestaltung einzugreifen. Das hat er den Ehepaa-
        ren zu überlassen. Und das ist auch gut so!
        Der Gesetzgeber hat die völlige Gleichsetzung von
        Ehe und gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaft bis-
        her nicht beschlossen – mit voller Absicht. Es gibt Rege-
        lungen zur Ehe – insbesondere im Bürgerlichen Gesetz-
        buch –, und es gibt das Lebenspartnerschaftsgesetz. Die
        Rechte und Pflichten der eingetragenen Lebenspartner-
        schaft sind durchaus denen der Ehe nachgebildet wor-
        den. Aber bis heute ist eine Lebenspartnerschaft keine
        Ehe. Meiner Auffassung nach muss dies auch so bleiben.
        Es ist nicht verboten, gegen die ideologische und ge-
        setzespraktische Nivellierung der Familie zu sein. Ging
        es bisher darum, der Mehrheit Toleranz für Minderheiten
        abzutrotzen. Nun lautet aber mehr und mehr die Parole:
        Wir wollen nicht bloß akzeptierte Minderheit sein. Wir
        sind die offeneren und moderneren Menschen. Hier ist
        ein Umschlagspunkt im Denken erreicht. Nun geht es
        nicht mehr darum, einer vermeintlich unterdrückten
        Minderheit zu ihrem Recht zu verhelfen, jetzt geht es da-
        rum, abweichende Standpunkte als antiemanzipatorisch,
        reaktionär oder homophob umzudeuten und zu diskredi-
        tieren. Einen gewissen Erfolg kann man nicht abspre-
        chen. Dennoch darf der Gesetzgeber mit gutem Grund
        zwei unterschiedliche Institute ungleich behandeln. Ge-
        wiss, es ist zu begrüßen und im besten Sinne konserva-
        tiv, wenn zwei Menschen füreinander Verantwortung
        übernehmen, und dies auch für Kinder. Aber es gibt nur
        eine Verbindung, die biologisch darauf angelegt ist, Kin-
        der hervorzubringen – die von Mann und Frau. Jedes
        Kind hat Vater und Mutter. Und schließlich: Nur die Ver-
        bindung von Mann und Frau sichert den Fortbestand un-
        seres Gemeinwesens.
        „Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift
        und Bild frei zu äußern“. Dieses grundgesetzlich in
        Art. 5 Abs. 1 GG geschützte Recht der Meinungsfreiheit
        ist ein wichtiges Gut unserer demokratischen und plura-
        listischen Gesellschaft. Dies beinhaltet auch gesell-
        schaftspolitische Ansichten.
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        Tankred Schipanski (CDU/CSU): Dem Gesetzent-
        urf der Koalitionsfraktionen stimme ich zu, da nach
        einer Überzeugung höchstrichterliche Urteile vom Ge-
        etzgeber umgesetzt werden müssen. Dennoch teile ich
        ie Urteilsbegründung des zuständigen Senats des Bun-
        esverfassungsgerichts nicht vollends. Aus diesem
        rund möchte ich von § 31 GO-BT Gebrauch machen
        nd meine Position in der Sache näher erläutern:
        Unser Grundgesetz stellt Ehe und Familie durch
        rt. 6 Abs. 1 GG unter den besonderen Schutz der staat-
        chen Ordnung. Ausdrücklich schließe ich mich der
        ichtweise des Senats an, wonach dieser besondere
        chutz der Ehe zuteil wird, weil sie Vorstufe zur Familie
        ein kann, die wiederum Voraussetzung der Generatio-
        enfolge und damit der Zukunftssicherheit von Gesell-
        chaft und Staat ist. Richtigerweise erkennt der Senat
        uch, dass der Gesetzgeber, wegen des in Art. 6
        bs. 1 GG enthaltenen Schutz- und Förderauftrags, die
        he gegenüber anderen Lebensformen begünstigen darf.
        s ist darüber hinaus zu berücksichtigen, dass die Ehe
        ach wie vor in signifikantem Umfang Grundlage für ein
        behütetes“ Aufwachsen von Kindern ist (vergleiche
        VerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 19. Juni
        012 – 2 BvR 1397/09 Rn. 66).
        Unter Anerkennung dieser Grundsätze steht dem Ge-
        etzgeber zur Erfüllung des sich aus Art. 6 Abs. 1 GG er-
        ebenden Schutz- und Förderauftrags ein Gestaltungs-
        pielraum zu, den es zu nutzen gilt. Dies bedeutet meines
        rachtens gerade auch, dass der Gesetzgeber bewusste
        nterscheidungen zwischen einer Ehe und einer einge-
        agenen Lebenspartnerschaft machen darf. In diesem
        inne obliegt es dem Gesetzgeber mit seiner Gestal-
        ngsprärogative, den Schutz- und Förderauftrag für Ehe
        nd Familie aus Art. 6 Abs. 1 GG weiter auszugestalten.
        Abschließend bleibt festzuhalten, dass die Entschei-
        ung des Bundesverfassungsgerichts vom 7. Mai 2013
        it 6:2 Stimmen ergangen ist. Auf das gemeinsame Son-
        ervotum der Richterin Kessal-Wulf und des Richters
        andau sei verwiesen. Dieses Sondervotum begrüße ich
        usdrücklich.
        Marina Schuster (FDP): Seit Beginn der Regie-
        ngsbeteiligung der FDP im Jahr 2009 sind eingetra-
        ene Lebenspartner im Beamten-, Richter- und Solda-
        nrecht, im Entwicklungshelfergesetz, bei der
        rbschaft- und Grunderwerbsteuer und beim BAföG mit
        hegatten gleichgestellt worden. Wir haben als FDP die
        rrichtung der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld
        urchgesetzt, die durch Bildung und Forschung der Dis-
        riminierung eingetragener Lebenspartnerschaften
        ntgegentritt. Das Auswärtige Amt und das Bundes-
        inisterium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
        ntwicklung haben unter liberalen Ministern neue Ak-
        ente in der Menschenrechtspolitik für Homosexuelle
        esetzt: Erstmals wurde die Budgethilfe für Staaten ge-
        ürzt, die Strafnormen verschärfen; erstmals wurden
        onkrete Projekte vor Ort für mehr gesellschaftliche Ak-
        eptanz finanziert. Mit dem neuen Sorgerecht haben wir
        udem auch für schwule Väter in sogenannten Regenbo-
        enfamilien einen guten Rechtsrahmen geschaffen.
        Bei der Einkommensteuer haben wir bereits lange auf
        ie Gleichstellung der Lebenspartner gedrängt. Unsere
        32330 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
        (A) )
        )(B)
        Position wurde vollumfänglich vom Bundesverfassungs-
        gericht bestätigt. Wir freuen uns, dass die Koalition in
        Rekordgeschwindigkeit diese Entscheidung heute um-
        setzt.
        Die Gleichstellung im Einkommensteuergesetz macht
        weitere Anpassungen in damit verbundenen Gesetzen er-
        forderlich. Hier ist ein umfassendes Rechtsbereinigungs-
        gesetz erforderlich. Dies erfordert hohe Sorgfalt und
        mehr Zeit als sie jetzt zur Verfügung hat. Auch die Än-
        derungsanträge der Opposition sind nicht vollständig.
        Die Linke will nur die Abgabenordnung anpassen, die
        Grünen dagegen auch das Wohnungsbauprämiengesetz,
        das Altersvorsorgezertifizierungsgesetz, das Eigenheim-
        zulagengesetz und das Bundeskindergeldgesetz. Auch
        der grüne Gesetzentwurf ist nicht vollständig. Dennoch
        habe ich mich entschlossen, diesen Änderungsanträgen
        trotz ihrer Unvollständigkeit zuzustimmen.
        Die FDP tritt darüber hinaus für die vollständige
        Gleichstellung der eingetragenen Lebenspartnerschaften
        mit der Ehe und die Öffnung der Ehe für gleichge-
        schlechtliche Paare ein. Wer gleiche Pflichten hat, muss
        auch gleiche Rechte bekommen. Auch beim Adoptions-
        recht ist eine vollständige Gleichstellung geboten.
        Ich verstehe, dass die FDP-Fraktion nach dem Koali-
        tionsvertrag, wie in allen Koalitionen dieser Republik,
        daran gebunden ist, nicht mit wechselnden Mehrheiten
        abzustimmen. Ich habe mich aber entschlossen, den Än-
        derungsanträgen dennoch zuzustimmen.
        Joachim Spatz (FDP): Seit Beginn der Regierungs-
        beteiligung der FDP im Jahr 2009 sind eingetragene Le-
        benspartner im Beamten-, Richter- und Soldatenrecht,
        im Entwicklungshelfergesetz, bei der Erbschaft- und
        Grunderwerbsteuer und beim BAföG mit Ehegatten
        gleichgestellt worden. Wir haben als FDP die Errichtung
        der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld durchgesetzt, die
        durch Bildung und Forschung der Diskriminierung ein-
        getragener Lebenspartnerschaften entgegentritt. Das
        Auswärtige Amt und das Bundesministerium für wirt-
        schaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung haben un-
        ter liberalen Ministern neue Akzente in der Menschen-
        rechtspolitik für Homosexuelle gesetzt: Erstmals wurde
        die Budgethilfe für diejenigen Staaten abgesenkt oder
        ausgesetzt, die Strafnormen verschärfen; erstmals wurden
        konkrete Projekte vor Ort für mehr gesellschaftliche Ak-
        zeptanz finanziert. Mit dem neuen Sorgerecht haben wir
        zudem auch für schwule Väter in sogenannten Regenbo-
        genfamilien einen guten Rechtsrahmen geschaffen.
        Bei der Einkommensteuer haben wir bereits lange auf
        die Gleichstellung der Lebenspartner gedrängt. Unsere
        Position wurde vollumfänglich vom Bundesverfassungs-
        gericht bestätigt. Wir freuen uns, dass die Koalition in
        Rekordgeschwindigkeit diese Entscheidung heute um-
        setzt. Die Gleichstellung im Einkommensteuergesetz
        macht weitere Anpassungen erforderlich. Dies war in
        der Kürze der Zeit nicht mit der notwendigen Sorgfalt
        möglich. Auch die Änderungsanträge der Opposition
        sind nicht vollständig. Die Linke will nur die Abgaben-
        ordnung anpassen, die Grünen dagegen auch das Woh-
        nungsbauprämiengesetz, das Altersvorsorge-Zertifizie-
        rungsgesetz, das Eigenheimzulagegesetz und das Bundes-
        kindergeldgesetz. Somit ist auch der grüne Gesetzent-
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        urf nicht vollständig. Ein umfassendes Rechtsbereini-
        ungsgesetz ist erforderlich, das in dieser Wahlperiode
        llerdings nicht mehr erarbeitet werden konnte. In der
        eit bis zur Verabschiedung eines solchen Gesetzes wird
        en Betroffenen dadurch jedoch kein steuerlicher Nach-
        il entstehen.
        Die FDP tritt darüber hinaus für die vollständige
        leichstellung der eingetragenen Lebenspartnerschaften
        it der Ehe und die Öffnung der Ehe für gleichge-
        chlechtliche Paare ein. Wer gleiche Pflichten hat, muss
        uch gleiche Rechte bekommen. Auch beim Adoptions-
        cht ist eine vollständige Gleichstellung geboten. Nach
        em Koalitionsvertrag sind wir, wie in allen Koalitionen
        ieser Republik, daran gebunden, nicht mit wechselnden
        ehrheiten abzustimmen. Gerade in der Frage des
        doptionsrechtes gibt es beim Koalitionspartner noch
        rkennbaren inhaltlichen Klärungsbedarf.
        Daher kann ich den Änderungsanträgen der Opposi-
        on zum Adoptionsrecht und zur Öffnung der Ehe, die
        h beide inhaltlich unterstütze, heute nicht zustimmen.
        Erika Steinbach (CDU/CSU): Niemand in Deutsch-
        nd darf diskriminiert werden. Der Staat hat die Ver-
        flichtung, dieses menschenrechtliche Gleichheitsgebot
        uch für Homosexuelle durchzusetzen und zu sichern.
        Dem steht nicht entgegen, dass der Staat finanzielle
        taatliche Förderung danach ausrichtet, ja ausrichten
        uss, was im Interesse der Gesamtgesellschaft und ihrer
        ukunftsfähigkeit liegt.
        Die Ehe ist die Keimzelle jeder menschlichen Ge-
        einschaft, deren Bedeutung mit keiner anderen
        enschlichen Bindung verglichen werden kann. Solange
        ie nächste Generation nicht aus der Retorte kommt, ist
        ie Ehe einziger stabiler Garant für die Zukunftsfähig-
        eit unserer Gesellschaft. Darauf ist der Staat existen-
        iell angewiesen. Deshalb war und ist eine besondere
        örderung der Ehe nach wie vor zwingend geboten –
        sbesondere heutzutage, wo längst erkennbar ist, dass
        ie demografische Entwicklung in Deutschland drama-
        sch rückläufig ist.
        Die Verfasser des Grundgesetzes haben diese
        enschliche Gemeinschaft mit gutem Grund unter den
        esonderen Schutz der staatlichen Ordnung gestellt.
        In seinem jüngsten Urteil hat das Bundesverfassungs-
        ericht den besonderen Schutz der Ehe in einem weite-
        n Schritt unterhöhlt.
        In ihrem Minderheitenvotum haben zwei Verfas-
        ungsrichter zum Beschluss des Zweiten Senates über
        as Ehegattensplitting für homosexuelle Partnerschaften
        utreffend festgestellt: „Indem der Senat nunmehr eine
        er Ehe im Hinblick auf das Bestehen einer Gemein-
        chaft von Erwerb und Verbrauch vergleichbare rechtli-
        he Ausgangssituation der eingetragenen Lebenspartner-
        chaft ,von Anfang an‘ konstruiert, die die Legislative zu
        iesem Zeitpunkt ausdrücklich nicht gewollt hatte, setzt
        r seine Einschätzung an die Stelle des hierzu allein
        erufenen Gesetzgebers. Gesellschaftlichen Wandel auf-
        unehmen, zu bewerten und gegebenenfalls rechtliche
        ormen hierfür bereitzustellen, kann nur Sache des Ge-
        etzgebers, nicht aber des Verfassungsgerichts sein.“
        Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32331
        (A) )
        )(B)
        Sie fügten an anderer Stelle hinzu: Die „Aufgabenver-
        teilung zwischen Gesetzgeber und Verfassungsgericht
        respektierende Lösungsmöglichkeiten wurden durch den
        Senat nicht ausreichend berücksichtigt“. Diese Beurtei-
        lung halte ich für richtig.
        Ich teile auch die Auffassung der beiden Verfassungs-
        richter, die in ihrem Minderheitenvotum einleitend fest-
        stellten: „Die Entscheidung des Senats können wir we-
        der im Ergebnis noch in der Begründung mittragen.“
        Das Urteil des Verfassungsgerichtes, aufgrund dessen
        heute das vorliegende Gesetz verabschiedet werden soll,
        lautet anders.
        Aus Gewissengründen kann ich der vorliegenden Ge-
        setzesänderung nicht zustimmen.
        Manfred Todtenhausen (FDP): Seit Beginn der
        Regierungsbeteiligung der FDP im Jahr 2009 sind einge-
        tragene Lebenspartner im Beamten-, Richter- und Solda-
        tenrecht, im Entwicklungshelfergesetz, beim BAföG und
        bei der Erbschaft- und Grunderwerbsteuer mit Ehegatten
        gleichgestellt worden. Die FDP hat die Errichtung der
        Bundesstiftung Magnus Hirschfeld durchgesetzt, die
        durch Bildung und Forschung der Diskriminierung ein-
        getragener Lebenspartnerschaften entgegentritt. Das
        Auswärtige Amt und das Bundesministerium für wirt-
        schaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung haben un-
        ter liberalen Ministern neue Akzente in der Menschen-
        rechtspolitik für Homosexuelle gesetzt: Erstmals wurde
        die Budgethilfe für Staaten verschärft, die Strafnormen
        verschärfen, erstmals wurden konkrete Projekte vor Ort
        für mehr gesellschaftliche Akzeptanz finanziert. Mit
        dem neuen Sorgerecht wurde zudem auch für schwule
        Väter in sogenannten Regenbogenfamilien ein guter
        Rechtsrahmen geschaffen.
        Bei der Einkommensteuer hat die FDP bereits lange
        auf die Gleichstellung der Lebenspartner gedrängt.
        Diese Position wurde in vollem Umfang vom Bundes-
        verfassungsgericht bestätigt. Ich freue mich, dass die
        christlich-liberale Koalition diese Entscheidung heute
        zügig umsetzt.
        Die Gleichstellung im Einkommensteuergesetz macht
        weitere Anpassungen in damit verbundenen Gesetzen er-
        forderlich. Dies war in der Kürze der Zeit nicht mit der
        notwendigen Sorgfalt zu leisten. Das bestätigen auch die
        Änderungsanträge der Opposition, sie sind nicht voll-
        ständig: Die Linke will nur die Abgabenordnung anpas-
        sen, die Grünen wollen dagegen auch das Wohnungsbau-
        prämiengesetz, das Altersvorsorge-Zertifizierungs-
        gesetz, das Eigenheimzulagengesetz und das Bundeskin-
        dergeldgesetz anpassen. Auch dieser Gesetzentwurf ist
        nicht vollständig. Daher ist ein umfassendes Rechtsbe-
        reinigungsgesetz erforderlich – das ist in dieser Wahlpe-
        riode jedoch nicht mehr umsetzbar. In der Zeit bis zur
        Verabschiedung eines solchen Gesetzes wird den Betrof-
        fenen dadurch keinerlei steuerlicher Nachteil entstehen.
        Die FDP tritt darüber hinaus für die vollständige
        Gleichstellung der eingetragenen Lebenspartnerschaften
        mit der Ehe ein und für die Öffnung der Ehe für gleich-
        geschlechtliche Paare. Wer gleiche Pflichten übernimmt,
        muss auch gleiche Rechte bekommen. Auch beim Adop-
        tionsrecht ist eine vollständige Gleichstellung geboten.
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        Nach dem Koalitionsvertrag sind die Koalitionspart-
        er daran gebunden, nicht mit wechselnden Mehrheiten
        bzustimmen – wie in allen Koalitionen dieser Republik.
        erade in der Frage des Adoptionsrechts gibt es bei der
        nion noch erkennbaren inhaltlichen Klärungsbedarf.
        aher kann ich den Änderungsanträgen der Opposition
        um Adoptionsrecht und zur Öffnung der Ehe heute
        icht zustimmen – auch wenn ich grundsätzlich beide in-
        altlich unterstütze.
        nlage 12
        Erklärung nach § 31 GO
        der Abgeordneten Ernst Hinsken, Karl
        Holmeier und Franz Obermeier (alle CDU/
        CSU) zur Abstimmung über den Entwurf eines
        Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuer-
        gesetzes in Umsetzung der Entscheidung des
        Bundesverfassungsgerichtes vom 7. Mai 2013
        (Tagesordnungspunkt 13 a)
        Dem Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen „Entwurf
        ines Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergeset-
        es in Umsetzung der Entscheidung des Bundesverfas-
        ungsgerichtes vom 7. Mai 2013“ – Drucksache 17/13870 –
        timmen wir aus folgendem Grund nicht zu.
        Für uns als bekennende katholische Christen ist die
        he ein ganz besonderer Bund, den Mann und Frau bei
        er Gründung einer Familie eingehen. Dies wird aus-
        rücklich vom Grundgesetz geschützt. Deshalb lehnen
        ir eine Gleichstellung der Ehe mit der homosexuellen
        artnerschaft im Einkommensteuerrecht und beim Ehe-
        attensplitting ab.
        nlage 13
        Erklärung nach § 31 GO
        der Abgeordneten Pascal Kober und Gisela
        Piltz (beide FDP) zur Abstimmung über den
        Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des
        Einkommensteuergesetzes in Umsetzung der
        Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes
        vom 7. Mai 2013 (Tagesordnungspunkt 13 a)
        Seit Beginn der Regierungsbeteiligung der FDP
        Jahr 2009 sind eingetragene Lebenspartner im Beam-
        n-, Richter- und Soldatenrecht, im Entwicklungshelfer-
        esetz, bei der Erbschaft- und Grunderwerbsteuer und
        eim BAföG mit Ehegatten gleichgestellt worden. Wir
        aben als FDP die Errichtung der Bundesstiftung
        agnus Hirschfeld durchgesetzt, die durch Bildung und
        orschung der Diskriminierung eingetragener Le-
        enspartnerschaften entgegentritt. Das Auswärtige Amt
        nd das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusam-
        enarbeit und Entwicklung haben unter liberalen Minis-
        rn neue Akzente in der Menschenrechtspolitik für
        omosexuelle gesetzt: Erstmals wurde die Budgethilfe
        r Staaten gekürzt, die Strafnormen verschärfen; erst-
        als wurden konkrete Projekte vor Ort für mehr gesell-
        chaftliche Akzeptanz finanziert. Mit dem neuen Sorge-
        cht haben wir zudem auch für schwule Väter in
        32332 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
        (A) )
        )(B)
        sogenannten Regenbogenfamilien einen guten Rechts-
        rahmen geschaffen.
        Bei der Einkommensteuer haben wir bereits lange auf
        die Gleichstellung der Lebenspartner gedrängt. Unsere
        Position wurde vollumfänglich vom Bundesverfassungs-
        gericht bestätigt. Wir freuen uns, dass die Koalition in Re-
        kordgeschwindigkeit diese Entscheidung heute umsetzt.
        Die Gleichstellung im Einkommensteuergesetz macht
        weitere Anpassungen in damit verbundenen Gesetzen er-
        forderlich. Dies war in der Kürze der Zeit nicht mit der
        notwendigen Sorgfalt zu leisten. Auch die Änderungsan-
        träge der Opposition sind nicht vollständig. Die Linke
        will nur die Abgabenordnung anpassen, die Grünen
        dagegen auch das Wohnungsbauprämiengesetz, das
        Altersvorsorge-Zertifizierungsgesetz, das Eigenheimzu-
        lagengesetz und das Bundeskindergeldgesetz. Auch der
        grüne Gesetzentwurf ist nicht vollständig. Daher ist ein
        umfassendes Rechtsbereinigungsgesetz erforderlich, das
        in dieser Wahlperiode nicht mehr zu leisten war.
        Die FDP tritt darüber hinaus für die vollständige
        Gleichstellung der eingetragenen Lebenspartnerschaften
        mit der Ehe und die Öffnung der Ehe für gleich-
        geschlechtliche Paare ein. Wer gleiche Pflichten hat,
        muss auch gleiche Rechte bekommen. Auch beim Adop-
        tionsrecht ist eine vollständige Gleichstellung geboten.
        Nach dem Koalitionsvertrag sind wir, wie in allen
        Koalitionen dieser Republik, daran gebunden, nicht mit
        wechselnden Mehrheiten abzustimmen. Gerade in der
        Frage des Adoptionsrechtes gibt es beim Koalitionspart-
        ner noch erkennbaren inhaltlichen Klärungsbedarf.
        Daher können wir den Änderungsanträgen der Opposi-
        tion zum Adoptionsrecht und zur Öffnung der Ehe, die
        wir beide inhaltlich unterstützen, heute nicht zustimmen.
        Anlage 14
        Erklärungen nach § 31 GO
        zur Abstimmung über den Entwurf eines
        Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuer-
        gesetzes in Umsetzung der Entscheidung des
        Bundesverfassungsgerichtes vom 7. Mai 2013
        (Tagesordnungspunkt 13 a)
        Manfred Kolbe (CDU/CSU): Dem Gesetz kann ich
        nicht zustimmen, da Art. 6 des Grundgesetzes Ehe und
        Familie unter den besonderen Schutz der staatlichen
        Ordnung stellt.
        Zum Gehalt der Ehe, wie er sich ungeachtet des ge-
        sellschaftlichen Wandels und der damit einhergehenden
        Änderungen ihrer rechtlichen Gestaltung bewahrt und
        durch das Grundgesetz seine Prägung bekommen hat,
        gehört, dass sie die Vereinigung eines Mannes und einer
        Frau zu einer auf Dauer angelegten Lebensgemeinschaft
        ist (Bundesverfassungsgericht vom 17. Juli 2002,
        BVerfGE 105,313/345). Die Ehe als Verbindung von
        Mann und Frau hat das Alleinstellungsmerkmal, dass al-
        leine aus der Verbindung von Mann und Frau Kinder
        hervorgehen können, die wiederum die Zukunftsfähig-
        keit jeder Gesellschaft sichern. Daran hat bisher noch
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        eine Ideologie, kein Parteiprogramm oder keine Ge-
        chtsentscheidung etwas ändern können.
        Dieses Alleinstellungsmerkmal verbietet sowohl die
        ffnung der Ehe für andere Lebensformen, wie etwa die
        leichgeschlechtliche Partnerschaft, als auch, entgegen
        er Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom
        . Mai 2013, die Privilegierung der Ehe gegenüber ande-
        n Formen des Zusammenlebens aufzuheben. Darin
        egt keinerlei Diskriminierung oder Unwerturteil gegen-
        ber anderen Lebensformen, sondern eine schlichte
        eststellung naturgegebener Unterschiede, wie etwa die
        eststellung, dass ein Fisch schwimmt und ein Vogel
        iegt, ohne dass sich Fisch oder Vogel dadurch diskrimi-
        iert fühlen.
        Dieses Alleinstellungsmerkmal verkennt das Bundes-
        erfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 7. Mai
        013, wenn es Unterschiede zwischen der Lebenssitua-
        on von Ehepartnern und Lebenspartnern, die eine Un-
        leichbehandlung rechtfertigen könnten, nicht zu erken-
        en vermag. Deshalb verstößt meines Erachtens die
        ewährung gleicher Vergünstigungen, wie etwa die Ein-
        umung des Ehegattensplittings, gegen den besonderen
        chutz der Ehe. Auch die Argumentation, man nimmt
        er Ehe nichts, wenn man auch der Lebenspartnerschaft
        der anderen Formen des Zusammenlebens dieselben
        echte einräumt, trägt nicht, da etwa auch im Prüfungs-
        esen die Verleihung eines Spitzenprädikats an alle die-
        es Spitzenprädikat entwertet.
        Zwar ist der Gesetzgeber bei der Grundrechtsausle-
        ung an Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts
        ebunden, umgekehrt kann aber auch das Bundesverfas-
        ungsgericht nicht in die freie Gewissensentscheidung
        es Abgeordneten eingreifen.
        Klaus-Peter Wilsch (CDU/CSU): Dem Gesetz kann
        h nicht zustimmen, da Art. 6 des Grundgesetzes Ehe
        nd Familie unter den besonderen Schutz der staatlichen
        rdnung stellt. Dieser folgt damit einer naturrechtlichen
        egebenheit.
        Zum Gehalt der Ehe, wie er sich ungeachtet des ge-
        ellschaftlichen Wandels und der damit einhergehenden
        nderungen ihrer rechtlichen Gestaltung bewahrt und
        urch das Grundgesetz seine Prägung bekommen hat,
        ehört, dass sie die Vereinigung eines Mannes und einer
        rau zu einer auf Dauer angelegten Lebensgemeinschaft
        t (Bundesverfassungsgericht vom 17. Juli 2002,
        VerfGE 105,313/345). Die Ehe als Verbindung von
        ann und Frau hat auch das Alleinstellungsmerkmal,
        ass alleine aus dieser Verbindung Kinder hervorgehen
        önnen, die wiederum die Zukunftsfähigkeit jeder Ge-
        ellschaft sichern. Daran hat bisher noch keine Ideolo-
        ie, kein Parteiprogramm oder keine Gerichtsentschei-
        ung etwas ändern können.
        Dieses Alleinstellungsmerkmal verbietet sowohl die
        ffnung der Ehe für andere Lebensformen, wie etwa die
        leichgeschlechtliche Partnerschaft, als auch, entgegen
        er Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom
        . Mai 2013, die Privilegierung der Ehe gegenüber ande-
        n Formen des Zusammenlebens aufzuheben. Darin
        Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32333
        (A) )
        )(B)
        liegt keinerlei Diskriminierung oder Unwerturteil gegen-
        über anderen Lebensformen, sondern eine schlichte
        Feststellung der Realität.
        Dieses Alleinstellungsmerkmal verkennt das Bundes-
        verfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 7. Mai
        2013, wenn es Unterschiede zwischen der Lebenssitua-
        tion von Ehepartnern und Lebenspartnern, die eine Un-
        gleichbehandlung rechtfertigen könnten, nicht zu erken-
        nen vermag. Deshalb verstößt meines Erachtens die
        Gewährung gleicher Vergünstigungen, wie etwa die Ein-
        räumung des Ehegattensplittings, gegen den besonderen
        Schutz der Ehe. Auch die Argumentation, man nimmt
        der Ehe nichts, wenn man auch der Lebenspartnerschaft
        oder anderen Formen des Zusammenlebens dieselben
        Rechte einräumt, trägt nicht, da etwa auch im Prüfungs-
        wesen die Verleihung eines Spitzenprädikats an alle die-
        ses Spitzenprädikat entwertet.
        Zwar ist der Gesetzgeber bei der Grundrechtsausle-
        gung an Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts
        gebunden, umgekehrt kann aber auch das Bundesverfas-
        sungsgericht nicht in die freie Gewissensentscheidung
        des Abgeordneten eingreifen.
        Anlage 15
        Erklärung nach § 31 GO
        der Abgeordneten Volkmar Klein und Stefanie
        Vogelsang (beide CDU/CSU) zur Abstimmung
        über den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung
        des Einkommensteuergesetzes in Umsetzung der
        Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes
        vom 7. Mai 2013 (Tagesordnungspunkt 13 a)
        Selbstverständlich akzeptieren wir das Urteil des
        Bundesverfassungsgerichts. Das Bundesverfassungsge-
        richt besitzt nach unserer Rechtsordnung die letztend-
        liche Deutungshoheit über Fragen des Grundgesetzes.
        Wir stimmen deshalb dem Gesetzentwurf zu, damit das
        Urteil umgesetzt werden kann. In der Sache können wir
        dem Bundesverfassungsgericht aber nicht folgen. Das
        Minderheitenvotum der beiden Verfassungsrichter hat
        alleine schon gezeigt, dass es verfassungsrechtlich offen-
        sichtlich nicht so klar ist, dass „die entsprechenden
        Vorschriften des Einkommensteuergesetzes gegen den
        allgemeinen Gleichheitssatz verstoßen“. Nach einer Gü-
        terabwägung von Art. 3 Abs. 1 mit Art. 6 Abs.1 Grund-
        gesetz kommen wir mit dem Sondervotum zu dem
        Schluss, dass keine Ungleichbehandlung von Gleichem
        vorliegt. Eine Lebenspartnerschaft ist keine Ehe im
        Sinne des Grundgesetzes. In Punkt 2 des Sondervotums
        haben der Richter Herbert Landau und die Richterin
        Sibylle Kessal-Wulf richtig darauf hingewiesen, dass mit
        dem Splittingverfahren auch familienpolitische Zwecke
        verfolgt werden. Auch aus diesem Grund sehen wir
        keine Gleichheit zwischen Ehe und Lebenspartnerschaft.
        Die Ehe ist und bleibt für uns ein besonders schützens-
        wertes Gut. Und: Worin soll ihr besonderer Schutz des
        Grundgesetzes noch bestehen, wenn ihre letzten Privile-
        gien abgeschafft werden? Diese Frage hat das Bundes-
        verfassungsgericht nicht beantwortet.
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        nlage 16
        Erklärung nach § 31 GO
        der Abgeordneten Dr. Stefan Kaufmann,
        Dr. Jan-Marco Luczak und Elisabeth
        Winkelmeier-Becker (alle CDU/CSU) zur Ab-
        stimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur
        Änderung des Einkommensteuergesetzes in
        Umsetzung der Entscheidung des Bundesver-
        fassungsgerichtes vom 7. Mai 2013 (Tagesord-
        nungspunkt 13 a)
        Wir freuen uns, dass es heute gelingt, das Urteil des
        VerfG zur steuerrechtlichen Gleichstellung eingetrage-
        er Lebenspartnerschaften umzusetzen. Das war überfäl-
        g.
        Wir sind der Auffassung, weitere Schritte müssen fol-
        en. Dafür werden wir uns in der kommenden Legislatur
        emeinsam kraftvoll einsetzen, um die Diskriminierung
        on Schwulen und Lesben zu beenden.
        nlage 17
        Erklärung nach § 31 GO
        der Abgeordneten Christine Aschenberg-
        Dugnus, Reiner Deutschmann, Patrick Döring,
        Rainer Erdel, Manuel Höferlin, Petra Müller
        (Aachen) und Johannes Vogel (Lüdenscheid)
        (alle FDP) zur Abstimmung über den Entwurf
        eines Gesetzes zur Änderung des Einkommen-
        steuergesetzes in Umsetzung der Entscheidung
        des Bundesverfassungsgerichtes vom 7. Mai
        2013 (Tagesordnungspunkt 13 a)
        Seit Beginn der Regierungsbeteiligung der FDP im
        ahr 2009 sind eingetragene Lebenspartner im Beam-
        n-, Richter- und Soldatenrecht, im Entwicklungshelfer-
        esetz, bei der Erbschaft- und Grunderwerbsteuer und
        eim BAföG mit Ehegatten gleichgestellt worden. Wir
        aben als FDP die Errichtung der Bundesstiftung Mag-
        us Hirschfeld durchgesetzt, die durch Bildung und For-
        chung der Diskriminierung eingetragener Lebenspart-
        erschaften entgegentritt. Das Auswärtige Amt und das
        undesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit
        nd Entwicklung haben unter liberalen Ministern neue
        kzente in der Menschenrechtspolitik für Homosexuelle
        esetzt: Erstmals wurde die Budgethilfe für Staaten ver-
        chärft, die Strafnormen verschärfen; erstmals wurden
        onkrete Projekte vor Ort für mehr gesellschaftliche Ak-
        eptanz finanziert. Mit dem neuen Sorgerecht haben wir
        udem auch für schwule Väter in sogenannten Regenbo-
        enfamilien einen guten Rechtsrahmen geschaffen.
        Bei der Einkommensteuer haben wir bereits lange auf
        ie Gleichstellung der Lebenspartner gedrängt. Unsere
        osition wurde vollumfänglich vom Bundesverfassungs-
        ericht bestätigt. Wir freuen uns, dass die Koalition in Re-
        ordgeschwindigkeit diese Entscheidung heute umsetzt.
        Die Gleichstellung im Einkommensteuergesetz macht
        eitere Anpassungen in damit verbundenen Gesetzen er-
        rderlich. Dies war in der Kürze der Zeit nicht mit der
        otwendigen Sorgfalt leistbar. Auch die Änderungsan-
        äge der Opposition sind nicht vollständig. Die Linke
        32334 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
        (A) )
        )(B)
        will nur die Abgabenordnung anpassen, die Grünen da-
        gegen auch das Wohnungsbauprämiengesetz, das Alters-
        vorsorge-Zertifizierungsgesetz, das Eigenheimzulagen-
        gesetz und das Bundeskindergeldgesetz. Auch der grüne
        Gesetzentwurf ist nicht vollständig. Daher ist ein umfas-
        sendes Rechtsbereinigungsgesetz erforderlich, das in
        dieser Wahlperiode nicht mehr leistbar war.
        Die FDP tritt darüber hinaus für die vollständige
        Gleichstellung der eingetragenen Lebenspartnerschaften
        mit der Ehe und die Öffnung der Ehe für gleichge-
        schlechtliche Paare ein. Wer gleiche Pflichten hat, muss
        auch gleiche Rechte bekommen. Auch beim Adoptions-
        recht ist eine vollständige Gleichstellung geboten.
        Nach dem Koalitionsvertrag sind wir, wie in allen
        Koalitionen dieser Republik, daran gebunden, nicht mit
        wechselnden Mehrheiten abzustimmen. Gerade in der
        Frage des Adoptionsrechtes gibt es beim Koalitionspart-
        ner noch erkennbaren inhaltlichen Klärungsbedarf. Da-
        her können wir den Änderungsanträgen der Opposition
        zum Adoptionsrecht und zur Öffnung der Ehe, die wir
        beide inhaltlich unterstützen, heute nicht zustimmen.
        Anlage 18
        Erklärung nach § 31 GO
        der Abgeordneten Sebastian Blumenthal,
        Claudia Bögel, Marco Buschmann, Sylvia
        Canel, Bijan Djir-Sarai, Jörg van Essen, Otto
        Fricke, Miriam Gruß, Sebastian Körber,
        Gabriele Molitor, Jan Mücke, Dirk Niebel, Jörg
        von Polheim, Judith Skudelny und Serkan
        Tören (alle FDP) zur Abstimmung über den
        Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Ein-
        kommensteuergesetzes in Umsetzung der Ent-
        scheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom
        7. Mai 2013 (Tagesordnungspunkt 13 a)
        Seit Beginn der Regierungsbeteiligung der FDP im
        Jahr 2009 sind eingetragene Lebenspartner im Beamten-,
        Richter- und Soldatenrecht, im Entwicklungshelfergesetz,
        bei der Erbschaft- und Grunderwerbsteuer und beim
        BAföG mit Ehegatten gleichgestellt worden. Wir haben
        als FDP die Errichtung der Bundesstiftung Magnus
        Hirschfeld durchgesetzt, die durch Bildung und For-
        schung der Diskriminierung eingetragener Lebenspart-
        nerschaften entgegentritt. Das Auswärtige Amt und das
        Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit
        und Entwicklung haben unter liberalen Ministern neue
        Akzente in der Menschenrechtspolitik für Homosexuelle
        gesetzt: Erstmals wurde die Budgethilfe für Staaten ver-
        schärft, die Strafnormen verschärfen; erstmals wurden
        konkrete Projekte vor Ort für mehr gesellschaftliche Ak-
        zeptanz finanziert. Mit dem neuen Sorgerecht haben wir
        zudem auch für schwule Väter in sogenannten Regenbo-
        genfamilien einen guten Rechtsrahmen geschaffen.
        Bei der Einkommensteuer haben wir bereits lange auf
        die Gleichstellung der Lebenspartner gedrängt. Unsere
        Position wurde vollumfänglich vom Bundesverfassungs-
        gericht bestätigt. Wir freuen uns, dass die Koalition in Re-
        kordgeschwindigkeit diese Entscheidung heute umsetzt.
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        Die Gleichstellung im Einkommensteuergesetz macht
        eitere Anpassungen in damit verbundenen Gesetzen er-
        rderlich. Dies war in der Kürze der Zeit nicht mit der
        otwendigen Sorgfalt möglich. Auch die Änderungsan-
        äge der Opposition sind nicht vollständig. Die Linke will
        ur die Abgabenordnung anpassen, die Grünen dagegen
        uch das Wohnungsbauprämiengesetz, das Altervorsorge-
        ertifizierungsgesetz, das Eigenheimzulagengesetz und
        as Bundeskindergeldgesetz. Auch der grüne Gesetzent-
        urf ist nicht vollständig. Daher ist ein umfassendes
        echtsbereinigungsgesetz erforderlich, das in dieser
        ahlperiode nicht mehr leistbar war. In der Zeit bis zur
        erabschiedung eines solchen Gesetzes wird den Betrof-
        nen dadurch keinerlei steuerlicher Nachteil entstehen.
        Die FDP tritt darüber hinaus für die vollständige
        leichstellung der eingetragenen Lebenspartnerschaften
        it der Ehe und die Öffnung der Ehe für gleichge-
        chlechtliche Paare ein. Wer gleiche Pflichten hat, muss
        uch gleiche Rechte bekommen. Auch beim Adoptions-
        cht ist eine vollständige Gleichstellung geboten.
        Nach dem Koalitionsvertrag sind wir, wie in allen
        oalitionen dieser Republik, daran gebunden, nicht mit
        echselnden Mehrheiten abzustimmen. Gerade in der
        rage des Adoptionsrechtes gibt es beim Koalitionspart-
        er noch erkennbaren inhaltlichen Klärungsbedarf.
        Daher können wir den Änderungsanträgen der Oppo-
        ition zum Adoptionsrecht und zur Öffnung der Ehe, die
        ir inhaltlich unterstützen, heute nicht zustimmen.
        nlage 19
        Zu Protokoll gegebene Reden
        zur Beratung:
        – Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des
        Aktiengesetzes (Aktienrechtsnovelle 2012)
        – Beschlussempfehlung und Bericht zu den
        Anträgen:
        – Exorbitante Managergehälter begrenzen
        – Keine Mitfinanzierung exorbitanter Ge-
        hälter durch die Allgemeinheit – Steuer-
        liche Abzugsfähigkeit eingrenzen
        – Entwurf eines Gesetzes über Kapitalgesell-
        schaften mit kommunaler Beteiligung
        (Tagesordnungspunkte 7 a bis 7 c)
        Dr. Stephan Harbarth (CDU/CSU): Die Schweiz
        at sich in einer Volksabstimmung für eine strengere
        egelung der Gehälter von Managern ausgesprochen.
        ieses Votum hat auch bei uns in Deutschland eine
        iskussion ausgelöst, die vor allem etwas mit dem Ge-
        chtigkeitsempfinden der Menschen zu tun hat.
        Mit der Neufassung von § 120 Abs. 4 des Aktienge-
        etzes liegt ein Vorschlag der Koalitionsfraktionen zur
        euregelung der Vorstandsvergütung auf dem Tisch, der
        ehr Transparenz und mehr Eigentümerverantwortung
        orsieht. Im Gegensatz zu den Vorschlägen der Opposi-
        Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32335
        (A) )
        )(B)
        tionsfraktionen handelt es sich bei unserem Vorschlag
        um ein Konzept, das vorhandene Ansätze weiterentwi-
        ckelt, ohne auf Bevormundung zu setzen.
        Die von den Koalitionsfraktionen vorgelegte Rege-
        lung knüpft an das bisher im Aktiengesetz vorgesehene
        „Say on Pay“ an. Sie verbessert die Möglichkeiten zur
        Kontrolle der Vorstandsvergütung und verbessert die
        Position der Eigentümer.
        Mit der neuen Regelung in § 120 Abs. 4 des Aktien-
        gesetzes wird der Aufsichtsrat, soweit es sich um das
        Vorstandsvergütungssystem und die erreichbaren
        Höchstbezüge handelt, an die Billigung durch die Haupt-
        versammlung, also die Aktionäre, gebunden. Die bishe-
        rige Regelung eines freiwilligen und unverbindlichen
        „Say on Pay“ entwickeln wir im neu zu fassenden § 120
        Abs. 4 des Aktiengesetzes zu einer zwingenden und bin-
        denden Billigung durch die Hauptversammlung weiter.
        Die vorgeschlagene Neuregelung sieht zwei wesentli-
        che Änderungen gegenüber der bisher geltenden Rechts-
        lage vor:
        Zum einem wird der Aufsichtsrat gegenüber der
        Hauptversammlung zu einer jährlichen Vorlage des
        Vergütungssystems einschließlich der erreichbaren
        Höchstbezüge verpflichtet, zum anderen ist das Votum
        der Hauptversammlung über das vorgelegte Vergütungs-
        system für den Aufsichtsrat bindend.
        Mit dieser Regelung ist gewährleistet, dass die Haupt-
        versammlung in die Entscheidungen über die Vergü-
        tungsstrukturen stärker eingebunden wird. Durch die
        Befassung der Hauptversammlung mit dem System der
        Vorstandsvergütung wird ein eigenes Entscheidungs-
        recht der Aktionäre geschaffen. Neu ist aber nicht nur,
        dass die Regelung zwingend ausgestaltet ist, sondern
        auch, dass der Aufsichtsrat der Hauptversammlung feste
        Höchstbeträge zu nennen hat. Es ist also nicht ausrei-
        chend, dass der Hauptversammlung nur ein abstraktes
        Vergütungssystem vorgelegt wird. Die Vorlage des Ver-
        gütungssystems muss sich auch darauf erstrecken, dass
        für die Eigentümer erkennbar ist, welche maximalen Be-
        träge für die Vorstandsmitglieder bei dem vorgelegten
        Vergütungssystem erzielbar sind.
        Wird das vom Aufsichtsrat vorgelegte Vergütungssys-
        tem von der Hauptversammlung nicht gebilligt, hat dies
        auf die Wirksamkeit der bereits bestehenden Vorstands-
        verträge keinen Einfluss. Dies ist für die Unternehmen in
        der Praxis wichtig, weil es nicht akzeptabel wäre, wenn
        rechtsgültige Verträge mit Vorstandsmitgliedern unwirk-
        sam würden und es dadurch zu Rechtsunsicherheit für
        die Unternehmen käme.
        Gemäß § 120 Abs. 4 des Aktiengesetzes wird eine
        Anfechtungsklage gegen Billigungsbeschlüsse der
        Hauptversammlung ausgeschlossen, weil die Frage des
        Vergütungssystems und der Höhe der Vorstandsvergü-
        tung letztlich von den hierzu berufenen Gesellschaftsor-
        ganen und nicht von Gerichten, die unter Umständen
        massenhaft mit derartigen Klagen überzogen würden,
        entschieden werden sollen.
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        Die von den Oppositionsfraktionen vorgeschlagenen
        eitreichenden Eingriffe in die Selbstbestimmung
        örsennotierter Aktiengesellschaften lehnen wir ab. Die
        bzugsfähigkeit von Vorstandsvergütungen als Betriebs-
        usgaben einzuschränken, würde die Gesellschaftsorgane
        evormunden und wäre überdies im Hinblick auf die all-
        emeinen Regelungen über die steuerliche Abzugsfähig-
        eit systemwidrig.
        Die Opposition schlägt vor, die steuerliche Abzugsfä-
        igkeit von Vorstands- und sonstigen Managergehältern
        berhalb von 500 000 Euro pro Jahr einzuschränken.
        ies würde eine systemwidrige Regelung darstellen. So
        ürde etwa für diejenigen Unternehmen, die Spitzen-
        portler, Popstars, Künstler usw. unter Vertrag haben, die
        egrenzung der steuerlichen Abzugsfähigkeit nicht
        elten. Diese Unternehmen könnten auch weiterhin
        illionengehälter ihrer Angestellten oder Vertragspart-
        er in vollem Umfang steuerlich absetzen. Eine solche
        ngleichbehandlung wäre auch verfassungsrechtlich
        roblematisch.
        Die von der Koalition vorgelegte Neuregelung, die
        icht auf die Bevormundung börsennotierter Aktienge-
        ellschaften und ihrer Organe durch den Staat, sondern
        uf die Verbesserung der innergesellschaftlichen
        ntscheidungsabläufe setzt, wird erstmalig für Haupt-
        ersammlungen gelten, die nach dem 1. Januar 2014 ein-
        erufen werden.
        Hinsichtlich der weiteren Änderungen aktienrechtli-
        her Vorschriften möchte ich § 394 des Aktiengesetzes
        nsprechen. Hier regeln wir jetzt ausdrücklich, dass der
        uf Rechtsgeschäft beruhenden Berichtspflicht in
        extform nachgekommen werden muss. Auch hierdurch
        agen wir der Rechtssicherheit Rechnung.
        Im Übrigen möchte ich auf den Entschließungsan-
        ag der Koalitionsfraktionen auf Bundestagsdrucksa-
        he 17/14239 hinweisen. Darin senden wir an den Ge-
        etzgeber der nächsten Wahlperiode unter anderem das
        ignal, dass hinsichtlich des aktienrechtsbezogenen
        mwandlungsrechts Reformbedarf besteht.
        Auch für die nächste Legislaturperiode verbleiben im
        ereich des Unternehmensrechts mithin Herausforde-
        ngen.
        Lothar Binding (Heidelberg) (SPD): Wir setzen uns
        r den Mindestlohn ein, einen Lohn, mit dem es mög-
        ch sein soll, sein Leben zu gestalten. Einige hier im
        aus, die FDP zum Beispiel, aber auch CDU und CSU,
        ind gegen den Mindestlohn. Gleichzeitig setzen wir uns
        r die Begrenzung der Managergehälter ein. FDP, CDU
        nd CSU sind auch dagegen. Die absurden Ablehnungs-
        ründe für beide Vorschläge kennen Sie.
        Wir haben schon so viel reguliert: Banken, Märkte,
        rodukte, sogar die Höhe und Qualität von Eigenkapital.
        as Verhalten jener, die sich überproportional, unver-
        ältnismäßig, manchmal unverschämt bedienen – in
        elbstbedienung –, haben wir noch nicht wirksam gere-
        elt, obwohl es gerade die Fehlanreize sind, die zu Fehl-
        teuerungen führen.
        32336 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
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        Wenn ein Bonus besonders hoch ausfällt, wenn die
        Fehlleistung besonders gravierend ist, wird es Zeit, sich
        darum zu kümmern. Wenn Menschen, die exorbitante
        Risiken eingehen, damit sie exorbitante Boni erhalten,
        im Versagensfall darauf hoffen können, dass die Steuer-
        zahlerinnen und Steuerzahler die Wirkungen der Fehl-
        leistung bezahlen, die Boni aber ganz privat eingestri-
        chen werden, wird es Zeit, sich darum zu kümmern.
        Wenn das durchschnittliche Einkommen in Deutschland
        bei unter 30 000 Euro pro Jahr liegt, also sehr viele Men-
        schen mit einem sehr viel geringeren Einkommen pro
        Jahr auskommen müssen, Spitzeneinkommen gleichzei-
        tig bei über 40 000 Euro pro Tag liegen, wird es Zeit,
        sich darum zu kümmern.
        Deshalb wollen wir uns darum kümmern. Es ist mög-
        lich, dass solch hohe Einkommen von den Arbeitgebern
        als gerechtfertigt angesehen werden. Das ist ihr gutes
        Recht. Aber dann sollen sie die Gehälter auch vollstän-
        dig bezahlen. Damit folgt die Überlegung, die Abzugsfä-
        higkeit von Vorstandsvergütungen als Betriebsausgabe
        zu begrenzen; denn andernfalls – so ist es heute noch –
        müssen sich die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler
        nicht nur um die Folgen der Fehlentscheidungen und
        Fehlleistungen – zum Beispiel durch die Rettung der
        Banken – kümmern, sondern sie müssen auch noch Teile
        der Vergütungen, sei es nun das sogenannte Grundgehalt
        oder seien es die Boni für besondere Fehlleistungen bzw.
        Leistungen, bezahlen.
        Wir wollen die Anreize erhöhen, Vorstände bei der
        Leitung des Unternehmens explizit auf das Wohl des
        Unternehmens – insbesondere seiner Arbeitnehmerinnen
        und Arbeitnehmer sowie der Aktionärinnen und Aktio-
        näre – und auf das Wohl der Allgemeinheit zu orientie-
        ren.
        Hinsichtlich der Fehlanreize durch steuerliche Förde-
        rung von überhöhten Vergütungen wollen wir § 76
        Abs. 1 AktG derart ändern, dass die steuerliche Absetz-
        barkeit von Vorstands- und sonstigen Managergehältern
        einschließlich Boni und von Abfindungen als Betriebs-
        ausgaben auf 500 000 Euro und maximal 50 Prozent der
        Beträge, die 500 000 Euro übersteigen, begrenzt wird.
        Man könnte auch komplett auf den Betriebsausgabenab-
        zug der Beträge, die 500 000 Euro übersteigen, verzich-
        ten. Sie merken, dass wir auf einen Kompromiss mit der
        Regierungskoalition zielen.
        Darüber hinaus wollen wir Vorstandsgehälter begren-
        zen. Der Aufsichtsrat soll eine Höchstgrenze für das Ver-
        hältnis zwischen der Gesamtvergütung der einzelnen
        Vorstandsmitglieder und dem durchschnittlichen Arbeit-
        nehmereinkommen des jeweiligen Unternehmens
        bestimmen. Damit wird eine im Unternehmen als fair
        empfundene Relation zwischen den Einkommen im Ma-
        nagement und bei den Arbeitnehmern hergestellt. Es
        wird die Frage zu beantworten sein, ob es gerechtfertigt
        ist, dass ein Manager in einem Jahr mehr verdient, als
        die Arbeitnehmer in ihrem gesamten Leben nicht verdie-
        nen können.
        Wir wollen auch eine Verstetigung der Erfolgskon-
        trolle. Nicht der nächste 90-Tage-Bericht soll Maßstab
        für den Erfolg sein. Wir wollen eine vierjährige Bemes-
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        ungsgrundlage für mindestens 30 Prozent der variablen
        ergütungsbestandteile der Vorstandsbezüge. So wird
        er Erfolg, die Qualität des Managements, an längerfris-
        gen sozialen, gesellschaftlichen, ökologischen und
        achhaltig ökonomischen Kennziffern orientiert.
        Sicher kann, darf und muss es bezogen auf die Leis-
        ng, die Ausbildung, das Engagement und auch die Ver-
        ntwortung, die jemand trägt – für sich, für seine Arbeit-
        ehmer und Arbeitnehmerinnen und nicht zuletzt für die
        esellschaft und unsere Volkswirtschaft –, Unterschiede
        eben. Die Frage ist: Wie groß muss und darf der Unter-
        chied sein?
        Mit unseren Vorschlägen schaffen wir ein Instrumen-
        rium, um diese Frage angemessen und unternehmens-
        ienlich zu beantworten und gleichzeitig Fehlanreize zu
        ermeiden oder zu vermindern.
        Wir wollen künftig vermeiden, was es fünf Jahre nach
        iner der schwersten Krisen noch immer gibt, dass näm-
        ch Topmanager und Topführungskräfte nach wie vor
        it einem ausgezeichneten Einkommen belohnt werden,
        ie zum Teil mit unüberlegt spekulativen Investments
        re variablen Vergütungen nach oben getrieben und da-
        it nicht unerheblich zu den Krisen in der Finanzindust-
        e beigetragen haben.
        Ich vermute, dass der Anteil der Friseurin daran, die
        r weniger als 4 Euro die Stunde zu arbeiten hat, eher
        ering gewesen sein wird, und wir müssen nur wenig
        ngst haben, dass es mit einem Mindestlohn in Höhe
        on 8,50 Euro oder sogar etwas darüber große Fehlan-
        ize für die Friseurin geben wird.
        Noch ein Wort zum Vorschlag der Koalition: Die Ko-
        litionsfraktionen setzen sich in den letzten Tagen ihrer
        egislaturperiode – vermutlich auch mit einem Blick auf
        ie deutlich näher rückenden Wahlen – dafür ein, dass
        ei Aktiengesellschaften der Einfluss der Hauptver-
        ammlung auf die Festlegung von Vorstandseinkünften
        estärkt werden soll. Dann muss man sich doch fragen:
        as soll das bewirken? Was soll das ändern? Wem wäre
        amit geholfen?
        Wir müssen uns nur einmal anschauen, wer in den
        auptversammlungen sitzt: institutionelle Anleger und
        anken. Um mit Ulrich Thielemann, der kürzlich die
        chweizer Pläne kommentiert hat, zu sprechen: Damit
        ird dem Fuchs der Hühnerstall anvertraut.
        Nach unseren Vorstellungen sollen die Aufsichtsräte
        r die Festsetzung der Gehälter zuständig sein und ihre
        ntscheidungen an den Interessen des Allgemeinwohls
        rientieren. Während Ihr Vorschlag die Mitbestimmung
        raktisch ausschaltet, wollen wir die Mitbestimmung im
        ussichtsrat durch unsere Vorschläge stärken.
        Mit unseren Vorschlägen werden Maßstäbe geschaf-
        n, an denen sich das Verhalten des Einzelnen messen
        ssen muss: an der Gemeinschaft, in der er lebt und
        irkt, an den Zielen des Gesamtunternehmens, der Ar-
        eitnehmer, der Kunden, der ökologischen Verantwor-
        ng.
        Das ist ein guter Schritt in Richtung soziale Markt-
        irtschaft, der dazu beiträgt, dass sich auch Topmanager
        Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32337
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        hin und wieder überlegen und ernsthaft prüfen, ob sie
        verdient haben, was sie am Ende bekommen.
        Dies ist meine letzte Rede in dieser Legislaturperiode.
        Deshalb bedanke ich mich bei Ihnen für die gute Zusam-
        menarbeit.
        Ich danke den Stenografinnen und Stenografen für
        ihre ungeheuer gute Arbeit und auch den vielen hilfrei-
        chen Händen, ohne die wir diesen Betrieb nicht aufrecht-
        erhalten könnten.
        Allen wünsche ich einen schönen Sommer und einen
        guten Wahlkampf mit dem richtigen Ergebnis am
        22. September 2013.
        Burkhard Lischka (SPD): Jahr für Jahr ergießt sich
        ein millionenschwerer Geldregen über unsere sogenann-
        ten Topmanager. Verdiente der Vorstand eines deutschen
        DAX-Unternehmens in den 80er-Jahren im Schnitt eine
        halbe Million Euro, so bekommt er heute 5 Millionen,
        also das Zehnfache. Die Gehälter der Arbeitnehmerin-
        nen und Arbeitnehmer sind demgegenüber nur um ein
        Sechstel gewachsen. Gleichzeitig arbeiten 6,8 Millionen
        Menschen für weniger als 8,50 Euro die Stunde, 1,4 Mil-
        lionen sogar für weniger als 5 Euro.
        Wenn wir im Rahmen unserer heutigen Debatte auch
        über die Begrenzung von Managergehältern debattieren,
        dann geht es dabei nicht um Neid. Es geht um Anstand.
        Minilöhne und Maxivergütungen passen nicht zum
        Modell der sozialen Marktwirtschaft. Das ist der Kern
        unserer heutigen Debatte: dass wieder Anstand, Fairness
        und Leistungsgerechtigkeit Leitschnur unserer Topeta-
        gen der Wirtschaft werden. Darum geht es.
        Es gehört ja zu den Kernsätzen von Schwarz-Gelb,
        dass sich „Leistung wieder lohnen muss“. Nur, liebe
        Kolleginnen und Kollegen von Union und FDP, das
        sollte dann auch für alle gelten. Es ist eben nicht in
        Ordnung, wenn einzelne Manager durch ihre Fehlent-
        scheidungen Milliardenverluste produzieren und dann
        fürs Nichtstun mit einem goldenen Millionenhandschlag
        nach Hause geschickt werden.
        Es ist nicht in Ordnung, wenn Investmentmanager
        trotz Rekordverlusten ihrer Bank millionenschwere Boni
        einklagen, während andere jede Woche 40 Stunden hart
        arbeiten und sich anschließend beim Jobcenter in die
        Schlange stellen müssen, um sich ihre Miete bezahlen zu
        lassen. Die Kanzlerin hat ja durchaus recht, wenn sie
        meint, das alles „untergrabe das Vertrauen der Menschen
        in das soziale Gleichgewicht“ unseres Landes. Aber
        wenn diese Gehaltsexzesse zum Himmel stinken, dann
        reicht es eben nicht aus, nur die Nase zu rümpfen, son-
        dern dann muss man auch wirksam etwas gegen diesen
        Gestank tun. Wenn hier etwas aus den Fugen geraten ist,
        dann hat Politik nicht nur das Recht, sondern auch die
        Pflicht, korrigierend einzugreifen.
        Denn es geht hier schlicht und einfach um das Selbst-
        verständnis der sozialen Marktwirtschaft, dass es nicht
        sein kann, dass Millionen Menschen mit einem Hunger-
        lohn nach Hause geschickt werden, während sich Ein-
        kommen und Vermögen in den Händen einiger weniger
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        onzentriert. Das entspricht nicht unserer Idee einer so-
        ialen Marktwirtschaft.
        Ein ernstes Thema. Aber was macht diese schwarz-
        elbe Regierung? Sie kommt mit einer Wahlkampfente
        m die Ecke und verabreicht ein Placebo: Die Hauptver-
        ammlung soll künftig über die Vorstandsgehälter befin-
        en. Der Haken dabei: In den Hauptversammlungen hal-
        n die Fonds und Konzerne die dicken Aktienpakete,
        icht die Kleinaktionäre. Sie machen hier also den Bock
        um Gärtner. Sie glauben doch nicht ernsthaft, dass aus-
        erechnet die Hedgefonds und Konzerne die Gehälter
        rer Manager deckeln. Ein vollkommen absurder Ge-
        anke.
        Was wir stattdessen brauchen, ist eine Begrenzung
        er steuerlichen Abzugsfähigkeit von Managergehältern,
        amit nicht Steuerzahler diese Exzesse noch mitfinan-
        ieren müssen. Wir brauchen eine zwingende Herabset-
        ung von Bonizahlungen, wenn sich die wirtschaftliche
        ituation des Unternehmens verschlechtert, damit Mana-
        er auch wieder das Gefühl bekommen, dass ihre über-
        urchschnittlichen Gehälter auch etwas mit Verantwor-
        ng für das Unternehmen zu tun haben. Wir brauchen
        ste Relationen zwischen den Einkommen der Mitarbei-
        r eines Betriebes und den im Unternehmen gezahlten
        anagergehältern, die eine verbindliche Obergrenze für
        de einzelne Vorstandsvergütung darstellen. Wir müs-
        en weg von der kurzfristigen Gewinnmaximierung hin
        um langfristigen Unternehmenserfolg. Anstand,
        airness und Leistungsgerechtigkeit müssen wieder
        eitschnur auch der Chefetagen unserer Wirtschaft wer-
        en. Aber dies umzusetzen, damit ist diese Bundesregie-
        ng offensichtlich überfordert. Oder schlimmer noch:
        azu ist sie nicht bereit.
        Marco Buschmann (FDP): Wir legen Ihnen als
        echtspolitiker der Koalition den Entwurf des Gesetzes
        ur Verbesserung der Kontrolle der Vorstandsvergütung
        nd zur Änderung weiterer aktienrechtlicher Vorschrif-
        n zur Schlussabstimmung vor. Er enthält ein Bündel
        on Maßnahmen, um das bewährte deutsche Aktienrecht
        uf die Höhe der Zeit zu heben. Was meine ich damit?
        Wir leben in einer Zeit der Verschuldung, und das ist
        ine Gefahr. Die Staaten haben zu hohe Schulden. Die
        anken und auch andere Unternehmen haben zu hohe
        chulden oder, im Umkehrschluss ausgedrückt, sie ha-
        en zu wenig Eigenkapital. Daher verbessern wir mit
        em vorliegenden Gesetzentwurf die Möglichkeiten
        eutscher Aktiengesellschaften, ihre regulatorische Ei-
        enkapitalbasis zu stärken. Namentlich geschieht dies
        ei den Finanzierungsinstrumenten der stimmrechtslo-
        en Vorzugsaktien und den Wandelschuldverschreibun-
        en. Hier haben wir am guten Gesetzentwurf der Bun-
        esregierung noch kleinere Korrekturen vorgenommen,
        ie im Rahmen der Sachverständigenanhörung dazu an-
        eregt worden sind.
        Wir entwickeln das Aktienrecht weiterhin zum Schutz
        er Gesellschaft vor sogenannten räuberischen Aktionä-
        n fort. Damit sind Klagen von Aktionären gemeint, die
        rkennbar nicht dem Ziel dienen, sich gegen eine
        echtsverletzung zu wehren, um eigenen Schaden abzu-
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        wenden, sondern um der Gesellschaft mittels Klage eine
        Lästigkeitsprämie abzuhandeln, zum Schaden der Ge-
        sellschaft, der übrigen Aktionäre und bisweilen auch des
        Rechtsverkehrs. Hier hat der Gesetzgeber bereits im
        Rahmen der Gesetzespakete UMAG und ARUG gehan-
        delt. Wir schließen nun noch eine Lücke im Bereich der
        sogenannten nachgeschobenen Nichtigkeitsklagen.
        Last, but not least greifen wir die Sorge der Bevölke-
        rung auf, dass möglicherweise in den Vorstandsetagen
        deutscher Aktiengesellschaften eine Art Selbstbedie-
        nung bei der Vergütung stattfinden könnte. Unsere Lö-
        sung heißt hier Transparenz und Eigentümerverantwor-
        tung. Künftig muss der Aufsichtsrat sein Modell zur
        Vorstandsvergütung der Hauptversammlung, also den
        Eigentümern, zwingend vorlegen und ein bindendes Vo-
        tum dazu einholen. Die Eigentümer wiederum haben das
        größte Interesse daran, dass Leistung des Vorstandes und
        seine Vergütung in einem angemessenen Verhältnis ste-
        hen; denn wenn auf schlechte Vorstandsleistung hohe
        Vergütung folgt, dann schadet das dem Vermögen der
        Eigentümer. Zugleich sichert dieses Modell das be-
        währte Dreieck der deutschen Aktiengesellschaft aus
        Hauptversammlung, Aufsichtsrat und Vorstand. Auch
        die Arbeitnehmerseite bleibt über ihre Mitwirkung im
        Aufsichtsrat fest in die Entwicklung des Vergütungsmo-
        dells eingebunden. Zugleich entsteht aber über die Be-
        handlung des Vergütungsmodells auf der Hauptver-
        sammlung mehr Öffentlichkeit und durch das bindende
        Votum mehr Rechtfertigungsdruck.
        Alles in allem greift das vorliegende Gesetz also die
        Fragen der Zeit an das deutsche Aktienrecht auf und be-
        antwortet diese überzeugend. Daher werbe ich um Zu-
        stimmung für dieses gute Gesetz.
        Richard Pitterle (DIE LINKE): Die Linke ist, wie
        Sie unserem am 16. Juni 2013 beschlossenen Bundes-
        tagswahlprogramm „100 Prozent sozial“ entnommen
        haben, für die Förderung von kleinen und mittleren
        Unternehmen und für Bürokratieabbau. Sie setzt sich für
        den Schutz der Schwachen, der Unerfahrenen ein:
        Hierzu zählen beispielsweise Existenzgründer, Klein-
        und Kleinstunternehmerinnen und -unternehmer.
        Wenn man ihnen mit der Erfüllung ihrer Buchfüh-
        rungspflichten, § 238 HGB, viel Zeit lässt – in diese
        Richtung geht Ihr Gesetzentwurf mit der geplanten
        Senkung der Ordnungsgelder –, erweist man ihnen damit
        einen Bärendienst. Denn spätestens in der Insolvenz
        drohen harte Konsequenzen: Verletzungen der Pflichten
        bei Buchführung oder Bilanzierung, hierzu zählen auch
        Fristversäumnisse, werden mit Freiheitsstrafe bis zu
        zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, § 283 b Abs. 1
        Ziffer 3 b StGB.
        Diese Gefahr besteht besonders bei Kapitalgesell-
        schaften. Es ist so leicht geworden, als Existenzgründer
        oder Kleinunternehmerin und -unternehmer eine
        Kapitalgesellschaft zu gründen, mit der die persönliche
        Haftung für die Schulden des Unternehmens verhindert
        werden kann. Doch gerade wegen der Haftungsbe-
        schränkung muss man hier besonders auf die Einhaltung
        aller Pflichten achten, um nicht in die Gefahr zu geraten,
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        och unvermittelt privat für die Schulden des Unterneh-
        ens zu haften. Denn bei einer Kapitalgesellschaft ist
        egen des festen Grundkapitals tendenziell viel früher
        solvenz anzumelden als bei einer Personengesell-
        chaft.
        Mein zweiter Kritikpunkt, über den ich heute Abend
        prechen will, ist Ihre Ungleichbehandlung von Klein-
        nd mittelständischen Unternehmen auf der einen Seite
        nd Großunternehmen auf der anderen Seite. Wenn
        roßunternehmen zwar rechtzeitig ihre Bilanzen veröf-
        ntlichen, diese aber falsch sind, hat das keine Sanktio-
        en zur Folge. Wenn ein Unternehmen jedoch verspätet
        ilanzzahlen veröffentlicht, die aber korrekt sind, wird
        s bestraft und muss zahlen. Diese unterschiedliche Be-
        andlung passt für mich nicht zusammen. Denn falsche
        ahlen halte ich für wesentlich schlimmer als verspätet
        ingereichte korrekte Bilanzzahlen.
        Mit dieser Einschätzung stehen wir nicht allein: Auch
        ie Wertpapieraufsichtsbehörde in den USA, die SEC,
        ilt unsere Meinung und legt Unternehmen hohe Strafen
        uf, die ihre Bilanz nachträglich korrigieren müssen. Es
        eht hier übrigens nicht um Randfälle. Immerhin sind
        ach den langjährigen Erfahrungen der Deutschen
        rüfstelle für Rechnungslegung rund 25 Prozent der
        ilanzen kapitalmarktorientierter Unternehmen in
        eutschland falsch. Die gravierende Ungleichbehand-
        ng bei Fehlern von Klein- und mittelständischen
        nternehmen im Vergleich zu Fehlern von Großunter-
        ehmen zeigt einmal mehr, wer Interessenvertreter der
        leinen und mittelständischen Unternehmen ist und wer
        r die Interessen der Großunternehmen eintritt.
        Wäre es nicht konsequenter, statt Ordnungsgelder für
        nternehmen zu verlangen, die die Offenlegungsfrist
        berschritten haben, die säumigen Unternehmen in ei-
        em Register zu erfassen, das öffentlich zur Verfügung
        teht? Damit wird nicht nur Transparenz geschaffen,
        ondern auch eine wichtige Schutzfunktion für alle
        rfüllt: Jeder Lieferant und jeder Kunde weiß, wie das
        nternehmen mit seinen gesetzlichen Verpflichtungen
        mgeht und der betreffende Unternehmer weiß, dass alle
        issen, dass er seiner Pflicht zur Rechnungslegung
        mer noch nicht nachgekommen ist. Mit dieser Öffent-
        chkeit kann mehr Druck aufgebaut werden, rechtzeitig
        ilanzen offenzulegen, als mit der nichtöffentlichen Ver-
        ängung von niedrigen Ordnungsgeldern.
        Dr. Thomas Gambke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
        EN): Die vorliegende Aktienrechtsnovelle verdient ih-
        n Namen eigentlich nicht. Es ist ein unvollständiges
        tückwerk, das wesentliche aktuelle Diskussionspunkte
        Aktienrecht gar nicht oder nur unzureichend auf-
        reift. Wir Grünen sagen: So einem Stückwerk können
        ir nicht zustimmen.
        Kommen wir zu einer zentralen Debatte, die mit gro-
        er Heftigkeit geführt wird: der Frage der Gehälter und
        er Bonuszahlungen an Manager. Vielfach ist darauf
        ingewiesen worden, dass die auf kurzfristige Gewinne
        er Bankinstitute abzielenden Bonusvereinbarungen für
        ngestellte der Banken, aber auch für die Vorstände wie
        randbeschleuniger in einem viel zu unregulierten Fi-
        Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32339
        (A) )
        )(B)
        nanzmarkt gewirkt haben. Das hat auch auf die klassi-
        schen Branchen abgefärbt. Die Ausrichtung von Ent-
        scheidungen am nächsten Quartalsergebnis und nicht am
        nachhaltigen – also langfristigen – Erfolg des Unterneh-
        mens waren die Folge.
        So werden häufig in Unternehmen oft kurzfristige Er-
        folge mit hohen Boni belohnt; Misserfolge hingegen
        können auf die Allgemeinheit verlagert werden. Zudem
        sind die Vergütungen der Vorstände in den vergangenen
        Jahren nicht nur absolut, sondern auch in Relation zu
        den Vergütungen der Beschäftigten erheblich gestiegen.
        Viele Unternehmen zahlen ihren Vorstandsmitgliedern
        das über 100-Fache des durchschnittlichen Facharbeiter-
        lohnes. Es kann nicht nur um den sogenannten Markt-
        wert gehen. Das Verhältnis zwischen Vergütung und per-
        sönlicher Leistung muss in einer vernünftigen Relation
        stehen. Die Selbstverpflichtungen und bestehenden Re-
        gelungen zur Angemessenheit von Vorstandsvergütun-
        gen haben bisher keine Verhaltensänderung ausgelöst.
        Im Gegenteil, die Vergütungen steigen weiter an.
        Die Koalition versucht im Rahmen der Aktienrechts-
        novelle das Thema der exorbitanten Mangergehälter
        durch einen sehr schwachen Vorschlag abzuräumen. Das
        eigentliche Problem überhöhter Gehälter und Fantasie-
        abfindungen wird so nicht geheilt. Die schwarz-gelbe
        Koalition schlägt vor, dass die Hauptversammlung über
        das Vergütungssystem für Vorstände entscheidet, wel-
        ches vom Aufsichtsrat entwickelt wird. Zwar würde
        diese Regelung die grüne Forderung nach Stärkung der
        Eigentümerrechte durch Mitbestimmungsrechte im Rah-
        men der Hauptversammlung aufgreifen. Allerdings birgt
        der Vorschlag die Gefahr von unklaren Verantwortlich-
        keiten zwischen der Hauptversammlung und dem Auf-
        sichtsrat und stellt das Prinzip der Haftung des Auf-
        sichtsrats infrage.
        Um ein Signal gegen unverhältnismäßige Managerge-
        hälter zu setzen, schlagen wir daher vor, die steuerliche
        Abzugsfähigkeit von Vorstandsgehältern einzuschrän-
        ken: bei Abfindungen eine Begrenzung auf 1 Million
        Euro pro Kopf, wobei wir darauf achten müssen, Gestal-
        tungsmöglichkeiten wie zum Beispiel über Übergangs-
        gelder oder Aktienoptionen zu verhindern. Bei Gehäl-
        tern fordern wir eine Begrenzung der Abzugsfähigkeit
        von 500 000 Euro jährlich pro Kopf, welche für alle fi-
        xen und variablen Gehaltsbestandteile gilt. Um es klar
        zu sagen: Das ist kein Eingriff in die Vertragsfreiheit.
        Genauso wie der Fiskus eine Luxuskarosse oder eine
        Jacht nicht als ein steuerabzugsfähiges Verkehrsmittel
        anerkennt, sollen auch unverhältnismäßige Abfindungen
        und Gehälter nicht vom Steuerzahler durch ihre Abzugs-
        fähigkeit unterstützt werden.
        Wir Grünen fordern zudem, dass nicht nur die Vor-
        standsgehälter transparent gemacht werden, sondern
        auch das Verhältnis der Vorstandsgehälter zum oberen
        Führungskreis und der gesamten Belegschaft. Zudem
        soll bei der Vergütung des Vorstands dieses Verhältnis
        zwingend berücksichtigt werden. Die Arbeitnehmer-Ma-
        nagement-Einkommen-Relation ist bereits im Corporate
        Governance Kodex aufgenommen. Es zeigt sich aber
        immer wieder, dass diese freiwilligen Verpflichtungen
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        irkungslos bleiben. Deshalb müssen sie gesetzlich ver-
        flichtend vorgeschrieben werden. Die Veröffentlichung
        es Vergütungsverhältnisses soll im Anhang des Jahres-
        bschlusses der Gesellschaft erfolgen.
        Neben der Einschränkung der Abzugsfähigkeit und
        er Transparenz des Vergütungsverhältnisses zwischen
        orstand und Facharbeiter wollen wir flexible Gehalts-
        estandteile begrenzen; das heißt, das Gesamtgehalt soll
        öchstens zu einem Viertel variabel, also an den Erfolg
        eknüpft sein. Zudem sollten die Erfolgsbeteiligungen
        ngfristig orientiert sein. Die persönliche Haftung von
        orstandsmitgliedern wollen wir strikter regeln.
        Neben dem Bereich der Managergehälter ist uns Grü-
        en bei der Aktienrechtsnovelle das Thema Berichts-
        flichten gegenüber Gebietskörperschaften und Öffent-
        chkeit von Aufsichtsratssitzungen sehr wichtig: Wir
        rauchen eine Demokratisierung öffentlicher Unterneh-
        en. Insbesondere auf kommunaler Ebene kommen
        ufsichtsratsmitglieder, die ihrer Fraktion im Gemein-
        erat berichten, in den Konflikt mit dem Strafrecht we-
        en potenziellen Geheimnisverrates bezüglich des kont-
        llierenden kommunalen Unternehmens. Außerdem
        erden immer mehr Aufgabenbereiche vor Ort in kom-
        unale Unternehmen verlagert und der Kontrolle des
        emeinde- oder Stadtrates entzogen. Auch hier brau-
        hen wir mehr Transparenz.
        Bei der Transparenz von Aufsichtsratssitzungen öf-
        ntlicher Unternehmen hat die Koalition Angst vor der
        igenen Courage gehabt. Im Referentenentwurf fanden
        ich dazu noch gute Ansätze, die aber alle wieder einkas-
        iert wurden. Im Bereich der öffentlichen Daseinsvor-
        orge, wo es um Trinkwasser, Energie und den Nahver-
        ehr geht, hat jedoch Transparenz eine hohe Bedeutung
        r die Bürgerinnen und Bürger. Öffentlich erbrachte
        eistungen müssen politisch steuerbar und kontrollierbar
        leiben, auch wenn sie von kommunalen Unternehmen
        privatrechtlicher Form erbracht werden.
        Deshalb fordern wir in unserem Änderungsantrag
        uch die teilweise Öffnung von Aufsichtsratssitzungen
        r die Öffentlichkeit und wollen die Kommunen er-
        ächtigen, die Verschwiegenheitspflicht der Aufsichts-
        tsmitglieder zu beschränken. In den Anhörungen
        urde von Praktikern der Kommunalpolitik ganz klar
        erausgestellt, wie wichtig die Rechtssicherheit in die-
        em Fall ist. Wer als Aufsichtsratsmitglied dem Kommu-
        alparlament berichten soll, darf nicht Gefahr laufen, mit
        inem Bein vor Gericht zu stehen. Hier wäre es notwen-
        ig gewesen, die Einschränkung der Verschwiegenheits-
        flicht und die Öffentlichkeit per Satzung zu ermögli-
        hen. Nur so lässt sich kommunaler Klüngel wirksam
        ekämpfen, und nur so kann die örtliche Presse ihre
        ontrollfunktion vor Ort ausüben. Die Aktienrechtsno-
        elle in dieser Form ist eine verpasste Gelegenheit für
        ie ehrenamtlichen Ratsmitglieder aller Parteien.
        Ich könnte als ehemaliges Mitglied eines kommuna-
        n Aufsichtsrates dieses Thema sehr konkret an einem
        eispiel erläutern, kann dies aber aufgrund der mir auf-
        rlegten Vertraulichkeit nicht tun. Hier wäre wirklich
        ringender Handlungsbedarf gegeben. Es ist unverant-
        ortlich, dass die Koalition hier die notwendige Demo-
        32340 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
        (A) )
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        kratisierung nicht vorangetrieben hat, und das in Zeiten,
        in denen von Stuttgart 21 bis zum Netzausbau wichtige
        Projekte an fehlender Transparenz und darin begründeter
        fehlender Bürgerakzeptanz leiden.
        Es ist immer wieder erschreckend, wie die schwarz-
        gelbe Koalition ihre Verantwortung für eine notwendige
        Weiterentwicklung der gesetzlichen Grundlagen unseres
        Staatswesens vermissen lässt. Auch mit dieser Aktien-
        rechtsnovelle wird die fehlende Werteorientierung der
        schwarz-gelben Koalition wieder offenkundig.
        Anlage 20
        Zu Protokoll gegebene Reden
        zur Beratung der Beschlussempfehlung und des
        Berichts zu den Anträgen:
        – Kooperativen Bildungsföderalismus mit ei-
        nem neuen Grundgesetzartikel stärken
        – Kooperationsverbot in der Bildung unver-
        züglich aufheben
        – Bildungsverantwortung gemeinsam wahr-
        nehmen
        – Gemeinsam für gute Schulen und Hochschu-
        len sorgen – Kooperationsverbot von Bund
        und Ländern in der Bildung abschaffen
        – Kooperation ermöglichen – Gemeinsam Ver-
        antwortung für die großen Herausforderun-
        gen in Bildung und Wissenschaft überneh-
        men
        – Gemeinsam für gute Bildung und Wissen-
        schaft – Grundgesetz für beide Zukunftsfel-
        der ändern
        (Tagesordnungspunkt 14)
        Monika Grütters (CDU/CSU): Ich bin froh, dass wir
        auch in der letzten Sitzungswoche der 17. Legislaturpe-
        riode die Möglichkeit haben, über Bildung und For-
        schung zu diskutieren. Mir hätte sonst auch echt etwas
        gefehlt, nicht nur wegen des freundlichen Kontaktes zu
        den Kollegen, sondern weil Wissenschaft und Bildung
        für die Zukunft unseres Landes schließlich von überra-
        gender Bedeutung sind.
        Es ist die christlich-liberale Bundesregierung, die die
        Förderung von Bildung und Forschung zum zentralen
        Ziel ihrer Politik gemacht hat. Wachstum, Bildung, Zu-
        sammenhalt haben CDU/CSU und FDP versprochen,
        und alle drei Versprechen haben wir gehalten.
        Was haben wir versprochen? Wir wollten in 4 Jahren
        12 Milliarden Euro zusätzlich für Bildung und For-
        schung ausgeben. Was haben wir getan? Wir haben noch
        einen draufgesetzt und tatsächlich 13,3 Milliarden Euro
        in Bildung und Forschung investiert. Seit Angela Merkel
        Deutschland regiert, ist der Etat des Bildungsministeri-
        ums in acht Jahren Amtszeit um mehr als 80 Prozent an-
        gewachsen. Das entspricht einer Steigerung von mehr
        als 10 Prozent im Jahr.
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        Das ist verlässliche Politik, die klare Prioritäten setzt
        nd die Bedürfnisse der Menschen in den Blick nimmt.
        oziale Gerechtigkeit bedeutet eben nicht Umverteilung,
        ie die linke Seite dieses Hause fälschlicherweise im-
        er annimmt.
        Soziale Gerechtigkeit bedeutet vor allem Chancenge-
        chtigkeit. Deshalb geben wir allein in diesem Jahr
        3,7 Milliarden Euro für Bildung und Forschung aus,
        m vielen jungen Menschen mehr Bildungs- und Teil-
        abechancen zu ermöglichen. Rot-Grün dagegen hatte
        r Bildung und Forschung in ihrem letzten Regierungs-
        hr 2005 gerade einmal 7,5 Milliarden Euro übrig.
        Während Rot-Grün in sieben Jahren dreimal im Bil-
        ungs- und Forschungsbereich gekürzt hat – 2000, 2003,
        004 –, haben wir den Etat achtmal in Folge spürbar er-
        öht. Das sind die Zahlen, das ist die Wahrheit, und das
        t gut für die – jungen – Menschen.
        Wir haben es 500 000 jungen Menschen mehr als
        och 2005 ermöglicht, ein Studium aufzunehmen.
        50 000 Studierende mehr als früher profitieren heute
        on BAföG und Stipendien. Der Bund jedenfalls nimmt
        eine Verantwortung für die gesamtstaatliche Aufgabe
        ildung vorbildlich wahr.
        Mit dem Hochschulpakt, dem Qualitätspakt für die
        ehre, den BAföG-Novellen, der Einführung des Deutsch-
        ndstipendiums, dem Ausbau der Förderung durch die
        egabtenförderungswerke und nicht zuletzt der Exzel-
        nzinitiative haben wir Impulse gesetzt und ein Signal
        n die jungen Menschen in unserem Land gesandt: Bil-
        ung lohnt sich. Wir laden Euch ein, Eure Chancen zu
        utzen.
        Ich verstehe, dass es nun schwierig für die Opposition
        t, hier noch Kritik zu üben. Schließlich haben wir ge-
        chafft, woran Sie gescheitert sind: Sie wollten die Stu-
        ienanfängerquote auf über 40 Prozent anheben, sind
        ber nie über 38 Prozent hinausgekommen. Jetzt liegt
        ie Quote bei fast 55 Prozent.
        Weil da kaum noch etwas übrig bleibt, bemühen Sie
        der vorletzten Plenarsitzung dieser Legislaturperiode
        nser großes Thema Föderalismus. Sie beklagen zu we-
        ige gemeinsame, langfristige Kooperationen zwischen
        und und Ländern und eine fehlende Bundesunterstüt-
        ung für Schulen.
        Dabei wissen Sie es besser: Die Bundesregierung hat
        ich in dieser Legislaturperiode mit einem Gesetzent-
        urf vom Mai 2012 dazu bekannt, dass sie sich im Be-
        ich der Hochschulen eine neue Kooperationskultur
        wischen Bund und Ländern wünscht, und gesagt, wie
        ir sie regeln würden. Alle Länder hätten unserem Vor-
        chlag, Art. 91 b Abs. 1 Nr. 2 Grundgesetz durch die
        infügung der Worte, dass der Bund „Einrichtungen und
        rojekte an den Hochschulen fördern“ kann, zustimmen
        önnen.
        Rot-Grün hat das im Bundesrat blockiert, angeblich,
        eil Sie die Geltung einer solchen Regelung auch auf
        en Schulbereich ausdehnen wollen. Dabei wissen Sie,
        err Gehring, Frau Sager, Herr Schulz und Herr
        ossmann, selbst ganz genau, dass Finanzhilfen des
        Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32341
        (A) )
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        Bundes für die Schulen nur dann – auf eine Weise – die
        Zustimmung aller erhalten würden – insbesondere auch
        der rot-grün regierten Länder –, wenn das Geld unkon-
        trolliert direkt an die Finanzminister geht.
        Sie sagen das nie offen, sondern verstecken das gern
        hinter den „zusätzlichen Umsatzsteuerpunkten für die
        Bildung“. Eine gesetzliche Zweckbindung dieser Mittel
        für Bildung ist unmöglich, und das wissen Sie. Ich frage
        mich daher, ob Sie tatsächlich über diesen Umweg die
        Schulen beglücken wollen. Zweifel scheinen sehr ange-
        bracht.
        Dass mit dem Geld Straßen in Berlin geflickt werden,
        lieber Herr Schulz, dass, verehrter Herr Gehring, in
        NRW vielleicht endlich einmal ein verfassungsgemäßer
        Haushalt aufgestellt wird, dass in Hamburg, liebe Frau
        Sager, die Elbphilharmonie mit Bundesgeldern querfinan-
        ziert wird oder dass Bayern und Baden-Württemberg da-
        mit ihre Pensionslasten finanzieren: Das jedenfalls sind
        nach unserer Auffassung keine sinnvollen Investitionen
        in Bildung und Forschung.
        Wir sind jederzeit bereit, mit den Bundesländern über
        neue Möglichkeiten der Kooperation in Bildungsfragen
        zu reden. Für die Wissenschaft gab es schon einmal ei-
        nen Konsens zwischen Bund und Ländern. Den haben
        Sie leichtfertig und mutwillig verspielt, dem Wahlkampf
        geopfert.
        Eine neue Kooperationskultur, die einen Mehrwehrt
        für die Qualität der Bildungsangebote in unserem Land
        bringt, liegt auch uns am Herzen.
        Für den Umgang mit Mitteln aus dem Bildungsetat
        sollten wir uns bildungspolitische Ziele setzen und für
        eine neue Kooperationskultur sorgen, was ja in jeder
        Hinsicht eine ständige Herausforderung ist.
        Ewa Klamt (CDU/CSU): Meine letzte Rede im Deut-
        schen Bundestag möchte ich mit einem Dank beginnen,
        einem Dank an die Kolleginnen und Kollegen aller Frak-
        tionen für die gute Zusammenarbeit der letzten Jahre;
        denn wenn unsere Debatten auch meist strittig waren, so
        waren sie doch vom gemeinsamen Bestreben geprägt,
        die bestmöglichen Bedingungen für Kinder, Jugendliche
        und Studenten zu schaffen.
        In dieser Debatte darüber, wie eine Änderung des der-
        zeitigen Kooperationsverbotes zwischen Bund und Län-
        dern aussehen soll, werden die unterschiedlichen Vor-
        stellungen besonders deutlich. Von unserer Seite liegt
        den Ländern der Vorschlag einer Änderung von
        Art. 91 b Grundgesetz seit längerem vor. Unser Vor-
        schlag findet einen breiten Konsens in Wissenschaft und
        Gesellschaft, jedoch nicht bei den rot-grün bzw. grün-rot
        regierten Ländern. Diese haben in den Verhandlungen
        sehr unverhohlen ein Ziel verfolgt: Der Bund soll ohne
        jede Zweckbindung mehr Geld an die Länder transferie-
        ren.
        Genau dies fordert die SPD nun mit ihrem vorgeleg-
        ten Antrag, einen neuen Art. 104 c zu schaffen. Sie for-
        dern, dass den Ländern dauerhafte Finanzhilfen des
        Bundes für Bildung zugesichert werden und verbinden
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        ies mit der Forderung, dass dies erfolgen soll, „ohne die
        ildungshoheit der Länder einzuschränken“. Es ist mir
        in Rätsel, wie Sie diese Forderung mit Ihrem Selbstver-
        tändnis als Bundestagsabgeordnete in Einklang bringen
        önnen. Gerade Sie als Bundesbildungspolitiker können
        och nicht ernsthaft daran interessiert sein, dass wir er-
        ebliche Finanzmittel für Bildung an die Länder geben
        nd keinerlei Kontrolle über deren Verwendung haben.
        r Gestaltungsanspruch gerade als Bildungspolitiker
        ollte ein anderer sein.
        Die Erfahrung in anderen Bereichen hat uns doch
        idvoll gezeigt: Nie ist bei einem reinen Transfer von
        inanzmitteln vom Bund an die Länder gewährleistet,
        ass das Geld auch zweckgebunden eingesetzt wird.
        ehmen wir zum Beispiel den Ausbau der Kindertages-
        tätten: Gern nahmen die Länder die 4 Milliarden Euro
        es Bundes in Anspruch. Als die Länder jedoch Rechen-
        chaft ablegen sollten, dass das Geld tatsächlich in den
        usbau von Kitas gegangen ist, kam ein empörter Auf-
        chrei. Nachweise über den Verbleib der Gelder des
        undes? Fehlanzeige! Nachweis über den versproche-
        en Einsatz der eigenen 4 Milliarden Euro für den Aus-
        au? Fehlanzeige! Ebenso häufig haben wir erlebt, dass
        ie zusätzlichen Gelder des Bundes nicht für mehr Bil-
        ungsausgaben in den Ländern ausgegeben wurden, son-
        ern statt dessen die eigenen Finanzen im Bildungsbe-
        ich gesenkt wurden.
        Wir Unionspolitiker wollen unserem Auftrag als Bil-
        ungspolitiker auf Bundesebene gerecht werden. Wir
        ollen Gestaltungsspielraum für bessere Bildung, und
        ntsprechend fordern wir, dass Steuergelder genau für
        en Zweck eingesetzt werden, für den sie bestimmt sind.
        as bedeutet, dass es zumindest einer Zielvereinbarung
        ber die Verwendung der Mittel bedarf.
        Wir alle wollen Transparenz, Vergleichbarkeit der
        bschlüsse und Bildungsmindeststandards. Eine stär-
        ere Kooperationskultur ist wünschenswert und drin-
        end geboten. In inhaltlicher Hinsicht bietet sich den
        ändern zum Beispiel im Bereich der besseren Ver-
        leichbarkeit von Bildungsstandards und Abschlüssen
        uch ohne Änderung des Grundgesetzes bereits heute die
        öglichkeit, beispielsweise über die Kultusministerkon-
        renz zu einer Einigung zu kommen. Ich würde mir
        ünschen, dass diese Möglichkeit besser genutzt würde.
        Wir, die Abgeordneten der christlich-liberalen Koali-
        on, treten für einen modernen Föderalismus ein, der
        ine Kooperationskultur ermöglicht. Doch diese Koope-
        tion kann sich nicht auf bloße Finanzhilfen beschrän-
        en, diese Kooperation muss zu inhaltlichen Verbesse-
        ngen der deutschen Bildungspolitik führen.
        Unser Angebot, durch die Änderung des Art. 91 b
        rundgesetz wenigstens eine Ausweitung der verfas-
        ungsrechtlichen Möglichkeiten des Bundes im Hoch-
        chulbereich herbeizuführen, da sich bisher keine Eini-
        ung für eine verstärkte Kooperation im Schulbereich
        bzeichnet, haben Sie blockiert. Was die Länder wollen,
        t lediglich, dass der Bund mehr Steuerpunkte, also
        inanzmittel des Bundes abgibt und sich sonst heraus-
        ält.
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        Sie von der Opposition haben unseren Vorschlag zur
        Änderung des Art. 91 b Grundgesetz abgelehnt und da-
        mit der dringend notwendigen Zusammenarbeit im Wis-
        senschaftsbereich eine Absage erteilt. Es wäre für den
        Bildungsstandort Deutschland gut, wenn Sie und die rot-
        grün und grün-rot regierten Länder zu einer konstrukti-
        ven, inhaltsbezogenen Beratung zurückfänden.
        Oliver Kaczmarek (SPD): Es ist schon auffällig,
        dass in der Bildungspolitik die Menschen eindeutig von
        Bund und Ländern eine engere Kooperation erwarten
        und sich gleichzeitig so wenig bewegt. Kaum eine Um-
        frage, kaum eine Verbändemeinung, kaum eine Veran-
        staltung zur Bildungspolitik, wo nicht das grundgesetzli-
        che Kooperationsverbot in der Bildungspolitik von den
        Menschen massiv infrage gestellt wird. Und gleichzeitig
        kaum eine Debatte im Deutschen Bundestag, wo immer
        wieder so deutlich wird, wie die schwarz-gelbe Regie-
        rung Politik gegen den gesunden Menschenverstand
        macht.
        Ich bin der festen Überzeugung: Die großen Heraus-
        forderungen im Bildungswesen werden Bund, Länder
        und Kommunen nur gemeinsam lösen können. Der Bund
        hat hier eine besondere Verantwortung, beim Aufbau
        bzw. beim Erhalt einer öffentlichen Bildungsinfrastruk-
        tur mitzuhelfen, sei es beim Ausbau ganztägiger Bildung
        und Betreuung im frühen Kindesalter, beim Ausbau des
        Ganztagsschulangebots, bei der Verwirklichung inklusi-
        ver Bildung, bei der Neuauflage des Hochschulpakts,
        beim Ausbau sozialer Infrastruktur rund um die Hoch-
        schulen oder bei der Bekämpfung des funktionalen An-
        alphabetismus. Deshalb ist es umso weniger verständ-
        lich, dass die Bundesregierung weiterhin beharrlich bei
        einer Minigrundgesetzänderung bleibt, die es maximal
        ermöglicht, dass Hochschulen und wissenschaftliche
        Einrichtungen von überregionaler Bedeutung kooperie-
        ren können. Darüber mag man diskutieren, aber das wird
        den Anforderungen an eine gemeinsam verantwortete
        Bildungsinfrastruktur nicht im Ansatz gerecht. Die
        schwarz-gelbe Koalition blockiert mit ihrem sturen Fest-
        halten daran den Weg in einen Konsens der Verantwor-
        tungsgemeinschaft von Bund, Ländern und Kommunen
        für Bildung.
        Dazu gibt es Alternativen. Die SPD hat in dieser
        Wahlperiode immer deutlich gemacht, dass wir für eine
        Aufhebung des Kooperationsverbotes sind. Wir haben
        dazu konkrete Vorschläge gemacht, wie wir hier zu ei-
        nem Konsens kommen können, um den umfassenden
        Anforderungen an gemeinsame Bildungspolitik gerecht
        zu werden, ohne dass einer der Partner übervorteilt wird
        oder grundsätzliche Zuständigkeiten vermengt oder in-
        frage gestellt werden. Aber die schwarz-gelbe Koalition
        weigert sich weiterhin, darüber überhaupt Verhandlun-
        gen aufzunehmen, und blockiert damit den dringend be-
        nötigten Konsens.
        Nun höre ich schon, wie die Ministerin den Bundesrat
        ermahnt, er möge einen unter den Ländern konsensfähi-
        gen Vorschlag vorlegen. Das ist aber ein reines Ablen-
        kungsmanöver, denn jeder weiß, dass der Vorschlag der
        Bundesregierung im Deutschen Bundestag keine verfas-
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        ungsändernde Mehrheit finden wird. In so einer Situa-
        on müsste die Regierung eigentlich Gespräche darüber
        ufnehmen, wie man zu einem Ergebnis kommt, das im
        undestag den weitestgehenden Konsens darstellt und
        wischen Bundesrat und Bundestag unstrittig ist. Statt-
        essen fahren Sie die Abstimmungen lieber vor die
        and. Diese Blockade ist unverantwortlich.
        Die SPD hat hier im Deutschen Bundestag einen Vor-
        chlag zur Einführung eines Art. 104 c im Grundgesetz
        emacht, der eine gemeinsame Finanzierung von Bil-
        ungsaufgaben durch Bund und Länder ermöglicht. Wir
        tellen uns vor, dass die Länder mit dem Bund in ge-
        einsam verantworteten Bildungsaufgaben, insbeson-
        ere im Ausbau der Bildungsinfrastruktur, Kooperatio-
        en vereinbaren und gemeinsam finanzieren. Uns geht
        s nicht um vermischte Zuständigkeiten oder das rein fi-
        anzielle Engagement des Bundes, uns geht es um ge-
        einsam wahrgenommene Verantwortung in der Ge-
        einschaft von Bund, Ländern und Kommunen.
        Dem Bundesrat liegen dazu mehrere Initiativen aus
        t bzw. rot-grün regierten Bundesländern vor. Jüngst
        aben Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz einen
        emeinsamen Entschließungsantrag für den Bundesrat
        azu formuliert. Die beiden Länder zeigen damit, dass
        ie an einer konstruktiven Zusammenarbeit interessiert
        ind. Deshalb ist unsere Bitte an die Bundesregierung
        nd an die derzeitige Bundesbildungsministerin: Ma-
        hen Sie endlich ein glaubwürdiges Angebot für eine
        chte Kooperation von Bund und Ländern im Bildungs-
        esen. Machen Sie den Fraktionen des Bundestages ein
        erhandlungsangebot. Lassen Sie uns dann über den
        esten Weg streiten. Aber bitte geben Sie Ihre Blockade-
        altung beim Kooperationsverbot endlich auf. Sie riskie-
        n sonst leichtfertig Fortschritt und Leistungsfähigkeit
        es deutschen Bildungssystems.
        Swen Schulz (Spandau) (SPD): Nachdem die SPD
        inen Masterplan zu Ganztagsschulen in den Bundestag
        ingebracht hat, gab es vor wenigen Wochen diesen öf-
        ntlichen Kommentar: „Wir müssen daher das Grund-
        esetz ändern, damit ein bundesfinanzierter Masterplan
        öglich wird. Das heißt, die verfassungsrechtlichen
        öglichkeiten des Bundes auszuweiten, damit er sich fi-
        anziell in der Schulpolitik einbringen kann, aber auch
        haltliche Mitspracherechte im Schulbereich erhält.“ So
        chreibt die Bundesministerin in einer eigenen Presse-
        itteilung unter dem Titel „Wanka fordert Grundgesetz-
        nderung“.
        Wer jetzt erwartet, dass die Ministerin oder gar die
        oalition aktiv wird und einen diskutablen Vorschlag zu
        iner Grundgesetzänderung macht, wird jedoch ent-
        uscht; denn sicherheitshalber erklärte die Ministerin in
        er Pressemitteilung gleich, dass sie die Länder auffor-
        ert, eine gemeinsame Position zu erarbeiten, mit der sie
        ich dann auseinandersetzen wolle.
        Es bleibt also alles beim Alten: Wanka gibt – wie
        uch beim BAföG oder bei der Förderung des wissen-
        chaftlichen Nachwuchses – wohlfeile Erklärungen ab
        nd lehnt sich anschließend zurück, allerdings nicht,
        hne sich in Interviews über die Schulpolitik der Länder
        Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32343
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        und zentrale Abiturprüfungen auszulassen, wo sie an-
        sonsten keine Gelegenheit versäumt, ihre Untätigkeit mit
        Verweis auf die Zuständigkeit der Länder zu rechtferti-
        gen. Das sind Interviews als Politikersatz. Mit dem Fin-
        ger wird auf die Länder gezeigt, statt selbst zu handeln.
        Aber warum sollte die Ministerin es anders halten als
        die Bundeskanzlerin? Erst über die Bildungsrepublik
        Deutschland schwadronieren, dann nichts für die Schu-
        len machen, sich auch nicht für die Aufhebung des Ko-
        operationsverbotes für die Bildung einsetzen und jüngst
        den Deutschen Schulpreis 2013 verleihen: Das ist großes
        Staatstheater, aber eben nur Theater.
        Im CDU-Wahlprogramm – eigentlich ja eine ganz
        spannende Wundertüte – kommt die Änderung des
        Grundgesetzes dann auch nur im Zusammenhang mit he-
        rausragender Forschung vor. Darum geht es bei der von
        der Koalition vorgeschlagenen Änderung des Art. 91 b
        Grundgesetz: Sie will ausschließlich den Einstieg des
        Bundes in die Finanzierung ausgewählter Forschungs-
        einrichtungen von überregionaler Bedeutung ermögli-
        chen. Um die Bildung in der Breite, um die Hochschulen
        – geschweige denn Schulen –, geht es der CDU ganz und
        gar nicht.
        Wir hingegen haben mit dem neuen Kooperationsarti-
        kel 104 c Grundgesetz die gesamte Bildung im Blick.
        Uns geht es nicht um die Förderung von Leuchttürmen,
        sondern um die dringend benötigte Unterstützung der
        Länder für ihre Hochschulen, Berufsschulen, Schulen
        und Kitas.
        Im Grundsatz sehen das, das sei hier betont, alle drei
        Oppositionsfraktionen so. Sie alle haben verschiedene
        Initiativen in den Bundestag eingebracht. Ich behaupte
        sogar, dass sich mindestens der Bildungsausschuss,
        wahrscheinlich sogar der Bundestag, ganz schnell auf
        eine Zweidrittelmehrheit für die Aufhebung des Koope-
        rationsverbotes für die Bildung verständigen könnte.
        Doch die Radikalföderalisten in wenigen unionsregier-
        ten Ländern haben das verhindert. Darum lehnt die
        Koalition hier jede Initiative ab. Uns dann aber die
        Blockade Ihres Schmalspurantrages vorzuwerfen, ist
        nachgerade grotesk.
        Aber es kommt die neue Legislaturperiode, es kom-
        men auch Landtagswahlen, und es kommt die Zeit der
        Kooperation von Bund und Ländern. Wir schaffen es –
        nicht heute, aber morgen.
        Dr. Martin Neumann (Lausitz) (FDP): Mit den vor-
        liegenden Schaufensteranträgen werfen die Oppositions-
        fraktionen Nebelkerzen. Die von den Koalitionsfraktio-
        nen getragene Bundesregierung hat mit dem Gesetz-
        entwurf zur Änderung von Art. 91 b Grundgesetz einen
        Vorschlag unterbreitet, der es durch eine Erweiterung der
        Gemeinschaftsaufgaben von Bund und Ländern ermögli-
        chen würde, über befristete Projekte hinaus zu fördern.
        Bund und Länder würden in die Lage versetzt, im Wis-
        senschaftsbereich zentrale Zukunftsprojekte gemeinsam
        auf den Weg zu bringen. Wir wollen eine breite und
        nachhaltige institutionelle Förderung von Hochschulen
        durch den Bund ermöglichen, um das Zusammenwirken
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        on Hochschulen und außeruniversitärer Forschung
        urch den Abbau rechtlicher Schranken zu beflügeln.
        Die vorgeschlagene, konsensfähige Ausweitung der
        usammenarbeit von Bund und Ländern bei der Finan-
        ierung im Hochschulbereich wird von den Oppositions-
        aktionen im Bundesrat aus parteitaktischem Kalkül
        lockiert. Dabei könnte ein besseres Zusammenwirken
        Bereich der Hochschulen auch für andere Bereiche
        ositive Wirkung entfalten. Diese Auffassung unterstüt-
        en beinahe einmütig alle Wissenschaftsorganisationen.
        s ist mehr als erstaunlich, dass sich die Antragsteller
        ierüber in so arroganter Weise hinwegsetzen, und be-
        eist einmal mehr die Inkompetenz von SPD, Linken
        nd Grünen im Zukunftsfeld der Wissenschaftspolitik.
        Die Oppositionsfraktionen müssen den Hochschulen
        egenüber erklären, warum sie ihnen eine institutionelle
        örderung durch ihre Blockade im Bundesrat verwei-
        ern. Die FDP-Fraktion hat grundsätzlich Sympathie für
        ine Neuregelung der Zusammenarbeit von Bund und
        ändern, die über den Hochschulbereich hinausreicht.
        erade das Agieren der Sozialdemokraten, die sich
        eute als Stimme der Vernunft und Retter der Bildungs-
        olitik in Deutschland gerieren wollen, ist mehr als
        euchlerisch, war es doch die SPD, die erst das Koopera-
        onsverbot im Jahr 2006 zu Zeiten der Großen Koalition
        Grundgesetz verankert hat. Bereits damals hat sich
        ie FDP-Fraktion dagegen ausgesprochen, und wir las-
        en uns heute nicht von denselben Sozialdemokraten be-
        hren, wie unser Verfassungsgefüge im Bereich der Bil-
        ungs- und Wissenschaftsverantwortung in unserem
        and zu organisieren sei.
        Die christlich-liberale Koalition hat in den letzten vier
        ahren weit mehr für Bildung und Wissenschaft in
        eutschland getan, als es die linken und grünen Illu-
        ionspolitiker jemals fertigkriegen würden.
        Mit Blick auf die für Grundgesetzänderungen erfor-
        erlichen Zweidrittelmehrheiten und den Umstand, dass
        onseiten der Länder kein gemeinsamer Vorschlag un-
        rbreitet wurde, halten wir die von uns vorgeschlagene
        nderung von Art. 91 b Grundgesetz als ersten Schritt
        r eine bessere Zusammenarbeit von Bund und Ländern
        Bildungsbereich für unbedingt geboten.
        Die Opposition sollte sich nicht weiter sperren. Sie
        ollte den Weg für die Änderung von Art. 91 b Grundge-
        etz freimachen, anstatt mit Schaufensteranträgen von
        rer Blockadepolitik im Bundesrat abzulenken. Univer-
        itäten und Fachhochschulen könnten bereits heute von
        iner stärkeren Unterstützung profitieren, wenn die Op-
        osition nicht blockiert hätte. Das wissen die Wissen-
        chaftler, die Lehrer, die Eltern, das wissen die Studie-
        nden und Schüler, und das werden wir bei jeder
        elegenheit immer wieder ins Gedächtnis rufen.
        Dr. Rosemarie Hein (DIE LINKE): Fast möchte
        an meinen, im Bundestag herrsche in dieser Woche
        ommerschlussverkauf nach dem Motto „Alles muss
        us“. So scheint es auch bei dem leidigen Thema der
        uständigkeit für Bildungspolitik zu sein. Mehr als drei
        ahre haben wir darauf gewartet, dass die Bundesregie-
        32344 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
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        rung und die Koalition sich endlich zu einer größeren
        Verantwortung in Fragen der Bildungspolitik bekennen.
        Dann gebaren sie ein Mäuschen, und das wird nun nicht
        einmal das Hohe Haus passieren.
        Was ist passiert? Im Jahre 2006 haben der Bund und
        die Länder entschieden, dass Bildungspolitik fast voll-
        ständig in die gesetzgeberische Zuständigkeit der Länder
        übergeht. Dafür bekamen sie einen bescheidenen finan-
        ziellen Ausgleich. Das Grundgesetz wurde so geändert,
        und nun kann der Bund vor allem in Fragen der Hoch-
        schulpolitik und der Schulpolitik nicht mehr mitspre-
        chen, auch kein Geld geben.
        Diese Grundgesetzentscheidung hat sich schon bald
        als falsch herausgestellt. Hatten die Länder vorher schon
        nicht genug Geld, Bildung vernünftig zu finanzieren,
        reicht es heute erst recht nicht mehr aus. Die Länder aber
        reformierten auf Teufel komm raus herum mit dem Ef-
        fekt, dass die Vergleichbarkeit der Bildungswege und
        Abschlüsse immer schlechter wurde. Für die Bildungser-
        gebnisse, die mindestens seit PISA 2000 unter heftiger
        Kritik stehen, gab es nur geringe Verbesserungen, und
        die hatten eher nicht mit der Länderzuständigkeit zu tun.
        Wen wundert es da, dass die Bevölkerung in ganz
        Deutschland immer lauter mehr oder inzwischen sogar
        die alleinige Bundeszuständigkeit in der Bildung
        fordert? Die Fraktion Die Linke hat darum bereits im
        Februar 2010 in einem Antrag die Aufhebung des Ko-
        operationsverbotes in der Bildung gefordert. Heute nun
        steht er endlich wieder auf der Tagesordnung.
        Inzwischen sind weitere und weiter gehende Anträge
        der Opposition, auch von meiner Fraktion, gefolgt. In-
        zwischen gibt es auch im Bundesrat Gesetzentwürfe aus
        zwei Ländern, mit denen das Kooperationsverbot aufge-
        hoben oder die Auswirkungen wenigstens mit mehr Geld
        abgemildert werden sollen.
        Doch die Bundesregierung, die Koalition und die
        Länder, in denen ihre Parteien regieren, bleiben stur. Im
        vergangenen Jahr nun kam es dennoch zu einem Gesetz-
        entwurf, mit dem mehr Zusammenarbeit in Bereichen
        der Hochschulpolitik ermöglicht werden soll. Doch da-
        mit würde man nur die auslaufende Exzellenzinitiative
        der Bundesregierung auf dauerhafte Füße stellen. Für
        den gesamten Hochschulbetrieb und vor allem für die
        Schulpolitik hätte das keinerlei positive Auswirkungen.
        Darum haben sich die Oppositionsparteien geweigert,
        dieser Minilösung zuzustimmen.
        Ohne die Stimmen der Opposition, auch im Bundes-
        rat, aber kommt keine Grundgesetzänderung zustande.
        Und darum wird es in dieser Wahlperiode keine Grund-
        gesetzänderung mehr geben. Offensichtlich hat sich
        diesmal auch die SPD ihre Zustimmung nicht abkaufen
        lassen, wie das beim Bildungs- und Teilhabepaket noch
        der Fall war. Es ist ja auch Wahlkampf.
        Die von der Bundesregierung vorgeschlagene Ände-
        rung würde aber auch nichts an dem beklagenswerten
        Zustand bundesdeutscher Bildungspolitik ändern. Dabei
        nämlich geht es um die Finanzierung von Inklusion,
        Schulsozialarbeit, Ganztagsschulen, Lehrerausbildung,
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        ort- und Weiterbildung, um die Ausbildung von Erzie-
        erinnen und Erziehern, um die bessere Ausstattung mit
        ehr- und Lernmitteln, um Schulsanierungen, um Schü-
        rbeförderung, Schulmittagessen, um die Finanzierung
        on allgemeiner Weiterbildung, von Hochschulen und
        em dazugehörigen Lehrpersonal und anderem.
        Darum bleiben wir dabei: Wir brauchen eine echte
        emeinschaftsaufgabe in der Bildung. Bund, Länder
        nd Kommunen müssen diese Aufgabe gemeinsam
        chultern, soll Bildung in Deutschland besser werden.
        Doch mit einer trügerischen Hoffnung will ich noch
        ufräumen: Wenn in allen Ländern, einschließlich
        ayern, neben dem Gymnasium nur noch eine Schul-
        rm existiert, wenn im Abitur alle die gleichen Aufga-
        en lösen müssen, dann ist das Grundproblem, die starke
        bhängigkeit des Bildungserfolges von der sozialen
        erkunft immer noch nicht gelöst.
        Die Zuweisung zu unterschiedlichen Schulformen mit
        nterschiedlichen Bildungszielen beseitigt diese soziale
        ngerechtigkeit eben nicht. Dafür brauchen wir ein an-
        eres Lehren und Lernen in einer Gemeinschaftsschule
        r alle Kinder, die von den Lernenden und ihren unter-
        chiedlichen Möglichkeiten und Bedürfnissen ausgeht
        nd niemanden abstempelt, anstatt einseitig immer da-
        uf zu schielen, wie Bildung am besten wirtschaftlich
        erwertbar ist.
        Nur wenn wir diesen Paradigmenwechsel bundesweit
        inbekommen, haben Kinder und Jugendliche in allen
        undesländern die gleichen und dazu die besseren Chan-
        en und werden sich Bildungsergebnisse nachhaltig ver-
        essern. Das gilt für die Starken ebenso wie für die mit
        enachteiligungen.
        Darum bleiben wir dabei: Die Gemeinschaftsaufgabe
        ildung muss ins Grundgesetz, und überall brauchen wir
        ut ausgestattete Gemeinschaftsschulen, die allen Ler-
        enden bessere Chancen bieten als heute. Das geglie-
        erte Schulsystem aus dem 19. Jahrhundert muss über-
        unden werden.
        Kai Gehring (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die
        enschen in Deutschland haben die Nase voll von feh-
        nden Kitaplätzen, maroden Schulen, überfüllten Uni-
        ersitäten. Sie sind genervt vom Zuständigkeitsgerangel
        der Bildungspolitik – so sehr, dass sich in Meinungs-
        mfragen mehr als Zweidrittel eine Bundesbildungs-
        ompetenz wünschen.
        So verständlich dieser Wunsch auf den ersten Blick
        uch ist: Gute Schulen können nicht von Berlin aus
        erordnet, sondern nur vor Ort gemacht und gestaltet
        erden. Zur besseren Vergleichbarkeit von Schulab-
        chlüssen und gegen Mobilitätshürden helfen vielmehr
        erlässliche Bildungsstandards, die seitens der Kultus-
        inisterkonferenz auf den Weg gebracht wurden.
        Was es zur Verbesserung der Situation in den Bil-
        ungseinrichtungen vor Ort aber dringend braucht, ist
        ine enge, verlässliche, dauerhafte Kooperation zwi-
        chen Bund und Ländern, um die großen bildungs- und
        Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32345
        (A) )
        )(B)
        wissenschaftspolitischen Herausforderungen der Gegen-
        wart und Zukunft anzugehen; denn Bildungspolitik ist
        auch Sozial-, Integrations- und Wirtschaftspolitik. Bil-
        dung ist kein Kostenfaktor, sondern Investitionstreiber
        und Zukunftsrendite. Deswegen muss der Bund mitge-
        stalten dürfen.
        Genau das hat die Große Koalition aus CDU, CSU
        und SPD mit der Föderalismusreform von 2006 unmög-
        lich gemacht und blockiert: Durch das faktische Koope-
        rationsverbot im Grundgesetz zwischen Bund und Län-
        dern wurde die Bundesseite aus jeder politischen wie
        finanziellen Mitverantwortung für den Schulbereich
        herausgedrängt. Das verhindert nicht nur ein kluges ge-
        samtstaatliches Handeln, das ist auch peinlich für ein
        Land der Dichter und Denker. Zu einer international ver-
        netzten Volkswirtschaft und modernen Wissensgesell-
        schaft wie der Bundesrepublik passt bei so zentralen Zu-
        kunfts- und Innovationsfeldern wie der Bildung und
        Wissenschaft keine Kleinstaaterei.
        Das Kooperationsverbot haben wir daher von Anfang
        an abgelehnt, und wir kämpfen seit 2006 dafür, es wie-
        der aus unserer Verfassung zu kippen; denn die Befürch-
        tungen, die wir damals hatten, sind eingetreten: Noch
        immer ist unser Bildungs- und Wissenschaftssystem
        bundesweit unterfinanziert, Qualität und Leitungsfähig-
        keit lassen zu wünschen übrig. Das sehen wir allein,
        wenn wir die mangelnde Durchlässigkeit, die hohe Zahl
        der Bildungsverlierer sowie die fehlende Chancen- und
        Bildungsgerechtigkeit betrachten.
        Das haben uns in dieser Woche auch die OECD-
        Studie „Bildung auf einen Blick“, der „Chancenspiegel“
        der Bertelsmann-Stiftung und die 20. Sozialerhebung
        des Deutschen Studentenwerks erneut ins bildungs- und
        wissenschaftspolitische Stammbuch geschrieben. Ein
        Hauptgrund dafür ist die unzureichende Ausfinanzierung
        des Bildungssystems; denn der Bund hat den Löwenan-
        teil der Steuereinnahmen, die Länder die Zuständigkeit.
        Beide staatlichen Ebenen müssen sich an die Schulden-
        bremse halten. In ärmeren Ländern, die unter massivem
        Konsolidierungsdruck stehen oder die Bildungsausgaben
        kaum priorisieren können, droht sich die Schulden-
        bremse zur bedrohlichen Bildungsinvestitionsbremse
        auszuwirken.
        Daran hat auch der Mittelaufwuchs im Bundesbil-
        dungsministerium in dieser Wahlperiode strukturell
        nichts verändert. Beispielsweise wurde das zentrale Pro-
        blem einer bundesweit erodierenden Grundfinanzierung
        der Hochschulen durch kurzzeitige Sonderprogramme
        wie Hochschulpakt, Exzellenzinitiative und Qualitäts-
        pakt Lehre keinesfalls gelöst, sondern durch gleichzeitig
        stark gestiegene Kofinanzierungspflichten beim Pakt für
        Forschung und Innovation zur Förderung der außeruni-
        versitären Forschungseinrichtungen noch verschärft.
        Kurzfristige Wissenschaftspakte bringen eben keine
        dauerhaften Lösungen.
        Hinzu kommt, dass das Kooperationsverbot im Bil-
        dungsbereich zu ineffizienten Krücken und bürokra-
        tischsten Umgehungen der Grundgesetzregeln geführt
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        at. Das kann jeder beispielhaft am größtenteils erfolglo-
        en Bildungs- und Teilhabepaket erkennen. Die direkte
        örderung guter Ganztagsschulen wäre stattdessen viel
        ielführender gewesen, um alle Kinder und Jugendlichen
        und vor allem die bildungsbenachteiligten – gezielt zu
        rdern.
        Als grüne Bundestagsfraktion wollen wir daher eine
        rmöglichungsverfassung für Bildungs- und Wissen-
        chaftskooperation statt unzeitgemäßer Verfassungsbar-
        eren. Unser Leitbild ist ein kooperativer anstelle eines
        ur kompetitiven oder sogar konfrontativen Bildungsfö-
        eralismus. Gesamtstaatliches Handeln und Finanzieren
        uss – wieder – möglich sein.
        Wenn das Kooperationsverbot aufgehoben würde,
        ann wären feste Bund-Länder-Vereinbarungen zur
        ösung großer bildungs- und wissenschaftspolitischer
        robleme machbar. Dann gäbe es kein Rummogeln um
        nsere Verfassung mehr, sondern transparente, klare
        ooperationsregeln. Dann ließe sich unter anderem
        nach dem großen Erfolg des ersten – ein zweites Ganz-
        gsschulprogramm verabreden, eine gemeinschaftliche
        tudienplatzfinanzierung auch nach dem Auslaufen des
        ochschulpaktes 2020 und die Verwirklichung von In-
        lusion in unserem Bildungssystem.
        Genau deswegen haben wir Verfassungsänderungen
        r den Bildungs- und Wissenschaftsbereich vorgeschla-
        en, die am Art. 91 b Grundgesetz andocken und einen
        rt. 104 c einführen. Für eine Einigung auf eine Grund-
        esetzänderung hatten wir vor über zwei Jahren einen
        eformkonvent vorgeschlagen, um eine tragfähige Än-
        erung zu erarbeiten, die die notwendige Zweidrittel-
        ehrheit in Bundestag und Bundesrat erzielt. Sie von
        en Koalitionsfraktionen haben sich leider auf beide
        orschläge nicht eingelassen: weder auf eine weite Öff-
        ung noch auf den notwendigen Verhandlungsprozess.
        Sie haben eine Grundgesetzänderung vorgeschlagen,
        ie eine Lösung nur vorgaukelt. Nicht nur, dass der Be-
        ich Bildung im Koalitionsentwurf außen vor bleibt,
        ielmehr geht er im Wissenschaftsbereich auch an der
        entralen Herausforderung vorbei. Der Vorschlag war
        änzlich ungeeignet, die erodierende Grundfinanzie-
        ng der Hochschulen zu stoppen oder diesen fatalen
        rend umzukehren.
        Sie wollten neben den Vorhaben lediglich einzelne
        Einrichtungen von überregionaler Bedeutung“, also
        um Beispiel exzellente Institute oder Exzellenzuniver-
        itäten fördern können. Daher ist es nur folgerichtig,
        ass Sie Ihren Regierungsentwurf heute gar nicht mehr
        inbringen, sondern ihn der Diskontinuität unterliegen
        ssen und damit stillschweigend beerdigen.
        Ihnen ging es nur um Leuchttürme mit einer fragwür-
        igen internationalen Strahlkraft. Wir wollen das ge-
        amte Bildungssystem zum Leuchten bringen. Daher
        uss das Kooperationsverbot kippen. Das Thema wird
        ns weiter begleiten, und wir hoffen, dass es in der
        ächsten Wahlperiode angepackt und gelöst werden
        ann.
        32346 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
        (A) )
        )(B)
        Anlage 21
        Zu Protokoll gegebene Reden
        zur Beratung der Beschlussempfehlung und des
        Berichts zu den Anträgen:
        – System der Organtransplantation in
        Deutschland nachhaltig stärken: Konse-
        quenzen aus den Manipulationen an Patien-
        tendaten in deutschen Transplantationskli-
        niken
        – Transparenz und öffentliche Kontrolle im
        Prozess der Organspende herstellen
        – Organspende in Deutschland transparent
        organisieren
        (Tagesordnungspunkt 15)
        Rudolf Henke (CDU/CSU): In Deutschland warten
        derzeit rund 12 000 Patienten auf eine Transplantation.
        Etwa 1 000 Menschen davon sterben jedes Jahr, bevor
        sie ein lebensrettendes Organ erhalten.
        Im Jahr 2012 ist die Zahl der gespendeten Organe ge-
        genüber 2011 bundesweit um 12,8 Prozent auf 3 511 ge-
        sunken. Sie hat damit den niedrigsten Stand seit zehn
        Jahren erreicht. Der „Tod auf der Warteliste“ ist damit
        noch näher gerückt als zuvor.
        Dieser Trend, der sich im ersten Quartal 2013 fortge-
        setzt hat, ist auf die monatelangen Negativschlagzeilen
        über aufgedeckte Manipulationen bei der Organvergabe
        zurückzuführen.
        Wir alle wollen die Spendenbereitschaft sowohl bei der
        Lebendspende als auch bei der postmortalen Organspende
        wieder erhöhen. Wichtigstes Ziel muss es deshalb sein,
        das offenbar geschmolzene Vertrauen in und die Akzep-
        tanz der Bevölkerung für das Transplantationswesen zu-
        rückzugewinnen.
        Dazu beraten wir heute abschließend einen interfrak-
        tionellen Antrag zur Stärkung der Organtransplantation
        sowie Anträge der Linksfraktion und der Fraktion Bünd-
        nis 90/Die Grünen zur Transparenz der Organspende.
        Bereits in der vergangenen Sitzungswoche haben wir
        mit den Regelungen des Beitragsschuldengesetzes Mani-
        pulationen an Patientendaten mit dem Ziel der Bevorzu-
        gung von Patienten unter Strafe gestellt. Die unrichtige
        Erhebung oder Dokumentation sowie die Übermittlung
        eines unrichtigen Gesundheitszustandes von Patienten
        an Eurotransplant ist damit in Zukunft ausdrücklich ver-
        boten.
        Daneben werden die Richtlinien zur Transplantations-
        medizin der Bundesärztekammer zukünftig unter einen
        Genehmigungsvorbehalt des Bundesgesundheitsministe-
        riums gestellt. Damit machen wir deutlich: Das System
        der Organspende und des Transplantationswesens hat
        sich im Grundsatz bewährt. Forderungen nach einer
        staatlichen Organisation der Organspende und -vertei-
        lung erteilen wir damit eine klare Absage. Der Staat
        kann die Organspende nicht besser und sicherer organi-
        sieren als die Selbstverwaltung. Es bleibt vor allem auch
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        eiterhin sinnvoll, die Spende, die Verteilung von Orga-
        en und die Operation der Empfänger organisatorisch
        oneinander zu trennen.
        Getroffene Entscheidungen bei der Vermittlung von
        rganen nach Dringlichkeit und Erfolgsaussicht sollen
        Zukunft auf eine verbesserte und fundiertere Daten-
        asis gestellt werden. In unserem fraktionsübergreifen-
        en Antrag fordern wir deshalb eine einheitliche und
        mfassende Datenerhebung im gesamten Prozessablauf
        er Transplantationsmedizin.
        Mit diesen Erkenntnissen ebnen wir den Weg für den
        ufbau eines Transplantationsregisters, das wesentlich
        azu beitragen kann, „Transparenz, Verteilungsgerech-
        gkeit und Qualität in der Transplantationsmedizin zu
        efördern“, wie es der 116. Deutsche Ärztetag im Mai
        ieses Jahres in einer Resolution gefordert hat. Mit der
        inrichtung eines Transplantationsregisters kann zudem
        ie Vergleichbarkeit zwischen den Transplantationszent-
        n erhöht werden.
        Wir fordern den Gemeinsamen Bundesausschuss auf,
        ie Verfahren der einrichtungsübergreifenden Qualitäts-
        icherung in der Transplantationsmedizin weiterzuent-
        ickeln und auszubauen.
        Zugleich sind natürlich die Länder gefordert, ihren
        berwachungspflichten gegenüber den Transplantations-
        entren nachzukommen, um Verstöße in Zukunft schnel-
        r aufdecken und ahnden zu können.
        Unsere gesetzgeberischen Maßnahmen können aber
        rst nach und nach wirken. Neben den Gesetzesänderun-
        en brauchen wir vielfältige weitere Anstrengungen zur
        ufklärung der Bevölkerung. Niemand denkt gerne
        arüber nach, aber jeder von uns kann in eine Situation
        eraten, in der nur eine Organspende ein Weiterleben
        rmöglicht.
        Selbstverwaltung und Politik haben nach Bekannt-
        erden der Verstöße rasch reagiert und schärfere Kon-
        ollen eingeführt, sodass heute in der deutschen Trans-
        lantationsmedizin mehr Transparenz und Sicherheit als
        zuvor bestehen.
        Um das Vertrauen in das System der Organspende
        iederherzustellen, müssen alle im Gesundheitswesen
        eteiligten weiter an einem Strang ziehen, um Miss-
        tände abzustellen.
        Organspende ist ein Werk der Nächstenliebe, das über
        en Tod hinausgeht. Machen wir dieses Werk der Nächs-
        nliebe stärker als alle regelwidrige Manipulation.
        Noch ein Gedanke zum Schluss: Wenn es stimmt,
        ass der vorhin erwähnte Rückgang der Spendebereit-
        chaft auf die Erosion des Vertrauens in die Verteilung
        on Organen zurückzuführen ist und wenn dies eine Re-
        ktion auf das Bekanntwerden von Manipulationen in ei-
        igen Fällen darstellt, dann sind mit den Patienten auf
        en Wartelisten die Falschen bestraft und müssen jetzt
        nnötig leiden. Denn die auf der Warteliste stehenden
        atienten sind ja nicht der Manipulation schuldig. Wenn
        ines von acht Organen gar nicht mehr zur Verfügung
        teht, dann bedeutet das verlängertes Leiden und den
        orzeitigen Tod für mindestens 125 Menschen mehr als
        Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32347
        (A) )
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        in den Jahren zuvor. Diese Zahl ist höher als die Zahl de-
        rer, die aufgrund der aufgedeckten Manipulationen ein
        ihnen eigentlich zugedachtes Organ nicht erhalten ha-
        ben. Der Rückgang der Organspendebereitschaft hat für
        die schwerkranken Patienten somit oft tödliche Folgen.
        Sie haften so mit ihrem Leben für das Fehlverhalten an-
        derer, obwohl sie selbst nichts falsch gemacht haben. Ich
        schildere dies deshalb so klar, weil ich mit einem Appell
        an unsere Mitbürger schließen möchte: Lassen Sie sich
        vom Werk der Nächstenliebe in Gestalt der Bereitschaft
        zur Organspende nicht abhalten, auch nicht durch einige
        inzwischen abgestellte Manipulationen. Wir als Gesetz-
        geber sorgen dafür, dass die Urheber solcher Manipula-
        tionen in Zukunft sicher bestraft werden können. Be-
        straft werden dann diejenigen, die sich nicht an Recht
        und Gesetz gehalten haben. Erklären Sie aber weiterhin
        Ihre Organspendebereitschaft, und sorgen Sie so dafür,
        dass nicht die schwerkranken Mitmenschen zum Opfer
        werden!
        Lassen wir nicht aus Zorn und Ärger und berechtigter
        Kritik im Ergebnis Unschuldige leiden!
        Stefanie Vogelsang (CDU/CSU): Vorab möchte ich
        der Staatssekretärin Annette Widmann-Mauz ein großes
        Kompliment aussprechen. Mit großem persönlichen En-
        gagement hat sie sich des Themas Organspende in den
        vergangenen Monaten sehr gründlich angenommen.
        Es fanden viele Gesprächsrunden statt. Die Bericht-
        erstatter im Gesundheitsausschuss haben sich im vergan-
        genen Monat im Rahmen einer Delegationsreise über
        Struktur, Aufgaben und Arbeitsweise der Stiftung Euro-
        transplant im holländischen Leiden informiert. Viele
        Sachverständige waren eingeladen, und wir haben uns
        bewusst bei vielen Themen Zeit gelassen und stets ver-
        sucht, alle Akteure in das Boot zu holen. Ich bin sehr
        froh, dass es uns gelungen ist, einen fraktionsübergrei-
        fenden Antrag zu formulieren.
        Vor noch nicht einmal einem Jahr haben wir das
        Transplantationsgesetz umfassend geändert. Die Novel-
        lierung setzte Vorgaben der Europäischen Union zu Qua-
        litäts- und Sicherheitsstandards in der Transplantations-
        medizin um. Mit dem verabschiedeten Gesetz wurden
        die Kontrollinstrumentarien gestärkt und die Grundsätze
        für ein gerechtes und funktionierendes Transplantations-
        system gelegt. Weiter wurde die unabhängige Prüfungs-
        und Überwachungskommission gesetzlich verankert, ihre
        Ermittlungsbefugnisse wurden gestärkt, und Vertreter
        staatlicher Stellen wurden in die Kommission berufen.
        Transplantationszentren und Entnahmekrankenhäuser
        sind gegenüber der Prüfungs- und Überwachungskom-
        mission zur Mitwirkung an Prüfungen verpflichtet.
        Umso größer war der Schock, als nur kurze Zeit nach
        der Verabschiedung dieses Änderungsgesetzes die Mani-
        pulationen von Patientendaten, die zu einer bevorzugten
        Organvergabe an diese Patienten führten, bekannt wur-
        den. Ganz bewusst wurden eigene Patienten auf der War-
        teliste nach vorn gerückt, ganz bewusst wurde gegen die
        Richtlinien der Bundesärztekammer verstoßen. In drei
        von vier Transplantationszentren zeigten sich Auffällig-
        keiten.
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        Dieser Skandal hatte eine verheerende Auswirkung
        uf die Bereitschaft zur Organspende: Die Spenderzah-
        n gingen rapide zurück, die Organspendezahlen sind
        ingebrochen. Von den im Jahr 2012 realisierten Organ-
        penden hatten nur noch 10 Prozent einen Organspende-
        usweis oder eine Patientenverfügung. Das heißt, in
        0 Prozent aller Fälle mussten die Angehörigen die Ent-
        cheidung über die Organspende treffen, weil nichts
        chriftliches vorlag.
        Mit unserem gemeinsamen Antrag sollen nun die
        onsequenzen aus den Manipulationen an Patientenda-
        n in deutschen Transplantationskliniken gezogen wer-
        en. Dabei war unser gemeinsames Motto: Gründlich-
        eit vor Schnelligkeit. Schließlich müssen wir nicht nur
        ie Interessen der 12 000 Menschen auf der Warteliste
        erücksichtigen, sondern auch die der potenziellen
        pender und ihrer Angehörigen. Eine Vergabe der Spen-
        erorgane muss nach objektiven, transparenten, verläss-
        chen, nachvollziehbaren und validen Kriterien erfol-
        en. Schließlich gibt es in Deutschland derzeit nur zehn
        pender pro 1 Million Einwohner, während beispiels-
        eise Kroatien 40 Spender pro 1 Million Einwohner
        ufweist.
        Dabei hat die große Mehrheit der Menschen in
        eutschland mit rund 70 Prozent grundsätzlich eine po-
        itive Einstellung zur Organspende, aber mit nur 22 Pro-
        ent dokumentieren die wenigsten ihre Bereitschaft in
        inem Organspendeausweis. Gerade bei der Organ-
        pende liegen das Leben und der Tod so nahe beieinan-
        er wie in keinem anderen Bereich; denn der Tod des ei-
        en Menschen bedeutet die Hoffnung auf ein neues
        eben für einen oder auch mehrere Patienten, die auf ei-
        er Warteliste stehen. Diese Verknüpfung löst bei den
        enschen aber auch Ängste aus. Leider ist es so, dass
        iele Menschen zwar die Sicherheit haben wollen, dass,
        lls sie in einer Notsituation sind, genügend Spender-
        rgane zur Verfügung stehen, aber leider füllen noch zu
        enige selbst einen Organspendeausweis aus. Aus Stu-
        ien wissen wir ebenfalls, dass die Menschen eher bereit
        ind, eine persönliche Entscheidung zu treffen, wenn sie
        ber das Thema Organspende gut informiert sind. Dies
        t jedoch unabdingbar mit Vertrauen geknüpft.
        Wichtig war es uns nun in den vergangen Monaten,
        ehutsam genau dieses Vertrauen zu schaffen. Denn da-
        it die Bürgerinnen und Bürger die Entscheidung, Or-
        anspender zu werden, treffen können, dürfen sie nicht
        n unserem Organspendesystem zweifeln. Diese Zweifel
        üssen wir gemeinsam ausräumen.
        Eine wichtige vertrauensbildende Maßnahme ist zum
        eispiel, dass zukünftig Transplantationsbeauftragte in
        rankenhäusern installiert werden. Ich möchte aber an-
        ahnen, dass das Vertrauen in die Krankenhäuser nur
        urch die Sanktionierung der Manipulationen wiederher-
        estellt werden kann. Nach wie vor haben die verdäch-
        gten Ärzte bis heute keine Konsequenzen aus ihrem
        ehlverhalten ziehen müssen.
        Wenn die Ermittlungsergebnisse der Staatsanwalt-
        chaft vorliegen, müssen dringend die entsprechenden
        esetzlichen Maßnahmen ergriffen werden, falls die Ma-
        ipulationen wegen bestehender Gesetzeslücken straffrei
        32348 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
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        bleiben sollten. Für die Politik bedeutet dies, die Konse-
        quenzen aus diesen Vorgängen zu ziehen, indem der Ge-
        setzgeber für klare gesetzliche Vorgaben sorgt. Alle im
        Bundestag vertretenen Faktionen haben dies von Anfang
        an begrüßt. Die Tatsache, dass jetzt ein Antrag vorliegt,
        der von allen Fraktionen im Ausschuss gemeinsam aus-
        gearbeitet worden sei, ist richtig und wichtig, um Ver-
        trauen zu stärken, damit die Bereitschaft der Bevölke-
        rung zur Organspende wieder gestärkt wird.
        In dem nun vorliegenden gemeinsamen Antrag for-
        dern wir die Bundesregierung auf, einen Gesetzentwurf
        vorzulegen, der die Richtlinien der Bundesärztekammer
        zum Transplantationsgesetz unter einen Genehmigungs-
        vorbehalt des Bundesgesundheitsministeriums stellt.
        Damit soll eine staatliche Rechtsaufsicht über die Richt-
        linienerstellung sichergestellt werden. Gleichzeitig ist
        eine einheitliche und umfassende Datenerhebung im ge-
        samten Prozessablauf der Transplantationsmedizin nö-
        tig, auch um die Entscheidungen bei der Vermittlung von
        Organen nach Dringlichkeit und Erfolgsaussicht auf eine
        verbesserte und fundiertere Datenbasis zu stellen. Alle
        bei den Manipulationen verantwortlichen Akteure müs-
        sen strafrechtlich belangt werden. Hier muss der Gesetz-
        geber handeln, und da sind wir uns auch alle einig. Des-
        halb fordern wir auch einen jährlichen Bericht in den
        nächsten drei Jahren über den Fortgang des eingeleiteten
        Reformprozesses, mögliche Missstände und sonstige ak-
        tuelle Entwicklungen in der Transplantationsmedizin.
        Außerdem soll der mit den Ländern begonnene Diskus-
        sionsprozess zum Informationsaustausch über berufs-
        oder strafrechtliche Maßnahmen gegen Gesundheits-
        dienstleister zwischen den Behörden fortgesetzt werden.
        Es ist insofern ein positives Signal, dass sich der ge-
        samte Bundestag einig ist, das System der Organtrans-
        plantation in Deutschland nachhaltig zu stärken. Es ist
        auch ein positives Signal, dass wir mit großer Mehrheit
        die Konsequenzen aus dem Organspendeskandal ziehen.
        Heute ist ein guter Tag für die Menschen in Deutschland,
        die vom Thema Organspende betroffen sind.
        Annette Widmann-Mauz (CDU/CSU): Ich möchte
        das Thema Organspende mit einer guten Feststellung be-
        ginnen: Trotz der vielen unterschiedlichen Ansätze, die
        uns Parteien auszeichnen und die auch immer wieder zu
        kontroversen Diskussionen führen, haben wir 2012 mit
        der Novelle des Transplantationsgesetzes und mit der
        Einführung der Entscheidungslösung den Menschen be-
        wiesen: Geht es um wichtige gesundheitliche Themen,
        dann gibt es in der Politik ein Miteinander!
        Uns allen gemeinsam ist es gelungen, die Organ-
        spende und ihre Bedeutung in die Mitte der Gesellschaft
        zu rücken, verbunden mit der eindeutigen Botschaft: Die
        Menschen sind aufgefordert, sich zu entscheiden, ob sie
        bereit sind, nach ihrem Tod ein Organ zu spenden.
        Die bekannt gewordenen Manipulationsvorwürfe in
        vier Transplantationszentren haben uns in unseren An-
        strengungen leider zurückgeworfen. Das Vertrauen in
        der Bevölkerung ist erschüttert. Die Zahl der Organspen-
        den ist stark zurückgegangen.
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        Diese dramatische Entwicklung, die durch die Mani-
        ulationen ausgelöst wurde, hat uns in unserem partei-
        bergreifenden Ziel, die Organspende in Deutschland
        emeinsam voranzubringen, nicht auseinanderdividieren
        önnen. Wir haben die politischen Konsequenzen ge-
        einsam gezogen.
        Mit den Änderungen des Transplantationsgesetzes im
        ahmen des Gesetzes zur Beseitigung sozialer Überfor-
        erung bei Beitragsschulden in der Krankenversicherung
        aben wir fraktionsübergreifend wichtige Gesetzesver-
        chärfungen vorgenommen. Ich möchte mich bei Ihnen
        n dieser Stelle für die wirklich konstruktive Zusammen-
        rbeit sehr herzlich bedanken.
        Eine Bevorzugung von Patienten auf der Warteliste
        r ein Spenderorgan wird zukünftig nicht mehr möglich
        ein; denn mit aller Deutlichkeit verbieten wir jetzt die
        nrichtige Erhebung und die unrichtige Dokumentation
        owie die Übermittlung eines verfälschten Gesundheits-
        ustandes der Patienten an Eurotransplant, wenn sie mit
        er Absicht erfolgen, Patienten auf der Warteliste zu be-
        orzugen. Ein Verstoß gegen dieses Verbot wird je nach
        chwere mit einer Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder
        iner Geldstrafe geahndet.
        Außerdem haben wir die Richtlinien der Bundesärzte-
        ammer einer Begründungspflicht unterworfen und un-
        r den Vorbehalt der Genehmigung durch das Bundes-
        inisterium für Gesundheit gestellt. Dadurch werden die
        ichtlinien, beispielsweise zur Aufnahme in die Warte-
        ste, zur Organvermittlung oder zu Maßnahmen der
        ualitätssicherung transparent und einer staatlichen
        ontrolle unterworfen.
        Die Anhörung, die am Montag im Gesundheitsaus-
        chuss stattgefunden hat, hat uns gezeigt, dass dieser
        eg der richtige ist, um Akzeptanz und Vertrauen in der
        evölkerung wiederherzustellen und nachhaltig zu stär-
        en. Die dort angehörten Experten haben diesen Weg
        st ausnahmslos bestätigt.
        Wir haben nach Bekanntwerden der Vorfälle schnell
        agiert und bereits im vergangenen Jahr Sofortmaßnah-
        en ergriffen. In einem von Bundesgesundheitsminister
        aniel Bahr im August 2012 geführten Spitzengespräch
        urden Verschärfungen der Richtlinie zur Wartelisten-
        hrung vereinbart. Bei der Aufnahme von Patientinnen
        nd Patienten auf die Warteliste für eine Organtransplan-
        tion entscheidet nicht ein Arzt allein, sondern aus-
        ahmslos eine aus mehreren Ärzten bestehende Trans-
        lantationskonferenz.
        Unverzüglich haben die für die Überprüfung der
        ransplantationszentren verantwortlichen Kommissio-
        en die Prüfungen aufgenommen; die Erstprüfungen
        onnten im Mai 2013 abgeschlossen werden. Zukünftig
        erden die Prüfungen flächendeckend ausgedehnt und
        eschleunigt durchgeführt. Dazu sind die Verfahren fest-
        elegt worden, um alle Transplantationszentren mindes-
        ns einmal in einem Zeitraum von 36 Monaten zu prü-
        n.
        Wir haben außerdem bestimmt, dass Bund und Län-
        er künftig neben dem Spitzenverband Bund der Kran-
        enkassen, der Deutschen Krankenhausgesellschaft, der
        Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32349
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        Bundesärztekammer und der Deutschen Transplanta-
        tionsgesellschaft im Stiftungsrat der Koordinierungsstelle
        DSO mit Sitz- und Stimmrecht vertreten sind. Außerdem
        werden zwei Patientenvertreter diesem Aufsichtsgre-
        mium beratend angehören.
        Im Ergebnis werden im Stiftungsrat der DSO keine
        Entscheidungen gegen die Stimmen der staatlichen Be-
        hörden und Körperschaften des öffentlichen Rechts ge-
        troffen werden können. Damit haben wir die öffentlich-
        rechtliche Kontrolle über die DSO erheblich gestärkt.
        Diese Neustrukturierungen müssen jetzt ihre Wirkungen
        entfalten. Die Anhörung hat gezeigt, dass verfassungs-
        rechtliche Bedenken an dieser Stelle keinen Bestand ha-
        ben. Ich bin überzeugt, dass wir mit diesen Maßnahmen
        eine effektive Kontrolle geschaffen haben.
        Die Diskussionen haben auch gezeigt, dass wir eine
        einheitliche Datenerhebung im gesamten Prozess der Or-
        gantransplantation brauchen, um die Ergebnisqualität in
        der Organtransplantation zu verbessern und letztlich die
        im Gesetz genannten besonderen Kriterien für die Ver-
        mittlung von Organen – Dringlichkeit und Erfolgsaus-
        sicht – noch besser ausbalancieren zu können.
        Das Fachgutachten zu einem Transplantationsregister,
        das wir bis Ende des Jahres erwarten, wird uns die not-
        wendigen Ergebnisse hierzu liefern. Darüber hinaus wer-
        den wir durch das Transplantationsregister feststellen
        können, wie sich die Qualität eines Spenderorgans auf
        die Qualität des Überlebens eines Organempfängers aus-
        wirkt, und wir werden dadurch erfahren, welche Qualität
        die Zentren selbst aufzuweisen haben.
        Wir können auch jedem Patienten die Möglichkeit an
        die Hand geben, sich über die Ergebnisqualität in den
        Kliniken zu informieren. Auch dieses ist ein weiterer
        wesentlicher Schritt zu mehr Transparenz.
        Zusammenfassend können wir feststellen: Auf allen
        Ebenen wurde seit Bekanntwerden der Manipulations-
        vorwürfe gemeinschaftlich viel getan. Die Verantwortli-
        chen haben gehandelt. Selbstverwaltung und Politik ha-
        ben gezeigt, dass innerhalb des bestehenden Systems
        schnell und effektiv reagiert werden kann. Eine Neuord-
        nung des Systems hätte hier nicht mehr leisten können.
        Wir haben den Menschen auch gezeigt, dass der Poli-
        tik dieses Thema so wichtig ist, dass alle Parteien hier
        gemeinsam die Verantwortung mittragen und diese Ver-
        antwortung sehr ernst nehmen.
        Mit den jetzt erfolgten Verschärfungen des Gesetzes
        und dem gemeinsamen Antrag zur nachhaltigen Stär-
        kung des Systems der Organtransplantation ist die ein-
        deutige Botschaft verbunden: Wir wollen ein Organ-
        spendesystem für die Menschen in unserem Land, das
        sicher ist und dem sie vertrauen können. Kriminelle
        Energie hat in diesem System keinen Raum, und wir
        werden ihr auch künftig keinen Raum geben.
        Dr. Marlies Volkmer (SPD): Es ist unangemessen,
        dass ein für die Menschen so wichtiges Thema wie die
        Organspende und Organtransplantation zu einem derart
        späten Termin im Plenum platziert wird. Mit dem An-
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        ag, der von allen Fraktionen getragen wird, errichten
        ir schließlich einen Meilenstein in der Debatte um das
        eutsche Transplantationssystem.
        Der Weg zu diesem fraktionsübergreifenden Antrag
        ar durchaus steinig. Nicht immer waren wir uns bei der
        rarbeitung über die konkreten Forderungen einig und
        arüber, was wir als Politik regeln müssen und was wir
        er Selbstverwaltung überlassen sollten. Doch gerade
        ie Sachen, in die man selbst Arbeit und Anstrengung
        vestiert hat, weiß man auch am ehesten zu schätzen.
        h denke, ich spreche hier im Namen aller Beteiligten.
        Ich sehe es als überaus positives Signal, dass sich alle
        arteien einig werden konnten und es nur in einem Punkt
        eutliche Differenzen gab. Die unterschiedlichen An-
        ichten darüber, wie das System der Organspende orga-
        isiert und koordiniert werden sollte, sind der Grund,
        ass wir heute Abend neben dem gemeinsamen Antrag
        uch über die Anträge der Fraktionen der Grünen und
        inken sprechen. In den Anträgen wird die Umwand-
        ng der Deutschen Stiftung Organtransplantation, der
        SO, in eine Körperschaft des öffentlichen Rechts ge-
        rdert. Es ist in der Tat ungewöhnlich, dass bei uns in
        eutschland eine private Stiftung für die Organisation
        er Prozesse rund um die Organspende zuständig ist.
        ber, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Linken
        nd Grünen, was versprechen Sie sich von einer solchen
        echtsformänderung? Kein Sachverständiger konnte bei
        er Anhörung erläutern, welche Vorteile eine solche
        echtsformänderung für die Patientinnen und Patienten
        ätte. Dass Sie zur Unterstützung Ihrer Forderung einen
        achverständigen aufgefahren haben, der sich in seinen
        ußerungen und seiner Wortwahl deutlich vergriffen
        at, hat Ihre Position ebenfalls nicht gestärkt.
        Die bekannt gewordenen Manipulationsvorwürfe be-
        afen den Bereich der Organvergabe, der von dem Be-
        ich der Organspende getrennt ist. Trotzdem haben wir
        uch im Bereich der Organspende die staatliche Kon-
        olle gestärkt. Bund und Länder werden zukünftig mit
        itz- und Stimmrecht im Stiftungsrat der DSO vertreten
        ein und sind so unmittelbar in alle Geschehnisse einbe-
        ogen. Damit erhält die Stiftung eine stärkere öffentlich-
        chtliche Ausrichtung.
        Tausende Organe werden jährlich verpflanzt, Tau-
        ende Leben gerettet. In einem so sensiblen Feld der Me-
        izin reichte das Fehlverhalten einiger Weniger, um das
        ertrauen in ein ganzes System zum Wanken zu bringen.
        Als Politikerinnen und Politiker tragen wir Verant-
        ortung. Verantwortung im Zusammenhang mit Organ-
        pende und Transplantation bedeutet nicht nur Aufklä-
        ng und Kontrolle, Verantwortung bedeutet auch den
        erzicht auf Skandalisierungen. Niemand sollte die Vor-
        lle instrumentalisieren, um eine persönlich grundsätz-
        che Ablehnung der Organspende zu transportieren. Je-
        er sollte in diesem sensiblen Politikfeld aber auch der
        ersuchung widerstehen, für die eine oder andere
        chlagzeile und etwas öffentliche Aufmerksamkeit den
        rganspendeprozess in Verruf zu bringen. So haben zum
        eispiel nicht belegte Behauptungen aus der Fraktion
        er Grünen, Privatpatienten würden bei der Organver-
        abe bevorzugt, dazu beigetragen, das Vertrauen der
        32350 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
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        Menschen in eine gerechte Organvergabe ungerechtfer-
        tigterweise zu erschüttern.
        Belegt hingegen sind die Manipulationen und be-
        wussten Verstöße gegen die Richtlinien der Bundesärzte-
        kammer in 4 von 24 Lebertransplantationszentren. Hier
        wurde mit dem Ziel manipuliert, eigene Patienten auf
        der Warteliste nach vorn zu rücken, zum Nachteil der
        nichttransplantierten Patienten, möglicherweise auch
        zum Nachteil des Transplantierten, wenn die Indikation
        nicht gegeben war.
        Es ist also unstrittig, dass unser selbstverwaltetes Ge-
        sundheitssystem nicht ohne öffentliche Kontrolle und
        Sanktionsmöglichkeiten bei Fehlverhalten auskommt.
        Ebenso ist eine aufmerksamere Aufsicht der Länderbe-
        hörden notwendig. Wir haben mehr staatliche Kontrolle
        durchgesetzt durch unsere Änderungen im Transplanta-
        tionsgesetz vom 21. Juli 2012 und denjenigen, die in der
        vorigen Sitzungswoche einstimmig verabschiedet wur-
        den. Auch der Antrag, der heute auf der Tagesordnung
        steht, wird dazu beitragen, noch mehr Transparenz und
        Kontrolle im gesamten Organspendeprozess zu erzielen.
        Neben der Erhöhung der Transparenz und der Sicher-
        stellung der Kontrolle und Sanktionen bei Manipulatio-
        nen im Zusammenhang mit der Warteliste wollen wir
        durch den gemeinsamen Antrag auch die Verbesserung
        der Qualität der Transplantationen vorantreiben.
        Im internationalen Vergleich steht Deutschland bisher
        in Sachen Qualität bei der Organtransplantation nicht an
        der Spitze. Genaue Angaben, warum das so ist, können
        wir heute aufgrund einer ungenügenden Datenlage nicht
        machen.
        Ein Grund könnte beispielsweise darin liegen, dass
        zum Beispiel bei der Lebertransplantation in Deutsch-
        land nur nach der Dringlichkeit vorgegangen wird. Fra-
        gen der Erfolgsaussicht werden nicht berücksichtigt, im
        Gegensatz zu manchen anderen Ländern. Es liegt auf der
        Hand, dass ein Zentrum, dass viele Patienten mit termi-
        nalem Leberversagen nach langem Verlauf mit begin-
        nendem Versagen auch anderer Organsysteme transplan-
        tiert, schlechtere Erfolgsergebnisse aufweist als ein
        Zentrum, das solche Patienten nicht transplantiert. Eine
        Rolle spielt auch, dass in Deutschland wegen der gerin-
        geren Zahl von Organspendern als beispielsweise in den
        Niederlanden oder in Spanien auch auf Organe von alten
        Menschen zurückgegriffen wird. Aber auch andere Ursa-
        chen der Qualitätsunterschiede kommen infrage.
        Zukünftig soll es eine einheitliche und umfassende
        Datenerhebung im gesamten Prozessablauf der Trans-
        plantationsmedizin geben. So können wir die Entschei-
        dungen bei der Vermittlung von Organen nach Dring-
        lichkeit und Erfolgsaussicht auf eine fundiertere
        Datenbasis stellen. Auch die Versorgungsqualität in den
        einzelnen Transplantationszentren kann transparent ge-
        macht werden. Das ist die Voraussetzung dafür, festzule-
        gen, in welchen Zentren zukünftig welche Organe trans-
        plantiert werden sollen.
        Die Spendebereitschaft erhöhen können alle gesetz-
        geberischen Regelungen nur mittelbar. Ich bin aber über-
        zeugt, dass mit einem solchen Register das Vertrauen der
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        enschen in das System der Organspende gestärkt wer-
        en kann. Jeder kann nachvollziehen, wie Menschen mit
        iner Organspende geholfen werden kann und dass ver-
        ntwortungsvoll mit den gespendeten Organen umge-
        angen wird.
        Auch wenn es inzwischen so aussieht, dass die Ärzte
        den Transplantationszentren die Manipulationen an
        en Wartelisten nicht aus finanziellen Gründen vorge-
        ommen haben, so bestehen noch immer schädliche An-
        ize. Ein solcher Anreiz ist zum Beispiel, in einem be-
        onders guten Licht dazustehen, wenn viele
        ransplantationen im eigenen Zentrum durchgeführt
        erden. Wir von der SPD hätten uns gewünscht, dass
        oni auf Fallzahlsteigerungen, sprich der Anreiz, um je-
        en Preis die Zahl der Operationen zu steigern, grund-
        ätzlich verboten würden. Der Regierungskoalition ging
        as zu weit. Sie setzt lediglich auf Empfehlungen, auf
        olche Boni zu verzichten, und darauf, in den Qualitäts-
        erichten der Krankenhäuser darauf zu verweisen, falls
        ie Klinik nach wie vor solche Sonderzahlungen mit ih-
        n Chefärzten vereinbart. Das bietet keinen wirksamen
        chutz für die Patientinnen und Patienten. Nur ein voll-
        tändiges Verbot derartiger Vereinbarungen kann als not-
        endiges Signal an die Menschen wirken. Nur so kann
        eutlich gemacht werden, dass alleine die Sorge um ihre
        esundheit und keine finanziellen Interessen das Han-
        eln ihrer Ärztinnen und Ärzte lenkt.
        Ich persönlich glaube, es ist unvermeidbar, dass wir
        uch die Zahl der Transplantationszentren in Deutsch-
        nd überdenken. 49 Transplantationszentren „konkur-
        eren“ heute um Patienten und Organe – mit allen nega-
        ven Folgen, die eine solche Konkurrenz hat. Es ist
        nvermeidlich, dass wir nicht nur zur Stärkung der Qua-
        tät, auch zur Vermeidung von Kontrolldefiziten die
        ransplantationen stärker konzentrieren. Um jedoch in
        iesem Bereich Entscheidungen treffen zu können, brau-
        hen wir mehr Informationen: Informationen darüber,
        ie die Qualität der Transplantationszentren ist. Und wir
        rauchen die Kooperation der Bundesländer. Schließlich
        ind sie es, die die Verantwortung über den Kranken-
        ausbereich haben.
        Wer Organe spendet oder auf der Warteliste für ein
        der mehrere Organe steht, muss sich darauf verlassen
        önnen, dass der gesamte Prozess sicher und in guter
        ualität abläuft. Er muss auch sicher sein können, dass
        ie Organspende und die Organvergabe streng nach den
        ichtlinien der Bundesärztekammer verlaufen und dass
        iese Richtlinien regelmäßig nach dem Stand der Wis-
        enschaft aktualisiert werden.
        Die Abgeordneten des Bundestages haben die Auf-
        abe, die gesetzlichen Rahmenbedingungen dafür zu
        chaffen. Wir betrachten es auch als unsere Pflicht, uns
        gelmäßig von der Qualität der Transplantationsmedi-
        in zu überzeugen. Ebenso werden wir uns über die Um-
        etzung eingeleiteter Vorgaben informieren.
        Ich bin sehr froh und halte es für ein wichtiges Signal
        n die Bevölkerung, dass das von allen Fraktionen so ge-
        ehen wird. Ich werde dem nächsten Bundestag nicht
        ehr angehören. Es freut mich, dass meine letzte parla-
        entarische Wortmeldung gerade zu einem Thema ist,
        Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32351
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        bei dem über alle Fraktionen die unbedingte Bereitschaft
        besteht, gemeinsam zu guten Lösungen für alle zu kom-
        men. Das wird das Vertrauen der Menschen in die Sinn-
        haftigkeit und Sicherheit einer Organspende stärken und
        Menschen auf der Warteliste Hoffnung geben.
        Gabriele Molitor (FDP): Über das Lob eines Exper-
        ten in der Anhörung von dieser Woche habe ich mich ge-
        freut. Er lobte, dass sich die Berichterstatter aller Frak-
        tionen nach Bekanntwerden der Manipulationsvorwürfe
        erneut ausgiebig mit dem Transplantationswesen in
        Deutschland beschäftigt haben. Er hat recht. Denn dies
        ist der Beweis dafür, dass es allen Beteiligten ernst ist,
        das Vertrauen in die Organtransplantation in Deutsch-
        land wieder zu steigern. In der Tat haben wir mit der Än-
        derung des Transplantationsgesetzes im letzten Jahr und
        den jetzt abschließend zu beratenden Änderungen das
        Ziel verfolgt, das System gegen Manipulationen zu stär-
        ken.
        Aber auch mit den neuen Regelungen wird es keine
        absolute Sicherheit geben, genauso wenig, wie es in ei-
        nem staatlichen System absolute Sicherheit gäbe.
        Die Systemfrage hier zu stellen und der Selbstverwal-
        tung die Fähigkeit abzusprechen, Missstände aufzude-
        cken und abzustellen, bezeugt die grenzenlose Staats-
        hörigkeit der beiden Antragsteller. Mehr staatlicher
        Einfluss und mehr staatliche Kontrollen bedeuten nicht
        automatisch mehr Transparenz und Sicherheit. Außer-
        dem gibt es bereits mehr „staatliche Mitwirkung“. Der
        Stiftungsrat der „Deutschen Stiftung Organtransplanta-
        tion“, DSO, wird durch Vertreter von Bund und Ländern
        verstärkt. Zukünftig können keine Entscheidungen ge-
        gen die Stimmen der staatlichen Behörden und Körper-
        schaften des öffentlichen Rechts getroffen werden. Die
        Stiftung als solche bleibt vorbehaltlich der noch erfor-
        derlichen Genehmigung der Satzung durch die Stiftungs-
        aufsicht privatrechtlich, aber die Stiftungsarbeit ist in
        öffentlich-rechtliche Rahmenbedingungen eingebunden.
        In der Selbstverwaltung verfügen die Kontrolleure
        über einen hohen Sachverstand. Und diese Kontrollgre-
        mien haben eine sehr gute Arbeit geleistet. Um eine ver-
        gleichbare Kompetenz auf staatlicher Ebene zu errei-
        chen, müssten wir unzählige Ärzte einstellen. Das kann
        nicht unser Kernanliegen sein. Wir brauchen Ärzte für
        die Behandlung von kranken Menschen und nicht in ers-
        ter Linie als Kontrolleure ihrer Kollegen.
        Alle Fraktionen haben sich auf einen gemeinsamen
        Antrag geeinigt und Kompromissbereitschaft bewiesen.
        Die von den Linken und Grünen vorgelegten eigenen
        Anträge scheren aus der gemeinsamen Linie aus. In ei-
        ner Demokratie ist das ihr gutes Recht, trotzdem finde
        ich dieses Vorgehen bedauerlich.
        Auch die Aufforderung, sämtliche Richtlinien im Ge-
        setz genau zu regeln, geht am Wesen medizinischer Ent-
        wicklung vorbei. Der Stand medizinischen Wissens än-
        dert sich permanent. Das können wir nicht in Beton
        gießen; gesetzliche Regelungen müssten ständig überar-
        beitet werden, um der Wissenschaft nicht hinterherzu-
        hinken.
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        Hier habe ich Vertrauen, dass die Bundesärztekammer
        em Wunsch des Gesetzgebers entspricht und sich nach
        em Erkenntnisstand der Wissenschaft richtet.
        Deswegen bin ich zuversichtlich, dass wir mit einer
        tärkung der vorhandenen Strukturen im Transplantati-
        nswesen in Deutschland auf einem guten Kurs sind. Es
        urden Sofortmaßnahmen erarbeitet und eingeleitet wie
        um Beispiel die Intensivierung der Kontrollen und Stär-
        ung der Kontrollgremien, die Erhöhung der Transpa-
        nz und Vermeidung von Fehlanreizen. Wir haben vor
        wei Wochen einen Änderungsantrag für das Transplan-
        tionsgesetz beschlossen, der zum einen strafrechtliche
        anktionen bei Manipulationen der Warteliste ermög-
        cht. Diese reichen von Geldstrafen bis hin zu Freiheits-
        trafen von bis zu zwei Jahren.
        Zudem muss die Bundesärztekammer ihre Richtlinien
        Zukunft begründen und durch das Ministerium geneh-
        igen lassen. Damit sorgen wir für größere Verbindlich-
        eit der Richtlinien.
        Die Kontrollen werden fortgesetzt, und wir werden
        ns auch in Zukunft regelmäßig über die Entwicklungen
        der Transplantationsmedizin informieren lassen.
        Deshalb bin ich überzeugt davon, dass sich das Ver-
        auen in das Transplantationswesen wiederherstellen
        ird. Dies wird allerdings Zeit brauchen. Vertrauen lässt
        ich leider nicht „auf Knopfdruck“ erzwingen.
        Martina Bunge (DIE LINKE): Es ist ein gutes Zei-
        hen, dass wir zum Abschluss der Legislatur einen ge-
        einsamen Standpunkt gefunden haben. Eine Legislatur
        eht zu Ende, in der wir nach umfangreichen Verhand-
        ngen aller Fraktionen die Entscheidungslösung auf den
        eg gebracht haben, damit mehr der Bürgerinnen und
        ürger, die prinzipiell zur Organspende bereit sind, das
        uch dokumentieren, um damit denjenigen, die dringend
        uf ein Organ warten, um besser oder überhaupt weiter-
        ben zu können, zu helfen. Die dann aufgedeckten Un-
        gelmäßigkeiten und Vorfälle an einigen Transplanta-
        onskliniken haben uns nicht nur geschockt, sondern
        berfraktionell stimuliert, zu diskutieren, wie es weiter-
        ehen soll. Gut, dass es uns gelingt, bei solch lebensent-
        cheidenden Fragen über Parteigrenzen hinweg gemein-
        am zu arbeiten, uns zuzuhören und auch die Gedanken
        echselseitig aufzunehmen.
        Dafür möchte ich mich bei allen beteiligten Kollegin-
        en und Kollegen recht herzlich bedanken. Das sind gute
        tunden und Zeichen parlamentarischer Demokratie.
        Ob dadurch das Vertrauen in das Organtransplanta-
        onssystem, das bei vielen verloren ging, bereits wieder-
        ergestellt werden kann, ist fraglich. Das wird weiter
        arte Arbeit, ständiges Achten auf Transparenz und
        ontrolle notwendig machen. Alle Erfahrungen, auch
        nderer Länder zeigen: Solidarität im Gesundheitssys-
        m ist das A und O für Vertrauen bei der Organtrans-
        lantation. Und da ist es bekanntlich in Deutschland
        urch die zunehmende Kommerzialisierung und Ökono-
        isierung des Gesundheitssystems nicht zum Besten be-
        tellt.
        32352 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
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        Wir haben auch noch nicht alle Fragen hinreichend
        geklärt, die im Raum stehen. Ich denke da nur an den
        Zielkonflikt, der bei der Auswahl des Organempfängers
        besteht; wir alle wissen, dass sich höchste Dringlichkeit
        und größte Erfolgschancen diametral entgegenstehen
        können. Nach wie vor wird diskutiert, ob die Fixierung
        auf den Hirntod die hinreichende Entscheidung für die
        Organentnahme ist. Unzufriedenheit gibt es nach wie
        vor an den privatrechtlich geprägten Strukturen, über die
        das Organtransplantationsgeschehen organisiert ist.
        Auch die Anhörung vom Montag hat noch einmal
        deutlich gemacht, dass es über die im gemeinsamen An-
        trag vorgesehenen Maßnahmen hinaus weiteren Hand-
        lungsbedarf gibt.
        Wir bleiben vor allem skeptisch, dass künftig allein
        das Abnicken der Bundesregierung die Legitimierung
        der von der Bundesärztekammer erstellten Richtlinien
        für die Wartelistenerstellung bringen kann.
        Quasi basale Grundrechte von Leben und Tod stellen
        hier einen besonders hohen Grundrechtebezug auf. Die
        Begründung, dass der medizinische Fortschritt eine
        enorme Dynamik in die Entscheidungskriterien bringe
        und erfordere, die Einzelheiten in die Hände der Ärzte-
        schaft zu geben, greift meines Erachtens zu kurz. Es
        kann nicht sein, dass die Ärztekammer entscheidet, ob
        sie der Dringlichkeit oder der Erfolgsaussicht den Vor-
        rang gibt, und damit entscheidet, ob derjenige das Organ
        erhält, der dies dringend benötigt – auch wenn die Er-
        folgsaussicht gering ist –, oder derjenige, der weniger
        dringend ein Organ braucht, aber bei dem die Erfolgs-
        aussicht höher ist. Die Entscheidung, wer von beiden
        länger leben darf, kann nicht von der Ärztekammer vor-
        bestimmt werden.
        Ich finde, um die Begriffe Dringlichkeit und Erfolgs-
        aussicht zu verknüpfen, bedarf es einer zutiefst ethischen
        Diskussion, die in die Mitte der Gesellschaft gehört. Und
        dann kann sich das Parlament auch nicht entziehen.
        Abschließend wünschte ich mir, dass sich das Parla-
        ment künftig mit ähnlicher Gründlichkeit wie bei der Or-
        gantransplantation auch Zeit nimmt, über Wege und
        Möglichkeiten der Vermeidung von Organverlusten zu
        reden und entsprechende Maßnahmen auszulösen.
        Wir alle wissen, dass bei der Leber zu 50 Prozent die
        alkoholische Leberzirrhose in den Industrieländern die
        häufigste Ursache ist. Nach wie vor ist in unserem Life-
        style Alkohol fester, fast unerschütterlicher Bestandteil.
        Nicht unbekannt ist ebenfalls, dass Nieren zu großen
        Mengen dem Diabetes-Typ-2 zum Opfer fallen, der als
        häufig vermeidbar gilt, oder auch dem Bluthochdruck,
        der gut beeinflussbar, reduzierbar bzw. auch vermeidbar
        ist.
        Und die Lunge: Hier ist die Hauptursache chronisch
        obstruktiver Atemwegserkrankungen die individuelle
        Belastung durch das Rauchen zu sage und schreibe
        90 Prozent. Doch wo stehen wir? Beklatscht werden Er-
        folge in nicht rauchenden Gymnasialklassen, aber das
        von der WHO initiierte vollständige Tabakwerbeverbot
        – Werbung, die alle erreicht und anspricht – wird nicht
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        mgesetzt; nach wie vor machen uns Plakate und Kino-
        pots weis, dass Rauchen einfach cool ist.
        Wir müssen, um unsägliches Leid zu verhindern, alle
        ur möglichen präventiven und kurativen Maßnahmen
        rgreifen, um den Verlust eigener Organe weitestgehend
        u vermeiden. Dann haben auch die Menschen, wo gene-
        sch oder anderweitig medizinisch bedingt, ein Organ-
        erlust unabwendbar ist, mehr und bessere Chancen.
        Auch und gerade für die Organtransplantation brau-
        hen wir dringend eine moderne Gesundheitsförderung
        nd Prävention, anders werden wir die Diskrepanz zwi-
        chen Bedarf an Organen und möglichen Spenden nicht
        eherrschen können.
        Ich bin froh, dass wir etwas in die richtige Richtung
        ewegt haben, aber dieser Weg ist noch nicht abge-
        chlossen. Wir werden als LINKE weiterhin schieben,
        m den Prozess der Organtransplantation vorbildlich zu
        rganisieren.
        Dr. Harald Terpe (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
        igentlich ist es erstaunlich, dass wir jetzt noch einmal
        ie Möglichkeit haben, über das Thema Organspende zu
        ebattieren. Mit den Verlautbarungen des Bundesminis-
        rs für Gesundheit aus dem vergangenen Herbst wurde
        er Eindruck vermittelt, als seien mit der Reform des
        ransplantationsgesetzes vom Juni 2012 und mit dem
        pitzengespräch vom 27. August infolge der Wartelis-
        nmanipulationen eigentlich alle Probleme gelöst. Dass
        ies nicht der Fall war, haben wir in den letzten Monaten
        esehen.
        Es ist auch der Hartnäckigkeit von uns Grünen zu ver-
        anken, dass die Debatte über bessere Strukturen und
        egelungen in der Organspende nicht beendet wurde. Es
        ab ja manchen, der das gerne gesehen hätte, sei es, um
        on eigenem Fehlverhalten abzulenken, sei es aus der
        agwürdigen Überzeugung, zu viel Transparenz würde
        u Vertrauensverlust führen. Hätten wir dem nachgege-
        en, wäre es eher bei marginalen Änderungen geblieben.
        ir sind ganz im Gegenteil der Überzeugung, dass ein
        tarkes Signal für Transparenz und unabhängige Kont-
        llen erst Vertrauen sichern bzw. wiederherstellen kann.
        s gab und gibt bei manchen Beteiligten anscheinend
        rtdauernd eine große Furcht davor, die wirklichen
        rsachen der Organspendeskandale der letzten Monate
        u betrachten, weil dies zwangsläufig dazu führt, die
        erzeitigen Strukturen im Transplantationssystem ganz
        rundsätzlich auf den Prüfstand zu stellen.
        Durch zwar lange, aber zuletzt ergebnisorientierte Be-
        tungen zwischen den Berichterstattern der Fraktionen
        nd dem BMG konnten wir in der letzten Woche einige
        ichtige Änderungen im Transplantationsgesetz be-
        chließen. Die grüne Hartnäckigkeit hat sich gelohnt:
        ir haben die Richtlinien der Bundesärztekammer unter
        inen Genehmigungsvorbehalt gestellt. Und wir haben
        inen neuen Straftatbestand für Wartelistenmanipulatio-
        en geschaffen.
        Zudem ist die Einführung eines Transplantationsre-
        isters geplant, mit dem zukünftig die Qualität von
        ransplantationen dauerhaft überwacht werden soll.
        Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32353
        (A) )
        )(B)
        Darüber hinaus wird die Bundesregierung verpflichtet,
        dem Deutschen Bundestag in den nächsten Jahren jähr-
        lich einen Bericht über aktuelle Entwicklungen in der
        Transplantationsmedizin vorzulegen. Damit soll der Ge-
        setzgeber zukünftig in die Lage versetzt werden, Fehl-
        entwicklungen frühzeitig entgegenzuwirken.
        Schließlich haben wir eine Fachanhörung zu der
        Frage durchgeführt, wie eine geeignete öffentlich-recht-
        liche Legitimierung und Verantwortung sowohl der
        Organisation der Organspende als auch der Kontrolle
        des Transplantationssystems, einschließlich des Vermitt-
        lungsverfahrens, organisiert werden muss.
        Von all diesen Änderungen war im letzten Herbst
        noch nicht die Rede – wenigstens nicht in der Koalition.
        Wenn Sie ehrlich sind: Wir haben Sie da auch ein biss-
        chen zum Jagen tragen müssen.
        Uns verbindet die Hoffnung, das Vertrauen der Bevöl-
        kerung in die Organspende wiederherstellen zu können.
        Der vorliegende interfraktionelle Antrag ist als öffentli-
        cher parlamentarischer Beitrag sicher ein wichtiges Si-
        gnal. Gerade weil – wie wir am Montag in der Anhörung
        von der Vorsitzenden der Prüfungskommission gehört
        haben – nicht ausgeschlossen ist, dass bei den geplanten,
        nun anstehenden Prüfungen weitere Manipulationen ans
        Licht kommen, ist es wichtig, dass der Gesetzgeber un-
        missverständlich klarmacht, dass nunmehr Transparenz,
        unabhängige Kontrollen und Verteilungsgerechtigkeit
        auf der Grundlage rechtsstaatlicher Kriterien das deut-
        sche Transplantationswesen bestimmen müssen.
        Erst dann besteht überhaupt die Chance, dass eine
        hoffentlich ergebnisoffene Aufklärung wie etwa die In-
        formationen der Krankenkassen an dem unguten Gefühl,
        das viele Menschen derzeit beim Thema Organspende
        beschleicht, etwas werden ändern können. Es darf nicht
        der Eindruck entstehen, dass sie zur Organspende über-
        redet werden sollen. Nur so lässt sich das Vertrauen der
        Bevölkerung in das System nachhaltig wieder herstellen.
        Wir unterstützen den interfraktionellen Antrag, weil
        er die schon genannten wichtigen Änderungen enthält.
        Die vielen Enthüllungen der letzten Monate haben aber
        auch gezeigt, dass es sich dabei eben nicht – wie oft be-
        hauptet – um bedauerliche Einzelfälle handelt.
        Wir sind daher weiterhin der Ansicht, dass es weitere
        grundlegendere Strukturveränderungen in der Transplan-
        tationsmedizin braucht. Viele Ärztinnen und Ärzte, die
        vor Ort in diesem Bereich tätig sind, teilen übrigens
        diese Ansicht. Die Feststellung, dass wir beispielsweise
        zu viele Transplantationszentren in Deutschland haben,
        die in ungutem Konkurrenzdruck zueinander stehen, ge-
        hört mittlerweile schon fast zum Allgemeingut – selbst
        bei den Vertretern der Selbstverwaltung. Und auch die
        Tatsache, dass die derzeitigen Kontrollgremien gar nicht
        über die Kapazitäten verfügen, eine dauerhafte Kontrolle
        aller Zentren sicherzustellen, ist eigentlich allen Betei-
        ligten klar.
        Darüber hinaus müssen sämtliche Vermittlungs-
        entscheidungen – auch solche, die auf Ausnahmerege-
        lungen basieren – transparent gemacht werden.
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        Es bleibt zu hoffen, dass die zukünftige Bundesregie-
        ng hier vorausschauender agiert und zusammen mit
        em Bundestag für ein vertrauenswürdiges System
        orgt, damit sich die Probleme um die Organspende
        icht zu einem „Schrecken ohne Ende“ entwickeln.
        nlage 22
        Zu Protokoll gegebene Reden
        zur Beratung:
        – Entwurf eines … Gesetzes zur Änderung des
        Grundgesetzes – Herstellung der institutio-
        nellen Unabhängigkeit der Justiz
        – Entwurf eines Gesetzes zur Herstellung der
        institutionellen Unabhängigkeit der Justiz
        (Tagesordnungspunkt 16)
        Norbert Geis (CDU/CSU): Die beiden Anträge be-
        hren einen der wichtigsten Grundsätze unserer Verfas-
        ung: die Gewaltenteilung in Exekutive, Legislative und
        udikative. Die Gewaltenteilung gehört zum klassischen
        undus aller europäischen Staaten. Sie ist Bestandteil
        essen, was wir unter Rechtsstaat verstehen. Rechts-
        taatlichkeit bedeutet Ausübung staatlicher Macht mit
        em Ziel, den Bürgerinnen und Bürgern Freiheit, Ge-
        chtigkeit, Sicherheit und vor allem die jeweils persön-
        che Würde zu gewähren.
        Die Gewaltenteilung ist Bestandteil dieses rechts-
        taatlichen Prinzips. Der Kern dieser Idee liegt darin,
        ass der einzelne Mensch nicht der erdrückenden Macht
        es Staates ausgeliefert ist. Deshalb muss die öffentliche
        ewalt nicht nur demokratisch organisiert, sondern auch
        it Gegengewichten austariert sein. So wird am ehesten
        rreicht, dass der Einzelne seine Würde und seine Frei-
        eit behält und nicht im Räderwerk der geballten staat-
        chen Macht untergeht. Dieses Prinzip der Gewaltentei-
        ng findet sich in der Proklamation der Menschen- und
        ürgerrechte von 1789. Dieses Prinzip ist allerdings viel
        lter. Es findet sich bei Aristoteles, Locke, Montesquieu
        nd bei Kant. Da es sich bei der Gewaltenteilung um ein
        lementares Prinzip unseres Rechtsstaates handelt, wird
        ie demgemäß auch von der Ewigkeitsklausel in Art. 79
        bs. 3 Grundgesetz erfasst. Sie ist Bestandteil jener Ord-
        ung, gegen deren Beseitigung alle Deutschen das Recht
        uf Widerstand haben, Art. 20 Abs. 4 GG.
        Zu diesem Organisationsschema der Staatsgewalt in
        egislative, Exekutive und Judikative kommt der Föde-
        lismus als ein weiteres Element der Gewaltenteilung.
        atürlich üben auch Rundfunk und Presse, die soge-
        annte vierte Gewalt, eine die Staatsgewalt begrenzende
        irkung aus. Dies gilt auch für weitere rein gesellschaft-
        che Kräfte und insbesondere auch für den Einfluss der
        irtschaft. Diese haben jedoch nicht teil an der öffentli-
        hen Gewalt. Sie haben dafür keinerlei Legitimation im
        chtsstaatlichen Sinn. Sie haben zwar Macht, aber keine
        emokratisch legitimierte Macht.
        Eine weitere Überlegung scheint mir in diesem Zu-
        ammenhang notwendig. Die einzelnen Gewalten sind
        32354 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
        (A) )
        )(B)
        nicht scharf voneinander getrennt. Das Grundgesetz
        kennt nicht nur die klassische Gewaltenteilung, es kennt
        vielmehr auch die Verschränkung, das Ineinanderspiel
        der drei Gewalten. Die Beispiele dafür sind zahlreich.
        Das gilt zum Beispiel für den Vollzug der Gesetze durch
        die Bundesländer bis hinab zu den Gemeinden. Das gilt
        für die Mitwirkung des Bundesrates bei der Gesetzge-
        bung des Bundes. Das gilt aber auch im Bereich der Jus-
        tiz.
        Die Rechtsprechung spielt im demokratischen Staats-
        wesen keineswegs eine Nebenrolle, sondern hat eine
        zentrale Bedeutung. Sie schafft die Möglichkeit, Kon-
        flikte innerhalb der Gesellschaft mithilfe der Staatsge-
        walt zu lösen. Durch den gerechten Richterspruch wird
        der Einzelne vor der zweifellos demokratisch legitimier-
        ten Herrschaft der Exekutive geschützt. Schließlich hat
        sie die wichtige Aufgabe, durch das Strafrecht für Ord-
        nung und gesellschaftlichen Frieden im Staat zu sorgen.
        Diese rechtsprechende Gewalt ist nach Art. 92 Abs. 1 GG
        den Richtern anvertraut. Die Richter haben das Recht-
        sprechungsmonopol zusammen mit den Gerichten. Die
        beiden anderen Gewalten haben diese rechtsprechende
        Gewalt nicht.
        Damit die Richter das Amt der Rechtsprechung aus-
        üben können, sind sie keiner anderen Gewalt unterwor-
        fen; sie sind unabhängig. Allerdings sind die Richter
        dem Gesetz unterworfen, das sie auf den Einzelfall anzu-
        wenden haben. Sie dürfen nicht selbst die Rechtsord-
        nung schaffen. Dies ist Sache der Legislative. Schon gar
        nicht dürfen sie die Verfassung ändern. Das gilt natürlich
        insbesondere für das Verfassungsgericht.
        Aus der Unabhängigkeit der Rechtsprechung folgt,
        dass die Eigenständigkeit der dritten Gewalt im Verhält-
        nis zu den anderen Gewalten ein besonderes Gewicht ha-
        ben muss. Das Grundgesetz stellt deshalb auch an die
        Trennung der Justiz von der Verwaltung strenge Anfor-
        derungen. Allerdings fordert das Grundgesetz keine
        vollständige Trennung von Verwaltung und Rechtspre-
        chung, sondern lässt Überschneidungen zu. Dort aller-
        dings, wo es um die Unabhängigkeit der Rechtsprechung
        selbst geht, ist eine scharfe Trennung vorgesehen und
        auch geboten.
        Der nicht unmittelbar der Rechtsprechung zugeord-
        nete Bereich der Justiz ist organisatorisch und institutio-
        nell an die Exekutive angebunden. Sie gehört zur
        Ressortzuständigkeit des entsprechenden Fachministers.
        Es gibt deshalb immer wieder die Diskussion, ob nicht
        die Justiz organisatorisch völlig aus der Ressortzugehö-
        rigkeit herauszunehmen ist, wie das auch in anderen eu-
        ropäischen Ländern der Fall ist. Dies ist jedoch keine
        verfassungsrechtliche Frage, sondern eine verfassungs-
        politische Frage. Der Zustand, wie wir ihn jetzt in
        Deutschland haben, widerspricht jedenfalls nicht der
        Verfassung. Ob bei der völligen Herauslösung der ge-
        samten Justiz aus der Verwaltung die demokratische Le-
        gitimation nicht verloren geht, ist fragwürdig. Wohl aber
        könnte man eine solche vollständige Eigenständigkeit
        der Justiz so gestalten, dass sie verfassungsrechtlich
        tragbar wäre.
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        Es ist jedoch die Frage, ob dies in der Sache eine grö-
        ere Effizienz bringen würde. Wir haben europa- und
        eltweit eine sehr gut funktionierende Justiz. Die Be-
        auptung, die Justizministerien könnten in irgendeiner
        eise Einfluss nehmen auf die richterliche Unabhängig-
        eit, ist durch nichts bewiesen. Es gibt Beispiele genug,
        us denen sich geradezu das Gegenteil folgern lässt. Es
        t auch eine Illusion, zu glauben, dass Personalentschei-
        ungen allein durch richterliche Gremien per se sachge-
        chter seien als durch ein Ministerium. In den Gerichten
        ibt es „Karriereseilschaften“, durch welche die eigenen
        eute vorangebracht und andere ausgeschlossen bleiben,
        uch wenn sie noch so qualifiziert sind.
        Auch sollte man die Justizminister nicht aus ihrer
        erantwortung entlassen, dafür Sorge tragen zu müssen,
        ass alles getan werden muss, damit die Rechtsprechung
        nktionieren kann. Auch die Anbindung der Staatsan-
        altschaften an das jeweilige Fachministerium hat sich
        ewährt. Die Staatsanwälte sind nicht politisch motivier-
        n Weisungen unterworfen, sondern allein Weisungen
        us rechtlicher Sicht. Außerdem unterliegen sie dem
        egalitätsprinzip. Kein Justizminister in Deutschland
        ürde sich getrauen, einem Staatsanwalt eine nicht sach-
        erechte Weisung zu erteilen. Er hätte morgen sein Amt
        erloren.
        Die beiden vorgelegten Gesetzentwürfe sind aber
        urchaus diskussionswürdig. Sie geben zumindest Gele-
        enheit, über das Zusammenspiel der Gewalten und über
        nser gesamtes Verfassungsgefüge vertieft nachzuden-
        en.
        Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU/CSU): Die
        orliegenden Gesetzesentwürfe der Fraktion Die Linke
        ur organisatorischen Unabhängigkeit der Justiz von der
        xekutive haben zwei Fragen aufgeworfen:
        Erstens. Gibt es tatsächlich praktische Probleme im
        ystem der Justiz, die eine solch tief greifende Reform
        es Justizapparats erforderlich machen?
        Zweitens. Sind die Vorschläge der Fraktion Die Linke
        eeignet, etwaige strukturelle Probleme zu lösen?
        Beide Fragen beantworte ich mit einem klaren Nein,
        nd ich nutze gerne die Gelegenheit dieser Debatte, um
        ochmals ausdrücklich festzustellen: Die Justiz in
        eutschland funktioniert sehr gut. Sie ist im internatio-
        alen Vergleich effizient, frei von Korruption und fach-
        ch auf hohem Niveau. Deshalb genießt sie in der Be-
        ölkerung zu Recht ein hohes Ansehen.
        In dieser Legislaturperiode haben wir sie noch besser
        emacht: Wir haben den Schutz vor überlangen Ge-
        chtsverfahren – auch solche gibt es ausnahmsweise –
        usgebaut, sodass jeder Bürger nunmehr das Recht auf
        erichtlichen Rechtsschutz in angemessener Zeit besser
        urchsetzen kann; ansonsten steht ihm eine Entschädi-
        ung zu. Auch sind wir mit dem Gesetz zur Förderung
        es elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten ei-
        en entscheidenden Schritt in Richtung sichere und an-
        enderfreundliche E-Justice gegangen.
        Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32355
        (A) )
        )(B)
        Unbestritten wäre eine Abhängigkeit oder gar inhalt-
        liche Steuerung der richterlichen Tätigkeit durch die
        Exekutive, wie sie die Fraktion der Linken behauptet,
        mit Art. 97 Grundgesetz nicht vereinbar. Entschieden
        möchte ich an dieser Stelle aber dem Eindruck entgegen-
        treten, dass die Entscheidungsbefugnisse der Exekutive
        in Bezug auf die Ausstattung der Justiz oder auf Perso-
        nalentscheidungen die Unabhängigkeit der Rechtspre-
        chung infrage stellen.
        Da ich während meiner Zeit als Amtsrichterin selbst
        keine einzige Einflussnahme der Exekutive in Form von
        Steuerungen von Karrieren durch Entscheidungen über
        die Beurteilung, Beförderung und andere Personalmaß-
        nahmen auf die Justiz erlebt habe, habe ich in der öffent-
        lichen Anhörung im Rechtsausschuss den Vertreter der
        Neuen Richtervereinigung nach konkreten Beispielen
        gefragt. Schließlich sind die Entwürfe der NRV und der
        Fraktion Die Linke inhaltsgleich.
        Konkrete Beispiele dafür, dass seitens der Exekutive
        auf die Richterschaft eingewirkt wird, und zwar mit wel-
        cher Erwartungshaltung, welcher Methodik, welcher
        Zielrichtung, konnten mir aber nicht genannt werden.
        Vielmehr werden Gefahren als Folge der Ausübung der
        Justizverwaltung durch die Exekutive lediglich theore-
        tisch behauptet; über das Beurteilungs- und Beförde-
        rungswesen könne Einfluss genommen werden, was in-
        formelle Abhängigkeitsstrukturen begünstige.
        Betrachten wir ganz objektiv den Global Competi-
        tiveness Report 2012-2013 des Weltwirtschaftsforums,
        so muss man feststellen, dass die deutsche Judikative im
        Bereich der Unabhängigkeit weltweit auf dem siebten
        Platz und damit deutlich vor den klassischen Vertretern
        einer selbstverwalteten Justiz liegt. Die von den Linken
        vorgeschlagenen Organisationsstrukturen bieten also
        gerade keine Gewähr, zu mehr tatsächlicher Unabhän-
        gigkeit der Rechtsprechung zu kommen. Klassische Ver-
        treter einer selbstverwalteten Justiz wie Frankreich, Spa-
        nien und Italien liegen auf den Plätzen 39, 60 und 68
        dieses Reports – deutlich hinter Deutschland.
        Selbst wenn man ein Abhängigkeitssystem annehmen
        würde, so verweist Herr Professor Wittreck von der
        Westfälischen Wilhelms-Universität Münster zu Recht
        darauf, dass die Entwürfe der Fraktion Die Linke das
        Problem nicht lösen, sondern nur ein Abhängigkeitssys-
        tem durch ein anderes ersetzen, das Problem also nur
        verlagern würden.
        Während sich ein Richter bislang, hypothetisch be-
        trachtet, an den Erwartungen des Ministerialdirektors im
        Justizministerium orientieren könnte, würde er im Rah-
        men der Selbstverwaltung über die Erwartungen eines
        Mitglieds des Justizrates oder Wahlausschusses nachsin-
        nen. Die behaupteten Gefahren für die Unabhängigkeit
        der einzelnen Richter bzw. die Politisierung derselben
        würden also nicht beseitigt, sondern nur vom Ressort-
        minister auf den Justizrat verlagert. Der entscheidende
        Unterschied besteht darin, dass ein Ressortminister dem
        Parlament und in periodischem Abstand dem Wähler ge-
        genüber für seine Justizpolitik verantwortlich ist; für den
        Justizrat gilt dies nicht.
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        Nichts spricht dafür, dass wechselnde Präsidentschaf-
        n und rotierende Justizräte dazu beitragen würden, eine
        ffektivere Justizverwaltung zu gewährleisten. Auch
        tzt ist die Justiz bereits maßgeblich an organisatori-
        chen Abläufen beteiligt. So verwalten im Präsidium die
        ichterinnen und Richter ihr Gericht selbst, soweit es
        m die Zuweisung der richterlichen Aufgaben und die
        usammensetzung der Spruchkörper geht. Richter-
        ienstgerichte sorgen dafür, dass gravierendere Diszipli-
        armaßnahmen in Bezug auf richterliche Unabhängig-
        eit ausgesprochen werden. Das Ministerium gibt die
        m vom Parlament bewilligten Haushaltsmittel im Rah-
        en der dezentralen Budgetierung zum größten Teil an
        ie Gerichte und Staatsanwaltschaften zur eigenverant-
        ortlichen Verwaltung weiter.
        Zu erkennen ist also, dass die Justizverwaltung ein vi-
        les Interesse an der rechtzeitigen und umfassenden
        inbindung der Gerichte und Staatsanwaltschaften hat,
        m deren justizpraktisches Know-how zu nutzen.
        Entscheidend ist: Jede Ausübung von Staatsgewalt er-
        rdert ihre demokratische Legitimation; sie muss auf
        as Volk als Legitimationssubjekt rückführbar sein. Ge-
        de daran mangelt es dem Vorschlag der Fraktion Die
        inke, in dem sich der Justizrat eben nicht auf eine un-
        nterbrochene demokratische Legitimationskette stützen
        ann. Weder wäre der Justizrat durch das Volk legiti-
        iert noch ist in dem Gesetzentwurf eine staatliche
        echtsaufsicht über diese vorgesehen. Es würde nach
        ieser Vorstellung eine von jeder demokratischen Kon-
        olle freie Richterschaft Entscheidungsträger hervor-
        ringen, die sich unter Berufung auf richterliche Status-
        rivilegien jeder parlamentarischen Kontrolle entziehen
        önnten.
        Nicht zuletzt deshalb gehe ich auch weiterhin fest da-
        on aus, dass die Bundesländer eine etwaige Grundge-
        etzänderung nicht mittragen würden. Die Union kann
        en vorliegenden Entwürfen deshalb nicht zustimmen.
        Dr. Edgar Franke (SPD): In den Gesetzentwürfen
        er Fraktion der Linken im Deutschen Bundestag zur
        erstellung der institutionellen Unabhängigkeit der Jus-
        z wird gefordert, dass Deutschland den Anschluss an
        en europäischen Standard der Rechtsstaatlichkeit
        nden und die Justiz in Bund und Ländern institutionell
        nabhängig ausgestaltet werden soll. Dies haben wir in
        rster Lesung diskutiert. Des Weiteren hatten wir die öf-
        ntliche Anhörung zu den Gesetzentwürfen.
        Hier wurde unsere Sicht weitgehend bestätigt: Eine
        on parlamentarischem Einfluss freie Justizverwaltung
        iderspricht dem Kerngehalt des Demokratieprinzips
        es Grundgesetzes und kann auch durch Verfassungsän-
        erung nicht vorgesehen werden. Das Gewaltenteilungs-
        rinzip und andere verfassungsrechtliche Prinzipien und
        egelungen gebieten nicht die Einführung der Selbstver-
        altung der Justiz. Die Einführung einer Selbstverwal-
        ng ist weder notwendig noch wünschenswert und
        weckmäßig. Sie ist demokratietheoretisch höchst pro-
        lematisch. Sie stärkt nicht die parlamentarische Demo-
        ratie des Grundgesetzes, sondern „ständestaatliche Ten-
        32356 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
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        denzen“, wie es Professor Hans-Jürgen Papier im
        Rahmen der Anhörung formulierte.
        Es muss vielmehr festgestellt werden, dass die rich-
        terliche Unabhängigkeit, die verfassungsgarantierte rich-
        terliche Unabhängigkeit, nicht von einer Selbstverwal-
        tung der Justiz berührt wird oder abhängig ist. Eine sich
        selbst verwaltende Justiz läuft Gefahr, den eigenen fi-
        nanziellen Interessen hinterherzulaufen. Hinzu kommt:
        Eine Selbstverantwortung würde den Staat nicht von sei-
        ner Pflicht entbinden, die Justiz so zu organisieren und
        auszustatten, dass diese ihrer verfassungsrechtlichen
        Verpflichtung entsprechen kann.
        Das Grundgesetz konstituiert ein System der Gewal-
        tenverschränkung, nicht der Gewaltentrennung. Sie,
        werte Kollegen von der Fraktion Die Linke, konnten
        nicht belegen, dass eine Strukturreform verfassungspoli-
        tisch notwendig oder gar verfassungsrechtlich zulässig
        ist. Das bestehende Justizsystem weist keine gravieren-
        den Mängel auf. Es gibt keine Probleme mit der Unab-
        hängigkeit der Richter. Im Gegenteil: Der Schaden wäre
        eindeutig höher als der Nutzen. Das sind zumindest
        meine Erkenntnisse aus der Expertenanhörung. Daher
        lehnen wir Ihre Gesetzentwürfe ab, wie es der Rechts-
        ausschuss auch mehrheitlich empfohlen hat.
        Marco Buschmann (FDP): Die Diskussionen über
        eine weitere Stärkung der institutionellen Unabhängig-
        keit der Justiz sind grundsätzlich gut und wichtig. Je-
        doch zeigt der Blick über die Grenzen, dass die deutsche
        Justiz heute bereits auf hohem Niveau, effektiv, kosten-
        günstig und auch unabhängig arbeitet. Das belegen bei-
        spielsweise internationale Vergleichsstudien. Die deut-
        sche Justiz belegte etwa im Global Competitiveness
        Report 2011-2012 weltweit den siebten Platz. Länder
        dagegen, in denen es justizielle Selbstverwaltungsstruk-
        turen gibt, wie sie der Entwurf vorschlägt, wie etwa
        Frankreich, Italien und Spanien, liegen stattdessen weit hin-
        ter Deutschland mit aktuellen Rängen von 37, 60 und 65.
        Deutschland kann also stolz sein auf sein Justizsys-
        tem. Unsere Richterinnen und Richter, unsere Staatsan-
        wältinnen und Staatsanwälte leisten hervorragende Ar-
        beit – und zwar im Rahmen unseres Justizsystems, wie
        es derzeit ist. Die Fakten sprechen also dagegen, hier
        Hand anzulegen und fundamentale Veränderungen – zu-
        mal am Grundgesetz – vorzunehmen.
        In der öffentlichen Anhörung zu den Gesetzentwürfen
        wurde darüber hinaus von den Sachverständigen auch
        noch auf Gefahren hingewiesen, die mit dem Entwurf
        verbunden sind und die ich Ihnen hier nicht vorenthalten
        möchte:
        Eine Selbstverwaltung der Justiz, wie sie in den Ge-
        setzentwürfen gefordert wird, ist eine vom parlamentari-
        schen Einfluss freie Justiz und widerspricht damit nach
        Ansicht mehrerer Sachverständiger dem Kerngehalt des
        Demokratieprinzips; denn es entsteht eine Legitima-
        tionslücke zwischen der ersten und der dritten Gewalt.
        Den Selbstverwaltungsorganen der Justiz wäre nicht nur
        ein nennenswerter Anteil des jeweiligen Staatshaushal-
        tes zur Verwendung und Verteilung zugewiesen, darüber
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        inaus hätten sie auch die Personalverantwortung über
        ausende Mitarbeiter. Diese wichtigen Aufgaben dürfen
        iner demokratischen Kontrolle in Form einer parlamen-
        rischen Verantwortlichkeit der Regierung nicht entzo-
        en werden. Eine Selbstverwaltung der Justiz würde also
        ntscheidungsträger hervorbringen, die sich unter Beru-
        ng auf richterliche Statusprivilegien jeder parlamenta-
        schen Kontrolle entziehen könnten. Diese durch die
        elbstverwaltung der Justiz drohende Legitimations-
        cke wird in der heutigen Justizverwaltung über die
        weite Gewalt geschlossen.
        Ich möchte noch auf einen weiteren problematischen
        unkt der Gesetzentwürfe eingehen, die Abschaffung
        es Proberichterstatus. Die Justizverwaltungen sind im-
        er wieder auf Personallenkungsmaßnahmen angewie-
        en. An Gerichten können beispielsweise durch Perso-
        alfluktuation, Elternzeit, längerfristige Erkrankungen
        on Richterinnen und Richtern oder auch durch Abord-
        ungen zu Behörden Lücken entstehen, die gefüllt wer-
        en müssen. Dazu ist es notwendig, von einem Gericht
        um anderen Personal umzulenken, um zwischen den
        erichten Kapazitäten auszugleichen. Da ein auf Le-
        enszeit ernannter Richter nur mit seiner schriftlichen
        inwilligung in ein anderes Amt versetzt werden kann,
        ann eine erfolgreiche Personallenkung nur mit Richtern
        uf Probe abgewickelt werden; denn Richter auf Probe
        üssen in den Grenzen des § 13 DRiG einen Dienstleis-
        ngsauftrag auch bei einem anderen Gericht oder einer
        taatsanwaltschaft hinnehmen. Personallenkungsmaß-
        ahmen werden aber auch in Zukunft unverzichtbar sein,
        nabhängig davon, wie eine Justizverwaltung organisiert
        t.
        Es gibt noch einen weiteren Grund, der gegen die Ab-
        chaffung der Richterprobezeit spricht: Man kann sich
        eder aufgrund von Zeugnissen noch aufgrund eines
        orstellungstermins ein vollständiges Bild davon ma-
        hen, wie jemand im Spruchkörper gegenüber den Betei-
        gten auftritt. Das zeigt erst die Praxis. Bei einer Le-
        enszeitanstellung sind nämlich Korrekturen nur noch in
        anz extremen Ausnahmefällen möglich.
        Das sind nur zwei der Bedenken, die uns die Sachver-
        tändigen vorgetragen haben, die aber alleine schon aus-
        ichen, um zu einem klaren Ergebnis zu gelangen: Wir
        hnen die vorgelegten Gesetzentwürfe ab!
        Jens Petermann (DIE LINKE): Die in der bundes-
        eutschen Justiz tätigen Richterinnen, Richter, Staatsan-
        ältinnen und Staatsanwälte leisten in der Regel eine
        ervorragende und hochqualifizierte Arbeit. Darüber
        ind wir uns hier alle einig. Die Frage ist allerdings, un-
        r welchen Bedingungen die Juristen arbeiten müssen.
        amit meine ich zum einen die personelle, technische
        nd bauliche Ausstattung der Arbeitsplätze. Damit
        eine ich zugleich aber auch informelle Abhängigkeits-
        trukturen, die die Rechtsprechung mittelbar und unmit-
        lbar beeinflussen können.
        In der ersten Lesung unserer beiden Gesetzentwürfe
        Januar dieses Jahres war der Tenor fraktionsübergrei-
        nd eindeutig: Es ist im Jahre 2013 an der Zeit, über
        erbesserungen unseres Justizsystems, welches schließ-
        Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32357
        (A) )
        )(B)
        lich noch aus dem 19. Jahrhundert stammt, nachzuden-
        ken. Aufgrund dieses veralteten Justizsystems würde
        Deutschland nicht einmal mehr die Kriterien für eine
        Aufnahme in die Europäische Union erfüllen.
        In der öffentlichen Anhörung im Rechtsausschuss ha-
        ben wir unsere beiden Gesetzentwürfe ausführlich mit
        namhaften Juristen diskutiert. Unter ihnen war auch der
        von der SPD oft zitierte ehemalige Präsident des Bun-
        desverfassungsgerichts Papier. Er sieht in einer selbst-
        verwalteten Justiz keinen Mehrwert und meint, die
        Diskussion ginge an den wirklichen Problemen der
        deutschen Rechtsgewähr vorbei. Indes, das Bundesver-
        fassungsgericht ist das einzige Gericht, das sich in
        Deutschland heute schon selbst verwaltet. Vor diesem
        Hintergrund sollte sich der ehemalige Präsident des
        mächtigsten deutschen Gerichts, vor dessen Entschei-
        dungen die Regierung und der Bundestag zittern, im
        Klaren darüber sein, in welchem Maße die Selbstverwal-
        tung dieses Gerichts auch dessen Unabhängigkeit si-
        chert. Ich bin davon überzeugt, dass es schädlich wäre,
        wenn das Finanzministerium die Mittel und das Justiz-
        ministerium das Personal für dieses Gericht stellen
        würde. Hierzu könnten Sie mal was sagen.
        Wer Gesetze schafft, darf nicht mit ihrer Durchset-
        zung betraut sein. Wer Gesetze ausführt, ist ein schlech-
        ter Schiedsrichter, wenn es um die richtige Anwendung
        geht. Deshalb unterscheidet das Grundgesetz Legisla-
        tive, Exekutive und Judikative und sichert Letzterer for-
        mal die Unabhängigkeit zu.
        Doch leider ist unsere Justiz nicht so unabhängig, wie
        viele immer glauben. Dafür gibt es genügend Beispiele.
        Die Politik hat die Personalpolitik in der Justiz fest im
        Griff. Das geben die Entscheidungsträger in der Justiz
        natürlich nicht zu. Durch das Leugnen dieses Einflusses
        funktioniert dieses System seit Jahrzehnten fast rei-
        bungslos. Und es sind nicht nur die hohen Justizämter,
        die nach Parteiproporz vergeben werden. Schon bei den
        Einstellungen und Beförderungen kann die Parteizuge-
        hörigkeit des Kandidaten unter Umständen eine ent-
        scheidende Rolle spielen. Nach meinem Verständnis ist
        damit bereits frühzeitig eine Beeinträchtigung der Unab-
        hängigkeit möglich und findet auch statt. Nach unserem
        Modell bekommen Richter eine einheitliche Besol-
        dungsgruppe und für Beförderungsämter, welche durch
        Wahlen zeitlich begrenzt vergeben werden, eine zeitlich
        begrenzte Zulage. Damit ist dieses unsägliche Streben
        nach den Beförderungen und das damit verbundene An-
        biedern bei den Vorgesetzen vom Tisch.
        Mit dem Haushaltsplan machen die Ministerien ver-
        bindliche Vorgaben hinsichtlich der Anzahl der durch
        den einzelnen Richter zu erledigenden Verfahren. Und
        wenn ein Richter oder eine Richterin mehr Zeit für ein
        Verfahren benötigt, muss diese bei einem anderen wie-
        der eingespart werden, oder es entsteht ein wachsender
        Berg an Altverfahren. Beim Oberlandesgericht Karls-
        ruhe zum Beispiel hat sich ein Richter mehr Zeit zur
        Gründlichkeit genehmigt und darum die ministeriellen
        Maßstäbe der Verfahrenszahlen nicht erfüllt. Das hat nun
        dienstrechtliche Konsequenzen für ihn. Die Präsidentin
        des OLG hat zwei Verfahren gegen diesen ihren Richter
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        ingeleitet. Da wird die richterliche Unabhängigkeit zu
        inem zahnlosen Papiertiger.
        Unsere Justiz braucht mehr Personal, eine bessere
        usstattung und die Abschaffung der Ungerechtigkeiten
        es Besoldungsföderalismus. Was, wie viel und wo ge-
        raucht wird, kann die Justiz besser beurteilen als ein
        eamter in warmen und trockenen Ministerialstuben.
        Die Linksfraktion hat sich mit den beiden Gesetzent-
        ürfen der Probleme angenommen und Lösungen aufge-
        eigt, sehr gute Lösungen für die Richterschaft und die
        taatsanwältinnen und Staatsanwälte. Deshalb bitte ich
        ie, unseren Gesetzentwürfen zuzustimmen.
        Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Man
        ann und muss einen kritischen Blick auf die Lage der
        ustiz in Deutschland richten. Sie ist strukturell überlas-
        t durch personelle und sächliche Ausdünnung bei
        leichzeitiger Übertragung immer weiterer Aufgaben
        er Rechtsprechung in immer weiteren Lebensbereichen
        ithilfe immer komplizierter werdender Rechtsnormen.
        ie Europäisierung und Internationalisierung der Rechts-
        ormen kommen erschwerend hinzu.
        Hier sind die Länder in der Pflicht. Bei allem Ver-
        tändnis für die Notwendigkeit der Konsolidierung der
        aushalte: An der Justiz zu sparen, bringt so gut wie
        ichts und schadet gewaltig. Der Bund, also wir, der Ge-
        etzgeber, kann und muss das seine dazu tun. Klare
        ormbefehle, Rückbau des Paragrafendschungels, Kon-
        entration der Ressourcen der Dritten Gewalt auf ihre
        ernaufgaben: Schon das würde die Justiz gewaltig ent-
        sten.
        Im Rechtsstaat muss gerade die Justiz frei und unab-
        ängig sein. Nur so kann sie ihre Aufgabe erfüllen, ohne
        nsehen der Person Recht zu sprechen, Gerechtigkeit
        egenüber jedermann und -frau zu üben und der Legisla-
        ve wie der Exekutive die Stirn zu bieten. Auch hier
        egt vieles im Argen. Diejenigen, die keine Beeinflus-
        ung der Richterinnen und Richter erkennen können, die
        ie Macht der Exekutive über die Judikative schlicht
        ugnen, kommen mir vor wie die berühmten drei Affen:
        ichts sehen, nichts hören, nichts sagen.
        Dabei ist doch eigentlich nicht zu überhören: Wenn
        om Bayerischen Richterverein bis zur Neuen Richter-
        ereinigung sämtliche Richterorganisationen seit Jahren
        ine grundsätzliche Reform der Justiz in Deutschland zu
        ehr Autonomie und Selbstverwaltung einfordern, ge-
        ört schon ein gehöriges Maß an Ignoranz dazu, jegli-
        hen Bedarf an strukturellen Veränderungen in der deut-
        chen Justiz zu leugnen.
        Wir Grünen nehmen die Stimmen aus der Richter-
        chaft wie auch aus der Staatsanwaltschaft ernst und
        erden den Diskussionsprozess, der längst schon die
        olitik in den Ländern erreicht hat, auch auf Bundes-
        bene weiterführen und in der nächsten Legislaturpe-
        ode selbst konkrete Vorschläge machen. Das tun wir
        erne und mit vollem Einsatz für eine demokratische
        nd rechtsstaatliche Justiz auch in Regierungsverantwor-
        ng; denn CDU/CSU und FDP scheinen hier weiterhin
        ie schon erwähnten drei Affen spielen zu wollen.
        32358 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
        (A) )
        )(B)
        Heute diskutieren wir zum wiederholten Male zwei
        Gesetzesvorschläge der Linken, die, wie sie auch frei-
        mütig eingesteht, die Vorschläge der Neuen Richterver-
        einigung abgeschrieben hat.
        Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Linken, man
        kann auch die besten Ideen ins Abseits stellen, wenn
        man sie mit Argumenten zu untermauern versucht, die
        offensichtlich nicht tragen und viele vor den Kopf sto-
        ßen, die es zu gewinnen gilt. So schreiben Sie doch
        wirklich in Ihrer Begründung, Deutschland müsse den
        Anschluss an den europäischen Standard der Rechts-
        staatlichkeit finden und sich an der großen Mehrheit der
        anderen europäischen Demokratien orientieren. Mir fällt
        es schwer, mehr als zwei oder drei Mitgliedstaaten der
        Europäischen Union zu nennen, deren Justiz ich gerne
        als Beispiel und Vorbild nennen würde.
        Kollege Petermann meint, er könne in diesem Parla-
        ment Zustimmung zu umfangreichen Verfassungsände-
        rungen erhalten, wenn er die These aufstellt, Deutsch-
        land würde – ich füge hinzu: anders als Ungarn,
        Bulgarien, Rumänien oder Kroatien – wegen des institu-
        tionellen Zustands unserer Justiz die Aufnahme in die
        Europäische Union zu versagen sein. Schön klotzig
        klang auch der Vorwurf, wer sich der Diskussion über
        Justizreformen nicht stelle, verharre in der letzten Trutz-
        burg des spätfeudalen Deutschen Kaiserreichs. Ich kann
        nur sagen: Laut gebrüllt Löwe, aber in der Sache bringt
        eine solche Debatte nichts.
        Ich will lieber vier Grundfragen vorstellen, die den
        uns notwendig erscheinenden Reformbedarf skizzieren:
        Da ist zuerst die Frage nach der Einstellung der Rich-
        terinnen und Richter und je nach der Beantwortung der
        nächsten Fragen auch deren Beförderung und Berufung
        in herausgehobene Positionen. Wir halten es für richtig,
        diese Aufgaben in den Ländern wie im Bund in die
        Hände der Legislative und der Richterinnen und Richter
        selbst zu legen. Ministerinnen oder Minister können da-
        ran beteiligt bleiben, jedoch ohne Veto oder sonstiges al-
        leiniges letztes Wort. Die so zu gründenden Richterwahl-
        ausschüsse müssen mit doppelter Mehrheit der legis-
        lativen Mitglieder entscheiden, weil nur so die demokra-
        tische Legitimation und Kontrolle gesichert werden.
        Dann ist als Zweites die Frage der Laufbahnen zu be-
        antworten. Wollen wir weiterhin Richterinnen und Rich-
        ter, die zu Vorsitzenden, Direktoren oder Präsidenten auf
        Lebenszeit aufsteigen können und dafür auch eine er-
        höhte Besoldung bekommen, oder wollen wir Richterin-
        nen und Richter ohne Furcht und ohne Hoffnung – im
        Grundsatz als Gleiche unter Gleichen, mit Funktionsstel-
        len auf Zeit und mit direkter demokratischer Legitima-
        tion? Wir Grünen präferieren das Modell eines einheitli-
        chen Richterbildes, möchten aber in einen noch
        intensiveren Diskussionsprozess mit den Betroffenen
        einsteigen; denn ohne Akzeptanz in der Justiz ist eine
        solche wirklich epochale Veränderung nicht zu realisie-
        ren.
        Der Idee im Vorschlag der Linken, dabei auch auf
        Richter auf Probe zu verzichten, kann ich allerdings
        nichts Gutes abgewinnen. Vor einer Lebenszeitbestel-
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        ng praktisch ohne jegliches Arbeitsplatzrisiko muss es
        ine Phase der Erprobung geben, in der sich die bei der
        instellung prognostizierte Eignung und Befähigung er-
        eisen müssen.
        Drittens ist die Frage der Selbstverwaltung der inne-
        n Angelegenheiten der Justiz, ihrer Arbeitsabläufe und
        ie Verteilung der personalen wie sächlichen Ressourcen
        is zur eigenständigen Anmeldung des Justizhaushalts
        egenüber dem entscheidenden Parlament zu beantwor-
        n. Vieles spricht dafür, der Justiz ein größtmögliches
        aß an Autonomie zu gewähren. Dies geht jedoch nur
        ei gleichzeitiger effektiver und durchgreifender demo-
        ratischer Kontrolle; denn auch die Justiz muss sich,
        enn sie die ihr zugewiesenen Mittel autonom verwalten
        ill, gegenüber dem Haushaltsgesetzgeber verantwor-
        n.
        Schließlich stellt sich viertens die Frage nach der Ein-
        rdnung der Staatsanwaltschaft in den Ländern wie im
        und. Ist sie genuiner Teil der Dritten Gewalt, Teil der
        echtsprechung und deshalb den Richterinnen und Rich-
        rn insbesondere in völliger Unabhängigkeit gleichzu-
        tellen, oder ist sie in einer Zwitterstellung Teil der Jus-
        z wie Teil der Exekutiven, was ein Mindestmaß an
        ührung und Kontrolle durch die jeweilige Regierung
        rfordert, wobei sich die Regierung dafür wiederum dem
        arlament gegenüber zu verantworten hat?
        Hier haben wir den größten und klarsten Widerspruch
        u den Vorschlägen der Linken wie auch den Vorstellun-
        en der Richter- und Staatsanwaltsvertretungen anzu-
        elden.
        Die Staatsanwaltschaft beherrscht das strafrechtliche
        rmittlungsverfahren und leitet und beaufsichtigt dabei
        ie ihr unterstellte Polizei. Sie handelt dabei klassisch
        ewaltausübend und greift tief in die Grundrechte der
        ürgerinnen und Bürger ein. Hausdurchsuchungen, Be-
        chlagnahmen, Festnahmen, Telefonabhörungen, der
        insatz von verdeckten Ermittlern und vieles andere
        ehr sind keine Akte der Rechtsprechung im engeren
        inne, sondern der Einsatz legitimierten staatlichen
        wangs. Die Bindung der Staatsanwaltschaft an das Ge-
        etz ändert daran nichts. Sie schützt die Bürgerinnen und
        ürger – was aber für sich schon viel ist – vor Willkür
        ei den gegen sie gerichteten Ermittlungstätigkeiten.
        Gerade aber bei den Ermittlungen unterliegt die
        taatsanwaltschaft den Begrenzungen durch die Richter-
        orbehalte und damit der Kontrolle durch die Dritte Ge-
        alt. Im rechtsstaatlichen Strafrecht geht es gerade da-
        m, exekutiven Maßnahmen die Unabhängigkeit rich-
        rlicher Überprüfung entgegenzusetzen, um so staatli-
        he Zugriffe zu kontrollieren und damit gleichsam zu be-
        renzen.
        Damit ist die Staatsanwaltschaft, wie auch als Gegen-
        ol die Verteidigung, Teilorgan der Rechtspflege und
        leichzeitig, entgegen der Verteidigung als einseitiger
        arteivertretung, der Vollstrecker des Strafanspruchs des
        taates und zieht und gebraucht das schärfste Schwert,
        as dem Staat legitim zur Verfügung steht: die Anwen-
        ung unmittelbaren Zwangs in vielfältigen Formen.
        Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32359
        (A) )
        )(B)
        Diese Doppelgesichtigkeit zwingt auch zu einer ei-
        genständigen Bewertung der Rolle und des Standorts der
        Staatsanwaltschaft. Sie kann und soll im demokratischen
        Rechtsstaat mehr als bisher autonom und demokratisch
        strukturiert sein. Sie muss vor allen unlauteren und poli-
        tischen Einflüssen geschützt werden – dies schon deswe-
        gen, weil es ihre Aufgabe ist, ohne Ansehen der Person
        auch in Fällen von Regierungskriminalität zu ermitteln.
        Deshalb sind wir für die Abschaffung jeglichen externen
        einzelfallbezogenen Weisungsrechts.
        Die Staatsanwälte sollten jedoch auch in Zukunft ei-
        nem internen, transparenten und kontrollierbaren und ei-
        nem allgemeinen Weisungsrecht unterstehen, welches
        die Spitzen der Exekutive der Öffentlichkeit und den je-
        weiligen Parlamenten gegenüber zu verantworten haben.
        Aus diesen wohlüberlegten Gründen lehnen wir des-
        halb die völlige Einbindung der Staatsanwaltschaft in die
        Dritte Gewalt und ihre völlige Gleichstellung mit den
        Richterinnen und Richtern ab.
        Auf dieser Grundlage werden wir in der nächsten Le-
        gislaturperiode die Diskussion um eine Reform der Jus-
        tiz in Deutschland vorantreiben, die einen Vergleich mit
        Dritten Gewalten in Europa einerseits nicht zu scheuen
        braucht, deren Reformbedarf andererseits aber gar nicht
        wegzudiskutieren ist.
        Anlage 23
        Zu Protokoll gegebene Rede
        zur Beratung der Entwürfe: Gesetz zu dem Ver-
        trag vom 2. April 2013 über den Waffenhandel
        (Tagesordnungspunkt 17)
        Roderich Kiesewetter (CDU/CSU): Am 3. Juni
        2013 hat Außenminister Westerwelle den Vertrag über
        die Regulierung von Waffenhandel in New York unter-
        zeichnet. Damit setzt sich Deutschland gemeinsam mit
        über 60 anderen Staaten für die Implementierung ver-
        bindlicher Regeln im Bereich der Rüstungsexporte ein
        und übernimmt, was die rasche Ratifizierung betrifft,
        eine Vorreiterrolle.
        Der Vertrag ist ein Meilenstein unserer globalen An-
        strengungen um Rüstungskontrolle und Sicherheit. Eine
        erfolgreiche Implementierung ethischer Mindeststan-
        dards im Rüstungsexportsektor stellt für das Völkerrecht
        ein Novum dar. In Deutschland haben wir bereits einen
        restriktiven juristischen und politischen Rahmen für
        Rüstungsexporte mit GG Art. 26, dem Kriegswaffenkon-
        trollgesetz und den Politischen Richtlinien. Global gese-
        hen hat aber das Fehlen umfassender internationaler
        Kontrollinstrumente insbesondere in innerstaatlichen
        kriegerischen Auseinandersetzungen zu einer ungezü-
        gelten Proliferation leichter Waffen geführt, die zu einer
        Eskalation der Konflikte beigetragen hat.
        Mit diesem Vertrag wird eine Leerstelle in unserem
        völkerrechtlichen Vertragswerk gefüllt, getragen von ei-
        ner breiten Zustimmung und Unterstützung der UN-
        Generalversammlung, wo 155 der 193 repräsentierten
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        taaten dem Abkommensentwurf ihre Zustimmung er-
        ilten. Einige dieser Staaten standen in ihrer Vergangen-
        eit selbst im Zentrum blutiger Konflikte, die durch
        nregulierte Waffenexporte verschärft wurden. Es ist zu
        offen, dass diese Länder in Zukunft eine bessere
        hance haben werden, für ihre Bürger Frieden und Sta-
        ilität zu garantieren.
        Ich möchte kurz auf die wichtigsten Eckpfeiler des
        bkommens zu sprechen kommen. Der Vertrag gilt in
        en nächsten sechs Jahren und kann in der Folge nur
        urch eine Dreiviertelmehrheit auf der Konferenz der
        ertragsstaaten verändert werden.
        Lassen Sie mich kurz den Geltungsbereich des Vertra-
        es skizzieren. Neben den bereits erwähnten Kleinwaf-
        n werden auch Großwaffensysteme, Munition und ein-
        elne Bauteile erfasst. In der Praxis bedeutet dies, dass
        er Export von Panzern, bewaffneten Fahrzeugen,
        chweren Artilleriesystemen, Kampfflugzeugen und
        ubschraubern, Kriegsschiffen, Raketen und Raketen-
        erfern sowie kleinen und leichten Waffen fortan stren-
        er kontrolliert und reguliert wird.
        Sobald nun einem Staat klare Indizien vorliegen, dass
        ie Empfängernation plant, importierte Rüstungsgüter
        ölkerrechtswidrig einzusetzen, so muss die Genehmi-
        ung zur Ausfuhr zurückgezogen oder darf erst gar nicht
        rteilt werden. Der Begriff der Völkerrechtswidrigkeit
        edeutet in diesem Kontext, dass ein hohes Risiko be-
        teht, dass Verbrechen im Sinne des humanitären Völ-
        errechtes – etwa Genozide oder Verbrechen gegen die
        enschlichkeit – in naher Zukunft verübt werden.
        Auch wenn die Verabschiedung des Abkommens ein
        rfolg ist, so besteht weiterhin Handlungsbedarf. Unser
        ußenminister hat betont, dass der Vertrag „noch nicht
        as ist, was wir uns als endgültiges Ergebnis vorstellen.
        eswegen ist dieses der erste Schritt für weitere Initiati-
        en“. Hier kann ich nur zustimmen. Wir haben uns zwar
        ährend der Debatten über die Vertragskonzeption vehe-
        ent für die Schaffung stärkerer Sanktionsinstrumente
        Falle der Nichtbeachtung eingesetzt, doch leider
        errscht in dieser Frage innerhalb der internationalen
        emeinschaft noch kein Konsens vor. Dies gilt ebenfalls
        r den Auslegungsspielraum der exportierenden Staa-
        n, wann eine Kriegswaffe potenziell für die Verletzung
        on Menschenrechten missbraucht werden könnte, der
        eiterhin relativ groß ist. Auch bei der Umleitungs-
        efahr durch Re-Exporte und bei der Endverbleibs-
        ontrolle bestehen noch Schwachstellen, die in Folge-
        onferenzen angegangen werden müssen. Unsere klare
        altung gegen die Waffenlieferungen nach Syrien zeigt,
        ass Deutschland für die Risiken der Umleitung sensibi-
        siert ist und hier hohe Maßstäbe anlegt.
        Ich bin dennoch zuversichtlich, dass der Abschluss
        es Abkommens ein stabiles Fundament für weitere Vor-
        töße bietet. Wir dürfen nicht vergessen, dass das Völ-
        errecht einem ständigen Wandel unterworfen ist und
        erade in den letzten Jahren – insbesondere unter Ein-
        uss des Konzepts der Responsibility to Protect – die
        ee einer staatlichen Schutzpflicht immer stärker an Le-
        itimation gewonnen hat.
        32360 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
        (A) )
        )(B)
        Abschließend möchte ich noch herausstellen, dass die
        schnelle Ratifikation durch den Deutschen Bundestag
        zeigt, wie beispielhaft die Zusammenarbeit zwischen
        Exekutive und Legislative in diesem wichtigen Themen-
        feld wirkt.
        Wir signalisieren durch dieses entschlossene Handeln
        der internationalen Gemeinschaft einmal mehr, dass wir
        das Abkommen tatkräftig unterstützen und Rüstungs-
        kontrolle auch künftig als sicherheitspolitisches Thema
        ganz vorne auf der Tagesordnung sehen.
        Anlage 24
        Zu Protokoll gegebene Reden
        zur Beratung:
        – Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung des
        Menschenhandels und Überwachung von
        Prostitutionsstätten
        – Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung
        der Situation von Opfern von Menschenhan-
        del in Deutschland
        (Tagesordnungspunkt 19 a und b)
        Ute Granold (CDU/CSU): Wir beraten heute ab-
        schließend über den von Union und FDP eingebrachten
        Gesetzentwurf zur Bekämpfung des Menschenhandels
        und zur Überwachung von Prostitutionsstätten. Damit
        schlägt die Koalition im Kampf gegen Menschenhandel
        und Zwangsprostitution ein neues Kapitel auf. Um Pros-
        tituierte besser zu schützen, legen wir mit dem Gesetz-
        entwurf den Grundstein für eine wirksame behördliche
        Kontrolle von Bordellen. Außerdem werden die Straf-
        vorschriften zum Menschenhandel erweitert und ver-
        schärft.
        Mit der Legalisierung der Prostitution durch das unter
        Rot-Grün 2002 in Kraft getretene Prostitutionsgesetz
        wurde nicht erreicht, was man sich erhofft hatte. Die Zu-
        stände im Gewerbe und auf dem Strich haben sich nicht
        verbessert, sondern sogar deutlich verschlechtert. Nach
        einer aktuellen EU-Studie hat der Menschenhandel seit-
        dem deutlich zugenommen. Die Liberalisierung hat zu
        einem erheblichen Anstieg der Nachfrage geführt. Der
        Markt in Deutschland ist mittlerweile 60-mal größer als
        in Schweden, wo Prostitution verboten ist. Gleichzeitig
        hat Deutschland 62-mal so viele Menschenhandelsopfer
        wie Schweden, obwohl die Bevölkerung rund 10-mal so
        groß ist.
        Da es sich bei Menschenhandel um ein Kontrolldelikt
        handelt, das heißt Razzien erforderlich sind, um Frauen
        aus den Fängen ihrer Zuhälter zu befreien, muss die
        Polizei bei knappen Ressourcen entsprechende Schwer-
        punkte setzen. Die Szene, berichten Insider, sei inzwi-
        schen noch krimineller geworden. Das hat auch die An-
        hörung im Rechtsausschuss am 24. Juni bestätigt. So
        schätzt die International Labour Organization, ILO, die
        Gewinne aus dem Menschenhandel auf 31 Milliarden
        Dollar pro Jahr, Tendenz steigend. Der Menschenhandel
        liegt damit vor dem Drogen- und Waffenhandel. Das
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        rostitutionsgesetz in Deutschland ist mit dafür verant-
        ortlich, dass das Risiko für die Menschenhändler im
        ergleich zu anderen kriminellen Märkten sehr über-
        chaubar ist. Die Legalisierung der Prostitution war so-
        it ungewollt ein Wachstumsprogramm für den Men-
        chenhandel. Deutschland ist zu einem Eldorado für
        enschenhändler geworden.
        Vor diesem Hintergrund wollen wir mit dem vorlie-
        enden Gesetzentwurf die Vorgaben der EU-Richtlinie
        ur Bekämpfung des Menschenhandels jetzt erst einmal
        msetzen. Da die Umsetzungsfrist bereits am 6. April
        013 abgelaufen ist, beschränkt sich der Entwurf be-
        usst auf die Änderungen im Strafrecht, die dazu zwin-
        end erforderlich sind. Ich habe bereits in der ersten
        esung betont, dass ich mir als Rechts- und auch Men-
        chenrechtspolitikerin, die sich bereits seit vielen Jahren
        egen Zwangsprostitution und Menschenhandel enga-
        iert, weitergehende Maßnahmen erhofft hätte. Wenn
        ir diese, wie sie auch in Fachkreisen von Opferschutz-
        rganisationen und Strafverfolgungsorganen bereits seit
        ngem diskutiert werden, aufgenommen hätten, wäre
        in Inkrafttreten des Gesetzes in dieser Wahlperiode aber
        icht mehr machbar gewesen. Zugegebenermaßen ist die
        eitnot leider zum großen Teil selbst verschuldet, da
        ich die beteiligten Ressorts lange Zeit nicht auf ein ge-
        einsames Vorgehen einigen konnten. Hier müssen sich
        ie Liberalen zu Recht Kritik gefallen lassen.
        Gleichwohl ist der heute abschließend beratene Ge-
        etzentwurf ein erster Schritt in die richtige Richtung, da
        ie vorgesehenen Änderungen im Strafrecht und in der
        ewerbeordnung mögliche Optionen zur Beantwortung
        er zentralen Fragen aufzeigen. Zunächst zu den Ände-
        ngen im Strafrecht: Hier soll der Tatbestand des § 233
        tGB auf die Fälle des Menschenhandels zum Zweck
        er Ausnutzung strafbarer Handlungen und der Bettelei
        rweitert werden. Außerdem soll der Menschenhandel
        um Zweck der Organentnahme, der derzeit lediglich als
        eihilfe zu Straftaten nach dem Transplantationsgesetz
        trafbar ist, ausdrücklich in § 233 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4
        tGB unter Strafe gestellt werden. Ferner drohen dem
        äter zukünftig höhere Strafen, wenn das Opfer noch
        icht volljährig ist oder leichtfertig in Lebensgefahr ge-
        racht wird.
        Die Erfahrungen der Praxis haben gezeigt, dass die
        erzeitigen Tatbestände zum Menschenhandel im Straf-
        esetzbuch in der nächsten Wahlperiode insgesamt auf
        en Prüfstand zu stellen sind. So ist insbesondere eine
        eustrukturierung mit Blick auf die objektiven Tatbe-
        tandsmerkmale erforderlich.
        Da Menschenhandelsopfer häufig massiv durch Dro-
        ungen – etwa gegen ihre Familien in den jeweiligen
        eimatländern – unter Druck gesetzt werden, sind sie
        elten zur Aussage bereit. Vor diesem Hintergrund führt
        uch die hier umzusetzende EU-Richtlinie zu Recht
        us – ich zitiere: „Damit die Ermittlungen und die Straf-
        erfolgung bei Menschenhandelsdelikten erfolgreich
        urchgeführt werden können, sollte deren Einleitung
        rundsätzlich nicht von der Anzeige oder Anklage durch
        as Opfer abhängig gemacht werden.“ Dies haben wir
        tzt in unserem Regierungsprogramm aufgegriffen: Die
        Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32361
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        Union will die Straftatbestände so verändern, dass Men-
        schenhändler bei ausreichender Beweislage auch ohne
        die Aussage ihrer häufig stark traumatisierten Opfer ver-
        urteilt werden können.
        Ferner ist eine stärkere Differenzierung der Men-
        schenhandelstatbestände nach dem jeweiligen Zweck
        – also Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Aus-
        beutung bzw. zur Ausbeutung der Arbeitskraft – zu prü-
        fen. So könnte eine Regelung bezüglich des Menschen-
        handels zur Ausbeutung der Arbeitskraft grundsätzlich
        auch über eine Einbindung im Bereich des § 291 StGB
        erfolgen.
        Zusätzlich muss endlich die Freierstrafbarkeit einge-
        führt werden. Wir Rechtspolitiker der Union fordern be-
        reits seit 2004, dass diejenigen Freier strafrechtlich zur
        Verantwortung gezogen werden, die wissentlich die se-
        xuellen Dienstleistungen einer Zwangsprostituierten in
        Anspruch nehmen. Es hat mich doch sehr überrascht,
        dass die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen genau dies nun
        ebenfalls nach jahrelangem Widerstand in einem aktuel-
        len Änderungsantrag fordert. Ein fertiger Gesetzentwurf
        der Union liegt bereits seit Jahren in der Schublade. Im
        Kontext einer Neukonzeptionierung der Menschenhan-
        delstatbestände kann er also ohne Weiteres aufgenom-
        men werden.
        Neben der Umsetzung der Vorgaben der EU-Richt-
        linie gegen Menschenhandel im Strafrecht sorgen wir
        mit einer Änderung im Gewerberecht dafür, dass Bor-
        delle künftig behördlich überwacht werden; denn nur da,
        wo kontrolliert wird, sind Prostituierte vor sexueller
        Ausbeutung geschützt und können Täter dingfest ge-
        macht werden. Damit beseitigen wir eines der schweren
        Versäumnisse des rot-grünen Prostitutionsgesetzes von
        2002. Prostitution wurde damals legalisiert, die Prostitu-
        ierten aber in einem oft kriminellen Umfeld vom Staat
        allein gelassen. Demnächst müssen es sich Bordellbe-
        treiber gefallen lassen, dass sie und ihr Haus kontrolliert
        werden.
        Durch eine Aufnahme der Prostitutionsstätten in den
        Katalog der überwachungsbedürftigen Gewerbe nach
        § 38 Absatz 1 der Gewerbeordnung sollen die Rahmen-
        bedingungen der in der Prostitution tätigen Personen
        verbessert werden. Damit ist eine automatische Über-
        prüfung der Zuverlässigkeit des Gewerbetreibenden
        unverzüglich nach der Gewerbean- oder -ummeldung
        verbunden. Den zuständigen Behörden stehen zur Über-
        wachung des Betriebs darüber hinaus unter anderem die
        Auskunfts- und Nachschaurechte des § 29 GewO zur
        Verfügung.
        Die Grünen haben in einem ihrer Änderungsanträge
        die Einführung einer Erlaubnispflicht für Prostitutions-
        stätten in § 30 der Gewerbeordnung angeregt. Eine sol-
        che Erlaubnispflicht ist zwar grundsätzlich geboten, aber
        nicht in der hier vorgeschlagenen Weise. So wollen die
        Grünen eine Erlaubnis auch vom Vorliegen „positiver“
        Voraussetzungen abhängig machen. Danach soll der Be-
        treiber zum Beispiel einen „Geschäftsplan“ vorlegen,
        der sicherstellt, dass ein angemessenes Pflichtenverhält-
        nis zu den Prostituierten besteht und deren Ausbeutung
        ausgeschlossen ist. Der Betreiber soll außerdem sämtli-
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        he Rechtsverhältnisse zu den in seinem Etablissement
        tigen Prostituierten dokumentieren. Diese Vorgaben
        ürden nicht nur einen erheblichen bürokratischen Auf-
        and für die Kontrolleure der Gewerbeaufsicht verursa-
        hen, sie zeugen auch von einer erstaunlichen Gutgläu-
        igkeit in Bezug auf das Rotlichtmilieu. Zweifellos wird
        der Bordellbetreiber den staatlichen Kontrolleuren
        läne und Verträge vorlegen, an denen niemand etwas
        uszusetzen hätte. Die Zwangsprostituierten aber wer-
        en selten den Mut haben, den Inhalt solcher Dokumente
        frage zu stellen. Außerdem wird die von der Union ge-
        rderte generelle Anzeigepflicht für Prostituierte, auch
        oweit sie selbstständig arbeiten, ausgeschlossen. Der
        ntrag kann daher keine Zustimmung finden.
        Die Anhörung hat gezeigt, dass eine Regelung der
        ahmenbedingungen der Prostitution über die Gewerbe-
        rdnung nicht ganz unproblematisch ist. So lassen zum
        eispiel die relativ weit gefassten Begrifflichkeiten den
        undesländern und den jeweiligen Behörden vor Ort
        inen großen Spielraum bei der Anwendung und Umset-
        ung der gesetzlichen Vorgaben. Dies kann Chancen er-
        ffnen, macht aber eine bundesweit einheitliche Lösung
        icht leicht. Rechtssicherheit für alle Beteiligten ist so
        ur schwer zu erreichen.
        Vor diesem Hintergrund muss vor allem der Begriff
        er Prostitutionsstätten klar definiert und auf die sehr
        ielfältigen Ausprägungen des Gewerbes angepasst wer-
        en. So muss die Wohnungsprostitution zwingend mit
        rfasst werden, da Zwangsprostitution vor allem in die-
        em Bereich ein großes Problem darstellt. Außerdem
        ind zur Kontrolle der gesetzlichen Regelungen der Ge-
        erbeordnung zunächst einmal die jeweiligen Gewerbe-
        mter zuständig. Die Kontrolleure der Gewerbeämter
        önnen in diesem Milieu leicht an ihre Grenzen stoßen.
        nabhängig davon können die Kontrollen aber auch An-
        altspunkte für Razzien liefern.
        Als Alternative zu einer Regelung über die Gewerbe-
        rdnung sollte in der nächsten Wahlperiode auch die Op-
        on geprüft werden, rechtliche Rahmenbedingungen in
        orm eines Prostitutionsregulierungsgesetzes zu erarbei-
        n. Darin könnten dann alle notwendigen Regelungen
        usammengeführt werden.
        Wir müssen den Blick darüber hinaus auch auf das
        ufenthaltsrecht für die Opfer von Menschenhandel
        chten. So kommen zum Beispiel 90 Prozent der Prosti-
        ierten aus dem Ausland, aktuell überwiegend aus Ru-
        änien, Bulgarien und Ungarn, aber auch aus Nigeria
        nd anderen Ländern. Deshalb sollten Opfer von Men-
        chenhandel in Deutschland ein Bleiberecht erhalten.
        ies würde sicherlich auch die Aussagebereitschaft in
        inem Strafprozess gegen die Menschenhändler erhöhen.
        as Bleiberecht sollte im Kontext eines zukünftigen
        esamtkonzeptes zur Bekämpfung von Menschenhandel
        und hier insbesondere der Zwangsprostitution – gere-
        elt werden.
        In diesem Zusammenhang sollte zur Vorbereitung der
        esetzlichen Neuregelungen eine umfassende Dunkel-
        ldstudie durchgeführt werden. Derzeit gibt es nur ver-
        ssliche Daten über das BKA-Lagebild zum Menschen-
        andel, das aber nur das sogenannte Hellfeld erfasst, die
        32362 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
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        tatsächliche Situation allerdings nicht annähernd abbil-
        det. Ein Sachverständiger hat es während der Anhörung
        im Rechtsausschuss auf den Punkt gebracht: Viele der
        Frauen, die in der Prostitution arbeiten, tun dies wegen
        der Armut in ihren Heimatländern. Diese Frauen in der
        Armutsprostitution benötigen den Schutz des Staates,
        um nicht gänzlich den Zuhältern und Menschenhändlern
        ausgeliefert zu sein. Wir dürfen die Gesetze nicht aus-
        schließlich auf den sehr kleinen Teil der Frauen zu-
        schneiden, die tatsächlich freiwillig in der Prostitution
        arbeiten.
        Für die Union ist es daher ein Gebot, zügig weitere
        Maßnahmen folgen zu lassen, um den Kampf gegen
        Menschenhandel und Zwangsprostitution gewinnen und
        den Opfern wirksam helfen zu können. Mit dem Gesetz-
        entwurf ist jetzt aber ein erster wichtiger Schritt getan.
        Stephan Mayer (Altötting) (CDU/CSU): Wenn wir
        an dieser Stelle über Menschenhandel und Zwangspros-
        titution reden, dann reden wir zugleich auch über sexu-
        elle Ausbeutung von Frauen, sexuellen Missbrauch von
        Minderjährigen, körperliche und psychische Gewalt,
        illegale Schleusungen, Verstöße gegen das Betäubungs-
        mittel- und das Waffengesetz. Zusammengefasst, wir
        reden über weltweite und grenzüberschreitende organi-
        sierte Kriminalität.
        Circa 2,5 Millionen Menschen sind jährlich von Men-
        schenhandel betroffen, werden wie Ware gehandelt und
        ausgebeutet. Menschenhandel in all seinen Erschei-
        nungsformen verletzt gravierend die Menschenrechte
        von Frauen, Männern, Mädchen und Jungen. Folgt man
        dem Lagebild Menschenhandel des Bundeskriminalam-
        tes, so werden insbesondere junge Frauen unter 21 Jah-
        ren in Deutschland ausgebeutet. Sie arbeiten unter be-
        sonders gesundheitsgefährdenden, entwürdigenden und
        unsicheren Bedingungen. Mangelnde Sprachkenntnisse
        und keine sozialen Kontakte außerhalb des Milieus er-
        schweren es, diesen Mechanismen zu entkommen.
        Uns muss auch bewusst sein, dass es sich hierbei
        nicht um Einzelfälle handelt, sondern um Strukturen, die
        sich nach dem Inkrafttreten des rot-grünen Prostitutions-
        gesetzes am 1. Januar 2002 exponenziell vermehrt ha-
        ben. Als Stichwort seien insoweit nur „Flatratebordelle“
        genannt. Diese Strukturen müssen dringend aufgebro-
        chen und einer konsequenten Regulierung unterworfen
        werden.
        Wir haben daher bereits vor einiger Zeit in der Frak-
        tion CDU/CSU begonnen, entsprechende Fachgespräche
        mit Experten zu führen. Ein erstes Ergebnis dieser Fach-
        gespräche ist der vorliegende Gesetzentwurf der Koali-
        tionsfraktionen, der zum einen die Richtlinie 2011/36/
        EU zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhan-
        dels und zum Schutz seiner Opfer aus dem Jahr 2011
        umsetzt und zum anderen zur Verbesserung der Rah-
        menbedingungen für in der Prostitution tätige Personen
        Prostitutionsstätten in den Katalog der überwachungsbe-
        dürftigen Gewerbe nach § 38 der Gewerbeordnung auf-
        nimmt. Durch die Aufnahme in die Gewerbeordnung
        wird eine automatische Überprüfung der Zuverlässigkeit
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        es Bordellbetreibers unverzüglich nach Erstattung der
        ewerbeanmeldung oder Gewerbeummeldung möglich.
        Den zuständigen Behörden steht zur Überwachung
        nd Kontrolle des Betriebs zudem ein umfangreiches In-
        trumentarium an Auskunfts- und Nachschaurechten zur
        erfügung. Darüber hinaus können gegenüber dem Bor-
        ellbetreiber Auflagen zum Schutz der Allgemeinheit,
        er Kunden, der Prostituierten oder der Bewohner des
        etriebsgrundstücks oder der Nachbargrundstücke vor
        efahren, erheblichen Nachteilen oder erheblichen Be-
        stigungen erteilt werden.
        Mir ist durchaus bewusst, dass die Forderungen von
        ilfsorganisationen, aber auch von staatlichen Stellen,
        ie mit Menschenhandel und Zwangsprostitution tagtäg-
        ch in Berührung kommen, noch viel weitgehender und
        mfassender sind. Ich darf Ihnen gerade deshalb ver-
        ichern, dass auch die Forderungen in meiner Fraktion
        eutlich weitreichender als der heute zur Abstimmung
        tehende Gesetzentwurf sind. Allerdings bedarf es in
        ieser Hinsicht bei unserem Koalitionspartner an der ei-
        en oder anderen Stelle noch weiterer Überzeugungsar-
        eit, die wir aber natürlich gerne im Rahmen der Fortset-
        ung der christlich-liberalen Regierungskoalition leisten
        ollen.
        Auch wenn der heute ebenfalls zur Abstimmung ste-
        ende Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grü-
        en auf dem ersten Blick weitreichendere Optionen an-
        ietet, so trügt der Schein: Er ist nur ein weiteres
        lacebo. Letztlich möchten Sie nur zahlreiche Maßnah-
        en, die bereits jetzt von den Behörden in der Praxis
        mgesetzt werden, auf Gesetzesebene regeln. Dies gilt
        eispielsweise für die Mehrheit der vorgeschlagenen
        nderungen im Aufenthaltsgesetz, für das Asylbewer-
        erleistungsgesetz oder das Sozialgesetzbuch II. Auch
        tellt bereits jetzt die Finanzkontrolle Schwarzarbeit der
        ollverwaltung etwaigen Betroffenen ein Merkblatt zur
        erfügung, in dem unter anderem über Hilfeeinrichtun-
        en und entsprechende Ansprechpartner informiert wird.
        Alles, was Sie vorschlagen, ist somit, wenn über-
        aupt, nur Stückwerk und keine umfassende Lösung der
        on mir eingangs geschilderten Situation. Zudem schie-
        en Sie an einigen Stellen auch noch deutlich über das
        iel hinaus, wie beispielsweise mit der Forderung nach
        iner gesetzlichen Hinweispflicht zur Darstellung der
        echtslage nach dem Aufenthaltsgesetz oder gar dem
        rbeits- und Sozialrecht durch die Finanzkontrolle
        chwarzarbeit. Dies ist schlicht abwegig.
        Der Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen ist mehr
        ls nur eine Änderung des Strafgesetzbuchs und der Ge-
        erbeordnung. Er ist der Einstieg zu einer umfassenden
        euregelung und Wiederherstellung der Menschen-
        ürde für viele betroffene Prostituierte in Deutschland.
        r ist das Versprechen, dass in der kommenden Legisla-
        rperiode weitere Maßnahmen der christlich-liberalen
        egierungskoalition folgen werden, die die Fehler der
        ergangenheit beseitigen und einen besseren Schutz vor
        ewalt, Missbrauch und Ausbeutung verankern werden.
        elbst wenn einem der Gesetzentwurf, wie von einigen
        einer Vorredner ausgeführt, nicht weit genug geht,
        ann man ihm aus meiner Sicht dennoch zustimmen;
        Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32363
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        denn es ist klar, dass er nur der erste Schritt zu einer län-
        gerfristigen und umfassenden Korrektur ist.
        Dr. Eva Högl (SPD): Menschenhandel ist ein schwe-
        res Verbrechen, eine moderne Form der Sklaverei. Aus-
        beutung der Arbeitskraft, sexuelle Ausbeutung, Bedro-
        hung: Menschenhandel ist nichts anderes als moderne
        Sklaverei und für die Täter und Täterinnen immer ein
        äußerst lukratives Geschäft.
        Der erste Bericht der Europäischen Kommission über
        Menschenhandel in Europa ist alarmierend: Die Zahl der
        Opfer in der Europäischen Union ist zwischen den Jah-
        ren 2008 und 2010 um 18 Prozent auf über 20 000 ge-
        stiegen. Die Dunkelziffer liegt deutlich darüber. Gleich-
        zeitig sank die Zahl der Verurteilungen im selben
        Zeitraum um 13 Prozent.
        Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Es gibt
        dringenden Handlungsbedarf in Deutschland und Eu-
        ropa. Opfer von Menschenhandel sind besonders hilfs-
        bedürftig und benötigen besonderen Schutz. Die Täterin-
        nen und Täter hingegen müssen wirksam bestraft
        werden. Der Opferschutz und die Strafverfolgung der
        Menschenhändlerinnen und Menschenhändler sind bis-
        lang völlig unzureichend.
        Mit der Richtlinie 2011/36/EU des Europäischen Par-
        laments und des Rates vom 5. April 2011 zur Verhütung
        und Bekämpfung des Menschenhandels und zum Schutz
        seiner Opfer sowie zur Ersetzung des Rahmenbeschlus-
        ses 2002/629/JI des Rates liegt eine sehr gute rechtliche
        Grundlage für die Umsetzung in nationales Recht vor.
        Der von CDU/CSU und FDP vorgelegte Entwurf eines
        Gesetzes zur Bekämpfung des Menschenhandels und
        Überwachung von Prostitutionsstätten – Drucksache
        17/13706 – vom 4. Juni 2013 wird den Bestimmungen
        dieser europäischen Verpflichtung in keiner Weise ge-
        recht.
        Schon das Übereinkommen des Europarates vom
        16. Mai 2005 zur Bekämpfung des Menschenhandels
        wie auch die Richtlinie formulieren umfassende und
        wirksame Regelungsvorgaben. Bestimmungen zum Auf-
        enthaltsrecht, zur Beratung und Unterstützung von Op-
        fern oder Regelungen zur Befreiung von Begleitstrafbar-
        keiten von Betroffenen müssen zwingend in deutsches
        Recht umgesetzt werden. Eine nachhaltige Bekämpfung
        des Menschenhandels ist nur möglich, indem die Opfer
        gestärkt werden. Wir Sozialdemokratinnen und Sozial-
        demokraten stehen eng an der Seite der Betroffenen.
        Zudem fehlt es an einer aufenthaltsrechtlichen Per-
        spektive für Opfer von Menschenhandel aus Nicht-EU-
        Ländern. Wenn Betroffene aus Furcht nicht aussagen
        wollen, werden diese nach aktueller Rechtslage abge-
        schoben. Die Abschiebung in ihr Herkunftsland führt
        häufig zu einer Rückkehr in Verhältnisse, die dazu füh-
        ren, erneut in die Opferrolle zu fallen. Das Aufenthalts-
        recht muss so geändert werden, dass wir den Opfern
        Bleibemöglichkeiten bieten. Der Aufenthaltstitel darf
        nicht von der Zusammenarbeit mit den zuständigen Be-
        hörden abhängen. Die USA haben mit dem sogenannten
        T-Visum eine gute Regelung für Opfer ins Leben geru-
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        n. Diese können und sollten wir auf Deutschland über-
        agen.
        Oft werden Betroffene wegen Vergehen angeklagt
        der bestraft, zu denen sie genötigt wurden, beispiels-
        eise die Verwendung falscher Ausweispapiere oder
        erstöße gegen geltendes Aufenthaltsrecht. Die Richtli-
        ie verlangt, dass in solchen Fällen von der strafrecht-
        chen Verfolgung und Bestrafung abzusehen ist. Dies ist
        ntscheidend dafür, dass sich Betroffene offenbaren und
        amit auch dazu beitragen können, Menschenhandel ef-
        ktiv strafrechtlich zu verfolgen. Auch dazu steht kein
        inziges Wort im Gesetzentwurf.
        Eine erfolgreiche Strafverfolgung ist ohne umfassen-
        en Opferschutz nicht möglich. Alle Expertinnen und
        xperten, ob Polizei, Landeskriminalämter, Bundeskri-
        inalamt, Staatsanwaltschaften, Gerichte oder Opferbe-
        tungsstellen, waren sich einig: Wir brauchen dringend
        ine effektive Bestrafung der Täterinnen und Täter. Not-
        endig ist eine Reform des Straftatbestandes, und selbst
        ie Fraktionen von CDU/CSU und FDP erkennen in ih-
        r Begründung an, wie wichtig eine strafrechtliche Än-
        erung der §§ 232, 233 und 233 a Strafgesetzbuch auf-
        rund der geringen Zahl von Verurteilungen ist. Doch
        nstatt diesen zentralen Punkt endlich zu regeln, wird
        uf die fehlende Zeit hingewiesen.
        Das Verschieben und Aussitzen bedeutet ein Wegdu-
        ken vor der Regelung existenzieller Probleme bei der
        trafverfolgung von Verbrecherinnen und Verbrechern.
        amit werden viele weitere Opfer von Menschenhandel
        illigend in Kauf genommen.
        Nicht nur das: Die Erweiterung der Strafvorschrift des
        233 Strafgesetzbuch auf die Fälle des Menschenhan-
        els zum Zweck der Ausnutzung strafbarer Handlungen
        nd der Bettelei sowie zum Zwecke des Organhandels
        chaden sogar und behindern die Ermittlungen, wie das
        undeskriminalamt in der Anhörung ausführte. Künftig
        ird es also mehr Straftaten geben. Das Opfer muss sich
        doch subjektiv weiterhin als Betroffene oder Betroffe-
        er zu erkennen geben. Das führt zu mehr Straftaten,
        ber zu keiner besseren Verfolgung. Ganz im Gegenteil!
        Der Regelungsvorschlag der Gewerbeordnung ist ein
        chtiger Schritt, doch er greift viel zu kurz. Hier fehlt
        ine klare Definition von Prostitutionsstätten. Mit kei-
        em Wort wird erwähnt, was genau darunter zu verste-
        en ist.
        Wichtig wäre es darüber hinaus, eine Erlaubnispflicht
        r Prostitutionsstätten einführen. Wer betreibt sie? Wo
        ind sie gelegen? Welche Auflagen zur Ausübung der
        rostitution sind zu erfüllen? All dies sind Fragen, die
        er Gesetzentwurf nicht berücksichtigt. Gleichzeitig fo-
        ussiert der Entwurf lediglich auf Zwangsprostitution
        nd sexuelle Ausbeutung, ohne zu erwähnen, dass
        benso wirtschaftliche Ausbeutung und Zwangsarbeit
        arunter fallen. Und: Nicht jede Prostitution ist Zwangs-
        rostitution.
        Die öffentliche Anhörung am 24. Juni 2013 hat es ge-
        eigt: Alle Expertinnen und Experten waren sich einig:
        ie schwarz-gelben Vorschläge bleiben weit hinter der
        erpflichtenden Umsetzungsnotwendigkeit zurück. Was
        32364 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
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        wir brauchen, ist ein wirksames und ganzheitliches Ge-
        setz zur Bekämpfung des Menschenhandels, eine ad-
        äquate und vollständige Umsetzung der wichtigen Be-
        stimmungen der Richtlinie. Die Opfer werden im Stich
        gelassen. Eine effektive strafrechtliche Verfolgung ist
        mit diesem Gesetzentwurf nicht möglich. Einem weite-
        ren Anstieg der Opferzahlen und einem weiteren Rück-
        gang von Verurteilten steht so nichts mehr im Wege. Das
        ist ein Schlag ins Gesicht für alle Betroffenen.
        Dieser Gesetzentwurf wurde trotz besseren Wissens
        bewusst kurz gehalten, um noch vor der Sommerpause
        etwas vorzulegen. Er hilft bei der effektiven Bekämp-
        fung von Menschenhandel nicht weiter. Ich hoffe, die
        CDU/CSU und die FDP kommen zur Vernunft. Werfen
        Sie diesen Vorschlag ins Altpapier, und lassen Sie uns
        nach dem 22. September 2013 einen gemeinsamen, frak-
        tionsübergreifenden Versuch starten!
        Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP): Für die FDP
        steht der effektive Schutz von Opfern von Menschen-
        handel an oberster Stelle. Das kennzeichnet auch unse-
        ren Gesetzentwurf, mit dem wir die Richtlinie des Euro-
        päischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011
        zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels
        und zum Schutz seiner Opfer umsetzen. Durch die Er-
        weiterung der Strafvorschrift des § 233 des Strafgesetz-
        buchs, StGB, auf Fälle des Menschenhandels zur Aus-
        nutzung strafbarer Handlungen, der Bettelei sowie zum
        Zwecke der Organentnahme, der derzeit lediglich als
        Beihilfe zu Straftaten nach dem Transplantationsgesetz
        strafbar ist, werden diese Fälle ausdrücklich unter Strafe
        gestellt. Dies schafft Klarheit und trägt auch der Bedeu-
        tung dieser Kriminalitätsphänomene Rechnung.
        Viele zur besseren Bekämpfung des Menschenhan-
        dels gemachten Vorschläge hätten eine intensive Prüfung
        und Erörterung erfordert, die wegen der Fristgebunden-
        heit der RL-Umsetzung in dieser Wahlperiode kaum
        realisierbar erschienen. So halte ich es im Einvernehmen
        mit Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger
        für sinnvoll, sich in der nächsten Legislaturperiode
        nochmals an die Systematisierung und Überprüfung der
        Straftatbestände zur Bekämpfung des Menschenhandels
        zu machen.
        Die von polizeilicher und staatsanwaltschaftlicher
        Seite geforderte grundlegende Überarbeitung der
        Straftatbestände der §§ 232, 233 und 233 a StGB er-
        scheint durch die relativ geringe Anzahl von Verurteilun-
        gen wegen dieser Vorschriften, die nicht dem tatsächli-
        chen Ausmaß dieser Kriminalitätsform entspricht,
        durchaus als diskussionswürdig.
        Das wird in der nächsten Wahlperiode eingehend zu
        prüfen sein, und gegebenenfalls werden entsprechende
        gesetzgeberische Vorschläge zu machen sein.
        Jedenfalls bleibt es ein schwerwiegendes Problem,
        dass oft Täter ihre Opfer unter Ausnutzung von Zwangs-
        lagen, auslandsspezifischer Hilflosigkeit, Gewalt oder
        Drohungen zur Ausbeutung und zur Prostitution brin-
        gen.
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        Die kausale Verbindung zwischen Zwangslage und
        usbeutung muss durch die Handlungen des Täters her-
        estellt werden, um nach derzeitiger Rechtslage verfolgt
        erden zu können. Polizeien und Staatsanwaltschaften
        eisen darauf hin, dass der Nachweis dieser Umstände
        ft schwierig bis unmöglich ist.
        Diese und mögliche weitere Vorschläge, vor allem
        uch außerhalb des Strafrechts, zur besseren Eindäm-
        ung des Menschenhandels sind genau zu prüfen. Die
        tärkung der Position der Opfer steht für uns Liberale
        mer im Vordergrund.
        Die Anhörung des Rechtsausschusses hat gezeigt,
        ass viele noch nicht zufrieden sind, dass noch mehr ge-
        n werden muss. Dies sehe ich exakt genauso. Aber die
        eisten Sachverständigen haben ganz deutlich hervorge-
        oben, dass der vorgelegte Gesetzentwurf ein wichtiger,
        rster Schritt ist.
        Immerhin ist es uns jetzt gelungen, noch einen Punkt
        ußerhalb des Strafrechts anzugehen. Und das ist durch-
        us beachtlich. Wir regeln den Betrieb von Prostitutions-
        tätten zukünftig entsprechend den für andere überwa-
        hungsbedürftige Gewerbe in der Gewerbeordnung.
        Kaum jemandem im Lande ist verständlich zu ma-
        hen, daß sich Betreiber von Spielhallen, Schankwirt-
        chaften oder Amüsierlokalen einer Betriebsüberwa-
        hung oder gar Zuverlässigkeitsüberprüfung unterziehen
        üssen, Betreiber von Bordellen aber nicht. Seit die Sit-
        nwidrigkeit der Prostitution aufgehoben wurde, war es
        öglich, Prostitutionsstätten bis hin zum Flatrategroß-
        ordell ohne gewerberechtliche Überprüfungsmöglich-
        eit einzurichten.
        Bei aller Freude an der Abschaffung von falschen Ta-
        us, eine solche Privilegierung eines bestimmten Gewer-
        es gegenüber anderen – aus dem Jahre 2001 von der
        t-grünen Bundesregierung damals – ist kaum nachvoll-
        iehbar.
        Eine gewisse Betriebsblindheit muss man der damali-
        en rot-grünen Koalition schon attestieren. Das grund-
        ätzlich richtige Ziel, nämlich die Stärkung der Rechte
        on Frauen und die Herausnahme dieses Gewerbebe-
        ichs aus der Illegalität, wurde zwar erreicht, die dazu-
        ehörende gewerberechtliche Rahmenregelung unter-
        lieb jedoch leider.
        Dies kann man auch nicht dem damals konservativ
        eprägten Bundesrat in die Schuhe schieben. Rot-Grün
        at nicht einmal den Versuch der Rahmengesetzgebung
        amals übernommen, und berauscht vom damaligen Ge-
        etz: Man wollte wohl auch nicht.
        Dies hat zur Folge, dass wir in Deutschland der Aus-
        eutung von Frauen nicht wirkungsvoll genug entgegen-
        eten können. Bislang gab es kein gewerberechtliches
        strument, beispielsweise einem verurteilten Men-
        chenhändler die erneute Eröffnung eines Bordells zu
        ntersagen.
        Mit unserem Gesetzentwurf wird eine automatische
        berprüfung der Zuverlässigkeit des Gewerbetreibenden
        nverzüglich nach der Gewerbeanmeldung oder Gewer-
        eummeldung eingerichtet. Den zuständigen Behörden
        Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32365
        (A) )
        )(B)
        stehen zur Überwachung des Betriebs zudem die Aus-
        kunfts-, Kontroll- und Nachschaurechte des § 29 GewO
        zur Verfügung. Darüber hinaus kann der Gewerbebetrieb
        von Auflagen zum Schutz der Allgemeinheit, der Kun-
        den, der Prostituierten oder der Bewohner des Betriebs-
        grundstücks oder der Nachbargrundstücke vor Gefahren,
        erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen
        abhängig gemacht werden. Dies ist ein deutlicher Fort-
        schritt und eine notwendige Ergänzung zum Schutz der
        in diesen Betrieben tätigen Frauen.
        Diejenigen, die jetzt sagen, das reiche nicht, sollten
        sich aber immer überlegen: Bisher gab es eben keine
        Kontrollregelungen, keine Auflagenmöglichkeiten und
        keine Anforderungen an den Betrieb gerade zum Schutz
        von Opfern, zum Schutz von Frauen. Wir wollen auch
        mehr, aber diesen ersten Schritt sollte jeder, der das Pro-
        blem der Ausbeutung von Frauen, das Problem des Men-
        schenhandels angehen will, mitgehen und zustimmen.
        Aber zu den weiteren Maßnahmen, die den Opfer-
        schutz beim Menschenhandel betreffen, gehört auch die
        dringend nötige Überprüfung ausländerrechtlicher Rege-
        lungen. Dies ist und bleibt ein Anliegen der FDP.
        Zum Schutz verschleppter Frauen haben wir in dieser
        Wahlperiode einiges geleistet: Zwangsheirat wird jetzt
        explizit als Straftat benannt. Wir haben den ausländi-
        schen Opfern von Zwangsverheiratungen zudem ein
        eigenständiges Wiederkehr- bzw. Rückkehrrecht einge-
        räumt. Die frühere Regelung, wonach der Aufenthalts-
        titel für verschleppte junge Frauen nach sechs Monaten
        automatisch erlischt und der für Opfer von Zwangsheira-
        ten nunmehr beseitigt wurde, ermöglichte es leider bis
        vor einem Jahr, diese Zwangslage noch stärker auszunut-
        zen und Frauen jede Fluchtperspektive zu nehmen.
        Eine vergleichbare Regelung im Aufenthaltsrecht
        strebt die FDP auch für die Opfer von Zwangsprostitu-
        tion an, verbunden mit der Stabilisierung vor Ort in
        Deutschland. Die Opfer müssen eine Chance erhalten,
        sich aus der Zwangslage zu befreien, zu der leider oft
        auch Herkunftsland und -familien beigetragen haben.
        Gerade zur Bekämpfung der organisierten Kriminali-
        tät ist häufig die Aussage eines Opfers vor der Polizei
        oder im Gerichtsverfahren bedeutsam. Diese Aussage
        erhalten wir aber nur, wenn die Opfer, also vielfach
        Frauen, sich sicher vor Verfolgung hier oder im Heimat-
        land fühlen können. Insofern haben wir Verständnis für
        die Anträge der Grünen.
        Da aber ausländerrechtliche Regelungen ebenso wie
        die eingangs genannten strafrechtlichen Lösungen er-
        hebliche Folgeprobleme aufwerfen können, müssen sie
        sorgfältig erwogen und geprüft werden.
        Das werden wir in der nächsten Wahlperiode leisten.
        Die vergangenen vier Jahre mit einer Regierungsbe-
        teiligung der FDP waren vier gute Jahre für Deutsch-
        land. Gerade im Bereich der Innen- und Rechtspolitik
        haben wir einige Erfolge erzielt, die dieser Koalition an-
        fangs kaum einer zugetraut hätte.
        Das sollten und werden wir fortsetzen.
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        Ulla Jelpke (DIE LINKE): Zur Abstimmung liegt
        ier ein Gesetzentwurf der Regierungsfraktionen vor,
        ur Umsetzung von EU-Richtlinien, zur Verhütung und
        ekämpfung des Menschenhandels sowie zum Schutz
        er Opfer. Leider beschränkt sich der Gesetzentwurf al-
        ine auf die strafrechtlichen Aspekte, die zur Bekämp-
        ng von Menschenhandel am wenigsten geeignet sind.
        In der Begründung heißt es, die Zeit habe in dieser
        egislatur nicht mehr ausgereicht, Punkte zum Aufent-
        altsrecht, der Betreuung, Unterstützung und medizini-
        chen Behandlung der Opfer einzuarbeiten. Sie hatten
        afür seit Beschluss der EU-Richtlinie mehr als zwei
        ahre Zeit. Verbergen Sie Ihre Unwilligkeit doch nicht
        inter angeblichem Termindruck.
        In der Anhörung am Montag waren sich alle Sachver-
        tändigen – von der Sexarbeiterin bis zum Vertreter der
        olizei – im Übrigen in ihrer vernichtenden Beurteilung
        ieses Gesetzentwurfes und der darin vorgenommenen
        ermischung von Menschenhandel und Prostitution ei-
        ig. Das sollte Ihnen, Kolleginnen und Kollegen von den
        egierungsfraktionen, doch zu denken geben.
        Nach Auffassung der Linken muss das Augenmerk
        ei der Bekämpfung von Menschenhandel auf Präven-
        on und Opferschutz gelegt werden. Denn solange die
        etroffenen keinen sicheren und eigenständigen Aufent-
        altstitel erhalten, sind die Täter durch die Angst der Op-
        r geschützt.
        Die Linke fordert für die Opfer von Menschenhandel
        inen von der Aussagebereitschaft in Strafverfahren un-
        bhängigen Aufenthaltstitel. Diese Menschen müssen
        ostenlose Rechtshilfe, Unterkünfte sowie medizinische
        nd psychologische Betreuung erhalten und Zugang zu
        ozialen Leistungen, Bildungsangeboten und zum Ar-
        eitsmarkt haben.
        Leider setzt auch der Änderungsantrag der Grünen
        mer noch die Aussagebereitschaft des Opfers als Be-
        ingung für eine Aufenthaltserlaubnis voraus. Das wird
        er Lebenswelt der Betroffenen und den Erfordernissen
        es Menschenrechtsschutzes nicht gerecht. Denn hier
        ird die Angst der Opfer ignoriert, dass ihnen oder ihren
        amilienangehörigen in ihrer Heimat Schaden zugefügt
        ird; die Angst, in einem Strafverfahren erneut zum Op-
        r zu werden; ihre Traumatisierung oder Abhängigkeit
        on den Tätern. Weil dieser grüne Änderungsantrag zu
        urz greift, können wir hier nicht zustimmen.
        Der Gesetzentwurf der Regierungsfraktionen ver-
        ischt die Bekämpfung von Menschenhandel und
        wangsprostitution mit dem legalen Bereich der Prosti-
        tion. Das ist eine Beleidigung und Diskriminierung für
        ie vielen eigenständig und selbstbestimmt in diesem
        ewerbe tätigen Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter.
        Gefordert wird im Regierungsantrag die Aufnahme
        er Prostitutionsstätten in den Katalog überwachungsbe-
        ürftiger Gewerbe. Dies suggeriert einen bisher rechts-
        eien Raum. Doch in Wirklichkeit unterliegt kaum ein
        nderer Wirtschaftszweig schon heute einer so engma-
        chigen Kontrolle und einem so ausgeprägten strafrecht-
        chen Sonderschutz.
        32366 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
        (A) )
        )(B)
        Ich zitiere die Sexarbeiterinnenvereinigung Doña
        Carmen: „Bei so viel ‚Schutz‘ ist eines sicher: Die
        Rechte von Prostituierten kommen unter die Räder, man
        will sie zu Tode schützen.“
        Dieser Gesetzentwurf vereinigt mit seinen Gummi-
        formulierungen über den Schutz vor Belästigungen
        ordnungsstaatliche Überwachungssüchte mit rückwärts-
        gewandter Prüderie. Unter dem Vorwand, gegen Men-
        schenhandel vorzugehen, wird hier einer erneuten Kri-
        minalisierung der Prostitution Vorschub geleistet.
        Ein solches moralisches Rollback ist mit der Linken
        nicht zu machen.
        Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
        Wir beraten heute einen Gesetzentwurf der Koalition,
        mit dem sie die Umsetzung der EU-Richtlinie zur Be-
        kämpfung des Menschenhandels versucht. Leider muss
        man feststellen: Der Vorschlag der Koalition ist kein
        Beitrag im Kampf gegen Menschenhandel. Mit der blo-
        ßen Ausweitung des Strafrechtes auf die Bereiche Bette-
        lei und organisierte Kriminalität wird keinem Opfer von
        Menschenhandel geholfen. Nicht verkehrt, aber wir-
        kungslos. Das ist ein Placebo, weiße Salbe: Es sieht gut
        aus, beruhigt die Gemüter und bewirkt nichts. Mit einer
        Ausnahme: Niemand kann absehen, was die Regelung
        zu § 233 StGB tatsächlich bewirkt. Was bedeutet es
        denn, wenn – wie es in Ihrem Gesetzentwurf steht – man
        „eine andere Person unter Ausnutzung einer Zwangslage
        oder der Hilflosigkeit, die mit ihrem Aufenthalt in einem
        fremden Land verbunden ist, … zur Begehung mit Strafe
        bedrohter Handlungen … “ bringt? Ist das ein Anstif-
        tungsvorsatz in Bezug auf diese mit Strafe bedrohten
        Handlungen? Meinen Sie damit Straftaten? Müssen
        diese dann auch rechtswidrig und schuldhaft sein und,
        wenn ja, was ist mit dem Nötigungsnotstand? Wie sich
        diese Norm zum Allgemeinen Teil des Strafrechts ver-
        hält, ist mir nicht klar. Und die Koalition scheint sich
        auch keine ausreichenden Gedanken darüber gemacht zu
        haben. Aber kurz vor Ende der Wahlperiode musste ja
        alles mit heißer Nadel gestrickt werden, obwohl Sie zu-
        vor jahrelang Zeit gehabt hätten. So macht man keine
        Gesetzgebung, erst recht nicht im Strafrecht.
        Nicht einmal die von Volker Kauder noch vor weni-
        gen Tagen angekündigte Reform des Aufenthaltsrechts
        wird angegangen. Wir fordern in einem Änderungs-
        antrag, Opfern von Menschenhandel ein eigenständiges
        Bleiberecht zuzugestehen. Das hilft den Frauen und er-
        höht die Aussagebereitschaft gegen mögliche Men-
        schenhändler.
        Zudem ist völlig unverständlich, warum die Koalition
        nicht wenigstens auch die wissentliche und vorsätzliche
        Ausbeutung von Zwangsprostituierten durch Freier be-
        straft. Schon seit Jahren fordern Opfergruppen, dass die
        Ausbeutung durch Freier, die wissentlich mit Zwangs-
        prostituierten verkehren, strafbar werden soll. Diese Lü-
        cke im Strafgesetzbuch schließen wir mit unserem zwei-
        ten Änderungsantrag. Es ist richtig: Wer Menschen zum
        Zweck der sexuellen Ausbeutung schmuggelt, wird be-
        straft, wer sie hier vor Ort wirtschaftlich ausbeutet,
        ebenso. Es ist nur folgerichtig, auch diejenigen zu be-
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        trafen, die diese Zwangslage wissentlich zur Ausnut-
        ung für sexuelle Bedürfnisse ausnutzen. Auch das ist
        in sinnvoller Beitrag im Kampf gegen Menschenhan-
        el.
        Um es aber auch ganz klar zu sagen: Als Grüne leh-
        en wir jeden Versuch ab, die Prostitution wieder zu kri-
        inalisieren. Weder das sogenannte „schwedische Mo-
        ell“ mit einer allgemeinen Freierbestrafung noch ein
        ückfall in die Illegalität, wie vor dem Prostitutionsge-
        etz, nützt den Frauen und Männern, die in der Prostitu-
        on arbeiten. Solche Maßnahmen führen nur zu einer
        bdrängung ins Dunkle und ins kriminelle Milieu. Dort
        at das Prostitutionsgesetz angesetzt, und die Auslösung
        us der organisierten Kriminalität ist ein gutes Stück ge-
        ngen. Das belegen auch die Analysen des BKAs aus
        einem alljährlichen „Lagebericht Menschenhandel“.
        ie Koalition vermengt deswegen unzulässig die Berei-
        he Menschenhandel und Prostitution.
        Als Grüne wollten wir immer eine positiv rechtliche
        usgestaltung des Prostitutionsgewerbes. Allerdings
        ar das mit der SPD vor elf Jahren noch nicht zu ma-
        hen. Heute ist es deutlicher Konsens, dass es ein Fehler
        ar, die konkrete Ausgestaltung den Bundesländern und
        en Kommunen zu überlassen. Dies führte zu einem Fli-
        kenteppich an Regelungen, die vor allem zu Rechtsun-
        icherheit auf allen Seiten führt. Wir brauchen eine um-
        ssende Regulierung von Prostitutionsstätten.
        Der Vorschlag der Koalition, Prostitutionsstätten le-
        iglich als überwachungsbedürftiges Gewerbe zu dekla-
        eren, greift dabei allerdings viel zu kurz. Er birgt die
        efahr, dass sich die Nachbarschaftsregelungen negativ
        uf die Wohnungsprostitution gerade auch selbstständi-
        er und eigenorganisierter Prostituierter auswirken. Der
        oalitionsantrag schafft einen Willkürparagrafen mit un-
        laren Rechtsbegriffen. Er unterlässt eine klare Defini-
        on des Begriffes „Prostitutionsstätten“ ebenso wie eine
        lärung, welche Auflagen eigentlich möglich und nötig
        ind, um eine positive Gestaltung der Prostitution zu er-
        öglichen und Ausbeutung zu verhindern. Letztlich
        onstatieren Sie nur, was längst Realität ist in Deutsch-
        nd, nämlich dass die Polizei und Ordnungsbehörden in
        rostitutionsstätten zu Untersuchungen gelangen kön-
        en. Das ist angesichts von Hunderten Razzien jedes
        ahr keine wirkliche Neuerung. Dabei bleibt völlig of-
        n, wonach die Behörden eigentlich suchen sollen, nach
        elchen Kriterien sie Einrichtungen schließen können.
        r Gesetzentwurf ist lediglich eine Festschreibung des
        tatus quo, ein Arbeitsbeschaffungsprogramm für Ge-
        chte und Verwaltungsbehörden. Ein Beitrag zur Be-
        ämpfung von Ausbeutung oder zur Stärkung der Prosti-
        ierten gegenüber Vermietern und Betreibern ist der
        esetzentwurf auf jeden Fall nicht.
        Wir fordern dagegen eine weitergehende Regulierung
        on Bordellen als genehmigungspflichtiges Gewerbe.
        ur eine umfassende Regulierung führt die Prostitution
        us dem Dunkelfeld und schafft Rechtssicherheit für
        rostituierte und Betreiber.
        Unser Änderungsantrag definiert konkrete Auflagen,
        ie es den Behörden erlauben, zum Schutz von Prostitu-
        rten Kontrollen durchzuführen und im Zweifel ausbeu-
        Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32367
        (A) )
        )(B)
        terische Praktiken zu untersagen. Durch eine Dokumen-
        tationspflicht werden ausbeuterische Praktiken sichtbar
        und können dann auch geahndet werden. Bereits im Ge-
        nehmigungsverfahren werden die Zuverlässigkeit der
        Betreiber und ihres Personals überprüft, der Geschäfts-
        plan geprüft und die Rechtsverhältnisse zwischen Betrei-
        ber und Prostituierten dokumentiert. Klare Regeln schaf-
        fen Rechtssicherheit auf allen Seiten.
        Die Koalition hat nun angesichts auch der vernichten-
        den Kritik bei der Anhörung im Rechtsausschuss am
        vergangenen Montag angekündigt, in der nächsten Le-
        gislatur einen umfassenden Entwurf vorzulegen. Unklar
        bleibt, warum dann besser gelingen soll, was in den ver-
        gangenen sieben Jahren nicht gelungen ist. Wir werden
        uns einer solchen Diskussion konstruktiv stellen. Bis da-
        hin gilt aber: Dieser Gesetzentwurf, der heute vorliegt,
        ist kein Beitrag zur Rechtssicherheit. Er verschlimmbes-
        sert die bestehenden Defizite. Dem können wir Grüne
        nicht zustimmen.
        Anlage 25
        Zu Protokoll gegebene Reden
        zur Beratung der Antwort auf die Große An-
        frage: Ergebnisse und Folgen der Beschlüsse
        des NATO-Gipfels von Chicago für Abrüstung,
        Raketenabwehr und europäische Sicherheit
        (Tagesordnungspunkt 21)
        Dr. Reinhard Brandl (CDU/CSU): Bereits in der
        Vorbemerkung ihrer Anfrage an die Bundesregierung
        gibt die SPD eine abschließende Bewertung zu den Er-
        gebnissen des NATO-Gipfels ab: Der NATO-Gipfel von
        Chicago war für sie aus sicherheits- und friedenspoliti-
        scher Sicht eine Enttäuschung. Dem schließe ich mich
        nicht an. Vielleicht waren aber auch nur meine Erwar-
        tungen an den Gipfel schlicht niedriger. Ich habe auf
        kleine, aber konkrete Schritte bei den aktuellen Baustel-
        len gehofft: Wie geht es weiter in Afghanistan bis und
        nach 2014? Wie setzen wir die Idee von Smart Defence
        um? Welche Fortschritte verzeichnen wir beim Aufbau
        des Raketenabwehrsystems? Darüber hinaus habe ich
        vor allem ein starkes Bekenntnis zur transatlantischen
        Allianz vonseiten Amerikas erwartet. In den ersten
        Punkten wurden meine Erwartungen weitgehend erfüllt,
        im letzten Punkt – dem Bekenntnis zu einer auch in Zu-
        kunft starken transatlantischen Allianz – wurde auch ich
        zugegebenermaßen ein wenig enttäuscht.
        Neben den bereits erwähnten Themen lag ein Schwer-
        punkt des NATO-Gipfels auf Fragen der Abrüstung und
        der Rüstungskontrolle. Im Rahmen des Gipfels bekann-
        ten sich die Mitgliedstaaten erneut zu ihrem Ziel, eine
        nuklearwaffenfreie Welt zu schaffen. Auch hier zeigte
        sich im Laufe des letzten Jahres wiederum, dass die Er-
        wartung von kleinen Schritten sich als richtig erweisen
        sollte. Außenminister Guido Westerwelle hat es hier im
        Plenum vor einigen Wochen überaus treffend beschrie-
        ben: „Wir alle wissen aus den Erfahrungen der Ge-
        schichte, dass Abrüstungspolitik einen langen Atem
        braucht.“
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        Zu diesem langen Atem gehört aber auch, dass wir
        leine Fortschritte und Erfolge wertschätzen und eben
        icht aus den Augen verlieren, dass beispielsweise der
        eg hin zu einer nuklearwaffenfreien Welt ein sehr lan-
        er und mühsamer ist. Als Präsident Barack Obama in
        einer Rede in der vergangenen Woche vor dem Bran-
        enburger Tor angekündigt hat, das Atomwaffenarsenal
        er USA um ein Drittel reduzieren zu wollen, habe ich
        ies als weiteren wichtigen Schritt auf diesem Weg emp-
        nden. Wie schwierig jedoch die Umsetzung der An-
        ündigung sein wird, zeigte sich an der umgehenden Re-
        ktion aus Moskau. Wir müssen uns nun fragen: Welche
        olle kann Deutschland hier in den nächsten Jahren
        pielen? Welchen Beitrag können wir leisten? Die Bun-
        esregierung hat sich in der Vergangenheit immer wie-
        er als Mittler zwischen den USA und Russland einge-
        etzt und mit vertrauensbildenden Maßnahmen versucht,
        ie Zusammenarbeit der beiden Nationen zu fördern.
        iese Bemühungen müssen wir auch in Zukunft fortset-
        en.
        Die christlich-liberale Koalition steht, wie auch die
        undesregierung, zu ihrem Versprechen, eine aktive Ab-
        stungspolitik zu betreiben. Die Bundesregierung hat
        ich vehement für die Einrichtung des Abrüstungs- und
        üstungskontrollausschusses der NATO eingesetzt. Und
        uch hier sind Fortschritte zu erkennen. Der Ausschuss
        at sich am 12. Februar dieses Jahres konstituiert und
        eine Arbeit aufgenommen. Im Mittelpunkt stehen dabei
        ansparenz- und vertrauensbildende Maßnahmen mit
        ussland bei nichtstrategischen Nuklearwaffen.
        Zu Beginn meiner Rede bin ich bereits kurz auf die
        aketenabwehr eingegangen. Während des Gipfels in
        hicago haben die NATO-Partner offiziell deren An-
        ngsbefähigung in Europa erklärt. In der hier zu debat-
        erenden Großen Anfrage beschäftigt sich ein Abschnitt
        it den möglichen Bedrohungen, vor denen wir uns mit
        iesem Raketenabwehrsystem schützen wollen, bzw. mit
        er Wahrscheinlichkeit, dass diese Bedrohungen auch in
        ukunft Realität werden. Man könnte bei den Fragen
        en Eindruck erhalten, dass die Opposition an der Legi-
        mität der Raketenabwehr zweifelt. Die Bundesregie-
        ng hat in ihrer Antwort klargestellt, dass sich die ge-
        einsame Raketenabwehr gegen mögliche Bedrohungs-
        otenziale richtet und nicht gegen spezifische Länder.
        ir benötigen ein NATO-Raketenabwehrsystem, wel-
        hes uns flächendeckend und nicht nur punktuell vor
        em Angriff ballistischer Raketen schützen kann. Hierzu
        ind die derzeit vorhandenen Raketenabwehrsysteme
        ber nicht in der Lage.
        Die Kooperation mit Russland im Rahmen der Rake-
        nabwehr ist ein sehr schwieriges und überaus sensibles
        hema. Unser Wunsch ist es, die Raketenabwehr ge-
        einsam mit Russland voranzubringen. Die Bundesre-
        ierung versucht auch hier, mit vertrauensbildenden
        aßnahmen eine Basis für Dialog und Kooperation zu
        chaffen. Dazu gehörte die Ausrichtung einer gemeinsa-
        en computergestützten Raketenabwehrübung im letz-
        n Jahr. Von dem Nutzen dieser Übung konnte ich mich
        amals persönlich vor Ort überzeugen.
        32368 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
        (A) )
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        Meine Rede begonnen habe ich mit den Erwartungen,
        die an den NATO-Gipfel gestellt wurden. Meines Erach-
        tens wurde am letzten NATO-Gipfel vor allem eines
        deutlich: Die sicherheitspolitischen Herausforderungen
        des 21. Jahrhunderts können wir nur gemeinsam bewäl-
        tigen. Gemeinsames Handeln – insbesondere vor dem
        Hintergrund unterschiedlicher nationaler Interessen –
        kann jedoch nach meiner Überzeugung nur in kleinen
        Schritten funktionieren. Diesen kleinen Schritten stehen
        aber häufig Maximalforderungen entgegen, die eine Zu-
        sammenarbeit von Beginn an verkomplizieren. Ich sage
        nicht, dass wir uns auf kleinen Erfolgen ausruhen soll-
        ten, aber wenn wir uns auf sie berufen, dann trägt dies zu
        einem Arbeitsklima bei, das Kooperation fördert und
        nicht behindert.
        Roderich Kiesewetter (CDU/CSU): Der freund-
        schaftliche Besuch des US-Präsidenten Barack Obama
        in Berlin und sein Versprechen, einen wesentlichen Bei-
        trag für die globale Abrüstung von Nuklearwaffen zu
        leisten, hat uns einmal mehr verdeutlicht, dass die trans-
        atlantische Allianz ihre Wichtigkeit für Deutschland be-
        halten wird und dass sie die von der SPD entgegenge-
        brachte Skepsis nicht verdient hat. Statt in kleinteiligen
        Fragenkatalogen die Leistungsfähigkeit der NATO anzu-
        zweifeln, sollten wir uns Gedanken machen, wie wir das
        Bündnis zukunftsfest gestalten können.
        Seit dem 11. September 2001 befindet sich die NATO
        in einer fortgesetzten Strategiedebatte und in einer dau-
        erhaften Anpassung. Sie konzentriert sich nach dem
        Gipfel von Lissabon und der Verabschiedung des Neuen
        Strategischen Konzepts 2010 auf drei Kernaufgaben:
        kollektive Verteidigung, Krisenbewältigung und koope-
        rative Sicherheit.
        Auf ihrem Gipfeltreffen im letzten Jahr in Chicago
        haben die Staaten der NATO dieses Konzept weiterent-
        wickelt. Es ist das Verdienst unserer Bundesregierung,
        dass die Abrüstungspolitik dabei eine hohe Priorität
        bekommen hat. In Chicago wurde auf gemeinsame Ini-
        tiative von Deutschland, der Niederlande, Norwegen und
        Polen ein Angebot an Russland zu reziproken Transpa-
        renzmaßnahmen bei nicht strategischen Nuklearwaffen
        beschlossen. Auch der neue Abrüstungs- und Rüstungs-
        kontrollausschuss ist eine wichtige Errungenschaft. Mit
        dem Bekenntnis zum Ziel einer nuklearwaffenfreien
        Welt, das im Abschlussdokument des Überprüfungs-
        prozesses des NATO-Abschreckungs- und Verteidi-
        gungsdispositivs festgehalten wurde, konnte die Bundes-
        regierung einen weiteren Meilenstein erreichen.
        Ebenso wie die Worte von US-Präsident Obama so
        müssen auch diese Gipfel-Ergebnisse erst mit Leben ge-
        füllt werden. Dennoch, die Grundlagen sind gelegt, die
        entsprechenden Bündnisgremien haben ihre Arbeit auf-
        genommen, und Deutschland wird weiter eine aktive
        Rolle bei der praktischen Umsetzung übernehmen. Auch
        wenn bei den Verhandlungen viel Geduld verlangt wird,
        ist der Grundsatz, dass Entscheidungen zum Nukleardis-
        positiv im Bündnis einmütig entschieden werden, weiter
        richtig.
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        Lassen Sie mich zu den vielen Anmerkungen in der
        roßen Anfrage über das sogenannte Lebensdauerver-
        ngerungsprogramm der US-Nuklearwaffen des Typs
        61 und zu den Tornados der Bundeswehr und ihrer po-
        nziellen Trägerfunktion einen wichtigen Punkt klar-
        tellen, der auch in der Beantwortung durch die Bundes-
        gierung aufgeführt ist: Abrüstung und Abschreckung
        tehen nicht im Widerspruch, sie sind zwei unverzicht-
        are Teile einer Gesamtstrategie.
        Dies zeigen nicht zuletzt die aktuellen Berechnungen
        es Stockholm International Peace Reseach Institues,
        IPRI, für das Jahr 2012. Während Russland und die
        SA ihre Atomwaffenbestände verringert haben, stockten
        ie Atommächte China, Indien und Pakistan ihre Arsenale
        ach Angaben von SIPRI im gleichen Zeitraum weiter
        uf. Russland modernisiert seine noch 8 500 Atomspreng-
        öpfe mit erheblichen Finanzmitteln. Die Modernisie-
        ng der in der Anzahl erheblich geringeren nicht strate-
        ischen nuklearen Verteidigungskapazitäten der NATO,
        urch die keineswegs neue Einsatzzwecke oder Einsatz-
        higkeiten geschaffen werden, gewährleistet angesichts
        ieser Entwicklungen fortwährend eine glaubhafte Auf-
        chterhaltung des Schutzes; vor allem unsere NATO-
        artner Estland, Lettland, Litauen und Polen bestehen
        arauf.
        In dem Zusammenhang komme ich auf ein weiteres
        icherheitspolitisches Thema des Chicagoer Gipfel-
        effens zu sprechen: die Pläne, gemeinsam mit unseren
        erbündeten unsere Fähigkeiten zur Raketenabwehr aus-
        ubauen. Bis 2020 soll ein Raketenschirm entwickelt
        erden, mit dessen Hilfe das Territorium der NATO-
        itgliedstaaten vor Angriffen durch unbemannte Flug-
        örper geschützt wird. Im Vorfeld des Projektes wird im-
        er wieder kritisiert, dass ein antirussischer Impetus die
        otivation hinter dem Raketenschirm darstelle. Auch
        ie Opposition fragt nach hypothetischen Szenarien und
        öchte konkrete Länder genannt wissen. Es ist festzu-
        alten, dass die Raketenabwehr sich gegen mögliche
        edrohungspotenziale richtet, nicht gegen spezifische
        änder. Zum Verhältnis mit Russland möchte ich unse-
        n Außenminister Guido Westerwelle unterstützend zi-
        eren, der betont, dass Sicherheit in Europa nur zusam-
        en mit Russland garantiert werden könne und dass „die
        ür für Russland offen bleibt“. Wir dürfen nicht verges-
        en, dass unsere Bundesregierung eine Intensivierung
        nserer Partnerschaft mit Russland anstrebt und eine
        nge Kooperation auf ökonomischer und kultureller
        bene zwischen Berlin und Moskau besteht. Die rus-
        isch-deutschen Beziehungen nur auf aktuelle außen-
        olitische Differenzen zu reduzieren, verschleiert den
        lick auf die Komplexität unserer strategischen Partner-
        chaft. Es ist deshalb gut, mit klarer Stimme die
        issstände in Russland anzumahnen, schönreden hilft
        ieser strategischen Partnerschaft nicht, sondern gefähr-
        et sie eher.
        Die Fragen rund um die Partnerschaft mit Russland
        hren mich zu meinem letzten Punkt, den Sie mit Ihrer
        leinteiligen Großen Anfrage leider verfehlen. Wir müs-
        en uns grundsätzliche Gedanken machen über die stra-
        gische Zukunft der NATO, vor allem als Europäer.
        Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32369
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        Was ist heute das Besondere am Atlantischen Bünd-
        nis? Was macht es so einzigartig? Ich möchte in der
        Kürze dieser Rede nur vier essenzielle Argumente anrei-
        ßen:
        Erstens eine leistungsfähige NATO-Kommandostruk-
        tur, die trotz oder gerade wegen ihrer Verschlankung von
        13 000 auf 9 000 Mitarbeiter einzigartig bleibt, zweitens
        ihre Fähigkeit zur Interoperabilität unter den Mitglied-
        staaten, aber auch mit Partnern – hier müssen wir inves-
        tieren, um zukunftsfähig zu bleiben –, drittens weitere
        besondere Fähigkeiten der NATO, beispielsweise bei der
        Aufklärung, Luftverteidigung und zunehmend auch im
        Bereich Cybersicherheit, viertens Art. 5 als Kernfunk-
        tion des Bündnisses sowie die Nuklearschutzgarantie
        durch die USA.
        Trotz der weitgehend positiven Bilanz des Chicagoer
        Gipfels ist es wichtig, zu hinterfragen, wo wir noch
        Verbesserungspotenzial haben. Die Gates-Rede in Brüs-
        sel von 2011 hat Defizite im Bereich der Lastenteilung
        verdeutlicht. Hier bedarf es tiefergehender Analysen und
        offener Debatten, auch zur Lastenverteilung bei gemein-
        samen Auslandseinsätzen. Die Positionierung der NATO
        bezüglich der Herausforderungen im Nahen und Mittle-
        ren Osten muss ebenfalls strategisch diskutiert werden.
        Als politisches Bündnis, das gemeinsame Werte vertritt,
        können gegebenenfalls nicht nur ideelle Unterstützungs-
        leistungen der NATO für Israel gefordert sein. Bezüglich
        der wachsenden Cyberbedrohungen müssen wir uns die
        Frage stellen, ob die NATO bereit ist, eine eigene Infra-
        struktur aufzubauen, um ihre Mitgliedstaaten besser ge-
        gen diese Gefahren zu schützen. Und schließlich ist die
        NATO immer noch in erster Linie, was ihre Außengren-
        zen angeht, ein maritimes Bündnis; möglicherweise sind
        hier ebenfalls Fähigkeiten zu optimieren. Auf Fragen
        nach Rollenverteilungen und Erweiterungsfragen, die si-
        cher auch diskutiert werden müssen, möchte ich an die-
        ser Stelle nicht weiter eingehen.
        Abschließend rufe ich am Ende meiner Rede noch
        einmal dazu auf, weiter eine vertiefte, sicherheitspoliti-
        sche Integration innerhalb der Europäischen Union an-
        zustreben. Das erwarten auch die Amerikaner von uns –
        im Sinne einer effektiveren transatlantischen Arbeitstei-
        lung. Die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungs-
        politik stellt einen wichtigen Meilenstein dar. Aber künf-
        tig müssen wir verstärkt in sicherheitspolitischen Fragen
        mit einer Stimme sprechen, damit wir auch in der
        Zukunft den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts
        gewachsen sind.
        Diese Woche fand das erste Deutsche Forum Sicher-
        heitspolitik an der Bundesakademie für Sicherheitspoli-
        tik statt, ein guter Schritt zur breiteren sicherheitspoliti-
        schen Debatte in Deutschland, zu der auch unsere
        heutige Debatte wesentlich beiträgt.
        Uta Zapf (SPD): Dass wir weit nach Mitternacht hät-
        ten reden sollen, ist zwar dem Thema nicht angemessen,
        aber wohl der Antwort der Bundesregierung auf unsere
        Große Anfrage. Diese Antwort gibt über die wesentli-
        chen Fragen keine Auskunft. Sie übertüncht das Versa-
        gen der Bundesregierung mit weißer Salbe; sie gibt be-
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        arrlich und wiederholt falsche Auskünfte, oder sie
        erschanzt sich hinter Geheimhaltung.
        Diese Koalition ist mit großem Getöse als Abrüstungs-
        acht aufgebrochen. Ziel: nuklearwaffenfreie Welt,
        uklearwaffen raus aus Büchel – Abmarsch in die USA.
        Die Beratungen der NATO zum neuen strategischen
        onzept und zur Verteidigungs- und Abschreckungsstra-
        gie hätten die Möglichkeit geboten, größere Schritte
        ur Reduzierung von Nuklearwaffen zu erwirken, als im
        rgebnis des Gipfels festgeschrieben wurde.
        Nach Chicago definiert sich die NATO als nukleare
        rganisation. Die Rolle der Nuklearwaffen ist nicht re-
        uziert. Der bisherige Mix aus konventionellen Waffen
        nd Nuklearwaffen des Abschreckungsdispositivs wird
        estätigt, „solange es Nuklearwaffen gibt“, und die Bun-
        esregierung hat dem zugestimmt. Das Versagen der
        undesregierung wird hinter Formeln wie „Unter den
        ündnispartnern besteht Einvernehmen darüber, dass
        ntscheidungen über das Nukleardispositiv im Bündnis
        emeinsam und folglich im Konsens zu treffen sind“
        eutlich. Dieser Satz taucht in der Antwort zu unserer
        nfrage dreimal auf und zeigt die ganze Hilflosigkeit
        er Regierung. Hat diese Regierung wirklich so wenig
        influss und Gewicht?
        Wenig Positives ist erreicht: Auf der Habenseite steht
        ie Etablierung des Abrüstungsausschusses, der wohl
        uch allmählich seine Arbeit aufgenommen hat – nach
        inem Jahr! – und sich, so hört man, mit Angeboten zu
        ransparenzmaßnahmen an Russland beschäftigt. Ergeb-
        isse liegen noch nicht vor.
        Russland wird sich nur zu gegenseitigen Transparenz-
        aßnahmen bei den taktischen Nuklearwaffen bewegen
        ssen, wenn der Konflikt um die Raketenabwehr gelöst
        t – etwas, was mir noch in weiter Ferne erscheint.
        urch diese Transparenzmaßnahmen will die NATO bei
        en taktischen Nuklearwaffen mit Russland Fortschritte
        rreichen. Aber der Dialog hat noch nicht begonnen.
        Auch das erneuerte Angebot von Präsident Obama zu
        eiteren Reduzierungen von Nuklearwaffen wird Russ-
        nd nicht akzeptieren, solange es seine Sicherheitsbe-
        ürfnisse nicht berücksichtigt sieht. Warum sollten tak-
        sche US-Nuklearwaffen bei uns und in Europa bleiben,
        is abgerüstet wird? Wäre es für Abrüstung nicht viel
        rderlicher, wenn die Waffen in den USA stationiert
        ären?
        In der Tat scheint die Chance für einen Rückzug der
        ktischen Nuklearwaffen verstrichen zu sein. In der
        euen Nuclear Employment Strategy der USA vom
        2. Juni 2013 wird – wohl auch als Konsequenz aus den
        eschlüssen von Chicago – die Stationierung dieser
        affen in Europa festgeschrieben. Also ist die Moderni-
        ierung der B61 Bestandteil der US-Strategie zum
        chutz der Verbündeten – „extended deterrence“.
        Mit ihrer Unterschrift unter das neue strategische
        onzept und durch die Akzeptanz der Abschreckungs-
        nd Verteidigungsdoktrin akzeptiert die Bundesregie-
        ng die Modernisierung der in Europa und Deutschland
        tationierten US-Nuklearwaffen. Es ist damit festge-
        32370 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
        (A) )
        )(B)
        schrieben, dass die Verbündeten, auf deren Territorium
        die US-Nuklearwaffen stationiert sind, die Verantwor-
        tung für die volle Funktionsfähigkeit der Trägersysteme
        tragen.
        Die geplante Modernisierung wird eine höchst kost-
        spielige Modernisierung des Trägersystems Tornado er-
        fordern.
        Wieso die Bundesregierung die Modernisierung der
        B61 trotzdem steif und fest nach wie vor zur nationalen
        Entscheidung der USA deklariert, ist mir schleierhaft.
        Dem widerspricht auch die Antwort der Bundesregie-
        rung auf die Große Anfrage:
        Frage 4 b): „Würde ein Abzug der taktischen Atom-
        waffen aus Europa, beispielsweise eine Verlagerung der
        Waffen in die USA, nach Auffassung der Bundesregie-
        rung, den Fortbestand der Politik der nuklearen Teilhabe
        in der NATO grundsätzlich infrage stellen?“
        Antwort: „Bei einem vollständigen Abzug der
        nichtstrategischen Nuklearwaffen aus Europa würden
        sich die Voraussetzungen für die nukleare Teilhabe we-
        sentlich ändern. Die politischen Diskussionen im
        Bündnis im Rahmen der Erarbeitung des strategischen
        Konzepts der NATO sowie der Untersuchung des Ab-
        schreckungs- und Verteidigungsdispositivs der Allianz
        haben gezeigt, dass die auf dem Territorium europäischer
        Bündnispartner stationierten amerikanischen nichtstrate-
        gischen Nuklearwaffen weiterhin als Fundament und
        Ausdruck der engen und tragfähigen transatlantischen
        Bindung zwischen den europäischen und nordamerikani-
        schen Mitgliedern der Allianz durch Teilung nuklearer
        Risiken und Wahrnehmung gemeinsamer Verantwortung
        verstanden werden. Zugleich soll die Beteiligung der
        Staaten ohne Nuklearstreitkräfte am nuklearen Potential
        des Bündnisses die Solidarität im Bündnis, die gemein-
        same Verpflichtung und die ausgedehnte Lasten- und Ri-
        sikoteilung demonstrieren.
        Unter den Bündnispartnern besteht Einvernehmen da-
        rüber, dass Entscheidungen über das Nukleardispositiv
        im Bündnis gemeinsam und folglich im Konsens zu tref-
        fen sind.“
        Wenn die Stationierung dieser Waffen in Europa
        Bündnispolitik ist, ist die Modernisierung dieser Waffen
        keine reine nationale Entscheidung. Beharrlich besteht
        die Bundesregierung darauf, die Modernisierung der
        B61 sei reine Lebensdauerverlängerung, diene der Si-
        cherheit, bewirke keine Qualitätsverbesserung. Dies ist
        einfach falsch. Zielgenauigkeit, Durchschlagskraft und
        Reichweite werden verändert und damit auch die militä-
        rischen Einsatzoptionen. Ich empfehle der Bundesregie-
        rung die Lektüre wissenschaftlicher Studien zum Bei-
        spiel von Hans Kristensen und Otfried Nassauer zum
        Thema.
        Bei dieser Modernisierung geht es ja nicht nur darum,
        die Bomben sicherer zu machen. Auch ihre strategischen
        Qualitäten würden verändert: Reichweite, Präzision,
        Zielgenauigkeit und Durchschlagskraft. Eine neue Qua-
        lität und neue Fähigkeiten werden damit erreicht. Es ist
        eine neue Bombe, eine strategische Nuklearwaffe.
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        Dies widerspricht der Absicht, die Bedeutung von
        uklearwaffen zu verringern und Abrüstung zu fördern.
        icht nur der Koalitionsvertrag stellt dies fest. Auch die
        SA haben diese Absicht erklärt, und alle Mitglied-
        taaten des Nichtverbreitungsvertrages haben 2010 im
        ktionsplan beschlossen, in ihren Strategien und Doktri-
        en die Rolle der Nuklearwaffen zu verringern und alles
        u tun, um Abrüstung zu fördern.
        Ein solche neue Waffe gibt Russland keinen Anreiz,
        ber taktische Nuklearwaffen und deren Abrüstung zu
        erhandeln. Wie soll das Angebot von mehr Transparenz
        ngesichts von Modernisierungsplänen Vertrauen bil-
        en? Vielmehr steht zu befürchten, dass Russland seine
        igenen Nuklearwaffen modernisiert – wie angekündigt.
        Wenn sich die NATO in ihrer Argumentation, die US-
        affen in Europa zu behalten, auf die weit höhere An-
        ahl taktischer Nuklearwaffen der russischen Föderation
        eruft, vergisst sie, dass Russland die hohe konventio-
        elle Überlegenheit der NATO durch Nuklearwaffen
        ompensieren will.
        Eine Folge der Verpflichtungen aus Chicago ist, dass
        ie Bundesregierung unterschrieben hat, die für die mo-
        ernisierten B61 vorgesehenen Trägersysteme in bester
        etriebsform zu halten.
        Das heißt: viel Geld in den Tornado und seine Le-
        ensdauerverlängerung stecken. Die Frage nach einem
        euen Trägersystem „stellt sich derzeit nicht“.
        Aber sonst: Nur Ausweichmanöver, Nebelkerzen. Zi-
        t Frage 20: „Müssen an den vorhandenen Tornado-
        ampfflugzeugen der Luftwaffe technische Änderungen
        orgenommen werden, um mit diesen Luftfahrzeugen
        ünftig auch die Bomben vom Typ B61-12 einsetzen zu
        önnen?
        Wenn ja, welche Änderungen sind dies, und mit wel-
        hen Kosten wäre für diese Änderungen zu rechnen?“
        Antwort: „Aufgrund der frühen Programm- und Pla-
        ungsphase des Lebensdauerverlängerungsprogramms
        er US-Nuklearwaffen des Typs B61 können über den
        mfang der gegebenenfalls notwendigen Maßnahmen
        ur Anpassung der von der Bundeswehr zur Verfügung
        estellten Trägersysteme zurzeit keine abschließenden
        ussagen getroffen werden. Im Vordergrund steht insge-
        amt die Anpassung der lebensdauerverlängerten B61-12
        n das Trägersystem.
        Gemäß eigener Aussagen wird die US-Administra-
        on sicherstellen, dass lebensdauerverlängerte B61-12
        it den verschiedenen Trägermitteln der NATO-Mit-
        liedstaaten, die zur nuklearen Teilhabe beitragen, kom-
        atibel sind.“
        Und aus der Antwort auf Frage 17: „Es sind derzeit
        eine Maßnahmen geplant, um das Waffensystem Tor-
        ado über das Jahr 2030 einsatzfähig zu halten.“
        In derselben Antwort weist die Bundesregierung aus,
        ass für den IDS-Tornado für Lebensdauerverlänge-
        ngsmaßnahmen und Sicherheit über das Jahr 2017 hi-
        aus 224 Millionen Euro geplant sind, während sie
        leichzeitig die Frage nach der Kostenabschätzung des
        Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32371
        (A) )
        )(B)
        Forschungsdirektors des NATO Defense College, der
        250 Millionen Euro ansetzt, mit einem einsilbigen
        „Nein“ abtut.
        Mein Fazit: Die Arbeit hätte sich die SPD-Fraktion
        sparen können, die wir aufgewendet haben, um den Fra-
        genkatalog zu erstellen. Die Bundesregierung hat sechs
        Monate gebraucht, um uns nichtssagende oder falsche
        Antworten zu geben. – Schade.
        Dr. Rainer Stinner (FDP): Die SPD fährt mit ihrer
        großen Anfrage schweres Geschütz auf und verurteilt die
        deutsche Politik auf dem NATO-Gipfel und wohl auch
        insgesamt in Bausch und Bogen. Das könnte man als
        übliches Oppositionsgebaren abtun. Deutschland trägt
        etwa 5 Prozent der finanziellen Verteidigungslasten der
        NATO, und Sie beschweren sich, dass Deutschland sich
        auf einem NATO-Gipfel nicht zu 100 Prozent durch-
        setzt.
        Immer wieder müssen wir erleben, dass die SPD eine
        völlig inkohärente und widersprüchliche Politik betreibt.
        Wir hatten erst kürzlich das schlagende Beispiel dazu:
        Ihr Kanzlerkandidat stellt in seiner außenpolitischen
        Rede, die als große Rede angekündigt worden war, die
        Frage, warum es nicht mehr gemeinsame militärische
        Fähigkeiten gebe, etwa eine gemeinsame europäische
        Marine, was ja durchaus eine berechtigte Frage ist.
        Aber wenn es dann ganz konkret um gemeinsame
        Marine-Aktivitäten mit unseren europäischen Partnern
        geht, kommt von Ihnen postwendend ein Widerspruch:
        Mit geradezu haarsträubenden Begründungen hat die
        SPD hier im Bundestag die Verlängerung des Atalanta-
        Mandats abgelehnt.
        So ist mit Ihnen außenpolitisch kein Blumentopf zu
        gewinnen. Nein, so lassen sich in einem Bündnis keine
        Fortschritte erzielen, und deshalb ist es gut, dass die
        Bundesregierung hier in Europa und in der NATO anders
        vorgeht.
        Natürlich würden auch wir einen schnelleren Abzug
        von taktischen Nuklearwaffen wünschen. Aber ebenso
        natürlich war doch immer klar, dass dies nur im Konsens
        geschehen kann. Und wir müssen einfach zur Kenntnis
        nehmen, dass andere Länder in ihrem Sicherheitsbedürf-
        nis eine andere Einschätzung zu diesem Thema haben
        als wir. Für viele Länder geht es hier nicht um eine
        Detailfrage, sondern um tief sitzende Ängste und Be-
        fürchtungen, die wir ernst nehmen müssen. Deshalb ist
        die Strategie der Bundesregierung richtig: in einem um-
        fassenden Prozess das Thema Abrüstung überhaupt wie-
        der zu einem prioritären Thema in der NATO zu machen
        und auszuloten, wie die Sicherheitsbedürfnisse einzelner
        Länder auf einem anderen – besseren – Weg befriedigt
        werden können. Nur so können wir zu einer Lösung
        kommen, die nicht in einer Hauruck-Einzelaktion ste-
        cken bleibt, sondern in einen Prozess mündet, in dem
        dann auch umfassende Fortschritte möglich sind.
        Die Rede von Präsident Obama hier am Brandenbur-
        ger Tor mit der Ankündigung einer umfassenden und
        konkreten Abrüstungsinitiative bestärkt mich und uns in
        dieser Strategie. Die falschen Vorhaltungen, durch das
        Lebensdauerverlängerungsprogramm würden neue
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        ukleare Fähigkeiten entstehen, werden von der Bundes-
        gierung zu Recht und korrekt zurückgewiesen.
        Ähnliches gilt für die Kritik der SPD an der Koopera-
        on der NATO mit Russland in Fragen der Raketenab-
        ehr. Ich bin der Meinung, heute würden Sie den Text
        icht mehr so schreiben. Ja, wir wollen in diesem Be-
        ich eine Zusammenarbeit mit Russland, und die NATO
        at dazu konkrete Vorschläge vorgelegt. Zu Kooperation
        nd Vertrauen gehören aber zwei. Und da muss man ein-
        ch feststellen, dass auch so manche russische Positio-
        ierung beim besten Willen nicht mehr als konstruktiv
        ezeichnet werden konnte. Dagegen blieben konkrete
        ntworten auf die konkreten Vorschläge der NATO bis-
        er eben aus. Wir werden aber im NATO-Russland-Rat
        eiter in einem kooperativen Sinn verhandeln, und ich
        enke, auch die gemeinsame computergestützte Rake-
        nabwehrübung, die die Bundesregierung ausgerichtet
        at, war ein äußerst konstruktiver Beitrag.
        Wir sind uns völlig bewusst, dass es europäische Si-
        herheit nur mit und nicht gegen Russland geben kann.
        ber auch hier müssen wir die Bündnispartner mit ande-
        n historischen Erfahrungen mitnehmen. Daran arbeiten
        ir stetig und nachhaltig. Schnellschüsse helfen da nie-
        andem, und restlos überfrachtete Erwartungen, die not-
        endig Enttäuschungen produzieren, ebenfalls nicht.
        Insgesamt bedanke ich mich bei der SPD dafür, dass
        ie mit dieser Großen Anfrage der Bundesregierung Ge-
        genheit gegeben hat, ihre richtige Strategie und ihre
        onkreten Erfolge auf dem Gipfel umfassend und prä-
        ise darzustellen, bleibe aber bei der Bewertung, dass die
        PD sich selber mit dieser kleinteiligen und innenpoli-
        sch orientierten Art der Fragestellung keinen Gefallen
        t. Sie machen damit nur erneut deutlich, dass Sie nicht
        der Lage sind, große Linien in konkrete Politik umzu-
        etzen. Das macht die Bundesregierung anders, und das
        egrüßen und unterstützen wir.
        Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): In der NATO
        errscht weiter Stillstand. Der Chicago-Gipfel im letzten
        ahr war kein Aufbruch, sondern „business as usual“
        lus Wahlkampfhilfe für Obama.
        In keiner der zentralen Fragen hat sich der Dinosau-
        er NATO bewegt: Militärische Interventionen à la Af-
        hanistan will sie weiter vorbereiten und führen. Statt
        Atomwaffen, nein danke!“ heißt es weiter „Atomwaf-
        n, ja bitte!“. Nicht ein Gedanke wurde auf die Beendi-
        ung der nuklearen Teilhabe, also der Stationierung von
        S-Atomwaffen in Deutschland und anderen europäi-
        chen Staaten, verwendet. Stattdessen wurde noch ein-
        al draufgesattelt, und es wurden die Weichen für den
        ufbau eines umfassenden Raketenabwehrsystems in
        uropa gestellt. Das Ganze, obwohl die gesamte techni-
        che Realisierbarkeit und Funktionsfähigkeit völlig un-
        lar ist und weder aktuelle noch in absehbarer Zukunft
        icherheitspolitische Bedrohungen existieren, die die
        xistenz eines Raketenabwehrsystems erfordern. Damit
        immt die NATO eine Eskalation des Streits mit Russ-
        nd ebenso in Kauf wie unkalkulierbare finanzielle Ri-
        iken und die Gefahr eines neuen Wettrüstens.
        Heute, mehr als ein Jahr später, ist das ganze Ausmaß
        er Misere zu besichtigen: Die Beendigung der nuklea-
        32372 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
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        ren Teilhabe ist bei FDP und CDU/CSU vom Tisch. Die
        Bundesregierung argumentiert, dass man nur gemeinsam
        mit den anderen europäischen NATO-Staaten eine sol-
        che Entscheidung treffen wird – also in den nächsten
        zehn Jahren eben wohl nicht. Während die Bundesregie-
        rung sich wegduckt, sind die USA dabei, die unter ande-
        rem auch in Deutschland gelagerten taktischen Atom-
        waffen vom Typ B 61 zu modernisieren. Die Regierung
        spricht von einem Lebensdauerverlängerungspro-
        gramm, aber es besteht kein Zweifel, dass es nicht nur
        um den Austausch von Komponenten geht, sondern um
        die Verbesserung der Funktions- und Einsatzfähigkeit.
        Beim Gipfel in Chicago 2012 und insgesamt in den
        letzten beiden Jahren hat die Bundesregierung keinen
        Zweifel daran gelassen, dass sie diesen falschen NATO-
        Kurs nicht nur mitträgt, sondern auch weiter aktiv unter-
        stützen will: die fortdauernde Lagerung von Atomwaf-
        fen in Deutschland, die Aufstellung einer Ballistic Mis-
        sile Defense Operation Cell in Ramstein.
        Demgegenüber konnte die Bundesregierung lediglich
        verklausulierte Bekenntnisse zu Abrüstung und Rüs-
        tungskontrolle sowie dem Ziel einer nuklearwaffenfreien
        Welt im Kommuniqué zum Abschluss des Chicago-Gip-
        fels als friedenspolitisch sinnvolle Ergebnisse präsentie-
        ren. So schwammig sich das liest, so wenig ist bislang
        auch daraus geworden.
        Auch bei konventioneller Rüstungskontrolle hat sich
        die Bundesregierung nicht sonderlich hervorgetan. Den
        KSE-Prozess kann man endgültig als gescheitert betrach-
        ten. Die Bundesregierung war nicht bereit, eigenständig
        auf Russland zuzugehen, sondern hat sich hinter der Be-
        wegungsunwilligkeit der NATO versteckt. Auch den
        neuen Herausforderungen durch unbemannte Systeme,
        zum Beispiel als Träger von Massenvernichtungswaffen,
        als Spionageinstrumente oder für völkerrechtswidrige ge-
        zielte Tötungen, wird nur halbherzig Aufmerksamkeit ge-
        schenkt. Lieber beteiligt sich die Bundesregierung an der
        Beschaffung von NATO-Drohnen.
        Der Aufrüstungskurs in der NATO bleibt ungebro-
        chen, unabhängig davon, ob es überhaupt kurz- oder mit-
        telfristig eine ernst zu nehmende militärische Bedrohung
        gibt. Auch die Wirtschaftskrise scheint nur geringe Spu-
        ren hinterlassen zu haben. Der deutsche Verteidigungs-
        etat ist nahezu ungekürzt durch die Krise gekommen.
        Und jüngst auf dem Treffen der NATO-Verteidigungsmi-
        nister in Brüssel Anfang Juni 2013 hat NATO-General-
        sekretär Rasmussen genau diese Devise vorgegeben: Die
        NATO-Staaten sollen den Trend umkehren, sich ge-
        schlossen gegen weitere Kürzungen stellen und die Auf-
        stockung der Militärausgaben in Angriff nehmen, sobald
        sich die Wirtschaft wieder erholt.
        Der Bundesregierung fehlt es an außen- und sicher-
        heitspolitischen Konzepten, die nicht auf militärische In-
        strumente gestützt sind. Das wird bei der NATO-Politik
        deutlich erkennbar. Aber auch in der EU konzentriert
        man sich auf den Ausbau der militärischen Instrumente
        der GSVP, um kleinere Interventionseinsätze eigenstän-
        dig führen und die NATO entlasten zu können und um
        vielleicht durch das sogenannte Pooling & Sharing einige
        der üppigen Verteidigungskosten reduzieren zu können.
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        Mit einer solchen Politik – und in den Antworten auf
        ie Große Anfrage lässt die Bundesregierung keinen
        weifel daran, dass sie diese Politik fortführen will – er-
        icht man nicht Frieden, Sicherheit und Stabilität, sondern
        as Gegenteil. Smart Defense, das neue Wunderwort der
        ATO für effiziente Rüstungs- und Militärpolitik, ist eben
        icht kluge Verteidigungspolitik. Eine solche Verteidi-
        ungspolitik – und das hat die Linke schon mehrfach im
        undestag ausgeführt und begründet – basiert auf einer
        alistischen sicherheitspolitischen Bedrohungsanalyse
        nd ruht auf den Pfeilern einer Fokussierung auf Landes-
        erteidigung, der Abrüstung bei der Bundeswehr und der
        eendigung der nuklearen Teilhabe. Mit der NATO, wie
        ie sich derzeit präsentiert, ist das nicht zu machen.
        Agnes Brugger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
        Wir werden uns im Bündnis sowie gegenüber den ame-
        kanischen Verbündeten dafür einsetzen, dass die in
        eutschland verbliebenen Atomwaffen abgezogen wer-
        en.“ So steht es schwarz auf weiß im Koalitionsvertrag
        on 2009. Geblieben ist davon nach dem NATO-Gipfel
        Chicago 2012 nur heiße Luft. Die Antwort der Bun-
        esregierung auf die Große Anfrage der SPD zu den Be-
        chlüssen und Folgen des Gipfels macht klar: Diese vier
        ahre waren vier verlorene Jahre für die deutsche Abrüs-
        ngspolitik.
        Schwarz-Gelb hat die hehren Ziele des Koalitionsver-
        ages und des Parlamentsbeschlusses von 2010 zur Ver-
        irklichung einer atomwaffenfreien Welt dem internen
        treit zwischen Westerwelle und de Maizière geopfert.
        ei der Genehmigung skandalöser Rüstungsexporte und
        ei der Finanzierung von teuren und nutzlosen Rüs-
        ngsprojekten herrscht in diesem Kabinett zwar Einig-
        eit, geht es aber um Friedens- und Abrüstungspolitik,
        ankt sich Merkels Chaostruppe bis zur außenpolitischen
        andlungsunfähigkeit.
        Was dabei herauskommt, zeigt der Chicago-Gipfel in
        ller Deutlichkeit: Den schönen Worten von Schwarz-
        elb folgte nicht etwa der Abzug der Atomwaffen aus
        eutschland, sondern der Aufbau eines Raketenabwehr-
        ystems, dessen Funktionstüchtigkeit fraglich ist. Doch
        it eklatanten Mängeln bei Rüstungsgütern haben Sie ja
        rfahrung, nicht erst seit dem Euro-Hawk. Das Raketen-
        bwehrsystem schafft nicht mehr Sicherheit, sondern führt
        u mehr Aufrüstung und damit zu mehr Unsicherheit. Da-
        ei sind die Kosten für dieses System heute noch immer
        icht absehbar. Klar ist aber schon jetzt, dass der friedens-
        olitische Preis, den wir hierfür bezahlen, hoch ist.
        Die NATO hat auf ihrem Gipfel 2012 in Chicago da-
        ei versagt, Antworten auf die dringenden sicherheits-
        nd friedenspolitischen Fragen unserer Zeit zu geben.
        ie hat dabei eine wichtige Chance verpasst, die günstigen
        ahmenbedingungen zur Verwirklichung einer atom-
        affenfreien Welt zu nutzen und ihren Beitrag für mehr
        brüstung und Rüstungskontrolle zu leisten. Die NATO
        ersteht sich immer noch als Nuklearmacht und denkt
        icht daran, die Rolle ihrer Nuklearwaffen substanziell
        u reduzieren. Im Gegenteil, mit deutscher Zustimmung
        at das Bündnis beschlossen, die noch in Europa statio-
        ierten US-Atomwaffen vorerst beizubehalten, obwohl
        iese nicht mal mehr einen sicherheitspolitischen Nutzen
        aben. Noch schlimmer: Die USA wollen genau diese
        Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32373
        (A) )
        )(B)
        Waffen modernisieren. Damit würde die nukleare Teil-
        habe auf unabsehbare Zeit zementiert. Das abrüstungs-
        politische Scheitern der NATO ist zugleich eine abrüs-
        tungspolitische Bankrotterklärung für Schwarz-Gelb.
        Angesichts der gewaltigen sicherheits- und außen-
        politischen Herausforderungen kann sich Deutschland
        solch eine Kakofonie der ministeriellen Eitelkeiten ein-
        fach nicht leisten. Sie geht auf Kosten einer glaubwürdi-
        gen und wirkungsvollen Friedenspolitik. Wer hierfür in
        der internationalen Gemeinschaft Geschlossenheit sucht,
        muss auch selbst überzeugend und geschlossen auftre-
        ten.
        Eine Abrüstungs- und Friedenspolitik, die erfolgreich
        sein will, muss Chancen nutzen und entschlossen han-
        deln. Obamas Rede vor zwei Wochen unweit von hier,
        am Brandenburger Tor, ist eine solche Gelegenheit. Wir
        begrüßen ausdrücklich die Ankündigung des US-Präsi-
        denten, das amerikanische Atomwaffenarsenal um ein
        Drittel kürzen zu wollen.
        Der damit verbundene Aufruf zur nuklearen Abrüs-
        tung ging von Berlin aus. Daraus sollte auch eine Berliner
        Initiative werden. Herr Außenminister Westerwelle, wir
        fordern Sie dazu auf, das erneute Bekenntnis von Barak
        Obama zu einer atomwaffenfreien Welt aufzugreifen.
        Sie müssen die US-Regierung beim Wort nehmen und
        klarstellen, dass dieses Ziel nicht mit der Modernisie-
        rung der in Deutschland verbliebenen US-Atomwaffen
        vereinbar ist, sondern nur mit deren endgültigem Abzug.
        Ausdrücklich hat der Präsident der Vereinigten Staa-
        ten auch auf diese Atombomben verwiesen. Diese Re-
        likte des Kalten Krieges müssen endlich verschrottet
        werden. Herr Außenminister, das wäre ein wichtiger
        Schritt auf dem Weg zu einer atomwaffenfreien Welt und
        würde Deutschland neue abrüstungspolitische Glaub-
        würdigkeit verleihen. Es sind nur noch drei Monate bis
        zu Ihrer Abwahl – machen Sie sich schnell noch auf den
        Weg. Damit wäre auch Ihrer abrüstungspolitischen Bi-
        lanz geholfen.
        Anlage 26
        Zu Protokoll gegebene Reden
        zur Beratung:
        – Entwurf eines … Gesetzes zur Änderung des
        Strafgesetzbuches – Strafbarkeit der Ver-
        stümmelung weiblicher Genitalien (… Straf-
        rechtsänderungsgesetz – … StrÄndG)
        – Entwurf eines … Strafrechtsänderungsge-
        setzes – Strafbarkeit der Verstümmelung
        weiblicher Genitalien (… StrÄndG)
        – Entwurf eines … Strafrechtsänderungsge-
        setzes – Wirksame Bekämpfung der Genital-
        verstümmelung
        – Entwurf eines … Gesetzes zur Änderung des
        Strafgesetzbuchs – Strafbarkeit der Genital-
        verstümmelung
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        Ute Granold (CDU/CSU): Die gestrigen Beratungen
        Rechtsausschuss haben noch einmal die große Einig-
        eit und Entschlossenheit aller Bundestagsfraktionen de-
        onstriert, nun gemeinsam gegen die barbarische Praxis
        er Verstümmelung der weiblichen Genitalien vorzuge-
        en. So freut es mich sehr, dass auch die Fraktionen von
        PD und Bündnis 90/Die Grünen den Gesetzentwurf der
        oalition mittragen wollen und die Grünen ihren eige-
        en Gesetzentwurf für erledigt erklärt haben. Somit kön-
        en wir heute ein wichtiges Vorhaben abschließen, mit
        em wir uns insbesondere als Rechtspolitiker bereits seit
        ielen Jahren befasst haben.
        Vor diesem Hintergrund beraten wir also abschlie-
        end über Gesetzentwürfe der Koalition, des Bundes-
        tes und der SPD-Fraktion, die mit unterschiedlichen
        ösungsvorschlägen den Opferschutz verbessern und
        as Problembewusstsein in der Öffentlichkeit steigern
        ollen.
        Um die Genitalverstümmelung bekämpfen und poten-
        ielle Opfer wirksam schützen zu können, gilt es vor al-
        m, den Einfluss der archaischen Tradition zu bekämp-
        n, mit der diese Praxis in vielen Ländern Afrikas, aber
        uch einigen Staaten Asiens und Lateinamerikas begrün-
        et wird. Laut UN-Kinderhilfswerk UNICEF werden
        eltweit jeden Tag mehr als 8 000 Mädchen an ihren
        enitalien verstümmelt.
        Effektiver Opferschutz muss also zum einen in den
        weiligen Heimatländern ansetzen, in denen Genital-
        erstümmelung verbreitet ist. Dabei müssen wir ökono-
        ische, psychologische und soziologische Effekte be-
        enken. So gilt es, den Menschen durch Aufklärungs-
        nd Bildungsarbeit zu vermitteln, welche schwerwie-
        enden Verletzungen durch diese „Tradition“ hervorge-
        fen werden und dass es zum Beispiel im Islam keine
        ligiöse Begründung dafür gibt.
        Während einer Delegationsreise des Menschenrechts-
        usschusses zur Sitzung des UN-Menschenrechtsrates
        ach Genf Ende Mai 2013 sind wir unter anderem zu ei-
        em Gespräch zum Thema weibliche Genitalverstüm-
        elung mit Leyla Alyanak aus dem Genfer Büro des Be-
        ölkerungsfond der VN, UNFPA, und Holger Postulart,
        em Direktor der Global Alliance against FGM, zusam-
        engetroffen.
        Beide haben dabei ausdrücklich die Bedeutung dieser
        ildungs- und Aufklärungsarbeit betont und Beispiel-
        rojekte ihrer Organisationen vorgestellt. Gleichzeitig
        aben beide aber auch auf die Notwendigkeit der Schaf-
        ng eines eigenen Straftatbestandes hingewiesen und
        ie entsprechenden Pläne in Deutschland begrüßt.
        Denn neben der Aufklärungs- und Bildungsarbeit
        üssen auch die Rechtssysteme in den betreffenden
        erkunftsländern weiterentwickelt und eine strafrecht-
        che Ahndung der Genitalverstümmelung durchgesetzt
        erden. Hier ist es wichtig, dass auch wir in Europa die
        erschiedenen internationalen Initiativen gegen Genital-
        erstümmelung – etwa die UN-Resolution „Intensifying
        lobal efforts for the elimination of female genital muti-
        tions“ vom 20. Dezember 2012 – aufgreifen und durch
        ie Schaffung eines entsprechenden Straftatbestandes im
        32374 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
        (A) )
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        jeweiligen nationalen Strafrecht ein Zeichen setzen.
        Denn dem globalen Problem der Genitalverstümmelung
        kann man sich nach den Erfahrungen unserer Gesprächs-
        partner in Genf nur stellen, indem man die Betroffenen
        in ihren Heimatländern und Migrationszielländen mit
        gleichlautenden Botschaften anspricht.
        Einwanderer aus den jeweiligen Regionen haben die
        Praxis der Genitalverstümmlung nach Europa gebracht.
        Ich habe die Zahlen bereits in der vergangenen Debatte
        genannt: Die Nichtregierungsorganisation Terre des
        Femmes geht beispielsweise für 2012 von knapp
        24 000 betroffenen Frauen, die älter als zwanzig Jahre
        sind, und etwa 6 000 von Genitalverstümmelung bedroh-
        ten Frauen und Mädchen in Deutschland aus. Auch dies
        unterstreicht nachdrücklich, dass wir in Deutschland
        dringend handeln und mit der Schaffung eines eigenen
        Straftatbestandes dieser Herausforderung entgegentre-
        ten müssen.
        Zwar kann schon heute die Verstümmelung der äuße-
        ren weiblichen Genitalien nach den §§ 223 und 224
        StGB mit Freiheitsstrafen von bis zu zehn Jahren bestraft
        werden. Dennoch ist nach unserer Auffassung die Rege-
        lung in einem eigenen Straftatbestand, die die Tat als
        Verbrechen einstuft, notwendig. Die ursprünglich vorge-
        legten Gesetzentwürfe haben dafür unterschiedliche sys-
        tematische Einordnungen in das StGB vorgesehen: in
        § 224 Abs. 3 StGB, in § 226 Abs. 1 Nr. 3 StGB oder in
        § 226 a StGB.
        Gegen eine Einbeziehung in § 224 Abs. 1 Nr. 3 StGB
        spricht, dass es bei der Genitalverstümmelung auf den
        erstrebten Erfolg – also hier den Eingriff in das sexuelle
        Selbstbestimmungsrecht des Opfers – und weniger auf
        die gefährliche Begehungsweise ankommt, die den
        Grund für die Qualifikation als gefährliche Körperverlet-
        zung bildet. Auch § 226 StGB ist systematisch nicht ge-
        eignet, da im Fall der Genitalverstümmelung § 226
        Abs. 2 StGB zur Regel würde, was der Deliktstruktur
        der § 226 StGB widerspricht. In der Grundstruktur des
        § 226 ist der Erfolg lediglich eine mögliche, schwere
        Folge der Tat. Die Genitalverstümmelung ist aber gerade
        darauf angelegt, den „Erfolg“ herbeizuführen. Wir haben
        uns deshalb für die Einfügung eines eigenen Straftatbe-
        standes als § 226 a StGB entschieden, weil dies am bes-
        ten der strafrechtlichen Systematik der Körperverlet-
        zungsdelikte entspricht.
        Eine Sachverständigenanhörung des Rechtsaus-
        schuss des Deutschen Bundestages am 24. April 2013
        hat gezeigt, dass die in den ursprünglich vorliegenden
        Gesetzentwürfen entwickelten Ansätze in der vorliegen-
        den Form teilweise nicht optimal dazu geeignet sind, die
        von allen Fraktionen grundsätzlich begrüßte Zielsetzung
        eines besseren Opferschutzes durch eine Schließung von
        rechtlichen Schutzlücken und der Verbesserung der
        Effektivität der Strafverfolgung in diesem Bereich zu-
        friedenstellend zu erreichen. Deshalb hat die Koalition
        einen eigenen Gesetzentwurf eingebracht, der die Ergeb-
        nisse dieser Beratungen aufgegriffen und nach unserer
        Auffassung in einer Form zusammengefasst hat, die so-
        wohl den Opferschutz als auch gewollte Signalwirkung
        angemessen berücksichtigt.
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        In diesem Zusammenhang will ich noch einmal auf
        wei Aspekte eingehen, die in den bisherigen Beratun-
        en und in der Anhörung eine besondere Rolle gespielt
        aben: die Frage nach dem angemessenen Strafmaß und
        iner Meldepflicht für Ärzte.
        Natürlich wäre allein mit Blick auf das furchtbare
        erbrechen selbst ein möglichst hohes Strafmaß wün-
        chenswert. Doch ergeben sich hieraus auch direkte
        olgen für andere Rechtsgebiete, die mit Blick auf die
        teressen des Opfers ebenfalls berücksichtigt werden
        üssen.
        So würde die im Bundesratsentwurf vorgesehene
        indestfreiheitsstrafe von zwei Jahren nur sehr selten
        ine Strafaussetzung zur Bewährung ermöglichen, weil
        56 StGB diese nur bei einer Freiheitsstrafe bis zu zwei
        ahren zulässt und zudem § 56 Abs. 2 StGB eine Straf-
        ussetzung zur Bewährung bei einer Freiheitsstrafe von
        ber einem und bis zu zwei Jahren an besondere Um-
        tände knüpft.
        Eine Bewährungsstrafe sollte nach unserer Auffas-
        ung aber als Option möglich bleiben, damit eine An-
        eige durch die Opfer wahrscheinlicher wird. Da in der
        egel die Eltern die Verstümmelung nicht selbst vorneh-
        en, muss ein Weg offen bleiben, über den man auf die
        zw. den Täter zugreifen kann, ohne die Eltern zwingend
        bschieben zu müssen.
        Die von den Grünen ursprünglich in ihrem zurückge-
        ogenen Gesetzentwurf vorgeschlagene Einfügung der
        enitalverstümmelung in den Katalog des § 226 Abs. 1
        tGB hätte zur Folge gehabt, dass bei wissentlicher oder
        eabsichtigter Genitalverstümmelung nach § 226 Abs. 2
        tGB Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren angedroht
        t. Da die Voraussetzungen des § 226 Abs. 2 StGB aus-
        ahmslos vorliegen werden, wird die Genitalverstümme-
        ng nach diesem Gesetzentwurf immer mit Freiheits-
        trafe nicht unter drei Jahren bestraft werden. Nach
        226 Abs. 2 StGB wirkt die „niedrige Gesinnung“ straf-
        erschärfend, die sich darin zeigt, dass das Opfer beson-
        ers schwer und in der Regel irreversibel getroffen wer-
        en soll. Diese niedrige Gesinnung kann man in den
        ällen, in denen die Eltern den Geboten ihrer Tradition
        lgen und ihren Töchtern subjektiv nicht böswillig
        chaden wollen, kaum feststellen.
        Zudem müssen auch hier die aufenthaltsrechtlichen
        olgen eines Strafverfahrens bedacht werden, da ein
        usländer – darum wird es sich in der Mehrzahl der
        älle handeln – bei einer Verurteilung zu einer Freiheits-
        trafe von mindestens drei Jahren nach § 53 Nr. 1 des
        ufenthaltsgesetzes zwingend ausgewiesen werden
        uss. Eine Strafaussetzung zur Bewährung ist ebenfalls
        usgeschlossen.
        Bereits 2007 in der Bundestagsanhörung zur Genital-
        erstümmelung war dieses Spannungsfeld zwischen ei-
        er angemessenen Bestrafung der Täter und den sich da-
        us ergebenden aufenthaltsrechtlichen Konsequenzen
        r die betroffenen Familien thematisiert worden. So ist
        s fraglich, ob es im Sinne der Opfer wäre, die Familien
        urch die Folgen eines Strafprozesses – das heißt die
        usweisung der Eltern – grundsätzlich auseinanderzu-
        Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32375
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        reißen. Hier gilt es, einen Kompromiss zu finden, der die
        strafrechtlichen Regelungen auch auf das abgestufte
        System der Rechtsfolgen nach §§ 53 bis 56 Aufenthalts-
        gesetz angemessen abstimmt.
        Ziel muss es sein, die abschreckende Wirkung des
        Strafrechts durch eine Strafverschärfung zu erhöhen,
        ohne dabei die Auswirkungen auf das direkte Umfeld
        der Opfer aus den Augen zu verlieren. Wir wollen, dass
        es für die Gerichte möglich ist, jeden Einzelfall individu-
        ell zu prüfen und ein angemessenes Urteil zu fällen.
        Deshalb haben wir in unserem Gesetzentwurf im Ver-
        gleich zur geltenden Rechtslage – Strafbarkeit im Regel-
        fall nach den §§ 223, 224 StGB: sechs Monate bis zehn
        Jahre Freiheitsstrafe – eine Erhöhung des Strafrahmens
        auf ein bis fünfzehn Jahre Freiheitsstrafe vorgesehen.
        In der Anhörung ist ein weiterer Aspekt kontrovers
        diskutiert worden, der sich so in keinem der beratenen
        Gesetzentwürfe wiederfindet. Um Genitalverstümme-
        lung wirksamer bekämpfen zu können, wurde die Ein-
        führung eines Melderechts bzw. einer Meldepflicht für
        Ärzte erörtert. So wurde unter anderem vermutet, dass
        die Meldepflicht in Frankreich dafür mitverantwortlich
        ist, dass Frankreich der einzige europäische Staat ist, in
        dem es bislang zu nennenswerter Strafverfolgung in die-
        sem Bereich gekommen ist.
        Auch wenn wir für diese Auffassung nach der ersten
        Lesung teilweise kritisiert wurden, spricht weiterhin ge-
        gen eine Meldepflicht, dass es dann für Ärzte schwerer
        würde, die Opfer zu versorgen. Denn die Eltern würden
        aus Angst vor einer Meldung ihre Kinder nach einer Ge-
        nitalverstümmelung nicht mehr zum Arzt bringen und
        dort versorgen lassen. Uns ist es wichtig, dass die Opfer
        von Genitalverstümmelung wenigstens dann medizi-
        nisch versorgt werden.
        Im übrigen ist ein ärztliches Melderecht im Kinder-
        schutzgesetz von 2012 und auch im Strafrecht – über den
        rechtfertigenden Notstand – verankert.
        Auf weitere wesentliche Punkte, wie zum Beispiel die
        Themen Auslandsstrafbarkeit vor dem Hintergrund der
        sogenannten Ferienbeschneidungen und die Anpassung
        der Verjährungsregelung des § 78 b StGB, bin ich bereits
        im Rahmen der ersten Lesung eingegangen. Wichtig ist,
        dass die Verjährung der Tat bis zur Vollendung des
        18. Lebensjahrs des Opfers ruht. So ist sichergestellt,
        dass eine im Kleinkindalter vorgenommene Genitalver-
        stümmelung auch noch im Erwachsenenalter durch das
        Opfer zur Anzeige gebracht werden kann.
        Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf, insbesondere
        mit einem eigenen Straftatbestand, senden wir ein star-
        kes Signal aus, dass wir die Genitalverstümmelung in
        keiner Weise dulden.
        Wir bedanken uns abschließend ausdrücklich dafür,
        dass neben der Regierungskoalition auch SPD und
        Grüne das Gesetz mittragen.
        Sonja Steffen (SPD): Bei der weiblichen Genital-
        verstümmelung werden die äußeren weiblichen Ge-
        schlechtsorgane teilweise oder ganz entfernt. Auf dem
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        frikanischen Kontinent ist diese Praktik am weitesten
        erbreitet. Doch es gibt sie auch in Deutschland.
        Menschen, die in andere Länder immigrieren, verle-
        en ihren Wohnsitz in ein anderes kulturelles Umfeld.
        ie eigenen, sozusagen mitgebrachten Einstellungen,
        leiben gleichwohl oft dieselben, auch in der neuen
        eimat. Heute reden wir über Vorstellungen vom Ge-
        chlechterverhältnis und die körperliche und seelische
        chwächung von Frauen, deren Genitalien verstümmelt
        erden.
        In Somalia ist es zum Beispiel Tradition, dass Töchter
        Alter von fünf Jahren genitalverstümmelt werden.
        ber ihre eigene Verstümmelung in Somalia berichtet
        ie Autorin Waris Dirie in ihrem viel beachteten Buch
        üstenblume. Viele Menschen haben den erschrecken-
        en Bericht von Waris Dirie gelesen oder als Verfilmung
        Kino gesehen.
        Frau Dirie ist heute eine engagierte Menschenrechts-
        ktivistin im Kampf gegen Genitalverstümmelung. Wir
        sen ihr Buch Wüstenblume, wir sehen den Film, sind
        utiefst erschrocken, ja verstört, und dennoch versucht,
        u denken, das wäre alles weit weg. Doch das ist es
        icht!
        Nehmen wir zum Beispiel ein Ehepaar aus Somalia,
        as vor einigen Jahren nach Berlin gezogen ist und hier
        ine Tochter bekommt. Diese Tochter ist eine von derzeit
        000 bis 5 000 Mädchen in Deutschland, die potenziell
        on der Durchführung einer Genitalverstümmelung be-
        roht sind. 4 000 bis 5 000 Mädchen, die dem Risiko
        usgesetzt sind, heimlich hierzulande oder im Ausland
        nter furchtbaren Bedingungen an ihren Genitalien ver-
        tümmelt zu werden.
        Die Menschenrechtsorganisation Terre des Femmes
        eht in ihrer Statistik vom Jahr 2012 davon aus, dass ins-
        esamt 30 000 in Deutschland lebende Frauen und Mäd-
        hen betroffen sind.
        Es ist viel darüber diskutiert worden, welche Maßnah-
        en wir ergreifen müssen, um diese Frauen zu schützen
        nd das Praktizieren von Genitalverstümmelung welt-
        eit einzudämmen. Neben Aufklärungskampagnen, Be-
        tungsstellen und entwicklungspolitischen Projekten
        ing es dabei auch immer um die Frage der Verschärfung
        es deutschen Strafrechts.
        Nach geltendem Recht stellt die Genitalverstümme-
        ng aufgrund des Gebrauchs eines gefährlichen Werk-
        eugs eine gefährliche Körperverletzung nach § 224
        tGB dar und gilt wegen des Strafrahmens von sechs
        onaten bis zu zehn Jahren nur als Vergehen. Erst wenn
        er Eingriff zum Verlust der Fortpflanzungsfähigkeit
        hrt, liegt auch eine schwere Körperverletzung gemäß
        226 Abs. 1 StGB und damit ein Verbrechen vor.
        Die SPD-Fraktion stimmt heute dem Gesetzentwurf
        er Koalition zu, der die Strafbarkeit der Verstümmelung
        eiblicher Genitalien neu regelt und in einem eigenen
        traftatbestand zum Verbrechen hochstuft. Wir freuen
        ns, dass Sie sich dabei an dem schon von uns vorge-
        chlagenem Strafmaß orientiert haben.
        32376 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
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        Bisher ist deutsches Strafrecht jedoch nur anwendbar,
        wenn die Tat im Herkunftsland mit Strafe bedroht ist.
        Doch leider gibt es immer noch einige, insbesondere
        afrikanische Länder, in denen Genitalverstümmelung
        praktiziert wird und nicht unter Strafe steht. Diese Lücke
        haben Sie in Ihrem Gesetzentwurf leider nicht geschlos-
        sen, was bedauerlich ist. Die Aufnahme in den in
        § 5 StGB geregelten Katalog der Auslandstaten gegen
        inländische Rechtsgüter im heute zu verabschiedenden
        Gesetz wäre wirklich konsequent gewesen.
        Genitalverstümmelungen sind Menschenrechtsverlet-
        zungen, die wir mit allen Mitteln gemeinsam bekämpfen
        müssen. Ein Kampf, der jedoch erst dann wirklich er-
        folgreich war, wenn Frauen auf der ganzen Welt davor
        sicher sind. Waris Dirie beendet ihre Biografie mit genau
        diesem Gedanken: Keine Frau soll diese Qualen mehr
        erleiden müssen!
        Marco Buschmann (FDP): Wir verabschieden
        heute eine Änderung des Strafgesetzbuches, die dem
        Schutz von Mädchen und jungen Frauen dient. Die Än-
        derung soll der sogenannten Genitalverstümmelung bes-
        ser vorbeugen. Im Rechtsausschuss zeichnete sich ab,
        dass wir dies hier heute mit einer sehr breiten Mehrheit
        tun werden. Denn SPD und Grüne haben dort Zustim-
        mung zu diesem Vorhaben signalisiert. Darüber freue ich
        mich sehr, und dies spricht ja auch dafür, dass hier ein
        sehr vernünftiger Vorschlag vorliegt. Dies freut mich
        aber gerade auch für die Frauen und Mädchen, die wir
        schützen wollen. Denn wir signalisieren ihnen mit brei-
        ter Mehrheit über die Grenzen von Koalitions- und
        Oppositionsfraktionen hinweg, dass wir an ihrer Seite
        stehen.
        Natürlich bietet auch das geltende Strafrecht den Op-
        fern und den gefährdeten Mädchen und Frauen schon
        heute Schutz. Es macht unmissverständlich klar, dass es
        sich bei der Verstümmelung weiblicher Genitalien um
        schweres Unrecht handelt, das mit hohen Strafen geahn-
        det werden kann.
        Trotzdem handelt es sich bei dem neuen § 226 a
        StGB, den wir einführen, um alles andere als bloße sym-
        bolische Gesetzgebung: Das Unrecht, das sich in der
        Genitalverstümmelung manifestiert, wird bisher vom
        Gesetz nämlich nicht vollständig erfasst. Die Genitalver-
        stümmelung ist heute Körperverletzung bzw. schwere
        Körperverletzung. Der Normbruch führt also allein zu
        dem Unwerturteil, dass die körperliche Unversehrtheit
        eines anderen Menschen geschädigt wurde. Die Absicht
        des Täters aber, nicht nur die körperliche Unversehrtheit,
        sondern auch die sexuelle Selbstbestimmung des Opfers
        unwiderruflich einzuschränken, bildet sich in einem rei-
        nen Körperverletzungsdelikt eben nicht ab.
        Der Gesetzentwurf schafft daher mit § 226 a Strafge-
        setzbuch einen eigenen Straftatbestand für die Verstüm-
        melung der äußeren weiblichen Genitalien, der eben ge-
        nau dies berücksichtigt, und das Strafmaß zwischen
        einem und 15 Jahren, in minder schweren Fällen zwi-
        schen sechs Monaten und fünf Jahren bestimmt. Der
        spezielle Tatbestand wie auch die höhere Strafandrohung
        machen deutlich, dass es sich hier um eine besondere
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        orm des Unrechts handelt, das gleich zwei Rechtsgüter
        erheblicher Weise schädigt. Die Mindeststrafe von ei-
        em Jahr erhebt die Tat dementsprechend auch in den
        ang eines Verbrechens statt eines bloßen Vergehens.
        Von einer höheren Mindeststrafe als einem Jahr, die
        an vor diesem Hintergrund durchaus hätte erwägen kön-
        en, haben wir jedoch bewusst abgesehen. Denn meist be-
        tehen zwischen Opfern und Tätern enge familiäre Bezie-
        ungen. In Deutschland könnte eine Mindesttrafe von
        wei oder mehr Jahren zu aufenthaltsrechtlichen Folgen
        hren, die auch die effiziente Strafverfolgung beein-
        ächtigen. Nämlich dann, wenn etwa eine Verurteilung
        er Täter zwingend zu Ausweisung und Abschiebung
        hrt, hemmt das die Opfer, Anzeige zu erstatten oder
        urch ihre Zeugenaussage eine Verurteilung herbeizu-
        hren.
        Ich bedanke mich daher bei allen Kolleginnen und
        ollegen des Rechtsausschusses, mit denen wir so enga-
        iert und koalitionsübergreifend an der Sache gearbeitet
        aben. Vielleicht gibt sich ja auch noch die Linke einen
        uck und stimmt zu.
        Halina Wawzyniak (DIE LINKE): Wir reden über
        ie Strafbarkeit der Verstümmelung weiblicher Genita-
        en. Dazu liegen drei verschiede Vorschläge vor; der
        echtsausschuss hat am 24. April 2013 eine Sachver-
        tändigenanhörung zu diesen Initiativen durchgeführt.
        ir alle sind uns einig, dass die Verstümmelung weibli-
        her Genitalien eine schwerwiegende Grundrechtsverlet-
        ung ist. Der Bundesrat schlägt einen neuen Straftatbe-
        tand, § 226 a StGB, und ein Mindeststrafmaß von zwei
        ahren vor. Die SPD will einen neuen Abs. 3 im
        224 StGB einführen, mit einem Mindeststrafmaß von
        inem Jahr. Die Grünen wiederum schlagen vor, im
        226 Abs. 1 StGB eine neue Nr. 3 einzuführen. Alle
        rei Initiativen wollen darüber hinaus den § 5 StGB,
        uslandstaten gegen inländische Rechtsgüter, erweitern.
        lle drei Initiativen sind getragen von dem Gedanken,
        ine gesetzliche Klarstellung vorzunehmen. Ich sage be-
        usst „gesetzliche Klarstellung“, weil aus meiner Sicht
        soweit ich das sehe, auch unumstritten – die Verstüm-
        elung der weiblichen Genitalien bereits jetzt mindes-
        ns als Körperverletzung, eigentlich sogar als gefährli-
        he Körperverletzung strafbar ist.
        Gegen eine gesetzliche Klarstellung hätten wir als
        inke überhaupt nichts einzuwenden, wenn in deren
        olge auch der § 5 StGB geändert werden muss, um eine
        irksame Verfolgung zu ermöglichen, und – ich komme
        arauf zurück – ein Vollzugsdefizit zu beheben.
        Wir haben aber ein Problem mit einer Strafmaßver-
        chärfung. Wir sind nicht überzeugt, dass eine Erhöhung
        es Mindeststrafmaßes einen Beitrag zur Verhinderung
        er Verstümmelung weiblicher Genitalien leistet. Glau-
        en Sie denn wirklich, dass ein Täter/eine Täterin sich
        bhalten lässt, weil das Mindestmaß der Strafe erhöht
        ird? Wir wissen doch alle, dass es diesbezüglich genü-
        end kriminologische Untersuchungen gibt, die eine sol-
        he Abschreckungswirkung infrage stellen. Eine weitere
        chwierigkeit, die mit der Erhöhung des Strafrahmens
        erbunden ist, macht die SPD in ihrem Gesetzentwurf
        Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32377
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        deutlich, wenn sie auf den § 53 Aufenthaltsgesetz ver-
        weist. § 53 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz sieht eine zwin-
        gende Ausweisung vor, soweit eine Verurteilung zu einer
        Freiheitsstrafe von drei Jahren erfolgt ist. Genau dieser
        Aspekt war ein wesentlicher Bestandteil der Anhörung.
        Für die betroffenen Mädchen und Frauen würde neben
        Verletzung ihrer Grundrechte auch noch hinzukommen,
        dass ein Elternteil oder gar beide gegebenenfalls ausge-
        wiesen werden.
        Die Antwort könnte nun sein, § 53 Aufenthaltsgesetz
        zu ändern oder gar abzuschaffen, aber das scheint keine
        der Initiatorinnen und kein Initiator der vorliegenden
        Drucksachen in Erwägung zu ziehen. Wenn dies aber
        nicht gewollt ist, dann müssen wir uns dem Problem
        stellen, dass wir möglicherweise mit Strafrahmenserwei-
        terungen ein gesellschaftliches Problem nicht lösen kön-
        nen, was logischerweise zu der Frage führt, ob das Straf-
        recht nicht auch irgendwann an seine Grenzen zur
        Lösung gesellschaftlicher Probleme stößt. Das Problem,
        dass die weibliche Genitalverstümmelung eine Grund-
        rechtsverletzung und einen nicht hinnehmbaren Eingriff
        in die körperliche Integrität darstellt, muss gesellschaft-
        lich angegangen werden. Aufklärung und Prävention
        heißen hier die Stichworte; Aufklärung darüber, dass
        eine solche Genitalverstümmelung eben nicht zu akzep-
        tieren ist; Prävention dahin gehend, dass es genügend
        Anlaufstellen und Hilfsangebote für potenziell betrof-
        fene Personen ebenso gibt wie die Ermutigung, sich zum
        Beispiel mit Anzeigen gegen eine solche Körperverlet-
        zung zu wehren.
        In der Anhörung im Rechtsausschuss wurde deutlich,
        dass derzeit kein einziges Ermittlungsverfahren, zumin-
        dest kein bekanntes, wegen dieses Körperverletzungsde-
        liktes geführt wird. Bei einer solchen Sachlage hilft aber
        eine Strafrahmenverschärfung nicht. Wenn es keine Er-
        mittlungsverfahren gibt, weil keine Anzeigen erstattet
        werden, dann kann auch keine höhere Strafe ausgespro-
        chen werden. Meine Fraktion plädiert deshalb dafür, das
        Thema mit der gebührenden Aufmerksamkeit in der ge-
        sellschaftlichen Debatte zu halten. Meine Fraktion plä-
        diert dafür, Hilfsangebote und Prävention zu stärken.
        Eine Strafrahmenerhöhung mit all den Folgeproblemen
        können wir nicht mittragen. Dies scheint uns eher sym-
        bolische denn rationale Kriminalpolitik zu sein.
        Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Heute
        kommt eine jahrelange Debatte über einen sehr schwer-
        wiegenden Menschenrechtsverstoß zu einem guten
        Ende. Zumindest können wir eine wichtige Etappe ab-
        schließen. Die brutale Entstellung bis Entfernung der
        weiblichen Genitalien bei kleinen Mädchen, aber auch
        weiblichen Jugendlichen wird von heute an in Deutsch-
        land als eine schwere Straftat und damit als ein sozial-
        ethisch nicht zu akzeptierendes und strafwürdiges Ver-
        halten benannt.
        Die weibliche Genitalverstümmelung ist eine welt-
        weit verbreitete, von Traditionen und einem sexual- und
        freiheitsfeindlichen Frauenbild geprägte Qual, die Kin-
        dern mit Gewalt angetan wird und die bleibende physi-
        sche und psychische Schäden verursacht. Sie ist an keine
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        eligion gebunden und steht in den meisten Staaten, in
        enen sie sehr zahlreich anzutreffen ist, unter Strafe.
        Auch Europa und auch Deutschland kennen die Ver-
        tümmelung der weiblichen Genitalien bei Kindern und
        gendlichen Frauen. Ärztinnen und Ärzte berichten von
        ntsprechenden Befunden, und die Organisation Terre
        es Femmes geht für das Jahr 2012 von circa 24 000 be-
        offenen Frauen und circa 6 000 gefährdeten Frauen und
        ädchen in Deutschland aus. Die Verstümmelungen
        erden in Deutschland zum Teil heimlich vollzogen, es
        ibt aber auch Berichte über Fahrten in die jeweiligen
        erkunftsländer, wo die Verstümmelung oft in unhygie-
        ischen Verhältnissen und ohne jegliche Schmerzunter-
        rückung durchgeführt wird.
        Seit vielen Jahren wird international über eine Äch-
        ng der weiblichen Genitalverstümmelung als eine
        rnste Menschenrechtsverletzung diskutiert. Im Jahre
        012 hat die UNO-Vollversammlung eine entsprechende
        esolution angenommen. Die strafrechtliche Durchset-
        ung staatlicher Verbote solcher Praktiken der Frauenun-
        rdrückung und Frauenmissachtung ist nur ein Mittel
        er Wahl. Selbstverständlich sind Aufklärung und Prä-
        ention sowie Sensibilisierungskampagnen mindestens
        o wichtig wie strafrechtliche Verbote.
        Insoweit gehen wir heute nur einen Schritt, weitere im
        ationalen, europäischen und internationalen Rahmen
        üssen folgen. Und auch dieser Schritt hat lange – wir
        rünen finden: viel zu lange – gedauert. Seit Jahren ha-
        en wir in vielen parlamentarischen Anfragen, Anträgen
        nd Gesetzentwürfen die Mehrheit in diesem Hohen
        ause zum Handeln aufgefordert. Nichts ist geschehen,
        enigstens nichts Essenzielles.
        In der letzten Legislaturperiode ist ein Gruppenantrag
        uf den letzten Metern an der Koalition von CDU/CSU
        nd FDP gescheitert. Unser letzter Gesetzentwurf in die-
        er Legislaturperiode stammt vom Februar 2011. Sie ha-
        en wieder über zwei weitere Jahre blockiert. Endlich,
        or noch nicht einmal drei Wochen, haben auch Sie
        achgezogen und einen eigenen Gesetzentwurf vorge-
        gt.
        Wir Grünen hätten weiterhin die Einordnung der
        eiblichen Genitalverstümmelung in die schwere Kör-
        erverletzungsvorschrift des § 226 StGB bevorzugt, und
        uch die mögliche Lücke bei im Ausland verübten Ver-
        tümmelungen hätten wir gerne geschlossen.
        Aber Ihr Entwurf enthält die wesentlichen Elemente:
        ine in sich stimmige Norm, die Begrenzung der Straf-
        arkeit auf die Verstümmelung weiblicher Genitalien,
        in ausreichendes Strafmaß und auch eine Regelung der
        ebenklageberechtigung und der Bestellung eines an-
        altlichen Beistands für die Opfer. Wir werden deshalb
        ie Chance, die sich jetzt in der letzten Sitzungswoche
        ietet, aufgreifen, unsere eigenen Vorstellungen zurück-
        tellen und um der Opfer und der Sache Willen dem Ge-
        etzentwurf der Koalition zustimmen.
        Lassen Sie mich zum Schluss noch eine persönliche
        emerkung machen:
        Wir wissen, dass diejenigen, die in der Debatte um die
        traffreiheit der Vorhautbeschneidung bei männlichen
        indern für eine kompromisslose Strafbarkeit eintraten,
        32378 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
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        dies auch mit dem falschen Argument der Gleichheit
        oder der Vergleichbarkeit der Vorhautbeschneidung bei
        Jungen und der weiblichen Genitalverstümmelung taten.
        Die Ungleichheit dieser beiden Handlungen ist aber evi-
        dent. Die Vorhautbeschneidung ist ein marginaler Ein-
        griff mit einer sehr geringen Komplikationsrate. Er ist
        weder auf das sexuelle Empfinden noch auf eine gesell-
        schaftliche Unterdrückung der Jungen gerichtet, und
        schließlich ist der Eingriff bei Jungen seit Jahrtausenden
        auf der ganzen Welt kulturell und religiös integriert und
        in keinem Staat der Welt unter Strafe gestellt.
        Die weibliche Genitalverstümmelung hingegen ist in-
        ternational geächtet, auf die Unterdrückung der Sexuali-
        tät und Freiheit von Frauen ausgerichtet und praktisch
        immer mit entstellenden und schmerzhaften Verwundun-
        gen verbunden. Gerade genitale Sexualkontakte und die
        Schwangerschaft und Geburt werden so für die betroffe-
        nen Frauen zu einer gewollt erniedrigenden Qual.
        Der deutsche Gesetzgeber, wir Abgeordnete, haben
        deshalb das Richtige getan, als wir die Vorhautbeschnei-
        dung von Jungen unter strengen Bedingungen für straf-
        frei erklärten, und wir tun heute ebenfalls das Richtige,
        indem wir die weibliche Genitalverstümmelung als eine
        ernste Menschenrechtsverletzung unter Strafe stellen.
        Anlage 27
        Zu Protokoll gegebene Reden
        zur Beratung:
        – Entwürfe: Gesetz zur Förderung der Prä-
        vention
        – Beschlussempfehlung und Bericht zu den
        Anträgen:
        – Kinder- und Jugendgesundheit: Un-
        gleichheiten beseitigen – Versorgungslü-
        cken schließen
        – Bestechung und Bestechlichkeit im Ge-
        sundheitswesen unter Strafe stellen
        – Unabhängigkeit der ärztlichen Entschei-
        dungen sichern – Korruptives Verhalten
        effektiv bekämpfen
        – Korruption im Gesundheitswesen straf-
        bar machen
        – Potenziale der Prävention erkennen und
        nutzen – Prävention und Gesundheitsför-
        derung über die gesamte Lebensspanne
        stärken
        – Prävention weiter denken – Gesundheits-
        förderung als gesamtgesellschaftliche
        Aufgabe stärken
        – Gesetzliche Grundlage für Prävention
        und Gesundheitsförderung schaffen –
        Gesamtkonzept für nationale Strategie
        vorlegen
        (Tagesordnungspunkte 24 a bis 24 d)
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        Dietrich Monstadt (CDU/CSU): Mit dem Präven-
        onsgesetz hat die Regierungskoalition ein Gesetz vor-
        elegt, das für die Gesundheitspolitik wichtiger kaum
        ein könnte. Die geschätzte Kollegin Stefanie Vogelsang
        at sich als engagierte Berichterstatterin hier bereits ge-
        ußert.
        Nicht minder bedeutsam ist hier heute das Thema
        erhinderung von Korruption im Gesundheitswesen. Ich
        arf mich darauf beschränken, die vorgelegten Regelun-
        en zur Verhinderung von Korruption zu erläutern.
        Seitdem das Thema Korruption im Gesundheitswesen
        it der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom Juni
        012 auch medial Thema wurde, ist leider teilweise ein
        kandalklima entstanden, das besonders für das Vertrau-
        nsverhältnis zwischen Arzt und Patient sehr schädlich
        ar.
        Bundesweite Hochrechnungen gehen davon aus, dass
        is zu 2 Prozent – teilweise gibt es auch höhere Schät-
        ungen – der Kosten im Gesundheitswesen aufgrund von
        ehlern, Betrug oder Korruption entstehen. Allerdings
        t nicht jeder Fehler bei einer Abrechnung automatisch
        orsätzlicher Betrug. Gerade bei sehr komplizierten Ab-
        chnungscodes im Krankenhaus, wo jede Diagnose und
        rankheitsverlauf einen vierstelligen Code aus Zahlen
        nd Buchstaben bekommt, passieren Fehler; ich unter-
        telle keinem Arzt, der nach der Nachtschicht noch Be-
        chte schreibt und Fehler macht, dass er korrupt ist.
        eshalb müssen wir sehr genau hinschauen.
        Aufgrund der Berichterstattung und den Darstellun-
        en der Opposition konnte der Eindruck entstehen, dass
        s einen rechtsfreien Raum gegeben habe, in dem Kor-
        ption und Fehlverhalten größeren Umfangs im Ge-
        undheitswesen ungeahndet stattfinden konnte. Dies ent-
        pricht nicht den Tatsachen. Mehrmals habe ich vor
        iesem Hohen Hause bereits auf die insoweit bestehen-
        en umfassenden Möglichkeiten zur Korruptionsbe-
        ämpfung – im Berufsrecht der Ärzte, im Sozialrecht, im
        eilmittelwerbegesetz als auch im Wettbewerbsrecht –
        ingewiesen. Die Ärztekammern, denen die Ausübung
        er Berufsaufsicht obliegt, beklagen aber, dass mitunter
        iel Zeit vergeht, bis Sachverhalte hinreichend vorliegen
        der die Staatsanwaltschaft ermittelt, um berufsrechtlich
        orzugehen. Hier muss nachgebessert werden. Diesen
        nspruch haben die Ärzte selbst – aber natürlich auch
        atienten und Beitragszahler in der gesetzlichen Kran-
        enversicherung.
        Die Regierungskoalition aus CDU/CSU und FDP hat
        en Beschluss des Bundesgerichtshofes vom Juni 2012,
        dem klargestellt wurde, dass niedergelassene Ärzte
        eine Beauftragten oder Amtsträger der Krankenkassen
        ind, zum Anlass genommen, die bestehenden berufs-
        nd sozialrechtlichen Regelungen zu überprüfen.
        Die überwiegende Zahl der Ärzte und Zahnärzte in
        eutschland verhält sich korrekt. Viele Ärzte begleiten
        re Patienten schon lange, und die Patienten danken es
        nen mit Vertrauen und Anerkennung für die teilweise
        nstrengende und engagierte Arbeit.
        Das Ergebnis der gründlichen Überprüfung der Geset-
        eslage nach dem BGH-Urteil ist, dass es umfängliche
        Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32379
        (A) )
        )(B)
        Regelungen gibt, jedoch teilweise ein Vollzugsdefizit
        besteht und verwaltungstechnische Hürden existieren.
        Durch eine neue gesetzliche Regelung soll hier nun die
        vom BGH aufgezeigte, Regelungslücke geschlossen
        werden. Ermittlungsverfahren werden erleichtert und be-
        schleunigt.
        Drei Dinge waren uns bei dem Gesetzentwurf beson-
        ders wichtig:
        Erstens sollten auf keinen Fall Ärzte und Angestellte
        im Gesundheitswesen unter Generalverdacht gestellt
        werden, denn dies wäre absolut ungerechtfertigt.
        Zweitens müssen aber Maßnahmen ergriffen werden,
        die das angegriffene Vertrauensverhältnis zwischen Arzt
        und Patient wieder verbessern und für die Fälle, wo es
        nötig ist, ein schnelleres und besseres Ermitteln der be-
        fugten Behörden ermöglichen.
        Drittens sollen sinnvolle und gewollte Zusammenar-
        beit und Kooperationsformen weiterhin unterstützt wer-
        den. Der Antrag der Regierungskoalition unterscheidet
        sich von den Vorschlägen der Opposition vor allem da-
        rin, wo die neuen gesetzlichen Regelungen im Gesetz
        verankert werden sollen und welche Signalwirkung da-
        von ausgeht.
        Der Vorschlag der Regierungskoalition sieht vor, das
        Sozialgesetzbuch V zu erweitern und zu präzisieren.
        Wir erweitern § 70 und schaffen einen neuen § 307 c im
        SGB V.
        Hierbei war uns besonders wichtig, herauszuarbeiten,
        dass der Schutzzweck der Norm der unabhängigen ärzt-
        lichen Entscheidung gilt. Die meisten Ärzte handeln na-
        türlich so, aber der Patient muss sich darauf verlassen
        können, dass die Entscheidung seines Arztes am Patien-
        tenwohl orientiert und sachgerecht ist. Der Arzt soll das
        Medikament verschreiben oder eine OP empfehlen, weil
        sie medizinisch notwendig sind, und nicht, weil er mög-
        licherweise von einem Dritten hinterher Boni und oder
        andere Vergünstigungen bekommt.
        Es sollen trotzdem weiterhin gewünschte Koopera-
        tionsformen existieren können, ohne unter den Verdacht
        der Korruption zu fallen. Weder die Arbeit von Hilfsmit-
        telversorgern im Außendienst, die die Patienten zu
        Hause mit Material wie Pflastern, Kathedern, Verbänden
        beliefern und gleichzeitig deren Benutzung erklären,
        noch die durch Erfahrungswerte geprägte Zusammenar-
        beit zwischen Zahnarzt und Dentallabor beim Anfertigen
        von Brücken und Implantaten sollen unter Korruptions-
        verdacht fallen. Strafrechtlich kann dies nur im Neben-
        strafrecht so ausdifferenziert umgesetzt werden.
        Die Oppositionsanträge werden diesen differenzierten
        Vorgaben nicht gerecht. Denn unabhängig von juristi-
        schen Feinheiten haben die Vorschläge eine klare nega-
        tive Botschaft an alle Beteiligten im Gesundheitswesen.
        Die Anträge fordern eine Änderung im Strafgesetzbuch
        und die Schaffung eines neuen Paragrafen für Beste-
        chung im Gesundheitswesen. Dies, obwohl § 299 StGB
        die Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen
        Verkehr bereits sanktioniert.
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        Ärzte unterliegen dieser Regelung genau wie Archi-
        kten, Anwälte oder sonstige Freiberufler. Im Straf-
        cht, neben dieser für alle geltenden Regelung, die
        eschäftigten im Gesundheitswesen besonders heraus-
        ustellen und damit eine Kriminalisierung dieser Berufs-
        ruppe bewusst hinzunehmen, haben diese nicht ver-
        ient, dies besonders nicht vor dem Hintergrund der
        glich geleisteten guten Arbeit der Beschäftigten im Ge-
        undheitswesen.
        Der Gesetzentwurf der Regierungskoalition geht hier
        inen anderen, einen richtigen Weg. Deshalb schlägt die
        egierungskoalition eine Konkretisierung im Neben-
        trafrecht, also im Sozialgesetzbuch V, mit den bereits
        ngesprochenen Ausdifferenzierungen vor.
        Hier kann Fehlverhalten trotzdem angemessen geahn-
        et werden. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass die Ge-
        chte sogar eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren
        erhängen können. Wichtig ist hier auch, dass nicht nur
        erjenige bestraft wird, der bestechlich war, sondern
        uch der Bestechende.
        Die Opposition hat dem Gesetzentwurf von CDU/
        SU und FDP vorgeworfen, dass er eine Ungleichbe-
        andlung von gesetzlich und privat Versicherten be-
        eute. Diese Argumentation verkürzt diese Problematik
        unzulässiger Weise.
        Im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung ha-
        en wir ein dichteres Regelungsgeflecht, welches auf-
        rund des Sachleistungsprinzips in seiner Struktur sehr
        pezifisch ist. Wie auch die öffentliche Anhörung im
        eutschen Bundestag gezeigt hat, ist diese spezifische
        truktur sehr ausdifferenziert ausgestaltet und daher an-
        llig für Fehlanreize und Nichtentdeckung durch den
        atienten. Dies rechtfertigt die Anknüpfung allein an das
        ozialgesetzbuch. Das Gesetzgebungsvorhaben der Ko-
        lition stellt sicher, dass anders als ein Straftatbestand im
        tGB keine unnötigen verfassungsrechtlichen Risiken
        eraufbeschworen werden.
        Ich darf zusammenfassen:
        Unser Gesetzentwurf stellt weder Ärzte noch andere
        erufsgruppen im Gesundheitswesen unter Generalver-
        acht oder kriminalisiert diese.
        Unser Gesetzentwurf bietet wirkungsvolle Möglich-
        eiten, Korruption besser zu verfolgen und zu ahnden.
        Unser Gesetzentwurf stellt nachdrücklich heraus, dass
        ie unabhängige ärztliche Entscheidung oberste Priorität
        at.
        Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass die Mehrzahl
        er Beschäftigten im Gesundheitswesen und der Ärzte
        ich korrekt verhält, wird das begründete Vertrauensver-
        ältnis zwischen Arzt und Patient gestärkt.
        Unser Gesetzentwurf ist der notwendige Warnschuss
        n alle, die meinen, sich auf Kosten anderer im Gesund-
        eitswesen bereichern zu können.
        Unser Gesetzentwurf erkennt die Notwendigkeit, die
        ooperationsformen und Arten der Zusammenarbeit zu
        chützen, die positiv sind.
        32380 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
        (A) )
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        Unser Gesetzentwurf ist im Detail ausdifferenziert
        und wird den komplexen Anforderungen der gelebten
        Gesundheitsversorgung gerecht.
        Ich darf Sie daher bitten, dem Gesetzentwurf zuzu-
        stimmen.
        Stefanie Vogelsang (CDU/CSU): Seit vielen Jahren
        arbeiteten unterschiedliche parlamentarische Mehrheiten
        und verschiedene Regierungskoalitionen an einem Ge-
        setz zur Förderung der Prävention im Gesundheitswe-
        sen. Zukünftiger Schwerpunkt in der gesundheitlichen
        Versorgung der Menschen in Deutschland soll neben der
        Behandlung von Krankheiten auch die Vorbeugung vor
        Krankheiten als gesetzliche Pflichtaufgabe der Kranken-
        kassen sein.
        Es hat lange gedauert. Ein SPD-Entwurf ist geschei-
        tert. Wir haben uns erneut aufgemacht. Gründlichkeit
        ging auch hier vor Schnelligkeit. Den Entwurf der Re-
        gierung haben wir parlamentarisch noch um einige As-
        pekte verbessert.
        Heute liegt vor uns ein Entwurf eines Gesetzes zur
        Förderung der Prävention mit einem Gesamtvolumen
        von 500 Millionen Euro – also eine halbe Milliarde
        Euro. Zukünftig sollen die Krankenkassen 7 Euro pro
        Versicherten ausgeben für betriebliche Prävention, für
        die Förderung in den Lebenswelten, also im Verein, in
        der Schule, in der Kita und, und, und.
        140 Millionen Euro sollen zukünftig zur Verfügung
        stehen, um regional unterschiedlich in den Lebenswelten
        der Länder mit deren Beteiligung abgestimmte spezielle
        Projekte für unterschiedliche – vor allem auch sonst
        schwerer zu erreichende – Personengruppen eingesetzt
        werden.
        Sicher, man kann immer mehr machen. Sicher, man
        wird auch an diesem Entwurf immer noch etwas verbes-
        sern können. Aber die Ankündigung der Oppositionspar-
        teien, dass der Bundesrat dem niemals zustimmen
        werde, kam lange, bevor der Entwurf überhaupt bekannt
        war. Allein aus parteipolitischer Sicht wollen Sie von der
        Opposition verhindern, dass wir endlich eine gesetzliche
        Grundlage zur Finanzierung dieser wichtigen Aufgabe
        haben, wollen Sie den Gesundheitsdezernenten in unse-
        ren Städten die Chance nehmen, kleinteilig in ihren städ-
        tischen Bereichen Gesundheitsförderung anbieten zu
        können, die von den Krankenkassen bezahlt werden. Das
        ist unredlich. Das empfinde ich als Skandal.
        Erstmals liegt ein Gesetzentwurf vor, der konkrete,
        nationale Gesundheitsziele nennt, der eine kontinuierli-
        che Zielerreichungsmessung festlegt, der eine nationale
        Gesundheitskonferenz initiiert und, und, und. Auch dies
        wollen Sie ablehnen. Auch hier wollen Sie Ihre Länder
        in die falsch verstandene parteipolitische Pflicht neh-
        men, Nein zu sagen. Das werden Sie den Menschen
        nicht erklären können. Dieses Taktieren wird Sie nicht
        einen einzigen Prozentpunkt näher an einen Wahlerfolg
        bringen. Im Gegenteil: Wir werden die Sommerpause
        nutzen, an jedem nur möglichen Ort in unseren Wahl-
        kreisen darauf hinzuweisen.
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        Ich bitte im Interesse der Gesundheit unserer Gesell-
        chaft, noch einmal darüber nachzudenken und sich rich-
        g und zukunftsweisend zu entscheiden.
        Angelika Graf (Rosenheim) (SPD): Die Anhörung
        um schwarz-gelben sogenannten Präventionsgesetz hat
        ie Befürchtungen und Einschätzungen der Opposition
        Gänze bestätigt: Wie so oft bei Schwarz-Gelb gibt es
        ur ein leere Flasche mit einem irreführenden Etikett da-
        uf. Auch die letzten Änderungsanträge ändern daran
        ichts. Der Gesetzentwurf ist Murks, wie Ihre Regie-
        ngsbilanz. Oder soll ich sagen Kürzungsbilanz zum
        hema Prävention seit ihrem Amtsantritt?
        Der Gesetzentwurf versagt auf den beiden Hauptfel-
        ern der Prävention in Deutschland. Die Hauptfragen in
        er Prävention sind zum einen, wie wir Menschen errei-
        hen, die bislang kaum von Prävention und Gesundheits-
        rderung profitieren konnten, und zum anderen besteht
        ie Problematik, dass eine Projektitis und ein aktionisti-
        ches Nebeneinander von Programmen bestehen. Beide
        robleme werden von dem „Präventionsgesetz“ der
        undesregierung nicht gelöst, schlimmer noch: Sie wer-
        en gar nicht erst angegangen. Es würden, käme dieser
        esetzentwurf durch, neue Probleme entstehen. Die An-
        örung hat bestätigt, dass weiterhin der Großteil der Mit-
        l für die Prävention in wenig effektive individuelle
        räventionsmaßnahmen gesteckt würde. Sie machen
        eiterhin zu wenig in der Primärprävention. Das ist ein
        rundfehler im schwarz-gelben Entwurf.
        Vor allem die Förderung der Bundeszentrale für ge-
        undheitliche Aufklärung durch die Gesetzliche Kran-
        enversicherung, GKV, ist problematisch. Die GKV
        üsste Beitragsmittel an die BZgA als nachgeordnete
        ehörde des Bundesgesundheitsministeriums abführen.
        as ist ein aberwitziger Vorschlag des FDP-geführten
        inisteriums, der vermutlich eher als indirekte Partei-
        eundschaftshilfe für die ebenfalls FDP-geführte Bun-
        eszentrale zu werten ist; denn die BZgA ist im Bereich
        er Lebenswelten nicht der beste Kooperationspartner.
        uch das hat die Anhörung zum Gesetzentwurf sehr
        eutlich gemacht.
        Dass sich die Private Krankenversicherung, PKV,
        icht an der Förderung beteiligen muss, ist die typische
        lientelpolitik dieser Bundesregierung und völlig inak-
        eptabel aus Sicht der SPD.
        Die öffentliche Anhörung am 15. Mai 2013 zu diesem
        esetzentwurf war sowieso ein interessantes Schauspiel:
        ie Regierungsfraktionen von CDU/CSU und FDP
        ussten einen großen Teil ihrer umfangreichen Frage-
        eit verstreichen lassen, weil kaum einer von den gelade-
        en Sachverständigen für den schwarz-gelben Gesetz-
        ntwurf ein gutes Wort übrig hatte. Weder die
        esetzliche Krankenversicherung noch Wohlfahrtsver-
        ände wie die Caritas und erst recht nicht die Wissen-
        chaft konnten an dem Gesetzentwurf etwas Gutes fin-
        en. Vernichtender kann eine Anhörung zu einem
        esetzentwurf kaum sein. Nicht einmal die sonst wohl-
        esonnenen Arbeitgeberverbände standen auf der Seite
        er Bundesregierung.
        Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32381
        (A) )
        )(B)
        Auch die letzten Änderungsanträge zum Präventions-
        gesetz machen es nicht besser. Die Kassen nochmal ei-
        nen Zwangs-Euro mehr an die BZgA für Lebenswelten
        bereitstellen zu lassen, bleibt sachlich doppelt falsch.
        Die BZgA bleibt der falsche Akteur bei den Lebenswel-
        ten, und die Beitragsmittel für eine nachgeordnete Be-
        hörde zwangsweise abzuführen, bleibt auch vor dem
        Hintergrund der dadurch für den Beitragszahler eventu-
        ell induzierten einkommensunabhängigen Zusatzbei-
        träge eine Unverschämtheit. Die Schieflage zur Privaten
        Krankenversicherung, die nichts zahlen muss, würde
        noch stärker.
        Daran wird deutlich, dass der Gesetzentwurf nicht mit
        Sorgfalt geschrieben wurde, sondern lediglich ein
        Schaufenstergesetzentwurf ist, der die Haushaltskürzun-
        gen im Bereich Prävention von Schwarz-Gelb kaschie-
        ren und im Wahlkampf als Gegenargument für Kritik
        herhalten soll.
        Die tatsächlichen Entscheidungen von Schwarz-Gelb
        im Bereich der Prävention sind am Haushalt zu erken-
        nen: Seit dem Amtsantritt von Merkel, Rösler und Bahr
        im Jahr 2009 sind die Mittel im Bereich Prävention ins-
        gesamt um 10 Prozent gekürzt worden. Dieses Verhalten
        erklärt, warum es in 2013 nur zu diesem durchsichtigen
        Wahlkampfmittel „Präventionsgesetz“ reicht, mit dem
        Sie lediglich versuchen, entweder die Opposition im
        Bundesrat zu erpressen oder uns vorzuwerfen, wir hätten
        etwas verhindert.
        Wirkliche Präventionsmaßnahmen sind in Ihrer Re-
        gierungszeit nämlich nicht zu finden, im Gegenteil: Die
        Mittel zur HIV-/Aids-Bekämpfung in Zusammenarbeit
        mit Osteuropa wurden in 2011 komplett gestrichen. Wir
        haben dazu bis heute keine Ersatzleistungen in irgendei-
        ner Richtung von Ihnen gehört. Sogar die Forschungs-
        und Entwicklungsvorhaben zur Bekämpfung von Aids
        und anderen sexuell übertragbaren Krankheiten sind von
        Ihnen um 25 Prozent gekürzt worden. Die zusätzlichen
        Mittel zur Aufklärung für Organspendemaßnahmen sind
        nur durch einen interfraktionellen Beschluss zustande
        gekommen, und auch sie haben CDU/CSU und FDP mit
        Kürzungen im Bereich der Prävention finanziert: In
        2013 wurden die Haushaltsmittel für Aufklärungsmaß-
        nahmen zu sexuell übertragbaren Krankheiten noch ein-
        mal um 10 Prozent und für die Bekämpfung von Dro-
        gen- und Suchtmittelmissbrauch um 4 Prozent gekürzt.
        Der Korruptionsteil im Präventionsgesetz ist als Om-
        nibus nur angehängt. Sie verknüpfen zwei Themen mit-
        einander, die nichts miteinander zu tun haben. Die
        Gründe sind Untätigkeit und der Wunsch nach Erpres-
        sungsmöglichkeiten in Richtung des Bundesrates, weil
        die schwarz-gelbe Bundesregierung in den Ländern zu
        Recht die Mehrheiten verloren hat. Ich vermute, er ist
        auch nur deshalb angehängt worden, weil Regierung und
        Koalition gar nicht wollten, dass Korruptionsregeln
        wirklich Gesetz werden.
        Im Übrigen ist auch dieser Gesetzentwurf der Bun-
        desregierung handwerklich schlecht gemacht: Wir den-
        ken, er ist wegen eines Verstoßes gegen Art. 3 Grundge-
        setz verfassungswidrig.
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        In der Konsequenz Ihrer gewünschten Korruptionsre-
        eln würde in Zukunft in Fällen nachgewiesener Beste-
        hung ein Krankenhausarzt nach dem Strafgesetzbuch
        erfolgt und bestraft werden, ein freiberuflicher Ver-
        agsarzt würde nach dem Sozialgesetzbuch und ein
        rivatarzt gar nicht strafrechtlich belangt. Diese willkür-
        che Ungleichbehandlung führt dazu, dass Privatpatien-
        n, wie zum Beispiel Beamte, zum Freiwild bei
        estechung und Bestechlichkeit werden. Die Bundesre-
        ierung weiß das und macht es trotzdem. Hier sehen wir
        ine Ähnlichkeit zum Präventionsgesetz: Sie wollen ein
        eiteres Feigenblatt für den Wahlkampf und betreiben
        tikettenschwindel.
        Die Korruptionsbekämpfung muss im Strafgesetz-
        uch geregelt werden. Sie darf nicht im Sozialgesetz-
        uch „versteckt“ werden. Die Anhörung hat daran kei-
        en Zweifel gelassen. Nahezu alle Sachverständigen
        aben unsere Kritik geteilt. Die SPD begrüßt es, dass
        ndlich auch die anderen Oppositionsfraktionen nach
        ahren des Zögerns der SPD bei der Korruptionsbe-
        ämpfung folgen. Wir brauchen eine Regelung im Straf-
        esetzbuch, die nicht nur den Wettbewerb, sondern auch
        ie Patienten schützt.
        Spätestens die Anhörung müsste Ihnen deutlich ge-
        eigt haben, dass der Bundesrat richtig handeln würde,
        enn er diese Gesetzentwürfe hoffentlich zurückweist.
        ass Sie es niemals ernst gemeint haben, zeigt der Zeit-
        blauf. Sie haben dafür gesorgt, dass Ihr Gesetzentwurf
        rst jetzt, in der letzten Sitzungswoche vor der Sommer-
        ause, verabschiedet und damit wohl der Diskontinuität
        nheimfallen wird. Sie haben niemals Maßnahmen in
        iesem Bereich gewollt.
        Das „Präventionsgesetz“ ist vor dem Hintergrund Ih-
        r Kürzungsorgie in diesem Bereich zudem zynisch. Es
        t einfach nur noch verantwortungslos, wie Sie mit
        chaufenstergesetzen Ihre verantwortungslose Politik zu
        aschieren versuchen. Es wird Zeit, dass die Wählerin-
        en und Wähler dieses Kasperletheater und das Simulie-
        n von Politik am 22. September 2013 beenden.
        Martina Bunge (DIE LINKE): Heute stehen zwei
        ichtige Punkte auf der Tagesordnung – zum einen ein
        esetzentwurf zur Prävention und zum anderen Vorla-
        en zur Eindämmung der Korruption im Gesundheits-
        ystem. Beides sind wichtige Themen. Die Bedeutung,
        ie die Bundesregierung diesen Themen zumisst, lässt
        ich aber schon daran ablesen, zu welcher Zeit diese
        ebatte angesetzt wurde.
        Das Interesse der Bundesregierung an einer wirklich
        uten Gesundheitsförderung und Prävention und an der
        erringerung der Korruption im Gesundheitswesen ist
        leich null. Den Gesetzentwurf zur Prävention haben Sie
        o ausgestaltet, dass jeder auch nur mäßig an Gesund-
        eitsförderung Interessierte diesen Entwurf ablehnen
        uss und somit von vornherein klar war, dass dieser
        ntwurf den Bundesrat nicht passieren wird. Und ob-
        ohl sogar schon entsprechende Bekundungen aus dem
        undesrat zu hören waren, hängen Sie genau hier Ihre
        war halbherzigen, aber wenigstens etwas in die richtige
        ichtung gehenden Änderungsanträge an, die die Kor-
        32382 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
        (A) )
        )(B)
        ruption von Ärztinnen und Ärzten und anderen Gesund-
        heitsberufen eindämmen sollen. Spätestens hier wird
        doch deutlich, dass Ihnen nicht daran gelegen ist, Ihre
        Vorlagen je das Licht eines Gesetzes erblicken zu lassen.
        Das nenne ich Proformapolitik oder Wahlkampfshow.
        Um die Sache kann es Ihnen nicht gehen; dann hätten
        Sie es anders gemacht.
        Ihre Vorlage zur Prävention führt nicht zu einer
        Verbesserung. Das haben Ihnen erneut die Fachleute in
        der Anhörung bestätigt. Es war auch spannend, in den
        Anhörungen zu beobachten, wie Sie es tunlichst ver-
        meiden, hoch anerkannte Gesundheitswissenschaftler,
        Koryphäen zu Gesundheitsförderung und Prävention, zu
        befragen, weil die Ihnen nur den Kopf waschen würden.
        Sie sind eine Bundesregierung, die Angst vor der
        Expertise der Wissenschaft hat. Stattdessen fragen Sie
        diejenigen, die zwar wenig von Gesundheitsförderung
        verstehen, für die Sie aber den Gesetzentwurf geschrie-
        ben haben: Ärztevertreter, Kurbäder etc. Das ist schon
        peinlich.
        Ein Gesetz zur Gesundheitsförderung und Prävention
        muss drei zentrale Anforderungen erfüllen:
        Es muss deutlich machen, dass es wirklich um einen
        Paradigmenwechsel geht: weg von der medizinischen
        Sicht auf Gesundheit, auf Krankheitsbehandlung hin zu
        einem Blick, der die Gesunderhaltung der Menschen als
        der Krankheitsbehandlung mindestens gleichwertige,
        gesamtgesellschaftliche Aufgabe wahrnimmt. Dies muss
        durch Strukturen, aber auch durch die gesamtgesell-
        schaftliche und angemessene Finanzierung zum Aus-
        druck kommen.
        Ein solches Gesetz muss als eine zentrale Aufgabe die
        Verringerung sozial bedingter gesundheitlicher Un-
        gleichheit bewirken. Unsere Gesellschaft ist sozial unge-
        recht und wird immer ungerechter. In der Gesundheit
        kommt diese Ungerechtigkeit auf eine Weise zum
        Tragen, die jedem, der nur ein wenig ethisches Bewusst-
        sein hat, unerträglich sein muss. Wie können wir zu-
        schauen, dass Kinder, nur weil sie in eine sozial benach-
        teiligte Familie hineingeboren werden, bis zu zehn Jahre
        früher sterben müssen, als solche, die in gehobene Ver-
        hältnisse hineingeboren werden?
        Und ein solches Gesetz muss sicherstellen, dass unser
        Wissen, wie wir unsere Gesundheit erhalten, in gleichem
        Maße wächst wie unser Wissen zur Behandlung von
        Krankheiten. Wir brauchen eine umfassende und syste-
        matische Forschungsstrategie zur Verbesserung des
        Wohlbefindens und der Gesundheit sowie der Verringe-
        rung der sozial bedingten gesundheitlichen Ungleich-
        heit.
        Keiner dieser drei Anforderungen kommt der Regie-
        rungsentwurf nur im Geringsten nahe. Wenn Sie lesen
        wollen, wie es besser geht, lesen Sie unseren Antrag!
        Nun noch ein paar Worte zur Korruption: Ihr Entwurf
        zur Korruption ist halbherzig, weil Sie drei Bremsen ein-
        gebaut haben. Zum einen darf die Staatsanwaltschaft nur
        auf Antrag tätig werden; es muss nachgewiesen werden,
        dass der Arzt aufgrund von Zuwendungen tatsächlich
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        eine Behandlung ändert, und es werden nur diejenigen
        rreicht, die über die gesetzliche Krankenversicherung
        brechnen. Alle anderen bleiben außen vor. Das ist uns
        iel zu wenig und Ihnen offensichtlich schon zu viel.
        Aber ich sage Ihnen: Wer nicht sämtliche Anreize im
        esundheitssystem ausschaltet, die dazu führen, dass
        atientinnen und Patienten nicht allein im Sinne ihrer
        estmöglichen Gesundheit behandelt werden, der nimmt
        eid und frühzeitigen Tod der Menschen in diesem
        ande in Kauf. Das Gleiche gilt für diejenigen, die nicht
        ndlich bereit sind, Gesundheitsförderung und Prä-
        ention den Stellenwert zukommen zu lassen, den wir
        rauchen, um effektiv die Gesundheit der Menschen zu
        rhalten und die sozial bedingte gesundheitliche Un-
        leichheit zu verringern.
        Die Linke wird das nicht mittragen, sondern für die
        esundheit der Menschen streiten.
        Maria Klein-Schmeink (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
        EN): Ein Schelm, wer Böses dabei denkt, dass die Ko-
        litionsfraktionen erst in den allerletzten Sitzungswo-
        hen einen Entwurf für ein Präventionsgesetz vorgelegt
        nd auch noch die ungeliebten Regelungen zur Strafbar-
        eit von Korruption im Gesundheitswesen an diesen an-
        ehängt haben. Die Opposition hat zu beiden Themen in
        ieser Legislatur bereits frühzeitig Initiativen einge-
        racht, die von der Koalition schlicht ausgesessen wur-
        en. Deutlicher lässt sich das Desinteresse an der Ver-
        irklichung der eigenen Gesetzesvorlagen kaum zeigen.
        eder wurden die Länder noch Expertinnen und Exper-
        n bei der Erarbeitung des Gesetzentwurfs einbezogen.
        nders lässt sich die absolute Fehlkonstruktion kaum er-
        lären. Wer diesen Gesetzentwurf liest, muss den Ein-
        ruck gewinnen, er sei von jemandem verfasst worden,
        er keinen Einblick in die Strukturen der Gesundheits-
        olitik in Deutschland hat und kaum etwas von Ge-
        undheitsförderung und Primärprävention versteht. Die
        onzentration auf die Eigenverantwortung und Eigen-
        ompetenz jeder und jedes Einzelnen lässt die Förderung
        esunder Lebensverhältnisse vollkommen aus dem Blick
        eraten. Maßnahmen zur Verzahnung von Gesundheits-
        rderung und Arbeitsförderung – Fehlanzeige. Strate-
        ien zur Reduktion von psychischen Belastungen – Fehl-
        nzeige. Alle, die sich und ihre Gesundheit nicht im
        öchstmaß optimieren können, fallen bei diesem Ge-
        etzentwurf aus dem Rahmen. Dies bedeutet einen
        ückschritt für die gesundheitliche Chancengleichheit.
        it mehr Früherkennung, Bonusprogrammen und ärztli-
        hen Präventionsempfehlungen werden sozial Benach-
        iligte nicht erreicht.
        Die Zwangsbeauftragung der Bundeszentrale für ge-
        undheitliche Aufklärung im Bereich der lebensweltli-
        hen Prävention ist der falsche Weg. Dass ein selbstver-
        alteter Sozialversicherungsträger einer nachgeordneten
        undesbehörde die Beitragsmittel der gesetzlich Versi-
        herten zur Verfügung stellen soll, damit diese sich
        rnab der Lebenswelten der Menschen vor Ort um die
        bensweltliche Prävention kümmert, ist schlicht nicht
        achvollziehbar. Vorhandene Strukturen und gelungene
        odelle ignoriert dieser Gesetzentwurf: die Koordinie-
        Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32383
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        rungsstellen für gesundheitliche Chancengleichheit, die
        Landesvereinigungen für Gesundheitsförderung, den Öf-
        fentlichen Gesundheitsdienst und das Gesunde-Städte-
        Netzwerk. Stattdessen schafft er nur Doppelstrukturen
        und unnötige Bürokratisierung. Und was nützt ein Be-
        richt alle vier Jahre, wenn schon bei der Festlegung von
        Handlungsfeldern und Kriterien für Leistungen wie Be-
        darf, Zielgruppen, Zugangswegen und Qualität der An-
        gebote unabhängiger Sachverstand nicht mehr vorgese-
        hen ist?
        Die jetzt kurzfristig vorgelegten Änderungsanträge
        bringen keine entscheidenden Verbesserungen. Der zen-
        trale Webfehler – die Konzentration nur auf Änderungen
        im SGB V – bleibt und kann die entscheidende Wende
        für Gesundheitsförderung und Prävention nicht bringen.
        Auch die angehängten Regelungen zur Strafbarkeit
        von Korruption im Gesundheitswesen bleiben unzuläng-
        lich. Es reicht nicht, wenn nur die Korruption in Bezug
        auf Leistungen nach dem SGB V unter Strafe gestellt
        wird. Auch Patienten, die privat versichert sind oder
        IGeL-Leistungen in Anspruch nehmen, müssen sicher
        sein können, dass die Behandler ausschließlich das ge-
        sundheitliche Wohl des Patienten im Auge haben und
        nicht den persönlichen Gewinn.
        Unser Fazit: Dieser Gesetzentwurf gehört in den Pa-
        pierkorb, die nächste Bundesregierung muss ein echtes
        Gesetz für Prävention und Gesundheitsförderung vorle-
        gen.
        Daniel Bahr, Bundesminister für Gesundheit: Unver-
        ändert gilt: Die Gesundheit ist der Spitzenreiter auf der
        individuellen Wunschliste der Menschen. Verändert hat
        sich aber die Bedeutung der Gesundheit unter gesamtge-
        sellschaftlichen Gesichtspunkten; denn auch hier liegt
        sie inzwischen in ihrem Stellenwert ganz vorne.
        Mehr ältere und weniger junge Menschen, ein Wandel
        des Krankheitsspektrums, aber auch eine veränderte Ar-
        beitswelt machen die Gesundheit künftig zu einem be-
        deutenden Rohstoff für unser Land. Im Widerspruch
        dazu steht die Tatsache, dass die Gesundheitsförderung
        in Deutschland bei weitem noch nicht den Stellenwert
        hat, den sie haben müsste. Deshalb haben wir einen Ge-
        setzentwurf erarbeitet, der die richtige Prioritätensetzung
        verfolgt. Dazu gehört:
        Erstens. Wir bauen die Präventionsleistungen insge-
        samt deutlich aus und legen dabei einen besonderen
        Schwerpunkt auf die Leistungen zur Prävention in den
        Lebenswelten der Menschen. Wir wollen die Menschen
        dort erreichen, wo sie leben, wo sie lernen und wo sie ar-
        beiten.
        Zweitens. Was im Kindes- und Jugendalter nicht ge-
        lernt wird, rächt sich später. Deshalb werden wir dafür
        sorgen, dass die Präventionsleistungen für Kinder und
        Jugendliche ausgebaut werden. Kurse, die die Kranken-
        kassen vor allem aus Marketinggründen anbieten, brin-
        gen niemanden weiter.
        Deshalb werden wir drittens die Wirksamkeit und
        Qualität von Prävention verbessern. Uns geht es um Prä-
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        entionsleistungen, die die Menschen in die Lage verset-
        en, ihre Gesundheit zu verbessern. Deshalb werden wir
        ie Angebote an gesetzlich festgelegten Zielen ausrich-
        n und die Qualität der Leistungen überprüfen.
        Uns bleiben für diese Legislaturperiode nun zwei
        öglichkeiten: Zum einen haben wir die Chance, Ge-
        undheitsförderung und Prävention ein großes Stück vo-
        nzubringen; denn es gibt hier – darin sind sich fast alle
        kteure einig – viel zu tun. Zum anderen können wir
        ber auch überflüssige Diskussionen führen, wie dies in
        en letzten Wochen immer wieder versucht wurde, bei-
        pielsweise durch Behauptungen, mit den für die Prä-
        ention vorgesehenen Finanzmitteln könne nichts er-
        icht werden, das sei alles viel zu wenig.
        Die Forderung von Herrn Lauterbach, die wir hier vor
        inigen Wochen zu hören bekamen, „man müsse Geld in
        ie Hand nehmen“, ist angesichts dessen, was die rot-
        rüne Regierung seinerzeit zur Stärkung der Prävention
        r ausreichend hielt, bemerkenswert.
        Wenn man den von der rot-grünen Regierungskoali-
        on im Jahr 2005 vorgelegten Gesetzentwurf zur Stär-
        ung der gesundheitlichen Prävention neben den heute
        ier zur Beschlussfassung anstehenden Gesetzentwurf
        gt, müssen Sie sich von der Opposition folgende Frage
        efallen lassen: Was war denn Ihr damaliger Gesetzent-
        urf, wenn es so ist, wie sich Herr Lauterbach hier vor
        inigen Wochen äußerte, dass wir mit dem Gesetzent-
        urf nämlich „de facto nichts beschließen“? Ich kann Ih-
        r Erinnerung auf die Sprünge helfen. Die Antwort
        uss nämlich lauten: weniger als nichts.
        Hinter unserem Gesetzentwurf steht ein Finanzvolu-
        en für Prävention von fast einer halben Milliarde Euro.
        er Löwenanteil der Mittel wird für regionale Gesund-
        eitsarbeit mit den Menschen eingesetzt, die sie benöti-
        en, um ihre Gesundheitschancen zu verbessern.
        Künftig werden die Krankenkassen mit mindestens
        80 Millionen Euro strukturfördernde Maßnahmen in
        nd für gesundheitsförderliche Lebenswelten unterstüt-
        en – sei es in Betrieben, in Kitas und Schulen oder in
        ozialen Brennpunkten. Dies werden sie im Zusammen-
        irken mit den zuständigen Stellen in den Ländern, mit
        en Verantwortlichen vor Ort und den Menschen in den
        ebenswelten umsetzen.
        Auch wenn es die Opposition nicht wahrhaben will:
        it diesem Mittelansatz liegen wir deutlich über dem Fi-
        anzvolumen des Gesetzentwurfs der rot-grünen Regie-
        ng aus dem Jahr 2005. Dieser Gesetzentwurf, den Sie
        o gerne und häufig als echtes Präventionsgesetz postu-
        eren, hatte für die Leistungen zur Prävention und Ge-
        undheitsförderung gerade einmal 250 Millionen jähr-
        ch vorgesehen, und davon sollten noch 50 Millionen
        uro für die Schaffung unnötiger bürokratischer Struktu-
        n aufgewendet werden – Stiftung Prävention. Für die
        esetzliche Krankenversicherung sollte die Neuregelung
        ogar aufkommensneutral sein. Für die betriebliche Ge-
        undheitsförderung und für individuelle Präventions-
        aßnahmen sah Ihr Gesetzentwurf insgesamt nur
        00 Millionen Euro vor.
        32384 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
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        Unser Gesetzentwurf sieht allein für die betriebliche
        Gesundheitsförderung ein Ausgabevolumen von min-
        destens rund 140 Millionen Euro vor, und zwar zusätz-
        lich zu den Mitteln für Individualmaßnahmen. Vor die-
        sem Hintergrund wird deutlich: Die Vorwürfe der
        Opposition, unser Gesetzentwurf sei „nicht weitreichend
        genug“ oder verfolge gar „veraltete Ansätze“, weil wir
        vermeintlich zu wenig Geld für Settingleistungen vorsä-
        hen, entbehren nicht nur jeglicher Grundlage, sie lassen
        vielmehr auch Ihren eigenen Gesetzentwurf im Nach-
        hinein mehr als fragwürdig erscheinen; denn dieser hatte
        neben deutlich geringeren Ausgaben für Präventionsleis-
        tungen sogar eine Kürzung der Leistungen anderer Sozial-
        versicherungsträger einkalkuliert.
        So wollten Sie bei der Rentenversicherung entstehende
        Mehraufwendungen für Prävention durch Einsparungen
        bei der medizinischen Rehabilitation ausgleichen. Der-
        artige Umschichtungen zulasten ebenso wichtiger medizi-
        nischer Rehaleistungen sieht unser Gesetzentwurf nicht
        vor.
        Eine weitere Behauptung stellt die angeblich fehlende
        Einbeziehung insbesondere der Präventionsakteure in
        den Ländern und Kommunen in den Mittelpunkt. An der
        Notwendigkeit der Zusammenarbeit aller Akteure be-
        steht überhaupt kein Zweifel. Aber – und das betone ich
        nochmals ganz deutlich – jegliche Lösungswege, um in
        der Gesundheitsförderung und der Prävention die Ko-
        operation der Akteure und die Koordination der Leistun-
        gen zu verbessern, müssen verfassungsrechtlich sauber
        sein.
        Auch ein Präventionsgesetz des Bundes muss sich im
        Rahmen des bundesstaatlichen Kompetenzgefüges be-
        wegen. Die Länder müssen in der Gesundheitsförderung
        ihre Aufgaben wahrnehmen und der Bund seine. Dessen
        ungeachtet muss Gesundheitsförderung am Ort des Ge-
        schehens stattfinden. Deshalb verpflichten wir die Kran-
        kenkassen dazu, insbesondere in den Lebenswelten der
        Menschen mit den vor Ort zuständigen Stellen zu koope-
        rieren und die Versicherten zu beteiligen.
        Mit unserem Gesetzentwurf leisten wir einen wesent-
        lichen Beitrag, um der sozialbedingten Ungleichheit von
        Gesundheitschancen entgegenzutreten. In Zeiten, in de-
        nen die Krankenkassen immer weniger für Präventions-
        maßnahmen ausgeben, sorgen wir dafür, dass die Kran-
        kenkassen künftig Prävention in einem bislang nie da
        gewesenen Umfang betreiben müssen, und zwar gerade
        in den Lebenswelten.
        Und wir setzen die richtigen Schwerpunkte, da wir ei-
        nen echten Beitrag zur Verringerung gesundheitlicher
        Ungleichheit leisten wollen. Künftig werden zwei Drittel
        der Präventionsmittel und damit soviel wie noch nie für
        die Förderung gesundheitsförderlicher Strukturen in den
        Kommunen, Ländern und Betrieben ausgegeben.
        Wer sich jetzt diesem Gesetzentwurf verschließt, ver-
        weigert deshalb gerade den sozial benachteiligten Men-
        schen gleiche Chancen auf ein möglichst gesundes und
        möglichst langes Leben.
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        Im Zusammenhang mit dem Präventionsförderungs-
        esetz setzen wir auch auf die Kompetenz der Ärztinnen
        nd Ärzte. Schon angesichts der Tatsache, dass 90 Pro-
        ent der Erwachsenen einmal im Jahr ihren Arzt aufsu-
        hen, haben die Ärzte die besten Möglichkeiten, um auf
        esundheitsrelevante Lebensweisen Einfluss zu nehmen.
        ie Menschen vertrauen ihrem Arzt oder ihrer Ärztin
        nd nehmen ihre Ratschläge ernst.
        Dieses Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Pa-
        ent gilt es zu erhalten. Deshalb werden wir korruptives
        erhalten einiger Mediziner nicht dulden und wirksam
        ekämpfen. Dazu haben wir einen Änderungsantrag in
        as Gesetzgebungsverfahren zum Präventionsförderungs-
        esetz eingebracht, der das Verbot der Bestechlichkeit
        nd Bestechung von Leistungserbringern enthält, das
        ich auf alle Leistungsbereiche in der GKV und alle
        erufsgruppen erstreckt, die an der Versorgung der Ver-
        icherten beteiligt sind. Außerdem wird ein an den Be-
        techungsdelikten des StGB angelehnter Straftatbestand
        SGB V aufgenommen, der an dieses Verbot anknüpft.
        anach werden insbesondere Verstöße gegen das sozial-
        ersicherungsrechtliche Verbot der Verordnung oder Zu-
        eisung gegen Entgelt unter Strafe gestellt, sofern es
        ich dabei nicht nur um lediglich geringwertige Zuwen-
        ungen handelt.
        Die Regelung schützt die Versicherten, weil sie wirklich
        icher sein können, dass beispielsweise der Arzt ihnen ein
        edikament allein aus medizinisch-therapeutischen Grün-
        en verordnet und nicht, weil sich vielversprechende Ver-
        ünstigungen eines Pharmaunternehmens dahinter verber-
        en. Sie schützt aber auch die Krankenkassen vor korrup-
        onsbedingten Mehrkosten und sichert so die Wirtschaft-
        chkeit der Versorgung, und sie schützt die verschiedenen
        eistungsanbieter vor korruptionsbedingter Benachteili-
        ung und sichert so die Lauterkeit und Fairness des Wett-
        ewerbs im Gesundheitsmarkt.
        Korruption im Gesundheitswesen schadet allen. Ein-
        elne bestechliche Leistungserbringer können das Anse-
        en der großen Mehrheit der verantwortungsvoll und
        dlich arbeitenden Ärzte, Apotheker und der anderen
        ngehörigen der Heilberufe empfindlich schädigen. Mit
        iesem Änderungsantrag wollen wir das Vertrauen der
        atientinnen und Patienten in die Unabhängigkeit der
        ehandelnden Ärztinnen und Ärzte und der anderen
        eilberufe erhalten und stärken.
        nlage 28
        Zu Protokoll gegebene Reden
        zur Beratung:
        – Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen
        vom 31. Mai 2013 zwischen der Bundes-
        republik Deutschland und den Vereinigten
        Staaten von Amerika zur Förderung der
        Steuerehrlichkeit bei internationalen Sach-
        verhalten und hinsichtlich der als Gesetz
        über die Steuerehrlichkeit bezüglich Aus-
        landskonten bekannten US-amerikanischen
        Informations- und Meldebestimmungen
        Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32385
        (A) )
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        – Beschlussempfehlung und Bericht zu den
        Anträgen:
        – Aggressive Steuerplanung und Steuer-
        vermeidung internationaler Konzerne
        bekämpfen
        – Globale Steuergestaltung verhindern –
        Regulierungsschlupflöcher stopfen
        – Steuerzahlungen multinationaler Unter-
        nehmen transparent machen – Country-
        by-Country-Reporting in Deutschland
        einführen und in Europa vorantreiben
        – Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung
        der Bekämpfung von Steuerstraftaten
        (Tagesordnungspunkt 26 a bis c)
        Manfred Kolbe (CDU/CSU): Ende Mai 2013 hat die
        Bundesregierung ein bilaterales Abkommen zum auto-
        matischen Informationsaustausch mit den USA ge-
        schlossen. Dieses wollen wir mit dem heutigen Gesetz in
        deutsches Recht gießen.
        Demnach verpflichten sich die Steuerverwaltungen
        beider Länder, bei ihren Finanzinstituten für die Besteue-
        rung relevante Daten zu erheben und auszutauschen.
        Ausgangspunkt ist ein Steuergesetz der USA aus dem
        Jahr 2010, FATCA. Es bestimmt, dass ausländische
        Finanzinstitute die amerikanischen Steuerbehörden über
        Konten von US-Bürgern informieren müssen. Kommen
        sie dieser Pflicht nicht nach, müssen sie eine Quellen-
        steuer von 30 Prozent auf Erträge abführen, die das
        Finanzinstitut aus US-Quellen bezieht.
        Das jetzt unterzeichnete Abkommen beruht auf einem
        Musterabkommen, das verschiedene europäische Staaten
        zusammen mit den USA erarbeitet haben.
        Der heute vorliegende Gesetzentwurf ist ein wichtiger
        Baustein in der Strategie der Bundesregierung zur Be-
        kämpfung der internationalen und nationalen Steuerhin-
        terziehung. Das Abkommen mit den USA soll nach un-
        serem Willen auch Grundlage und Muster für einen
        (erweiterten) automatischen Informationsaustausch in-
        nerhalb der Europäischen Union sein. Wir gehen damit
        den bereits seit 2009 beschrittenen Weg der bilateralen
        Kooperation weiter. Denn Steuerbetrüger können wir nur
        in gemeinsamer Arbeit bekämpfen. Dies führt zum Er-
        folg, und diesen sehen wir auch an über 42 unter der
        christlich-liberalen Koalition abgeschlossenen bilatera-
        len Abkommen für den Informationsaustausch in Steuer-
        sachen.
        Des Weiteren wird durch die zügige gesetzgeberische
        Umsetzung der deutschen Kreditwirtschaft rechtzeitig
        Planungssicherheit gegeben, damit entsprechende Mel-
        depflichten ordnungsgemäß eingehalten werden können.
        Die Opposition von SPD und Grünen möchte uns mit
        ihren Schaufensteranträgen wieder einmal zeigen, wie
        man angeblich richtig Steuerhinterziehung bekämpft.
        Aber sie ist der Zeit damit wieder einmal hinterher:
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        Zu dem Thema „Gewinnverschiebungen großer inter-
        ationaler Konzerne“ hat der Bundestag bereits am
        1. März 2013 (Bundestagsdrucksache 17/12827) einen
        ntrag beschlossen. Die Initiative hierzu ging von den
        oalitionsfraktionen aus. Insbesondere wird darauf ver-
        iesen, dass noch im Juni 2013 ein Bericht der OECD
        it konkreten Handlungsempfehlungen zu erwarten ist.
        ie Umsetzung der Handlungsempfehlungen wird die
        undesregierung zusammen mit dem britischen und dem
        anzösischen Amtskollegen mit allem Nachdruck vo-
        ntreiben. Wir sind also bereits weiter als Ihre bloße
        orderung. Dass Sie auch früher wenig Interesse an ei-
        er effektiven Bekämpfung der Steuerhinterziehung hat-
        n, zeigen die Zahlen: Unter SPD-Finanzminister
        teinbrück wurden in vier Jahren ganze sechs Informa-
        onsaustauschabkommen abgeschlossen. CDU/CSU und
        DP haben in dreieinhalb Jahren bereits 42 unterzeich-
        et.
        Das FATCA-Abkommen passt sich, wie bereits er-
        ähnt, lückenlos und konsequent in die erfolgreiche
        trategie unserer Koalition zur Bekämpfung der Steuer-
        interziehung ein. Was hat Rot-Grün zwischen 1998 und
        005 gemacht? Nichts!
        Das Einzige, was in Erinnerung geblieben ist, ist
        ichels Steueramnestie. Die Bemessungsgrundlage bei
        er Einkommensteuer wurde auf 60 Prozent abgesenkt,
        ei der Erbschaftsteuer teilweise auf 20 Prozent. Eichels
        teueramnestie, das war das Wesentliche in sieben Jah-
        n Rot-Grün.
        Dann kam die Große Koalition, und der Kampf gegen
        ie Steuerhinterziehung begann, wenn auch zunächst un-
        r SPD-Minister Steinbrück zaghafter als heute. Wir ha-
        en den Tatbestand der bandenmäßigen Umsatzsteuer-
        interziehung eingeführt. Wir haben die Möglichkeit der
        elekommunikationsüberwachung auch bei schwerer
        teuerhinterziehung eingeführt. Wir haben die Verlänge-
        ng der Verjährungsfrist für schwere Steuerhinterzie-
        ung verabschiedet – gemeinsam.
        Herr Steinbrück war eher für die Abteilung Klamauk
        uständig: Kavallerie, dann die armen Indianer und Oua-
        adougou. Ich weiß nicht, was die Republik Burkina
        aso oder die Ureinwohner Nordamerikas mit Steuerhin-
        rziehung zu tun haben sollen. Das war eher die Abtei-
        ng Klamauk, während die Sacharbeit von anderen ge-
        istet wurde.
        2009 kam dann die christlich-liberale Koalition. Wir
        aben ohne irgendwelchen Druck von außen den Tatbe-
        tand der strafbefreienden Selbstanzeige verschärft. Wir
        aben das aus eigener Initiative gemacht.
        Wir haben die Teilselbstanzeige abgeschafft. Wir ha-
        en den Zeitpunkt der Entdeckung vorverlegt. Wir haben
        inen Zuschlag auf Hinterziehungszinsen eingeführt.
        Die internationalen Anstrengungen habe ich bereits
        rwähnt.
        Das heute vorliegende Abkommen mit den USA,
        ATCA, ist ein wichtiger Baustein bei der Bekämpfung
        er Steuerhinterziehung. Es fügt sich nahtlos in die bis-
        erigen internationalen Abkommen und Anstrengungen
        32386 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
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        ein. Keine Bundesregierung hat auf diesem Gebiet bis-
        her so viel geleistet. Wir wollen diesen Weg auch nach
        der Bundestagswahl weitergehen!
        Lassen Sie mich zum Schluss mit einem Zitat des
        deutschen Nationalökonomen Hans Karl Schneider
        schließen: „Wer mehr als die Hälfte seines Einkommens
        an das Finanzamt abführen muss, ist mehr darauf be-
        dacht, Steuern zu sparen, als darauf, Geld zu verdienen.“
        Dieser Gedanke weist uns auch daraufhin, dass die
        Steuerhinterziehung auch durch die Einführung eines
        einfachen und gerechten Steuersystems mit niedrigen
        Steuersätzen bekämpft werden kann. Das ist das Ziel
        dieser Koalition und meiner Partei CDU. Einkommen-
        steuersätze bis zu 75 Prozent, wie das die französischen
        Genossen praktizieren, sind der falsche Weg. Damit wird
        die Steuerhinterziehung eher befördert. Wir gehen des-
        halb unseren Mittelweg weiter. Das bedeutet eine ener-
        gische Bekämpfung der Steuerhinterziehung sowie ein
        einfaches und gerechtes Steuersystem mit niedrigen
        Steuersätzen.
        Lothar Binding (Heidelberg) (SPD): Unser Kanzler-
        kandidat Peer Steinbrück hat es in der Debatte am 7. Juni
        bereits deutlich gesagt: Ohne Steuerbetrug und ohne die
        Möglichkeiten legaler, aber nicht legitimer Steuerver-
        meidung bzw. Steuergestaltung wären weit mehr öffent-
        liche, auch private, Investitionen möglich. Die Steuern
        könnten niedriger sein, und die Neuverschuldung könnte
        schneller abgebaut werden. Wenn wir uns darin einig
        wären, wie wir diesem Missbrauch – zum eigenen Vor-
        teil auf Kosten der Allgemeinheit – Herr werden wollen,
        brauchten wir darüber keine langen Debatten zu führen.
        Dass es Schwachstellen gibt, darin besteht kein Zwei-
        fel; sie zu vermeiden, ist die Herausforderung. So wur-
        den im Laufe dieser Legislaturperiode viele Entwürfe,
        Anträge, Aspekte, Lösungswege, Scheinlösungswege,
        Irrwege und Strategien diskutiert, und es wurden verein-
        zelt durchaus tragfähige Lösungen gefunden. Schaut
        man sich jedoch die Vorschläge und Initiativen der SPD-
        Bundestagsfraktion an, ist zu sehen, dass wir erheblich
        weiter nach vorne gegangen sind. Unsere Ideen und
        Strategien zur Verhinderung von Steuervermeidung und
        Steuerhinterziehung, ganz besonders dort, wo sie am
        schwersten zu regulieren ist, nämlich bei den grenzüber-
        schreitenden Steuergestaltungen, waren mutiger und
        konsequenter. Ich erinnere an unsere Debatte zum
        Selbstbehalt, zum Trennbankensystem, zur Finanztrans-
        aktionsteuer, ich erinnere an das misslungene Steuerab-
        kommen mit der Schweiz, aber auch an unanständig
        hohe Vergütungen von Fehlleistungen bestimmter Mana-
        ger. Immer – ich wüsste keine Ausnahme – hat Schwarz-
        Gelb Monate, oft Jahre, gebraucht, sich unseren Vor-
        schlägen – und dann oft noch halbherzig – anzuschlie-
        ßen. Weil die Vorstellungen der Koalition und erst recht
        die gesetzgeberische Umsetzung den gesellschaftlichen
        Entwicklungen, auch der Entwicklung der Gauner und
        Betrüger, immer ein wenig hinterherhinken, konnten in
        der Zwischenzeit häufig zahlreiche Konzerne, Unterneh-
        men und Firmen, aber auch Einzelpersonen – darunter
        auch eine ganze Reihe von Steuerkriminellen – die vor-
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        andenen Schlupflöcher und Regulierungsfehlstellen für
        ich erfolgreich nutzen – gegen den Fiskus, gegen die
        esellschaft, gegen das Allgemeinwohl. Damit werfe
        h nicht zwingend Unfähigkeit vor; mir geht es viel-
        ehr um die unterschiedliche Wahrnehmung, um unter-
        chiedliche Urteile. Wer zum Beispiel dem Fiskus 1 Mil-
        arde Euro in schwerer Zeit hoher Staatsverschuldung
        ntzieht und diese Milliarde einer kleinen Gruppe Hotel-
        esitzer gibt, statt dieses Geld wenigsten den Kommu-
        en zu geben, die damit ein Vielfaches dieser Summe in
        ffentliche Investitionen lenken, zeigt damit, welches
        enken dieser Politik zugrunde liegt. Damit wird auch
        eutlich, warum das Interesse von Schwarz-Gelb so ge-
        ng ist, sich wirksam und für die Gauner schmerzhaft
        r die staatlichen, die allgemeinen Interessen zu ver-
        enden.
        Dabei gilt es für uns, immer wieder zu betonen, dass
        der Steuerbetrug immer auch das Vertrauen in den
        echtsstaat untergräbt und ein solidarisches Zusammen-
        ben gefährdet.
        Wenn es um Steuergerechtigkeit und das Gegenteil
        die Aktivitäten im Zusammenhang mit Steuerhinter-
        iehung und Steuervermeidung – geht, dann müssen wir
        ur einen Blick in die Tageszeitung werfen, um zu se-
        en, wie aktuell das noch ist und wie zwingend rege-
        ngsbedürftig. Zum einen kann man in der Zeitung
        sen, dass die französische Bankenaufsicht ACP eine
        trafzahlung von 10 Millionen Euro gegen die französi-
        che Filiale der Schweizer Großbank UBS verhängt hat,
        eil sie bei der Kontrolle von möglichem grenzüber-
        chreitendem Steuerbetrug zu „lax“ gewesen sei. Dies
        etrifft uns erst einmal nicht, sondern das französische
        echts- und Finanzsystem, aber es ist ein Zeichen für die
        rforderlichkeit einer wirksamen und zuverlässigen
        ontrolldichte. Zum anderen können wir dann auch le-
        en, dass die Bundeskanzlerin auf dem G-8-Gipfel im
        ischen Enniskillen zu mehr Zurückhaltung mahne,
        uch um die deutschen Firmen im internationalen Wett-
        ewerb und auf ausländischen Märkten nicht durch eine
        trengere Regulierung zu benachteiligen. Dies sei ihr
        eutlich geworden, nachdem sie sich von Experten und
        nternehmen habe beraten lassen. Es werden andere
        nternehmen gewesen sein als diejenigen, deren Daten
        urch die Organisation von Journalisten ICIJ online ge-
        tellt wurden.
        Debattieren wir über Steuergerechtigkeit und oft in-
        ansparente internationale Finanzströme, ist in dem Zu-
        ammenhang auch die hier diskutierte FATCA-Initiative
        er USA wichtig. Auf der Grundlage von den USA ein-
        eführter Vorschriften des Foreign Account Tax Compli-
        nce Acts sollen und wollen sich Deutschland und die
        SA in einem Abkommen verpflichten, für Zwecke der
        esteuerung von Unternehmen in Deutschland und in
        en USA Steuerpflichtigen Daten von Finanzinstituten
        u erheben und auszutauschen. Gemeinsames Ziel dabei
        t, die umfassende Besteuerung von Steuerpflichtigen
        icherzustellen, indem ausländische Finanzintermedi-
        re, wie unter anderem Banken, auf Mitwirkungspflich-
        n verpflichtet werden, auch bezogen auf solche Aktivi-
        ten in Tochter- und Muttergesellschaften außerhalb der
        SA. Auf bestimmte Erträge, insbesondere Kapital-
        Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32387
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        )(B)
        erträge, soll eine Quellensteuer in Höhe von 30 Prozent
        erhoben werden, wenn das Finanzinstitut die Informatio-
        nen über die Konten von in den USA Steuerpflichtigen
        nicht zur Verfügung stellt. Damit soll ausgeschlossen
        werden, dass durch die Zwischenschaltung ausländi-
        scher Finanzinstitute und Finanzdienstleister Steuern
        hinterzogen werden können, indem durch die Verwen-
        dung ausländischer Konten und Depots Einkommen ver-
        steckt und verheimlicht werden.
        Im Gegensatz zu dem bedenklichen Abkommen mit
        der Schweiz ist dies ein guter Gedanke und ein vielver-
        sprechender Ansatz. Positiv daran ist, dass dadurch die
        Diskussion über die Bekämpfung von Steuervermeidung
        und Steuerhinterziehung aufrechterhalten wird. Diese öf-
        fentliche Debatte brauchen wir, um durch die Schaffung
        von Transparenz Steuervermeidung und Steuerhinterzie-
        hung zu verhindern, wenigstens aber zu erschweren;
        denn nach wie vor sind die größten Probleme grenzüber-
        schreitende Anonymität und der Mangel an Informatio-
        nen. Gott sei Dank sind wir nach jahrelanger Überzeu-
        gungsarbeit heute alle so weit, die Einführung eines
        automatischen Informationsaustausches zu wollen.
        Dem entspricht auch der gemeinsam mit den Kolle-
        ginnen und Kollegen von Bündnis 90/Die Grünen ein-
        gebrachte Antrag zum Country-by-Country-Reporting,
        wonach Unternehmen zur Bekämpfung der aggressiven
        Steuerplanung zu einer länderbezogenen Berichterstat-
        tung über ihre Gewinne, Verluste und ihre Steuerzahlun-
        gen verpflichtet werden sollen. Auf nationaler Ebene
        soll eine länderbezogene Berichterstattung für deutsche
        große Kapitalgesellschaften vorgeschrieben werden, und
        wir wollen uns auf europäischer Ebene dafür einsetzen,
        dass die EU zeitnah das Country-by-Country-Reporting
        einführt. Wir sind froh, dass solche Gedanken inzwi-
        schen von der OECD und sogar der Kommission unter-
        stützt und vorangetrieben werden. So gesehen gerät
        Schwarz-Gelb trotz aller Zögerlichkeit der Kanzlerin in
        Europa in die Zange, zwischen die Opposition im Deut-
        schen Bundestag und die Aktivitäten in der EU. Wir
        warten darauf, dass sich die Kanzlerin an die Spitze der
        Bewegung setzt und alles schon seit Jahren gewollt ha-
        ben will, ähnlich wie bei der Atomkraft, der Wehrpflicht
        oder der Finanztransaktionsteuer.
        Noch besser wäre es, wenn wir auch in Deutschland,
        in Europa und global das Problem konsequent angehen
        würden. Die Bundesregierung, das ist zum Ende der Le-
        gislaturperiode festzustellen, hat in den vier Jahren ihrer
        Regierungszeit zögerlich gearbeitet. Deshalb kommt
        jetzt am Ende der Legislaturperiode plötzlich ein Vor-
        schlag nach dem anderen, was alles zu tun sei – in der
        nächsten Legislaturperiode. Und jeder fragt sich, warum
        das in den vergangenen vier schwarz-gelben Jahren nicht
        schon erledigt wurde. Na, jeder fragt sich das nicht. Wir
        wissen ja, warum. Der neoliberale Virus ist noch viru-
        lent.
        Es zeigt sich jetzt, auch bei dem täglichen Blick in die
        Zeitung, dass die bisherigen Bemühungen nicht wirklich
        wirksam waren, auch wenn wir Finanzpolitiker im
        Finanzausschuss in der jüngsten Zeit mit mehr als
        90 Regulierungsvorschlägen befasst waren. Wichtig ist
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        ns dabei jedoch nicht die Anzahl, nicht die Quantität,
        ondern immer noch die Wirksamkeit, die Qualität unse-
        r Arbeit. Und da gibt es hinsichtlich legaler und illega-
        r Steuervermeidung und Steuerhinterziehung noch viel
        u tun.
        Wie man wirksam und effizient gegen eine aggressive
        teuerplanung und Steuervermeidung internationaler
        onzerne vorgehen kann und auch sollte, lässt sich aus
        nseren Forderungen an die Bundesregierung ableiten,
        it denen wir sie unter anderem auffordern, die Initiati-
        en der G 20 und der OECD, ich denke speziell an die
        itiative BEPS, gegen Steueroasen und die Steuerver-
        eidung internationaler Konzerne zu unterstützen, sich
        ktiv gegen schädlichen Steuerwettbewerb in der Euro-
        äischen Union zu engagieren und sich für die konse-
        uente Umsetzung des Aktionsplans der Europäischen
        ommission zur Verstärkung der Bekämpfung von Steu-
        rbetrug und Steuerhinterziehung einzusetzen.
        Was wir jetzt brauchen, ist ein umfassender, interna-
        onaler und strategischer Ansatz zur Bekämpfung von
        teuerkriminalität, um die Interessen der zahlreichen
        hrlichen Steuerzahler zu wahren. Dabei ist das Vorge-
        en der USA konsequenter. Will man eine vollständige
        ransparenz herstellen, dann liegt die Verpflichtung zu
        iner Offenlegung der entsprechenden Daten und eine
        Strafzahlung“ im Falle der Weigerung sicherlich nahe.
        Wir stehen für eine Zusammenarbeit der Staaten bei
        er Besteuerung grenzüberschreitender Sachverhalte
        nd sind der Ansicht, dass es keine Rechtfertigung dafür
        ibt, ausländischen Staaten die hierfür notwendigen Da-
        n vorzuenthalten. Dies betrifft nicht nur die Erhöhung
        es OECD-Standards für den steuerlichen Auskunftsaus-
        usch, auch unter Einbeziehung von Sanktionen gegen
        eniger kooperative Staaten.
        Wir stimmen dem Antrag deshalb zu, allerdings ver-
        unden mit einer deutlichen Skepsis an der Wirksamkeit
        er in Art. 6 des Abkommens niedergelegten gegenseiti-
        en Verpflichtung zur weiteren Verbesserung und Wirk-
        amkeit des Informationsaustausches und der Transpa-
        nz. Besonders bedeutsam, aber auch wertvoll, ist dabei
        as Wort „gegenseitig“. Diese Gegenseitigkeit ist in die-
        em Abkommen im Zusammenhang mit den rechtlichen
        egebenheiten noch nicht so verankert, wie es bei einem
        bkommen auf Augenhöhe der Fall sein sollte. Wozu
        in Mangel an Parität führen kann, haben uns die Ver-
        andlungen zum deutsch-schweizerischen Steuerabkom-
        en gezeigt, in denen die Schweizer Regierung bemüht
        ar, das dortige Bankgeheimnis möglichst weitgehend
        u schützen, und in denen wir auf Strafverfolgung und
        teueransprüche verzichtet hätten. So stellen wir uns das
        icht vor.
        Betrachtet man dann aber das Abkommen und seine
        inzelnen Bestimmungen, dann sehen wir ganz deutlich
        in Ungleichgewicht. Es gibt unzweifelhaft große Unter-
        chiede zwischen dem, was wir an Informationen zu
        efern verpflichtet wären, und dem, was die USA im
        egenzug an Informationen zu liefern bereit und im-
        tande wäre. Dafür kann man einen Blick in den Art. 2
        es Abkommens werfen und die Informationspflichten
        32388 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
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        von Deutschland an die USA aufführen und umgekehrt
        von den USA an Deutschland.
        Was wir an die amerikanischen Finanzbehörden wei-
        tergeben würden, wären beispielsweise die Kapitaler-
        träge, die Veräußerungserträge und die Kontostände.
        Was wir bekommen würden, wären die Zins- und die Di-
        videndenerträge. Das ist von dem Ziel eines gleichwerti-
        gen Informationsniveaus noch sehr weit entfernt. Da der
        Grund im amerikanischen Rechtssystem liegt, weil die
        Behörden nur die Daten liefern können, die ihnen nach
        ihrem Recht zu erheben und weiterzugeben erlaubt sind,
        fragen wir uns natürlich, wie sich ein gleichwertiger In-
        formationsaustausch herstellen ließe, wenn die Grenzen
        auch dadurch entstehen, dass Informationen nach dem
        gegenwärtigen amerikanischen Recht nicht den Melde-
        pflichten unterliegen.
        Wir wurden durch das Bundesministerium der Finan-
        zen darauf hingewiesen, dass man sich in den Verhand-
        lungen darauf geeinigt habe, dass ein gleichwertiges In-
        formationsniveau hergestellt werden soll. Entsteht aber
        das Ungleichgewicht dadurch, dass ein symmetrischer
        Informationsaustausch aufgrund der nationalen Geset-
        zeslage in den USA momentan nicht möglich ist, dann
        fragen wir uns – angesichts des amerikanischen Rechts-
        setzungsverfahrens, aber auch der Mehrheitsverhältnisse
        im Kongress – nach der Wahrscheinlichkeit einer Ände-
        rung und einem möglichen Zeithorizont. Bis dahin wird
        ein entsprechendes Maß an Daten weitergegeben, ohne
        dafür das Äquivalent zu erhalten, in der Hoffnung, dass
        sich dies eines Tages ändert.
        Darüber hinaus müssen wir uns, dies mit Blick auf
        den Art. 4 Absatz 1 des Abkommens die Frage stellen,
        welche Wirkungen es haben kann, wenn die Beurteilung
        eines Verhaltens dem Rechtssystem eines anderen Staa-
        tes gewissermaßen überlassen wird. Danach wird jedes
        meldende deutsche Finanzinstitut so behandelt, als
        würde es den § 1471 des Steuergesetzbuches der Verei-
        nigten Staaten einhalten. Damit geben wir in gewisser
        Weise einem anderen Rechtssystem das Regime über das
        Handeln in unserem Rechtssystem.
        Hier erkennen wir wieder ein Defizit der deutschen
        Regierung, das uns mit Blick auf die Mitgliedsländer der
        EU leider bekannt vorkommt. Es fehlt an interkultureller
        Kompetenz, an der Verständigung auf ein gemeinsames
        Maßsystem, wenigstens hinsichtlich der technischen Pa-
        rameter. Die Abstimmung über technische Prozesse er-
        laubt gleichwohl kulturelle Vielfalt. Das setzt aber eine
        qualifizierte Außenpolitik voraus.
        Wir werden dem Entwurf zustimmen, jedoch verbun-
        den mit dem Hinweis, dass der darin enthaltenen Asym-
        metrie baldmöglichst abgeholfen werden muss und sie
        kein Dauerzustand werden soll – gerade im Interesse der
        deutschen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. Dann erst
        handelt es sich um eine Regelung auf Augenhöhe zwi-
        schen gleichberechtigten Vertragspartnern.
        Wenn auch Sie sich dazu durchringen könnten, unse-
        ren Anträgen und dem gemeinsam mit den Grünen ein-
        gebrachten CbC-Reporting-Antrag zuzustimmen, könn-
        ten wir eine neue Stufe der internationalen Steuerpolitik
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        rreichen. Ich bin gespannt, ob Sie das parteipolitische
        alkül dem Wohl unserer Gesellschaft unterordnen.
        Holger Krestel (FDP): Mit dem vorliegenden Ge-
        etzentwurf zum Abkommen mit den Vereinigten Staa-
        n von Amerika tut sich nicht nur ein hervorragendes
        erkzeug zur Bekämpfung und Aufdeckung von Steuer-
        interziehung auf. Der Foreign Account Tax Com-
        liance Act, FATCA, ermöglicht durch seinen automati-
        chen Datenaustausch mit den US-amerikanischen
        teuerbehörden auch, Steuervermeidungsstrategien und
        ewinnverlagerung von international tätigen Unterneh-
        en aufzudecken.
        Großunternehmen und Mittelständler bilden mit ihren
        tandorten und den damit verbundenen Abführungen an
        ie öffentliche Hand das Rückgrat in der Finanzierung
        er deutschen Kommunen. Wenn aber Konzerne wie
        pple, Google und Ikea von unserer Infrastruktur und
        tabilen Wirtschaftslage profitieren und auf dem deut-
        chen Markt erfolgreich sind, dann müssen sie hier auch
        ie jeder andere Akteur ihren Anteil dazu leisten, damit
        eutschland auch weiterhin so ein attraktiver Wirt-
        chaftsstandort sein kann.
        Es darf nicht sein, dass sämtliche Gewinne als Li-
        enzgebühren veranschlagt und zu einer Holdinggesell-
        chaft auf den Bermudainseln verlagert werden und sie
        ich so aus der Verantwortung ziehen, während der Rest
        ahlt. Dafür kämpft die christlich-liberale Koalition er-
        lgreich seit ihrem Antritt, und der vorliegende Entwurf
        t dabei ein weiterer Schritt in die richtige Richtung.
        Die rot-grüne Initiative zur Einführung des Country-
        y-Country-Reporting ist hierbei jedoch wenig hilfreich.
        ie greifen mit Ihrem Antrag die Grundsätze des Steuer-
        eheimnisses an, ohne dass das einen praktischen Nut-
        en hätte. Die zuständigen Finanzämter müssen selbst-
        erständlich bereits mit sämtlichen relevanten Zahlen
        ersorgt werden. Was dabei dann übrig bleibt, ist das,
        as Sie wirklich damit bezwecken: einen öffentlichen
        teuerpranger. Ich muss Sie aber enttäuschen: Das Mit-
        lalter ist in Deutschland schon lange vorbei.
        Wir können im Kampf gegen Steuerhinterziehung
        nd -vermeidung nur erfolgreich sein, wenn wir interna-
        onal an einem Strang ziehen. Diesen Weg hat die
        hristlich-liberale Koalition erfolgreicher als jede Regie-
        ng vor ihr beschritten und zahlreiche internationale
        orstöße initiiert und Abkommen besiegelt.
        Es sind große diplomatische Erfolge, dass Länder wie
        uxemburg und Österreich ihre Bankgeheimnisse be-
        its aufgegeben haben – und das ganz ohne Kavallerie!
        as mit der Schweiz ausgehandelte Doppelbesteue-
        ngsabkommen hätte ebenso eine Erfolgsgeschichte
        erden können, bis es von der Opposition unter faden-
        cheinigen Argumenten blockiert wurde. Erstmals in der
        eschichte wären damit sämtliche in die Eidgenossen-
        chaft verbrachte deutsche Vermögen auch unter deut-
        ches Steuerrecht gefallen. Das hätte eine sofortige rück-
        irkende Zahlung von rund 10 Milliarden Euro an den
        eutschen Fiskus zur Folge gehabt. Das hätten 125 Euro
        Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32389
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        pro Bürger sein können – egal ob Steuerzahler oder
        nicht.
        Das soll Herr Steinbrück mal dem Durchschnittswäh-
        ler erklären; denn nachverhandeln wird die Schweiz
        nicht. Letzte Woche hat der Schweizer Nationalrat das
        Abkommen mit den USA, welches die Opposition stets
        als Vorbild angeführt hat, nämlich abgelehnt.
        Neben internationaler Kooperation bleibt das beste
        Mittel gegen Steuerhinterziehung und -vermeidung aber
        immer noch ein einfaches und faires Steuersystem, das
        den Bürgern und Unternehmen genug Raum zum Wirt-
        schaften lässt und nicht erdrückt, bevor sie produktiv
        werden können. Die Wahlprogramme der drei Opposi-
        tionsparteien kann man daher getrost als Aufforderung
        an alle Leistungsträger zum Verlassen Deutschlands an-
        sehen. Das geht so lange, bis Sie merken, dass keiner
        mehr da ist, um die Party zu bezahlen. Da wir hier in
        Berlin sind, kann man Ihre Ziele auch als die „Wowerei-
        tisierung des bundesdeutschen Finanzwesens“ bezeich-
        nen.
        Zum Glück wird es aber nicht so weit kommen; denn
        die Koalition wird ihre erfolgreiche Steuerpolitik auch in
        der nächsten Legislaturperiode so fortsetzen.
        Dr. Barbara Höll (DIE LINKE): Das heutige Thema
        ist die Bekämpfung von Steuerflucht sowie aggressiver
        Steuergestaltung. Hierzu liegen uns zahlreiche Initiati-
        ven vor. Zum einen der Gesetzentwurf der Bundesregie-
        rung zum Abkommen vom 31. Mai 2013 zwischen der
        Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staa-
        ten von Amerika, kurz FATCA, zum anderen Anträge
        der SPD und Grünen sowie ein Gesetzentwurf des Bun-
        desrates zur Verbesserung der Bekämpfung von Steuer-
        straftaten.
        Im Mittelpunkt der Debatte steht der Gesetzentwurf
        der Bundesregierung – das Abkommen zwischen den
        USA und Deutschland. Ausgangspunkt des Abkommens
        ist das im März 2010 erlassene FATCA-Gesetz. Mit
        FATCA wollen die USA zur Bekämpfung der Steuerhin-
        terziehung Finanzinstitute in die Pflicht nehmen. Insti-
        tute, die nicht bereit sind, ausländische Konten von US-
        Steuerpflichtigen zu identifizieren und Kontodaten zu
        übermitteln, müssten den FATCA-Quellensteuerabzug in
        Höhe von 30 Prozent auf Erträge und bestimmte Zahlun-
        gen aus den USA hinnehmen. FATCA sieht eigentlich
        eine direkte Verpflichtung der Finanzinstitute auf Infor-
        mationsweitergabe vor. Für die Fraktion Die Linke ist
        FATCA die Initiative, die die meiste Wirkung bei der
        Bekämpfung der internationalen Steuerhinterziehung
        und Verschleierung verspricht. Wir haben uns daher in
        unserem Antrag „Steueroasen trockenlegen – offshore und
        hierzulande“ vom 17. April 2013 (Drucksache 17/13129)
        auch positiv darauf bezogen. Allerdings beruhte diese
        Einschätzung vor allem auf der eigentlich in FATCA
        vorgesehenen Neuerung, wonach steuerrelevante Infor-
        mationen künftig direkt bei denen eingeholt werden sol-
        len, die über diese definitiv verfügen. Das sind Banken,
        sonstige Finanzinstitute und Finanzdienstleister. Sofern
        diese nicht mitmachen, droht ihnen eine Quellensteuer in
        Höhe von 30 Prozent auf aus den USA abfließende Zah-
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        ngen. Durch die mit jetzigen Abkommen vorgenom-
        ene zwischenstaatliche Umsetzung legt die Bundesre-
        ierung quasi ihre schützende Hand über die deutschen
        inanzinstitute, um diese vor der drastischen Quellen-
        teuer zu schützen. Bezeichnenderweise sehen die dem
        IFM-Steueranpassungsgesetz angefügten FATCA-Be-
        leitregelungen vor, dass vorsätzliche oder leichtfer-
        ge Verstöße gegen die Informationspflichten lediglich
        ls Ordnungswidrigkeit mit einem Bußgeld bis zu
        000 Euro behandelt werden. Die zwischenstaatliche
        msetzung von FATCA stellt damit eine Verwässerung
        es ursprünglichen Ansatzes der USA dar. Mit dem vor-
        egenden Abkommen hat die Bundesregierung eine
        hance vertan, die Beschaffung von steuerrelevanten In-
        rmationen auf eine effektivere Grundlage zu stellen.
        ie USA verfolgen hier den klaren Anspruch einer sank-
        onsbewehrten Informationspflicht von Finanzinstituten
        it dem Ziel einer lückenlosen Aufdeckung von Trans-
        ktionen ihrer Steuerpflichtigen. Dies erfolgt insbeson-
        ere im Hinblick auf grenzüberschreitende Verschleie-
        ngsaktivitäten, zum Beispiel durch Verschachtelungen
        nd Zwischenschaltungen. Die Bundesregierung bleibt
        agegen ihrem Ansatz verhaftet, die Reste des deutschen
        ankgeheimnisses zu wahren. Kapitalerträge sollen
        ach wie vor anonymisiert über die Abgeltungsteuer mit
        en Banken als Steuervollzieher erfasst werden. Dabei
        isten Banken aktiv Unterstützung zu Steuerhinterzie-
        ung und -vermeidung, wie es zum Beispiel die aktuel-
        n Aufdeckungen zu Ex-/Cum-Trades, Dividendenstrip-
        ing, zeigen.
        Das Abkommen stellt insgesamt eine Verbesserung
        ar, angesichts der erwähnten Mängel allerdings eine un-
        ureichende. Wir enthalten uns daher.
        Kurz zu den anderen Vorschlägen von SPD, Grünen
        nd Bundesrat: Dem gemeinsamen Antrag von Grünen
        nd SPD zur Einführung von Country-by-Country-Re-
        orting in Deutschland stimmen wir zu. Die Einführung
        er länderbezogenen Berichterstattung für große Kapi-
        lgesellschaften ist zu begrüßen; denn mehr Transpa-
        nz, die Offenlegung von Steuerzahlungen, Gewinnen,
        msätzen, Beschäftigten und Kapitalbeständen ist ein
        austein für die Steuervermeidung.
        Bei den beiden anderen Anträgen der SPD, Drucksa-
        hen 17/12819 sowie 17/13716, werden wir uns enthal-
        n. Die Anträge enthalten wenig Konkretes und nichts
        eues. Bei den wenigen konkreten Forderungen, wie
        um Beispiel die Fristenangleichung für die Festsetzung
        interzogener Steuern auf zehn Jahre, stimmen wir zu;
        ies fordern wir selbst in unserem viel weitergehenden
        ntrag „Steueroasen trockenlegen – offshore und hier-
        ulande“ (Drucksache 17/13129). Kritisch sehen wir die
        usführungen der SPD zum internationalen Steuerwett-
        ewerb; die SPD weist lediglich auf den sogenannten
        chädlichen Steuerwettbewerb hin. Unserer Meinung ist
        teuerwettbewerb jedoch generell schädlich; denn er un-
        rhöhlt die finanzielle Handlungsfähigkeit des Staates.
        Ebenso werden wir uns bei dem Gesetzentwurf des
        undesrates (Drucksache 17/13664), enthalten. Dem
        nliegen ist zwar grundsätzlich zuzustimmen, die kon-
        ret vorgeschlagenen Maßnahmen erachten wir jedoch
        32390 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
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        als zu pauschal. Und eine verschärfte Kriminalisierung
        von Bagatelldelikten ist ebenfalls nicht in unserem
        Sinne. Wir befürworten daher die Ausweitung der kon-
        kretisierten Regelbeispiele für besonders schwere Steu-
        erhinterziehung in § 370 Abs. 3 Abgabenordnung. Auf
        diese Weise würde für mehr Steuerhinterziehungsfälle
        die verlängerte Verjährungsfrist von zehn Jahren gelten.
        Insgesamt zeigt sich: Die Bundesregierung tut viel zu
        wenig bei der Bekämpfung von Steuerbetrug und ag-
        gressiver Steuergestaltung.
        Dr. Thomas Gambke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
        NEN): Mit dem Abkommen zwischen den USA und
        Deutschland zur Umsetzung des Foreign Account Tax
        Compliance Act, kurz FATCA genannt, wird ein Meilen-
        stein gesetzt auf dem Weg zu mehr Transparenz und Of-
        fenheit im Finanzwesen. Wir Grünen begrüßen das aus-
        drücklich und werden dem Gesetzentwurf zustimmen.
        Mit diesem Gesetzentwurf werden Finanzdaten, die
        bisher nicht sichtbar waren, automatisch von den Ban-
        ken an die Finanzbehörden weitergeleitet. Das ist ein
        entscheidender Schritt, um Steuerflucht effektiv zu be-
        kämpfen. Wir Grünen haben uns stets auch im Zusam-
        menhang mit Doppelbesteuerungsabkommen und Infor-
        mationsaustauschabkommen sowie im Prozess um die
        erweiterte EU-Zinsrichtlinie für den automatischen In-
        formationsaustausch eingesetzt.
        Machen wir uns nichts vor: Dieser Gesetzentwurf ist
        nicht vom Himmel gefallen, er ist auch mehr der US-
        amerikanischen Initiative geschuldet als dem Drängen
        der Bundesregierung. Wir nehmen erfreut die Wandlung
        des Herrn Finanzministers Schäuble vom Saulus zum
        Paulus zur Kenntnis. Hat die Bundesregierung bis zum
        Dezember mit dem Schweizer Steuerabkommen ver-
        sucht, eine intransparente Abgeltungslösung durchzu-
        setzen – diese hätte möglicherweise auf Jahre einen
        Fortschritt beim automatischen Informationsaustausch
        gebremst –, so ist mit dem FATCA-Abkommen das Eis
        gebrochen. Auch Luxemburg und Österreich haben nun
        angekündigt, sich nicht länger einem automatischen In-
        formationsaustausch zu widersetzen. Damit kann die
        EU-Zinsrichtlinie endlich erweitert und umgesetzt wer-
        den.
        Kommen wir zurück zu FATCA: Der Datenaustausch
        zwischen den USA und Deutschland wird ziemlich
        asymmetrisch gestaltet; das heißt, wir liefern den USA
        sehr viel mehr Daten als sie uns. Dies liegt daran, dass
        den USA viele Daten nicht vorliegen. Die USA haben
        sich in dem Abkommen mit Deutschland verpflichtet,
        ihre nationalen Gesetze entsprechend zu verbessern.
        Eine konkrete Gesetzgebung ist teilweise bereits in den
        Kongress eingespeist. Wir erkennen aber auch, dass die
        Republikaner im Senat eine Verabschiedung dieser Ge-
        setze verhindern können. Hier gibt es einige Senatoren,
        die die Wettbewerbsfähigkeit der USA als Steueroase
        nicht aufgeben wollen. Es ist nun einmal so: Der Staat
        Delaware ist die älteste Steueroase in der globalen Welt.
        Daher könnte der Handlungsspielraum des US-Finanz-
        ministeriums zur Kooperation mit anderen Ländern für
        einen gemeinsamen Kampf gegen Steuerflucht einge-
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        chränkt sein. Viele Informationen über die US-Steuer-
        ase Delaware werden wir auch über das FATCA-Ab-
        ommen aktuell nicht erhalten. Einige Banken in Florida
        nd Texas profitieren zudem von Investitionen von la-
        inamerikanischen Staatsbürgern. Die USA ist das
        ichtigste und größte Offshorecenter für Bürger aus La-
        inamerika. Wie die innerstaatliche Auseinandersetzung
        den USA bei dem Thema ausgeht, ist aktuell noch of-
        n. Um so wichtiger ist eine europäische Einigkeit bei
        er Frage des automatischen Informationsaustausches.
        enn die Europäer ihre gesamte Wirtschaftsmacht bün-
        eln und mit einer Sprache sprechen, können sie Druck
        uf die USA ausüben, weitere Schritte für Transparenz
        u unternehmen.
        Wichtig im weiteren Prozess wird sein, dass die In-
        rmationspflichten nach FATCA und die Informa-
        onspflichten nach der erweiterten EU-Zinsrichtlinie so
        armonisiert werden, dass den Instituten die Informa-
        onsweitergabe mit dem gleichen systemischen Ansatz
        rmöglicht wird.
        Das vorliegende Abkommen zeigt auch, wie wichtig
        ie Forderung der Grünen nach Abschaffung der deut-
        chen Abgeltungsteuer ist, um auch jenseits des FATCA-
        ustausches mit den USA wichtige Daten an alle ande-
        n Ländern liefern zu können. Aktuell sammeln deut-
        che Finanzämter nicht die Informationen von Banken,
        tiftungen oder Trusts, die ein effektiver automatischer
        formationsaustausch verlangen würde. Ich will es an
        ieser Stelle nochmals deutlich machen: Der Gang in die
        bgeltungsteuer war ein Gang in die Intransparenz.
        uch beim Schweizer Steuerabkommen plante die Bun-
        esregierung, durch eine anonyme Abgeltungsteuer auf
        formationen über individuelle Steuerpflichtige zu ver-
        ichten. Die Finanzämter sind so auf die Steuerehrlich-
        eit des Einzelnen angewiesen – und die ist ja auch bei
        ersonen hoher Reputation nicht immer anzutreffen, wie
        rominente Beispiele gezeigt haben. Ich bin froh, dass
        as Schweizer Steuerabkommen von Rot-Grün gestoppt
        erden konnte und sich damit nicht die anonyme Abgel-
        ngsteuer, sondern der automatische Informationsaus-
        usch als internationaler Standard durchsetzen wird.
        Der automatische Informationsaustausch und damit
        ATCA beziehen sich auf die Bankdaten des individuell
        teuerpflichtigen. Wichtig ist es aber auch, bei global
        gierenden Unternehmen zu mehr Steuergerechtigkeit zu
        ommen. Hier geht es nicht um Steuerhinterziehung,
        ondern um – im Prinzip legale – aggressive Steuerge-
        taltung. Dieser kommt man aber nur auf die Spur, wenn
        nternehmen zu mehr Transparenz bezüglich ihrer Steu-
        rgestaltung gezwungen werden.
        Mit dem gemeinsamen Antrag mit der SPD haben wir
        och einmal eine zentrale Maßnahme für mehr Transpa-
        nz – die länderbezogenen Offenlegungspflichten von
        nternehmen, das sogenannte Country-by-Country-Re-
        orting – hervorgehoben. Diese Transparenz ist der erste
        chritt, um Steuergestaltung von multinationalen Unter-
        ehmen wirkungsvoll zu verhindern. Dabei ist entschei-
        end, dass die Offenlegung nicht nur vor der Finanzver-
        altung erfolgt, sondern vor der Öffentlichkeit. Wir
        ollen Unternehmen verpflichten, ihre Umsätze, Ge-
        Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32391
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        winne und Steuerzahlungen sowie weitere wichtige
        Kennzahlen nach Ländern aufgeschlüsselt offenzulegen.
        Dies sorgt für Transparenz darüber, welche Unterneh-
        men sich durch Gewinnverlagerungen einen Wettbe-
        werbsvorteil verschaffen gegenüber kleinen und mitt-
        leren Unternehmen, die standortgebunden sind und
        Gewinne nicht verschieben können. So würde transpa-
        rent werden, wenn die Umsätze in Europa erwirtschaftet
        werden, die Gewinne aber in Steueroasen anfallen und
        auch dort gebunkert werden. Parallel zum politischen
        Einsatz für eine verbindliche EU-Regelung wollen wir
        diese Offenlegungspflichten auch in einem ersten Schritt
        national umsetzen.
        Ein letztes Wort noch zum Gesetzentwurf des Bun-
        desrates: Wir unterstützen das Ziel einer vollständigen
        Parallelität zwischen der Steuerfestsetzungsverjährung
        und der steuerstrafrechtlichen Verfolgungsverjährung.
        Aktuell besteht in nicht besonders schweren Fällen eine
        Diskrepanz zwischen der Steuerfestsetzungsverjährung
        von zehn und der Strafverfolgungsverjährung von fünf
        Jahren. Durch die vorgeschlagene Gesetzesänderung
        würde die Verjährungsfrist für die Strafverfolgung in al-
        len Fällen zehn Jahre betragen.
        Lassen Sie es mich zum Abschluss nochmals beto-
        nen: Mit dem FATCA-Abkommen wird ein entscheiden-
        der Schritt zu mehr Offenheit und Steuerehrlichkeit ge-
        macht. Aber es müssen weitere Schritte folgen. Und da
        blockiert diese Bundesregierung. Ob länderbezogene
        Offenlegungspflichten oder Verhinderung von Steuerge-
        staltung bei der Ausnutzung der Schlupflöcher der vor-
        handenen Doppelbesteuerungsabkommen: Diese Bun-
        desregierung offenbart immer wieder ein viel zu offenes
        Ohr für die Vorstellungen der internationalen Konzerne,
        anstatt Rücksicht zu nehmen auf diejenigen, die den
        wirtschaftlichen Erfolg in Deutschland ausmachen: den
        Mittelstand. Das wollen wir Grünen ändern.
        Dr. Nils Schmid, Minister (Baden-Württemberg):
        Schätzungen zufolge entgehen dem Staat jährlich 50 bis
        100 Milliarden Euro durch Steuerhinterziehung. Dieser
        Betrug am Gemeinwesen ist zugleich ein Schlag ins Ge-
        sicht für alle ehrlichen Steuerzahler in diesem Land.
        Deshalb muss eines unmissverständlich gelten: Dieje-
        nigen, die das Gemeinwesen stützen und finanzieren,
        verdienen Schutz: Der ehrliche Steuerzahler darf nicht
        der Dumme sein.
        Dafür muss Steuerhinterziehung wirksam bekämpft
        und konsequent sanktioniert werden. Das erfordert auch
        eine Angleichung der Fristen, innerhalb derer die straf-
        rechtliche Verfolgung von Steuerhinterziehung und die
        Festsetzung der verkürzten Steuern möglich sind.
        Bislang können nur die besonders schweren Fälle ei-
        ner Steuerhinterziehung über einen Zeitraum von zehn
        Jahren strafrechtlich geahndet werden. Ansonsten tritt
        die Strafverfolgungsverjährung derzeit bereits fünf Jahre
        nach der Tat ein.
        Anders die steuerrechtlichen Vorschriften. Mit Strafe
        rechnen muss ein Steuerhinterzieher in der Regel zwar
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        ur fünf Jahre lang, die hinterzogenen Steuern muss er
        ber in jedem Fall für die letzten zehn Jahre nachzahlen.
        Dieses Auseinanderfallen der steuerlichen und der
        trafrechtlichen Verjährung ist unverständlich, unbefrie-
        igend und ungerecht, und zwar gleich aus mehreren
        ründen: Zum einen weisen gerade die Hinterziehungs-
        lle mit Auslandsbezug einen erheblichen Unwertgehalt
        uf. Wer Kapitalerträge hinterzieht, sollte deshalb auch
        ehn Jahre strafrechtlich dafür belangt werden können.
        um anderen widerspricht das Auseinanderfallen der
        erjährungsfristen diametral dem Ziel des Schwarzgeld-
        ekämpfungsgesetzes aus dem Jahr 2011: Straffrei soll
        er ausgehen, der „reinen Tisch macht“.
        Das Auseinanderfallen führt aber dazu, dass auch der
        interzieher durch eine Selbstanzeige straffrei ausgeht,
        er die Vergangenheit nicht vollständig bereinigt. Denn
        ine Selbstanzeige muss sich nur auf die strafrechtlich
        nverjährten Zeiträume erstrecken, um wirksam zu sein,
        lso bei einfacher Steuerhinterziehung derzeit auf fünf
        ahre.
        Die Festsetzung der hinterzogenen Steuern für frühere
        ahre wird so aber stark erschwert. Denn die Besteue-
        ngsgrundlagen für diese Jahre müssen vom Steuer-
        flichtigen nicht mitgeteilt und deshalb vom Finanzamt
        eschätzt werden.
        All dies zeigt: Eine Verlängerung der Frist für die
        trafrechtliche Verfolgung von allen Fällen einer Steuer-
        interziehung auf zehn Jahre ist unbedingt erforderlich.
        Dagegen werden allerlei Bedenken vorgebracht.
        Doch es bedarf an dieser Stelle der grundsätzlichen
        ntscheidung: Wollen wir den ehrlichen Steuerzahler
        irksam vor dem Steuerbetrug schützen, und wie effek-
        v soll dieser Schutz sein?
        Und die Antwort kann nur lauten: Ja, mit allen Mit-
        ln, die uns der Rechtsstaat in die Hand gibt. Denn un-
        er Gemeinwesen funktioniert nur, wenn sich alle Steu-
        rpflichtigen an seiner Finanzierung beteiligen.
        Eine Ausweitung der Strafverfolgung ist deshalb eine
        ntscheidende Frage der Gerechtigkeit.
        nlage 29
        Zu Protokoll gegebene Reden
        zur Beratung der Entwürfe: Gesetz zur Ände-
        rung des Handelsgesetzbuchs (Tagesordnungs-
        punkt 28)
        Dr. Stephan Harbarth (CDU/CSU): Wir verabschie-
        en heute den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des
        andelsgesetzbuchs. Mit diesem Gesetzentwurf wollen
        ir das Ordnungsgeldverfahren bei Verstößen gegen die
        andelsregisterrechtlichen Offenlegungspflichten klei-
        er und kleinster Kapitalgesellschaften an die Realitäten
        ieser Unternehmenswelt anpassen. Wir wollen mit die-
        em Gesetz entbürokratisieren und die Verfahrensab-
        ufe bei der Offenlegung von Rechnungslegungsunter-
        gen erleichtern.
        32392 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
        (A) )
        )(B)
        Nach fünf Jahren Geltung des EHUG hat der Deut-
        sche Bundestag in seiner Entschließung vom 29. No-
        vember 2012 (Drucksache 17/11702) festgestellt, dass
        etwaiger Änderungsbedarf an dem seit 2006 geltenden
        Ordnungsgeldverfahren zu prüfen war. Der jetzige Ge-
        setzentwurf ist das Ergebnis der Entschließung des Bun-
        destages. Damit soll dem rechtspolitischen Änderungs-
        bedarf Rechnung getragen werden.
        Im Wesentlichen greift der Entwurf drei Anliegen auf:
        Erstens sollen die Mindestordnungsgelder für Kleinst-
        kapitalgesellschaften und kleine Kapitalgesellschaften
        deutlich gesenkt werden, wenn diese Unternehmen am
        Verfahren der Offenlegung ihrer Rechnungsunterlagen
        mitwirken. Die Senkung der Mindestordnungsgelder für
        Unternehmen, die am Verfahren der Offenlegung in
        Form der elektronischen Hinterlegung ihrer Bilanz beim
        Bundesanzeiger mitwirken, soll für den Rechtsverkehr
        Transparenz schaffen und gleichzeitig für die Unterneh-
        men einen Offenlegungsanreiz darstellen. Nach derzeit
        geltendem Recht beträgt das Mindestordnungsgeld un-
        abhängig von der Unternehmensgröße stets 2 500 Euro.
        Nach dem Koalitionsentwurf soll das Mindestordnungs-
        geld für Kleinstkapitalgesellschaften auf 500 Euro ge-
        senkt werden.
        Zweitens werden Fragen zum Verschulden und der
        Wiedereinsetzung in den vorigen Stand geregelt. Damit
        können unbillige Härten durch knappe Fristen aufgefan-
        gen werden. Das Instrument der Wiedereinsetzung
        würde dem Bundesamt die Möglichkeit geben, den Be-
        sonderheiten des Einzelfalles besser als bisher gerecht zu
        werden.
        So kann künftig ein Ordnungsgeld festgesetzt werden,
        wenn das Unternehmen tatsächlich ein Verschulden
        trifft. Um unbillige Härten zu vermeiden, kann zum Bei-
        spiel der Alleingeschäftsführer, der an der Offenlegung
        durch eine längere Erkrankung gehindert war, innerhalb
        von zwei Wochen nach Wegfall dieses Hindernisses
        Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragen.
        Drittens soll ein gerichtliches Verfahren geschaffen
        werden, um eine einheitliche Rechtsprechung in Ord-
        nungsgeldverfahren zu erreichen. Zwar sieht das Gesetz
        schon jetzt vor, dass nur das für den Sitz des Bundesam-
        tes für Justiz zuständige Landgericht Bonn über Be-
        schwerden gegen Ordnungsgeldentscheidungen des
        Bundesamtes zu entscheiden hat. Die große Zahl der
        Verfahren und die Befassung mehrerer Kammern des
        Landgerichts haben in den vergangenen Jahren jedoch in
        wichtigen Einzelfragen zu einer uneinheitlichen Recht-
        sprechung geführt.
        Ziel ist es, ein Verfahren zu schaffen, durch das bei-
        spielsweise bei einer Divergenz zwischen einzelnen
        Kammern im Interesse der Rechtssicherheit eine einheit-
        liche Rechtsprechung erreicht wird.
        Mit dem Koalitionsentwurf haben wir einen ausge-
        wogenen Kompromiss zwischen den widerstreitenden
        Interessen der Erleichterung für Unternehmen im Ord-
        nungsgeldverfahren sowie der bewährten Publizitätser-
        fordernisse gefunden.
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        Mit diesem Gesetzentwurf werden wir unbillige Här-
        n im Ordnungsgeldverfahren des elektronischen Han-
        els- und Unternehmensregisters künftig vermeiden und
        leine Kapitalgesellschaften sowie Kleinstkapitalgesell-
        chaften insgesamt stärken.
        Es freut mich sehr, dass die Änderungen zur Vereinfa-
        hung im Bereich der kleinen Unternehmen führen wer-
        en. Ich bin davon überzeugt, dass dies ein richtiger und
        ichtiger Schritt ist.
        Ingo Egloff (SPD): Alle Kapitalgesellschaften und
        ersonenhandelsgesellschaften ohne haftende natürliche
        erson wie die GmbH und Co. KG müssen ihren kauf-
        ännischen Jahresabschluss im elektronischen Bundes-
        nzeiger offenlegen oder mindestens dort hinterlegen.
        0 Prozent der Unternehmen kommen diesen Pflichten
        ibungslos nach. In den letzten Jahren gab es öfter Ver-
        russ, wenn kleine Unternehmen gegen diese Pflicht
        erstoßen haben. Das Bundesamt für Justiz musste dann
        ach § 335 HGB ein Ordnungsgeldverfahren durchfüh-
        n. Das Ordnungsgeld beträgt mindestens 2 500 Euro
        nd höchstens 25 000 Euro.
        Bereits bei den Beratungen zum MicroBilG hatte der
        undesrat geringere Bußgeldhöhen bei sogenannten
        henden Gesellschaften gefordert. Die Grünen haben in
        inem Antrag mehr Ermessen des Bundesamtes der
        ustiz und generell geringere Bußgeldhöhen – 250 statt
        500 Euro – gefordert. Schließlich wurde das
        icroBilG aber ohne derartige Änderungen verabschie-
        et. Die Koalitionsfraktionen haben jedoch die Regie-
        ng in einem Entschließungsantrag aufgefordert, einen
        esetzentwurf mit Erleichterungen hinsichtlich Ord-
        ungsgeldhöhe und Verfahren sowie mit Regelungen,
        ie eine einheitliche Rechtsprechung ermöglichen, bis
        ärz 2013 vorzulegen.
        Der Gesetzentwurf setzt diesen Antrag nur halbherzig
        m. Vor allem soll es bei dem Mindestbußgeld in Höhe
        on 2 500 Euro bleiben. Es soll auch weiterhin möglich
        ein, dass nachträglich – also nach Erfüllung der gesetz-
        chen Pflicht – angedrohte Ordnungsgelder auch festge-
        etzt werden. Dies hat in der Vergangenheit verständli-
        herweise zu Akzeptanzproblemen geführt.
        In der Anhörung haben mehrere Sachverständige, un-
        r anderem die Vertreterin von Bundessteuerberater-
        ammer, DGRV, DIHK und ZDH wie auch der Vertreter
        er Wirtschaftsprüferkammer und der IHK Stuttgart, für
        in niedrigeres Mindestordnungsgeld plädiert. Es wurde
        der Anhörung festgestellt, dass das Bundesamt für
        ustiz ein bisher durch Verweisung im Gesetz vorgesehe-
        es Ermessen zur Herabsetzung der Ordnungsgelder
        icht erkannt hatte.
        Insgesamt ist das Verfahren überzogen und soll es
        leiben. Wir hatten mit unserem Änderungsantrag im
        echtsausschuss vorgeschlagen, das Mindestordnungs-
        eld von 2 500 Euro auf 500 Euro herabzusetzen, dem
        inspruch eine aufschiebende Wirkung zu verleihen und
        der Folge eine ausdrückliche Ermessensregel vorzuse-
        en. Dazu verlangen wir, keine Ordnungsgelder mehr
        stzusetzen, wenn die Offenlegung erfolgt ist, und bes-
        Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32393
        (A) )
        )(B)
        sere Möglichkeiten der Wiedereinsetzung in den vorigen
        Stand zu schaffen.
        Die nachträgliche Herabsetzung des Ordnungsgeldes
        stellt eine unnötige Verkomplizierung des Verfahrens
        dar, die bisher nur deshalb geboten war, weil die Ord-
        nungsgelder unangemessen hoch angedroht wurden. Sie
        könnte entfallen, wenn unseren Forderungen gefolgt
        würde. Wir fordern außerdem, die Rechtsbeschwerde
        ohne Zulassung möglich zu machen.
        Wir haben feststellen müssen, dass beim Bundesamt
        für Justiz eine „Flucht aus dem Ermessen“ stattgefunden
        hat. Wir fordern das Bundesministerium für Justiz des-
        halb auf, dafür zu sorgen, dass das Bundesamt für Justiz
        bei der Vollstreckung von Altfällen das in der Bundes-
        haushaltsordnung eingeräumte Ermessen auch tatsäch-
        lich ausübt. Sollte das Personal nicht ausreichen, wie der
        Vertreter des Bundesamtes für Justiz in der Anhörung
        ausführte, um hier Ermessensentscheidungen zu treffen,
        ist die Bundesregierung gefordert. Jedenfalls kann das
        Bundesamt die vom Gesetzgeber in § 379 FamFG vorge-
        sehene Ermessensregel nicht eigenmächtig außer Kraft
        setzen.
        Marco Buschmann (FDP): Wir legen Ihnen heute
        in zweiter und dritter Lesung den Gesetzentwurf der
        Koalitionsfraktionen zur Reform des Ordnungsgeldver-
        fahrens des elektronischen Handels- und Unternehmens-
        registers vor.
        Seit dem Jahr 2007 kommt dem Bundesamt für Justiz
        die Aufgabe zu, Unternehmen zu ihrer Verpflichtung zur
        Offenlegung des Jahresabschlusses mittels Ordnungs-
        geldverfahren anzuhalten. Die Sanktionierung der Of-
        fenlegungspflicht über das Ordnungsgeldverfahren hat
        sich im Grundsatz bewährt. Die Offenlegungsquote liegt
        bei über 90 Prozent.
        Zu Problemen kommt es aber immer wieder bei klei-
        nen und Kleinstkapitalgesellschaften, weil hier vielleicht
        nur der Geschäftsführer alleine tätig ist, weil er erkrankt
        oder das Verfahren schlicht ohne böse Absicht übersieht.
        Mit dem hier vorliegenden Gesetzentwurf passen wir
        nun das Ordnungsgeldverfahren bei Verstößen gegen die
        handelsregisterrechtlichen Offenlegungspflichten im In-
        teresse dieser kleinen und kleinsten Kapitalgesellschaf-
        ten an. Damit wollen wir der Lebenswirklichkeit des
        Mittelstandes in unserem Land entgegenkommen, ohne
        aber die Offenlegungsquote zu gefährden. Dies ist also
        ein weiterer Schritt der Rechtspolitik – wie zuletzt beim
        MicroBilG – zur Entlastung unseres Mittelstandes von
        Bürokratie.
        Dieses Ziel erreichen wir im Kern mit drei Maßnah-
        men des vorliegenden Gesetzentwurfes:
        Wir senken im Ergebnis die Ordnungsgelder ab. Für
        kleine Kapitalgesellschaften kann künftig ein Betrag von
        1 000 Euro und für Kleinstkapitalgesellschaften sogar
        nur von 500 Euro statt bislang 2 500 Euro festgesetzt
        werden. Voraussetzung ist allerdings ein Mindestmaß an
        Mitwirkung im Verfahren. Diese ermäßigten Ordnungs-
        gelder sind hoch genug, um gerade bei kleineren Gesell-
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        chaften genügend Motivation zur Pflichterfüllung zu
        ntfalten.
        Wir führen zudem die Wiedereinsetzung in den vori-
        en Stand ein. Das ist insbesondere in Fällen äußerst
        raxisrelevant, in denen der Alleingeschäftsführer für
        ngere Zeit erkrankt oder einen schweren Unfall hatte.
        m unbillige Härten zu vermeiden, kann er künftig in-
        erhalb von zwei Wochen nach seiner Genesung Wie-
        ereinsetzung in den vorigen Stand beantragen, um einer
        anktionierung zu entgehen.
        Einen entscheidenden Beitrag zu mehr Rechtssicher-
        eit leistet der Gesetzentwurf mit der Einführung eines
        euen Verfahrens zur Vereinheitlichung der Rechtspre-
        hung im Ordnungsgeldverfahren. Künftig soll gegen
        ie Entscheidungen des einzig zuständigen Landgerichts
        onn das Rechtsmittel der zulassungsbedürftigen Rechts-
        eschwerde zum OLG Köln gegeben sein. So können
        wischen verschiedenen Kammern divergierende Recht-
        prechungen eingefangen und grundsätzliche Fragen des
        rdnungsgeldverfahrens geklärt werden.
        Mit diesem Gesetzentwurf werden wir künftig unbil-
        ge Härten im Ordnungsgeldverfahren des elektronischen
        andels- und Unternehmensregisters vermeiden und den
        ittelstand durch den Abbau von Bürokratie und mehr
        echtssicherheit insgesamt stärken. Daher werbe ich um
        re Zustimmung.
        Richard Pitterle (DIE LINKE): Die Linke ist, wie
        ie unserem am 16. Juni 2013 beschlossenen Bundes-
        gswahlprogramm „100 Prozent sozial“ entnommen
        aben, für die Förderung von kleinen und mittleren
        nternehmen und für Bürokratieabbau. Sie setzt sich für
        en Schutz der Schwachen, der Unerfahrenen ein:
        ierzu zählen beispielsweise Existenzgründer, Klein-
        nd Kleinstunternehmerinnen und -unternehmer.
        Wenn man ihnen mit der Erfüllung ihrer Buchfüh-
        ngspflichten, § 238 HGB, viel Zeit lässt – in diese
        ichtung geht Ihr Gesetzentwurf mit der geplanten
        enkung der Ordnungsgelder –, erweist man ihnen damit
        inen Bärendienst. Denn spätestens in der Insolvenz
        rohen harte Konsequenzen: Verletzungen der Pflichten
        ei Buchführung oder Bilanzierung, hierzu zählen auch
        ristversäumnisse, werden mit Freiheitsstrafe bis zu
        wei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, § 283 b Abs. 1
        iffer 3 b StGB.
        Diese Gefahr besteht besonders bei Kapitalgesell-
        chaften. Es ist so leicht geworden, als Existenzgründer
        der Kleinunternehmerin und -unternehmer eine Kapi-
        lgesellschaft zu gründen, mit der die persönliche
        aftung für die Schulden des Unternehmens verhindert
        erden kann. Doch gerade wegen der Haftungsbe-
        chränkung muss man hier besonders auf die Einhaltung
        ller Pflichten achten, um nicht in die Gefahr zu geraten,
        och unvermittelt privat für die Schulden des Unterneh-
        ens zu haften. Denn bei einer Kapitalgesellschaft ist
        egen des festen Grundkapitals tendenziell viel früher
        solvenz anzumelden als bei einer Personengesell-
        chaft.
        32394 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
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        Mein zweiter Kritikpunkt, über den ich heute Abend
        sprechen will, ist Ihre Ungleichbehandlung von Klein-
        und mittelständischen Unternehmen auf der einen Seite
        und Großunternehmen auf der anderen Seite. Wenn
        Großunternehmen zwar rechtzeitig ihre Bilanzen veröf-
        fentlichen, diese aber falsch sind, hat das keine Sanktio-
        nen zur Folge. Wenn ein Unternehmen jedoch verspätet
        Bilanzzahlen veröffentlicht, die aber korrekt sind, wird
        es bestraft und muss zahlen. Diese unterschiedliche Be-
        handlung passt für mich nicht zusammen. Denn falsche
        Zahlen halte ich für wesentlich schlimmer als verspätet
        eingereichte korrekte Bilanzzahlen.
        Mit dieser Einschätzung stehen wir nicht allein: Auch
        die Wertpapieraufsichtsbehörde in den USA, die SEC,
        teilt unsere Meinung und legt Unternehmen hohe Strafen
        auf, die ihre Bilanz nachträglich korrigieren müssen. Es
        geht hier übrigens nicht um Randfälle. Immerhin sind
        nach den langjährigen Erfahrungen der Deutschen Prüf-
        stelle für Rechnungslegung rund 25 Prozent der Bilan-
        zen kapitalmarktorientierter Unternehmen in Deutsch-
        land falsch. Die gravierende Ungleichbehandlung bei
        Fehlern von Klein- und mittelständischen Unternehmen
        im Vergleich zu Fehlern von Großunternehmen zeigt
        einmal mehr, wer Interessenvertreter der kleinen und
        mittelständischen Unternehmen ist und wer für die Inte-
        ressen der Großunternehmen eintritt.
        Wäre es nicht konsequenter, statt Ordnungsgelder für
        Unternehmen zu verlangen, die die Offenlegungsfrist
        überschritten haben, die säumigen Unternehmen in ei-
        nem Register zu erfassen, das öffentlich zur Verfügung
        steht? Damit wird nicht nur Transparenz geschaffen,
        sondern auch eine wichtige Schutzfunktion für alle
        erfüllt: Jeder Lieferant und jeder Kunde weiß, wie das
        Unternehmen mit seinen gesetzlichen Verpflichtungen
        umgeht und der betreffende Unternehmer weiß, dass alle
        wissen, dass er seiner Pflicht zur Rechnungslegung
        immer noch nicht nachgekommen ist. Mit dieser Öffent-
        lichkeit kann mehr Druck aufgebaut werden, rechtzeitig
        Bilanzen offenzulegen, als mit der nichtöffentlichen
        Verhängung von niedrigen Ordnungsgeldern.
        Beate Walter-Rosenheimer (BÜNDNIS 90/DIE
        GRÜNEN): In den Ordnungsverfahren der Jahre 2009
        und 2010 wurden laut Antwort der Bundesregierung auf
        eine Anfrage von uns Grünen 97 Prozent der Ordnungs-
        geldverfahren gegen kleine und Kleinstunternehmen ein-
        geleitet. Was bedeutet das?
        Gerade für kleine Unternehmen ist der buchhalteri-
        sche Aufwand und die Erstellung des Jahresabschlusses
        schwerer zu erfüllen als für mittlere und große Unterneh-
        men. Wir sprechen hier zum Beispiel von typischen
        kleinen Handwerksbetrieben mit nur wenigen oder gar
        keinen Angestellten. Wenn sie es nicht rechtzeitig, das
        heißt, spätestens ein Jahr nach Abschluss des Geschäfts-
        jahres, schaffen, ihre Rechnungsunterlagen einzurei-
        chen, dann kommt es dicke: Mindestens 2 500 Euro
        Ordnungsgeld sind die Konsequenz. 2 500 Euro sind für
        kleine Unternehmen wirklich happig. Das kann je nach
        Fall und Situation bis hin zur Existenzbedrohung gehen.
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        Danach gefragt, was mittelständischen Unternehmen
        m ehesten helfen würde, haben 41 Prozent den Abbau
        on Bürokratie – Angabe des Bankenverbandes aus dem
        ahr 2012 – genannt. Bürokratieabbau muss genau da
        orangetrieben werden, wo es für die Praxis wirklich
        ichtig und entscheidend ist. Dass endlich bei den Ord-
        ungsgeldern angesetzt wird, war schon lange überfällig.
        Das konnten nun auch die Kolleginnen und Kollegen
        on CDU/CSU und FDP nicht länger ignorieren. Jetzt,
        urz vor knapp, soll der Gesetzentwurf zur Änderung
        es Handelsgesetzbuches kleine und Kleinstunterneh-
        en entlasten. Die Inspiration durch unseren damaligen
        ntrag ist überdeutlich. Das freut uns natürlich.
        In unserem Antrag vom Herbst vergangenen Jahres
        aben wir vorgeschlagen, ein deutlich geringeres Ord-
        ungsgeld einzuführen. Dabei haben wir als Mindest-
        öhe für Kleinstunternehmen 250 Euro und für Kleinun-
        rnehmen 500 Euro vorgeschlagen. Das ist aus unserer
        icht ausreichend abschreckend und kann ja immer noch
        rogressiv gestaltet werden.
        Darüber hinaus haben wir im vergangenen Jahr deut-
        ch gemacht, dass das Bundesamt für Justiz in Härtefäl-
        n auch nach Ermessen ganz von der Zahlung des Ord-
        ungsgeldes absehen können muss. Gerade in kleinen
        nternehmen kann es beispielsweise vorkommen, dass
        ur eine Person für die Rechnungslegung und Buchhal-
        ng verantwortlich ist und eine Vertretung nicht besteht.
        Krankheitsfall des Geschäftsführers bzw. der Ge-
        chäftsführerin kann sich die Einreichung der Bilanz
        rastisch verzögern. Für solche und ähnliche Fälle muss
        as Bundesamt für Justiz mehr Flexibilität beweisen und
        ie Besonderheiten von Klein- und Kleinstkapitalgesell-
        chaften entsprechend berücksichtigen.
        CDU/CSU und FDP gehen nun davon aus, dass
        000 Euro für Kleinstunternehmen als Ordnungsgeld
        urchaus verträglich seien. Natürlich ist es besser, als
        lle pauschal mit 2 500 Euro oder mehr zu bestrafen; da-
        ber brauchen wir nicht zu diskutieren. Aber wir glau-
        en, dass auch eine geringere Summe bei progressiver
        estaltung ausreichen würde, um Unternehmen zur Ord-
        ung zu rufen.
        Und der Teufel steckt im Detail: Die geringeren Ord-
        ungsgelder im Entwurf von Schwarz-Gelb sollen nur
        ann greifen, sofern Unternehmen ihre „Pflicht, wenn
        uch verspätet“ erfüllt haben. Die Herabsetzung auf
        000 Euro soll es also nur geben, wenn die Beteiligten
        ach Ablauf der Sechswochenfrist der Offenlegungs-
        flicht nachkommen.
        Das nützt ihnen aber nur, wenn es nicht vorher eine
        ntscheidung des Bundesamtes für Justiz gegeben hat.
        in Zeitpunkt dafür steht überhaupt nicht fest. Wenn also
        irekt nach Ablauf der sechs Wochen das Ordnungsgeld
        erhängt werden würde, gäbe es keine Chance mehr auf
        as geringere Ordnungsgeld. Das ist doch bürokratischer
        onsens wie er im zynischsten Gerhard-Polt-Sketch
        orkommen könnte. De facto wäre das in so einem Fall
        ogar eine Schlechterstellung gegenüber der jetzigen
        ituation.
        Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32395
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        Ernsthaft: Was haben Sie sich dabei gedacht? Mo-
        mentan kann das Ordnungsgeld auf 250 Euro herab-
        gesenkt werden, wenn die Frist geringfügig – und das
        heißt nach Rechtsprechung, zwei Wochen – überschrit-
        ten wurde.
        Die Mindesthöhe der grundsätzlich angesetzten Ord-
        nungsgelder soll nach dem Entwurf der Bundesregierung
        demnach für alle Kapitalgesellschaften, gleich welcher
        Größe, bestehen bleiben – nämlich bei 2 500 Euro. Diese
        Gleichbehandlung aller Unternehmensgrößen ist pau-
        schal und ungerecht.
        Zudem erscheint fraglich, inwiefern sich der Verwal-
        tungsaufwand durch diese Vorgehensweise erhöhen
        würde; denn so wird zunächst die Summe von
        2 500 Euro angedroht, nur um dann bei verspäteter Zah-
        lung zu prüfen, ob nicht doch eine Senkung greifen
        könnte und, wenn ja, welche der drei Stufen zutreffen
        würde.
        Im Gesetzentwurf wird für Härtefälle weiterhin vor-
        geschlagen, dass Wiedereinsetzungsverfahren greifen
        sollen. Zunächst muss vonseiten der Unternehmerinnen
        und Unternehmer glaubhaft geschildert werden, dass ein
        wirklich unverschuldetes Hindernis der rechtzeitigen
        Offenlegung entgegenstand. Wenn das Bundesamt für
        Justiz der Erklärung Glauben schenkt, gibt es eine zu-
        sätzliche sechswöchige Nachfrist, die mit dem Wegfall
        des Hindernisses startet. In so einem Fall soll das Ord-
        nungsgeld entfallen.
        Allerdings halte ich die angedachte Frist, in der ein
        solcher Wiedereinsetzungsantrag gestellt werden kann,
        für alles andere als praktikabel. Betroffene müssen spä-
        testens zwei Wochen nach Ende des Hindernisgrundes
        einen solchen Antrag stellen. Nach einer langen, schwe-
        ren Krankheit sofort an die unverzügliche Antragsstel-
        lung zu denken, ist zu rational, zu lebensfern gedacht.
        Stellen Sie sich doch nur im Ansatz vor, was sich unter
        solchen Umständen an Unterlagen und Arbeit aufstaut!
        Hier hätten wir uns mehr Rücksicht und Bürgernähe er-
        wartet. Eine längere Frist hätte es wirklich auch getan.
        Übrigens ist in dem Entwurf auch überhaupt keine
        Rücksicht auf Fälle genommen worden, in denen das
        Einreichen der Unterlagen faktisch unmöglich geworden
        ist. Es wurde zum Beispiel von Fällen berichtet, in denen
        durch Brände sämtliche Unterlagen zerstört wurden, so-
        dass der Jahresabschluss nicht erstellt werden kann –
        auch in der Zukunft nicht. Oder ganz aktuell hat ja auch
        das Hochwasser verheerende Schäden angerichtet. Sol-
        che Fälle beachten Sie von der CDU/CSU und FDP
        nicht ansatzweise, obwohl Sie von verschiedenen Seiten
        darauf aufmerksam gemacht wurden – zuletzt in der
        öffentlichen Anhörung des Rechtsausschusses. Die Kon-
        sequenz ist: Betroffene, die vermutlich ohnehin schon
        Sorgen genug haben, werden mit Ordnungsgeldbeschei-
        den ohne Ende „beglückt“.
        Im Fazit stehen wir also einem Gesetzentwurf gegen-
        über, der alles andere als abgerundet ist. Ja, er lässt sogar
        in manchen Teilen eine Schlechterstellung befürchten.
        Ich hätte mir gewünscht, dass wenn Sie von CDU/CSU
        und FDP sich schon von unserem Antrag inspirieren
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        ssen, es auch bis zum Ende durchziehen und richtig
        bschreiben. Aber nein, stattdessen sind wir jetzt mit
        iesem unausgegorenen Entwurf konfrontiert, demge-
        enüber es nicht nur von uns, sondern auch von Verbän-
        en und Menschen aus der Praxis Kritik hagelt, und
        war zu Recht: Gerade die Feinheiten erscheinen uns
        eit weg von der Lebensrealität der Menschen. Deshalb
        önnen wir hier nicht zustimmen.
        nlage 30
        Zu Protokoll gegebene Reden
        zur Beratung der Beschlussempfehlung und des
        Berichts zu den Unterrichtungen: Fortschritts-
        bericht 2012 zur nationalen Nachhaltigkeits-
        strategie (Tagesordnungspunkt 32 und Zusatz-
        tagesordnungspunkt 14)
        Andreas Jung (Konstanz) (CDU/CSU): Diese De-
        atte zum Ende der Legislaturperiode gibt uns Anlass,
        ilanz und Ausblick der Arbeit des Parlamentarischen
        eirates für nachhaltige Entwicklung zu diskutieren.
        Die Arbeit unseres mit 22 Abgeordneten besetzen
        remiums ist gekennzeichnet vom Bemühen um einen
        berfraktionellen Konsens. In der ganz überwiegenden
        ahl der Fälle ist es uns auch in dieser Wahlperiode ge-
        ngen, dieses Konsensprinzip zu verwirklichen. Damit
        immt der PBNE eine Sonderstellung im Parlament ein.
        rund für dieses konsensuale Denken ist zum einen ein
        emeinsames Verständnis des Gebots der Nachhaltigkeit
        nd zum anderen die Einsicht, dass breit getragene
        eschlüsse unseren Initiativen ein stärkeres Gewicht
        erleihen.
        Der Parlamentarische Beirat für nachhaltige Entwick-
        ng besteht jetzt in der dritten Legislaturperiode. Der
        eirat hat sich damit seinen festen Platz im Parlament
        rarbeitet. Nach unserer gemeinsamen Auffassung ist es
        eboten, den Parlamentarischen Beirat für nachhaltige
        ntwicklung in der kommenden Legislaturperiode zu
        erstetigen und ihn in der Geschäftsordnung des Deut-
        chen Bundestages fest zu verankern. Denn Nachhaltig-
        eit ist kein Modebegriff, sondern ein dauerhaftes Ge-
        ot. Und deshalb wird es auch dauerhaft ein Gremium
        Deutschen Bundestag brauchen, das sich dem Gebot
        achhaltiger Entwicklung als Querschnittsaufgabe an-
        immt.
        Nach unserem Verständnis ist Nachhaltigkeit mit
        einer ökologischen, seiner ökonomischen und seiner
        ozialen Dimension die Wurzel, aus der alle Politikberei-
        he erwachsen, die gemeinsame Klammer, das Dach –
        ie auch immer man es ausdrücken möchte.
        Diesem Verständnis folgt auch die Nachhaltigkeits-
        trategie der Bundesregierung. Aus ihr heraus werden
        ie jeweiligen Fachpolitiken entwickelt. Der PBNE ist
        it der parlamentarischen Begleitung dieser Nachhaltig-
        eitsstrategie durch den Einsetzungsbeschluss des Deut-
        chen Bundestags beauftragt. In den vergangenen Jahren
        aben wir diese Aufgabe mit Nachdruck und großem
        ngagement versehen. Dies kommt zum Ausdruck
        32396 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
        (A) )
        )(B)
        durch detaillierte Stellungnahmen zu den regelmäßigen
        Fortschrittsberichten. Wir empfehlen dem Bundestag, in
        der kommenden Wahlperiode den PBNE federführend
        mit der Begleitung der nationalen Nachhaltigkeitsstrate-
        gie zu beauftragen. Dasselbe gilt für die europäische
        Nachhaltigkeitsstrategie. Auch diese Federführung folgt
        dem Verständnis von Nachhaltigkeit als Querschnittsauf-
        gabe. Nachhaltigkeit ist keine Unterabteilung der Ökolo-
        gie. Deshalb sollte auch der Nachhaltigkeitsbeirat im
        Hinblick auf seine parlamentarischen Rechte nicht auf
        den Umweltausschuss als „Patenausschuss“ verwiesen
        sein.
        Der PBNE pflegt eine intensive Zusammenarbeit mit
        dem vom Bundesminister im Bundeskanzleramt koordi-
        nierten Staatssekretärsausschuss sowie mit dem Rat für
        Nachhaltige Entwicklung als unabhängigem Beratergre-
        mium der Bundesregierung. Diese Zusammenarbeit hat
        sich in den vergangenen Jahren als erfolgreich erwiesen.
        Defizite sehen wir noch in der Verzahnung der Imple-
        mentierung der Grundsätze nachhaltiger Entwicklung
        mit den Ländern einerseits und der Europäischen Union
        andererseits. Nur ein intensives Zusammenwirken aller
        Ebenen kann dem Gebot nachhaltiger Entwicklung letzt-
        lich umfassend zum Durchbruch verhelfen.
        Seit dieser Legislaturperiode führt der PBNE eine for-
        male Nachhaltigkeitsprüfung durch. Das bedeutet, dass
        jeder Gesetzentwurf und jede Verordnung auf seine lang-
        fristige Wirkung für kommende Generationen anhand
        konkreter Richtlinien überprüft wird. Zum Abschluss
        der Legislaturperiode ziehen wir ein positives Resümee:
        Mussten wir am Anfang in etlichen Fällen die Verant-
        wortlichen „ermahnen“, die ökologischen, ökonomi-
        schen und sozialen Auswirkungen auf kommende Gene-
        rationen zu benennen, ist dies heute kaum noch nötig.
        Wir haben aber auch bemerkt, dass die formale Geset-
        zesfolgenabschätzung an seine Grenzen stößt und erwei-
        tert werden muss. Denn eine formale Prüfung erlaubt das
        korrekte Einhalten des Verfahrens. Um aber die Geset-
        zesfolgen in vollem Umfang abschätzen zu können, ist
        eine qualitative Prüfung notwendig.
        Neben dieser parlamentarischen Arbeit ist es dem
        PBNE ein Anliegen, mit Anhörungen und Stellungnah-
        men zu wichtigen Teilbereichen nachhaltiger Entwick-
        lung die politische Debatte zu befruchten, Einfluss auf
        mittel- und langfristige Politikentwürfe zu nehmen und
        die Bundesregierung in dieser Hinsicht anzuspornen.
        Beispielhaft seien die Initiativen zu nachhaltiger Mobili-
        tät und zur Flächeninanspruchnahme genannt.
        Nachhaltige Entwicklung braucht schließlich ein brei-
        tes Fundament und muss deshalb fest gesellschaftlich
        verankert sein. Der PBNE sieht es deshalb auch als seine
        Aufgabe an – im Rahmen seiner Möglichkeiten und ne-
        ben der Arbeit des RNE, dem dies originär zukommt –,
        die gesellschaftliche Debatte über nachhaltige Entwick-
        lung zu befördern. Hierzu haben wir zum Beispiel dem
        Bundestagspräsidenten vorgeschlagen, einen Filmpreis
        für den besten Film zu Nachhaltigkeit auszuloben. Diese
        Anregung hat der Präsident aufgegriffen, und es konnte
        unter zahlreichen Bewerbungen ein Film ausgewählt und
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        nter anderem auch im Deutschen Bundestag gezeigt
        erden.
        All diese Aktivitäten gilt es in der kommenden Legis-
        turperiode fortzuführen. Nachhaltigkeit ist eine Dauer-
        ufgabe und die Implementierung langfristigen Denkens
        den parlamentarischen Alltag eine immerwährende
        otwendigkeit, die der PBNE sozusagen als „Wach-
        und“ kontrolliert.
        Den Kolleginnen und Kollegen aller Fraktionen im
        BNE danke ich für die menschlich angenehme und in-
        altlich konstruktive Arbeit.
        Marcus Weinberg (Hamburg) (CDU/CSU): Der
        arlamentarische Beirat für nachhaltige Entwicklung hat
        den zurückliegenden vier Jahren kontinuierlich und
        it wichtigen Maßnahmen zur konkreten Ausgestaltung
        er nationalen Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregie-
        ng weiter beigetragen, und zwar auf allen Ebenen
        eines Auftrags: neue Zieldefinitionen und treffsichere
        dikatoren, Positionspapiere und Gutachten, Stabilisie-
        ng und weitere Vernetzung der mit Nachhaltigkeit
        efassten politischen Akteure, vor allem auf Parlaments-
        bene.
        Das Projekt Nachhaltigkeit ist nicht nur in den Hän-
        en dieser Regierung, sondern auch des Parlaments gut
        ufgehoben. Dessen konkrete Ausgestaltung kommt
        eiterhin zielstrebig und parlamentarisch im Konsens
        ut voran. Es ist also Zeit, hier zum Ende der Legislatur-
        eriode noch einmal die Schwerpunkte des Forschungs-
        erichts 2012, aber auch den Arbeitsbericht des Beirats
        u resümieren.
        Der Fortschrittsbericht ist inzwischen zum Rückgrat
        er nationalen Nachhaltigkeitsstrategie geworden, die
        ie Bundesregierung seit 2002 verfolgt. Er steht für die
        estaltungsdynamik und Kontinuität, die diese Strategie
        zwischen gewonnen hat. Mit dem Forschungsbericht
        012 wurde nun schon zum dritten Mal eine umfassende
        estandsaufnahme zur Nachhaltigkeit in Deutschland
        rarbeitet und dem Parlament zur Diskussion vorgestellt.
        ie ist es also bestellt um die Nachhaltigkeit in
        eutschland heute?
        Die Wahrung der Nachhaltigkeit ist eines der politi-
        chen Leitprinzipien der Bundesregierung. Worauf zielt
        achhaltigkeit? Seit Carl von Carlowitz, einem der Vä-
        r des Nachhaltigkeitsdenkens, gilt: Jede Generation
        uss ihre Aufgaben lösen und darf sie nicht nachkom-
        enden Generationen aufbürden. Es ist unsere Aufgabe,
        irtschaftliche Leistungsfähigkeit, Umweltschutz und
        oziale Verantwortung so zusammenzuführen, dass un-
        ere Entscheidungen unter allen drei Gesichtspunkten
        auerhaft tragfähig sind.
        Der Fortschrittsbericht setzt im Rahmen dieses um-
        ssenden Auftrags eigene, zeitadäquate Schwerpunkte:
        achhaltiges Wirtschaften, Klima und Energie und
        asserpolitik. Aus dem immer noch aktuellen Anlass
        er Finanz- und Staatsschuldenkrise heraus und ganz im
        inne einer nachhaltigen Entwicklung hat sich der Be-
        cht zudem dezidiert mit der fiskalischen Nachhaltigkeit
        eschäftigt. Im Ergebnis führte dies zu dem zentralen
        Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32397
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        Ziel der Bundesregierung, die öffentlichen Haushalte
        entschieden zu konsolidieren und die Verschuldung des
        Staates Schritt für Schritt zurückzuführen.
        In ihrem Fortschrittsbericht zeigt die Bundesregie-
        rung aber darüber hinaus auf, wie das Leitbild der
        Nachhaltigkeit in ihrer gesamten Politik konkret gestärkt
        werden soll – vom Flächenverbrauch über Fragen der
        Gesundheits- und Pflegepolitik bis hin zur Bildung.
        Ein wichtiger weiterer Teil dieses Berichts behandelt
        die Maßnahmen, mit denen im Zeitraum seit 2008 Nach-
        haltigkeit als Leitprinzip der Regierungspolitik auch or-
        ganisatorisch Schritt für Schritt gestärkt worden ist.
        Grundlegend ist das Managementkonzept der Nachhal-
        tigkeit, das auf drei Säulen aufbaut: Managementregeln,
        Indikatoren und Ziele, Monitoring. Allen, die sich
        politisch mit Nachhaltigkeit befassen, steht so ein Kom-
        pendium von Zielen, Regeln und Instrumenten zur Ver-
        fügung, mit dessen Hilfe der Stand und die Maßnahmen
        der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie auf breit gefä-
        cherter Grundlage diskutiert und bewertet werden kön-
        nen, ohne in die Gefahr des Ausuferns zu geraten.
        Der Bericht hat seine Schwerpunkte aus guten Grün-
        den bei den drei Themen „Nachhaltiges Wirtschaften“,
        „Klima und Energie“ und „Nachhaltige Wasserpolitik“
        gesetzt. Er vernachlässigt zugleich aber keineswegs die
        laufende Berichterstattung zu weiteren wichtigen Poli-
        tikfeldern der Nachhaltigkeit, zum Beispiel zur nachhal-
        tigen Mobilität. Der Blick bleibt weiterhin offen für
        eventuelle Verlagerungen in den bisherigen Problem-
        schwerpunkten und das Auftauchen neuer Problemlagen
        mit Schwerpunktqualität. Die Quintessenz aus diesem
        Verfahren lautet: den bisher eingeschlagenen Weg des
        Nachhaltigkeitsmanagements weitergehen, aber dort, wo
        neuer Handlungsbedarf entsteht, dieses Management in
        seinen Grundlagen erweitern und stärken bzw. bereits
        bestehende Handlungsmöglichkeiten optimieren.
        Bei der Betrachtung der Indikatoren zeigt sich dage-
        gen aufs Ganze gesehen ein eher gemischtes, teils helles,
        teils dunkles Bild: Während einige Indikatoren nach der-
        zeitigem Stand ihre Zielstellung sicher erreichen werden
        oder bereits erreicht haben, zeigen andere an, dass hier
        noch erhebliche Anstrengungen aufzubringen sind,
        wenn das gesteckte Ziel erreicht oder zumindest eine
        Trendwende zum Besseren bewirkt werden soll.
        Dominant positive Entwicklungen gab es vor allem
        im Klimaschutz, bei den erneuerbaren Energien, der
        wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, der Studienanfän-
        gerquote und der Erwerbstätigenquote Älterer. In ande-
        ren Prüfbereichen werden die gesteckten Ziele dagegen
        wohl verfehlt; zum Teil geht die Entwicklung sogar in
        die falsche Richtung. Dies gilt etwa für die Neuinan-
        spruchnahme von Flächen, die Entwicklung der Güter-
        transportintensität oder den Verdienstabstand zwischen
        Frauen und Männern.
        Bei der Ressourcen- und Energieproduktivität sowie
        bei der Mobilität, die in hohem Maße auf Rohstoffe und
        Energie angewiesen ist, sind ganz offensichtlich noch
        enorme Anstrengungen vonnöten, wenn wir die uns ge-
        setzten Ziele noch erreichen wollen. Die entsprechenden
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        dikatoren – Rohstoffeffizienz, Artenvielfalt und um-
        eltschonende Mobilität – sind im Berichtszeitraum
        icht besser geworden, sondern haben sich zu einem be-
        eutenden Teil sogar verschlechtert.
        In Fällen wie diesen darf es kein einfaches „Weiter
        o!“ geben. Auch in den Vorstandsetagen der Wirtschaft
        uss sich schneller als bisher geschehen die Überzeu-
        ung durchsetzen, dass nachhaltiges Wirtschaften nicht
        ur für ein gutes Gewissen, sondern auch und vor allem
        r steigende Erträge sorgt. Nachhaltigkeit und Gewinn-
        teigerung sind keine Gegensätze. Nachhaltigkeit bedeu-
        t Chancen – auch in ökonomischer Sicht.
        Risiken für unsere Zielstellungen und die darauf be-
        ogenen Indikatoren ergeben sich zusätzlich daraus, dass
        iese unter den Druck der vertikalen Integration der
        achhaltigkeitsstrategie geraten können. Aus unserer
        icht dürfen solche Integrationsmaßnahmen aber keines-
        lls dazu führen, bislang ehrgeizigere Ziele durch
        chwächere zu ersetzen.
        Schließlich und nicht zuletzt verweist der Bericht da-
        uf, dass es noch eine Reihe von Indikatoren gibt, deren
        ielschärfe durch Konkretisierung weiter verbessert
        erden sollte.
        Gleichwohl: Der Forschungsbericht zur nationalen
        achhaltigkeitsstrategie belegt aufs Ganze gesehen ein-
        rucksvoll, dass das Leitbild einer nachhaltigen Ent-
        icklung in Deutschland deutlich Fuß gefasst hat und
        chritt für Schritt an Boden gewinnt. Die Bundesregie-
        ng hat Nachhaltigkeit als politisches Leitsystem damit
        chon jetzt zum Erfolg gebracht. Der Forschungsbericht
        rzählt eine Erfolgsgeschichte.
        Das ist aber kein Grund, deshalb die Hände in den
        choß zu legen. Im Gegenteil: Je umfassender die natio-
        ale Nachhaltigkeitsstrategie weiter umgesetzt wird,
        esto mehr wird sie zum Motor unseres gesellschaftli-
        hen, wirtschaftlichen und politischen Fortschritts wer-
        en.
        Was lässt sich aus diesem Bericht für die Zukunft ab-
        iten? Zunächst und vor allem müssen die Indikatoren,
        ie wir derzeit anwenden, weiterentwickelt und in eine
        ngfristigere Perspektive gerückt werden. Dass die
        undesregierung vereinzelt bereits Perspektiven bis
        050 in die Zielstellungen der Nachhaltungsstrategie
        ufgenommen hat, ist so gut wie richtig. Wie jedoch ge-
        erell in unserer von ständigem Wandel geprägten Zeit,
        o gilt auch hier, dass solche weit ausgreifenden Ziel-
        erte zum einen realistisch genug sein müssen, damit sie
        it den uns zur Verfügung stehenden Instrumenten zu-
        indest annähernd auch erreicht werden können, und
        um anderen sollten sie aber auch vorgreifend und hin-
        ichend ambitioniert genug sein, damit sie zur Entwick-
        ng neuer Instrumente anspornen.
        Die Nachhaltigkeitspolitik geht aber keineswegs da-
        n auf, Indikatoren festzulegen und deren Erreichen zu
        berprüfen. Letztlich geht es hier ganz praktisch darum,
        urch ein neues, nachhaltiges Alltagsverhalten aller die
        inhaltung der Nachhaltigkeitsziele und ihrer Indikato-
        n zu ermöglichen und zu diesem Zweck Kenntnisse
        32398 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
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        darüber zu gewinnen, wie das eigene Handeln diese
        Zielerreichung fördert bzw. gefährdet.
        Dies lässt sich am ehesten mit dem Blick von außen
        bewerkstelligen. Erst durch das Heraustreten aus den
        einzelnen Fachressorts gewinnen wir die notwendige Di-
        stanz zum betriebsblind machenden Detailreichtum des
        Tagesgeschäftes und die Fähigkeit, die Auswirkungen
        unseres Handelns auf alle drei Säulen der Nachhaltigkeit
        – Ökonomie, Ökologie und Soziales – als ganzheitlichen
        Vorgang wahrzunehmen und zu erkennen.
        Das, was für uns alle gilt, gilt erst recht für die Politik.
        Deshalb ist es mir auch ganz persönlich sehr wichtig,
        dass die Nachhaltigkeitspolitik des Parlaments in der
        bisherigen, erprobten Form auch in der kommenden
        Legislaturperiode – am besten nahtlos – fortgeführt
        wird. Ich sehe ansonsten die Gefahr, dass die notwen-
        dige Weiterentwicklung der Indikatoren, die die Nach-
        haltigkeitsstrategie von uns fordert, künftig allein von
        der Bundesregierung vorgenommen wird.
        Das Parlament, also die Abgeordneten, deren Haupt-
        aufgabe es neben der Gesetzgebung ist, das Regierungs-
        handeln zu kontrollieren und zum Besseren zu raten,
        könnte mit seinen Ausschüssen diese klassische
        Querschnittsaufgabe nicht bewältigen; denn wenn die
        Kontrolle der einzelnen Indikatoren dem jeweils ein-
        schlägigen Fachausschuss allein übertragen würde,
        ginge die Gesamtsicht verloren, die zwingend erforder-
        lich ist, wenn das komplexe Politikthema Nachhaltigkeit
        nicht in der Mühle kurzfristiger, tagesaktueller Partiku-
        larinteressen zermahlen werden soll.
        Ulrike Gottschalck (SPD): In den vergangenen
        Jahren haben wir uns im Parlamentarischen Beirat für
        Nachhaltige Entwicklung bemüht, im Sinne zukünftiger
        Generationen Gesetze und ihre Folgen abzuschätzen,
        Themen der Nachhaltigkeit zu diskutieren und manche
        Praxis kritisch zu hinterfragen. Wir sind uns fraktions-
        übergreifend einig: Ein Zurücklehnen darf es nicht ge-
        ben, das sind wir den nachfolgenden Generationen und
        auch uns selber schuldig.
        Wir brauchen ambitionierte Ziele in der Nachhaltig-
        keitspolitik und begrüßen daher die Weiterentwicklung
        unserer nationalen Nachhaltigkeitsstrategie. Wir begrü-
        ßen auch die Fortentwicklung des Indikatorensystems,
        mit dem wir in unserem Land versuchen, nachhaltige
        Entwicklung in vielen Bereichen zu messen. Wir wissen
        um die Megathemen, die uns in Zukunft beschäftigen
        werden, beispielsweise den Klimawandel und die demo-
        grafische Entwicklung.
        Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe
        Kolleginnen und Kollegen im Beirat für Nachhaltige
        Entwicklung: es gehört auch zur Wahrheit, dass es in
        dieser Legislaturperiode, die sich nun dem Ende zuneigt,
        Punkte gab und gibt, bei denen wir uns trotz großen
        Bemühens und Konsensverfahren nicht einig waren und
        sind. Dazu gehörten die Arbeitsweise des Beirates und
        seine zukünftige Entwicklung.
        Wir von der SPD sind überzeugt, dass es ein „Weiter
        so“ mit uns nicht geben kann. Das Thema nachhaltige
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        ntwicklung muss aufgewertet werden und sich präsen-
        r im Bundestag wiederfinden. Dies sieht im Übrigen
        uch Marlehn Thieme, die Vorsitzende des Rates für
        achhaltige Entwicklung, so, die einen eigenen Bundes-
        gsausschuss fordert. Genau dies möchten wir auch.
        nsere Vorstellungen gehen in Richtung eines Bürger-
        ialogausschusses, um verstärkt für Nachhaltigkeit zu
        ensibilisieren und die Bürgerinnen und Bürger zum
        itmachen zu animieren. Kritisch sehen wir auch die
        in formelle Prüfung von Gesetzen, denn bei Gesetzen
        ählen die Inhalte, und daher ist in der nächsten Legis-
        tur eine inhaltliche Prüfung von Gesetzen dringend er-
        rderlich. Im Hinblick auf die bisherige Konsensarbeit
        Beirat haben wir nach langen Verhandlungen nun ei-
        er gemeinsamen Ausschussentschließung zugestimmt,
        eil unser Wunsch, den Dialog mit der Zivilgesellschaft
        u intensivieren, aufgenommen wurde. Auch für die Ein-
        eziehung der Ergebnisse der Enquete-Kommission
        Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität“ haben wir mit
        rfolg gestritten. Wir hätten uns allerdings ein wenig
        ehr Mut von Union und FDP gewünscht, damit sich
        as Parlament in der 18. Wahlperiode verstärkt mit der
        achhaltigen Entwicklung unseres Landes beschäftigen
        ann. Für meine Fraktion darf ich ankündigen, dass wir
        enau dies tun werden und Ihnen zu Beginn der nächsten
        egislaturperiode unser Konzept zur Stärkung der nach-
        altigen Entwicklung vorlegen werden.
        Wir begrüßen, dass es auch in der neuen Legislatur
        in Nachhaltigkeitsgremium geben wird, verhehlen aber
        uch nicht unsere Skepsis. Es wird noch viel Arbeit not-
        endig sein, damit wir von einer rein formellen, oft er-
        ebnislosen Gesetzesfolgenabschätzung hin zum Prüfen
        on Inhalten kommen. Es geht darum, die Diskussionen
        ber Nachhaltigkeit in der Gesellschaft aufzugreifen und
        en Beirat von einem „zahnlosen Papiertiger“ in die
        olle eines aktiven Gestalters dieser Diskussion weiter-
        uentwickeln.
        Dafür müssen wir auch die Arbeitsweise des Beirats
        berdenken. Expertinnen und Experten einzuladen ist
        ine feine Sache, aber die Ergebnisse unserer Gespräche
        ollten auch für andere sichtbar werden. Deshalb plädiert
        ie SPD an dieser Stelle dafür, eine deutlich aktivere
        ffentlichkeitsarbeit zu betreiben und den Beirat fortzu-
        ntwickeln. Wir dürfen uns vor dieser Diskussion nicht
        egducken und sollten sie schnellstmöglich zu Beginn
        er 18. Wahlperiode aufnehmen – im Sinne der Nachhal-
        gkeit.
        Michael Kauch (FDP): Wir debattieren neben dem
        ortschrittsbericht zur nationalen Nachhaltigkeitsstrate-
        ie auch den Arbeitsbericht des Parlamentarischen Bei-
        ts für nachhaltige Entwicklung. Dies ist ein guter An-
        ss, um Bilanz über unsere Arbeit in dieser Wahlperiode
        u ziehen.
        Ziel der Arbeit des Parlamentarischen Beirats ist die
        rbeit an einer nachhaltigen und somit generationenge-
        chten Entwicklung – in ihrer ökologischen, sozialen
        nd ökonomischen Dimension. Es ist in dieser Wahl-
        eriode gelungen, die Verengung der Nachhaltigkeitsde-
        atte auf Klimaschutz zu beenden. Das ist wichtig; denn
        Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32399
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        während wir beim Klimaschutz und bei den erneuerba-
        ren Energien laut Fortschrittsbericht auf dem richtigen
        Weg sind, gibt es andere Indikatoren nachhaltiger Ent-
        wicklung, bei denen es schlechter aussieht. Bei Arten-
        schutz und der Reduzierung des Flächenverbrauchs etwa
        liegen wir weiterhin hinter unseren Zielen zurück.
        Im Beirat waren auch in dieser Wahlperiode wieder
        Kolleginnen und Kollegen aus den unterschiedlichsten
        Fachausschüssen vertreten. Dies ist gut; denn Nachhal-
        tigkeit ist eine Querschnittsaufgabe, die nahezu alle
        Politikfelder betrifft. Die bunte Zusammensetzung be-
        fruchtet die Debatten innerhalb des Beirats, weil die
        Themen aus ganz unterschiedlichen Blickwinkeln
        betrachtet werden. Viel wichtiger aber ist, dass der Ge-
        danke der Nachhaltigkeit zurück in die Fachgremien ge-
        tragen wird. Dieser Impuls an die Fachausschüsse wurde
        in dieser Wahlperiode dadurch verstärkt, dass der Beirat
        erstmals Bewertungen zu den Nachhaltigkeitsprüfungen
        in den Gesetzentwürfen der Bundesregierung abgegeben
        hat und diese den federführenden Fachausschüssen und
        Ministerien zugeleitet hat. Inwieweit diese in den feder-
        führenden Ausschüssen behandelt werden, liegt aller-
        dings in deren Ermessen. Hier wäre eine Verankerung
        des Verfahrens in der Geschäftsordnung des Bundesta-
        ges wünschenswert, um zumindest eine Kenntnisnahme
        durch die Fachausschüsse sicherzustellen.
        Neben der Bewertung der Nachhaltigkeitsprüfung hat
        der Beirat in bewährter Form die Nachhaltigkeitsstrate-
        gie der Bundesregierung begleitet und sich am Konsulta-
        tionsverfahren zum Fortschrittsbericht 2012 beteiligt
        sowie Stellungnahmen zu diesem Bericht und zum Indi-
        katorenbericht 2010 abgegeben. Ein Beleg für die gute
        Zusammenarbeit zwischen Regierung und Parlament ist
        die Tatsache, dass dem Beirat auch im Fortschrittsbe-
        richt 2012 wieder die Möglichkeit eingeräumt wurde, ei-
        nen eigenen Beitrag zu verfassen. Vor allem aber wurden
        Forderungen des Beirats aufgenommen, unter anderem
        dass nicht mehr nur die Zahl der Wohnungseinbrüche als
        Indikator für die Bekämpfung von Kriminalität gilt.
        Der Beirat hat sich in mehreren Anhörungen mit
        nachhaltigkeitsrelevanten Themen befasst und Stellung-
        nahmen und Positionspapiere verabschiedet. Ein Novum
        in dieser Wahlperiode war, dass sich der Beirat vor Sit-
        zungen des Staatssekretärsausschusses für nachhaltige
        Entwicklung mit dem jeweiligen Thema befasst und ein
        Positionspapier als Input übermittelt hat.
        In der 18. Wahlperiode sollte der Parlamentarische
        Beirat für nachhaltige Entwicklung möglichst schnell
        zusammen mit den Fachausschüssen eingesetzt werden,
        um eine Kontinuität seiner Arbeit zu gewährleisten.
        Dann wird zu diskutieren sein, wie die Bewertung der
        Nachhaltigkeitsprüfung fortentwickelt werden kann.
        Bislang werden nur formale Kriterien geprüft. Eine in-
        haltliche Prüfung der Gesetzentwürfe wäre sicher wün-
        schenswert, allerdings stellt sich die Frage, ob diese mit
        dem im Beirat gepflegten Konsensprinzip in Einklang zu
        bringen ist.
        Zentral ist es aber zumindest, Transparenz über Ge-
        setzesfolgen zu schaffen. Daher ist es bedauerlich, dass
        es nicht gelungen ist, Generationenbilanzen in der Ge-
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        etzesfolgenabschätzung von Regierung und Parlament
        u verankern. Die entsprechende Bestimmung des Ko-
        litionsvertrages ist wegen des Widerstandes aus Teilen
        er Unionsfraktion nicht umgesetzt worden.
        Das ist umso unverständlicher, als diese Bundesregie-
        ng ja die Nachhaltigkeit in den Sozialversicherungen
        assiv verbessert hat. Wir haben aus Defiziten Über-
        chüsse gemacht, Reserven der Rentenversicherung er-
        öht, neue Leistungen etwa für die Pflege von Dementen
        ingeführt und dabei auch noch die Beiträge gesenkt.
        as waren vier gute Jahre für demografiefeste und gene-
        tionengerechte Sozialversicherungen. Und es waren
        uch vier gute Jahre für die finanzielle Nachhaltigkeit:
        ie zuvor seit der Wiedervereinigung hat eine Bundesre-
        ierung am Ende ihrer Wahlperiode weniger Geld ausge-
        eben als an ihrem Anfang. Wir haben die Schulden-
        remse vorzeitig umgesetzt und legen für 2014 einen
        trukturell ausgeglichenen Haushalt vor.
        Diese gute Entwicklung im Staatshaushalt und den
        ozialversicherungen muss verstetigt werden. Der Man-
        el fehlender Generationenbilanzen muss in der nächs-
        n Wahlperiode beseitigt werden. Wir brauchen Trans-
        arenz über die Leistungen, die wir für kommende
        enerationen erbringen, und die Lasten, die wir ihnen
        ufbürden. Auch brauchen wir ein Rechenwerk für das
        arlament, mit dem wir Finanz- und Sozialgesetze auf
        re intergenerativen Wirkungen untersuchen können,
        evor sie beschlossen werden.
        Abschließend bedanke ich mich als „letzter Überle-
        ender“ aus der Gründungszeit des Beirats vor mehr als
        eun Jahren für die ganz besonders kollegiale Zusam-
        enarbeit im Parlamentarischen Beirat. Er ist ein Bei-
        piel für Sachorientierung, Konsens- und Kompromiss-
        uche in unserem Parlament, dafür dass man nicht nur
        chaufensterdebatten führen, sondern auch zuhören
        ann – über die Grenzen der Fraktionen hinweg. Dies ist
        ine Arbeitsweise, die mehr Aufmerksamkeit im Parla-
        ent und in der Öffentlichkeit verdient.
        Ralph Lenkert (DIE LINKE): Frau Bundeskanzlerin
        erkel hat letzte Woche mal wieder eine salbungsvolle
        ede über Nachhaltigkeit gehalten. Eine schöne Story
        at sie dem handverlesenen Publikum des 11. Weltbank-
        rums dabei aufgetischt: dass Nachhaltigkeit so etwas
        ie eine deutsche Erfindung ist, und dass der Nachhal-
        gkeitsgedanke ein Kind deutscher Tugendhaftigkeit ist.
        ei Frau Merkels Realpolitik von Nachhaltigkeit zu
        prechen, ist für mich übertrieben und arrogant.
        Nachhaltigkeit ist uraltes Menschheitswissen; da
        icht ein Blick in die Geschichtsbücher. Das Problem
        om Raubbau an der Natur ist keinesfalls zuerst vom
        erghauptmann Hans Carl von Carlowitz erkannt wor-
        en, auch wenn die Mahnungen des Sachsen für eine
        chonende Forstwirtschaft Anerkennung verdienen. Seit
        s Menschen, Jagd und Ackerbau gibt, ist man sich der
        efahr vom Überverbrauch bewusst. Das ist vom Ama-
        onas über Afrika bis Neuseeland vielfach belegt. Res-
        ourcen sind begrenzt. Der Natur kann nur so viel ent-
        ommen werden, wie nachwächst. Die Tabuzonen
        euseelands waren zu 100 Prozent vor Menschen ge-
        32400 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
        (A) )
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        schützte Totalreservate. Diese weise Einsicht in die Ver-
        nunft jetzt als Made in Germany auszugeben, ist das
        Merkelsche Plagiat.
        Die Linke steht für eine vernünftige Politik echter
        Nachhaltigkeit. Wie wir das hinbekommen wollen, kann
        auf der Webseite vom Plan-B-Projekt der Fraktion nach-
        gelesen werden. Plan B ist die Alternative zur Alterna-
        tivlosigkeit des Finanzkapitalismus. Gerade Deutschland
        mit seiner zweifelhaften exportorientierten Wirtschafts-
        politik, mit Lohndumping und Sozialabbau sollte nicht
        als Vorbild für Europa und die Weltgemeinschaft dienen.
        Stellen wir uns vor, jedes Land würde wie Deutschland
        mehr exportieren, als es verbraucht. Wer soll den Ex-
        portüberschuss dann kaufen – die Marsianer? Überpro-
        duktion ist auch kein Zeichen von nachhaltiger Ressour-
        censchonung; es ist Verschwendung.
        Vorbild bei Nachhaltigkeit wäre Deutschland bei ei-
        ner ausgeglichenen Leistungsbilanz zum Ausland. Dahin
        kommen wir mit einem gesetzlichen flächendeckenden
        Mindestlohn und besseren Tarifabschlüssen für Beschäf-
        tigte. Ein weiterer Schritt zur Nachhaltigkeit wäre die
        Entlastung des Produktionsfaktors menschliche Arbeit
        und die Belastung der Faktoren Rohstoff-, Flächen- und
        Energieverbrauch – alles enthalten im Plan B der Links-
        fraktion.
        Im Parlamentarischen Beirat für nachhaltige Entwick-
        lung bekommen wir alle Gesetzesvorhaben auf den
        Schreibtisch. Geprüft wird, ob auf die Nationale Nach-
        haltigkeitsstrategie eingegangen wird. Leider prüfen wir
        nur, ob eine Bewertung der Nachhaltigkeit erfolgte, aber
        nicht, ob das Gesetz wirklich nachhaltig ist. Das wurde
        von uns und auch von den Kolleginnen und Kollegen der
        anderen Fraktionen vielfach kritisiert. Es ist haarsträu-
        bend, was da alles als nachhaltig eingestuft wird. In mei-
        ner Rede zum Fortschrittsbericht letztes Jahr wies ich
        darauf hin. Selbst das Gesetz zum ESFS-Rettungspaket
        wurde 2012 mit dem Gütestempel der Nachhaltigkeit be-
        dacht. Die Rettung von Banken und Spekulanten auf
        Kosten der Gemeinschaft war im Verständnis von CDU/
        CSU, SPD, Grünen und FDP nachhaltige Politik. Die
        Linke sagt: Das ist einfach nachhaltige, verantwortungs-
        lose Umverteilung zum Wohle der Milliardäre.
        Die Bundeskanzlerin forderte in ihrer jüngsten Rede
        über Nachhaltigkeit auch globale Verantwortung ein:
        Die Herausforderung der Globalisierung muss nachhal-
        tig gestaltet werden. Armut, Hunger und Kriege an je-
        dem Ort der Welt gehen jeden etwas an? Dem stimme
        ich zu. Dass aber Deutschland Platz 3 bei Rüstungsex-
        porten einnimmt und mit dem staatlich geförderten Ex-
        port von Schusswaffen nach Mexiko, U-Boot-Trägersys-
        temen für Atomsprengköpfe an Israel und Panzern nach
        Saudi-Arabien Regionalkonflikte weiter anheizt und
        noch daran verdient, das hat nichts mit Nachhaltigkeit zu
        tun. Es tröstet sicher jedes Opfer, wenn die eingesetzten
        Waffen ökologisch korrekt produziert wurden, oder? Die
        Linke sagt: Da ist Nachhaltigkeit ein zynischer Etiket-
        tenschwindel für die Kriegstreiber ohne Gewissen.
        Wie die schwarz-gelbe Bundesregierung es in der
        Realität mit Nachhaltigkeit hält, hat in dieser Legislatur-
        periode besonders aufschlussreich Bundeswirtschafts-
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        inister Philipp Rösler bewiesen. Im Konsens, also mit
        en Stimmen seiner Parteikollegen, hatte der Parlamen-
        rische Beirat für nachhaltige Entwicklung in einer Stel-
        ngnahme bei Hermes-Exportbürgschaften ein Ende der
        örderung von energetischer Nutzung der Atomkraft im
        usland gefordert. Das wäre globale Verantwortung
        eim Wort genommen. Sind nur deutsche Atomkraft-
        erke für Einwohnerinnen und Einwohner der Bundes-
        publik eine Gefahr – oder auch die geplanten neuen
        tommeiler in Tschechien und Polen? Sollten nicht auch
        ie Menschen in Brasilien vor Reaktorunglücken sicher
        ein? Rösler ist nicht nur erklärter Gegner der Energie-
        ende, sondern auch Freund der Atomlobby und er-
        lärte kurz, der Bund werde weiter beantragte Hermes-
        ürgschaften für Atomkraftwerksbauten im Ausland
        enehmigen, egal ob die Hermesbürgschaften in Polen,
        schechien oder Brasilien wirken. Für die Linke hat das
        it Glaubwürdigkeit und Nachhaltigkeit wenig zu tun.
        Es ist die fehlende Glaubwürdigkeit, die Nachhaltig-
        eit als ernstzunehmendes Leitbild der Politik zuneh-
        end infrage stellt. In der kommenden Legislaturpe-
        ode wird sich die Linke darum für eine starke Prüfung
        er Nachhaltigkeit einsetzen. Nach dem Stichprobenver-
        hren könnten Gesetze im Büro für Technikfolgen-
        bschätzung beim Deutschen Bundestag auf Nach-
        altigkeit gecheckt werden. Für die Linke ist eines klar:
        er Etikettenschwindel kann so nicht weitergehen. Die
        inke fordert echte Nachhaltigkeit in der Politik. Lassen
        ie uns gemeinsam an einem Plan B für die Gesellschaft
        rbeiten.
        Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
        enn man die Menschen fragt, ob ihnen das Thema
        achhaltigkeit wichtig ist, dann sagen die meisten Ja,
        äufig unabhängig davon, wen sie wählen. Gerade die
        nge Generation weiß, dass man nicht weiterkommt,
        enn man wirtschaftet und lebt, wie die Nachkriegs-
        eneration dies getan hat, aber auch heute immer noch
        t.
        Wenn man hier in die Runde schaut, darf man durch-
        us darauf schließen, dass viele nicht wissen, dass es im
        eutschen Bundestag ein Gremium gibt, das sich mit
        iesem wichtigen Thema auseinandersetzt – seit 2004 –,
        ämlich den Parlamentarischen Beirat für nachhaltige
        ntwicklung, der heute hier redet. Es geht um Umwelt
        nd Landwirtschaft, um Wirtschaft und Mobilität, um
        ozial- und Gesundheitspolitik, um Bildung und Sicher-
        eit, aber auch um eine solide Haushaltspolitik und eine
        ire internationale Zusammenarbeit.
        Als Verkehrspolitikerin könnte ich mich von diesem
        achhaltigkeitsbeirat durchaus eingeengt fühlen; denn
        enn dieser Beirat sagen würde, Mobilität müsse ganz-
        eitlich gedacht werden, Bahn, Auto und Fahrrad müss-
        n miteinander verknüpft werden, oder wenn der Beirat
        agen würde, wir brauchten neue Ansätze, um den im-
        ens steigenden Güterverkehr auf der Straße zu begren-
        en und ihn umweltfreundlicher zu machen, dann wäre
        h eingeengt. Ich müsste mich fragen: Brauche ich hier
        ine neue Straße, oder kann man die Güter nicht besser
        uf die umweltfreundlichere Schiene verlagern?
        Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32401
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        )(B)
        Dieser Parlamentarische Beirat für nachhaltige Ent-
        wicklung hat genau das getan. In einem Positionspapier
        an die Bundesregierung fordert er, Mobilität ganzheitlich
        zu denken. Mit seinen Stellungnahmen zur Nachhaltig-
        keitsstrategie der Bundesregierung fordert er, die Nach-
        haltigkeitsziele stärker in Angriff zu nehmen. Gerade im
        Bereich Güterverkehr stehen wir vor gewaltigen Heraus-
        forderungen.
        Diese Positionspapiere und Stellungnahmen hat der
        Parlamentarische Beirat überwiegend im Konsens aller
        fünf im Bundestag vertretenen Fraktionen erarbeitet.
        Übrigens: Das Konsensprinzip ist auch etwas, was von
        den Menschen geschätzt wird. Meine Besuchergruppen
        staunen stets, wenn ich ihnen erzähle, dass es so etwas
        hier im Deutschen Bundestag auch gibt, nicht nur die
        politischen Schaukämpfe zwischen Regierung und Op-
        position; denn was würde es der Nachhaltigkeit nützen,
        wenn auch hier – wie in den einzelnen Fachbereichen –
        in jeder Wahlperiode die Richtung immer wieder geän-
        dert würde.
        Wenn wir Generationengerechtigkeit wollen, gibt es
        nur einen Weg: Nachhaltigkeit, also ein generationenge-
        rechtes Verhalten in Ökologie, Ökonomie und im Sozia-
        len. Viele, leider auch einige hier im Hause, scheinen da-
        von noch nie etwas gehört zu haben. Dabei gibt es die
        Nachhaltigkeitsstrategie seit 2002. Kritisch begleitet
        wird sie seit 2004 von uns hier, dem Parlamentarischen
        Beirat für nachhaltige Entwicklung.
        Trotzdem hat die Enquete-Kommission „Wachstum,
        Wohlstand, Lebensqualität“ hier im Deutschen Bundes-
        tag einen Bericht vorgelegt – ganz so, als gäbe es noch
        keine Nachhaltigkeitsindikatoren, die eingebettet sind in
        eine umfassende Nachhaltigkeitsstrategie. Es ist richtig,
        dass das Wachstum Grenzen braucht – in ökologischer
        wie sozialer Hinsicht. Aber die vorhandene Nachhaltig-
        keitsstrategie des Bundes und deren parlamentarische
        Begleitung wurden dabei von der Enquete-Kommission
        vollständig verdrängt. So schlägt der Bericht der En-
        quete-Kommission ein Sammelsurium von 20 Indikato-
        ren vor, die das Wachstum in einen nachhaltigen Kontext
        stellen sollen.
        Dabei ist die Nachhaltigkeitsstrategie gut etabliert –
        richtigerweise fachübergreifend und zentral gesteuert
        vom Staatssekretärsausschuss im Bundeskanzleramt, an-
        erkannt von allen Fraktionen, unterlegt mit einem Ma-
        nagementsystem und einem Monitoringsystem, und
        schließlich sehr engagiert unterstützt vom Rat für nach-
        haltige Entwicklung.
        Ich glaube, es leuchtet ein, dass wir nicht alle zehn
        Jahre Indikatoren erfinden müssen, sondern dass wir un-
        sere Energie darauf richten müssen, die vereinbarten
        Ziele auch wirklich umzusetzen mit den entsprechenden
        politischen Maßnahmen, woran es derzeit durchaus et-
        was hapert. Ich plädiere dafür, die Zusammenarbeit der
        Fraktionen im Parlamentarischen Beirat für nachhaltige
        Entwicklung fortzusetzen und ihn gleich zu Beginn der
        kommenden Wahlperiode genauso wie die Fachaus-
        schüsse wieder einzusetzen.
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        Die erste große Aufgabe muss aber sein, uns zu über-
        gen, wie wir den Nachhaltigkeitsgedanken in Politik
        nd Wirtschaft stärker verankern können, statt das Rad
        lle vier Jahre mit einer neuen Enquete-Kommission
        ieder neu erfinden zu wollen.
        nlage 31
        Zu Protokoll gegebene Reden
        zur Beratung des Antrags zu dem Bericht der
        Kommission an den Rat und das Europäische
        Parlament: Die angestrebte Umsetzung har-
        monisierter Rechnungsführungsgrundsätze für
        den öffentlichen Sektor in den Mitgliedstaaten
        – die Eignung der IPSAS für die Mitgliedstaa-
        ten; (KOM (2013) 114 endg.; Ratsdok. Nr. 7677/
        13) – hier: Stellungnahme des Deutschen Bun-
        destages nach Artikel 23 Absatz 3 des Grund-
        gesetzes i. V. m. § 9 des Gesetzes über die
        Zusammenarbeit von Bundesregierung und
        Deutschem Bundestag in Angelegenheiten der
        Europäischen Union (Tagesordnungspunkt 37)
        Norbert Barthle (CDU/CSU): Mit dem vorliegenden
        eschluss geben wir eine Stellungnahme des Deutschen
        undestags nach Art. 23 Grundgesetz in Verbindung mit
        9 EUZBBG ab. Dies zeigt, dass die Beteiligung des
        undestags an der Europapolitik der Bundesregierung
        eben dem großen Thema der Euro-Stabilisierung auch
        weniger wahrgenommenen Themen angekommen ist.
        Worum geht es? Die Richtlinie 2011/85/EU des Rates
        om 8. November 2011 über die Anforderungen an die
        aushaltspolitischen Rahmen der Mitgliedstaaten – Teil
        es sogenannten Sixpack – gibt der Kommission den
        ufrag, zu prüfen, ob die internationalen Rechnungsfüh-
        ngsgrundsätze für den öffentlichen Sektor IPSAS eine
        eeignete Bilanzierungs- und Buchführungsgrundlage
        r die Mitgliedstaaten der EU sein können. Mit dem Be-
        cht vom 20. März 2013 kommt die Kommission die-
        em Auftrag nach. Ergebnis ihrer Analysen ist, dass die
        SAS zwar nicht direkt für diesen Zweck herangezogen
        erden können, die EU aber von ihnen ausgehend eigen-
        tändige Buchführungsgrundsätze entwickeln könne.
        Das klingt zwar zunächst nach einem eher techni-
        chen als politisch relevanten Thema, ist es aber nicht.
        ielmehr kündigt die Kommission in dem relativ schma-
        n Bericht nicht weniger als eine kleine Revolution im
        ffentlichen Rechnungswesen der Mitgliedstaaten der
        U an.
        Da sollten alle hellhörig werden. Offen spricht die
        ommission aus, dass sie in allen staatlichen Ebenen der
        itgliedstaaten eine kaufmännische doppelte Buchfüh-
        ng einzuführen gedenke. Ziel ist insbesondere, einen
        ollständigen Überblick über alle staatlichen Verbind-
        chkeiten sowie über das Vermögen des Staates zu er-
        alten.
        Im Kern ist der Vorstoß zwar nachzuvollziehen.
        chon heute führen sehr unterschiedliche Rechnungsle-
        ungsstandards sowohl in den Mitgliedstaaten der EU
        32402 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
        (A) )
        )(B)
        als auch innerstaatlich dazu, dass Zahlen der Haushalts-
        wirtschaft nicht immer exakt vergleichbar sind. Wenn
        eine der Lehren aus der Euro-Krise die bessere Überwa-
        chung der nationalen Haushalte ist, ist der Schritt der
        Kommission nur konsequent.
        Dennoch sollten wir nicht zu euphorisch sein. Allein
        die Erfahrung in den deutschen Ländern und Kommu-
        nen, die bereits eine doppische Buchführung eingeführt
        haben, zeigt, dass eine gute und richtige Idee in der Pra-
        xis nicht immer zu besseren Ergebnissen führt. Beruht
        doch ein doppisches System notwendigerweise auf einer
        Menge nicht immer objektiver Annahmen und Bewer-
        tungen.
        Wenn ich also den Ansatz der Kommission im Kern
        als richtig bezeichne, möchte ich uns aber auch gleich-
        zeitig zu einer gewissen kritischen Vorsicht mahnen.
        Kosten und Nutzen müssen gerade bei diesem Projekt
        sorgfältig abgewogen werden. Gerade in Deutschland
        wären die Kosten einer Einführung eines doppischen
        Systems der Buchführung relativ hoch. Denn im Ergeb-
        nis würde die Einführung von EPSAS auch eine Verein-
        heitlichung des Rechnungswesens in Deutschland be-
        deuten. Zudem gilt es die komplizierte Umsetzung im
        deutschen Föderalismus zu beachten.
        Der Deutsche Bundestag wird daher den Prozess der
        Erarbeitung eines europäischen Standards EPSAS, der
        noch ganz am Anfang steht, eng begleiten. Für uns ist
        von besonderer Bedeutung, dass eine mögliche Harmo-
        nisierung den verfassungsrechtlichen Prinzipien der
        Budgethoheit des Deutschen Bundestages Rechnung
        trägt. Zudem ist es uns wichtig, dass die Bundesregie-
        rung, die die Verhandlungen führt, sicherstellt, dass die
        etwaige Einführung dieser Standards die Aufstellung,
        den Inhalt und die Ausführung der Haushaltspläne der
        Gebietskörperschaften der Mitgliedstaaten nicht berührt.
        Auf keinen Fall darf es zu einer Schwächung der Kon-
        trollmöglichkeiten des Deutschen Bundestags im Haus-
        haltsvollzug kommen.
        Ziel soll sein, durch eine aktive Mitgestaltung der
        EPSAS darauf hinzuwirken, dass bewährte deutsche
        Rechnungslegungsgrundsätze ausreichend Beachtung
        finden und die Einführung der bzw. Umstellung auf die
        neuen Standards mit möglichst geringem Aufwand erfol-
        gen könnte. Vor dem Hintergrund dieser Eckpfeiler bin
        ich zuversichtlich, dass die europäische Diskussion über
        einheitliche Buchungsgrundsätze für den öffentlichen
        Sektor am Ende auch zu einem nützlichen Ergebnis füh-
        ren kann. Der Deutsche Bundestag wird diesen Prozess
        jedenfalls konstruktiv kritisch begleiten.
        Carsten Schneider (Erfurt) (SPD): Am 8. Novem-
        ber 2011 verabschiedete der Rat der Europäischen Union
        im Rahmen des Gesetzgebungspakts, das als „Sechser-
        pack“ bekannt wurde, auch eine Richtlinie, die die
        Anforderungen an die haushaltspolitischen Rahmen der
        Mitgliedstaaten näher definiert. Sie schreibt vor, dass die
        Mitgliedstaaten vergleichbare, vollständige und zuver-
        lässigere Haushaltsdaten an die EU-Ebene übermitteln
        müssen.
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        Einerseits wird durch diese Richtlinie die Vergleich-
        arkeit der Haushalte und der Rechnungslegung der
        taaten verbessert. Die Refinanzierungsschwierigkeiten
        iniger Euro-Staaten als Konsequenz der Finanzmarkt-
        rise haben gezeigt, dass hier Handlungsbedarf besteht.
        ndererseits sind wir in der EU und im Euro-Raum von
        inheitlichen, harmonisierten Rechnungsführungsgrund-
        ätzen für den öffentlichen Sektor noch weit entfernt. Es
        ibt mit den International Public Sector Accounting
        tandards, IPSAS, schon einen allgemeinen Vorschlag.
        ufgabe der Kommission war es, uns zu berichten, ob
        iese Standards eine taugliche Grundlage für europäi-
        che Grundsätze sein könnten.
        Die Kommission kommt zu der grundsätzlich richti-
        en Auffassung, dass noch Handlungsbedarf besteht. Sie
        tellt aber zutreffend fest, dass wir nichts damit gewin-
        en, internationale Standards einfach so in Europa zu
        bernehmen. Die staatlichen Strukturen in den Mitglied-
        taaten sind sehr unterschiedlich. In Deutschland genie-
        en die Gemeinden den besonderen Schutz des Grund-
        esetzes, und ihre Rechnungslegung unterscheidet sich
        on der der Länder und der des Bundes. Einige Kommu-
        en und Länder sind zur kaufmännisch orientierten
        ilanzierung übergegangen, weil es für sie zweckmäßi-
        er und passender ist. Für den Bund kann sie nicht
        infach übernommen werden, das wäre nicht dienlich.
        Rahmen der Bemühungen um ein modernisiertes
        echnungswesen des Bundes haben wir lange diskutiert,
        ass wir es schaffen müssen, den aktuellen Zeitwert von
        vestitionen zielführender abzubilden. Das Fachwort
        ierfür ist erweiterte Kameralistik. Doch ansonsten
        aben sich unsere Rechnungsführungsgrundsätze für
        und, Länder und Kommunen bislang bewährt. Vieles
        on dem, was die Kommission vorschlägt, zum Beispiel
        ine Periodenabrechnung, haben wir schon, sie ent-
        pricht unserer mittelfristigen Finanzplanung, die die
        undesregierung dem Bundestag jährlich vorlegen
        uss.
        Darauf können wir in Europa aufbauen, und ich be-
        rüße, dass die Kommission einen gründlichen Prozess
        orschlägt. Gemeinsam mit allen Mitgliedstaaten sollen
        uropäische Rechnungsführungsgrundsätze für den öf-
        ntlichen Sektor entwickelt werden, und „Mitgliedstaa-
        n“ muss hier heißen: auch mit den Gebietskörperschaf-
        n und Parlamenten; denn wir müssen stets daran
        rinnern: Das Haushaltsrecht ist und bleibt das Königs-
        cht des Parlaments. Das umfasst auch die Rechnungs-
        gung. Für den Bundestag ist deshalb von besonderer
        edeutung, dass jede weitere Harmonisierung unseren
        erfassungsrechtlichen Prinzipien und der Budgethoheit
        es Bundestages Rechnung trägt. Auch Kosten-Nutzen-
        spekte müssen wir beachten. Und damit das sicherge-
        tellt ist, werden wir uns als Parlament mit dieser
        tellungnahme frühzeitig in den Prozess auf europäi-
        cher Ebene einschalten. Es liegt an uns, sicherzustellen,
        ass die Erarbeitung neuer Standards die Aufstellung,
        en Inhalt und die Ausführung der Haushaltspläne von
        und, Ländern und Gemeinden nicht berührt. Wir
        ollen nicht, dass die Kontrollmöglichkeiten des Bun-
        estages im Haushaltsvollzug geschwächt werden. Wir
        ollen, dass in dem weiteren Prozess die Belange und
        Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32403
        (A) )
        )(B)
        die Erfahrungen der Länder und Kommunen mit einbe-
        zogen werden, und ich darf hinzufügen, auch die des
        Bundesrechnungshofes. In seiner grundgesetzlich ge-
        schützten Unabhängigkeit ist der Bundesrechnungshof
        Mahner und Berater zugleich. Das soll er bleiben.
        Deswegen fordern wir, dass der Bundestag im gesam-
        ten Verhandlungsprozess fortlaufend, umfassend und
        frühestmöglich zu beteiligen ist, und wir wollen einen
        regelmäßigen Bericht im Haushaltsausschuss. Gleiches
        gilt für die anderen Mitgliedstaaten. Einheitliche öffent-
        liche Rechnungsführungsgrundsätze werden nur dann
        hilfreich sein, wenn sie von den Haushaltsgesetzgebern
        akzeptiert und angewandt werden können. Klarheit und
        Transparenz ist nicht immer eine Selbstverständlichkeit
        für europäische Vorlagen. Deshalb müssen wir frühzeitig
        mitmischen.
        Otto Fricke (FDP): Der sehr klug handelnde Unter-
        ausschuss des Haushaltsausschusses zu Fragen der Euro-
        päischen Union hat einen Bericht der EU-Kommission
        zur Frage der Errichtung einheitlicher Rechnungslegung
        für öffentliche Haushalte dem Haushaltsausschuss als
        Ganzes zur Debatte vorgelegt. Aufgrund der nicht zu un-
        terschätzenden Bedeutung von Rechnungslegungsvor-
        schriften für die Haushaltspolitik insgesamt, aber auch
        für die Stellung des Parlaments im Haushaltsgefüge, ha-
        ben die Koalitionsfraktionen ausnahmsweise beschlos-
        sen, von dem Recht des Haushaltsausschusses Gebrauch
        zu machen, in dieser Sache eine Stellungnahme des
        Deutschen Bundestages herbeizuführen.
        Worum geht es im Konkreten? Die Kommission ist in
        ihrem Bericht zu dem Ergebnis gekommen, dass die
        sogenannten International Public Sector Accounting
        Standards, kurz IPSAS, in ihrer jetzigen Form als Rech-
        nungsführungsstandards für die Mitgliedstaaten der Eu-
        ropäischen Union zwar nicht eins zu eins geeignet sind,
        jedoch als Ausgangspunkt für noch zu entwickelnde Eu-
        ropäische Rechnungsführungsstandards, European Pub-
        lic Sector Acounting Standards, EPSAS, dienen sollen.
        Aus dem Bericht ist erkennbar, dass die Kommission
        einheitliche, für alle staatlichen Ebenen aller Mitglied-
        staaten verbindliche Standards, die auf dem Prinzip der
        kaufmännischen doppelten Buchführung beruhen, an-
        strebt. Die Kommission könnte sich bei der Erreichung
        dieses Ziels einer Rahmenverordnung als möglichem
        rechtlichem Instrument bedienen. Bis es hierzu kommt,
        wird es sicherlich noch einer Vorbereitungsphase mit
        weiteren Konsultationen zur Gewinnung weiterer An-
        sichten und zur Entwicklung eines Fahrplans bedürfen.
        Um bereits in dieser frühen Phase eine klare Positio-
        nierung des Deutschen Bundestages in dieser überaus
        bedeutsamen Frage auch und insbesondere gegenüber
        der europäischen Ebene herauszustellen, haben die Ko-
        alitionsfraktionen eine Stellungnahme erarbeitet.
        In dieser Stellungnahme geht es uns insbesondere da-
        rum, dass die hergebrachten und letztlich verfassungs-
        rechtlich gebotenen Parlamentsrechte des Deutschen
        Bundestages, also nicht nur des Haushaltsausschusses,
        bei der Begleitung des Haushaltsaufstellungsverfahrens,
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        er Beratung des Haushaltes sowie seiner Verabschie-
        ung, aber auch der intensiven Kontrollmöglichkeit im
        aushaltsvollzug, bewahrt bleiben. Hierbei geht es da-
        m, dass mittels der kameralen Buchführung die größt-
        ögliche Transparenz für die Ausübung des „Königs-
        chts“ des Parlaments erhalten bliebe. Im Gegensatz
        azu halten wir die sogenannte kaufmännische Buchfüh-
        ng für intransparent und trügerisch, dies deshalb, weil
        ber die Einbeziehung sämtlicher Vermögenswerte des
        undes in eine bilanzielle Buchführung schnell der Ein-
        ruck entstehen kann, dass man mit der vorhandenen
        taatsverschuldung eigentlich kein Problem habe und
        arüber hinaus die Zusammenfassung verschiedener
        aushaltstitel zu sogenannten Produkthaushalten die
        arlamentarische Budgethoheit in entscheidender Weise
        u beschränken vermag. Zudem ist die parlamentarische
        teuerung des Haushalts durch das Parlament erheblich
        eschränkt. Die Erfahrungen auf kommunaler Ebene mit
        en dortigen neuen Rechnungslegungsvorschriften,
        KH, zeigen deutlich, wie gefährlich und schlecht die
        egelungen der Doppik, so gut diese in der Wirtschaft
        t, sich bei der Frage der Parlamentsbeteiligung darstel-
        n.
        Mit unserer Stellungnahme geben wir der Bundesre-
        ierung bei den anstehenden Verhandlungen in Brüssel
        as klare Mandat, die von uns aufgezeigten Grundsätze
        on Transparenz und Nachvollziehbarkeit, wie sie das
        amerale System bietet, nicht preiszugeben. Es würde
        ns zudem freuen, wenn der Bundesrechnungshof dieses
        erfahren aufmerksam begleitetet.
        Für viele mag dieses Thema trocken und langweilig
        rscheinen; in der Konsequenz, die es für die Ausübung
        es freien Mandates als Abgeordneter hat, ist dieses
        hema jedoch in höchstem Maße spannend und bedeut-
        am.
        Steffen Bockhahn (DIE LINKE): Grundsätzlich ist
        ie Idee, einheitliche Buchführungs- und Bilanzierungs-
        tandards innerhalb der Europäischen Union zu schaffen,
        u begrüßen. Wer sich einmal für einen gemeinsamen
        innenmarkt entschieden hat, benötigt auch einheitliche
        echnungsführungsstandards. 27 Rezepte, mit dem EU-
        eitritt Kroatiens am Montag dann 28, für ein und die-
        elbe Suppe bieten in der Küche zwar eine gute Ab-
        echslung, sind im Haushaltswesen jedoch kontrapro-
        uktiv. Hier ist es notwendig, eine Vergleichbarkeit der
        U-Mitgliedstaaten zu erreichen. Nur so können Haus-
        altsdaten und ihre Finanzstabilität zuverlässig geprüft
        nd die Einhaltung der Maastricht-Kriterien kontrolliert
        erden.
        Für die Bundesrepublik Deutschland als ein föderal
        rganisiertes Land würde die Einführung einheitlicher
        echnungsführungsstandards jedoch auch einen erhebli-
        hen Kostenaufwand bedeuten. Die Europäische Kom-
        ission schätzt diesen auf bis zu 0,1 Prozent des Brutto-
        landsprodukts. Laut Kommission müssten also bis zu
        ,5 Milliarden Euro für eine Umstellung der Rechnungs-
        hrung innerhalb von zehn Jahren eingeplant werden.
        as Bundesfinanzministerium dagegen kann die finan-
        iellen Auswirkungen für Deutschland derzeit noch gar
        32404 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
        (A) )
        )(B)
        nicht präzise abschätzen. Für alle staatlichen Ebenen,
        also inklusive Länder und Kommunen, geht das BMF
        lediglich von einem einstelligen Milliardenbetrag aus.
        Eine Verdreifachung der Kosten ist im schlimmsten Fall
        also nicht auszuschließen.
        Für die kleinsten Verwaltungsebenen, die Kommu-
        nen, ist dies, angesichts notorisch klammer Kassen, je-
        doch eine desaströse Aussicht. Zwar hat ein Teil der
        Kommunen schon jetzt auf ein doppisches Rechnungs-
        wesen umgestellt, um einheitliche Begrifflichkeiten zu
        schaffen wird eine nochmalige Anpassung der Standards
        jedoch unumgänglich. Schon jetzt müssen Schulen
        schließen, kulturelle Angebote können nicht mehr geför-
        dert, und dringend notwendige Infrastrukturmaßnahmen
        müssen aufgeschoben werden, weil die Kommunen kei-
        nen finanziellen Spielraum mehr haben. Es geht also
        nicht, dass auf höchster Ebene eine mit massiven und
        nicht absehbaren Kosten verbundene Umstellung der
        Rechnungsführung beschlossen wird, die die Kommu-
        nen dann allein schultern müssen. Bevor einheitliche
        EPSAS erarbeitet werden, muss innerhalb Deutschlands
        erst einmal geklärt werden, wie dieses Reformvorhaben
        finanziert und mit dem Austeritätsprinzip vereinbart
        werden kann, ohne dass dafür bestehende Ausgaben im
        Bereich der allgemeinen Daseinsvorsorge und der not-
        wendigen öffentlichen Verwaltung weiter gekürzt wer-
        den müssen.
        Darüber hinaus muss darauf geachtet werden, dass
        neben dem doppischen Rechnungswesen auch eine ent-
        sprechende doppische Haushaltsplanung eingeführt
        wird. Wird dies, wie im Bericht der Europäischen Kom-
        mission, nicht beachtet, besteht die Gefahr, dass zwar
        doppisch gebucht, de facto jedoch eine kamerale, also
        am Geldverbrauchskonzept orientierte Haushaltsplanung
        beibehalten wird. Die wichtigste Steuerungsebene Haus-
        haltsplanung würde damit weiterhin in alten Denkstruk-
        turen verhaftet bleiben.
        Die Einführung von EPSAS setzt somit einen umfas-
        senden Reformprozess innerhalb aller europäischen Mit-
        gliedstaaten voraus. Wenn die Bundesregierung möchte,
        dass nicht nur doppisch gebucht, sondern auch doppisch
        geplant wird, muss sie sich aktiv in den Prozess der Erar-
        beitung der Standards einbringen. Letztlich ist das auch
        ein Weg, um zu gewährleisten, dass trotz neuer Regelun-
        gen die Budgethoheit der Parlamente und Gemeindever-
        tretungen in der Bundesrepublik Deutschland beibehal-
        ten wird.
        Zum Schluss möchte ich aber noch darauf hinweisen,
        dass auch die Buchung in einem doppischen Verfahren
        Haushaltsnotlagen nicht lösen kann. Im Gegenteil führt
        sie gelegentlich sogar zu einer Verschärfung. Ich bin
        Vorsitzender des Finanzausschusses der Rostocker Bür-
        gerschaft und erlebe dort immer wieder, welche Heraus-
        forderungen es mit sich bringt, doppisch zu buchen. Al-
        lein bei uns müssen jedes Jahr 32 Millionen Euro
        Abschreibungen erwirtschaftet werden, Geld, das eigent-
        lich nicht da ist, nur auf dem Papier bewegt wird und
        letztlich zu einem Minus im Haushalt führt. Da sollten
        sich die europäischen Rechnungsprüfer noch einmal ver-
        ständigen, wie so etwas verhindert werden kann.
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        Priska Hinz (Herborn) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
        EN): In der Staatschuldenkrise hat sich deutlich ge-
        eigt, dass es bei der Berechnung der Haushaltslage
        inzelner Staaten massive Probleme gab. Die meisten
        U-Mitgliedstaaten wenden unterschiedliche Berech-
        ungssysteme an, die häufig sehr komplex und teilweise
        nfällig für Fehler oder Manipulationen sind. Das darf
        icht so bleiben!
        Es ist dringend erforderlich, dass die europäischen
        egierungen ihre Finanzstabilität in Zukunft zweifelsfrei
        achweisen können und in der Berichterstattung über die
        ffentlichen Finanzen deutlich mehr Stringenz und
        ransparenz erreichen. In allen Ländern der Europäi-
        chen Union sollte künftig die sogenannte Periodenrech-
        ung angewendet werden. Das heißt, dass Haushalts-
        aten wie die Neuverschuldung oder der Schuldenstand
        ezielt für einen genau definierten Zeitabschnitt erhoben
        erden. Das verbessert die Vergleichbarkeit der Daten
        nd verhindert bereits einige Statistiktricks. Auch die
        ualität der Daten muss verbessert werden. Eine
        armonisierung der Rechnungsführungssysteme aller
        taatlichen Ebenen in der EU kann dazu entscheidend
        eitragen. Neben interner Kontrolle ist auch externe Prü-
        ng notwendig, um die Einhaltung von Qualitäts-
        ormen sicherzustellen.
        Eine Harmonisierung der Rechnungslegungsstan-
        ards innerhalb der EU bietet also erhebliche Vorteile.
        erzeit bilden die International Public Sector Accoun-
        ng Standards, kurz IPSAS, die einzige international an-
        rkannte Zusammenstellung von Rechnungsführungs-
        rundsätzen für den öffentlichen Sektor. Die IPSAS
        ollten deshalb auch die Grundlage für die Entwicklung
        emeinsamer europäischer Standards, der sogenannten
        PSAS, sein. Darin sind sich die meisten Expertinnen
        nd Experten einig.
        Trotz der Vorteile sollten allerdings auch die Kosten
        er Einführung solcher Standards beachtet werden. Ei-
        ige Länder haben bereits Erfahrung mit der Einführung
        iner Periodenrechnung und stellen entsprechende Infor-
        ationen bereit. Die auf der Grundlage dieser Informa-
        onen geschätzten Kosten einer Umstellung sind erheb-
        ch. Die Kosten aufgrund von Periodenrechnung und
        eformen der Haushaltsplanung in den vergangenen
        ehn Jahren wurden zum Beispiel in Frankreich auf
        ,5 Milliarden Euro beziffert. Darüber hinaus legen die
        rfahrungen nahe, dass es für die Mitgliedstaaten sinn-
        oll sein könnte, bei der Einführung der neuen Rech-
        ungsführungsgrundsätze auch ihre Systeme der öffent-
        chen Finanzverwaltung zu modernisieren.
        Die Einführung von gemeinsamen europäischen Stan-
        ards zur Rechnungslegung ist wünschenswert, der Auf-
        and ist aber nicht zu unterschätzen. Seitens des Finanz-
        inisteriums sollte deshalb zunächst dargestellt werden,
        uf welchen staatlichen Ebenen welche Änderungen
        elche Kosten verursachen würden. Daneben muss die
        rage geklärt werden, ob die vielen bereits vorhandenen,
        um Teil makroökonomischen Instrumente wie der ge-
        amte Stabilitäts- und Wachstumspakt mit seinen Ergän-
        ungen und Verschärfungen nicht erst einmal vollum-
        nglich in Kraft treten und erprobt werden sollten,
        Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32405
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        bevor so ein bürokratischer Kraftakt zur Modernisierung
        und Harmonisierung der zugrunde liegenden Daten voll-
        zogen wird.
        Hier sind noch einige Fragen zu klären, aber das Ziel
        ist richtig. Ich begrüße deshalb sehr, dass wir im
        Haushaltsausschuss zusammen mit der Koalition und
        den Sozialdemokraten einen gemeinsamen Antrag er-
        reicht haben, um die Grundlage für die ersten Schritte
        dieses komplexen Projekts auf den Weg zu bringen.
        Hartmut Koschyk, Parl. Staatssekretär beim Bun-
        desminister der Finanzen: Die Beschlussempfehlung,
        die heute im Plenum des Deutschen Bundestages beraten
        wird, geht zurück auf einen Bericht der EU-Kommission
        vom 6. März 2013. Mit dem vorliegenden Bericht
        kommt die Europäische Kommission einem Auftrag aus
        der Richtlinie 2011/85/EU des Rates vom 8. November
        2011 über die Anforderungen an die haushaltspoliti-
        schen Rahmen der Mitgliedstaaten nach, in der sie be-
        auftragt wird, zu prüfen, ob die internationalen Rech-
        nungsführungsgrundsätze für den öffentlichen Sektor,
        IPSAS, eine geeignete Bilanzierungs- und Buchfüh-
        rungsgrundlage für die Mitgliedstaaten der EU sein kön-
        nen
        Die Kommission kommt in dem Bericht zum Ergeb-
        nis, dass die IPSAS zwar nicht direkt für diese Zweck
        herangezogen werden können, die EU aber von ihnen
        ausgehend eigenständige Buchführungsgrundsätze
        entwickeln könne. Der Bericht macht deutlich, dass die
        EU-Kommission die Schaffung einheitlicher Buchfüh-
        rungs- und Bilanzierungsstandards auf der Grundlage
        der kaufmännischen doppelten Buchführung, soge-
        nannte EPSAS, anstrebt, die für alle staatlichen Ebenen
        in allen Mitgliedstaaten der EU gelten sollen
        Die Initiative der Kommission ist vor dem Hinter-
        grund der Staatsschuldenkrise zu sehen. Das Statistische
        Amt der Kommission möchte die Qualität der Meldun-
        gen der Mitgliedstaaten zum Schuldenstand und zum
        jährlichen Defizit dadurch verbessern, dass die zugrunde
        liegenden Daten ausnahmslos aus kaufmännischen
        Buchhaltungen erzeugt werden, für die europaweit ein-
        heitliche Buchführungsregeln gelten. Von einer Verbes-
        serung der Datenqualität verspricht sich die Kommission
        auch eine bessere haushaltspolitische Überwachung der
        Mitgliedstaaten. Die Bundesregierung ist der Auffas-
        sung, dass die von Deutschland gelieferten Zahlen zu
        Schuldenstand und Defizit bisher keinen Anlass zu
        grundlegender Kritik gegeben haben. Gleichwohl hat die
        Bundesregierung durchaus Verständnis für das von der
        Kommission verfolgte Ziel der Verbesserung der Daten-
        qualität.
        Der Deutsche Bundestag möchte den weiteren von
        der Kommission im Bericht vorskizzierten Prozess zur
        Erarbeitung der EPSAS eng begleiten. Für den Deut-
        schen Bundestag ist von besonderer Bedeutung, dass
        jedwede Harmonisierung den verfassungsrechtlichen
        Prinzipien der Budgethoheit des Deutschen Bundestages
        Rechnung trägt. Die Bundesregierung wird daher aufge-
        fordert, sicherzustellen, dass die etwaige Einführung die-
        ser Standards die Aufstellung, den Inhalt und die Aus-
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        hrung der Haushaltspläne der Gebietskörperschaften
        er Mitgliedstaaten nicht berührt und dass es zu keiner
        chwächung der Kontrollmöglichkeiten des Deutschen
        undestags im Haushaltsvollzug kommt. Die Kommis-
        ion selbst hat zwar dargelegt, dass die Haushaltsbuch-
        hrung von der Harmonisierung nicht betroffen sein
        oll. Es erscheint aber auch aus Sicht der Bundesregie-
        ng wichtig, gegenüber der Kommission vorsorglich
        arauf hinzuweisen, dass durch die etwaige Einführung
        er EPSAS der Inhalt der Haushaltspläne und das Haus-
        altsverfahren nicht beeinflusst werden darf.
        Bei der konkreten Ausgestaltung eines europaweit
        inheitlichen Rechnungswesens sind nach der Be-
        chlussempfehlung auch Kosten-Nutzen-Aspekte zu be-
        chten. Dieser Aspekt ist insofern sehr bedeutsam, als es
        ach den Kostenschätzungen der Kommission für
        eutschland zu Gesamtkosten von circa 500 Millionen
        uro bis 2,5 Milliarden Euro kommen kann, wenn alle
        ebietskörperschaften die EPSAS auf der Basis einer
        ächendeckenden kaufmännischen Buchführung einfüh-
        n. Wie viel es tatsächlich insgesamt kosten würde,
        ann derzeit niemand verlässlich schätzen. Deutschland
        äre in besonderem Maße von der Pflicht betroffen, auf
        ie kaufmännische Buchführung umzustellen, weil der
        und und die Bundesländer, die bisher an der kameralen
        uchführung festgehalten haben, einen durchaus be-
        ächtlichen Umstellungsaufwand im Bereich der IT und
        ei der Schulung des Personals haben werden. Bei den
        ielen Gemeinden dagegen, welche die kaufmännische
        uchführung bereits eingeführt haben, würden sich die
        osten infolge der Umstellung von den bisher prakti-
        ierten HGB-nahen Buchführungsregeln auf die EPSAS
        ohl eher in einem überschaubaren Rahmen halten.
        Die Bundesregierung wird daher entsprechend der
        eschlussempfehlung durch aktive Mitgestaltung der
        PSAS darauf hinwirken, dass die Einführung der bzw.
        mstellung auf die neuen Standards mit möglichst ge-
        ngem Aufwand erfolgen könnte. Um dies sicherzustel-
        n, ist der Bundesrechnungshof bei dem gesamten Ver-
        hren zu beteiligen.
        Da einige Bundesländer und viele Kommunen bereits
        uf ein kaufmännisches Rechnungswesen umgestellt ha-
        en, sollte die Bundesregierung bei der Mitgestaltung
        er EPSAS die Belange und Erfahrungen der Länder und
        ommunen mit einbeziehen. Bewährte deutsche Rech-
        ungslegungsgrundsätze, die in den Kommunen teil-
        eise schon viele Jahre erprobt sind, wie zum Beispiel
        as Vorsichtsprinzip, sollten ausreichend Beachtung fin-
        en. Im Ergebnis würde die Einführung von EPSAS
        uch eine Vereinheitlichung des Rechnungswesens in
        eutschland bedeuten.
        Wichtig ist uns auch, dass der Deutsche Bundestag
        ährend des gesamten Verhandlungsprozesses fortlau-
        nd, umfassend und frühestmöglich beteiligt wird. Vor
        iner Zustimmung der Bundesregierung zu einem
        echtsakt der Kommission im Zusammenhang mit der
        inführung einheitlicher europäischer Rechnungsfüh-
        ngsgrundsätze ist der Deutsche Bundestag rechtzeitig
        u konsultieren. Dem Haushaltsausschuss des Deutschen
        undestages ist zum 1. Februar 2014 ein erster Bericht
        32406 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
        (A) )
        )(B)
        über den Stand der Aktivitäten der Kommission zur Ein-
        führung einheitlicher Rechnungsführungsstandards in
        den Mitgliedstaaten der EU vorzulegen.
        Lassen Sie mich zum Abschluss betonen, dass nach
        dem Verständnis der Bundesregierung mit dieser Be-
        schlussempfehlung noch keine Vorentscheidung für eine
        Einführung einheitlicher Rechnungsführungsstandards
        auf der Grundlage einer flächendeckenden kaufmänni-
        schen Buchführung getroffen wird. Die Bundesregierung
        wird das weitere Vorgehen der Kommission kritisch be-
        gleiten und zu gegebener Zeit entscheiden, ob sie einem
        Rechtsakt der Kommission, der auf eine verbindliche
        Einführung einheitlicher Rechnungsführungsstandards
        in allen Mitgliedsstaaten der EU abzielt, unter Berück-
        sichtigung aller relevanten Aspekte zustimmen kann
        oder nicht.
        Anlage 32
        Zu Protokoll gegebene Reden
        zur Beratung des Entwurf eines Gesetzes zur
        Einrichtung eines Registers über unzuverläs-
        sige Unternehmen (Korruptionsregister-Gesetz)
        (Zusatztagesordnungspunkt 13)
        Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU): Worüber wir hier
        heute debattieren, dürfte uns doch allen sehr bekannt
        vorkommen. Wir erinnern uns nur zu gut, dass Sie,
        meine lieben Kolleginnen und Kollegen von den Grü-
        nen, in der 16. Wahlperiode schon einmal einen Gesetz-
        entwurf zur Einrichtung eines Korruptionsregisters vor-
        gelegt hatten. Diesen Entwurf hatten wir aus guten
        Gründen abgelehnt.
        Es zeichnet Sie ja grundsätzlich aus, dass Sie nicht so
        schnell aufgeben und hartnäckig bleiben, wenn Sie ein
        Ziel vor Augen haben. Aber Sie sollten auch bedenken,
        dass Hartnäckigkeit oft schnell in Verbissenheit um-
        schlägt, und das lässt einen nicht unbedingt sympathi-
        scher, geschweige denn kompetenter wirken.
        Auch bei Ihrem Gesetz zur Einrichtung eines Korrup-
        tionsregisters sollten Sie einsehen, dass es keinen Sinn
        macht. Hierfür nenne ich Ihnen auch gerne die Gründe:
        Erstens. Der Entwurf kommt zur falschen Zeit. Die Ein-
        führung eines bundesweiten Korruptionsregisters kann
        nicht isoliert von der Umsetzung der in den nächsten
        Monaten zu erwartenden neuen EU-Vorgaben zum Ver-
        gaberecht erfolgen. Die neuen EU-Richtlinien werden
        einen Katalog zwingender und fakultativer Gründe für
        den Ausschluss von Bietern enthalten. Zudem werden
        sie auch die Voraussetzungen und Modalitäten der mög-
        lichen Selbstreinigung von Bietern nach Korruptionsta-
        ten regeln. Die Einführung eines Korruptionsregisters
        sollte deshalb erst in der nächsten Legislaturperiode zu-
        sammen mit der Umsetzung der neuen EU-Vorgaben an-
        gegangen werden. Zweitens. Auch wenn die Einführung
        eines bundesweiten Korruptionsregisters zwar an sich
        erwägenswert erscheint, ist Ihr Entwurf dafür nicht die
        geeignete Grundlage. Die Einführung eines Korruptions-
        registers setzt die Klärung wichtiger Fragen voraus, die
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        Ihrem Gesetzesvorschlag nicht ausreichend berück-
        ichtigt oder nicht zufriedenstellend gelöst wurden. Bei
        er öffentlichen Anhörung am 25. Februar 2013 wurden
        ilweise deutliche Bedenken gegen einzelne Punkte des
        orgelegten Gesetzentwurfs geäußert. Eine Eintragung
        ein solches Register stellt für das betroffene Unterneh-
        en einen Grundrechtseingriff dar. Außerdem kann eine
        intragung eine Prangerwirkung für das betroffene Un-
        rnehmen oder einzelne Personen haben. Mögliche gra-
        ierende Folgen reichen bis hin zur Existenzgefährdung
        r ein Unternehmen und mithin der Arbeitsplätze.
        Vor diesem Hintergrund muss die Ausgestaltung eines
        undesweiten Korruptionsregisters im Einzelnen sorg-
        ltig geprüft werden. Insbesondere muss sichergestellt
        erden, dass es einen Anspruch auf Löschung einer un-
        chtigen Eintragung gibt. Ferner muss die Regelung des
        echtsschutzes genau geprüft werden. Bei der Anhörung
        urde zu Recht kritisiert, dass im Gesetzentwurf die
        uflistung der Delikte, derentwegen eine Eintragung er-
        lgen soll, nicht abschließend sei. Das erfülle nicht die
        nforderungen an die Normenklarheit und -bestimmt-
        eit, die bei einem Grundrechtseingriff zu stellen sind.
        Übrigen ist der Name Korruptionsregister irrefüh-
        nd, wenn auch Delikte einzutragen seien, die nichts
        it Korruption zu tun haben.
        Auch der Punkt, ab wann keine vernünftigen Zweifel
        n der Täterschaft bestehen und deshalb eine Eintragung
        rfolgen muss, sollte klarer als in dem vorgelegten Ge-
        etzentwurf geregelt werden. Es können durchaus noch
        ernünftige Zweifel an der Schuld bestehen, wenn ein
        trafverfahren nach § 153 a StPO eingestellt wird oder
        ine zivilrechtliche Verurteilung zu Schadensersatz vor-
        egt. Daher sollte dann möglicherweise noch keine Ein-
        agung erfolgen.
        Die Regelung, wonach eine Eintragung erst sechs
        onate nachdem ein Unternehmen Selbstreinigungs-
        aßnahmen durchgeführt hat, gelöscht werden kann, ist
        icht überzeugend. Wenn das Unternehmen seine Zuver-
        ssigkeit durch Selbstreinigungsmaßnahmen wiederher-
        estellt hat, muss die Eintragung sofort gelöscht werden.
        Das Verhältnis eines Korruptionsregisters zu den be-
        its bestehenden Registern – dem Bundeszentralregister
        nd dem Gewerbezentralregister – muss geklärt werden,
        m eine optimale Verzahnung zu erreichen. Vor der Ein-
        hrung eines bundesweiten Korruptionsregisters wird
        uch eingehend zu prüfen sein, welche Verwaltungsbe-
        örde in welchem Geschäftsbereich mit der Einrichtung
        nd Führung des Registers beauftragt werden soll. Der
        esetzentwurf sieht das BAFA als Registerbehörde vor.
        ür diese zusätzliche Aufgabe stehen dem BAFA aber
        ohl keine hinreichenden Personal- und Sachmittel zur
        erfügung. Außerdem müsste geprüft werden, ob nicht
        ine andere Behörde besser dafür geeignet wäre.
        Ein solches Register sollte so effizient wie möglich
        usgestaltet werden, um die bürokratischen Belastungen
        r die Vergabestellen, die Strafverfolgungsbehörden,
        ber auch die Unternehmen so gering wie möglich zu
        alten. Dafür muss unter anderem geklärt werden, ab
        elchem Auftragswert eine Abfragepflicht der Vergabe-
        telle besteht und ob sie nur im Hinblick auf den erfolg-
        Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32407
        (A) )
        )(B)
        reichen Bieter oder im Hinblick auf alle Bieter eine Ein-
        tragung abfragen muss.
        Sie sehen, dass es sich um einen Gesetzentwurf han-
        delt, der viele inhaltliche Fragen aufwirft, teilweise un-
        präzise ist und der zur falschen Zeit kommt. Deshalb
        muss ich Ihnen leider sagen, meine Kolleginnen und
        Kollegen, dass Sie aus Ihren Fehlern der 16. Wahlpe-
        riode offenbar nicht viel gelernt haben und es auch jetzt
        wieder gute Gründe für uns gibt, warum wir Ihren Ge-
        setzentwurf ablehnen müssen. Es wäre einer guten Poli-
        tik für unser Land dienlich, wenn Sie sich an den Reali-
        täten orientieren und ausgereifte Vorschläge vorlegen
        würden. Nicht nur dieser Fall zeigt, dass Sie damit Pro-
        bleme haben.
        Deshalb ist es auch gut, dass nicht Sie, sondern die
        christlich-liberale Koalition die Regierung stellen.
        Ingo Egloff (SPD): Nach geltendem Vergaberecht
        sollen öffentliche Aufträge nur an gesetzestreue und zu-
        verlässige Firmen vergeben werden. So bestimmt es § 97
        Abs. 4 GWB und die in seinem Gefolge erlassenen un-
        tergesetzlichen Regeln von VOL, VOB, VOF und
        SektVO.
        Diese Regelung hat der Gesetzgeber aus gutem Grund
        getroffen; denn gerade wenn öffentliche Aufträge verge-
        ben werden, die mit Steuergeld finanziert werden, hat
        die Bevölkerung ein Recht darauf, dass diese Gelder nur
        an gesetzestreue Auftragnehmer gezahlt werden, und die
        unterlegenen Mitbewerber haben ein Anrecht darauf,
        dass sich niemand aufgrund eines Gesetzesverstoßes ei-
        nen Vorteil bei der Erlangung eines öffentlichen Auftra-
        ges verschafft.
        Dies hat wettbewerbsrechtliche Gründe, aber auch
        solche der Staatsräson, muss doch der Staat als Auftrag-
        geber darauf achten, dass sich die Firmen, die er beauf-
        tragt, an Gesetze halten, und zwar nicht nur an die
        Regeln des Wettbewerbsrechtes, sondern auch an solche
        des Sozialversicherungsrechts; denn die Einhaltung die-
        ser Bestimmungen ist konstitutiv für unseren sozialen
        Rechtsstaat.
        Deshalb begrüßt die SPD den Gesetzentwurf von
        Bündnis 90/Die Grünen über die Einrichtung eines
        Korruptionsregisters ausdrücklich und unterstützt ihn.
        Es ist auch richtig, dass über den Tatbestand der Kor-
        ruption hinaus weitere Straftaten und Verstöße gegen
        unterschiedlichste Gesetze aufgegriffen werden. Ein
        Staat, der von seinen Unternehmen verlangt, dass sie
        sich auch im internationalen Wettbewerb an Compli-
        ance- und Governance-Regeln halten, muss ein In-
        strument schaffen, das es gewährleistet, dass sich nur ge-
        setzestreue Unternehmen an öffentlichen Aufträgen
        beteiligen dürfen.
        Die bundesweite Regelung sorgt dafür, dass hier der
        Vorwurf nicht greift, der verschiedentlich gegen von
        Bundesländern eingeführte Regelungen erhoben wird:
        Unternehmen können dann nämlich nicht durch Wechsel
        des Bundeslandes dieser Meldung ausweichen, sondern
        hier wird bundesweit erfasst, wer gegen solche Regeln
        verstoßen hat.
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        Insbesondere begrüße ich die klare Regel in
        3 Abs. 2 des Gesetzentwurfes, unter welchen Umstän-
        en Unternehmen beziehungsweise Unternehmer dem
        egister gemeldet werden dürfen. Dies verhindert Miss-
        rauch und schafft auch Vertrauen in das Register.
        Nun soll niemand meinen, dass das Register Aus-
        ruck eines allgemeinen Misstrauens gegen Unterneh-
        er und Unternehmen ist. Das Gegenteil ist der Fall, und
        ie große Zahl von Unternehmen, die sich korrekt ver-
        alten, muss folglich auch keine Angst vor einer solchen
        egelung haben.
        Deshalb begrüßen wir, dass sich der Bundesverband
        er Deutschen Industrie und der Deutsche Gewerk-
        chaftsbund grundsätzlich für ein solches Register aus-
        prechen. Wir sollten im Interesse und zum Schutz der
        ich überwiegend gesetzestreu verhaltenden Unterneh-
        en diese Regelung beschließen, damit den schwarzen
        chafen von vornherein deutlich wird: Öffentliche Auf-
        äge werden sie nicht bekommen, wenn ihr Verhalten
        egen Gesetze verstößt.
        Kein Verständnis haben wir dafür, dass die Koalition
        Wirtschaftsausschuss durch ständige Vertagung – mit
        er Argumentation, irgendwann würde es eine europäi-
        che Lösung geben – eine Beschlussfassung und Positio-
        ierung verhindern wollte. Dies erinnert fatal an ihre
        auertaktik beim Thema Abgeordnetenbestechung.
        Aber lassen Sie sich sagen: Die Zeit arbeitet hier ge-
        en Sie. Die allgemeine Akzeptanz von Organisationen
        ie Transparency International in Verbindung mit dem
        aradigmenwechsel, der bei den Unternehmen selbst
        tattgefunden hat, wird dafür sorgen, dass diese Rege-
        ng kommt. Die Entwicklung wird Sie einfach überrol-
        n, und dann müssen Sie sehen, dass Sie überhaupt noch
        interherkommen. Auf der Höhe der Zeit sind Sie mit
        rer Auffassung jedenfalls nicht.
        Wir stimmen dem Gesetzentwurf zu, weil er gut und
        otwendig ist.
        Dr. Martin Lindner (Berlin) (FDP): Der vorliegende
        ericht des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie
        immt gemäß § 62 Abs. 2 der Geschäftsordnung zu dem
        esetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen,
        rucksache 17/11415, Stellung. Wichtige Fragen zur
        inführung eines bundesweiten Korruptionsregisters
        ind nicht ausreichend berücksichtigt oder nicht zufrie-
        enstellend gelöst worden. Der Gesetzentwurf der Frak-
        on Bündnis 90/Die Grünen greift hier zu kurz. Auch
        ei der öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Wirt-
        chaft und Technologie am 25. Februar 2013 haben wir
        chon deutliche Bedenken gegen einzelne Punkte des
        orgelegten Gesetzentwurfs geäußert.
        In den nächsten Monaten erwarten wir die neuen EU-
        orgaben zum Vergaberecht. Gegenwärtig wird in Brüs-
        el das Legislativpaket der Europäischen Kommission
        ur Modernisierung des Vergaberechts beraten, welches
        uch Regelungen über den Ausschluss von wegen
        orruption verurteilten Unternehmen sowie zur Selbst-
        inigung enthält. Die Forderung nach der Einführung
        ines bundesweiten Korruptionsregisters darf nicht iso-
        32408 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
        (A) )
        )(B)
        liert von der sich schon abzeichnenden EU-Richtlinien-
        umsetzung erfolgen. Die neuen EU-Richtlinien werden
        einen Katalog zwingender und fakultativer Gründe für
        den Ausschluss von Bietern enthalten. Zudem werden
        sie auch die Voraussetzungen und Modalitäten der mög-
        lichen Selbstreinigung von Bietern nach Korruptionsta-
        ten regeln.
        Denn eine solche Eintragung in ein bundesweites
        Korruptionsregister stellt für das betroffene Unterneh-
        men einen weitgehenden Eingriff dar. Es können gravie-
        rende Folgen für die Existenz von Unternehmen entste-
        hen, und dies muss gut überlegt sein. Daher müssen wir
        die Ausgestaltung dieses Registers im Einzelnen sorgfäl-
        tig prüfen und auch klären, wann ein Anspruch auf Lö-
        schung besteht. Auch der Vorschlag, sechs Monate nach
        der Selbstreinigung eines Unternehmens eine Lösung in
        diesem Register zu vollziehen, ist nicht zu Ende gedacht.
        Die Eintragung des Unternehmens in dem Register sollte
        direkt nach den Maßnahmen der Selbstreinigung und die
        damit verbundene Herstellung der Zuverlässigkeit sofort
        gelöscht werden.
        Zu den weiteren Schwachpunkten des Antrages von
        Bündnis 90/Die Grünen gehört die Klarstellung, ab
        wann ein vernünftiger Zweifel an der Täterschaft besteht
        und daraus resultierend keine Eintragung in dieses Re-
        gister geschehen soll. Es können durchaus noch vernünf-
        tige Zweifel an der Schuld bestehen, wenn ein Strafver-
        fahren nach § 153 a StPO eingestellt wird oder eine
        zivilrechtliche Verurteilung zu Schadensersatz vorliegt.
        Der Gesetzentwurf sieht das BAFA als Registerbe-
        hörde vor. Für diese zusätzliche Aufgabe stehen dem
        BAFA aber keine hinreichenden Personal- und Sachmit-
        tel zur Verfügung. Außerdem müsste geprüft werden, ob
        nicht eine andere Behörde besser dafür geeignet wäre.
        Um die bürokratischen Belastungen für die Vergabestel-
        len, die Strafverfolgungsbehörden, aber auch die Unter-
        nehmen so gering wie möglich zu halten, muss vor allem
        geklärt werden, ab welchem Auftragswert eine Abfrage-
        pflicht der Vergabestelle besteht und ob sie nur im Hin-
        blick auf den erfolgreichen Bieter oder im Hinblick auf
        alle Bieter eine Eintragung abfragen muss.
        Die Initiative der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ist
        nicht zu Ende gedacht. Deshalb stimmen wir dem Be-
        richt des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie zu
        und lehnen den Grünen-Antrag ab.
        Werner Dreibus (DIE LINKE): 400 Milliarden Euro
        geben die Vergabestellen des Bundes, der Länder und
        der Kommunen jedes Jahr für die öffentliche Beschaf-
        fung von Gütern und Dienstleistungen aus. Die öffentli-
        che Auftragsvergabe entspricht damit immerhin 17 Pro-
        zent des Bruttoinlandsproduktes. Angesichts dieser
        großen wirtschaftlichen Bedeutung ist es schon erstaun-
        lich, wie lax mit den Steuermilliarden umgegangen wird.
        Öffentliche Auftraggeber haben keine Möglichkeit, die
        Zuverlässigkeit und Gesetzestreue der Unternehmen, die
        für die oft millionenschweren Aufträge bieten, anhand
        bundesweiter, fundierter Informationen zu überprüfen.
        Dank Union, FDP und SPD, die die Einführung eines
        zentralen Korruptionsregisters in den letzten Jahren er-
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        lgreich verhinderten, existieren heute nur in einigen
        undesländern Korruptionsregister. Mit diesen werden
        war gute Erfahrungen gemacht, sie erfassen aber nur
        aten innerhalb ihrer Landesgrenzen. Das ist ein unhalt-
        arer Zustand!
        Insofern ist es wirklich skandalös, wie Union und
        DP die Beratung des Gesetzentwurfs mit fadenscheini-
        en Begründungen verschleppt und eine Abstimmung
        ber die Einführung eines bundesweiten Korruptionsre-
        isters verhindert haben. Meine Damen und Herren von
        nion und FDP, Sie machen sich durch diese Arbeitsver-
        eigerung zu Handlangern von Unternehmen, die sich
        ittels Korruption und der Umgehung von Arbeits- und
        ozialstandards auf Kosten der Steuerzahler einen Wett-
        ewerbsvorteil verschaffen wollen.
        Wie wichtig die Schaffung einer zentralen Informa-
        onsgrundlage zur Überprüfung von Unternehmen in
        eutschland ist, zeigt eine Auswahl von namhaften
        eutschen Unternehmen, die es mit Korruption und Be-
        techung in die Presse geschafft haben: Siemens, MAN,
        errostahl, Daimler, Infineon, ThyssenKrupp oder
        heinmetall. Auch die riesigen Schadenssummen durch
        irtschaftskriminalität im Allgemeinen und Korruption
        Besonderen, die das Bundeskriminalamt in seinem
        undeslagebild veröffentlicht, verdeutlichen den drin-
        enden Handlungsbedarf. Demnach entstand 2010 durch
        irtschaftskriminalität ein gesamtwirtschaftlicher Scha-
        en von 4,65 Milliarden Euro. Aus Korruption resul-
        erte 2011 ein Schaden von circa 276 Millionen Euro. In
        eiden Bereichen müssen wir von einer großen Dunkel-
        iffer ausgehen.
        Die Linke unterstützt deshalb die Einführung eines
        undesweiten Korruptionsregisters, auch wenn natür-
        ch weitere Maßnahmen notwendig sind, damit Korrup-
        on verhindert wird und Unternehmen Tarifverträge,
        rbeits- und Sozialstandards und andere Rechtsvor-
        chriften tatsächlich einhalten. Die Sachverständige des
        GB, Frau Dr. Gazaleh Nassibi, hat in der Anhörung zu
        iesem Gesetzentwurf zu Recht darauf hingewiesen,
        ass es ebenso dringend wirksamer Kontrollen zur Er-
        ssung der Verstöße bedarf. Die Linke fordert wie der
        GB bereits seit Jahren, dass die dafür zuständige Fi-
        anzkontrolle Schwarzarbeit personell massiv aufge-
        tockt wird, um mit mehr Kontrollen gegen die kriminel-
        n Lohndumpingstrategien der Unternehmen vorgehen
        u können. Andere wichtige Punkte sind zum Beispiel
        ergabegesetze, die die Unternehmen zur Tariftreue ver-
        flichten und die europarechtliche Absicherung von Ta-
        ftreueerklärungen.
        Dennoch hätten wir heute mit der Einführung eines
        undesweiten Korruptionsregisters einen Beitrag dafür
        isten können und leisten müssen, dass bei öffentlichen
        ufträgen künftig geltende Standards besser eingehal-
        n, Steuergelder effektiver verwendet werden und die
        ürgerinnen und Bürger eine qualitativ hochwertigere
        frastruktur und Verwaltung erhalten. Das haben Union
        nd FDP leider wieder verhindert.
        Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
        EN): Leider darf sich das Plenum des Bundestages
        Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32409
        (A) )
        )(B)
        heute nicht mit dem Gesetzentwurf der Grünen-Fraktion
        befassen. Stattdessen müssen wir uns mit dem Bericht
        des Ausschusses auseinandersetzen, warum die Union
        und die FDP die Schaffung eines wichtigen Instruments
        im Kampf gegen Korruption, illegale Leiharbeit und an-
        dere Wirtschaftskriminalität verweigern.
        Die Koalition scheut sich ganz offensichtlich, hier im
        Plenum inhaltlich offen gegen unseren Vorschlag zu
        stimmen.
        Innen- sowie Finanzministerinnen und -minister von
        Bund und Ländern fordern in ihren Konferenzen unisono
        seit vielen Jahren ein zentrales Register, ebenso der Bun-
        desrat 2008 und Verbände wie Transparency Internatio-
        nal sowieso.
        Ich selbst und die Grünen-Fraktion setzen uns schon
        seit fast 20 Jahren für ein solches Zentralregister ein. Die
        bisher von uns 1995, 1998, 2002 und 2009 eingebrach-
        ten Anträge und Gesetzentwürfe wurden abgelehnt. In-
        zwischen ist die SPD einsichtig und unterstützt unseren
        Vorschlag.
        Angesichts dieser langen Bemühungen auf allen Ebe-
        nen von Bund und Ländern um ein zentrales Register
        sind die anhaltenden schwarz-gelben Störmanöver deut-
        lich sichtbar. Das Unternehmensklientel der Regierungs-
        koalitionen wird nun Beifall klatschen, dass dieser Kelch
        nochmal an ihr vorüber ging. Die werden nun womög-
        lich sogar die Dankeschönspenden für Schwarz-Gelb
        üppiger fließen lassen.
        Wegen Fehlens eines zentralen Korruptionsregisters
        werden Vergabestellen von Bund, Ländern und Kommu-
        nen etwa großen Unternehmen wie Siemens(-Nokia),
        Hochtief oder ThyssenKrupp weiter öffentliche Aufträge
        erteilen, obwohl die Unternehmen regional oder im Aus-
        land wiederkehrend korruptiv, kriminell oder gewerblich
        unzuverlässig auffielen.
        Unser Gesetzentwurf war seit dem 22. November
        2012 dem Wirtschaftsausschuss des Bundestages feder-
        führend zur Beratung überwiesen. Nach der Geschäfts-
        ordnung war dieser Ausschuss zur „baldigen Erledi-
        gung“ dieser Beratung verpflichtet. Der Ausschuss
        führte eine Sachverständigenanhörung im Februar
        durch. Die eingeladenen Experten bestätigen einhellig,
        wie nötig das von uns vorgeschlagene Register ist. Ei-
        nige wenige Detailbedenken einzelner Experten dort hät-
        ten keine Veränderung unseres Entwurfs erfordert.
        Doch danach gefielen sich die Regierungsfraktionen
        im Ausschuss in Arbeitsverweigerung und setzten die
        dortige Beratung unseres Entwurfs fünf Sitzungswochen
        nacheinander wieder von der Tagesordnung ab: jeweils
        mit ihrer Mehrheit gegen unseren Widerstand und ohne
        inhaltliche Begründung. Schwarz-Gelb nötigte uns so-
        gar, unseren Entwurf dem Nationalen Normenkontrollrat
        zur Prüfung vorzulegen, obwohl der eigentlich Gesetzes-
        initiatoren nur auf deren eigenen Wunsch hin beraten
        soll.
        Derweil lehnte die Koalition in zwei mitberatenden
        Ausschüssen unseren Gesetzentwurf bereits im April
        ruck-zuck inhaltlich ab. Warum scheuten sich Union und
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        DP, sich gegen schärfere Korruptionsbekämpfung auch
        Wirtschaftsausschuss und offen im Plenum festzule-
        en? Die Gründe dafür, die nun im heute beratenen
        usschussbericht erstmals nachgeschoben werden, über-
        eugen in ihrer Dürftigkeit nicht.
        Unser Gesetzentwurf für ein bundeseinheitliches
        egister über unzuverlässige Unternehmen soll eine gra-
        ierende Regelungslücke im deutschen Föderalismus
        chließen. Denn bei der Ahndung von Wirtschaftskrimi-
        alität und Sanktionen gegen bestimmte Kriminelle so-
        ie bei Vergabe öffentlicher Aufträge weiß heute die
        nke Hand nicht, was die rechte tut: Flensburg weiß
        ichts von korruptiven Vorgängen und Unternehmen in
        riedrichshafen, Dresden nichts über Düsseldorf.
        Öffentliche Aufträge dürfen nur an „zuverlässige“
        nternehmen vergeben werden; das sieht schon heute
        as Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen vor.
        och in der Praxis sind den Vergabestellen der Länder
        nd Kommunen für öffentliche Aufträge die anderswo
        orhandenen Erkenntnisse über solche Unzuverlässig-
        eit von Bietern um solche Aufträge oft nicht zugäng-
        ch. Es existieren zwar Register mit Notierungen in
        ahlreichen Bundesländern schon seit 1997, etwa in
        essen. Doch ohne eine bundeszentrale Erfassung dieser
        erstreuten Informationen erfahren die Register sowie
        ie öffentlichen Auftraggeber in Bund, Ländern und
        ommunen vielfach nichts von auffällig gewordenen
        nternehmen bzw. Personen in jeweils anderen Bundes-
        ndern. Transparency International und ähnliche Orga-
        isationen fordern daher seit Jahren ein bundeszentrales
        egister: als ein zentrales Instrument, damit solche
        nternehmen nicht quasi zur Belohnung noch Steuergel-
        er erhalten in Gestalt öffentlicher Aufträge.
        Soweit unser Gesetzentwurf nun im Untätigkeitsbe-
        cht als „nicht beratungsreif“ erklärt wird, ist das schon
        rmell eine Anmaßung. Die angeblichen Hindernisse
        ind während der letzten 20 Jahre in der Fachwelt und in
        er langen Gesetzgebungsgeschichte um das Register
        ereits derart intensiv diskutiert und reflektiert worden,
        ass man hier nur von durchsichtigen Vorwänden der
        oalition sprechen kann.
        Auch die Brüsseler Beratungen über das Legislativpa-
        et der Europäischen Kommission zur Modernisierung
        es Vergaberechts müssen nicht abgewartet werden.
        ach den nun auslaufenden Verhandlungen darüber ist
        öllig ungewiss, ob, wann und gegebenenfalls mit wel-
        hem Inhalt ein Kompromisstext dazu wie erforderlich
        om Europäischen Parlament und dem Europäischen Rat
        erabschiedet werden könnte. Jedenfalls sehen auch die
        isher vorgelegten Entwürfe – etwa in Art. 55 – Aus-
        chlüsse korruptiv auffälliger Unternehmen vor. Und
        lls dies in Brüssel wirklich einmal verabschiedet wird,
        liebe danach jedenfalls bei der Umsetzung in Deutsch-
        nd ausreichend gesetzgeberischer Gestaltungsspiel-
        um zur Frage, wie Informationen über die „schwarzen
        chafe“ ermittelt und registriert werden sollen. Daher
        perren die Brüsseler Diskussionen um die Vergabe-
        chtsmodernisierung also die Befassung mit dem grü-
        en Gesetzentwurf Korruptionsregister in Wirklichkeit
        icht, wie die Koalition glauben machen will.
        32410 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
        (A) )
        )(B)
        Die Grünen wollen mit dem vorgelegten Gesetzent-
        wurf nicht die Wirtschaft knebeln, sondern vielmehr
        gleiche Wettbewerbsbedingungen unter den Bietern um
        öffentliche Aufträge sicherstellen. Fairer Wettbewerb,
        darum geht es. Und darum, Korruption wirksamer zu be-
        kämpfen, um Staat und Steuerzahler vor Schaden zu
        schützen.
        Anlage 33
        Zu Protokoll gegebene Reden
        zur Beratung des Antrags: Stärkung des Aus-
        baus von grenzüberschreitenden Schienenver-
        kehrsachsen (Zusatztagesordnungspunkt 15)
        Karl Holmeier (CDU/CSU): In der politischen, wirt-
        schaftlichen und gesellschaftlichen Realität sind die
        Grenzen nach Osteuropa schon lange offen. Deutschland
        liegt mittlerweile in der Mitte Europas.
        Ich selbst kann das aus meiner praktischen Erfahrung
        nur bestätigen. Mein ostbayerischer Wahlkreis liegt di-
        rekt an der Grenze zur Tschechischen Republik, und die
        Entwicklung der vergangenen Jahre zeigt, dass wir zwi-
        schenzeitlich kein klassisches Grenzgebiet mehr, son-
        dern mit den tschechischen Nachbarn sehr eng verbun-
        den sind.
        Wir entwickeln uns immer mehr zu einem einheitli-
        chen Wirtschafts-, Lebens- und Kulturraum.
        Leider hinkt die Verkehrsinfrastruktur dieser Ent-
        wicklung vielerorts noch hinterher, vor allem auf der
        Schiene und im ländlichen Raum.
        Auch dies bestätigen mir meine persönlichen Erfah-
        rungen aus meinem Wahlkreis. Seit Jahren kämpfen wir
        in der Region um eine attraktive Bahnverbindung von
        München nach Prag. Bislang dauert jedoch eine Zug-
        fahrt in der einzig verfügbaren Nahverkehrsanbindung
        unverändert sechs Stunden. Mit dem Auto schafft man
        die Strecke in drei Stunden. Welches Verkehrsmittel die
        Menschen wählen, können Sie sich selbst denken.
        Die EU-Kommission hat sich dieses Problems ange-
        nommen und im Oktober 2011 einen Vorschlag mit
        neuen Leitlinien für die transeuropäischen Verkehrs-
        netze, den sogenannten TEN-V-Leitlinien, vorgelegt.
        Herzstück dieser Leitlinien ist ein transeuropäisches
        Kernnetz, das zentrale und strategisch wichtige Knoten-
        punkte wie große Städte, Flughäfen oder Häfen mitei-
        nander verbindet.
        Damit verfolgt die EU-Kommission einen komplett
        neuen Ansatz als dies bisher in Europa und auch in
        Deutschland immer der Fall war. In der Vergangenheit
        lag der Schwerpunkt immer auf dem Ausbau von Ver-
        bindungen mit einer hohen Verkehrsbelastung und einer
        besonders hohen Wirtschaftlichkeit. Das ist jetzt anders.
        Mit dem neuen Kernnetz entsteht ein echtes transeuro-
        päisches Verkehrsnetz, das diesen Namen auch verdient.
        Die Verhandlungen über die neuen Leitlinien konnten
        zwischenzeitlich beendet werden und ich freue mich,
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        ass viele wichtige grenzüberschreitende Schienenver-
        ehrsachsen durch Deutschland und vor allem in Rich-
        ng unserer osteuropäischen Nachbarländer Polen und
        schechien Bestandteil dieses neuen europäischen Kern-
        etzes geworden sind.
        Die Verbindung von München nach Prag ist hier übri-
        ens dabei. Das freut mich aus regionaler Sicht natürlich
        esonders, auch weil ich mich persönlich sehr für dieses
        rojekt eingesetzt und hierzu viele Gespräche in Brüssel
        eführt habe.
        Mit der Festlegung der Strecken und Korridore des
        ernnetzes ist ein bedeutender Schritt dahin gelungen,
        ass Deutschland auch bei der Schienenverkehrsinfra-
        truktur seiner Rolle als Mittelpunkt Europas gerecht
        erden kann.
        Die christlich-liberale Koalition hat nun nach Ab-
        chluss der Verhandlungen den nächsten Schritt in An-
        riff genommen.
        Bekanntlich laufen derzeit die Vorbereitungen für die
        ufstellung des Bundesverkehrswegeplanes 2015. Mit
        em vorliegenden Koalitionsantrag stellen wir in der
        hristlich-liberalen Koalition nun sicher, dass in diesem
        ahmen auch die Maßgaben der TEN-Leitlinien entspre-
        hend priorisiert werden.
        Die in das EU-Kernnetz aufgenommenen Projekte
        ollen nach den TEN-Leitlinien bis 2030 fertiggestellt
        ein. Dieser Vorgabe müssen und wollen wir bei der
        ufstellung des Bundesverkehrswegeplanes in Deutsch-
        nd Rechnung tragen.
        Wir fordern daher die Bundesregierung auf, die Vo-
        ussetzungen dafür zu schaffen, dass die im Kernnetz
        enannten grenzüberschreitenden Schienenverkehrsach-
        en auch tatsächlich im Bundesverkehrswegeplan wider-
        espiegelt werden.
        Das ist zugleich eine große Chance für den ländlichen
        aum. Denn aufgrund des Ansatzes, mit dem Kernnetz
        ie Zentren miteinander zu verbinden, werden gleichzei-
        g die dazwischen liegenden ländlichen und struktur-
        chwachen Regionen erschlossen.
        Das neue transeuropäische Netz ist also ein Gewinn
        r alle Regionen in Europa. Und mit dem vorliegenden
        ntrag tragen wir in der christlich-liberalen Koalition
        azu bei, dass dieses Netz auch für Deutschland ein Ge-
        inn wird.
        Ich kann Sie daher nur alle ermuntern, diesem Antrag
        uzustimmen. Die Menschen in Ihren Wahlkreisen wer-
        en es Ihnen danken.
        Arnold Vaatz (CDU/CSU): Verkehrsinfrastruktur ist
        ie Voraussetzung für eine erfolgreiche wirtschaftliche
        ntwicklung von Wirtschaftregionen. Die Qualität der
        frastrukturellen Einrichtungen und die bestehenden
        erbindungsangebote für den Gütertransport und die Ge-
        chäftsreisenden sind für die Standortentscheidungen
        on Unternehmen mitentscheidend – bisher ein Stand-
        rtvorteil Deutschlands. Die verkehrliche Anbindung
        roßer deutscher Wirtschaftszentren an andere europäi-
        Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32411
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        sche Zentren hat mit der Öffnung Osteuropas an Bedeu-
        tung gewonnen, der verkehrliche Mittelpunkt der euro-
        päischen Logistikwirtschaft hat sich in den Osten
        Deutschlands verschoben. Hierdurch ergeben sich neue
        Chancen für die Weiterentwicklung der deutschen Wirt-
        schaftsräume, gerade in den bisherigen geografischen
        Randlagen Deutschlands. Die wirtschaftliche Entwick-
        lung strukturschwacher Randgebiete kann nur durch eine
        gute Erreichbarkeit von Zentren und die Anbindung an
        das überregionale Verkehrsnetz erfolgen. Gute grenz-
        überschreitende Verkehrsverbindungen für den Güter-
        und Personenverkehr sind ein entscheidender Faktor, um
        die regionalen Potenziale besser zu nutzen und die Wett-
        bewerbsfähigkeit im wachsenden europäischen Binnen-
        markt zu stärken.
        Deutschland hat sich in mehreren zwischenstaatlichen
        Erklärungen zu internationalen Schienenkorridoren und
        bilateralen Infrastrukturprojekten verpflichtet. Auch im
        Hinblick auf die EU-Osterweiterung wurden bereits im
        Bundesverkehrswegeplan 2003 für das transeuropäische
        Verkehrsnetz in Ost-West-Ausrichtung wichtige Projekte
        benannt, die den Erfordernissen der wachsenden grenz-
        überschreitenden Personen- und Güterverkehre zwi-
        schen Deutschland und seinen östlichen Nachbarländern
        nachkommen sollten.
        Des Weiteren hat die Europäische Kommission ihren
        Verordnungsvorschlag zu den TEN-Leitlinien im Okto-
        ber 2011 zur Schaffung eines einheitlichen europäischen
        Verkehrsnetzes, TEN-V, für Straßen, Schienenwege,
        Wasserstraßen und Flughäfen definiert. Ziel ist es, die
        noch wichtigen fehlenden europäischen Verbindungen
        zwischen den europäischen Verkehrsknoten und Zentren
        herzustellen sowie die wichtigsten Häfen und Flughäfen
        an das Schienennetz besser anzubinden. Zudem sollen
        mit dem Kernnetz zahlreiche große grenzüberschrei-
        tende Vorhaben bis 2030 verwirklicht werden.
        Um das transeuropäische Verkehrsnetz, insbesondere
        das Kernnetz, realisieren zu können, hat die Kommission
        zehn länderübergreifende Entwicklungskorridore be-
        nannt; davon führen sechs durch Deutschland. Für mich
        besonders wichtig sind die zwei Verbindungen; die
        durch Ostdeutschland zu den Nachbarstaaten Polen und
        Tschechien führen: Warschau–Berlin–Amsterdam/Rot-
        terdam–Midlands (Ost-West), Hamburg/Rostock–Ber-
        lin–Dresden–Prag–Bratislava–Budapest–Piraeus (Nord-
        Süd).
        Die Nord-Süd-Relation ist mit dem Baltisch-Adria-
        tischen Korridor und dem Straßburg-Donau-Korridor
        verknüpft, was den für Deutschland wichtigen Vier-
        Meeres-Korridor – Nord-/Ostsee, Adria, Schwarzes
        Meer – für den Schienenfernverkehr abbildet. Dafür ist
        der Ausbau des Abschnitts Berlin–Dresden–Prag für den
        Hochgeschwindigkeitspersonenverkehr, 200 Stunden-
        kilometer, und als leistungsfähige Güterverkehrsverbin-
        dung auszubauen. Dazu gehört mittelfristig auch die
        Entlastung der Elbtalstrecke durch eine Neubaustrecke
        für den grenzüberschreitenden Güter- und Personenfern-
        verkehr. In den vordringlichen Bedarf des Bundesver-
        kehrswegeplans 2003, BVWP, wurden wichtige grenz-
        überschreitende Schienenprojekte zur Anbindung an die
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        stlichen Nachbarländer aufgenommen. Die Projekte
        ind jedoch nicht oder nur teilweise fertiggestellt.
        Insgesamt ist festzustellen, dass sich leider seit der
        eutschen Einheit an den Schienenverbindungen West-
        st, die die Grenze zu unseren östlichen Nachbarländern
        berschreiten, zu wenig getan hat. Das Netz weist erheb-
        che Lücken auf. So sind unter anderem die ostdeut-
        chen Städte vergleichsweise unterdurchschnittlich bis
        chlecht über das Bundesschienennetz zu erreichen. Feh-
        nde Elektrifizierungen schmälern das Nah- und Fern-
        erkehrsangebot. Die Fernverkehrsangebote für den
        chienenpersonenfernverkehr im Hochgeschwindigkeits-
        etz sind nicht attraktiv. So sind die Taktung und die
        eisezeiten zu lang, die verkehrenden Züge nicht auf
        em heutigen Qualitätsniveau, zum Beispiel Ber-
        n–Dresden–Prag, wichtige Strecken werden nur über
        ahverkehrsangebote bedient, zum Beispiel Dres-
        en–Görlitz–Breslau.
        Wir wollen, dass mit der Aufstellung des Bundesver-
        ehrswegeplans 2015 eine Priorisierung des Ausbaus
        on grenzüberschreitenden Verkehrsachsen für die An-
        indung der deutschen Wirtschaftsräume an die Nach-
        arländer ermöglicht wird. Für Deutschlands Grenzregi-
        nen, zum Beispiel die an Polen und Tschechien
        ngrenzenden, ist es wichtig, mit der Verbesserung der
        undesschienenwege in den transeuropäischen Ver-
        ehrskorridoren die Chancen zu wahren, sich wirtschaft-
        ch weiterzuentwickeln und im Netz der internationalen
        arenströme eine zentrale Rolle einnehmen zu können.
        o können gerade in Ostdeutschland zahlreiche Schie-
        enstrecken mit einer Elektrifizierung, die leider noch
        ussteht, für die Verbesserung des grenzüberschreiten-
        en Personenverkehrs mit annehmbaren Reisezeiten
        hren. Hierfür ist die Strecke von meiner Heimatstadt
        resden über Görlitz und weiter nach Tschechien ein gu-
        s Beispiel.
        Für die Forcierung dieser Ausbaumaßnahmen bitte
        h Sie alle, sich im Rahmen der Gestaltung der transeu-
        päischen Verkehrsnetze und bei der Aufstellung des
        euen Bundesverkehrswegeplans mit Entschiedenheit
        insetzen.
        Martin Burkert (SPD): Es ist ein schöner Antrag,
        en Union und FDP hier vorgelegt haben, ein schöner,
        ber scheinheiliger Antrag; denn die Regierungskoali-
        on will mit ihrem von Torschlusspanik geprägten Akti-
        ismus einen angeblichen Beweis dafür erbringen, wie
        ichtig grenzüberschreitende Schienenverkehrsachsen
        r sie seien. Vier Jahre trödeln kann man damit nicht
        ettmachen. Deshalb können wir uns bei der Abstim-
        ung über diesen Antrag fremdschämend nur enthalten.
        Ich bin ja erstaunt, dass anscheinend immerhin zu-
        indest noch ein, zwei Mitarbeiter damit beauftragt
        urden, diesen Antrag zu formulieren. Man kann bei
        ieser Regierung ja schon froh sein, wenn ein Thema im
        aufe der Legislaturperiode nicht total im Nirwana lan-
        et.
        Im Nirwana enden die nationalen Schienenwege in
        uropa zum Glück nicht, doch wir sind leider immer
        32412 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
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        noch meilenweit entfernt davon, dass man ohne Hinder-
        nisse europäische Grenzen mit dem Zug passieren kann.
        Vier ernüchternde Fakten:
        Es bestehen enorme technische Barrieren wie feh-
        lende Elektrifizierungen, verschiedene Spurweiten und
        Stromsysteme oder Signaltechniken. Die europäischen
        Eisenbahnen arbeiten beispielsweise mit sieben unter-
        schiedlichen Spurweiten sowie 18 unterschiedlichen
        Leit- und Sicherungssystemen.
        Nur 20 der europäischen Großflughäfen und 35 der
        wichtigsten Häfen sind direkt an das europäische Schie-
        nennetz angeschlossen.
        Es bestehen ungleiche Wettbewerbsbedingungen be-
        ziehungsweise unterschiedliche Rahmenbedingungen
        für die einzelnen Verkehrsträger. Beispielsweise unter-
        liegen grenzüberschreitende Züge im Gegensatz zum
        Luftverkehr in einigen Mitgliedstaaten der Mehrwert-
        steuer und/oder der Mineralölverbrauchsteuer.
        Es mangelt auch erheblich an Verbindungen; denn sie
        weisen – das ergaben aktuelle Marktauswertungen –
        keine ausreichend starken Verkehrsströme für rentable
        neue Dienste auf. Insbesondere Marktnischen wie
        Nachtzugverbindungen bieten dafür wenig Möglichkei-
        ten. Sie werden von schnelleren Tagzugverbindungen
        oder durch andere Verkehrsträger wie dem Flugzeug ver-
        drängt – ganz abgesehen von den Schwierigkeiten, neue
        grenzüberschreitende Dienste so in den inländischen
        Fahrplan zu integrieren, dass geeignete Anschlussmög-
        lichkeiten entstehen.
        Deshalb müssen wir weiter an einem transeuropäi-
        schen Verkehrsnetz arbeiten, um aus dem Flickenteppich
        aus Schienenwegen, aber auch Straßen, Schifffahrtska-
        nälen und Flughäfen ein einheitliches europäisches Ver-
        kehrsnetz zu schaffen.
        15 000 Kilometer Eisenbahnstrecken sollen europa-
        weit zusammengeführt und für den Hochgeschwindig-
        keitsverkehr ausgelegt werden. Das ist gut. Hochge-
        schwindigkeitsverbindungen zwischen großen Städten
        weisen die größten Verkehrsströme und damit auch gro-
        ßes Potenzial auf. Das wird den Reisenden und der Wirt-
        schaft in ganz Europa zugutekommen. Weder der Indivi-
        dual- noch der Handelsverkehr endet an den nationalen
        Grenzen.
        Dass alle Europäerinnen und Europäer spätestens im
        Jahr 2050 nur 30 Minuten von einem Zubringernetz
        nach Rom, Amsterdam oder sonst wo in Europa entfernt
        sein sollen, ist und bleibt das europäische Ziel.
        Michael Groß (SPD): „Die schwarz-gelbe Bundes-
        regierung kann natürlich weiterhin jede Ortsumgehun-
        gen in Bayern bauen. Oder sie entschließt sich endlich,
        in ein Infrastrukturnetz für Gesamtdeutschland unter Be-
        rücksichtigung europäischer und internationaler Korri-
        dore zu investieren. Investitionen, die sich im Übrigen
        auszahlen, besonders in einem Exportland wie Deutsch-
        land.“ Dies ist ein Auszug aus meiner Rede aus dem Jahr
        2011 zum europäischen Verkehrsnetz, dem TEN, und
        dem EU-Weißbuch für Verkehr. Nach weiteren zwei Jah-
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        n schwarz-gelber Bundesregierung fordert nun die
        chwarz-gelbe Koalition die eigene Bundesregierung
        uf, diese grenzüberschreitenden Schienenverkehrsach-
        en zu stärken. Da bleibt lediglich die Frage: Warum ha-
        en Sie das in dieser – Ihrer – Regierungszeit nicht ge-
        n?
        Ein einheitlicher europäischer Verkehrssektor ist für
        ie Wirtschaft und die Wettbewerbsfähigkeit der EU von
        normer Bedeutung. Deutschland ist ein Transitland,
        nd funktionstüchtige Verkehrsverbindungen sind für
        ns als Exportnation und den Wirtschaftsstandort
        eutschland von hoher Bedeutung. Die zehn länderüber-
        reifenden Korridore des Kernnetzes und insbesondere,
        ass sechs dieser Korridore durch Deutschland führen,
        t eine Erkenntnis, die mit diesem Antrag endlich auch
        ie Koalitionsfraktionen erreicht hat. Ich bin sehr froh
        arüber, denn die SPD-Bundestagsfraktion hat dies be-
        its mit stichhaltigen Konzepten auf der Grundlage viel-
        ltiger Fachgespräche untermauert.
        Mit klaren Priorisierungen, Engpass- und Staustellen-
        eseitigung hätte man bereits in den vergangenen vier
        ahren die wichtigsten Verkehrsachsen durch Deutschland
        usbauen und stabilisieren können. Unsere europäischen
        achbarn weisen nicht umsonst auf die mangelnden bis
        hlenden Anbindungen der Hafenhinterlandverkehre,
        ie die Betuwe-Linie, und die vereinbarten Zulauf-
        trecken, beispielsweise für den Brenner-Basistunnel
        in. Deutschland hinkt hinterher. Zusagen an die euro-
        äischen Nachbarländer werden verschleppt. Die bereits
        tzt starke Belastung der Bundesfernverkehrsstraßen
        urch den Güterverkehr – auch Transitverkehr – wirft in-
        wischen neue Probleme auf. Marode Brücken, Ver-
        chleiß der Infrastruktur viel früher als prognostiziert,
        rfordern jetzt klar Mehrinvestitionen in den Erhalt
        nserer Verkehrsinfrastruktur. Mangelnde Prioritäten-
        etzung im Verkehrsnetz, fehlende verkehrsträgerüber-
        reifende Konzepte für die Bewältigung und umwelt-
        eundliche Ausgestaltung der Verkehre der Zukunft,
        ies ist ein schlechtes Zeugnis für den Verkehrsminister.
        Bis zum Schluss haben die schwarz-gelbe Regierung
        nd der Verkehrsminister nicht dazugelernt. Für den
        euen, kommenden Bundesverkehrswegeplan werden
        uerst die Projektanmeldungen aus den Ländern einge-
        rdert und wird erst nachträglich ein Konzept erarbeitet.
        ie Folge: Für den Bundesverkehrswegeplan ab 2016
        ind bereits jetzt mehr Projektanmeldungen erfolgt als
        mals zuvor. Die Länder stecken in der Klemme, kön-
        en nicht zielgerichtet entscheiden, da es keine Konzept-
        orgabe gibt. Die Finanzierung wird jedoch zumindest
        urch Schwarz-Gelb nicht wirklich verbessert. Bereinigt
        m die Baupreisentwicklung ist der Haushalt 2013 real
        er niedrigste seit vielen Jahren. Sie leben von der Sub-
        tanz. Somit ist mit Ihnen ein Verkehrschaos bereits jetzt
        ealität, und das zulasten der Industrie, des Mittelstan-
        es, der Arbeitsplätze und derjenigen, die mobil sein
        üssen.
        Sabine Leidig (DIE LINKE): In Sachen Ausbau des
        chienenverkehrs hat diese Regierung vier Jahre lang
        urch absolute Untätigkeit geglänzt, und nun kommen
        Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32413
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        Sie in der allerletzten Sitzungswoche mit einem Schau-
        fensterantrag ums Eck, der noch nicht mal mehr im Aus-
        schuss beraten werden kann. Das ist schade; denn das
        Thema ist zu wichtig, um es hier auf den letzten Metern
        nebenbei zu behandeln.
        Ihr Antrag wird wirkungslos bleiben. Das liegt nicht
        nur am Ende der Legislaturperiode, sondern schlicht und
        ergreifend daran, dass die Koalition in diesem Antrag
        nichts fordert, was die Regierung tatsächlich zum sinn-
        vollen Handeln nötigen würde.
        In den vier Forderungen des Antrages benutzen Sie
        vielsagende Formulierungen wie „soll … gewahrt wer-
        den“, „sollten nach Möglichkeit … beschleunigt wer-
        den“ und es sei „darauf hinzuwirken“. Immerhin wird zu
        guter Letzt ein Bericht gefordert, der den Stand der inter-
        nationalen Projekte bis Ende 2013 darstellen soll. Dieser
        Bericht könnte das einzige konkrete Ergebnis dieses An-
        trages sein. Wir sind gespannt. So ein Sachstandsbericht
        wäre durchaus sinnvoll und eine gute Grundlage für die
        Diskussion über den Fortgang dieser Projekte und den
        Bedarfsplan Schiene, dessen Behandlung die Koalition
        gestern im Ausschuss im Übrigen abgesetzt hat – so viel
        zur Ernsthaftigkeit Ihres Anliegens.
        Damit ist eigentlich auch schon genug gesagt. Ich
        möchte aber noch drei Anmerkungen machen:
        Erstens. Nicht alles, was an grenzüberschreitender
        Schieneninfrastruktur geplant ist, ist auch sinnvoll. Ge-
        rade die europäischen TEN-Projekte sind vor allem am
        Wirtschaftsinteresse ausgerichtet und nicht an Zielen der
        nachhaltigen Entwicklung. Ihre eigenen Formulierungen
        zeigen ganz unterschiedliche Ausrichtungen: Die „Um-
        setzung der im BVWP 2003 als internationale Projekte
        benannten Vorhaben zur Verbesserung von grenzüber-
        schreitenden Personen- und Güterverkehren zu forcie-
        ren“ oder „gute Erreichbarkeit strukturschwächerer Re-
        gionen in Deutschland“ sind etwas ganz anderes als
        „durch Einbindung der deutschen Wirtschaftsräume in
        ein leistungsfähiges transeuropäisches Verkehrsnetz die
        Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands zu stärken“.
        Für uns steht die Mobilität der Menschen vor allem in
        den Regionen im Vordergrund, und wir wollen den
        Transportwahnsinn verringern und nötige Gütertrans-
        porte auf Schiff und Schiene verlagern. Das muss auch
        im Nahraum geschehen.
        Zweitens. Das Thema Rheintalbahn ist und bleibt ein
        Trauerspiel. Die Baufortschritte sind schneckenförmig,
        die berechtigten Forderungen der lärmgeplagten Anwoh-
        ner hätten längst umgesetzt werden müssen, und die
        Bahn ist weit davon entfernt, das Projekt wie vereinbart
        zu realisieren, was alle wissen. Dazu schreiben Sie
        nichts.
        Drittens. Nur ein Beispiel für Ihre Unaufrichtigkeit:
        Bei den Zugverbindungen zwischen Deutschland und
        Polen liegt in der Tat vieles im Argen. Dazu gab es kürz-
        lich einen ziemlich guten und konkreten Antrag der Grü-
        nen auf Drucksache 17/9947. Den hätten Sie doch unter-
        stützen können. Wir haben das jedenfalls getan.
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        Natürlich haben wir nichts gegen einen verstärkten
        usbau grenzüberschreitender Schienenverkehrsach-
        en. Deswegen werden wir den Antrag auch nicht ableh-
        en. Wir können ihm aber auch nicht zustimmen, son-
        ern werden uns deswegen enthalten.
        Die Linke will deutlich mehr Mittel für den Ausbau
        er Schiene als echte Alternative zum motorisierten Ver-
        ehr auf der Straße und als die wirklich sinnvolle Wei-
        rentwicklung der Elektromobilität – in der Fläche und
        uropaweit.
        Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
        s ist erstaunlich, mit welchen Anträgen die Koalition in
        tzter Minute noch um die Ecke kommt. Ohne Debatte
        den Ausschüssen und mit sofortiger Abstimmung soll
        er Bundestag über die wichtigsten europäischen Schie-
        enprojekte abstimmen. Das ist leider keine seriöse par-
        mentarische Arbeit. Wir werden die gesamte nächste
        ahlperiode Zeit haben, um uns intensiv mit der Zu-
        unft unserer Verkehrsinfrastruktur zu befassen. Der alte
        undesverkehrswegeplan läuft aus. In der nächsten
        ahlperiode werden die Weichen für die nächsten
        5 Jahre gestellt. Das müssen wir vernünftig und im
        reiten Dialog mit Bürgerinnen und Bürgern machen
        nd nicht jetzt im Hauruckverfahren kurz vor Tores-
        chluss. Erst gestern hat die Deutsche Bahn dem Ver-
        ehrsausschuss die Auskunft über ihre Anmeldungen für
        inen nächsten Bundesverkehrswegeplan verweigert.
        ie Projekte sollen erst Ende September benannt wer-
        en. Gleichzeitig ist das Verkehrsministerium noch mit
        er grundsätzlichen Methodik zur Projektbewertung be-
        chäftigt. Aus all diesen Gründen bleibt der Sinn dieses
        ntrages unklar.
        Es ist dazu fragwürdig, wie dieser Antrag zur bisheri-
        en Position der Noch-Koalition zu den Transeuropäi-
        chen Netzen, TEN, passen soll. Im Januar 2012 haben
        ir hier über TEN diskutiert. Von dieser Debatte ist vor
        llem eines hängen geblieben: Ihre große Skepsis gegen-
        ber der EU. Gegen alle Fraktionen haben wir Grünen
        amals als einzige die EU-Vorschläge unterstützt. Sie
        ollen die europäischen Mittel, aber die EU soll sich
        itte schön ansonsten aus allem heraushalten. So wird es
        ider nicht funktionieren. Denn wenn diese europaweit
        edeutenden Verkehrswege durchgängig geplant und re-
        lisiert werden sollen, müssen die Kompetenzen dafür
        uch auf europäischer Ebene gebündelt werden.
        Wenn sich jeder Mitgliedstaat weitreichende Ein-
        üsse bewahren will, ist das Ergebnis absehbar: Dann
        erden die Projekte mit sehr unterschiedlichen Ge-
        chwindigkeiten realisiert und wird die Fertigstellung
        erzögert. Dazu besteht die Gefahr, dass Regionalinter-
        ssen einen übermäßigen Einfluss bekommen und jeder
        ersucht, seinen eigenen Anschluss zu bekommen. Sol-
        he Gedanken finden sich auch in dem Antrag. Mit den
        ranseuropäischen Netzen sollen auch strukturschwache
        andgebiete entwickelt werden. Das ist grundsätzlich
        chtig; nur sollte man hierunter nicht verstehen, dass die
        andgebiete, durch welche die Strecken führen, auch
        berall einen eigenen Anschluss bekommen. Diese Klar-
        tellung vermeiden Sie jedoch und suggerieren, dass je-
        32414 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
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        der seinen Anschluss ans überregionale Netz bekommt.
        Hierfür brauchen wir vor allem einen klugen Taktver-
        kehr, bei dem kleine und mittlere Zentren mit kurzen
        Umsteigezeiten optimal an das überregionale Verkehrs-
        netz angebunden sind.
        Wir freuen uns, dass der Antrag einheitliche techni-
        sche Spezifikationen und einheitliche europäische Re-
        geln im Schienenverkehrsmarkt fordert. Auch hier passt
        die Forderung jedoch nicht so recht zur sonstigen EU-
        skeptischen Politik der Koalition. Solche europaweit
        einheitlichen Regeln sind dringend erforderlich. Aber
        dann brauchen wir auch eine starke europäische Institu-
        tion, die Standards setzt und kontrolliert. Hier weichen
        Sie aber immer dann zurück, wenn es konkret wird, wie
        zum Beispiel bei der Frage nach mehr klaren Kompeten-
        zen für die Europäische Eisenbahnagentur, ERA, bei der
        Zulassung von Fahrzeugen.
        Insgesamt verfolgt der Antrag einen Ansatz, den wir
        im Grunde teilen. Aber er passt nicht so recht zur übri-
        gen Politik der Koalition und bleibt bei wichtigen Fragen
        uneindeutig.
        Jan Mücke, Parl. Staatssekretär beim Bundesminis-
        ter für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Deutschland
        liegt im Herzen Europas. Daher sind die grenzüber-
        schreitenden Verkehrsachsen gerade hier außerordent-
        lich wichtig. Um die Wirtschaftsregionen erfolgreich
        weiterzuentwickeln, mussten wir das marode Netz im
        Osten sanieren und sind damit auch schon sehr weit ge-
        kommen. Gerade beim Straßennetz ist dies schon jetzt
        sehr gut gelungen. Um die Wirtschaftsräume Osteuropas
        besser zu erschließen, müssen wir aber nicht nur die
        Straßenverbindungen weiter ausbauen, auch die Schie-
        nenverkehrsachsen müssen gestärkt werden. Hier gibt es
        gerade im Osten und im grenzüberschreitenden Schie-
        nenverkehr noch Nachholbedarf.
        Bei Standortentscheidungen von Unternehmen spie-
        len sowohl die Qualität der infrastrukturellen Einrichtun-
        gen als auch die bestehenden Verbindungsangebote eine
        wichtige Rolle. Deutschland hat durch seine zentrale
        Lage und die gute infrastrukturelle Anbindung bereits
        Vorteile und sollte diese auch nutzen und weiter aus-
        bauen, gerade im Zuge der EU-Osterweiterung.
        Insbesondere strukturschwache geografische Regio-
        nen Deutschlands profitieren durch die Anbindung an
        Wirtschaftszentren und ein überregionales Verkehrsnetz.
        Darunter fallen viele Randgebiete Deutschlands.
        Eine entscheidende Rolle spielen dabei grenzüber-
        schreitende Verkehrsanbindungen für den Güter- und
        Personenverkehr. Regionale Potenziale können dadurch
        besser genutzt, und die Wettbewerbsfähigkeit im euro-
        päischen Binnenmarkt kann gestärkt werden.
        Uns Liberalen ist die große Bedeutung der Weiterent-
        wicklung von grenzüberschreitenden Schienenachsen
        ein wichtiges Anliegen. Als einzige namentliche Schie-
        nenverbindung haben wir auf Drängen der Liberalen be-
        reits im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und FDP für
        diese Legislaturperiode die Schienenverbindung von der
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        stsee über Berlin nach Südeuropa aufgenommen. Da-
        n sehen Sie, wie wichtig uns der Ausbau dieser Verbin-
        ung ist.
        Deutschland traf bereits verschiedene Absprachen
        um Ausbau internationaler Schienenkorridore und bila-
        raler Infrastrukturprojekte, auch zum Ausbau grenz-
        berschreitender Schienenverkehrsachsen. Diese werden
        Rahmen des einheitlichen europäischen Verkehrsnet-
        es TEN-V von 2011 sowie des Bundesverkehrswege-
        lans von 2003 benannt.
        Hier muss noch mehr getan werden. Die Umsetzung
        ieser Projekte muss weiter vorangetrieben werden. Da-
        er fordern wir, dass der Ausbau von grenzüberschrei-
        nden Schienenverkehrsachsen im Rahmen des trans-
        uropäischen Verkehrsnetzes bei der Aufstellung des
        undesverkehrswegeplans 2013 klar favorisiert wird.
        ie deutschen Wirtschaftsräume sollen in ein leistungs-
        higes transeuropäisches Verkehrsnetz eingebaut wer-
        en. Das stärkt die internationale Wettbewerbsfähigkeit
        eutschlands nachhaltig.
        Die Umsetzung der im Bundesverkehrswegeplan 2003
        enannten internationalen Projekte im Bereich Güter-
        nd Personenverkehr soll beschleunigt werden. Hier be-
        iehen wir uns insbesondere auf bereits angelaufene Pro-
        kte.
        Im Rahmen der Liberalisierung des europäischen
        chienenverkehrsmarktes ist es notwendig, zeitnah eine
        inheitliche technische Spezifikation und europäische
        egeln festzulegen und umzusetzen. Das bezieht sich
        atürlich auch auf bilaterale Abkommen.
        Dafür wollen wir bis Ende 2013 einen Bericht zu den
        inzelnen grenzüberschreitenden Schienenverbindun-
        en vorlegen. Dieser sollte nach Möglichkeit die weitere
        msetzung, einschließlich eines planerischen und bau-
        chtlichen Zeitplans enthalten. Zudem müsste er eine
        ufstellung der dabei anfallenden Kosten auflisten.
        Um den Wirtschaftsstandort Deutschland nachhaltig
        u stärken und weiterzuentwickeln, ist ein gut ausgebau-
        s Schienennetz unabdingbar. Dazu gehört sowohl die
        inbindung entlegener strukturschwacher Regionen, als
        uch die effiziente Vernetzung an Grenzgebieten. Somit
        tellen wir die Weichen für eine bessere überregionale
        usammenarbeit und stärken gleichzeitig den Wettbe-
        erbsstandort Deutschland.
        nlage 34
        Zu Protokoll gegebene Reden
        zur Beratung des Antrags: Die Elbregion mit
        einem zukunftsweisenden Gesamtkonzept
        ökologisch und ökonomisch weiterentwickeln
        (Zusatztagesordnungspunkt 16)
        Jürgen Klimke (CDU/CSU): Ich freue mich, dass
        ir heute kurz vor Beginn der sitzungsfreien Zeit Gele-
        enheit finden, im Deutschen Bundestag über das
        hema Elbe zu sprechen.
        Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32415
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        Die Elbe ist nicht nur einer von Deutschlands längs-
        ten und wichtigsten Flüssen, sie ist auch einer der
        schönsten. Naturnah und unverbaut fließt sie, aus Tsche-
        chien kommend, vom spektakulären Elbsandsteinge-
        birge vorbei am reizvollen Dresdener Elbtal, an den
        Meißener Weinbergen, am Weltkulturerbe Wörlitzer
        Gartenreich durch die intakte Natur der früheren inner-
        deutschen Grenze bis in meine Heimatstadt Hamburg,
        wo der wichtigste deutsche Hafen liegt. Von Hamburg
        aus sind es aber immer noch mehr als 100 Kilometer, bis
        die Elbe in die Nordsee fließt.
        Die Schönheit bringt es mit sich, dass die Elbe auch
        bei Touristen beliebt ist, ganz besonders bei Fahrradtou-
        risten. Der Elbe-Radweg ist seit vielen Jahren Deutsch-
        lands beliebtester Fernradweg. Wer ihn einmal befahren
        hat, weiß, dass die Elbe mit ihren weiten Landschaften
        etwas Besonderes in Deutschland ist, etwas Bewahrens-
        wertes, und um das Bewahren dieser Schöpfung, in die-
        sem Zusammenhang darf man das ja einmal sagen, geht
        es auch in unserem Antrag.
        Ich leite seit mittlerweile sieben Jahren die Arbeitsge-
        meinschaft Elbe der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, ei-
        nen Zusammenschluss der CDU-Abgeordneten der Elb-
        region, der aber oft Themen auch interfraktionell angeht.
        Unser Ziel ist es, das Zusammenwachsen der Elbregion
        zu fördern und verschiedene Fragen in Bezug auf Um-
        welt, Wirtschaft, Verkehr, Tourismus der Elbregion im
        Bundestag oder vor Ort zu diskutieren, aber auch, bun-
        despolitische Anliegen zur Elbe umzusetzen.
        Sich mit der Elbe politisch zu beschäftigen bedeutet
        auch, sich mit berechtigten kontroversen Meinungen
        auseinanderzusetzen. Da stehen Umweltschützer, Kir-
        chenvertreter und weite Teile der Öffentlichkeit und
        wollen den Fluss in seiner Einzigartigkeit bewahren.
        Teilweise wird dabei das Ideal eines Flusses gesehen, in
        das der Mensch nicht mehr eingreift. Auf der anderen
        Seite stehen Hafenbetreiber, Unternehmer und Binnen-
        schiffer und wünschen sich mehr Schiffsverkehr auf der
        Elbe. Sie fordern Unterhaltungsmaßnahmen oder sogar
        Ausbaumaßnahmen, sonst drohen Verkehrsverlagerun-
        gen auf den Lkw, der Wegzug von Industrie, der Verlust
        von Arbeitsplätzen.
        Kernpunkt der Debatte sind dabei die sogenannten
        Reststrecken. Das sind jene Bereiche der Elbe in der Re-
        gion Dömitz/Hitzacker sowie bei Coswig, die vor dem
        Zweiten Weltkrieg nicht mehr mit Buhnen auf das glei-
        che Niveau der restlichen Elbe gebracht worden sind. In
        der Folge ist der Fluss hier breiter, fließt langsamer, es
        kommt zu Ablagerungen. Besonders massiv ist das Pro-
        blem an der Reststrecke Hitzacker. Durch die Situation
        an den Reststrecken ist die effiziente Befahrbarkeit der
        Elbe für Binnenschiffe nicht ausreichend planbar. In der
        Folge gehen Verkehre eher auf die Schiene und die
        Straße. Um dieser mangelnden Verlässlichkeit abzuhel-
        fen, wird an den Reststrecken gebaggert, was rechtlich
        eine Unterhaltung ist, der Gewässerökologie aber massiv
        schadet. Die Verlängerung der Buhnen auf das Niveau
        des übrigen Flusslaufs wäre rechtlich ein Ausbau und
        muss entsprechend mit Planfeststellungsbeschluss durch-
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        eführt werden. Dagegen gibt es jedoch erheblichen Wi-
        erstand.
        Jeder, der sich in den vergangenen Jahren näher mit
        er Elbe beschäftigt hat, kennt die schwierige Gemenge-
        ge und die manchmal fast ideologisch geführten Dis-
        ussionen. Die Politik ist dabei gelegentlich mehr der
        timme der Öffentlichkeit als einer rationalen Abwä-
        ung von Alternativen gefolgt. Nur so ist es zu erklären,
        ass die rot-grüne Bundesregierung nach dem vorletzten
        roßen Elbe-Hochwasser im Jahr 2002 sogar die Unter-
        altungsmaßnahmen an der Elbe gestoppt hat, obwohl
        ine Sanierung der Reststrecken keine Auswirkungen
        uf das Hochwasser gehabt hätte. Erst in der Zeit der
        roßen Koalition wurden diese Unterhaltungsmaßnah-
        en wieder aufgenommen.
        Unter der jetzigen Union-FDP-Regierung wurden
        iese Maßnahmen forciert. Parallel haben Bundesum-
        eltministerium und Bundesverkehrsministerium mit
        er Erarbeitung eines Gesamtkonzeptes Elbe begonnen,
        essen Eckpunkte in diesem Jahr auf einer großen Kon-
        renz in Magdeburg vorgestellt wurden. Im Vorfeld fan-
        en Gespräche mit Umweltverbänden und Kirchen, mit
        irtschaftsverbänden und vor allem mit den Bundeslän-
        ern statt. Diese Eckpunkte bedürfen noch der Ausge-
        taltung und der Unterlegung durch Projekte. Leider gibt
        s darin zum Thema „Baumaßnahmen an der Elbe“ eine
        bweichende Meinung: Während alle Länder die Auffas-
        ung der Bundesregierung teilen, dass ein Ausbau allein
        ur verkehrlichen Verbesserung an der Elbe nicht statt-
        nden soll, lehnt die rot-grüne niedersächsische Landes-
        gierung jegliche Ausbaumaßnahmen an der Elbe ab
        nd behindert damit jeglichen ökologisch vernünftigen
        usbau.
        Bei der Erstellung des Elbe-Gesamtkonzeptes hat sich
        ezeigt, dass es an der Elbe, wie erwartet, unterschied-
        che Interessen gibt, dass aber auch die Möglichkeit be-
        teht, einen Konsens zu erzielen. Die unterschiedlichen
        teressen betreffen zum Beispiel das aktuelle Thema
        ochwasserschutz. Wir alle haben sehen müssen, dass
        as vermeintliche Jahrhunderthochwasser an der Elbe
        ach zehn Jahren teilweise noch übertroffen wurde. Jetzt
        eht es darum, dass den Menschen geholfen wird. Dazu
        at die Bundesregierung alles Menschenmögliche in die
        ege geleitet. Danach muss es darum gehen, den Hoch-
        asserschutz noch weiter zu optimieren. Hochwasser-
        chutz ist allerdings Ländersache, der Bund kann hier
        ur eine Koordinierungsfunktion wahrnehmen. Vor die-
        em Hintergrund fordern wir in unserem Antrag von der
        undesregierung, dass sie sich bei der Ausgestaltung des
        esamtkonzepts Elbe für länderübergreifend einheit-
        che Maßstäbe im Bereich Hochwasserschutz einsetzt.
        Konsens besteht mittlerweile auch mit den allermeis-
        n Vertretern der Umweltverbände und der Kirchen,
        ass wir die Elbe nicht sich selbst überlassen dürfen, ja,
        ass sogar Ausbaumaßnahmen nötig sind. Grund dafür
        t die Erkenntnis, dass wir für die ökologische Zukunft
        er Elbe dringend ein Sohlestabilisierungskonzept benö-
        gen. Die Elbe hat sich inzwischen so weit in ihr Bett
        ingetieft, dass ein kritisches Absinken des Grundwas-
        erspiegels droht. Damit drohen Altarme und Auwälder
        32416 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
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        trockenzufallen. Gefährdet ist auch das UNESCO-Welt-
        erbe Wörlitzer Gartenreich.
        Diesen Aspekt haben wir in unseren Antrag aufge-
        nommen, indem wir die Einleitung eines Planfeststel-
        lungsverfahrens für das geplante Pilotprojekt des Elbe-
        abschnitts bei Klöden von der Bundesregierung fordern.
        Gleichzeitig fordern wir auch weitere Ausbaumaßnah-
        men, soweit diese erforderlich sind und sie einen ökolo-
        gischen Mehrwert bringen; auch hier soll ein Planfest-
        stellungsverfahren eingeleitet werden. Diese Forderung
        bezieht sich vor allem auf die Reststrecken Dömitz/
        Hitzacker und Coswig. Wir ermöglichen der Bundesre-
        gierung mit unserem Antrag, diese Flaschenhälse end-
        lich anzugehen und nachhaltig zu sanieren.
        Vernünftige Argumente gegen die Sanierung der
        Reststrecken sind mir in den letzten sieben Jahren mei-
        nes Vorsitzes der Arbeitsgemeinschaft Elbe noch nicht
        untergekommen. Lassen Sie mich am Schluss meiner
        Rede auf die eventuellen Bedenken eingehen:
        Der Begriff Ausbau trifft das Problem eigentlich gar
        nicht. Es geht vielmehr darum, an den Reststrecken die
        Buhnen und Deckwerke in gleichem Abstand, gleicher
        Länge und Bauart zu errichten, wie es am übrigen Fluss-
        lauf bereits geschehen ist. Deshalb wäre Sanierung der
        bessere Begriff. Wie soll es unökologisch sein, die Sa-
        nierung, die an 95 Prozent des Flusslaufs bereits durch-
        geführt wurde, auch an den letzten 5 Prozent durchzu-
        führen?
        Ohne einen Planfeststellungsbeschluss darf unterhal-
        ten werden. Das bedeutet im Klartext, dass massiv ge-
        baggert wird. Baggern schadet der Flussökologie. Mit ei-
        ner Sanierung der Reststrecken werden 90 Prozent der
        Baggerarbeiten zukünftig überflüssig; das nützt der Um-
        welt und führt dazu, dass sich eine Sanierung auch öko-
        nomisch nach kurzer Zeit rentiert.
        Nur die Reststreckensanierung bietet die Planungssi-
        cherheit, die die Binnenschifffahrt benötigt, um effizient
        auf der Elbe zu fahren, um Ladung aus Asien über Ham-
        burg in größerem Umfang auf der Elbe weiterzutrans-
        portieren. Davon profitiert der Hamburger Hafen, davon
        profitieren die Häfen an der Elbe, aber eben auch die
        Wirtschaft, die sich verstärkt in Hafennähe ansiedelt.
        Der größte Profiteur sind aber die Menschen, die an den
        bereits jetzt vielbefahrenen Lkw-Strecken im Hambur-
        ger Hinterland wohnen und die von einer Verkehrsverla-
        gerung auf das Binnenschiff am spürbarsten profitieren.
        Um auf den Anfang meiner Rede zurückzukommen:
        Die Elbe ist etwas Besonderes. Sie wird auch in Zukunft
        frei fließen und weitgehend unverbaut. Sie wird die
        Menschen in ihren Bann ziehen. Wir wollen mit unserem
        Antrag die ökologische Dimension der Elbpolitik weiter
        stärken, ohne die Bedeutung, die die Elbe als Bundes-
        wasserstraße hat, zu mindern. Das ist uns mit unserem
        Antrag gut gelungen.
        Arnold Vaatz (CDU/CSU): Die Elbregion ökolo-
        gisch und wirtschaftlich weiterzuentwickeln, ist gerade
        vor dem Hintergrund des aktuellen, verheerenden Hoch-
        wassers an der Elbe von besonderer Bedeutung. Wir be-
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        rüßen daher umso mehr, dass unter der Federführung
        es Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtent-
        icklung, BMVBS, sowie des Bundesministeriums für
        mwelt und Reaktorsicherheit, BMU, ein Gesamtkon-
        ept für die Elbe erarbeitet wird. Entscheidend dabei ist,
        ies in breitem Konsens gemeinsam mit den betroffenen
        undesländern und unter frühzeitiger Einbeziehung der
        irchen, der Umweltverbände, der Wirtschaftsverbände,
        en Industrie- und Handelskammern sowie Interessen-
        ruppen der Bürgerinnen und Bürgern zu tun. Bisher
        urde bei der Diskussion um den Schiffsverkehr auf der
        lbe häufig ein Gegensatz zwischen umweltpolitischen
        teressen auf der einen Seite und wirtschaftlichen For-
        erungen auf der anderen Seite thematisiert. Das Ge-
        amtkonzept Elbe kann diese vermeintlichen Gegensätze
        urch einen fairen, ökologisch und ökonomisch sinnvol-
        n Interessenausgleich aufheben. Die unterschiedlichen
        utzungsansprüche an die Elbe fließen in das Gesamt-
        onzept gleichberechtigt ein. Mit dem vorliegenden An-
        ag haben wir zudem die Bundesregierung aufgefordert,
        emeinsam mit den Bundesländern länderübergreifend
        inheitliche Maßstäbe für den Hochwasserschutz in das
        esamtkonzept Elbe einzubinden.
        In diesem Zusammenhang möchte ich auch die wich-
        ge Kooperation mit unseren tschechischen Partnern
        ervorheben. Denn ohne die Hilfe Tschechiens durch
        essen Staustufen und Überschwemmungsflächen hätte
        as Hochwasser insbesondere für Sachsen noch verhee-
        ndere Folgen gehabt.
        Mit dem Gesamtkonzept Elbe von BMVBS und
        MU sollen alle erforderlichen Maßnahmen zur Auf-
        chterhaltung einer umweltverträglichen schifffahrtli-
        hen Nutzung ermöglicht werden. Hierauf möchte ich
        us verkehrlicher Sicht besonders eingehen.
        Wirtschaftlich ist die Anbindung über die Bundes-
        asserstraße Elbe einschließlich des Elbe-Seitenkanals
        in Standortvorteil für die Elbanrainer. Seit der Wieder-
        ereinigung sind erhebliche Mittel in die Modernisie-
        ng der Binnenhäfen an der Elbe investiert worden. In
        er Umgebung der Häfen haben sich Unternehmen ange-
        iedelt, die die Wasseranbindung als Standortvorteil, ins-
        esondere für den Güterverkehr von und zum Hambur-
        er Hafen, nutzen.
        Für den Hamburger Hafen als wichtigsten deutschen
        eehafen ist die Mittel- und Oberelbe eine Option als
        ransportweg für den Hinterlandverkehr auf Binnen-
        chiffen. Für die Elbestrecke Magdeburg–Hamburg steht
        it dem Elbe-Seitenkanal ein paralleler Schifffahrtsweg
        ur Verfügung, der vor allem für Massengutverkehre und
        r zweilagigen Containerverkehr geeignet ist. Contai-
        erverkehre brauchen aber für ihre Wirtschaftlichkeit
        uch einen dreilagigen Transport, der wegen der Brü-
        kendurchfahrtshöhen auf den Kanälen nicht möglich
        t. Vor dem Hintergrund der prognostizierten Wachs-
        msraten im Containerumschlag im Hamburger Hafen
        pielt der Hinterlandverkehr auf der Elbe eine zuneh-
        end wichtige Rolle, da die Kapazitäten auf der Schiene
        nnähernd ausgeschöpft sind. Schließlich ist die Binnen-
        chifffahrt, wenn es entsprechende Verlademöglichkei-
        n gibt, nicht nur deutlich kostengünstiger als der Lkw
        Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32417
        (A) )
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        und die Bahn, sondern auch der umweltfreundlichere
        Verkehrsträger.
        Für die Nutzung der Elbe als Bundeswasserstraße
        zwischen Dresden und Hamburg muss die Fahrrinnen-
        tiefe mindestens 1,60 Meter und die Fahrrinnenbreite
        50 Meter betragen. Zurzeit kann dies noch nicht an min-
        destens 345 Tagen im Jahr gewährleistet werden.
        Zum einen liegt dies an den stark schwankenden und
        oft niedrigen Wasserständen der Elbe, die die im Contai-
        nerverkehr üblichen Linienverkehre nicht mit der erfor-
        derlichen Zuverlässigkeit sicherstellen können, und zum
        anderen liegt es an der ausbaubedürftigen Infrastruktur
        für den Binnenschiffsumschlag im Hamburger Hafen.
        Dies führt im Vergleich zum Seehafen Rotterdam zu ver-
        hältnismäßig hohen Umschlagskosten für die Binnen-
        schifffahrt. Weil keine Prognose der Fahrrinnentiefen
        einige Wochen im Voraus möglich ist, wird bei der Pla-
        nung von Logistikketten die Bundeswasserstraße Elbe
        nur eingeschränkt berücksichtigt. Die Schwachstellen
        bei den Fahrrinnentiefen an einigen kritischen Elbab-
        schnitten bei Niedrigwasser sind demnach maßgebend
        dafür, dass eine wirtschaftliche Schiffbarkeit der Elbe oft
        nicht gegeben ist.
        Zwei längere Problemstrecken an der Elbe sind aus-
        schlaggebend, um zu einer Verbesserung der Situation
        mit gleichermaßen ökologischem und verkehrlichem
        Mehrwert zu kommen: die Erosionsstrecke zwischen
        Mühlberg und der Saalemündung und die sogenannten
        Reststrecken zwischen Dömitz und Hitzacker.
        Weitreichende ökologische Folgen hat die Sohlen-
        erosion im Streckenabschnitt bei Klöden. Dort hat sie in
        den letzten 100 Jahren zu einer großen Eintiefung der
        Elbe geführt, wodurch den Hartholzlaubwäldern in den
        Elbauen das Schicksal droht, trockenzufallen.
        An den Reststrecken sind bei früheren Ausbaumaß-
        nahmen die Buhnen in der Elbe entweder kriegsbedingt
        nicht erbaut oder nicht erneuert worden, sodass dort die
        Fließgeschwindigkeit geringer wird und die Fahrrinne
        versandet. Derzeit werden die Fahrrinnentiefen durch
        ständige Baggerungen gewährleistet, was mit hohen
        Kosten für die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung und
        nachteiligen Folgen für die Umwelt verbunden ist. Ob-
        wohl die Sanierung der Reststrecken Dömitz/Hitzacker
        und im Bereich Wittenberg bis Torgau bereits im Bun-
        desverkehrswegeplan 1992 vorgesehen war, wurden die
        Arbeiten nach dem Hochwasser 2002 durch eine politi-
        sche Entscheidung der damaligen Bundesregierung ein-
        gestellt.
        Wir wollen deshalb insbesondere mit der Umsetzung
        eines Sohlenstabilisierungskonzeptes – für das wir mit
        unserer Initiative im Bereich Klöden ein Pilotprojekt und
        ein Planfeststellungsverfahren fordern – die Situation
        nachhaltig verbessern. Dadurch ist es möglich, das Ein-
        tiefen der Elbe zu stoppen und das Absinken des Grund-
        wasserspiegels in den wertvollen Auenlandschaften zu
        verhindern.
        Eine weitere Maßnahme, mit der wir die Zukunft der
        Elbe als Bundeswasserstraße und Wirtschaftsstandort si-
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        hern wollen, betrifft die Sanierung der sogenannten
        eststrecken. Die Umsetzung soll mit einem Planfest-
        tellungsverfahren zu einer naturschutzverträglichen An-
        assung dieser Strecken an das übrige Niveau des Fluss-
        ufs erfolgen. Dadurch kann schädliches Baggern
        duziert und die Verlässlichkeit für die Binnenschiff-
        hrt gestärkt werden.
        Wir haben die Bundesregierung aufgefordert, alles
        afür zu tun, um bis zum Sommer 2013 die Eckpunkte
        r das Gesamtkonzept Elbe im Konsens mit den Bun-
        esländern und unter Beteiligung der Akteure und Inte-
        ssengruppen herzustellen. Auf dieser Basis soll bis
        nde 2014 gemeinsam mit den Bundesländern ein Ge-
        amtkonzept und Maßnahmenpaket für die Elbe erarbei-
        t werden. Dabei ist darauf hinzuwirken, dass alle ge-
        lanten Maßnahmen stets einen verkehrlichen und
        kologischen Mehrwert haben.
        Die Bewahrung des Naturzustandes der Elbe und die
        irtschaftliche Nutzung der Wasserwege sind keine Ge-
        ensätze. Sie müssen vielmehr durch kluge Politik mitei-
        ander verknüpft werden. Dies wollen wir unterstützen.
        Gustav Herzog (SPD): Am Abend werden die Fau-
        n fleißig! – Viel mehr fällt mir zu diesem Vorgang fast
        icht ein. Es ist schon ungeheuerlich, was Sie hier veran-
        talten. Vier Jahre hatten Sie Zeit, Ihre Position zur Elbe
        u finden und dann parlamentarisch aufzuarbeiten. Statt-
        essen haben Sie die vier Jahre verstreichen lassen und
        ollen jetzt in einer Nacht-und-Nebel-Aktion einen
        onflikt abräumen, der seit zehn Jahren entlang des
        lusses schwelt. Die Scheitelwelle des historischen
        ochwassers ist kaum abgeflossen, und noch während
        ebrochene Deiche notdürftig geflickt werden, kommen
        ie mit einem Antrag zur Elbe!
        Einen günstigeren Augenblick hätten Sie sich nun
        irklich nicht aussuchen können, liebe Kolleginnen und
        ollegen der Koalition. Ich beglückwünsche Sie zu die-
        em Weitblick und Ihrer Feinfühligkeit in dieser Situa-
        on. Gewiss, auch wir mussten unsere Konflikte im Um-
        ang mit der Elbe austragen, haben aber unsere Position
        ur Elbe geschärft und sehen die Elbe sowohl als Natur-
        um als auch als Verkehrsachse, auf die wir kaum wer-
        en verzichten können. Dazu haben wir schon 2012 ei-
        en Fraktionsbeschluss herbeigeführt und im Vorfeld auf
        iner gut besuchten öffentliche Flusskonferenz in Mag-
        eburg mit den Menschen vor Ort diskutiert.
        Warum haben Sie den Antrag auf die lange Bank ge-
        choben? Warum bringen Sie ihn kurz vor Toresschluss
        ls Zusatzpunkt zur sofortigen Abstimmung ein und ver-
        indern dadurch eine parlamentarische Beratung? Weil
        ie es still und heimlich durchschieben wollen. Ja keine
        ufmerksamkeit und ja keine Öffentlichkeit bei unbe-
        uemen Themen, genau das ist Ihre Politik. Nicht mit
        ns, meine Damen und Herren. Mindestens das Hoch-
        asser und seine Folgen müssen anständig ausgewertet
        nd interpretiert werden. Dann müssen wir einen trans-
        arenten Dialog führen und für unseren Kompromiss
        wischen den verschiedenen Interessen werben, bevor
        ir einen Beschluss des Bundestags herbeiführen.
        32418 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
        (A) )
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        Dabei sind unsere Ziele gar nicht so weit auseinander,
        und ich finde es ausgesprochen schade, dass wir in einer
        so wichtigen und derart umstrittenen Frage nicht mit
        ausreichend Zeit beraten können. Mehr Einigkeit hier im
        Hause würde dem Thema besser zu Gesicht stehen und
        einem Beschluss dadurch auch mehr Aussagekraft ge-
        ben. Doch das haben Sie nun wirklich vergeigt. Anders
        kann ich es nicht nennen. Die Elbe hat in der Tat Besse-
        res verdient!
        Warum brauchen wir den Schutz des Naturraums
        Elbe? Weil Fauna und Flora zu Lande und im Wasser
        einzigartig sind und diese Habitate zum Überleben brau-
        chen, wir Menschen Erholungsräume suchen und ein
        sanfter Tourismus den Prinzipien der Nachhaltigkeit ent-
        spricht. Warum brauchen wir die Elbe als Verkehrsweg?
        Weil Arbeitsplätze und Prosperität ganzer Wirtschafts-
        räume an der mittleren und oberen Elbe von Transporten
        auf dem Fluss abhängen, der Lkw für uns keine Alterna-
        tive darstellt, die Bahn Engpässe hat und das Binnen-
        schiff seine Stärken sowohl für den Massengut-, als auch
        Projektladungs- und Containertransport nutzen sollte.
        Wir wollen die Güter auf nachhaltige Verkehrsträger
        verlagern, und dafür brauchen wir die Elbe. Wir wollen
        die Verkehrsträger nicht gegeneinander ausspielen, doch
        wir wollen sie entlang ihrer Stärken optimieren, und da-
        her brauchen wir nicht nur die Optionen, sondern auch
        die Knotenpunkte, um kombinierte Verkehre möglich zu
        machen. Der Hamburger Hafen stellt hier eine zentrale
        Schlüsselposition dar. Hier wird intensiv daran gearbei-
        tet, dass das Binnenschiff die Rolle bekommt, die es ver-
        dient, und wir müssen dafür sorgen, dass die Güter dann
        auch abgefahren werden können. Wir müssen Scharne-
        beck ertüchtigen, den Elbe-Seitenkanal und die Elbe ih-
        ren Verhältnissen entsprechend verkehrsfähig machen.
        Ist das nun ein Widerspruch? Nein, denn wir glauben
        nicht, dass sich beides gegenseitig ausschließt. Vielmehr
        halten wir einen Konsens für möglich, der die wirt-
        schaftliche Nutzung des Flusses als Verkehrsträger er-
        möglicht und die ökologische Funktionsfähigkeit ver-
        bessert. Niemand will einen Ausbau oder einen zweiten
        Rhein, wie man mir einmal unterstellt hat; aber wir brau-
        chen die Elbe in einem Mindestzustand für verkehrliche
        Zwecke. Dieser darf weder unsere ökologischen Schutz-
        ziele für das Flusssystem noch den Hochwasserschutz
        der Länder konterkarieren. Wir wollen dem Fluss mehr
        Raum geben, damit er sich beim nächsten Hochwasser
        besser ausbreiten kann.
        Hier gibt es jedoch keine Interessenskollision mit der
        Binnenschifffahrt, ganz im Gegenteil. Wenn die Deiche
        zurückgelegt werden und der Fluss sich weiter entfalten
        kann, wird nicht nur das Hochwasser abgeschwächt, die
        Schiffe können dann auch länger fahren. Wir müssen uns
        genau anschauen, welche Maßnahmen welche Auswir-
        kungen haben, und ein Verschlechterungsverbot ist
        durchaus eine ganz löbliche Sache. Wir wollen zudem
        ein Verbesserungsgebot.
        Grundsätzlich sollen Eingriffe zur Verbesserung der
        Schiffbarkeit mit einem ökologischen Mehrwert verbun-
        den werden. Zugleich müssen wir den Fluss auch vor
        sich selbst schützen. Hochwasser dieser Art wirbeln das
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        leichgewicht des Flusses gehörig durcheinander und
        erschlimmern Missstände, die anthropogene Ursprünge
        aben. Die Sohlabsenkung im Bereich der Erosionsstre-
        ke wird sich durch die Last und die Geschwindigkeit
        es Hochwassers mutmaßlich beschleunigt haben. Umso
        ichtiger ist, dass wir Maßnahmen wie das Pilotprojekt
        ei Klöden auf die Ergebnisse der Hochwasserauswer-
        ng anpassen und dann schleunigst in Kraft setzen, be-
        or unser Weltkulturerbe darunter leidet, dass wir nichts
        n.
        All das, meine Damen und Herren von der Koalition,
        etzt voraus, dass wir Menschen haben, die sich vor Ort
        arum kümmern. Mit Ihren Mehrheiten haben Sie in die-
        er Legislatur eine beispiellose Odyssee über die Was-
        er- und Schifffahrtsverwaltung gebracht, die darin mün-
        en soll, dass unter anderem an der Elbe zwei von drei
        mtern und die Direktion Ost geschlossen werden.
        enn wir den von Ihnen beabsichtigten Personalabbau
        etreiben, dann frage ich Sie, wer beim nächsten Hoch-
        asser bereitstehen soll? Laut Aussagen der Bundesre-
        ierung waren bei diesem Hochwasser 2000 Mitarbeiter
        er WSV im Dauereinsatz, zufälligerweise genau die
        nzahl, die Sie abbauen wollen. Wer soll die Wehre be-
        ienen, die Pumpwerke und Sperrtore? Wer hält die Pe-
        elanlagen in Ordnung? Wer unterstützt Bundeswehr
        nd Hilfsdienste von der Wasserseite aus, setzt die Schu-
        n zur Sprengung auf Grund, um gebrochene Deiche zu
        chützen, und wer holt verkeilte Baumstämme, Glascon-
        iner oder Gartenhäuser aus dem Wasser, damit Brü-
        ken und Anlegestellen nicht dem Druck des sich auf-
        tauenden Wassers nachgeben müssen? Und wer
        ümmert sich um die Aufräumarbeiten in den Fahrrin-
        en und Uferzonen, wenn Sie hier alle Ämter abgebaut
        aben? Darauf geben Sie keine Antwort!
        Am 3. Juni war ich in Dresden und konnte mich per-
        önlich davon überzeugen, welche Arbeit dort geleistet
        urde. Neben den Einsätzen am Fluss musste das WSA
        eräumt und alles vor dem Hochwasser gesichert wer-
        en, weil alles von funktionierenden Meldeketten und
        oliden Informationen abhängt. Ich darf aus einer E-Mail
        itieren, die mich einige Tage später von der Elbe er-
        ichte: „… Am nächsten Tag gegen Mittag wurden wir
        on der Elbe geflutet und waren damit telefonisch und
        er Internet nicht mehr erreichbar. Es ist uns trotzdem
        elungen, bei diesem Extremhochwasser unsere Aufga-
        en ordentlich zu erfüllen. Wir haben unsere Anlagen,
        chiffe und Gebäude gesichert und vor größeren Schä-
        en bewahrt. Vor allem haben wir aber dafür gesorgt,
        ass unsere wichtigen Pegelanlagen trotz Schäden an
        inzelnen Pegeln und der Datenübertragung durchge-
        end funktionierten. Unsere Kollegen haben vor Ort
        otz widrigster Umstände (abenteuerlichste Zuwegun-
        en und extreme Wasserstände vor Ort) die Anlagen be-
        eut und repariert. Weiterhin konnten wir im Amtsbe-
        ich mit unserem Fachwissen die regionalen
        insatzkräfte mit Rat und Tat unterstützen, ob das nun
        ie Deichverteidigung, die Information über Abfluss-
        nd Wasserstandsentwicklungen oder die Mitwirkung
        nd Koordinierung von speziellen Einsätzen war. Dies
        ef alles unspektakulär und unauffällig ab und zeigt da-
        Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32419
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        mit die hohe Professionalität aller Kolleginnen und Kol-
        legen …“
        Meine Damen und Herren der Koalition, liebe Kolle-
        gin Wilms, auch Sie von den Grünen haben diesem gan-
        zen Unfug zugestimmt. Ich frage Sie: Wer soll all dies
        tun, wenn Sie diese „Reform“ abgeschlossen haben, die
        diesen Namen nicht verdient? Fangen Sie dann an, von
        Bonn aus private Unternehmen zu dirigieren, denen Sie
        die Aufgaben übertragen haben? Das Unternehmen
        möchte ich sehen, das hierfür Verantwortung übernimmt
        und tatsächlich mit Sachverstand und vollem Einsatz vor
        Ort ist. Und die Kosten will ich sehen, die das verlangt,
        ohne dass es funktionieren würde. Oh nein, liebe Kolle-
        ginnen und Kollegen, auch wenn Sie uns eine ganze Le-
        gislatur mit diesem Unsinn auf Trab gehalten haben: Es
        hat mit einer falschen Motivation begonnen und ist über
        die Zeit nicht besser geworden. Daher werden wir in der
        kommenden Legislatur das Heft des Handelns in die
        Hand nehmen und die WSV in einem transparenten Ver-
        fahren und im Einklang mit den Mitarbeitern so aufstel-
        len, dass sie sich handlungsfähig und zukunftsfest in der
        Fläche um unsere Wasserstraßen kümmern kann.
        Torsten Staffeldt (FDP): Dieser Tage erreichen
        mich viele Nachrichten und Briefe, in denen für die gute
        Zusammenarbeit in den letzten vier Jahren gedankt wird.
        Auch ich möchte mich an dieser Stelle bedanken: für
        manches offene Wort, für konstruktive Diskussionen, für
        Tröstendes und Menschliches und vor allem für all das,
        was wir in der christlich-liberalen Koalition im Bereich
        Schifffahrt – sei es die See- oder die Binnenschifffahrt –
        für die Bundesrepublik erreicht haben.
        Denn dies ist die ureigenste und wichtigste Pflicht des
        Abgeordneten: den Interessen unseres Landes und seiner
        Bürgerinnen und Bürger zu dienen. Das Urteil darüber,
        ob und wie ich meinen Teil dazu getan habe, überlasse
        ich gerne anderen. Ich stehe an diesem letzten Sitzungs-
        tag der Legislaturperiode in Demut vor diesem Hohen
        Hause – und zugleich mit einem zuversichtlichen Blick
        nach vorn.
        Der Politik und den Politikern wird nur allzu oft vor-
        geworfen, sie hätten wenig Substanz. Dass diese Vor-
        würfe unberechtigt sind, zeigt zum einen der detaillierte,
        zukunftsweisende Antrag für die Elbregion, den wir
        heute beraten. Zum anderen können wir mit Fug und
        Recht sagen: Die zurückliegenden vier Jahre waren vier
        gute Jahre. Für Deutschland. Für das Maritime Bündnis
        und die Schifffahrt. Für die Menschen in unserem Land.
        Denken Sie nur an den Nordostseekanal oder die
        Schleuse Brunsbüttel. So sollten wir es weiter angehen.
        Dass wir nur gemeinsam etwas erreichen können,
        haben die verheerenden Überschwemmungen der letzten
        Wochen verdeutlicht. Als Bremer weiß ich: Wer die
        Kraft des Wassers unterschätzt, verliert. Oft sind es Ein-
        griffe von Menschenhand, die zu solchen Katastrophen
        führen, wenn nicht – wie wir das in der christlich-libera-
        len Koalition tun – für die Instandhaltung der Wasser-
        wege Sorge getragen wird.
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        Gleichzeitig bewegt sich Schiffsverkehr immer auch
        Spannungsverhältnis zwischen Wirtschaftlichkeit
        nd Umweltschutz. Um Eindeichungen kommt man
        icht umhin, will man unsere Wasserstraßen wirtschaft-
        ch leistungs- und wettbewerbsfähig erhalten. Für die
        lbregion setzen wir uns mit Kirchen, Umwelt- und
        irtschaftsverbänden, Industrie- und Handelskammern
        nd Bürgergruppen ein für ein Gesamtkonzept, das den
        iderstreitenden Interessen im breiten Spektrum zwi-
        chen Ökologie und Ökonomie Rechnung trägt.
        Mit den Nebenflüssen Havel und Spree ist die Elbe
        er wichtigste Flusslauf im ostdeutschen Wasserstraßen-
        etz, einer der bedeutendsten Flüsse Deutschlands, tou-
        stisch, kulturell, ökologisch und wirtschaftlich. Auf
        ehr als 400 Flusskilometern ist sie als ältestes deut-
        ches UNESCO-Biosphärenreservat eine Modellland-
        chaft für nachhaltige Entwicklung. Für den Hamburger
        afen als wichtigstem deutschen Seehafen sind Mittel-
        nd Oberelbe Transportwege für den Hinterlandverkehr
        uf Binnenschiffen. Derzeit werden gut ein Drittel der in
        amburg umgeschlagenen Güter in die Elbregion trans-
        ortiert.
        Da die Kapazitäten auf der Schiene annähernd ausge-
        chöpft sind sowie vor dem Hintergrund der prognosti-
        ierten Wachstumsraten beim Containerumschlag im
        amburger Hafen werden Elbe und Elbe-Seitenkanal
        unehmend eine wichtige Rolle für Massengut- und
        ontainerverkehre spielen müssen.
        Dass man für den Containerverkehr die Elbe und
        icht Straße und Schiene nutzt, hat ökologische Vorteile:
        eniger Emissionen, weniger Lärm. Auch aus diesem
        rund ist Binnenschifffahrt ein zentrales Thema beim
        mweltschutz.
        Baggern oder Buhnen? Da kennt sich nicht jeder aus.
        uhnen – das sind durchbrochene, dammartige Bauten.
        ast jeder kennt die aufrecht aneinandergereihten
        olzstämme vom Strandspaziergang, die dem Küsten-
        chutz dienen. In der Binnenschifffahrt sind sie ebenso
        ilfreich.
        Für jeden, der am Wasser lebt, ist klar: Dem Umwelt-
        chutz ist mehr gedient, wenn die Uferstreifen nicht
        lljährlich ausgebaggert werden. Denn so zerstört man
        iotope. Richtig ist, den Strom durch Buhnen zu lenken.
        o bleibt auch der Erhaltungsaufwand gering.
        Um die weitere Diskussion zu befördern und im
        ommer 2013 Eckpunkte für das Gesamtkonzept vorle-
        en und dieses fertigstellen zu können, werden wir einen
        eirat aller beteiligten Akteure unter Vorsitz eines unab-
        ängigen Experten einsetzen. Vorbild ist der bereits exis-
        erende Runde Tisch.
        Wer jetzt noch an der Substanz der Arbeit der christ-
        ch-liberalen Koalition zweifelt, dem kann man wohl
        icht mehr helfen.
        Mir bleibt noch eines zu sagen:
        Ich wünsche uns allen einen spannenden Wahl-
        ampfsommer mit heißen Debatten, dazu hoffentlich
        ine nahegelegene Fluss- oder Meereslandschaft, an der
        32420 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
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        sich rauchende Köpfe und erhitzte Gemüter gegebenen-
        falls Kühlung verschaffen können.
        Roland Claus (DIE LINKE): Die Fraktion Die Linke
        freut sich, dass die Regierungskoalition diesen Vorstoß
        unternimmt. Es liegt in diesem Antrag ja doch so etwas
        wie die Einsicht, dass dogmatisierter Föderalismus an
        den lebensweltlichen Zusammenhängen scheitern muss.
        Natürlich braucht es ein länderübergreifendes Gesamt-
        konzept für die Elbregion. Und es braucht dann auch
        Gremien, die dieses Gesamtkonzept umzusetzen in der
        Lage sind. Und diese, selbstverständlich, müssen inter-
        national gestaltet sein, denn die Elbe beginnt ihren Lauf
        bekanntlich in Tschechien, und zur Elbregion gehören
        alle Nebenflüsse mit ihrem jeweiligen Einzugsgebiet,
        also auch – um nur die größten zu nennen – die Moldau,
        die Mulde, die Saale und die Havel.
        Leider erfasst der Antrag nicht diese Gesamtdimen-
        sion, und das ist für uns einer der Gründe dafür, dass wir
        dem Antrag nicht zustimmen, sondern uns der Stimme
        enthalten. Ein weiterer Grund besteht darin, dass der An-
        trag einfach nicht aktuell ist. Zwar ist das Hochwasser
        von 2013 durchaus erwähnt. Aber an welcher Stelle?
        Ganz am Ende des Antrags. Hochwasserschutz taucht
        dort auf als ein Punkt unter vielen anderen. In seinen
        Kernpunkten behandelt der Antrag die Elbe so, wie sie
        im Mai 2013 existiert hat. Die Dramatik des Hochwas-
        sers der ersten Junihälfte 2013 bleibt ausgespart. Aber da
        gab es Pegelstände, wie sie noch nie gemessen worden
        sind, und mit dem Dammbruch bei Fischbeck in Sach-
        sen-Anhalt ist eine Katastrophe geschehen, deren Folgen
        auch jetzt noch nicht vollständig überschaubar sind. Die
        Heftigkeit und die enorme Längenausdehnung des Flut-
        scheitels auf 30 bis 40 Kilometer hatten ihre Ursache im
        Aufeinandertreffen der Flutscheitel von Elbe und Saale.
        Was für ein Ereignis braucht es denn noch, um deutlich
        zu machen, dass ein Konzept für die Elbregion selbstver-
        ständlich eines für die Saaleregion einschließen muss?
        Und wie dicht müssen denn die fälschlich „Jahrhundert-
        hochwasser“ genannten Ereignisse nach 2002, 2006,
        2011 und 2013 noch aufeinanderfolgen, bis ins Bewusst-
        sein dringt, dass Hochwasserschutz nicht als irgendein
        Teilproblem in einem Gesamtkonzept für eine Flussre-
        gion behandelt werden darf, sondern dass er den Kern
        des Ganzen zu bilden hat?
        Aber dann freilich nicht nur als eng geführtes Deich-
        bau- oder Spundwanderrichtungsproblem, sondern als
        Grundfrage des Umgangs mit den Flüssen überhaupt. Es
        ist doch widersinnig, zuerst über diese und jene betriebs-
        wirtschaftlich mehr oder weniger effiziente Nutzung ei-
        nes Flusses nachzudenken und erst danach die Frage
        nach dem Hochwasserschutz zu stellen, und zwar wider-
        sinnig auch unter ernsthaftem – sprich: volkswirtschaft-
        lichem – ökonomischem Blickwinkel. Wie viel Gewinn
        müsste denn eine herkömmlich als effizient gepriesene
        Flussschifffahrt erwirtschaften, damit sie die vielen Mil-
        liarden, die bei einem „Weiter so!“ im Flussmanagement
        künftig alle paar Jahre für die Überwindung der Überflu-
        tungsschäden erbracht werden müssen, auszugleichen
        vermag? Müssen solche Feststellungen über die Kosten-
        vorteile der Binnenschifffahrt gegenüber Lkw und Bahn,
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        ie sie im Antrag enthalten sind, nicht einer erneuten
        rüfung unterzogen werden, und zwar unter Einrech-
        ung der Milliarden, die uns der bisherige Umgang mit
        en Flüssen kostet? Und muss damit nicht immer auch
        ieder die Frage gestellt werden, wie viel von all diesem
        ontinuierlichen Wachstum des Transportvolumens, mit
        em der Antrag ganz selbstverständlich arbeitet, tatsäch-
        ch notwendig ist? Ist es nicht hohe Zeit, auch unter die-
        em Aspekt der tatsächlichen Kosten nicht nur der
        ransporte selbst, sondern eben auch der Erhaltung und
        flege und Bewahrung der Transportwege neu über re-
        ionale Wirtschaftskreisläufe nachzudenken?
        Die Linke hat im März 2012 einen eigenen Antrag für
        in umfassendes Elbkonzept vorgelegt (Drucksache 17/
        160), in dem klar gesagt ist: „Die unterschiedlichen
        utzungsansprüche an die Elbe, ihre Nebenflüsse und
        r Einzugsgebiet wie Hochwasserschutz, Schifffahrt,
        ourismus, Natur- und Umweltschutz, Land- und Forst-
        irtschaft, Fischerei, Energiegewinnung, Industrie und
        iedlung müssen auf der Basis einer naturnahen
        lussentwicklung berücksichtigt werden.“ Die naturnahe
        lussentwicklung als Basis von allem, denn ein naturfer-
        es Flussmanagement führt zur Zerstörung von allem.
        ie rot-rote Landesregierung in Brandenburg, in der die
        inke unter anderem das Umweltministerium führt, hat
        eim Elbe-Hochwasser 2013 mit der Flutung der für ge-
        au diesen Fall vorgehaltenen Havelpolder ein Beispiel
        afür geschaffen, was in den nächsten Jahren vor allem
        etan werden muss: Es müssen große Überflutungsflä-
        hen angelegt werden. Dies kann – wie bei den Havel-
        oldern – hinter dem Deich geschehen. Dann erfolgt die
        en Fluss entlastende Flutung mittels Schleusen. Oder es
        eschieht – auch dafür hat Brandenburg am „Bösen Ort“
        urz vor Hitzacker ein Beispiel geschaffen – durch die
        ückverlegung von Deichen.
        Damit so etwas Wirklichkeit werden kann, braucht es
        as Zusammenwirken aller Beteiligten. Bäuerinnen und
        auern, Anwohnerinnen und Anwohner, am Fluss ange-
        iedelte Unternehmen, die Binnenschifffahrt, der Natur-
        chutz, die Forstwirtschaft, sie alle müssen an einem
        trang ziehen, und der Fluss macht an Ländergrenzen
        icht halt und das Wasser nach einem Deichbruch auch
        icht.
        Die Brandenburger Landesregierung fordert dieser
        age erneut eine nationale Hochwasserkonferenz. 2010
        ar ein ähnlicher Vorschlag von der Bundesregierung
        urückgewiesen worden. Es ist jetzt höchste Zeit für eine
        olche Konferenz. Von ihr könnten dann auch entschei-
        ende Impulse für ein tatsächlich in die Zukunft weisen-
        es Gesamtkonzept für die Elbregion ausgehen.
        Dorothea Steiner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): In
        uchstäblich letzter Minute legen uns CDU/CSU und
        DP einen Antrag vor, der uns ein zukunftsweisendes
        esamtkonzept für die Elbregion in Aussicht stellt, eine
        kologische und ökonomische Weiterentwicklung.
        ominiert wird dieser Antrag von den Aspekten des Gü-
        rverkehrs elbaufwärts von Hamburg und Überlegun-
        en zur Schiffbarkeit der mittleren Elbe.
        Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32421
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        Bei hohem Wasserstand gibt es Probleme für die
        Durchfahrt unter Brücken, bei niedrigem Wasserstand ist
        die Schiffbarkeit, vor allem mit Containern, nicht durch-
        gängig möglich. Das müssen Sie doch wissen – seit min-
        destens zwanzig Jahren! Wie können Sie dann in Ihrem
        Antrag schreiben, dass – ich zitiere – „Schwachstellen
        bei den Fahrrinnentiefen an einigen kritischen Elb-
        abschnitten bei Niedrigwasser“ dafür verantwortlich
        seien, dass es meist keine wirtschaftliche Schiffbarkeit
        der Elbe gebe?
        Die von Ihnen in Ihrem eigenen Antrag verwendeten
        Zahlen machen doch die Situation deutlich: Oberhalb
        von Geesthacht werden 75 Prozent von 1 Million Ton-
        nen über den Elbe-Seitenkanal transportiert und 25 Pro-
        zent über die Elbe. Wozu denn weiter in die Wasser-
        straße Elbe investieren, wenn der Güterverkehr wegen
        Hochwassers, Niedrigwassers oder Eisgangs immer wie-
        der unterbrochen werden muss und weder Verlässlich-
        keit noch Rentabilität herstellbar ist?
        Erneuern Sie das Schiffshebewerk Scharnebeck und
        ertüchtigen Sie den Elbe-Seitenkanal, dann sind Zielset-
        zungen entbehrlich, an der mittleren Elbe eine Fahr-
        rinnentiefe von 1,60 Metern an durchschnittlich 345 Ta-
        gen im Jahr sicherstellen zu wollen. Das läuft doch auf
        regelmäßiges Ausbaggern zur Schwachstellenbeseiti-
        gung und auf teilweisen Ausbau hinaus.
        Sie wollen den Hochwasserschutz in ein Gesamtkon-
        zept Elbe einbeziehen. Ich sage Ihnen, nicht der Hoch-
        wasserschutz muss in ein vermeintlich höherrangiges
        Gesamtkonzept Elbe mit einbezogen werden, sondern
        wir brauchen ein flussbezogenes Hochwasserschutzkon-
        zept, an dem alle Anrainer-Bundesländer und wie bei der
        Elbe auch Oberlieger wie die Tschechische Republik be-
        teiligt sind.
        Sie dokumentieren mit diesem Antrag, dass Sie noch
        nicht wirklich verstanden haben, welches die Ursachen
        für die verheerenden und folgenschweren Deichbrüche
        und Überflutungen in Sachsen-Anhalt waren. Mehr
        Wasser fließt schneller elbabwärts – der Hochwasser-
        scheitel war diesmal 40 Kilometer lang – und bricht dort
        über die Deiche, wo sie niedriger und nicht auf dem
        Niveau von zum Beispiel Dresden sind. Gäbe es auch im
        oberen Bereich Polder und Überflutungsflächen, dann
        würde der Hochwasserscheitel abgesenkt und die Über-
        flutungsgefahr für die Unterlieger würde gemindert.
        Es steht doch in völligem Widerspruch zu diesen Er-
        kenntnissen, dass Sie eine durchgängige oder teilweise
        Vertiefung der mittleren Elbe ins Auge fassen, um die
        Bedingungen für den Containerverkehr zu verbessern.
        Sie sprechen in Ihrem Antrag in einem Atemzug von
        ökologischem und verkehrlichem Nutzen, den Sie errei-
        chen wollen, aber Sie müssen doch auch erkennen, dass
        ökologischer Vorteil und stärkere verkehrliche Nutzung
        an der Elbe nicht immer vereinbar sind, sondern im
        Widerspruch stehen, wenn man die Flusslandschaft Elbe
        als Naturjuwel erhalten will.
        Sie sprechen im Antrag viel von der Elbe als Trans-
        portweg und befassen sich mit der Wirtschaftlichkeit des
        Güterverkehrs. Aber der wirklich zukunftsfähige Wirt-
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        chaftsfaktor der Region ist die touristische Nutzung der
        atur- und Kulturpotenziale im Elbe-Raum. Schon jetzt
        at der Tourismus in der Region zahlreiche Arbeitsplätze
        eschaffen, und noch immer gibt es ein großes Entwick-
        ngspotenzial. Im Mittelpunkt der zukünftigen Ent-
        icklung der Elbe-Region muss der Erhalt der einzigar-
        gen Flusslandschaft mit all seinen positiven Funktionen
        r Natur und Mensch stehen.
        Das ist zukunftsfähig, und die Politik sollte sich in
        iesem Zusammenhang auf ein gemeinsames Vorgehen
        erständigen, um das Potenzial zu nutzen.
        Wir haben die Bestandteile dieses Konzepts in unse-
        m Antrag 2011 vorgestellt. Sie haben abgelehnt. Ihren
        ntrag, dem man ansieht, dass er in der letzten Sitzungs-
        oche Hals über Kopf zusammengezimmert worden ist,
        hnen wir ab, und wir hoffen darauf, dass wir ab Sep-
        mber eine bessere Elbe-Politik gestalten können.
        nlage 35
        Zu Protokoll gegebene Reden
        zur Beratung des Antrags: Sozialverträgliche
        und anwohnerfreundliche Schienenhinter-
        landanbindung zur Festen Fehmarnbeltquerung
        gewährleisten (Zusatztagesordnungspunkt 17)
        Ingo Gädechens (CDU/CSU): Am 3. September
        008 unterschrieben der damalige Bundesminister
        r Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Wolfgang
        iefensee, SPD, und seine dänische Amtskollegin
        arina Christensen den Vertrag zwischen der Bundes-
        publik Deutschland und dem Königreich Dänemark
        ber eine Feste Fehmarnbeltquerung. In diesem hat sich
        ie Bundesregierung zum Ausbau der Hinterlandanbin-
        ung auf deutscher Seite verpflichtet.
        Dieser Vertrag und die darin festgehaltene Absicht,
        ie Hinterlandanbindung für die Querung zu ertüchtigen,
        at zu intensiven und auch emotional geführten Diskus-
        ionen bei den Bürgerinnen und Bürgern meines Wahl-
        reises gesorgt. Nun ist es wie bei jedem Verkehrspro-
        kt, dass mögliche Veränderungen bei den Menschen
        or Ort zunächst für Skepsis, Ängste und Befürchtungen
        orgen. Aber – und dies ist mir wichtig – eine Vielzahl
        on Bedenken sind nicht von der Hand zu weisen. Ver-
        angene Verkehrsprojekte haben uns deutlich gezeigt,
        ass es besser ist, frühzeitig auf diese zu reagieren.
        Das Projekt Feste Fehmarnbeltquerung ist nicht nur
        r Ostholstein und Nordstormarn, sondern für ganz
        chleswig-Holstein, Deutschland und Europa wichtig.
        er hier vorliegende Antrag nimmt klar dazu Stellung.
        uf der anderen Seite stehen viele berechtigte Forderun-
        en der Anwohner, die ebenfalls ernstgenommen werden
        üssen. Die Menschen in Ostholstein leben vom Touris-
        us. Der Ausbau im bestehenden Gleisbett und durch
        ie Ostseebäder hätte gravierende Folgen für die Men-
        chen und die bestehende Infrastruktur. Auch abseits der
        ekannten Bäderorte wirft das zu erwartende steigende
        erkehrsaufkommen Risiken auf, die beim Bau der Hin-
        rlandanbindung beachtet werden müssen.
        32422 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
        (A) )
        )(B)
        Vor diesem Hintergrund ist der Antrag zu verstehen,
        der ein starkes Signal aus der Mitte des Parlamentes sen-
        den wird: Wir werden die Bürgerinnen und Bürger aus
        Ostholstein mit ihren Sorgen nicht alleinlassen. In dem
        Antrag wird die Bundesregierung daher aufgefordert,
        eine sozialverträgliche und anwohnerfreundliche Schie-
        nenhinterlandanbindung zur Festen Fehmarnbeltquerung
        zu gewährleisten.
        Für die Akzeptanz der Fehmarnbeltquerung und der
        Schienenhinterlandanbindung ist es von zentraler Be-
        deutung, möglichst viele unterschiedliche Interessen bei
        der Planung zu berücksichtigen. Dazu gehört der berech-
        tigte Wunsch nach Lärmschutz, aber auch die Anerken-
        nung der großen Bedeutung der Tourismusregion Ost-
        holstein.
        Eines der größten Defizite bei der Planung neuer Ver-
        kehrsprojekte liegt in der häufig mangelhaften und viel-
        fach unverständlichen Kommunikation, in der sich Pro-
        jektverantwortliche in Fachtermini flüchten, welche die
        Bürger nicht mehr verstehen. Insofern begrüße ich, dass
        der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bahn, Herr
        Dr. Rüdiger Grube, vor kurzem die Region besucht hat,
        um sich ein reales Bild vor Ort zu machen. Dabei waren
        einmal mehr der Dialog und das Erkennen der Problem-
        lagen besonders wichtig in den Städten und Gemeinden.
        Er folgt damit dem guten Beispiel, das zwei Jahre zuvor
        schon Bundesverkehrsminister Dr. Peter Ramsauer ab-
        gegeben hat, als er meinen Wahlkreis besuchte und sich
        für Gespräche mit Bürgermeistern und Bürgern viel Zeit
        nahm.
        An dieser Stelle möchte ich den Vertretern der Deut-
        schen Bahn, des Bundesverkehrsministeriums wie auch
        der Landesplanungsbehörden für die in der Vergangen-
        heit stets vorhandene Dialogbereitschaft danken.
        Auch in der Region wurden die Hausaufgaben ge-
        macht. Es wurde viel unternommen, um berechtigte Sor-
        gen aufzunehmen und an entsprechende Stellen weiter-
        zuleiten. So hat der Kreis Ostholstein auf Antrag der
        CDU eine Betroffenheitsanalyse auf den Weg gebracht,
        um Gefahren, Wege und Perspektiven, die in diesem
        Verkehrsprojekt liegen, aufzuzeigen. Auch das noch von
        der CDU-geführten Landesregierung eingeleitete Raum-
        ordnungsverfahren zeigt deutlich: Der Wille, die Bürger
        an dem Projekt zu beteiligen und anzuhören, war von
        Anbeginn da. Beispielhaft für diese Kommunikation mit
        den Bürgern steht auch das ebenfalls von der CDU initi-
        ierte Dialogforum zur Festen Fehmarnbeltquerung.
        Wichtig ist, die Kritik und Betroffenheiten aus der
        Region auch in konkretes Handeln umzusetzen. Die
        zuletzt gemachten Ankündigungen vom Chef der
        Deutschen Bahn, die sogenannte 2+1-Trassenvariante
        nachträglich in das laufende Raumordnungsverfahren
        aufzunehmen, dürfen uns zuversichtlich stimmen –
        ebenso wie die bereits vergangenes Jahr getätigte Aus-
        sage des Bundesverkehrsministers, eine Lösung für die
        bereits überlastete Sundbrücke finden zu wollen.
        Unser Antrag setzt hier an und fordert die Bundesre-
        gierung auf, die bisherigen Bemühungen weiter fortzu-
        setzen:
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        Die Menschen in der Region brauchen eine akzepta-
        le Trassenvariante, die sie vor unnötigen Belastungen
        chützt. Die Schienenhinterlandanbindung sollte daher
        en aktuellsten Lärmschutzanforderungen entsprechen,
        ie sich nach Wegfall des Schienenbonus ergeben.
        enkbar sind hier auch Modellprojekte der Deutschen
        ahn zur Reduzierung von Schienenverkehrslärm, die
        uf dieser Strecke verstärkt zum Einsatz kommen könn-
        n.
        Da die bestehende Sundbrücke bereits heute überlas-
        t und aufgrund von Sturm und Starkwinden oftmals für
        ohnwagengespanne und leere Lkws gesperrt ist, ist
        ine Erweiterung der bisherigen Kapazität dringend er-
        rderlich. Da die Brücke seit 1999 unter Denkmal-
        chutz steht, ist ein Aus- oder Umbau schwierig. Die Er-
        hrungen der Vergangenheit haben gezeigt, dass eine
        ufgrund von widrigen Wetterverhältnissen häufig ge-
        perrte Brücke keine Zukunftsoption ist. Daher ist es
        ichtig, zu prüfen, ob eine Tunnelvariante in Betracht
        ezogen werden könnte.
        Ich würde mir wünschen, dass die Feste Fehmarnbelt-
        uerung und die dazugehörige Hinterlandanbindung in
        in paar Jahren als ein Modell für ein gelungenes Ver-
        ehrsprojekt steht. Diese neue Verkehrsader wird allen
        ützen, wenn wir jetzt darangehen, Risiken zu minimie-
        n und Chancen zu generieren.
        Daher möchte ich Sie bitten, unseren Antrag zu unter-
        tützen.
        Gero Storjohann (CDU/CSU): „Wir dürfen uns
        icht nur von Kosten und Zeitplan leiten lassen. Wir wä-
        n falsch beraten, wenn wir Erfahrungen aus anderen
        roßprojekten ignorierten.“ Diese Botschaft verkündete
        er Chef der Deutschen Bahn, Rüdiger Grube, am
        2. Juni 2013 vor betroffenen Bürgermeistern aus der
        egion Ostholstein in Bezug auf die Ausgestaltung des
        usbaus der Hinterlandanbindung zur festen Querung
        ber den Fehmarnbelt. Er führte weiter aus, dass es beim
        usbau der Hinterlandanbindung Ziel sein muss, die für
        ie Bevölkerung bestmögliche Lösung zu finden und
        ab bekannt, dass die Bahn einer 2+1-Lösung bei der
        chienenhinterlandanbindung nicht mehr im Weg steht.
        ie 2+1-Trasse wurde schon seit längerer Zeit von Bun-
        esverkehrsminister Dr. Peter Ramsauer favorisiert. Sie
        ürde die Küstenorte Ostholsteins entlasten. Ich freue
        ich über diese Entwicklung.
        Dazu hat die Bahn den Weg frei gemacht. Die soge-
        annte 2+1-Variante wurde in Schleswig-Holstein nach-
        äglich in das laufende Raumordnungsverfahren aufge-
        ommen, das zum 31. Juli 2013 abgeschlossen sein soll.
        iese Lösung sieht vor, die bestehende Bahntrasse in
        en Küstenorten künftig für den Regionalverkehr zu nut-
        en. Dieser Ansatz sieht weiter vor, eine zweite Trasse
        eiter landeinwärts nahe der Autobahn 1 zu bauen.
        iese soll auf zwei schnellen Gleisen von Personen- und
        üterzügen genutzt werden. Die Bahn kam damit den
        ünschen der Menschen vor Ort nach. Nun liegt es am
        und, diesen Kurs zu unterstützen.
        Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32423
        (A) )
        )(B)
        Die Bundesrepublik Deutschland hat sich vertraglich
        zum Ausbau der Hinterlandanbindung verpflichtet. Un-
        ser Antrag zielt darauf ab, das hohe Potenzial der Festen
        Fehmarnbeltquerung und der dazugehörigen Schienen-
        hinterlandanbindung als Teil des transeuropäischen
        Schienenverkehrsnetzes der Europäischen Union anzu-
        erkennen, da mit der Querung über den Belt in Europa
        eine feste Direktverbindung zwischen Skandinavien und
        Kontinentaleuropa entsteht. Europa wird dadurch räum-
        lich und kulturell weiter zusammenwachsen.
        Unser Antrag zielt aber auch darauf ab, die große Be-
        deutung des Tourismussektors in der Region Ostholstein
        anzuerkennen. In der betroffenen Region ist es in den
        zurückliegenden Jahren zu erheblicher Unruhe gekom-
        men, weil die Ostseebäder um ihre Attraktivität fürchte-
        ten, sollte der Schienenverkehr über die bestehende
        Trasse laufen. Ich begrüße daher die Entscheidung der
        Deutschen Bahn, eine 2+1-Lösung zu ermöglichen, aus-
        drücklich.
        Die Sorgen der Anwohner nehmen wir dabei ernst.
        Die Küstenorte können erleichtert sein, wenn die 2+1-
        Trasse kommt. Anwohner im Landesinneren jedoch ha-
        ben nun Sorge vor mehr Verkehrslärm. Wir fordern die
        Bundesregierung daher auf, sich bei den weiteren Pla-
        nungen der Gestaltung der Schienenhinterlandanbindung
        für akzeptable Formen sowohl bei der Trassenführung
        als auch beim Lärmschutz einzusetzen. Ziel muss eine
        sozial- und raumverträgliche Hinterlandanbindung sein.
        Der Ausbau der Schienenhinterlandanbindung muss
        den aktuellen Lärmschutzanforderungen entsprechen.
        Ferner soll der Wegfall des Schienenbonus nach dem
        Bundes-Immissionsschutzgesetz auch auf den Bau der
        Hinterlandanbindung volle Anwendung finden. Dabei ist
        auch zu prüfen, ob sich die nun entstehende Trasse als
        Modellprojekt eignet, um weitere technische Innovatio-
        nen zur Reduzierung von Lärm auf der Schiene voranzu-
        treiben.
        Der Ausbau der Hinterlandanbindung wirft auch die
        Frage auf, wie es mit der bestehenden Brücke über den
        Fehmarnsund zukünftig weitergehen wird. Sie feierte
        jüngst ihr 50-jähriges Bestehen und wird voraussichtlich
        eines Tages nicht mehr die erforderliche Belastung tra-
        gen können. Die Fehmarnsundbrücke steht seit 1999 un-
        ter Denkmalschutz und hat sich zu einem Wahrzeichen
        für die Insel Fehmarn entwickelt. Sie wird daher nicht
        abgerissen und einfach neu gebaut werden können. Un-
        ser Antrag fordert die Bundesregierung daher auf, zu
        prüfen, wie eine weitere Querung über den Fehmarnsund
        eines Tages konkret zu gestalten ist. Soll die bestehende
        Brücke durch eine neue Brücke ergänzt werden, oder
        kann ein reibungsloser Verkehr besser mit einem Tunnel
        gewährleistet werden? Schließlich ist die Fehmarnsund-
        brücke bei starkem Wind für leere Lastkraftwagen und
        Wohnwagen gesperrt.
        Ich bin davon überzeugt, dass die feste Querung über
        den Fehmarnbelt die gesamte Region Norddeutschland
        und Skandinavien voranbringen wird. Ich verbinde da-
        mit auch die Hoffnung, dass die angrenzenden Regionen
        im Bereich der Hinterlandanbindung von dieser Ent-
        wicklung profitieren.
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        Bettina Hagedorn (SPD): Weit nach Mitternacht am
        uchstäblich letzten regulären Debattentag des Deut-
        chen Bundestages sollen wir auf ausdrücklichen
        unsch der Regierungsparteien einen Antrag mit dem
        ositiv klingenden Titel „Sozialverträgliche und anwoh-
        erfreundliche Schienenhinterlandanbindung zur Festen
        ehmarnbeltquerung gewährleisten“ leider nicht disku-
        eren, sondern lediglich unsere Reden zu Protokoll ge-
        en. Das ist bedauerlich, weil die Redner darum gar
        icht die Reden der Mitdiskutanten kennen und darum
        uf ihre Argumente auch nicht eingehen können. Das
        cheint allerdings genau so gewollt zu sein und wider-
        pricht einem ernsthaften Interesse an dem Thema.
        CDU/CSU und FDP haben diesen Antrag offenbar
        uch sehr bewusst erst so spät zum Ende der Wahlpe-
        ode vorgelegt, dass eine dringend erforderliche Debatte
        ieses sehr ernsthaften Themas im zuständigen Ver-
        ehrs- und Haushaltsausschuss gar nicht mehr vorge-
        ommen werden kann; stattdessen wird über den Antrag
        tzt ohne Aussprache abgestimmt. Damit wird deutlich:
        s ist leider ein reiner Showantrag, der lediglich Wahl-
        ampfzwecken dienen soll. Damit aber werden CDU/
        SU und FDP den Sorgen und Bedenken von Tausenden
        on Menschen entlang der geplanten Güterverkehrs-
        asse in Ostholstein einmal mehr nicht gerecht. Über
        ehn Bürgerinitiativen von Fehmarn bis Bad Schwartau
        nd viele, die sich unter anderem mit enormem Zeitauf-
        and ehrenamtlich im Dialogforum in Ostholstein enga-
        ieren, hätten wahrlich eine ernsthaftere Befassung mit
        er Problematik der Auswirkungen der geplanten Hin-
        rlandanbindung verdient.
        Aber kommen wir zum Antrag selbst. Schwarz-Gelb
        erfolgt mit dem, was sie uns hier schriftlich vorgelegt
        aben, eine chronische Vernebelungsstrategie: Der Titel
        es Antrags klingt gut, er suggeriert, als wollten die Re-
        ierungsfraktionen tatsächlich für die Menschen in Ost-
        olstein sicherstellen – sprich: „gewährleisten“ –, dass
        ine „sozialverträgliche und anwohnerfreundliche Schie-
        enhinterlandanbindung zur Festen Fehmarnbeltque-
        ng“, die wirklich die Belange der Menschen vor Ort in
        en Mittelpunkt stellt, auch tatsächlich gebaut wird.
        lingt gut. Dieses ist aber lediglich das Etikett, das auf
        em Antrag klebt. Im Antrag selbst steht aber leider et-
        as ganz anderes; das nennt man gemeinhin Etiketten-
        chwindel. Fakt ist: Im Bundestagswahlkampf will
        chwarz-Gelb die Menschen in Ostholstein in der Si-
        herheit wiegen, es werde angeblich eine sozial- und an-
        ohnerfreundliche Schienentrasse verwirklicht und
        chwarz-Gelb sei der aufrechte Anwalt der berechtigten
        orgen aller Menschen entlang der geplanten Güterver-
        ehrstrasse. Aber tatsächlich ist das genaue Gegenteil
        er Fall!
        Denn was müssen wir bei Lektüre des Antrags mit
        em wichtigsten Teil III, also dem Handlungsauftrag an
        ie Bundesregierung, lesen? Da soll der Bundestag „die
        undesregierung im Rahmen der verfügbaren Haus-
        altsmittel“ – aha; das muss man sich auf der Zunge zer-
        ehen lassen – zu vier konkreten Punkten mit enormer
        nanzieller Tragweite auffordern, wohl wissend, dass
        er Verkehrsetat dramatisch unterfinanziert und bislang
        berhaupt kein Cent für die Verwirklichung dieser Bau-
        32424 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
        (A) )
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        maßnahme im Bundeshaushalt und im Finanzplan veran-
        kert ist. Was also bleibt dann von diesem Schaufenster-
        antrag übrig? Leider nichts!
        Vor allem aber kann man, wenn man diesen milliar-
        denschweren Trassenausbau „sozialverträglich und an-
        wohnerfreundlich“ gestalten will und gleichzeitig alles
        „unter Finanzvorbehalt stellt“, eines ganz gewiss nicht,
        nämlich die vollmundigen Zusagen an die Anwohner tat-
        sächlich „gewährleisten“, was nichts anderes heißt als
        diese Zusagen zu garantieren. Insofern schlummert in
        diesem Antrag vor allem eines: ein Bruch von Wahlver-
        sprechen mit Ansage. Anhand der bisherigen Kostenent-
        wicklung des Mammutprojektes binnen vier Jahren,
        vollmundiger Versprechen des Verkehrsministers
        Ramsauer einerseits ohne jegliche Absicherung im Bun-
        deshaushalt andererseits kann sich jeder durchschnittlich
        begabte Viertklässler an fünf Fingern ausrechnen: Diese
        Bundesregierung arbeitet unseriös und „veräppelt“ die
        Menschen in Ostholstein mit ihren Versprechungen, die
        sie gar nicht halten will.
        Erinnern wir uns gemeinsam an die Fakten: Als der
        Staatsvertrag zur Festen Fehmarnbeltquerung im
        Juni 2009 vom Bundestag beschlossen wurde, sollte der
        Bau der Hinterlandanbindung, vom deutschen Steuer-
        zahler finanziert, 850 Millionen Euro kosten. Grundlage
        der Kalkulation war eine Eröffnung 2018 für ein elektri-
        fiziertes Gleis, der zweigleisige Ausbau mit Elektrifizie-
        rung auf der Bestandstrasse sieben Jahre später, 2025,
        und als Nadelöhr die unveränderte, heute 50 Jahre alte
        Sundbrücke. Bereits im April 2009 hatte der Bundes-
        rechnungshof allerdings einen dicken Prüfbericht veröf-
        fentlicht, in dem er die Verdoppelung der Gesamtkosten
        auf 1,7 Milliarden Euro prognostizierte. Übrigens: Ob
        bei Stuttgart 21 oder der Bahnstrecke Ulm–Wendlingen
        oder weiteren Großprojekten, der Bundesrechnungshof
        hatte mit seinen frühzeitigen Warnungen vor Kostenex-
        plosionen bisher leider immer recht.
        In den vergangenen vier Jahren mutierte die dänische
        Planung für eine Beltbrücke nicht nur zu einem 19 Kilo-
        meter langen Tunnel, auch auf deutscher Seite kam dank
        vieler Bürgerinitiativen in Ostholstein und Dank der be-
        troffenen Kommunen und des Engagements im Dialog-
        forum Bewegung in die Planung: Seit Januar 2013 ist
        das Raumordnungsverfahren in Schleswig-Holstein für
        diverse Trassenvarianten zwischen Bad Schwartau und
        Großenbrode für die Hinterlandanbindung eröffnet, de-
        ren Abweichung von der ursprünglich von Ramsauer ge-
        wollten Bestandstrasse mit Sicherheit 300 bis 500 Mil-
        lionen Euro Mehrkosten verursachen werden.
        Über 8 300 Einwendungen zum Raumordnungsver-
        fahren aus den Kommunen, von Anwohnern und Ver-
        bänden wurden nach Kiel überstellt; aber der aktuelle
        zur Diskussion gestellte Planungsstand ist längst schon
        wieder von der Wirklichkeit eingeholt worden: Denn im
        Dezember 2012 erreichte die Öffentlichkeit über die Me-
        dien die Nachricht, dass das aktuelle Tragfähigkeitsgut-
        achten der DB zur Fehmarnsundbrücke ergeben hat, dass
        die bestehende, unter Denkmalschutz stehende Brücke
        der prognostizierten Verkehrslast von circa 78 Güterzü-
        gen täglich von bis zu 835 Metern Gesamtlänge gar
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        icht gewachsen ist. Das überrascht, ehrlich gesagt, nie-
        anden in Ostholstein wirklich. Nur der Verkehrsminis-
        r Ramsauer war offenbar überrascht. Was heißt das?
        er Minister „prüft“ Handlungsalternativen bis nach der
        undestagswahl. Als einzig sinnvolle Lösung muss aber
        in Sundtunnel kalkuliert werden, mit zusätzlichen Kos-
        n von mindestens 500 Millionen Euro.
        Womit sich dann die Gesamtkosten, wenn man den
        undesrechnungshof als seriöse und erfahrene Instanz
        ugrunde legt, jetzt schon auf mindestens 2,5 bis
        ,7 Milliarden Euro binnen vier Jahren verdreifacht hät-
        n. Aber was verspricht Verkehrsminister Ramsauer
        ann Anfang April 2013 nonchalant? Die in der Region
        ls 2+1-Trasse diskutierte Variante mit einem doppelten
        ompletten Neubaugleis bei Erhalt der Bestandstrasse,
        omit die 3- bis 4-Milliarden-Euro-Marke sicher er-
        icht wäre. Nicht nur, dass diese Trasse gar nicht Ge-
        enstand des Raumordnungsverfahrens ist – ebenso we-
        ig übrigens wie die Insel Fehmarn, auf der ein
        undtunnel erhebliche Planungsveränderung notwendig
        achen würde –, nein, dieser Minister verspricht jedem
        lles, damit Schwarz-Gelb ohne Blessuren über den
        undestagswahlkampf kommt, allerdings ohne die not-
        endige Finanzierung für diese Wahlversprechen im
        aushalt abzusichern, und das ist ein Skandal!
        Als SPD-Abgeordnete aus Ostholstein sage ich hier
        lipp und klar: Wer diese feste Beltquerung im Bund
        ill, der darf keine Billigvariante planen und bauen, die
        ls verlärmte Transittrasse auf dem Rücken der Men-
        chen in Ostholstein geplant wird, die die Lebensqualität
        dieser Tourismusregion kaputtmacht und die Exis-
        nzgrundlage vieler Menschen und Betriebe gefährdet.
        ber der muss dann auch die Finanzierung tatsächlich
        icherstellen und nicht, wie der vorliegende Pseudoan-
        ag von Schwarz-Gelb, alles unter einen Finanzierungs-
        orbehalt stellen.
        Denn eines wollen wir nicht vergessen: Der gleiche
        erkehrsminister Ramsauer hat im April 2013 auf der
        aritimen Konferenz in Kiel 1,3 Milliarden Euro binnen
        wölf Jahren für die Sanierung des Nord-Ostsee-Kanals
        ersprochen, obwohl er drei Wochen vorher im Bundes-
        g noch das glatte Gegenteil verkündet hatte. Und als
        rönung sozusagen versprach Ramsauer dann im Mai
        013, dass die Elbquerung, der Glückstadt-Tunnel, 2014
        usgeschrieben werden soll. Dumm nur, dass die Finan-
        ierung weder für den Nord-Ostsee-Kanal noch für die
        lbquerung im Haushalt und Finanzplan enthalten ist.
        as alles ist das Gegenteil von seriöser Haushaltspolitik;
        s ist Wahlkampf pur.
        Seitdem der Staatsvertrag zur festen Beltquerung im
        uni 2009 beschlossen wurde, ist diese schwarz-gelbe
        undesregierung im Übrigen nicht wirklich dadurch auf-
        efallen, dass sie die Sorgen und Forderungen der An-
        ohner in Ostholstein sehr ernst nahm. Verkehrsminister
        amsauer fuhr zwar werbewirksam mit dem Zug durch
        nsere schönen Orte an der Küste, und er redete auch mit
        llen Bürgermeistern der betroffenen Kommunen, nur
        onnte er sich leider in Berlin an diese Gespräche nicht
        ehr zutreffend erinnern und drehte diesen Bürgermeis-
        Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32425
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        tern später in Berlin öffentlich das Wort im Munde um –
        eine bittere Lektion. Und jetzt?
        Es soll sich also „im Rahmen der verfügbaren Haus-
        haltsmittel“ die Bundesregierung „bei den weiteren Pla-
        nungen zur Schienenhinterlandanbindung für akzeptable
        Formen sowohl bei der Trassenführung als auch beim
        Lärmschutz einsetzen und damit sicherstellen, dass eine
        sozial- und raumverträgliche Hinterlandanbindung ge-
        währleistet wird“. Sie soll prüfen, inwieweit sich die
        Trasse als „Modellprojekt eignet, um weitere technische
        Innovationen zur Reduzierung von Lärm und Erschütte-
        rung durch Trassen und rollendes Material voranzutrei-
        ben“. Dabei muss man wissen: Die Deutsche Bahn hat
        am heutigen Tage um 7.30 Uhr ausführlich ihr Konzept
        zur Flüsterbremse im Jakob-Kaiser-Haus bis 2020 vor-
        gestellt. Fazit: Von den 180 000 Güterwaggons, die in
        Deutschland eingesetzt sind, gehören nur 60 000 der
        Deutschen Bahn, und diese sollen bis 2020 mit Flüster-
        bremsen ausgestattet werden, wenn sich der Bund auch
        künftig mit mindestens 100 Millionen Euro jährlich fi-
        nanziell beteiligt.
        Und die anderen 120 000 Güterwaggons? Es soll
        „Anreize“ zur „freiwilligen Investitionsentscheidung“
        dieser Unternehmen geben. Na ja, Schwarz-Gelb weist
        im Antrag zwar selbst darauf hin, dass die Fehmarnbelt-
        querung Teil des transeuropäischen Schienenverkehrs-
        netzes sein soll. Genau genommen soll sie aber Teil ei-
        ner von drei europäischen Gütervorrangtrassen sein, die
        konkret von Palermo in Italien bis Malmö in Schweden
        geht. Mit anderen Worten: Die 835 Meter langen Güter-
        züge rollen von Italien bis Skandinavien einmal quer
        durch Europa. Wie viele Güterwaggons der Deutschen
        Bahn werden da wohl als Konsequenz verkehren?
        Es ist zwar gut und richtig, dass die Deutsche Bahn
        jetzt endlich verbindlich ihre 60 000 Güterwaggons bis
        2020 umrüsten wird, aber mit ordnungsrechtlichen
        Instrumenten wie in der Schweiz können und wollen
        sich CDU/CSU und FDP im Hinblick auf den Einsatz
        ausländischer Waggons im deutschen Transitgüterver-
        kehr ausdrücklich nicht anfreunden. Soweit geht der
        Enthusiasmus zum Schutz lärmgeplagter Anwohner an
        Güterverkehrstrassen offenbar doch nicht.
        Als dritten Punkt fordert Ihr Schaufensterantrag allen
        Ernstes, dass bestehende Gesetze angewendet werden,
        die erst Dank des Bundesrates und Dank der rot-grünen
        Landesregierungen überhaupt in dieser Form beschlos-
        sen wurden: den Wegfall des Schienenbonus, der der
        Bahn bisher erlaubt, 5 Prozent mehr Lärm zu verursa-
        chen als ansonsten gesetzlich gilt, und das bereits zum
        Ende 2014. Interessanterweise hatte die SPD-Bundes-
        tagsfraktion im Verkehrsausschuss diese Forderung
        schon im November 2012 erhoben und war von der
        CDU/CSU und FDP damals noch abgebügelt worden.
        Die Regierungsfraktionen beschlossen dann mit ihrer
        Mehrheit, dass der Schienenbonus erst 2020 entfallen
        soll. Insofern kann man den jetzigen schwarz-gelben
        Antrag, dass der Wegfall des Schienenbonus beim Bau
        der Hinterlandanbindung volle Anwendung findet, ge-
        trost mindestens als scheinheilig bezeichnen. Denn wäre
        das schwarz-gelbe Gesetz in Kraft getreten, hätte er eben
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        eine Anwendung gefunden. Jetzt hingegen hat die
        eutsche Bahn übrigens längst zugestanden, dass sie
        ufgrund der Bundesratsinitiative die Hinterlandanbin-
        ung so plant und planen muss, dass es keinen 5-prozen-
        gen Lärmaufschlag geben darf.
        Der Punkt 4 im Forderungskatalog an die Bundesre-
        ierung von CDU/CSU und FDP? Die Bundesregierung
        oll „prüfen, ob beim Bau einer gegebenenfalls erforder-
        chen neuen Sundquerung nicht eine Tunnellösung in
        etracht gezogen werden könnte“. Eine samtweichere
        ormulierung kann man sich kaum vorstellen, zumal ja
        uch hier der Finanzierungsvorbehalt im Antrag steht.
        iese Prüfung läuft allerdings schon seit einigen Mona-
        n, behauptet jedenfalls das Verkehrsministerium. Jede
        rüfung, die nicht eine Tunnellösung im Sund mit einbe-
        ieht, wäre in jedem Fall ein Schildbürgerstreich. Der
        esunde Menschenverstand sagt jedem Ortskundigen,
        ass weder ein Ausbau der bestehenden Brücke funktio-
        ieren kann noch eine zweite Brücke daneben auch nur
        nsatzweise akzeptabel wäre. Es muss also auf eine Tun-
        ellösung hinauslaufen. Das Offensichtliche zu fordern,
        ber sich nicht zur soliden Finanzierung zu bekennen, ist
        lso weder besonders innovativ noch ehrlich gegenüber
        en Menschen in der Region.
        Fazit: Es kommt einer Quadratur des Kreises gleich,
        enn Schwarz-Gelb eine sozial- und raumverträgliche,
        rmarme Trasse im Sinne aller Anwohner samt Unter-
        nnelung des Fehmarnsund fordert und gleichzeitig den
        orbehalt bei bestehender Schuldenbremse im Grundge-
        etz macht: Das alles soll bezahlbar sein „im Rahmen
        erfügbarer Haushaltsmittel“. Wer’s glaubt, wird selig,
        nd im Himmel ist Jahrmarkt.
        Unser Fazit: Dieser Antrag ist das Papier nicht wert,
        uf dem er gedruckt ist, und kann deshalb auf keinen
        all unsere Zustimmung erhalten. Dieser Antrag trägt
        ereits in sich den Bruch von Wahlversprechen. Er dient
        llein dazu, um kurz vor der Wahl in Ostholstein auf
        ählerfang zu gehen und dann nach der Wahl absehbar
        chulterzuckend auf die „verfügbaren Haushaltsmittel“
        nd die Schuldenbremse zu verweisen. Das aber ist zu-
        efst unredlich und schürt die Politikverdrossenheit der
        ählerinnen und Wähler. So darf man mit Menschen,
        ie berechtigte existenzielle Sorgen haben, auf keinen
        all umgehen.
        Auf fast 30 Milliarden Euro lassen sich die Wahlver-
        prechen im Merkel-Wahlprogramm addieren. Finanzie-
        ng? Fehlanzeige! Dass nach der Wahl all diese Ver-
        prechen stillschweigend ad acta gelegt werden sollen,
        afür gibt es einen prominenten CDU-Kronzeugen: den
        räsidenten des CDU-Wirtschaftsrats und Mitglied des
        DU-Parteivorstands Kurt Lauk, der am 20. Juni 2013
        uf einer Pressekonferenz die Realisierbarkeit der CDU-
        ahlversprechen wie folgt in entwaffnender Offenheit
        ommentiert hat: „Wahlversprechen sind das, was die
        arteien versprechen, um gewählt zu werden. Es war
        och nie der Fall, dass Wahlversprechen eins zu eins in
        in Regierungsprogramm übernommen werden. Und das
        issen die Wähler aus Erfahrung.“ Daher sehe er die
        ahlversprechen seiner Partei mit einer „gewissen Ge-
        ssenheit“. Und: „Solange die Haushaltskonsolidierung
        32426 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
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        die Priorität Nummer eins ist, würden sich die anderen
        Versprechen ‚fügen‘.“
        Ich komme zum Schluss: Die Menschen entlang der
        geplanten Schienentrasse quer durch Ostholstein wissen
        dank dieser Worte, was sie von der CDU/CSU und der
        FDP an Engagement gegen einen Trassenausbau als Bil-
        ligvariante zu erwarten haben: warme Worte und sonst
        nichts!
        Torsten Staffeldt (FDP): „Schienenhinterlandan-
        bindung der Fehmarnbeltquerung“, auf den ersten Blick
        ein ziemliches Wortungetüm für ein wichtiges und rich-
        tiges Vorhaben. Im Meeresboden soll ein Tunnel, die so-
        genannte Fehmarnbeltquerung, gebaut werden, um den
        transeuropäischen Verkehr von und nach Skandinavien
        zu erleichtern. Für die dichtbefahrene Ostsee bringt das
        Entlastung vom zunehmenden Verkehrsaufkommen, für
        Fähr- und Bauunternehmen mehr Planungssicherheit.
        Mit der Querung wächst Europa auch im Norden zusam-
        men.
        Reisezeiten werden kürzer. Für Passagiere zwischen
        Hamburg und Kopenhagen sind es statt viereinhalb nur
        noch drei Stunden Fahrzeit. Der 160 Kilometer lange
        Umweg für Güterzüge entfällt. Entstehen wird eine wett-
        bewerbsfähige Großregion mit einer besseren Schienen-
        und Straßenhinterlandanbindung. Das bedeutet insge-
        samt mehr Wachstum und Beschäftigung und ist, anders
        als eine Brücke, eine Variante, die die Umwelt schont
        und den Schiffsverkehr nicht gefährdet. So wird bei-
        spielsweise der Wasseraustausch zwischen der sauer-
        stoffarmen Ostsee, zum Beispiel im Gotlandtief, und der
        sauerstoffreichen Nordsee nicht beeinträchtigt. Das nutzt
        der Pflanzen- und Tierwelt.
        Zusammen mit der festen Querung ist der Aus- und
        Neubau der Straßen- und Schienenhinterlandanbindung
        eines der wichtigsten Verkehrsinfrastrukturprojekte der
        Bundesrepublik. Beteiligt sind Deutschland und Däne-
        mark. Auf deutscher Seite geht es um den Ausbau der
        E 47 zwischen Heiligenhafen-Ost und Puttgarden zu ei-
        ner vierspurigen Bundesstraße. Vorgesehen ist weiterhin
        der zweistufige Ausbau der Schienenstrecke zwischen
        Lübeck und Puttgarden. Vier Spuren und Bahntrassen,
        das bedeutet Lärm, und das in einem Gebiet mit dem,
        was wir in unserem Antrag als „hohe Wertschöpfung im
        Tourismussektor“ beschrieben haben. Strände, Meer,
        Küste, hier liegen nicht zuletzt die Ostseebäder.
        Wo Belästigungen unumgänglich sind, soll dies mög-
        lichst umwelt- und anwohnerfreundlich geschehen. Die
        Fehmarnbeltquerung soll den Menschen vor Ort nützen,
        nicht sie belasten. Um dies zu gewährleisten, sind schon
        jetzt alle Beteiligten über das „Dialogforum Feste Feh-
        marnbeltquerung“ in die Planungen eingebunden. Hier
        diskutieren Vertreter der Deutschen Bahn AG, der Bun-
        des- und Landesregierung, regionale Politiker und Mit-
        glieder von Bürgerinitiativen. Im derzeit laufenden
        Raumordnungsverfahren werden überdies derzeit die
        Auswirkungen des Projekts unter überörtlichen Ge-
        sichtspunkten geprüft.
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        Um Lärmbelästigungen durch die Straßen- und Schie-
        enhinterlandanbindung in Grenzen zu halten, setzen
        ir uns für vernünftige Formen der Trassenführung und
        es Lärmschutzes ein. Das ist dann so wie mit unserer
        egierungsarbeit in der christlich-liberalen Koalition:
        ir haben gezeigt, wie es geht, in den vergangenen vier
        ahren und auch in Zukunft. Es waren vier gute Jahre für
        eutschland!
        Herbert Behrens (DIE LINKE): Seit Jahren beraten
        ir über das Projekt Feste Fehmarnbeltquerung. Immer
        ieder haben wir dabei Forderungen der Bürgerinnen
        nd Bürger diskutiert, die um ihre Existenz im Touris-
        us an der schleswig-holsteinischen Ostseeküste fürch-
        n. Die Koalition tat sich damit hervor, dass sie die
        achteile kleinredete und die Vorteile groß.
        Heute, am vorletzten Sitzungstag der Wahlperiode,
        ommen sie mit Ihrem Antrag zur Schienenhinter-
        ndanbindung der Festen Fehmarnbeltquerung um die
        cke und fordern, dass das Ganze sozialverträglich und
        nwohnerfreundlich gestaltet werden soll. Haben Sie be-
        erkt, dass in den vergangenen Jahren in dieser Frage
        icht eine einzige parlamentarische Initiative von Ihnen
        am? Haben Sie etwas gelernt aus den vielen, vielen
        rgumenten der Ostholsteiner Bürgerinnen und Bürger?
        ein, haben Sie nicht! Der Antrag ist nichts anderes als
        in Täuschungsmanöver. Sie wollen lediglich davon ab-
        nken, dass die Koalition nicht bereit ist, die Sorgen und
        öte der Bürgerinnen und Bürger an der Trasse ernst zu
        ehmen. Seit Jahren protestieren sie gegen das milliar-
        enteure Verkehrsprojekt; denn der donnernde Lärm der
        üterzüge, dem sie künftig Tag und Nacht ausgesetzt
        erden sollen, zerstört in der Tourismusregion die Exis-
        nzgrundlage ganz Ostholsteins und ist verkehrspoli-
        sch völlig überflüssig. Es ist das Stuttgart 21 des Nor-
        ens!
        Nach erheblichen Veränderungen der Planungen für
        ie Fehmarnbeltquerung mit einem Tunnel statt einer
        rücke, einer Halbierung der Verkehrsprognosen, einer
        ahren Kostenexplosion, tausendfachen Einwendungen
        er Betroffenen im Raumordnungsverfahren und großen
        ürgerprotesten ist die Zeit reif, dieses Projekt grundle-
        end zu bewerten. Doch nach wie vor weigert sich die
        undesregierung, dieses Projekt infrage zu stellen. Sie
        eigert sich, mit Dänemark zu beraten, ob nicht ange-
        ichts der Veränderungen die Ausstiegsklausel im Staats-
        ertrag zur Beltquerung angewendet werden kann, um
        eiteren Schaden von den Vertragspartnern abzuwen-
        en.
        Stattdessen nun, in „letzter Sekunde“ sozusagen,
        gen Sie den Antrag vor, der eine „sozialverträgliche
        nd anwohnerfreundliche Schienenhinterlandanbin-
        ung“ zum Projekt ankündigt. Leider hält der Titel nicht,
        as er verspricht! Aber Sie räumen ja auch selbst ein,
        ass es Ihnen eigentlich darum geht, „die Akzeptanz …
        icht weiter zu gefährden“. Wenn die Koalitionsfraktio-
        en ihre eigene Regierung zum Ende der Wahlperiode
        uffordert, sich unverbindlich für dieses oder jenes ein-
        usetzen, dann ist das absurd. Diese Regierung ist an ihr
        nde gekommen. Die Karten werden am 22. September
        Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32427
        (A) )
        )(B)
        2013 neu gemischt. Wir hoffen sehr, dass sich nach der
        Bundestagswahl eine neue Verkehrspolitik durchsetzen
        lässt, die insbesondere den Interessen der Mehrheit der
        Bevölkerung verpflichtet ist und nicht den wirtschaftli-
        chen Interessen der großen Baukonzerne untergeordnet
        ist.
        Aber ich will noch etwas zum Antrag sagen. Ihre For-
        derungen darin sind windelweich: Man möge sich „im
        Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel“ für eine „ak-
        zeptable“ Trassenführung und Lärmschutz einsetzen; es
        soll geprüft oder „gegebenenfalls“ „in Betracht gezogen
        werden“. Einzig die Forderung, dass der Ausbau den
        aktuellen Lärmschutzanforderungen entsprechen soll, ist
        verbindlich formuliert. Das allerdings ist bereits gesetz-
        lich geregelt. Noch einmal gefordert werden müsste es
        eigentlich nicht wirklich.
        Nachdem es vor zwei Monaten endlich eine Einigung
        zum Wegfall des Schienenbonus gab, fordern Sie, dass
        auch für die Hinterlandanbindung die reduzierten Lärm-
        werte gelten sollen. Auch das ist nicht wirklich neu. Auf
        die Verlegung des Güterverkehrs an eine Neubautrasse
        entlang der A 1 und den Erhalt der Bädertrasse für den
        Nahverkehr, 2+1-Trasse, gehen Sie gar nicht ein. Da ist
        die Zeit einfach über Ihren Antrag hinweggegangen.
        Mit Ihrem Antrag erwecken Sie kurz vor der Wahl
        den Anschein, dass Sie sich für die Belange der Region
        einsetzen würden, doch erfahren die betroffenen Bürge-
        rinnen und Bürger, was am Ende für sie besser sein soll,
        also anwohnerfreundlich und sozialverträglich. In Ihrem
        Antrag loben Sie die Arbeit des „Dialogforums Feste
        Fehmarnbelt-Querung“ als „moderne Bürgerbeteili-
        gung“. Dieses Forum wurde eingerichtet, um den Kon-
        flikt zu entschärfen und das Projekt nachträglich zu legi-
        timieren, nicht um ergebnisoffen darüber zu entscheiden.
        Die Linke fordert, dass die Bürgerinnen und Bürger auch
        an der Entscheidung beteiligt werden, ob ein solches
        Großprojekt vor ihrer Haustür entstehen muss oder nicht
        und nicht nur darüber, wie man die Nachteile durch mehr
        Verkehr, mehr Lärm und die Folgen für die Tourismus-
        wirtschaft bewältigen kann.
        Doch dieses Forum, in dem mehrheitlich Projekt-
        befürworter sitzen, hat letzte Woche einen Workshop zu
        den Verkehrsprognosen und dem Nutzen-Kosten-
        Verhältnis dieses Projektes samt Anbindung veranstaltet,
        zu dem renommierte Verkehrsgutachter berichteten. Sie
        kamen zu dem Ergebnis, dass die bisherigen Annahmen
        veraltet und überbewertet waren, sich die Rahmenbedin-
        gungen wesentlich verändert hätten. Nehmen Sie das
        Dialogforum ernst, ziehen Sie daraus die Konsequenzen
        und stellen Sie sich einer ergebnisoffenen Neubewertung
        des Projektes.
        Wir hatten vor einem Jahr genau das beantragt; doch
        Sie haben den Antrag abgelehnt, weil Sie Angst davor
        haben, dass Ihnen das Ergebnis nicht passen könnte. Sie
        sprechen sich erneut ausdrücklich für den Bau einer Fes-
        ten Fehmarnbeltquerung aus und verstecken sich hinter
        dem Staatsvertrag, den die Vorgängerregierung unter
        dem SPD-Verkehrsminister Tiefensee mit Dänemark
        ausgehandelt hat, obwohl er eine Verständigungsklausel
        enthält, bei veränderten Rahmenbedingungen das Pro-
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        kt neu zu verhandeln. Der Spatenstich zum Projekt
        egt noch in weiter Ferne, noch gibt es kein Planungs-
        cht, noch kann das Projekt gestoppt werden. Natürlich
        eht es nur gemeinsam mit Dänemark; doch Verträge
        ssen sich auch ändern, und in einer Demokratie müs-
        en Entscheidungen auch wieder demokratisch verändert
        erden können. Auch der Gerichtsweg ist noch völlig
        ffen. Die Linke wird weiter alles daransetzen, dass Ihre
        etonideologie scheitern wird und dieses unsinnige Ver-
        ehrsprojekt nicht gebaut werden kann.
        Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
        EN): Um es gleich unmissverständlich vorwegzu-
        ehmen: Ihr heute hier vorgelegter Antrag zur Festen
        ehmarnbeltquerung ist an Peinlichkeit kaum zu über-
        ieten. Seit Jahren diskutiert dieses Hohe Haus, für jede
        nd jeden zum Glück gut dokumentiert, über die Sinn-
        aftigkeit einer festen Querung über den Fehmarnbelt in
        iner Art und Weise – leider muss man an dieser Stelle
        och einmal sagen –, die dem Ansehen des Deutschen
        undestages nur sehr bedingt nutzen dürfte. Mit Ihrem
        un vorgelegten Antrag fügen Sie dieser Tragödie eine
        eitere Episode hinzu.
        Seit nunmehr mehreren Legislaturperioden machen
        eine Fraktion und eine engagierte Zivilgesellschaft auf
        ie eklatanten Planungsmängel des gesamten Projekts
        ufmerksam. Am Ende der 16. Wahlperiode, als die
        nterzeichnung des Staatsvertrags unmittelbar bevor-
        tand, führte der Verkehrsausschuss eine vierstündige
        nhörung durch. Im Zuge der Anhörung wurden die
        assiven ökologischen und ökonomischen Risiken des
        rojekts von mehreren Sachverständigen eindrucksvoll
        eschildert.
        Gegen alle Bedenken und wider besseres Wissen ha-
        en die Abgeordneten von CDU/CSU, FDP und auch
        PD – bei letzterer Fraktion gab es immerhin wenige
        hmliche Ausnahmen – schließlich grünes Licht für die
        nterzeichnung des Staatsvertrags gegeben, obwohl die-
        er zahlreiche unklare juristische Formulierungen
        nthielt, wichtige Aspekte der Planung überhaupt nicht
        erücksichtigte, die Finanzierung des Projekts völlig un-
        eklärt war und auch die ökologischen Risiken aufgrund
        er Tatsache, dass noch völlig offen war, welche Art von
        auwerk, eine Brücke oder ein Tunnel, überhaupt ent-
        tehen wird, nicht ansatzweise absehbar waren.
        Auf die gravierenden Planungsmängel machen seit
        ehreren Jahren beständig auch der Bundesrechnungs-
        of und der Rechnungsprüfungsausschuss dieses Hohen
        auses aufmerksam. Sie drängen angesichts eklatanter
        ersäumnisse im Vorfeld der Vertragsunterzeichnung
        uf dringend notwendige Nachbesserungen und fordern
        ie erneute Aufnahme von Verhandlungen zwischen den
        ertragspartnern, dem Königreich Dänemark und der
        undesrepublik Deutschland.
        Bundesrechnungshof und Rechnungsprüfungsaus-
        chuss verweisen in ihren Stellungnahmen auf nicht
        bsehbare Risiken für die öffentlichen Haushalte, die
        ich aus unklaren juristischen Formulierungen ergeben.
        udem weisen sie seit Jahren auf massive Kostensteige-
        ngen des Projekts und die Tatsache hin, dass zahlrei-
        32428 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
        (A) )
        )(B)
        che zusätzliche Kosten überhaupt noch nicht in die Be-
        rechnungen eingeflossen sind. Insgesamt bestehen seit
        Jahren massive Zweifel an den dem Projekt zugrunde
        liegenden Rentabilitätsberechnungen.
        Bereits vor Inkrafttreten des Staatsvertrags warnte der
        Bundesrechnungshof in einer Stellungnahme nach § 88
        Abs. 2 der Bundeshaushaltsordnung, BHO, an den Rech-
        nungsprüfungsausschuss, einen Unterausschuss des
        Haushaltsausschusses des Bundestages, dass sich die
        bisher kalkulierten Kosten für den Ausbau der Deut-
        schen Hinterlandanbindung auf 1,7 Milliarden Euro ver-
        doppelt hätten – ohne dass weitere Kosten wie der Aus-
        bau des Knotenpunktes Hamburg oder der Ausbau des
        Schienenteilstücks von Lübeck bis Puttgarden überhaupt
        berücksichtigt wurden. Mit Hinweis hierauf hat der Bun-
        desrechnungshof wiederholt die Bundesregierung aufge-
        fordert, aktualisierte Kostenkalkulationen vorzulegen.
        Genauso wenig wurden bisher die Kosten für eine bei
        der Realisierung einer Festen Fehmarnbeltquerung zwin-
        gend benötigten zweiten Brücke über den Fehmarnsund
        berücksichtigt. Gleiches gilt für die Kosten für eine im-
        mer wieder in Aussicht gestellte Alternativtrasse der
        Hinterlandanbindung fernab der Ostseebäder sowie nicht
        erst nach dem Wegfall des „Schienenbonus“ dringend
        benötigte zusätzliche Lärmschutzmaßnahmen.
        Addiert man alle bislang nicht berücksichtigten Kos-
        ten für die öffentlichen Haushalte zusammen, landet
        man schnell bei einer Summe von 2,5 Milliarden Euro
        und mehr – wohlgemerkt: allein für die Hinterlandanbin-
        dung einer Querung, die aller Wahrscheinlichkeit nach
        von weit unter 10 000 Autos und unter 100 Zügen am
        Tag genutzt würde und deren Grundlast damit unter
        20 Prozent der üblichen Kapazität einer zweispurigen
        Schnellstraße mit 26 000 Autos am Tag läge.
        Der Bundesrechnungshof hat in seiner Stellungnahme
        vom April 2009 folgerichtig bezüglich des Projekts vor
        „erheblichen Unsicherheiten für künftige Bundeshaus-
        halte“ gewarnt. Des Weiteren kritisierte der Bundesrech-
        nungshof zahlreiche unklare juristische Formulierungen
        des Vertragswerks. So enthalte der Staatsvertrag
        Klauseln, welche die Vertragspartner unter nur unpräzise
        formulierten Voraussetzungen zu Nachverhandlungen
        – auch über die Kostentragung – verpflichte.
        Obwohl die Bundesregierung als verantwortliche Ver-
        tragspartnerin immer wieder mit Hinweis auf die ekla-
        tanten Planungsmängel, die extremen Kostensteigerun-
        gen des Projekts und die Neuverhandlungsklausel in
        § 22 des Staatsvertrags dazu aufgefordert wurde, tat-
        sächlich in Neuverhandlungen mit dem Königreich
        Dänemark einzutreten, hat sie diese Verpflichtung bisher
        ignoriert. Die Bundesregierung – dies will ich an dieser
        Stelle ausdrücklich sagen – trägt damit die volle politi-
        sche Verantwortung für dieses mit massiven Risiken ver-
        bundene Projekt.
        Wir haben auch hier im Plenum immer wieder über
        eben diese eklatanten Planungsmängel gesprochen und
        die Bundesregierung in den letzten Jahren unzählige
        Male aufgefordert, endlich eine aktualisierte Rentabili-
        tätsberechnung vorzulegen und zumindest die nötigen
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        achbesserungen bezüglich des Staatsvertrags vorzu-
        ehmen. Hierzu lagen verschiedene Anträge aller Oppo-
        itionsfraktionen vor. Auch meine Fraktion hat hier am
        5. April 2012 mit einem entsprechenden, sehr ausführ-
        chen Antrag erneut auf die Problematik aufmerksam
        emacht und die schwarz-gelbe Bundesregierung aufge-
        rdert, dies in ihre Abwägungen bezüglich der Bewer-
        ng der Sinnhaftigkeit des Projekts einzupreisen.
        Die Kritikerinnen und Kritiker der Querung verwei-
        en also seit nunmehr mehreren Jahren gebetsmühlenar-
        g immer wieder auf die ganz massiven ökologischen
        nd ökonomischen Probleme und Risiken des Projekts.
        ie schwarz-gelben Befürworter der Querung haben hie-
        uf bislang nicht einmal ansatzweise reagiert. Sämtliche
        arnungen bezüglich des Projektes wurden in den Wind
        eschlagen, und anstatt gegenüber der eigenen Bundes-
        gierung wichtige Verbesserungen anzumahnen, zieht
        an es bis heute vor, von einem „Jahrhundertprojekt“ zu
        chwadronieren, das letztendlich schon zu einem guten
        bschluss gebracht werde.
        Nach dem Motto „Augen zu und durch“ haben Sie
        eit Jahren unbeirrt an den bisherigen Planungen festge-
        alten und sich von den ökonomischen und ökologi-
        chen Realitäten gar nicht erst irritieren lassen. So viel
        t gewiss: Diese verkehrspolitische Vogelstraußhaltung
        ird die Menschen in diesem Land im Allgemeinen, als
        teuerzahlerinnen und Steuerzahler, und die Menschen
        uf Fehmarn, in Ostholstein und im Hamburger Rand im
        esonderen sehr teuer zu stehen kommen.
        Sie von CDU/CSU und FDP haben die Bürgerinnen
        nd Bürger der Region mit ihren Sorgen alleingelassen
        nd merken nun, da das Projekt zusehends an die Wand
        hrt, dass Ihr bisheriger Kurs nicht durchträgt. Dabei
        eten Sie in der letzten hierzu in diesem Hohen Haus ge-
        hrten Debatte noch, man solle einfach „ein bisschen
        offnung und Fantasie“ haben. Die guten Argumente
        erde man uns im Ausschuss gerne noch einmal vortra-
        en. Allein gehört haben wir Sie nicht.
        Statt jetzt endlich die zahlreichen Hiobsbotschaften,
        ie uns bislang bezüglich des Projekts erreicht haben,
        ur Kenntnis zu nehmen und sich intensiv mit den tat-
        ächlichen Kennzahlen des Projekts auseinanderzuset-
        en, legen Sie nun, in der letzten Sitzungswoche der
        egislaturperiode und gerade noch rechtzeitig vor den
        undestagswahlen, einen lachhaft dünnen Antrag vor,
        it dem Sie offenbar im kommenden Wahlkampf durch
        ie schleswig-holsteinischen Landen ziehen und Pro-
        lemverständnis vortäuschen wollen. Dieser Plan wird
        icht aufgehen.
        Ihr Antrag, das muss man einfach so deutlich sagen,
        t das Papier nicht wert, auf dem er steht. Unter ande-
        m berufen Sie sich in ihm auf einen Forderungskata-
        g, den der Kreistag Ostholstein im Jahr 2007 verab-
        chiedet hat. Das muss man sich einmal auf der Zunge
        ergehen lassen! Das war vor sechs Jahren! Seitdem ist
        iel geschehen.
        Auch dokumentieren Sie mit Ihrem Antrag eindrück-
        ch, dass Sie die aktuellen Entwicklungen am Fehmarn-
        elt nicht ansatzweise verfolgt haben. So wurde von der
        Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32429
        (A) )
        )(B)
        Deutschen Bahn längst zugesagt, dass die in Ihrem
        Antrag geforderte Alternativtrasse mit in die weitere
        Planung aufgenommen wird. Das Placebo, das Sie hier
        verteilen wollen, hat die Bahn längst selbst als Mittel
        erkannt, um den Protest auszubremsen. Ob die Alterna-
        tivtrasse tatsächlich kommt, ist mehr als fraglich, und
        das wissen Sie – genauso wie die Deutsche Bahn – auch.
        In Ihrem Antrag verweisen Sie auf das Raumord-
        nungsverfahren, das im Januar 2013 in Schleswig-
        Holstein gestartet sei. Von den mehreren Tausend Ein-
        wänden, die hierzu eingegangen sind und zu einer weite-
        ren Verzögerung des Projekts geführt haben, schreiben
        Sie bezeichnenderweise kein Wort. Genauso wenig er-
        wähnen Sie in Ihrem Antrag auch nur mit einer Silbe all
        die anderen eklatanten Planungsmängel, die in den letz-
        ten Jahren offenbar wurden, zum Beispiel den Umstand,
        dass man, obwohl wir Sie auch hierauf immer wieder
        hingewiesen hatten, bei den Planungen zur Festen Feh-
        marnbeltquerung scheinbar übersehen hat, dass es sich
        bei Fehmarn tatsächlich um eine Insel handelt und am
        Fehmarnsund ohne eine weitere Brücke ein Nadelöhr
        entsteht.
        Nun wollen Sie, so steht es zumindest in Ihrem
        Antrag, auch hier noch einen zusätzlichen Tunnel bauen.
        Woher die Mittel hierfür kommen sollen – mehrere Hun-
        dert Millionen Euro –, sagen Sie leider nicht. Genauso
        wenig sagen Sie etwas zu der weiterhin völlig in den
        Sternen stehenden Gesamtfinanzierung der deutschen
        Hinterlandanbindung, zur Finanzierung weiterer Lärm-
        schutzmaßnahmen oder zu der Beseitigung des Knoten-
        punktes Hamburg. Das alles sind Punkte, die der
        Bundesrechnungshof seit Jahren anmahnt. Zu alldem
        kommt kein Wort von Ihnen.
        Unter dem Strich bleibt, dass Sie mindestens 2,5 Mil-
        liarden Euro im Hinterland des Fehmarnbelts vergraben
        wollen, für eine Strecke, die mit unter 10 000 Fahrzeu-
        gen täglich andernorts nicht einmal den Bau einer
        Umgehungsstraße rechtfertigen würde. Auch das von
        der Deutschen Bahn aktuell prognostizierte Bahnver-
        kehrsaufkommen ist nicht imstande, die Realisierung in
        irgendeiner Form zu rechtfertigen. Dass die Bahn nach
        Inkrafttreten des Staatsvertrages plötzlich ihre Erwartun-
        gen hinsichtlich der täglichen Züge von 210 auf 96 ge-
        senkt hat, macht Sie nicht stutzig.
        Seit Jahren mahnen wir Sie mit Blick auf die Feh-
        marnbeltquerung, den gefährlichen Kurs der völlig unre-
        alistischen „Wünsch-dir-was-Politik“ zu verlassen und
        sich endlich an verkehrspoltischen und ökonomischen
        Realitäten zu orientieren. Ihr Bundesverkehrsminister
        scheint langsam zu erkennen, wozu Sie leider noch im-
        mer nicht imstande zu sein scheinen.
        Im Bereich der Verkehrspolitik befanden wir uns viel
        zu lang auf einem Irrweg. Daher begrüßen wird es, dass
        Ihr Verkehrsminister gerade in Aussicht gestellt hat,
        Gelder, die bislang in Neubauprojekte, darunter zahlei-
        che Prestigeprojekte mit höchst zweifelhaftem
        verkehrspolitischem Nutzen, gesteckt wurden, zukünftig
        in den Erhalt und die Sanierung bestehender Straßen zu
        investieren.
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        „Die Zeit der Wunschzettel“ sei vorbei, stattdessen
        üsse streng priorisiert werden, so Bundesverkehrsmi-
        ister Ramsauer im Rahmen der 3. Nationalen Konfe-
        nz Güterverkehr und Logistik kürzlich in Nürnberg.
        Während Ihr Verkehrsminister mit Hinweis auf weg-
        röckelnde Brücken und einen oftmals miserablen
        ustand der Infrastruktur in unserem Land hoffentlich
        tsächlich erkannt hat, wohin ein Festklammern an ei-
        er längst überholten Verkehrspolitik führt, halten Sie
        eiter unbeirrt an dem Paradebeispiel einer unsinnigen
        nd in Zeiten leerer Kassen und eingezogener Schulden-
        remsen geradezu fahrlässigen Verkehrspolitik fest.
        ährend Ihr Minister zu Protokoll gibt, dass es mittler-
        eile an allen Ecken und Ende brenne, halten Sie, ob-
        ohl Sie nur zu gut um den Zustand der schleswig-
        olsteinischen Verkehrswege wissen, auch weiter an ei-
        er unsinnigen Festen Fehmarnbeltquerung fest und ver-
        uchen nun durch die plumpe Forderung nach einer Al-
        rnativtrasse, die Probleme im Wahlkampf kaschieren
        u können. Sie übersehen dabei, dass sich die
        ostenproblematik durch Alternativtrassen noch einmal
        rheblich verschärft und auch eine Alternativtrasse zahl-
        iche Verlierer produzieren würde, ganz abgesehen von
        em rechtlichen Problem, ob Güterzüge überhaupt ge-
        wungen werden können, eine bestimmte öffentliche
        trecke nicht zu befahren.
        Es wäre Ihre Aufgabe als Vertreter der Koalitions-
        aktionen, Druck auf die eigene Bundesregierung aus-
        uüben, die bestehenden Planungsmängel endlich zu be-
        eitigen und sich für tatsächliche Verbesserungen im
        inne der Bürgerinnen und Bürger in Ihren Wahlkreisen
        inzusetzen. Das tun Sie aber nicht. Genauso wenig er-
        ennen Sie, dass die Zeit reif ist, die Sinnhaftigkeit der
        uerung zumindest einem bis heute nicht stattgefunde-
        en kritischen Abgleich mit Realitäten zu unterziehen.
        tattdessen legen Sie hier am Ende der Legislaturperiode
        och einen mehr als dürftigen Placeboantrag vor.
        Sie erdreisten sich tatsächlich nicht, die eigene Bun-
        esregierung sage und schreibe fünf Jahre nach Unter-
        eichnung des Staatsvertrags aufzufordern, sich bei den
        eiteren Planungen „für akzeptable Formen sowohl bei
        er Trassenführung als auch beim Lärmschutz“ einzuset-
        en. Wenn Sie von der schwarz-gelben Koalition glau-
        en, jetzt, im Nachklapp der Entscheidung der Deut-
        chen Bahn, einen solchen Antrag vorlegen und mit
        iesem tatsächlich durchkommen zu können, haben Sie
        ich geschnitten. Mit diesem Populismus werden Sie
        icht bestehen.
        Sie wissen genauso gut wie ich, dass die Menschen in
        er Region die Diskussionen über die Feste Fehmarn-
        eltquerung und deren Planungen sehr genau verfolgen.
        ie haben die Reden, die Sie hier in diesem Hohen Haus
        ber Jahre gehalten haben, genau mitgeschnitten. Ihnen
        t Ihre in diesen Debatten offen zur Schau gestellte Ig-
        oranz gegenüber sämtlichen vorgebrachten Warnungen
        nd angemahnten Nachbesserungen keineswegs verbor-
        en geblieben.
        Im Zuge der Debatte, die wir in diesem Haus am
        6. April dieses Jahres zur Festen Fehmarnbeltquerung
        hrten, kritisierte der Kollege Gero Storjohann, dass be-
        32430 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
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        züglich der Querung im Parlament „laufend Anträge
        vorgelegt“ werden, was „nicht besonders originell“ sei.
        Ich sag’ Ihnen von CDU/CSU und FDP eines – speziell
        in Richtung meiner Kolleginnen und Kollegen aus
        Schleswig-Holstein –: Es stimmt; unsere immer und im-
        mer wieder durch belastbares Zahlenmaterial untermau-
        erten Anträge waren gewiss nicht „originell“. Dafür ist
        die Thematik auch viel zu ernst. Was ebenso keineswegs
        originell ist, ist, die Menschen in Schleswig-Holstein für
        dumm zu verkaufen. Nichts anderes tun Sie durch die
        Vorlage dieses Antrags. Er wird Ihnen am Ende dieses
        Fehlprojekts nicht aus der Patsche helfen.
        Anlage 36
        Zu Protokoll gegebene Reden
        zur Beratung des Antrags: Deutsche Sprache
        fördern und sichern (Zusatztagesordnungs-
        punkt 18)
        Monika Grütters (CDU/CSU): Lassen Sie mich bei
        unserer Debatte über die deutsche Sprache hier im Deut-
        schen Bundestag mit einem Beispiel beginnen, das mir
        der damalige Präsident der Akademie der Wissenschaf-
        ten, Professor Dieter Simon, erzählte: Auf deutschem
        Boden führten sechs Wissenschaftler ein Expertenge-
        spräch über den Philosophen Hegel. Da einer von ihnen
        Amerikaner war, fand das Gespräch auf Englisch statt,
        bis ausgerechnet dieser Amerikaner sie unterbrach und
        auf Deutsch darum bat, man möge doch bitte Deutsch
        sprechen: „Ich verstehe Hegel nämlich besser auf
        Deutsch.“ Dies ist ein Beispiel für ein irregeleitetes
        Gleichheitsdenken an der falschen Stelle.
        Wie man an diesem Beispiel sieht, ist Sprache nicht
        nur Mittel zur Verständigung, sie ist wahre Kunst.
        Deutschland ist nicht ohne Grund das „Land der Dichter
        und Denker“. Seit dem Mittelalter schon ist die deutsche
        Sprache eine der bedeutenden europäischen Literatur-
        sprachen. Von der Erfindung des Buchdrucks über
        Luthers Bibelübersetzung aus dem Lateinischen bis in
        die deutsche Klassik, die weltweit Achtung und Bewun-
        derung für die Zeugnisse der Sprachkunst hervorruft, ist
        Deutsch über Jahrhunderte in Zentraleuropa die Sprache
        der Philosophie und Literatur.
        Das ist auch im globalen Kontext bedeutsam: Welt-
        weit werden zurzeit circa 6 700 Sprachen gesprochen.
        Ende des Jahrhunderts werden wir nur noch halb so viele
        Sprachen nachweisen können, so die Gesellschaft für be-
        drohte Sprachen in Köln und auch die Erwartung der
        UNESCO. Etwa 125 Millionen Menschen weltweit spre-
        chen die deutsche Sprache als Erst- oder Zweitsprache.
        Mit einem Anteil von 18 Prozent ist Deutsch die meist-
        gesprochene Muttersprache in der Europäischen Union.
        Das sind rund 100 Millionen deutsche Muttersprachler.
        Als erste Fremdsprache steht Deutsch in Europa seit der
        EU-Osterweiterung hinter Englisch an zweiter Stelle
        gleichauf mit Französisch. 63 Millionen Europäer, das
        sind 14 Prozent, lernen Deutsch im Unterricht. Somit
        spricht EU-weit jeder dritte EU-Bürger, 32 Prozent,
        Deutsch. In vielen Ländern stellt Deutsch die alleinige
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        der regionale Amtssprache dar: Deutschland, Öster-
        ich, Schweiz, Frankreich – Elsass –, Belgien, Luxem-
        urg, Italien und Liechtenstein. Die deutsche Sprachge-
        einschaft ist wirtschaftlich derzeit die drittstärkste der
        elt und die wirtschaftlich stärkste in Europa. Dennoch
        at Deutsch im täglichen Betrieb der EU und ihrer Kom-
        issionen und in dem Wirken der EU nach außen nicht
        ie gleiche Bedeutung wie Englisch und Französisch.
        Auch im Inland ist Deutsch ein beliebter Gegenstand
        ulturpessimistischen Jammerns. Die Klage über den in-
        eren Verfall der deutschen Sprache hat in Deutschland
        ieder einmal Hochkonjunktur. Die Angst, unsere Mut-
        rsprache könnte überfremdet oder verschludert wer-
        en, wird regelmäßig von selbsternannten Hütern der
        einheit der deutschen Sprache beklagt: Ob im Internet,
        uf der Chefetage oder im Hörsaal, so lesen wir, zerstöre
        das globalisierte Englisch der Zeitgeist-Schwafler das
        bendige Deutsch“, so die Zeit am 26. Juli 2007.
        Deutsch for sale“, titelte dann auch der Spiegel 2006
        nd klagt, dass wohl nie zuvor „so schlampig gespro-
        hen und geschrieben“ worden sei.
        Vor der Fähigkeit unserer wie anderer Sprachen, Ein-
        üsse des sich immer wandelnden alltäglichen Lebens
        u integrieren, ist mir nicht bange. Die Gegenwart ist
        her von Sprach- oder Wortinflation geprägt als von
        prach- und Wortverfall. 1880 zählte der Duden noch
        7 000 Wörter. 2005 waren es bereits 125 000 Wörter.
        ährlich kommen im Durchschnitt 1 000 Wörter hinzu.
        eutsch ist eine der wortreichsten Sprachen der Welt.
        as ist schön für uns Muttersprachler und schwierig für
        lle, die es lernen wollen. Sorge bereitet vielmehr die
        rage, wie sich die deutsche Sprache in einer entgrenz-
        n Welt behaupten wird.
        Doch wie steht es nach diesen Erkenntnissen um die
        ukunft des Deutschen? Die deutsche Sprache wird nach
        inem Bericht des British Council – „English Next“, Bri-
        sh Council 2006 – derzeit noch als vorherrschende re-
        ionale Sprache Europas bezeichnet, sie werde aber, so
        ie Voraussage, im Jahr 2050 nicht einmal mehr den Sta-
        s einer Regional-, also einer Europasprache, haben.
        ber die Wahrscheinlichkeit dieser Annahme zu streiten,
        t müßig. Allein die Möglichkeit einer solchen Entwick-
        ng fordert zu einer entschlossenen Sprachpolitik
        eraus. Daher haben wir auch heute diesen Antrag ein-
        ebracht.
        Im Zuge der Globalisierung verstärkt sich der Druck
        ugunsten weniger Weltsprachen. Selbst die englische
        prache wird sich ihre Rolle als Lingua franca bald mit
        nderen Sprachen, wie zum Beispiel dem Chinesischen
        nd Hindi, teilen müssen. Das beeinflusst bereits heute
        starken Maße das Sprachverhalten unserer wirtschaft-
        chen, wissenschaftlichen und politischen Eliten. Deren
        ereitschaft, das Deutsche zu sprechen und zu schrei-
        en, lässt ja schon im eigenen Lande zu wünschen übrig.
        ir Deutschen sprechen beflissen englisch, statt Dol-
        etscher zu beschäftigen. Allzu leichtfertig verzichten
        ir darauf, uns wortgewandt und damit gedankenreich
        der vertrauten Muttersprache darzustellen.
        Neben der Philosophie, der Theologie, der Kunstge-
        chichte ist unter anderem auch die Archäologie eine der
        Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32431
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        Disziplinen, in denen deutsche Wissenschaftler seit Jahr-
        zehnten eine führende Rolle spielen – und mit ihnen na-
        türlich auch ihre/unsere Sprache Deutsch. Aber ohne die
        englische Sprache kann heute kaum noch ein Wissen-
        schaftler zu Weltruhm aufsteigen.
        Das darf aber nicht gleich zu einer regelrechten
        Sprachflucht deutscher Wissenschaftler führen. Denn
        wenn an deutschen Universitäten Englisch zur aus-
        schließlichen Sprache in Forschung und Lehre würde,
        verkäme Deutsch zu einer Freizeitsprache, die mangels
        einer fortgebildeten wissenschaftlichen Terminologie
        modernen Ansprüchen nicht mehr genügte. Die Wissen-
        schaftler täten sich mit einem Verzicht auf ihre Mutter-
        sprache Deutsch auch gar keinen Gefallen. Von der
        Wortgewandtheit und dem rhetorischen Geschick hängt
        es ab, ob jemand sich als gleichwertiger Partner in einem
        Gedankenaustausch behaupten kann. Kurzum: Einspra-
        chigkeit hat in der Wissenschaft wie im übrigen Leben
        Eintönigkeit und Einfalt zur Folge. Nicht nur die Ideen
        und Forschungsfragen verarmen.
        Nach all dem bin ich fest davon überzeugt, dass das
        europäische Konzept der Mehrsprachigkeit die beste
        Antwort ist. Fremdsprachenkenntnisse bedeuten einen
        geistigen Gewinn, und das nicht allein deshalb, weil sie
        mit anderen, fremden Weltansichten vertraut machen.
        Mit dem Erlernen einer Fremdsprache verfeinert sich zu-
        dem das Verständnis für die Muttersprache. Der Ver-
        gleich mit der ersteren verschafft die Möglichkeit, die ei-
        gene Sprache zu überdenken. Wie hat es Goethe so
        treffend gesagt: „Wer fremde Sprachen nicht lernt, kennt
        seine eigene nicht.“
        Die kurze, gescheiterte Karriere des Deutschen als in-
        ternationale Wissenschaftssprache sollte uns lehren, dass
        intellektueller und nationalistischer Hochmut keine taug-
        lichen Triebkräfte für eine erfolgreiche Sprachpolitik
        sind. Die deutsche Sprache wird sich als eine europa-
        oder gar weltweite Sprache nur behaupten, wenn wir das
        Bildungsziel der Mehrsprachigkeit auch zu unserer eige-
        nen Sache in Deutschland machen. Denn nur wenn die
        deutsche Politik und die Wissenschaft in der Einsicht
        handeln, dass jede Sprache ein kulturelles Vermächtnis
        mit sich trägt, wird sie mit der Empathie handeln, die in
        der Sprachpolitik Erfolg verspricht.
        Wir selbst sollten ohne Dünkel, aber selbstbewusst
        für die deutsche Sprache eintreten, das heißt, sie spre-
        chen und schreiben, auf nationaler wie auf internationa-
        ler Bühne, wann und wo es sich anbietet. Dass wir dabei
        den Berufen des Übersetzers und Dolmetschers künftig
        unsere besondere Aufmerksamkeit zukehren müssen,
        versteht sich von selbst. Ganz in diesem Sinne wäre
        nicht nur ein Staatsziel Kultur auch wahrlich mehr als
        nur ein folgenloser Verfassungsschnörkel. Ich persönlich
        wäre auch froh, wenn wir uns endlich dazu durchringen
        könnten, dem Art. 22 unseres Grundgesetzes den Satz
        hinzuzufügen: „Die Landessprache ist Deutsch.“
        Johannes Singhammer (CDU/CSU): Es ist eine
        unendliche und aus deutscher Sicht auch beschämende
        Geschichte: Obwohl Deutsch in der Europäischen Kom-
        mission gleichberechtigte Arbeitssprache neben Eng-
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        sch und Französisch ist und obwohl Catherine Ashton,
        ie Hohe Repräsentantin der EU-Außen- und Sicher-
        eitspolitik, Außenminister Guido Westerwelle seit Jah-
        n die ja selbstverständliche Zusage gemacht hat,
        eutsch im Europäischen Auswärtigen Dienst, EAD, an-
        emessen zu berücksichtigen, sprechen die Fakten noch
        mer eine andere Sprache:
        Die Homepage des EAD ist nur in eingeschränktem
        mfang auf Deutsch verfügbar. Termine, Reden und Er-
        lärungen von Frau Ashton werden auf der deutschen
        AD-Seite in englischer Sprache veröffentlicht.
        Erst auf massiven Druck werden jetzt Stellenaus-
        chreibungen in Englisch, Französisch und Deutsch ver-
        ffentlicht und neben Englisch- und Französisch- auch
        rmal Deutschkenntnisse gefordert. Was das konkret
        eißt, formuliert Frau Ashton in einem Schreiben vom
        4. April 2013 an mich ganz offen mit den Worten: „…
        ass wir von den Bewerbern erwarten, dass sie über die
        ur Wahrnehmung ihrer Aufgaben notwendigen Kennt-
        isse der im Rahmen der GASP und der Außenbeziehun-
        en verwendeten Sprachen verfügen. Gleichzeitig wird
        ine Kenntnis anderer EU-Sprachen, natürlich ein-
        chließlich der Deutschen, auch als Vorteil betrachtet.“
        Klartext: Deutschkenntnisse sind keine EAD-Einstel-
        ngsvoraussetzung bis heute.
        Außenminister Guido Westerwelle teilte mir in die-
        em Zusammenhang mit Schreiben vom 19. April 2013
        it, dass Deutschland rund 20 Prozent des EAD finan-
        iert, auf der Ebene der EAD-Delegationsleiter aber nur
        0 von 136 Posten mit Deutschen besetzt sind, das sind
        erade mal 7 Prozent. Wenn wundert es noch, dass
        eutsch in der EU untergeht?
        Es ist freilich nur ein Mosaikstein in der systemati-
        chen Diskriminierung, die die deutsche Sprache durch
        ie Mehrzahl der europäischen Organe und Behörden er-
        hren hat und erfährt.
        Es hat zahllose Initiativen zur Behebung dieses Miss-
        tandes gegeben – von der Anweisung der Bundesregie-
        ng an deutsche Beamte, nur auf Deutsch zu verhan-
        eln, über geplatzte Ratstagungen, an denen die Vertreter
        eutschlands und Österreichs nicht teilgenommen ha-
        en, weil keine deutsche Übersetzung gewährleistet war,
        is zu Vorstößen des Deutschen Bundestages, des Bun-
        esrates und von Vertretern der Zivilgesellschaft. Der
        rfolg ist bislang mäßig.
        Es kann nicht sein, dass wir Parlamentarier regelmä-
        ig Beratungsdokumente nur in englischer Sprache vor-
        egen haben, die der Deutsche Bundestag dann auf ei-
        ene Kosten übersetzen soll.
        Es kann nicht sein, dass immer wieder Überlegungen
        ufflammen, in der Brüsseler Generaldirektion Überset-
        ung in der Deutschabteilung bis zu 22 Stellen zu strei-
        hen und dafür den englischen Bereich auszuweiten.
        Es kann nicht sein, dass das Auswärtige Amt
        eutschkurse für den EAD durch das Goethe-Institut mit
        prachaufenthalten in Berlin anbieten muss. Dies alles
        t eine eigene Aufgabe der EU.
        32432 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
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        Dabei ist Deutsch für über 100 Millionen Menschen
        Muttersprache, und damit die größte Sprachgruppe in
        der Europäischen Union. Deutsch ist Amts- bzw. aner-
        kannte Minderheitensprache in Deutschland, Österreich,
        Luxemburg, Belgien, Dänemark, Polen, Italien und
        Frankreich, und es ist nach Englisch die am zweithäu-
        figsten verbreitete Fremdsprache in Europa. Diese Fak-
        ten gilt es selbstbewusst zur Kenntnis zu nehmen.
        Die Charta der Grundrechte gewährleistet mittler-
        weile in Art. 41 jedermann das Recht, sich in einer der
        Sprachen der Verträge an die Organe der Union zu wen-
        den und eine Antwort in derselben Sprache zu erhalten;
        in der Praxis ist dies jedoch noch nicht angekommen.
        Doch ist es mit dem Anspruch auf Kommunikation in
        der eigenen Sprache nicht getan. Auch in den internen
        Entscheidungsprozessen der EU-Organe bedarf es der
        gleichberechtigten Berücksichtigung des Deutschen.
        So werden zum Beispiel Fortschrittsberichte über
        EU-Beitrittsverhandlungen zunächst nur in Englisch ver-
        öffentlicht. Deutsch folgt Wochen später. Da ist dann die
        öffentliche Diskussion bereits vorbei.
        Sprache ist Identität, gelebte Kultur und Heimat. Soll
        die europäische Integration auf Dauer nicht in der Herr-
        schaft einer entrückten Brüsseler EU-Bürokratie mün-
        den, dann wird dies nur möglich sein, wenn Deutsch
        endlich auch tatsächlich im Gebrauch zu einer echten
        Arbeits- und Umgangssprache der EU wird.
        Es ist deshalb notwendig, auf allen Ebenen die Um-
        setzung der rechtlichen Garantien der deutschen Sprache
        als Arbeitssprache nicht nur einzufordern, sondern dies
        auch mit allen rechtlichen und politischen Mitteln von
        der Bundesregierung durchzusetzen, bis hin zur Frage
        der Zustimmung zu einem EU-Haushalt, in dem der Etat
        für Übersetzungen zu gering ist.
        Doch müssen wir auch als Deutsche selbst immer
        wieder bei internationalen Organisationen die Verwen-
        dung der deutschen Sprache aktiv einfordern und dies
        auch konsequent in Deutschland vorleben.
        Denn die prekäre Situation des Deutschen ist nicht
        zuletzt auch unsere eigene Schuld: Jahrzehntelang konn-
        ten unsere Partner in Europa beobachten und unsere ei-
        genen Kinder lernen, wie desinteressiert wir an der eige-
        nen deutschen Sprache waren bzw. sind, dass man lieber
        pseudo-englische Begriffe wie „Handy“ erfand und ver-
        meintliche Weltläufigkeit durch das Einstreuen von
        Anglizismen zu belegen versuchte, dass selbst von der
        Bundesregierung finanzierte wissenschaftliche Kon-
        gresse wie der „World Health Summit“ in Berlin in eng-
        lischer Sprache abgehalten werden und deutsche Vertre-
        ter dort ihre Reden auf Englisch halten, ohne deutsche
        Übersetzung, dass deutsche Universitäten Prüfungen nur
        noch auf Englisch abhalten – und ich rede nicht von
        Sprachprüfungen in Englisch. Solche negativen Bei-
        spiele gibt es leider zu viele.
        Aber es gibt auch eine positive Wende: Bundesver-
        kehrsminister Ramsauer hat bei der Deutschen Bahn ein
        klares Signal zurück zum Deutschen gestellt: Der Coun-
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        r ist jetzt wieder der Schalter. Es geht also, wenn man
        ur will.
        Daher unsere Forderungen in diesem Antrag, dass die
        eutsche Bundesregierung eigene Texte, Verlautbarun-
        en, Werbekampagnen und Bürgerkommunikation in
        erständlicher deutscher Sprache abfassen soll, dass
        eutsch durchgängig bei Beschilderungen, Beschriftun-
        en usw. auf allen Ebenen verwendet werden soll, dass
        den europäischen Institutionen Deutsch als Arbeits-
        prache praktiziert wird, auch bei Übersetzungen und
        nterlagen, dass deutsche Beamte in den EU-Gremien
        eutsch sprechen sollen und dass im EAD Deutsch ange-
        essen und wie zugesagt zum Einsatz kommt.
        Im Wissenschaftsbereich gilt, dass Deutsch die Wis-
        enschaftssprache in Deutschland bleiben muss, dass
        kademische Lehre zumindest ausgewogen in deutscher
        prache erfolgt, dass professionelle Übersetzung aus
        em Deutschen oder ins Deutsche gefördert werden soll,
        ber auch, dass es über die Goethe-Institute weiter geför-
        ert wird, dass junge Menschen Deutsch als Fremdspra-
        he lernen können.
        Diese sich in Deutschland verändernde öffentliche
        einung gilt es dann auch in Brüssel zu transportieren
        nd selbstbewusst für die Sprache der Dichter und Den-
        er zu fechten.
        Dr. h. c. Wolfgang Thierse (SPD): Was die Koali-
        on mit ihrem Antrag „Deutsche Sprache fördern und si-
        hern“ anstellt, ist nichts weniger als empörend. Ein
        ichtiges, ja edles Anliegen, über das ernsthaft und
        usführlich zu sprechen wäre, wird hier am Ende der
        egislaturperiode in allerletzter Minute ins Plenum ein-
        ebracht, weit hinten auf die ohnehin ellenlange Tages-
        rdnung gesetzt, direkt zur Abstimmung gestellt und mit
        eden zu Protokoll spät nachts verabschiedet. Eine or-
        entliche Debatte und eine Aussprache in den Ausschüs-
        en sind damit ausgeschlossen.
        Die Koalition beerdigt damit ihre eigene Initiative in
        er denkbar teilnahmslosesten Weise – mit einem Be-
        räbnis dritter Klasse. Dieses Vorgehen zeigt, wie wenig
        rnst die Koalition ihre eigene Initiative nimmt. Das
        ird der Bedeutung des Themas nicht gerecht. Schon
        eshalb lehnen wir den Antrag ab. Das Anliegen, mit der
        eutschen Sprache einen wesentlichen Bestandteil unse-
        s kulturellen Reichtums zu fördern und zu bewahren,
        alten wir für zu wichtig.
        Dabei ist über den Inhalt des Antrages Erfreulicheres
        u sagen: Es steht viel Richtiges darin. Es ist richtig, den
        ppell der Enquete-Kommission „Kultur in Deutsch-
        nd“ mit der Forderung aufzunehmen, im öffentlichen
        aum auf unnötige Anglizismen zu verzichten. Die An-
        ündigung der Deutschen Bahn in dieser Woche lässt
        iesbezüglich hoffen. Die Bahn will im Kundenverkehr
        ne Begriffe abschaffen, die für Reisende ohne Eng-
        schkenntnisse schlicht unverständlich bleiben.
        Für einen Irrtum halte ich dagegen den Ansatz, aus
        ationalen Gründen auf der Förderung der deutschen
        prache zu beharren. Dies greift viel zu kurz. Der Ge-
        rauch der deutschen Sprache ist nicht deshalb zu vertei-
        Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32433
        (A) )
        )(B)
        digen, weil es die deutsche ist. Er ist zu verteidigen, weil
        die deutsche Sprache den Reichtum einer ganzen – in ih-
        rer Weise einmaligen – Kultur abbildet. Sie prägt und ist
        gleichzeitig Ausdruck unserer Kultur des Denkens, des
        Handelns und Erfindens, des sozialen Umgangs und
        auch des Politischen.
        Im Alltag wie in den Wissenschaften ist unsere Kultur
        an eine spezifische deutsche Begrifflichkeit gebunden,
        die sich aus gesellschaftlichen, wissenschaftlichen und
        technischen Diskursen heraus über lange Zeit entwickelt
        hat. Sie ist nicht starr und auch nicht besser, aber eben
        anders als etwa entsprechende Traditionen im angelsäch-
        sischen, romanischen oder chinesischen Sprachraum.
        Alle diese kulturellen Traditionen sind erhaltenswert;
        wir wollen sie in ihrer Vielfalt bewahren, in Europa und
        in der Welt. Deshalb müssen wir alle auf unsere Spra-
        chen achtgeben.
        Dass Handlungsbedarf besteht, zeigen beunruhigende
        Entwicklungen in der Wissenschaft. Das Verhältnis zur
        deutschen Sprache scheint bei der wissenschaftlichen
        Elite unseres Landes oftmals von Lieblosigkeit, wenn
        nicht Verachtung geprägt zu sein. Oftmals geht diese
        einher mit einer unreflektierten Anbiederung an das
        Englische, das dann gleichzeitig als einzige Wissen-
        schaftssprache proklamiert wird.
        Ein solches Wissenschaftsverständnis halte ich für fa-
        tal. Denn darunter wird absehbar die Qualität der wis-
        senschaftlichen Leistungen in Deutschland leiden, und
        dann wird die deutsche Sprache wirklich provinziell. Es
        ist ein Fehler zu glauben, dass Internationalität des wis-
        senschaftlichen Denkens Monolingualität heißen muss.
        Forschen und Erfinden bedarf der Fantasie, bedarf eines
        großen sprachlichen Reichtums und der Sicherheit im
        Umgang damit. Nur so kann ein Wissenschaftler eine Er-
        kenntnis in all ihren einzelnen Aspekten ausbreiten und
        formulieren. Dazu ist nur ein Muttersprachler fähig. Ein
        deutscher Wissenschaftler kann deshalb noch so gut
        Englisch sprechen: Die Qualität und Exaktheit des Aus-
        drucks, derer er im Deutschen fähig ist, wird er im Eng-
        lischen nicht erreichen. Wenn es um Exzellenz geht,
        muss dieser Weg deshalb notwendig in die Irre führen.
        Internationalität in der Wissenschaft kann nur den in-
        tensiven Austausch zwischen Sprachen und Kulturen be-
        deuten. Kulturelle und sprachliche Unterschiede der For-
        schenden ermöglichen einen Reichtum kognitiver und
        emotionaler Art, der sich dann auch in der Qualität der
        Forschung niederschlägt. Die Forderung heißt also
        Mehrsprachigkeit!
        In Deutschland sollten wir deshalb dafür sorgen, dass
        bei Exzellenzwettbewerben, bei Anträgen auf For-
        schungsförderung, bei allem, was Steuergelder kostet,
        die deutsche Sprache verwendet wird. Dies ist keine
        Selbstverständlichkeit mehr, wenn Kongresse in
        Deutschland, die vorwiegend von deutschen Fachwis-
        senschaftlern besucht werden, in englischer Sprache ab-
        gehalten werden. Hier ist das Bundesministerium für
        Forschung und Wissenschaft aufgefordert, zu handeln.
        Sprachpolitik in diesem Sinne ist nicht nur zum
        Wohle einer kleinen Elite und der Sicherung der Qualität
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        Wissenschaft und Forschung nötig. Vielmehr liegt sie
        gesamtgesellschaftlichen Interesse. Es geht auch um
        as Aufrechterhalten der Verbindung von Wissenschaft
        nd Gesellschaft und damit um die Verteidigung des de-
        okratischen und pluralen Charakters von Wissenschaft.
        Diese und weitere Aspekte, die eine deutsche Sprach-
        olitik sinnvoll machen, hätten in den Ausschüssen dis-
        utiert und in konkrete Maßnahmen umgesetzt werden
        üssen. Die Koalition versagt sich und dem Parlament
        ine sinnvolle Debatte. Noch eine vertane Chance!
        Reiner Deutschmann (FDP): „Jede Sprache ist
        rägerin des kulturellen Gedächtnisses“. So steht es zu
        eginn unseres Antrags „Deutsche Sprache fördern und
        ichern“, den die christlich-liberale Koalition nun zur
        eratung und Abstimmung im Deutschen Bundestag
        orgelegt hat. In einer vernetzten und globalisierten Welt
        acht man sich im alltäglichen Leben oft nicht bewusst,
        elchen Stellenwert die Sprache, insbesondere die eigene
        uttersprache, hat. Deutsch ist eine der zehn weltweit
        m häufigsten gesprochenen Sprachen und besticht
        urch einen mit 500 000 Wörtern des allgemeinen
        prachgebrauchs sehr reichen Wortschatz.
        Der deutsche Sprachraum ist die wirtschaftlich
        tärkste Region in Europa. Da könnte man annehmen,
        ass auch die deutsche Sprache eine dementsprechend
        ichtige Rolle in Europa einnehmen würde. Stattdessen
        istet Deutsch, obwohl offiziell dritte Amtssprache der
        uropäischen Union, ein stiefmütterliches Dasein. Statt-
        essen werden EU-Vorlagen zumeist in englischer oder
        anzösischer Sprache verfasst und auch im Entschei-
        ungsprozess vorgelegt.
        Mit dem heute vorgelegten Antrag geht es nicht da-
        m, Deutsch im Wettbewerb der Sprachen vor dem
        nglischen oder Französischen zu platzieren und die
        olle der beiden anderen Sprachen zu verkleinern. Wir
        ind überzeugt vom Prinzip der Mehrsprachigkeit. Ein
        uropa der 27 hat mehr zu bieten als nur zwei Amtsspra-
        hen. Ohne die ohnehin unbestrittene Rolle des Engli-
        chen als Weltsprache berühren zu wollen, ist es doch
        ngebracht, dass in einem vielfältigen Europa auch ganz
        elbstverständlich andere Sprachen zur Kommunikation
        ntereinander genutzt werden, zumal die EU einen her-
        orragenden Übersetzungsdienst anbietet.
        Mit unserem Antrag möchten wir die deutschen Ak-
        ure auf europäischer Ebene bitten, dafür Sorge zu tra-
        en, dass die Sprachvielfalt auf EU-Arbeitsebene kein
        ippenbekenntnis bleibt, sondern gelebte europäische
        tegration ist. Dazu müssen wir bereit sein, unsere
        prache aktiv auf europäischer Ebene einzubringen, so
        ie wir uns dies auch von den anderen EU-Mitgliedstaa-
        n wünschen würden. Gleichzeitig kann von unseren
        andatsträgern in Deutschland, Brüssel und Straßburg
        owie unseren Beamten und Mitarbeitern der öffentli-
        hen Verwaltungen nicht per se erwartet werden, dass
        ntscheidungen immer öfter nur auf Grundlage nicht-
        eutscher Vorlagen gefällt werden. Es kann bezweifelt
        erden, dass alle Beteiligten immer verstehen, was in
        en Vorlagen enthalten ist. Hier ist eine Übersetzung ins
        eutsche erforderlich, so die Anfertigung dieser mit ver-
        32434 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
        (A) )
        )(B)
        tretbarem Aufwand möglich ist und besonders eilbedürf-
        tige Notfallszenarien ausnimmt.
        Als Mitglied des Auswärtigen Ausschusses konnte
        ich mich schon mehrfach vergewissern, welch hervorra-
        gende Arbeit die Goethe-Institute im Ausland leisten.
        Nicht nur der neue Trainer des FC Bayern München, Pep
        Guardiola, hat seine Deutschlehrerin über das Goethe-
        Institut vermittelt bekommen und mit ihrer Hilfe hörbar
        erfolgreich Deutsch gelernt. Das Goethe-Institut bildet
        zum Beispiel auch ausländisches Krankenhaus- und
        Pflegepersonal noch in der Heimat aus, damit dieses be-
        reits bei Antritt der Stelle in Deutschland Deutsch
        spricht und über das notwenige Fachvokabular verfügt.
        Das Goethe-Institut ist eine der bekanntesten Kulturmar-
        ken Deutschlands, und wir sollten dafür sorgen, dass
        dies so bleibt und unser Kulturmittler seine Arbeit ersten
        Ranges weiter so erfolgreich fortführen kann.
        Auf weitere Aspekte der auswärtigen Kultur- und Bil-
        dungspolitik wird mein Kollege Patrick Kurth in seiner
        Rede eingehen.
        Ein Punkt ist mir besonders wichtig in unserem An-
        trag. Die Förderung der deutschen Sprache zielt nicht
        nur ins Ausland. Deswegen begrüße ich es ausdrücklich,
        dass in Abstimmung mit den Ländern ein verbindlicher
        bundesweiter Sprachstandtest eingeführt und bei Bedarf
        gezielte Sprachprogramme angeboten werden sollen.
        Dies betrifft natürlich auch insbesondere die Integration
        von Menschen, die aus dem Ausland zu uns kommen
        und mit uns hier leben wollen. Die Vermittlung von
        Sprachkenntnissen ist dabei eine wichtige Aufgabe, die
        unsere Gesellschaft zu leisten hat. Dazu kommt die Stär-
        kung von Initiativen zur Förderung der Sprachkompe-
        tenz von Migrantinnen und Migranten. Wir können es
        uns auch angesichts des demografischen Wandels in
        Deutschland nicht leisten, wertvolle und lernwillige
        Menschen nur aufgrund mangelnder Sprachfähigkeiten
        für unser gesellschaftliches Leben und unsere Wirt-
        schaftskraft zu verlieren. Nur wer die Sprache be-
        herrscht, hat Zugang zu unserer an Kultur und Bildung
        reichen Gesellschaft.
        Ich gehe davon aus, dass der Erhalt und die besondere
        Förderung der deutschen Sprache ein Herzensanliegen
        aller Fraktion des Deutschen Bundestages ist, und bitte
        Sie somit um Zustimmung zu diesem Antrag.
        Patrick Kurth (Kyffhäuser) (FDP): Deutsch ist eine
        der großen Kultursprachen der Welt. 100 Millionen
        Menschen sprechen Deutsch als Muttersprache. Es ist
        die meistgesprochene Sprache in der Europäischen
        Union und nach Englisch die wichtigste Fremdsprache.
        Für uns Deutsche ist unsere Sprache nicht nur ver-
        bindendes kulturelles Grundelement und historisches
        Erbe, sondern die gemeinsame Grundlage für unser Le-
        ben. „Sie ist das prägende Element der deutschen
        Identität“, wie der Abschlussbericht der Enquete-Kom-
        mission „Kultur in Deutschland“ (Bundestagsdrucksa-
        che 16/7000) resümiert. Damit ist die deutsche Sprache
        der Schlüssel zu unserem Land und unserer Gesell-
        schaft.
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        Ausreichende Sprachkenntnisse sind ein entscheiden-
        er Faktor, wenn es darum geht, in Deutschland zu ar-
        eiten und heimisch zu werden. Dies müssen wir heute,
        Zeiten von demografischem Wandel, einer alternden
        esellschaft, von Fachkräftemangel und von internatio-
        alem Wettbewerb, besonders berücksichtigen. Ange-
        ichts dieses Umfeldes ist Deutschland zunehmend auf
        ualifizierte Zuwanderung angewiesen – besonders auch
        us dem nichtdeutschsprachigen Ausland. Dabei sind
        ir erfolgreich. Viele junge Menschen zieht es nach
        eutschland, weil sie hier gute Perspektiven sehen.
        Generell erfreut sich Deutschland in der Welt großer
        ympathie. Vielerorts blicken die Menschen neugierig
        uf unser vielfältiges Land. In vielen Teilen der Welt ist
        u beobachten, dass auch das Interesse am Deutsch-Ler-
        en wieder zunimmt – insbesondere in Wachstumsregio-
        en wie China, Brasilien und Indien, aber auch in Ost-
        nd Südeuropa.
        Die wirtschaftliche und kulturelle Bedeutung
        eutschlands macht die Kenntnis der deutschen Sprache
        uch in den neuen Wachstumsregionen der Welt attrak-
        v; denn Deutsch eröffnet berufliche Chancen und den
        ugang zu einer Ausbildung in einem der besten Bil-
        ungssysteme der Welt. Es gilt, dieses Interesse weiter
        u unterstützen und weltweit das Erlernen der deutschen
        prache zu ermöglichen. Daher war die Auswärtige Kul-
        r- und Bildungspolitik selten so wichtig wie heute.
        Dafür sind aber die richtigen Schwerpunkte nötig. Die
        hristlich-liberale Koalition hat bei der Auswärtigen
        ultur- und Bildungspolitik die überfällige Neujustie-
        ng umgesetzt – hin zu mehr Sprachförderung. Unter li-
        eraler Führung haben wir die Mittel gerade in diesem
        ereich erheblich angehoben.
        Zahlreiche erfolgreiche Initiativen wurden begonnen.
        it der Initiative „Deutsch – Sprache der Ideen“ begeis-
        rn wir junge Menschen im Ausland für die deutsche
        prache und öffnen ihnen Türen zur deutschen Wissen-
        chaft, Wirtschaft und Kultur. Große Sprachwerbe-
        ampagnen fördern die deutsche Sprache in ausgewähl-
        n Ländern wie Großbritannien – Think German in
        010/11 –, Polen – Deutsch-Wagen-Tour –, Tschechien –
        prechtíme – und Frankreich – DeutschMobil.
        Im November 2010 startete die umfangreiche Werbe-
        ampagne „Lern’ Deutsch!“ in Russland und gipfelt nun
        deutsch-russischen Sprachenjahr 2013/14.
        Gemeinsam mit US-amerikanischen Partnern startete
        as Auswärtige Amt ein Sonderprogramm zur Förde-
        ng von Deutsch in den USA. Mehr Schulen, Colleges
        nd Universitäten sollen Deutschunterricht anbieten und
        ehr Schüler Zugang zur deutschen Sprache erhalten.
        In Indien wurde Deutsch als Fremdsprache an
        000 Schulen eingeführt. 1 Million Schüler erhält so
        ugang zu unserer Sprache.
        All diese Programme tragen nicht nur zur Verbreitung
        on Deutsch bei, sondern vermitteln auch unsere Will-
        ommenskultur in Deutschland.
        Besonders wichtig für die Deutschförderung im Aus-
        nd ist das weltumspannende Netz der Initiative „Schu-
        Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32435
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        len: Partner der Zukunft“, PASCH. Sie ist die bisher
        größte Investition im Bereich des Auslandsschulwesens
        und der Sprachförderung mit jährlich circa 50 bis
        55 Millionen Euro seit 2008. Mit PASCH wurde ein
        weltweites Netzwerk von mittlerweile über 1 500 Schu-
        len aufgebaut, an denen Deutsch unterrichtet wird. Da-
        mit trägt die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik zur
        Qualifikation von rund 500 000 Schülerinnen und Schü-
        lern rund um den Globus bei, die wir für Deutschland
        gewinnen wollen.
        Damit Deutschland langfristig wettbewerbsfähig
        bleibt, müssen wir uns heute um die klügsten Köpfe be-
        mühen und ihnen eine Möglichkeit geben, in unserem
        Land Fuß zu fassen. Auch durch die Auswärtige Kultur-
        und Bildungspolitik der schwarz-gelben Koalition
        waren wir darin in den letzten Jahren sehr erfolgreich.
        Nur wenn wir bei unserer Sprachförderung im Ausland
        nicht nachlassen, werden wir auch in Zukunft ein attrak-
        tives Ziel für die Motivierten und Hochqualifizierten
        aus aller Welt bleiben. Dafür wird sich die FDP-Frak-
        tion einsetzen.
        Dr. Rosemarie Hein (DIE LINKE): Was hat sich die
        CDU nur dabei gedacht, einen solchen Antrag, noch
        dazu in der letzten Sitzungswoche der Wahlperiode, ein-
        zubringen? Möglicherweise spekulierte sie darauf, dass
        er dann ja gar nicht mehr öffentlichkeitswirksam debat-
        tiert werden kann. Das ist möglicherweise auch das
        Beste, was diesem Antrag passieren kann, denn er ist an
        Peinlichkeit kaum zu überbieten.
        Zwar können sich die Autoren darauf berufen, viele
        ihrer Standpunkte und Faktensammlungen, die die be-
        sondere Bedeutung der deutschen Sprache in der Welt
        belegen sollen, auch im Enquete-Bericht „Kultur in
        Deutschland“ wiederzufinden, doch jene Aussagen, die
        dort auf Vielfalt und Entwicklung von Sprache als Ver-
        ständigungsmittel abzielen, werden absichtsvoll ausge-
        blendet. Im Antrag werden Aussagen zur Sprachbeherr-
        schung als Mittel der Verständigung lustig gemischt mit
        Aussagen zur Pflege des auf der deutschen Sprache auf-
        bauenden Kulturgutes, wird Sprache plötzlich zum Wirt-
        schaftsfaktor, werden Forderungen aufgemacht, bei
        denen man den Eindruck bekommt, das deutsche Rein-
        heitsgebot beim Bierbrauen solle nun auf die deutsche
        Sprache übertragen werden. Dabei werden Minderhei-
        tenrechte ebenso ignoriert wie die Sprachgeschichte von
        Jahrhunderten. Wäre es nicht so traurig, würde ich meine
        Rede mit dem Slogan „Vom Muckefuck zur Bluejeans“
        überschreiben. Beide Worte sind wohl auch im deut-
        schen Sprachraum verständlich, beide sind nichtdeut-
        scher Herkunft. Das Wort „Fenster“, habe ich gelernt, ist
        ebenfalls ein Lehnwort, eben einer anderen Sprache ent-
        lehnt. Die deutsche Sprache gehört zur indogermani-
        schen Sprachfamilie wie eben auch die in Indien gespro-
        chenen Sprachen. Mit dem Hochdeutsch eines Walther
        von der Vogelweide könnten wir uns heute kaum ver-
        ständigen und auch die wenigsten in Friesisch, Bayrisch
        oder dem in meiner Region gesprochenen Bördeplatt.
        Worüber reden wir also? Sprachen sind Produkte ge-
        sellschaftlicher Entwicklungen. Sie werden sowohl vom
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        usammenleben in einer konkreten Gemeinschaft wie
        uch vom Austausch mit anderen Kulturen geprägt. Was
        ns heute fremd erscheint, wird über kürzere oder län-
        ere Zeit unsere Sprache prägen. Die netzaffinen „Neu-
        nd“-Bewohner können schon länger mit „Hashtags“ et-
        as anfangen. Ich hab das erst vor kurzem gelernt. Auch
        enn ich es blöd finde, zu Zeitplänen „timetable“ zu
        agen, kann und will ich nicht verhindern, dass andere
        ebensgewohnheiten irgendwann auch meine Sprache
        nd Ausdrucksweise prägen. Ich gehe ins Restaurant
        der ins Bistro und freue mich, wenn ich in anderen Län-
        ern diesen Hinweis finde, weil ich ansonsten die Spra-
        he dort nicht verstehe. Ich freue mich, wenn ich in
        innland, das übrigens zwei Muttersprachen anerkennt,
        einem Kaufhaus in Helsinki bei dem Versuch, mich
        debrechend auf Englisch verständlich zu machen, vom
        erkaufspersonal freundlich darauf hingewiesen werde,
        ass man mich auch auf Deutsch versteht.
        Doch was sollen mir die Aussagen im Antrag, wie
        iele Menschen auf der Welt deutsch sprechen? Und vor
        llem: Welches Recht, welche Forderung sollen sich da-
        us ableiten? Moderne Sprachen sind für mich jene, die
        ich zur Verständigung in einer internationalen Welt eig-
        en. Da ist Mehrsprachigkeit, die mir leider nicht gege-
        en ist, eher angesagt als der den Antrag an vielen Stel-
        n prägende Alleinvertretungsanspruch der deutschen
        prache. So etwas führt zur Abkapselung und ist das Ge-
        enteil von weltoffen.
        Und nein, aus Heinrich Heines „Buch der Lieder“
        erden wir keine Papiertüten falten, und Wolfram
        on Eschenbach werden wir genauso achten wie
        abindranath Tagore, Nazim Hikmet und Pablo Neruda,
        eren Poesie ich nur in deutscher Übersetzung verstehe.
        och ich bin mir nicht sicher, ob sie in ihrer Ursprungs-
        prache nicht viel poetischer klingen.
        Lassen Sie uns den Schwerpunkt darauf legen, dass
        lle Menschen, die in unserem Land leben oder leben
        ollen, über eine gute Grundbildung verfügen und sich
        ittels Sprache verständigen können. Lassen Sie uns Li-
        ratur und Sprache, auch die deutsche, als Kulturgut
        flegen, aber lassen Sie uns keine Ansprüche daraus ab-
        iten, die eher unserer Vergangenheit angehören als un-
        erer Zukunft.
        Claudia Roth (Augsburg) (BÜNDNIS 90/DIE
        RÜNEN): Ich wundere mich sehr, wie die Koalition
        it dem Thema deutsche Sprache umgeht. Auf den al-
        rletzten Drücker, in der letzten Sitzungswoche der Le-
        islaturperiode, bringt sie einen Antrag zum Thema ein,
        er offensichtlich mit heißer Nadel gestrickt wurde und
        ber den auch sofort abgestimmt werden soll – ohne
        hance, dass er je den zuständigen Fachausschuss er-
        icht. Auch eine Plenumsdebatte, in der Argumente
        usgetauscht werden könnten, ist nicht vorgesehen. Die
        eden gehen zu Protokoll. Dort können die an deutscher
        prache Interessierten dann ja die Standpunkte nachle-
        en.
        Nein! Das ist ein wirklich schludrig-wurschtiger Um-
        ang mit dem Thema und wird der Verantwortung des
        arlaments und seiner Gremien nicht gerecht. Einmal
        32436 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
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        mehr sehen wir einen Akt aus dem Schauspiel, das
        Schwarz-Gelb nun schon seit Wochen aufführt und das
        den Titel trägt: „Abends werden die Faulen fleißig“.
        Gute Fachpolitik haben wir von der Koalition vier Jahre
        lang nicht gesehen. Jetzt zum Schluss reicht es vollends
        nur noch für Showanträge, die im tiefen Widerspruch
        stehen zur von Schwarz-Gelb tatsächlich betriebenen
        Politik.
        Im Antrag begegnet uns der Satz: „Deutsch ist mit
        etwa 500 000 Wörtern des allgemeinen Sprachgebrauchs
        eine besonders wortreiche Sprache.“ Gemeint ist hier
        wohl der gesamte deutsche Wortschatz ohne Fachspra-
        chen, der auf 300 000 bis 500 000 Wörter geschätzt
        wird.
        Wenn hinter diesem und manch anderem Satz im An-
        trag der Versuch stecken sollte, eine Art romantischen
        Sprachpatriotismus in Politik zu übersetzen, dann dürfte
        das nicht sehr weit führen. Was die genannte Zahl an-
        geht, da gibt es möglicherweise ein Sprachgenie, das den
        gesamten deutschen Wortschatz wirklich ausschöpft; der
        im Antrag genannte „allgemeine Sprachgebrauch“ tut
        dies sicher nicht.
        Der zentrale Wortschatz der deutschen Standardspra-
        che dürfte bei rund 70 000 Wörtern liegen. In Goethes
        Werk wurden rund 90 000 aktiv gebrauchte Wörter er-
        mittelt, was im Vergleich zu anderen Autoren sehr viel
        ist. Der durchschnittliche aktive oder produktive Wort-
        schatz der Bundesbürgerinnen und Bundesbürger liegt
        deutlich darunter, Schätzungen zufolge sind es um die
        15 000 Wörter, darunter auch einige Tausend Fremdwör-
        ter. Der Wortschatz der englischen Sprache wird übri-
        gens auf 600 000 bis 800 000 Wörter geschätzt.
        Aber solche abstrakte Zahlen sagen wenig. Wo Zah-
        len für das Anliegen der Sprachförderung tatsächlich
        wichtig wären, fehlen sie im Antrag, zum Beispiel beim
        für Bildungschancen so bedeutsamen frühkindlichen
        Spracherwerb. Dass es hier große Aufgaben gibt, wissen
        wir. Der Antrag liefert keine verlässliche Datengrund-
        lage, um sie genauer zu definieren.
        Stattdessen bringt er einiges an Lyrik und Prosa zur
        Geschichte der deutschen Sprache – der Sprache der
        „Dichter und Denker“. Und er spart auch die Erfindung
        des Buchdrucks und Luthers Bibelübersetzung nicht aus.
        Was er geschichtlich dagegen völlig ausspart, ist die ab-
        solute Katastrophe, die der deutschen Sprache mit dem
        Nationalsozialismus widerfahren ist, und zwar nicht nur
        im Sinne der „Lingua Tertii Imperii“, jener Sprachde-
        formationen im Dritten Reich, die Victor Klemperer
        kritisch protokollierte, sondern auch mit Blick auf den
        Exodus von Künstlerinnen und Künstlern und Wissen-
        schaftlerinnen und Wissenschaftlern aus Nazideutsch-
        land. Dass Deutsch heute keine große Wissenschafts-
        sprache mehr ist, sondern in der internationalen
        Scientific Community immer mehr ein Randdasein fris-
        tet, hat darin wesentliche Gründe.
        An der Tatsache, dass Deutsch nach dem Krieg in
        vielen Ländern als aggressive Sprache des Befehls und
        Kommandos wahrgenommen wurde, hat sich inzwi-
        schen zum Glück einiges geändert. Angesichts solch
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        rfreulicher Veränderungen sind auftrumpfende Äuße-
        ngen wie die von Volker Kauder auf dem Leipziger
        DU-Parteitag 2011 – mitten in den Verwerfungen der
        uro-Krise –, wonach in Europa jetzt wieder Deutsch
        esprochen werde, äußerst kontraproduktiv. Sie schaden
        em Anliegen, den offenen und unverkrampften Zugang
        ur deutschen Sprache zu entwickeln, und werfen uns
        urück.
        Schauen wir uns die Forderungen des Antrags im De-
        il an. Die erste Forderung erwähnt tatsächlich die kind-
        che und frühkindliche Sprachförderung. Wir wissen,
        ie wichtig das ist. Die zentrale Aufgabe an dieser
        telle, der konsequente Ausbau einer qualitativ hoch-
        ertigen Infrastruktur der Kinderbetreuung, wird jedoch
        icht benannt. Das verwundert wenig bei einer Koali-
        on, die mit ihrer desaströsen Herdprämie genau auf das
        egenteil setzt. Sie verbrennt Geld, das für den Ausbau
        er Betreuungsinfrastrukturen nötig wäre, und schafft
        nreize, damit Kinder aus bildungsfernen Schichten, die
        ühe Sprachförderung am dringendsten brauchten, zu
        ause bleiben und die nötige Förderung nicht erfahren.
        Die zweite Forderung erwähnt Initiativen zur Förde-
        ng der deutschen Sprache im Bereich der Integration
        on Migrantinnen und Migranten. Auch das ist sehr
        ichtig – und ebenfalls eine Baustelle, auf der Schwarz-
        elb versagt hat. Wir brauchen keine ständigen Andro-
        ungen von Sanktionen, wenn Deutsch- und Integra-
        onskurse abgebrochen werden, sondern eine bessere
        nanzielle Ausstattung dieser Kurse und Betreuungsan-
        ebote für Kinder während der Kurszeiten, damit auch
        ütter problemlos teilnehmen können.
        In der dritten Forderung wird wieder einmal der
        ampf gegen die Anglizismen aufgemacht. Da möchte
        h doch auf das Blamagepotenzial hinweisen, das
        s hier gibt, zum Beispiel wenn Dr. Peter Ramsauer
        ls hochministerieller Sprachpfleger aus „Laptops“
        Klapprechner“ macht und „Tickets“ bei ihm nur noch
        Fahrschein“ heißen dürfen. So etwas ist doch wirklich
        anz kleines Karo und führt uns auf den spießig-sprach-
        olizeilichen Weg.
        In der zehnten Forderung taucht ziemlich verschämt
        as neue Auslandsschulgesetz auf. Ich verstehe schon,
        ass man dieses schlecht gemachte Gesetz erwähnen
        usste, weil es zu auffällig wäre, wenn es in einem An-
        ag zur Förderung der deutschen Sprache überhaupt
        icht vorkäme. Aber was die Probleme angeht, die hier
        u benennen sind, da geht es doch nicht vorrangig und
        inzig um das Deutsche Sprachdiplom der Kultusminis-
        rkonferenz. Vordringlich wäre eine klare Forderung
        ach Rücknahme der in diesen Tagen bekannt geworde-
        en Kürzungen im Haushaltsentwurf für den Bereich der
        uswärtigen Kultur- und Bildungspolitik!
        Die Koalition will die Mittel für die Förderung der
        uslandsschulen von 244 Millionen Euro im laufenden
        aushalt auf 224 Millionen Euro im Haushalt 2014 kür-
        en – und das, obwohl mit dem Auslandsschulgesetz
        roßspurig angekündigt wurde, die Finanzierung der
        uslandsschulen „auf sichere Beine zu stellen“. Als ein-
        ig sicher erscheint nun, dass den Auslandsschulen kräf-
        Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32437
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        tig ein Bein gestellt wird – und damit auch der Förde-
        rung der deutschen Sprache im Ausland.
        Besonders leiden werden die kleinen Auslandsschu-
        len mit weniger als zwölf Abschlüssen im Jahr; denn die
        fallen aus der neuen gesetzlichen Förderung sowieso
        schon heraus. Und sie werden sehr tief fallen und nur
        noch eine Restförderung erhalten, wenn ein schrumpfen-
        der Etat mit Vorrang an die großen Schulen verteilt wird,
        die nun den gesetzlichen Anspruch haben.
        Und es geht nicht nur um Sprachförderung. Viele
        kleine Schulen befinden sich in den Krisenregionen die-
        ser Welt. Es sind Schulen, die für Demokratie- und Men-
        schenrechtsbildung unendlich wichtig sind und die wir
        doch besonders unterstützen müssen. Mit dem neuen
        Auslandsschulgesetz – und den sogleich hinterher ge-
        schobenen Kürzungen bei den Auslandsschulen – sehe
        ich große Gefahren für diese Schulen weit über die
        Sprachförderung hinaus.
        Auch die Stipendienmittel des Deutschen Akademi-
        schen Austauschdienstes, DAAD, werden im Haushalts-
        entwurf der Koalition um 17 Millionen Euro gekürzt,
        das heißt um 13 Prozent – gegen jede Vernunft. Welche
        Auswirkungen das auf den Wissenschaftsaustausch und
        die Förderung von Deutsch als Wissenschaftssprache ha-
        ben wird, kann man sich an fünf Fingern abzählen.
        Kleinlich bis knickrig ist die 16. Forderung, die da-
        rauf abzielt, in deutschen Parlamenten erst dann über eu-
        ropäische Vorhaben zu entscheiden, wenn eine amtliche
        Übersetzung in deutscher Sprache vorliegt. Das sollte
        man doch wirklich nicht so verbissen sehen und stets
        entlang der Inhalte und Dringlichkeiten entscheiden.
        Keine Treffer landet man, wenn man im Koalitionsan-
        trag nach erleichterten Visa- und Einreiseregelungen
        sucht, obwohl erleichterte Einreisemöglichkeiten nach
        Deutschland doch ein zentrales Anliegen gerade bei der
        Förderung der deutschen Sprache sein müssten.
        Kein Wort zur diskriminierenden Regelung, wonach
        beim Ehegattennachzug aus dem Ausland einige glei-
        cher sind als andere und Ehegatten aus Japan oder den
        USA beim Nachzug keinen Sprachnachweis brauchen,
        Ehegatten zum Beispiel aus der Türkei aber schon.
        Kein Wort zu Visabestimmungen, die Deutschland
        teilweise abschotten von einer sich rasant globalisieren-
        den Welt. Wenn es zum Beispiel für türkische Künstle-
        rinnen und Künstler viel einfacher ist, nach Moskau als
        nach Berlin zu reisen, dann sollten wir uns nicht wun-
        dern, wenn der Kulturaustausch mit der Türkei hinter
        dem zurückbleibt, was möglich wäre.
        Gleiches gilt für den Sprachaustausch. Die Möglich-
        keit, ohne extreme bürokratische Hürden nach Deutsch-
        land reisen zu können, um hier Kultur und Sprache ken-
        nenzulernen, wäre dem Anliegen der Sprachförderung
        unendlich viel dienlicher als der vorliegende folgenlose
        Koalitionsantrag zum Ende der Legislatur.
        Insbesondere die Union sollte auch ihr kulturelles
        „Mono“-Denken dringend überdenken. Dass sie alle
        paar Jahre wieder ihre deutsche Leit- und Monokultur
        aus der Mottenkiste holt, um gegen die im Alltag längst
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        tablierte Multikulturalität zu wettern, ist weltoffenen
        ulturpolitikern in der Union selbst inzwischen ziemlich
        einlich. Zu Recht! Man sollte dann aber auch überzo-
        ene Aussagen vermeiden, wonach die deutsche Sprache
        Voraussetzung für das Funktionieren unserer Demokra-
        e“ ist. Die Schweiz als eine der ältesten existierenden
        emokratien lebt mit ihrer Viersprachigkeit doch auch
        anz gut. Und die Demokratie in Europa werden wir auf
        iner noch viel breiteren multilingualen Grundlage ge-
        talten.
        Nein, ein bisschen weniger Verkrampftheit und ein
        enig mehr Lust an der Multilingualität dürfte es schon
        ein; denn die vielen Sprachen sind doch Heimstatt für
        inen unermesslichen kulturellen Reichtum, für unter-
        chiedliche Arten, die Dinge zu sehen, für unterschiedli-
        he Weisen, als menschliche Wesen zu existieren. Diese
        ielfalt sollten wir schützen und achten und dabei auch
        nsere Sprache als eine Stimme im bunten Chor der
        prachen schätzen und genießen.
        Der Koalitionsantrag zur Förderung der deutschen
        prache ist dagegen politisches Potemkin, eine frisch ge-
        trichene Fassade, hinter der eine falsche Betreuungs-,
        tegrations- und Einreisepolitik versteckt werden soll,
        nd nun auch Kürzungsvorschläge in der auswärtigen
        ultur- und Bildungspolitik, die vor allem auch der
        prachförderung schaden werden.
        Ich verstehe sehr gut, warum die Koalition einen sol-
        hen Antrag ohne Aussprache und Ausschussberatung
        urchwinken will. Der Pflege der deutschen Sprache er-
        eist sie mit diesem Showantrag jedenfalls einen politi-
        chen Bärendienst.
        nlage 37
        Zu Protokoll gegebene Reden
        zur Beratung des Antrags: Kulturgüterschutz
        stärken – Neuausrichtung des Kulturgüter-
        schutzes in Deutschland jetzt beginnen (Zusatz-
        tagesordnungspunkt 19)
        Dagmar G. Wöhrl (CDU/CSU): Wir beraten heute
        ber den Antrag zur bundesweiten Stärkung des Kultur-
        üterschutzes, der aufgrund der aktuellen Geschehnisse
        aum eine größere Bedeutung haben könnte.
        Die Hochwasserkatastrophe entlang Elbe, Donau und
        nderen kleineren Flüssen in den vergangenen Wochen
        at uns alle schockiert und tief betroffen gemacht. Noch
        ind die Wassermassen nicht überall vollständig besei-
        gt, und bis tatsächlich alle Schäden komplett behoben
        ein werden, wird es noch viele Jahre dauern. Der Wie-
        eraufbau nach dem schlimmen Hochwasser 2002 war
        ielerorts gerade erst abgeschlossen, da hatten die Men-
        chen bereits mit dieser neuen Flut zu kämpfen. Viele
        ausend Menschen von Süd- bis Norddeutschland ste-
        en nun vor dem Nichts. Wir haben aber in den letzten
        ochen auch sehen können, dass die Anstrengungen
        eim Hochwasserschutz seit 2002 dazu geführt haben,
        ass mancherorts Schäden gering gehalten werden konn-
        32438 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
        (A) )
        )(B)
        ten. Vieles, aber noch lange nicht alles ist im Bereich des
        Hochwasserschutzes seit 2002 verbessert worden.
        Auch aufgrund dieser besseren Schutzmaßnahmen
        sind die Museen, Theater, Konzertsäle, Bibliotheken und
        Archive beim diesjährigen Hochwasser nicht ganz so
        stark betroffen gewesen wie noch beim Hochwasser vor
        elf Jahren. Trotzdem kann man einige traurige Beispiele
        aufzählen: Das Landestheater Niederbayern in Passau
        wurde vom Hochwasser zerstört, im Fürstbischöflichen
        Opernhaus in Passau musste die gesamte Bestuhlung he-
        rausgenommen und mussten alle Vorstellungen bis zum
        Saisonende abgesagt werden. Auch das am Donauufer
        gelegene Museum Moderner Kunst wurde im Erdge-
        schoss komplett überflutet, und viele wertvolle Kunst-
        werke wurden zerstört. Ebenfalls Opfer der Fluten
        wurde zum Beispiel das vor allem für seine herrliche Ar-
        chitektur bekannte frühklassizistische Sommerpalais in
        Greiz in Thüringen.
        Hinzu kommt die Zerstörung von Kunst- und Kultur-
        schätzen durch Feuer und andere Ursachen während der
        vergangenen Jahre. Wir alle haben noch die Bilder der
        ausgebrannten Anna-Amalia-Bibliothek in Weimar im
        Jahr 2004 vor Augen, und wir alle erinnern uns an den
        Einsturz des Stadtarchivs im Kölner Süden vor vier Jah-
        ren, bei dem 30 wertvolle Regalkilometer in die Tiefe
        gerissen wurden.
        Die Kunstwerke und Bauwerke der vergangenen Jahr-
        hunderte sind Zeugnis unserer Geschichte und von ei-
        nem unermesslichen Wert. Diesen gilt es zu schützen.
        Wir sollten also den Schutz unserer Kunst- und Kultur-
        einrichtungen ausbauen und stärken. Der vorliegende
        Antrag gibt uns die Möglichkeit, die bereits bestehenden
        Zuständigkeiten im Bereich des Katastrophenschutzes
        bei Kunst- und Kulturgütern zu überprüfen und zu ver-
        bessern. Wichtig ist, dass wir die Maßnahmen von Bund,
        Ländern und Kommunen beim Hochwasserschutz künf-
        tig noch besser koordinieren, damit wir den Zerstörun-
        gen unserer Kunst- und Kulturgüter vorbeugen oder um
        im Notfall schnell und angemessen reagieren können.
        Der Schutz von Kulturgut, insbesondere im Katastro-
        phenfall, ist nach wie vor Kernkompetenz unserer Bun-
        desländer, und das ist auch gut so. Dennoch wird es in
        Zukunft wichtig sein, dass wir eine koordinierende
        Stelle schaffen, die Informationen und Zuständigkeiten
        jeglicher Art bündelt und verteilt. Dies reicht von der
        Forschung über den technischen Einsatz im Notfall bis
        hin zu Evakuierungsmaßnahmen und Methoden zur
        Konservierung und Wiederherstellung.
        Unser Staatsminister für Kultur und Medien, Bernd
        Neumann, hat bei zahlreichen Katastrophen in den ver-
        gangenen Jahren den Schutz von Kulturgütern im Rah-
        men seiner Möglichkeiten – und darüber hinaus – unter-
        stützt. Beim Einsturz des Kölner Stadtarchivs konnte so
        zusätzlich 1 Million Euro zur Verfügung gestellt werden,
        und auch die Konferenz nationaler Kultureinrichtungen,
        KNK, wird vom Beauftragten der Bundesregierung für
        Kultur und Medien finanziell unterstützt. Die KNK ist
        ein Zusammenschluss von 23 über die Landesgrenzen
        hinaus wirkenden Institutionen der neuen Bundesländer.
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        ie befasst sich bereits seit 2005 mit dem Thema „Si-
        herheit und Katastrophenschutz für Museen, Archive
        nd Bibliotheken“ und hat so 2010 den umfangreichen
        icherheitsleitfaden Kulturgut herausgegeben, der seit
        tztem Jahr in überarbeiteter Fassung vorliegt.
        Außerdem gibt es den Rahmenplan für Notfallmaß-
        ahmen in den staatlichen Archiven Bayern. Und
        chließlich beschäftigen sich das Rathgen-Forschungsla-
        or der Staatlichen Museen zu Berlin, das Fraunhofer-
        stitut und die Forschungsinstitute in der Leibniz-Ge-
        ellschaft mit zahlreichen Aspekten im Bereich des
        enkmalschutzes und der Denkmalpflege. Hier sollte
        eitnah eine Überprüfung der Expertise und der Kompe-
        nzen stattfinden, um anschließend nach Möglichkeit
        as vorhandene Wissen hierzulande zu bündeln und ein
        rofessionelles und interdisziplinäres Expertennetzwerk
        u schaffen. Wir haben mittlerweile leider, so muss man
        agen, einen ausreichenden Erfahrungsschatz zur Ber-
        ung und Konservierung von Kulturgütern im Falle von
        atastrophen. Diesen gilt es voll zu nutzen. Hier ist es
        anz besonders wichtig, bereits in der Lehre und For-
        chung anzusetzen, um so langfristig einen Expertenpool
        u schaffen, der uns in Deutschland die Möglichkeit
        ibt, im Kulturgutschutz präventiv tätig zu sein und, so-
        rn notwendig, auch relativ rasch, unkompliziert und
        bsolut professionell auf Katastrophen zu reagieren. Wie
        ie sehen, hat bei uns der Katastrophenschutz für die uns
        o wichtigen Schätze in Kunst und Kultur Priorität!
        Aus kulturpolitischer Sicht hat der Antrag zum Kul-
        rgüterschutz im Katastrophenfall absolute Aktualität.
        sbesondere bei national bedeutsamen Kultureinrich-
        ngen sollten wir also in Zukunft über eine Bündelung
        er Kompetenzen nachdenken. Diese könnte durch einen
        erantwortlichen auf Bundesebene übernommen wer-
        en, der in Abstimmung mit den Ländern Maßnahmen
        Katastrophenfall koordiniert und moderiert. Um die
        inführung von Doppelstrukturen zu vermeiden, sollte
        ier geprüft werden, inwieweit wir diese Kompetenzen
        ei unserem Staatsminister bündeln können. Hier könn-
        n vorhandene Kompetenzen erweitert und auf beste-
        enden Strukturen ausgebaut werden. Für die kommen-
        en Jahre sollten wir also prüfen, inwieweit die
        uständigkeiten und Ressourcen hier also erweitert wer-
        en können.
        Bisher vertritt der Kulturstaatsminister bereits die In-
        ressen kulturbewahrender Einrichtungen und ist unter
        nderem zuständig für den Schutz von Kulturgütern vor
        bwanderungen ins Ausland, für den Erhalt des schrift-
        chen Kulturguts in Archiven und Bibliotheken und un-
        r anderem auch für den Denkmalschutz. Gleichzeitig
        at die Bundesregierung nach der diesjährigen Hoch-
        asserkatastrophe das Aufbauhilfegesetz, mit dem
        Milliarden Euro zur Verfügung gestellt werden sollen,
        uf den Weg gebracht. Die Bündelung der Kompetenzen
        nd Zuständigkeiten eines Verantwortlichen für Kultur-
        utschutz im Katastrophenfall beim Staatsminister er-
        chte ich als angemessen und zielführend. Für die
        ächste Legislaturperiode sollten wir uns also vorneh-
        en, zeitnah zu prüfen, wie wir die dafür notwendigen
        essourcen zur Verfügung stellen können.
        Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32439
        (A) )
        )(B)
        Wie bereits erwähnt, liegen Forschung und Umset-
        zung des Schutzes von Kulturgütern im Verantwortungs-
        bereich der Länder. Dennoch haben wir einerseits in im-
        mer kürzeren Abständen mit Naturkatastrophen zu
        kämpfen, die zahlreiche Bundesländer betreffen. Ande-
        rerseits werden Kunst- und Kultureinrichtungen, die von
        nationaler Bedeutung sind, immer wieder in Mitleiden-
        schaft gezogen. Ein Verantwortlicher auf Bundesebene
        könnte dann nicht nur koordinativ tätig werden, sondern
        auch Wissen und Erfahrung aus dem europäischen Aus-
        land bündeln und hier die Kooperation mit ebenfalls be-
        troffenen Ländern, wie beispielsweise Polen, der
        Tschechei oder Rumänien, ermöglichen.
        Unsere Kunst- und Kulturgüter sind ein Schatz von
        unermesslichem Reichtum, den es mit allen uns zur Ver-
        fügung stehenden Mitteln zu verteidigen und zu schüt-
        zen gilt. Unser Antrag hat leider aktuell enorm große Be-
        deutung erlangt und findet deshalb unser aller
        Unterstützung. Unser Kulturstaatsminister Bernd
        Neumann hat in den vergangenen acht Jahren bewun-
        dernswerte Arbeit für die Bereiche Kultur und Medien in
        unserem Land geleistet. An dieser Stelle möchte ich
        mich bei ihm herzlich bedanken. Ebenfalls bedanken
        möchte ich mich bei den Kollegen aus dem Ausschuss
        für Kultur und Medien für eine wirklich konstruktive
        und zielführende Zusammenarbeit seit 2009.
        Ich schließe diese Rede mit der Hoffnung, dass die
        Förderung und der Erhalt von künstlerischen und kultu-
        rellen Schätzen auch in der neuen Legislaturperiode fort-
        gesetzt und ausgebaut werden wird.
        Ulla Schmidt (Aachen) (SPD): Es ist schade, dass
        Sie das Thema des Kulturgüterschutzes im Katastro-
        phenfall erst in letzter Sekunde – am Kulturausschuss
        vorbei und ohne Debatte – auf die Tagesordnung brin-
        gen. Schade, dass wir nicht gemeinsam über Forderun-
        gen und Maßnahmen diskutieren konnten. Das Anliegen
        des Antrags liegt uns am Herzen, viele der Forderungen
        sind grundsätzlich zu begrüßen. Die SPD will, dass im
        Katastrophenfall zügig reagiert werden und eine profes-
        sionelle Restaurierung beschädigten Kulturgutes ge-
        währleistet werden kann. Wir lehnen aber die lapidare
        Vorgehensweise der Regierungsfraktionen ab, mit der sie
        dieses Thema gerade eben noch in der letzten Sitzungs-
        woche der Legislaturperiode abhaken. Am Abend wird
        der Faule fleißig!.
        Viele der im Antrag geforderten Initiativen wären,
        wie ich finde, selbstverständliche Aufgaben des Bundes-
        beauftragten für Kultur und Medien, wenn man das Kul-
        turgut besser schützen will: zum Beispiel das gesell-
        schaftliche Bewusstsein für die Bedeutung des Kultur-
        güterschutzes zu schaffen oder die Rolle der Forschungs-
        einrichtungen für den Kulturgüterschutz zu evaluieren
        oder im Benehmen mit den Ländern und Kommunen zu
        überprüfen, wie der rechtliche Rahmen angepasst wer-
        den kann. Das sind Forderungen, aus denen erst konkre-
        tere Planungen und Vorgehensweisen folgen. Sie sind
        nicht handfest. Schon längst hätte sich die Bundesregie-
        rung um all das kümmern können. Dazu muss man nicht
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        rst eine neue Hochwasserkatastrophe oder das Ende der
        egislaturperiode abwarten.
        Dass die Bundesregierung sich nicht kümmert, zeigt
        uch der Fall Stadtarchiv Köln. Hier haben wir in den
        aushaltsberatungen gefordert, dass sich der Bund stär-
        er und deutlicher an der Stiftung zum Wiederaufbau be-
        iligt. Es hat am Anfang 1 Million Euro gegeben; das
        ar‘s. Hätte der Bundesbeauftragte für Kultur und Me-
        ien mehr getan, wäre vielleicht auch die Spendenbereit-
        chaft gestiegen. Jetzt zu kommen und alle möglichen
        aßnahmen und Strukturen zu fordern, ist wohlfeil,
        enn die Bundesregierung mit Ihrer Unterstützung zu-
        or versäumt hat, ganz konkret zu helfen, liebe Kollegin-
        en und Kollegen von Union und FDP.
        Einige der Forderungen beinhalten ganz neue Struktu-
        n. Ich finde, dass es besonders in diesem Fall notwen-
        ig wäre, ein ordnungsgemäßes parlamentarisches Ver-
        hren mit Anhörungen und Gesprächen in den zu-
        tändigen Ausschüssen zu durchlaufen, um im Ergebnis
        esser beurteilen zu können, was richtig ist. Damit
        eine ich zum Beispiel die Forderung, ein zentrales
        undesdeutsches Institut für Konservierungs- oder Kul-
        rschutzforschung einzurichten. Oder in Abstimmung
        it den Ländern die Einsetzung eines Verantwortlichen
        uf Bundesebene zu prüfen, der die zur Verbesserung
        es Kulturgüterschutzes notwendigen Maßnahmen koor-
        iniert und moderiert.
        Im Grundsatz wirken die Forderungen des Koalitions-
        ntrags nicht unvernünftig. Unsere Fraktion hat bei-
        pielsweise die Einrichtung einer Koordinierungsstelle
        um Schutz schriftlichen Kulturgutes unterstützt. Über
        as genaue Was und Wie und die finanziellen Erforder-
        isse sollte man sich aber doch parlamentarisch austau-
        chen können, um den richtigen Weg zu finden, Kata-
        trophen wie den Brand der Anna-Amalia-Bibliothek
        004, den Einsturz des Kölner Stadtarchivs 2009 oder
        ochwasserkatastrophen schnellstmöglich und effektiv
        u bewältigen, damit nicht noch mehr Schaden angerich-
        t wird.
        Dass wir wertvolles nationales Kulturgut nicht verlie-
        n wollen, darüber sind wir uns selbstverständlich einig.
        u dem vorliegenden Antrag wollen wir uns jedoch ent-
        alten, weil wir es für notwendig halten, Forderungen zu
        euen Strukturen ordnungsgemäß zu diskutieren und
        eil wir es für notwendig halten, dass Kulturanträge
        icht am Ausschuss vorbei in das Parlament eingebracht
        erden. Wir würden begrüßen, wenn das Einbringen des
        ntrags wenigstens bewirkt, dass wir in der nächsten
        egislaturperiode zu gemeinsamen Beschlüssen kom-
        en.
        Reiner Deutschmann (FDP): „Feuer und Wasser
        ind zwei gute Diener, aber schlimme Herrn“. Dieses
        lte deutsche Sprichwort bringt die Gefahren auf den
        unkt, die einer Gesellschaft jederzeit drohen.
        Katastrophen drohen immer wieder mit einer gewis-
        en Regelmäßigkeit. Schon lange kehren die sogenann-
        n Jahrhundert-Naturkatastrophen in Form von Fluten
        der Stürmen in immer kürzeren Abständen wieder.
        32440 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
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        Dazu kommen die menschgemachten Katastrophen
        durch technische Defekte oder menschliches Versagen.
        Mit diesen Katastrophen werden die Menschen immer
        wieder konfrontiert werden. Das Elbehochwasser 2002
        oder das jüngste Hochwasser an Elbe und Donau samt
        ihrer Nebenflüsse in diesem Jahr haben uns wieder ein-
        mal exemplarisch vor Augen geführt, dass sich die Natur
        nicht zu 100 Prozent zähmen lässt und mit dem Eintritt
        von Naturkatastrophen fast biblischen Ausmaßes nicht
        nur alle 100 Jahre zu rechnen ist.
        Weil das so ist, gibt es eine Reihe von exzellenten
        Notfallplänen, die dazu führen, dass zum Beispiel Poli-
        zei, Feuerwehr, Technisches Hilfswerk und nicht zuletzt
        die Bundeswehr schnell zur Stelle sind, wenn es darum
        geht, Menschenleben im Notfall zu retten und in Sicher-
        heit zu bringen. Dafür wollen wir diesen und den vielen
        anderen helfenden Einrichtungen, aber auch den vielen
        Freiwilligen herzlich danken.
        Sind die unmittelbaren Ursachen einer Katastrophe
        verschwunden, die Flüsse wieder in ihr ursprüngliches
        Flussbett zurückgekehrt, der Brand gelöscht oder die
        Orkanwinde abgeebbt, offenbart sich oftmals das wahre
        Ausmaß des Desasters. Menschen haben ihre Wohnun-
        gen verloren oder müssen diese erst einmal wieder her-
        richten; die betroffenen Betriebe müssen wieder in Gang
        gebracht und die Schäden müssen erfasst und beseitigt
        werden.
        Für die Kulturpolitik stellen sich durch Katastrophen
        ganz eigene Fragestellungen. 2002 stand das Dresdner
        Stadtzentrum mit Zwinger, Frauenkirche und Haupt-
        bahnhof komplett unter Wasser. Kultureinrichtungen ers-
        ten Ranges waren von den Fluten betroffen. Diesmal ist
        Dresden glimpflicher davongekommen, während es
        Großräume wie Passau, Halle und Magdeburg besonders
        hart getroffen hat. Die Erfassung der Schäden der dies-
        jährigen „Jahrhundertflut“ wird sicherlich noch Wochen
        dauern.
        Der Brand in der Anna-Amalia-Bibliothek in Weimar
        im Jahr 2004 hat uns die Wucht und Zerstörungskraft
        des Feuers deutlich gemacht. Damals fielen dem Feuer
        allein 50 000 wertvolle Bücher zum Opfer, und es wären
        sicherlich noch mehr Kulturgüter zu Schaden gekom-
        men, hätten zum Zeitpunkt des Unglücksfalls nicht ein
        Notfallplan in der Einrichtung und eine enge Koopera-
        tion mit der Feuerwehr existiert.
        Der menschengemachte Einsturz des Kölner Stadtar-
        chivs im Jahr 2009 vernichtete zwei Leben und ver-
        schluckte 30 Regalkilometer Archivgut. Zwar konnten
        circa 90 Prozent der Archivalien geborgen werden, aber
        in welchem Ausmaß diese restaurierungsfähig sind und
        wie hoch sich die derzeit auf circa eine Milliarde Euro
        geschätzten Schadensbeseitigungskosten letzten Endes
        wirklich belaufen werden, weiß keiner.
        Nach einer durch die FDP-Bundestagsfraktion im Ja-
        nuar 2013 durchgeführten Expertenanhörung wissen wir,
        dass der Kulturgüterschutz aber nicht bei der Bewälti-
        gung von akuten Katastrophen aufhören darf. Dr. Volker
        Rodekamp, Präsident des Deutschen Museumsbundes,
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        at damals auf die dramatische Lage gerade in kleinen
        nd mittleren Häusern hingewiesen, in denen oftmals
        infachste Bestimmungen des Brandschutzes nicht ein-
        ehalten werden können.
        Vor diesem Hintergrund hat sich die FDP-Bundes-
        gsfraktion zusammen mit unseren Partnern von der
        nion entschlossen, etwas für die Stärkung des Kultur-
        üterschutzes in Deutschland zu tun. Die Expertenanhö-
        ng hatte ergeben, dass es derzeit in der Gesellschaft an
        ewusstsein für die Bedürfnisse des Kulturgüterschutzes
        angelt. Deshalb wollen wir dafür werben.
        Ganz konkret wurde insbesondere eine koordinie-
        nde und moderierende Stelle vermisst, die sich der
        rängenden Aufgabenstellungen des Kulturgüterschut-
        es annimmt. Aus der Expertenrunde wurde der Wunsch
        n uns herangetragen, trotz der generellen Zuständigkeit
        er Bundesländer für den Kulturgüterschutz vom Bund
        us die Initiative zu übernehmen und die Koordinierung
        eziehungsweise Moderation zwischen den Beteiligten
        Bund, Ländern und Kommunen sowie zwischen Poli-
        k, Wissenschaft und Einrichtungen zu beginnen. Dies
        t Teil unseres Antrages. Es geht uns nicht darum, dass
        iese vom Bund vorzunehmende Koordinierung und
        oderation Kompetenzen wahrnimmt, die den Ländern
        ugewiesen sind. Der Bund kann im Bereich Kulturgü-
        rschutz nur sehr begrenzt rechtsverbindlich wirken.
        ies verhindert das Grundgesetz mit der klaren Kompe-
        nzzuweisung für den Kulturgüterschutz an die Bundes-
        nder. Dennoch wollen wir gerne – quasi beratend und
        chtsunverbindlich – diese erste Koordinierung im Be-
        ehmen mit den Bundesländern und Kommunen über-
        ehmen.
        Letztlich wollen wir erreichen, eine signifikante und
        pürbare Stärkung des Kulturgüterschutzes durch aktive
        nd präventive Maßnahmen in den Einrichtungen sicher-
        ustellen. Dazu gehören beispielsweise die Überprüfung
        es rechtlichen Rahmens sowie Maßnahmen wie der
        ntwurf gemeinsamer Not- und Katastrophenfallszena-
        en und Pläne durch Kultureinrichtungen und Katastro-
        henschutz. Es geht um die Schaffung eines interdiszi-
        linären Expertennetzwerks für die Lagerung, Bergung,
        icherung und Restaurierung von Kulturgütern. Nicht
        uletzt geht es uns um eine bessere Forschungsarbeit im
        ereich des Kulturgüterschutzes, und zwar dort, wo dies
        ötig ist.
        Es ist das erste Mal, dass mit einer Initiative des Deut-
        chen Bundestages eine signifikante Stärkung des Kul-
        rgüterschutzes unter Einbeziehung aller Ebenen ange-
        angen wird. In vielen Fällen werden wir Neuland
        etreten oder auf Widerstände treffen. Die Experten aus
        ibliotheken, Archiven und Museen sind sich aber uni-
        ono einig, dass in der Sache Kulturgüterschutz dringend
        ehr passieren muss und die Zeit drängt. Ich möchte Sie
        lle einladen, konstruktiv und an der Sache orientiert an
        iesem Vorhaben mitzuarbeiten und sich einzubringen.
        ber den Weg können wir gerne streiten, aber dass wir
        ine Verbesserung hinbekommen, sollte uns unsere her-
        orragende deutsche Kulturlandschaft wert sein. Ich
        itte sie daher um Zustimmung zu unserem Antrag.
        Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32441
        (A) )
        )(B)
        Patrick Kurth (Kyffhäuser) (FDP): „Kulturgüter von
        landesweiter Bedeutung bedroht“, „Wasser als Feind der
        Kulturschätze“ oder „Hochwasser in Mitteldeutschland
        – Kunst und Kultur in Not“ – Überschriften wie diese
        prägten bis noch vor wenigen Tagen die deutschen Me-
        dien. Naturkatastrophen wie die aktuelle Flut sind nicht
        nur eine Bedrohung für Wohnungen, Privathäuser,
        Unternehmen oder Selbstständige, sondern haben noch
        weitere Dimensionen. Besonders gefährdet ist auch das
        kulturelle Erbe der betroffenen Region, das sich oftmals
        über Jahrhunderte angesammelt hat.
        In schmerzlicher Erinnerung ist dahin gehend das
        Elbe-Hochwasser von 2002. Unter anderem in Dresden
        wurden immense Kulturschäden angerichtet, einige da-
        von irreparabel. Die Bilanz der aktuellen Flut fällt nach
        dem weitgehenden Verschwinden des Wassers zum
        Glück positiver aus. Zwar wurden entsprechende Schä-
        den dokumentiert, zum Beispiel in Halle-Burg Giebi-
        chenstein, Schloss Pillnitz in Sachsen oder im Stadtmu-
        seum in Pirna. Insgesamt fällt die Schadensbilanz aber
        kürzer aus.
        „Wir sind gerade noch einmal davongekommen“ ti-
        telte die FAZ zum glimpflichen Ausgang der Flut für die
        deutschen Kulturgüter. Zu verdanken ist dies insbeson-
        dere der Vorsorge beim Neubau der oft schon 2002 be-
        troffenen Museen, besserer Deiche und besonders ge-
        ringerer Pegelstände. Beispiel Dresden: Hatten vor elf
        Jahren in der Semperoper noch die Unterbühne samt
        technischer Anlagen sowie das Parkett unter Wasser ge-
        standen, reichten die Fluten diesmal nicht einmal an die
        Barrieren heran. Kaum auszudenken ist aber, was bei hö-
        heren Pegelständen passiert wäre.
        Menschengemachte oder natürliche Katastrophen sind
        eine ständige Gefahr für unsere Kulturschätze. Nicht nur
        die genannten Fluten, auch der Brand der Anna-Amalia-
        Bibliothek in Weimar oder der Einsturz des Kölner
        Stadtarchivs haben uns die Vergänglichkeit unserer oft
        über Jahrhunderte gesammelten und bewahrten Kunst-
        und Kulturschätze vor Augen geführt. Zahlreiche Bü-
        cher, Dokumente und Kunstwerke wurden unwieder-
        bringlich zerstört. Kultureinrichtungen und Kunstgegen-
        stände sind keine Badezimmerkacheln. Sie müssen
        geschützt werden.
        Diese nationalen Katastrophen werfen die Frage auf,
        wie man sie bereits im Vorfeld besser verhindern und ih-
        nen im Schadensfall bestmöglich begegnen kann, prä-
        ventiv und reaktiv. Bislang gibt es allenfalls Stückwerk:
        Die Konferenz nationaler Kultureinrichtungen hat den
        Sicherheitsleitfaden Kulturgut herausgegeben, der das
        Sicherheitsmanagement von Kultureinrichtungen un-
        terstützen soll. In Bayern gibt es einen Notfallplan der
        bayerischen Bibliotheken. Demgegenüber wird der
        Kulturgüterschutz in anderen Ländern wie der Schweiz
        bundeseinheitlich koordiniert, um überall optimale Stan-
        dards zu sichern. Dies muss auch das Ziel für Deutsch-
        land sein; dafür setzen sich FDP und Union ein.
        Nachdem das Thema „Katastrophenschutz und Kata-
        strophenhilfe im Kunst- und Kulturbereich“ unter den
        Vorgängerregierungen stark vernachlässigt wurde, nimmt
        sich jetzt die schwarz-gelbe Koalition unter liberaler Fe-
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        erführung dieses Themas an. Auch wenn die Zustän-
        igkeit für den Kulturgüterschutz allgemein bei den Län-
        ern liegt, so muss die Initialzündung für die dringend
        enötigte Initiative zur Stärkung des Kulturgüterschutzes
        on der Bundesebene ausgehen. Dafür hat sich die FDP
        tark gemacht. Liberale Kulturpolitik zeichnet sich näm-
        ch nicht nur dadurch aus, dass sie das Entstehen von
        euen Werken fördert, sondern auch das bereits Vorhan-
        ene schützt.
        Unsere Maßnahmen sind vielfältig: Wir fordern die
        undesregierung auf, gemeinsam mit den Ländern zu
        berprüfen, wie der rechtliche Rahmen angepasst wer-
        en kann, damit der Kulturgüterschutz gestärkt und da-
        it bessere Schutzmaßnahmen für Not- und Katastro-
        henfälle ergriffen werden können. Wir halten es
        ußerdem für nötig, die Einsetzung eines Verantwort-
        chen auf Bundesebene zu prüfen, der die zur Verbesse-
        ng des Kulturgüterschutzes notwendigen Maßnahmen
        oordiniert. Außerdem fordern wir die Bundesregierung
        uf, ein stärkeres Problembewusstsein nicht nur in der
        esellschaft, sondern auch bei den Verantwortlichen in
        useen, Ausstellungen usw. herzustellen und ein profes-
        ionelles interdisziplinäres Expertennetzwerk zu schaf-
        n, das im Not- und Katastrophenfall zum Schutz, zur
        ergung und zur Restaurierung von Kulturgütern
        chnellstmöglich herangezogen werden kann.
        In kaum einem anderen Land ist die Kulturlandschaft
        o breit wie in Deutschland. Die Anzahl der bedeutsa-
        en Kulturgüter ist kaum mehr zu überblicken. Als erste
        egierungskoalition setzt sich Schwarz-Gelb mit diesem
        ntrag dafür ein, dass das Bewahrenswerte in Zukunft
        och besser bewahrt werden kann. Darauf können wir
        tolz sein.
        Dr. Lukrezia Jochimsen (DIE LINKE): Wenn ein
        ntrag es verdient, gewissermaßen in der letzten Minute
        ieser Legislaturperiode bedacht zu werden, dann dieser.
        ulturgüterschutz in Deutschland zu betreiben, ist eine
        berfällige Aufgabe. Durch die aktuelle Flutkatastrophe
        llerdings ist sie jetzt ganz konkret auf der Tagesordnung
        olitischen Handelns, auch und gerade auf nationaler
        bene. Die 500 000 Euro, die die Kulturstiftung des
        undes, wie sie am 25. Juni 2013 bekannt gab, für den
        usgleich von Schäden im Bereich Kunst und Kultur
        ufgrund der Flutkatastrophe bereitstellen will, sind in
        ieser Hinsicht ein erstes Anzeichen, aber natürlich nicht
        ehr.
        Dem Antrag ist in allen Punkten zuzustimmen.
        In der neuen Legislaturperiode sollte schnell mit der
        msetzung begonnen werden, wofür der Antrag sehr de-
        ilgenaue Handlungsempfehlungen enthält.
        Agnes Krumwiede (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
        chutz vor Hochwasserschäden für Menschen, Tiere und
        r unsere Infrastruktur sollte nicht nur in den „Nachwe-
        en“ von sogenannten Jahrhunderthochwassern auf allen
        olitischen Ebenen ein wichtiges Thema sein. Politik
        uss vorausschauend handeln, nicht nur reaktiv. Die
        este Prävention vor massiven Hochwasserschäden ist
        in nachhaltiger ökologischer Hochwasserschutz mit der
        32442 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
        (A) )
        )(B)
        Schaffung von Überflutungsgebieten und Deichrückver-
        legung. Technischer Hochwasserschutz bekämpft nur die
        lokalen Symptome und verlagert das Problem stromab-
        wärts. Das haben die Menschen in diesem Sommer leid-
        voll erfahren müssen.
        Was wir dringend brauchen, sind eine Bekämpfung
        der Ursachen und eine langfristige, nachhaltige und
        transparente Strategie zum Schutz vor Hochwasser- und
        anderen Naturkatastrophen. In vielen Regionen unseres
        Landes brauchen wir mehr Ausgleichsflächen und Maß-
        nahmen zur Flächenentsiegelung sowohl bei bestehen-
        den Gebäuden und Flächen als auch bei Neubauvor-
        haben. Hier vertreten wir die Auffassung: Ausbau statt
        Neubau! Durch den ungehemmten Flächenverbrauch
        und die Versiegelung der Flächen sowie technische Maß-
        nahmen – Kanalisierung, Drainierung, Gräben – werden
        die Regenmengen immer schneller in die Flüsse geleitet.
        Dadurch laufen die Hochwasserspitzen immer schneller
        und höher auf. Auch die industrielle Landwirtschaft hat
        einen entscheidenden Anteil an der Versiegelung unserer
        Landschaft.
        Nachhaltige Klima- und Umweltpolitik und ökologi-
        sche Landwirtschaft sind nicht nur für Menschen und
        Tiere unter anderem der beste Schutz vor Hochwasser,
        sondern bewahren auch unsere Städte, Kunstschätze und
        Baudenkmäler vor Substanzschäden. Da Regenwolken
        und Flüsse weder vor Länder- noch vor Bundesgrenzen
        haltmachen, brauchen wir keinen Föderalismus, sondern
        ein internationales Konzept zum Hochwasserschutz.
        Der vorliegende Antrag beinhaltet einige bedenkens-
        werte Forderungen: Die Einrichtung eines professionel-
        len interdisziplinären Expertennetzwerks beispielsweise,
        das im Not- und Katastrophenfall zum Schutz, zur Ber-
        gung und zur Restaurierung von Kulturgütern schnellst-
        möglich herangezogen werden kann, sollte unbedingt in
        Erwägung gezogen werden. In der Summe aber bleiben
        die vorgeschlagenen Maßnahmen zu unkonkret, die For-
        derung nach der Einrichtung eines zentralen bundesdeut-
        schen Instituts für Konservierungs- oder Kulturschutz-
        forschung ist lediglich ein Prüfauftrag.
        Darüber hinaus fehlt eine zentrale Forderung:
        Auch von Hochwasser betroffene öffentliche Kulturein-
        richtungen müssen bei der Mittelvergabe aus dem ak-
        tuell vom Bund eingerichteten Fluthilfefonds in Höhe
        von 8 Milliarden Euro ausreichend Berücksichtigung
        finden. In Thüringen beispielsweise ist aktuell das Som-
        merpalais in Greiz aufgrund der Hochwasserschäden
        in seiner Substanz bedroht. Der Schlosspark, der für
        900 000 Euro gerade neu gestaltet und erst im Mai der
        Öffentlichkeit vorgestellt worden ist, wurde komplett
        überflutet. Zudem wurden die Stuckarbeiten und Flach-
        reliefs aus dem 18. Jahrhundert am Schloss beschädigt.
        Wie der Berichterstattung zu entnehmen ist, wird allein
        hier von einem Schaden von 2,6 Millionen Euro ausge-
        gangen. In ihrer Regierungserklärung hat die Bundes-
        kanzlerin eine „rasche Soforthilfe und einen zügigen
        Wiederaufbau“ versprochen. Das muss auch für vom
        Hochwasser beschädigte öffentlich geförderte Kulturgü-
        ter und Kulturinstitutionen gelten.
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        Im Antrag der Koalition wird zu Recht angemerkt,
        ass die Schweiz uns im Bereich des Kulturgüterschut-
        es mehrere Schritte voraus ist. Es stellt sich die Frage,
        arum die Regierungskoalitionen der letzten acht Jahre
        icht längst schon die im Antrag formulierten Maßnah-
        en umgesetzt haben. Dazu gehört auch, ein Experten-
        am zur Bergung von Kulturschätzen einzurichten und
        zusätzliche Schulungen zum sachgerechten Umgang
        it schützenswerten Kulturgütern beispielsweise für
        itarbeiterinnen und Mitarbeiter des Technischen Hilfs-
        erks zu investieren.
        Im Fall einer Hochwasserkatastrophe kann allerdings
        elbst das beste Expertenteam lediglich die beweglichen
        ulturgüter retten. Dies zeigte sich auch 2002, wo die
        ebäude den Fluten ausgeliefert waren und Milliarden-
        chäden entstanden sind. Deshalb brauchen wir nicht nur
        aktive Maßnahmen, sondern ein Umdenken hin zu
        ehr Klima-, Umwelt- und Naturschutz. Denn die beste
        rävention vor massiven Hochwasserschäden ist ein
        kologischer Hochwasserschutz.
        Trotz unserer hier vorgebrachten Kritik ist es unserem
        ollegen Wolfgang Börnsen mit diesem letzten Antrag
        einer Zeit als Bundestagsabgeordneten gelungen, wich-
        ge Impulse zu formulieren für einen verbesserten Kul-
        rgüterschutz. Wir wünschen Wolfgang Börnsen alles
        ute für seine Zeit nach der aktiven Bundespolitik!
        nlage 38
        Zu Protokoll gegebene Reden
        zur Beratung:
        – Entwurf eines Gesetzes zur Nutzung ver-
        waister und vergriffener Werke und einer
        weiteren Änderung des Urheberrechtsgeset-
        zes
        – Entwurf eines … Gesetzes zur Änderung des
        Urheberrechtsgesetzes
        – Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des
        Gesetzes über die Wahrnehmung von Ur-
        heberrechten und verwandten Schutzrech-
        ten (Urheberrechtswahrnehmungsgesetz –
        UrhWahrnG)
        – Beschlussempfehlung und Bericht zu dem
        Antrag: Zugang zu verwaisten Werken er-
        leichtern
        – Beschlussempfehlung und Bericht zu dem
        Antrag: Förderung von Open Access im
        Wissenschaftsbereich und freier Zugang zu
        den Resultaten öffentlich geförderter For-
        schung
        (Zusatztagesordnungspunkte 20 a und 20 b)
        Ansgar Heveling (CDU/CSU): Was ursprünglich
        in ganzer „Korb“ an Maßnahmen zur Modernisierung
        es Urheberrechts werden sollte – es wäre der „Dritte
        orb“ gewesen –, ist nun zu einem kleinen Bündel an
        egelungen zusammengeschrumpft. Wir als CDU/CSU-
        Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32443
        (A) )
        )(B)
        Fraktion haben uns stets für eine umfassende Umsetzung
        des sogenannten Dritten Korbes und einer darin enthalte-
        nen Anpassung des Urheberrechts an die Entwicklungen
        durch die Digitalisierung starkgemacht.
        Lassen Sie mich dennoch an dieser Stelle zu dem
        kommen, was nun mit dem vorliegenden Entwurf eines
        Gesetzes zur Nutzung verwaister und vergriffener Werke
        und einer weiteren Änderung des Urheberrechtsgesetzes
        erreicht wird.
        Umsetzung der Richtlinie „Verwaiste Werke“: Dies
        ist zum einen die Umsetzung der EU-Richtlinie über be-
        stimmte zulässige Formen der Nutzung verwaister
        Werke in deutsches Recht, die wir mit dem Beschluss
        des Gesetzentwurfes erreichen. Dabei gehen wir sogar
        über die Vorgaben der Richtlinie hinaus und regeln
        zusätzlich zu den verwaisten Werken auch die Nutzung
        vergriffener Werke. So leisten wir unseren Beitrag zu ei-
        ner möglichst einheitlichen europäischen Regelung bei
        der Nutzung von Werken, deren Urheber nicht oder nicht
        mehr ermittelbar ist, insbesondere in digitaler Form. Da-
        mit die in verwaisten oder vergriffenen Werken enthalte-
        nen Daten, Inhalte und Informationen einer möglichst
        großen Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden
        können, brauchen wir die neue gesetzliche Regelung.
        Denn ein freier, aber damit nicht zwangsläufig kosten-
        freier und ungehinderter Zugang und Austausch von
        Wissen, Forschungsergebnissen und anderen Informatio-
        nen ist eine der zentralen Grundlagen unserer Informa-
        tionsgesellschaft. Wir dürfen nicht riskieren, dass diese
        Werke aufgrund einer unklaren Rechtssituation nicht öf-
        fentlich zugänglich gemacht werden und dass damit be-
        deutendes kulturelles Erbe verloren gehen könnte.
        Etablierung und Förderung von Golden Open Access:
        Mit dem gemeinsamen Entschließungsantrag der Koali-
        tionsfraktionen untermauern wir noch einmal die Rege-
        lung zum Zweitverwertungsrecht für Autoren wissen-
        schaftlicher Beiträge. Ausdrücklich sprechen wir uns
        dabei für die Förderung von Open Access und Golden
        Open Access im Besonderen aus. Open Access sorgt für
        ein attraktives und breites Angebot wissenschaftlicher
        Publikationen, die öffentlich zugänglich gemacht wer-
        den. Die weiteren Schritte, die für die Förderung von
        Open Access in Deutschland notwendig sind, benennen
        wir in unserem Entschließungsantrag klar und deutlich.
        Es ist daher unser unabdingbares Anliegen, dass diese
        Schritte nun konsequent aufgenommen und weiterver-
        folgt werden. Dazu gehört zunächst und vor allem die
        Förderung von Publikationen mit Golden Open Access,
        bei dem die Erstveröffentlichung unmittelbar auf digita-
        lem Wege, etwa in einer online erscheinenden Zeitschrift
        erfolgt. Zudem wollen wir ein Instrument zur Förderung
        von Golden Open Access, etwa in Form eines Publika-
        tionsfonds, etablieren. Damit sollen Publikationskosten
        für Wissenschaftler erstattet werden können, die mit
        Golden Open Access ihre Beiträge veröffentlichen
        möchten.
        Urheberrecht als Lebensgrundlage für die Kreativen:
        Der Entschließungsantrag verdeutlicht darüber hinaus in
        unmissverständlicher Weise, dass das Urheberrecht zen-
        trale Lebensgrundlage für die Kreativen und Kultur-
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        chaffenden in Deutschland ist. Es sichert die angemes-
        ene Vergütung und damit die wirtschaftliche Existenz
        on Urheberinnen und Urhebern. So erhalten wir krea-
        ve Tätigkeit und eine vielfältige Kulturlandschaft in
        nserem Land.
        Zentrale Aufgabe für die Politik ist dabei die auch im
        ntschließungsantrag angesprochene Ausbalancierung
        er unterschiedlichen Interessenlagen im Urheberrecht.
        ir stellen fest, dass das Urheberrecht nicht nur die zen-
        ale Grundlage für Kreativität und Entwicklergeist ist,
        ondern auch Innovationen in Wissenschaft und For-
        chung voranbringt. Zwischen den berechtigten Interes-
        en von Urhebern, Rechteverwertern, Verbrauchern, der
        irtschaft und der Wissenschaft muss stets ein ange-
        essener Ausgleich hergestellt werden. Ein Kompro-
        issvorschlag wäre eine annehmbare Alternative für alle
        eteiligten gewesen.
        An dieser Stelle möchte ich dennoch nicht unerwähnt
        ssen, dass eine Kompromissformulierung im Gesetzes-
        xt selbst die Förderung von Golden Open Access be-
        its jetzt möglich gemacht hätte. Ein solcher Kompro-
        iss hätte durchaus die unterschiedlichen Interessen der
        issenschafts- und Verlegerseite zueinanderbringen
        önnen und den Weg, den wir nun mit der Förderung
        on Open-Access-Veröffentlichungen beschreiten wol-
        n, bereits in rechtssicherer Art und Weise im Gesetz
        erankert.
        Tankred Schipanski (CDU/CSU): Das Bundeskabi-
        ett hat am 10. April 2013 einen Regierungsentwurf ver-
        bschiedet, den wir heute in unveränderter Form im
        eutschen Bundestag verabschieden. Das Gesetz stärkt
        issenschaft und Forschung in Deutschland in dreierlei
        insicht. Erstens schaffen wir die Voraussetzung dafür,
        ass sogenannte verwaiste Werke, also Werke, deren
        echteinhaber auch nach sorgfältiger Suche nicht festge-
        tellt werden kann, digitalisiert und online gestellt wer-
        en können, sodass sie dem kulturellen Erbe nicht verlo-
        n gehen. Dafür ändern wir das Urheberrechtsgesetz
        nd fügen die §§ 61 bis 61 c Urheberrechtsgesetz neu
        inzu. Die entsprechende EU-Richtlinie, 2012/28/EU,
        etzen wir fristgerecht in deutsches Recht um. Dieselbe
        ichtlinie fordert die nationalen Gesetzgeber zweitens
        azu auf, die Nutzung vergriffener Werke im Rahmen
        on Digitalisierungsvorhaben zu erleichtern. Hierfür ist
        ine Änderung des Urheberrechtswahrnehmungsgeset-
        es erforderlich, die wir in den §§ 13 d und 13 e Ur-
        eberrechtswahrnehmungsgesetz vornehmen. Drittens
        ird mit diesem Gesetz ein unabdingbares Zweitverwer-
        ngsrecht eingeführt. Davon profitieren Autoren von
        issenschaftlichen Beiträgen in Periodika, die überwie-
        end mit öffentlichen Mitteln gefördert wurden. Dies ge-
        chieht durch eine Neufassung von § 38 Abs. 4 Urheber-
        chtsgesetz.
        Meine Damen und Herren, aus Sicht der Wissenschaft
        ommt diesem Gesetz somit eine ganz besondere Bedeu-
        ng zu, da wir erstmals in § 38 Abs. 4 Urheberrechtsge-
        etz ein sogenanntes Zweitverwertungsrecht bzw. ein
        weitveröffentlichungsrecht gesetzlich verankern. Somit
        chaffen wir einen fairen Interessenausgleich zwischen
        32444 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
        (A) )
        )(B)
        Verlagen und Forschern. Beide werden dadurch wieder
        Partner auf Augenhöhe.
        Die Änderung wurde nötig, um die Rechte der For-
        scher zu stärken, die bislang oft gezwungen waren, zur
        Veröffentlichung in einem renommierten Journal ihre
        kompletten Autorenrechte an die Verlage zur Verwertung
        abzutreten. Hernach war es ihnen nicht mehr möglich,
        allen voran mit Blick auf die digitale Arbeitswelt, über
        den Grad der Sichtbarkeit ihrer Forschungsergebnisse zu
        entscheiden. Die Zirkulation von Wissen erhöhen, Er-
        kenntnisse einer breiten Öffentlichkeit bereitstellen und
        den Nutzen der eingesetzten Steuermittel maximieren,
        von dieser Trias lassen wir uns bei dem vorliegenden
        Gesetz sowie dem Entschließungsantrag leiten. Wir leis-
        ten mit dieser Gesetzesnovelle und dem sie begleitenden
        Entschließungsantrag einen wichtigen Beitrag zur För-
        derung von Open Access in Deutschland. Mit beiden
        Bausteinen entwickeln wir unsere Open-Access-Strate-
        gie weiter.
        Das unabdingbare Zweitveröffentlichungsrecht för-
        dert den sogenannten grünen Weg des Open Access, bei
        dem Wissenschaftler ihre Publikationen nach der tradi-
        tionellen Printpublikation zusätzlich noch im Internet
        zugänglichen machen wollen. Dies ermöglicht das Ge-
        setz nach einer sogenannten Embargofrist von zwölf
        Monaten. Daneben existiert der sogenannte goldene Weg
        des Open Access, bei dem die Veröffentlichung von
        vorneherein und unmittelbar digital erfolgt, zum Bei-
        spiel in einem Open-Access-Journal. Hierfür fallen in
        der Regel Publikationskosten an.
        Für die christlich-liberale Koalition stehen beide For-
        men der Open-Access-Veröffentlichung bzw. beide
        Wege des Open Access gleichberechtigt nebeneinander
        und ergänzen einander. Mit der Gesetzesnovellierung
        fördern wir primär den grünen Weg des Open Access.
        Mit dem Entschließungsantrag wird verdeutlicht, dass
        auch der goldene Weg des Open Access förderungswür-
        dig ist und die Bundesregierung zu ganz konkreten Maß-
        nahmen auffordert. Dazu gehören die Schaffung eines
        Publikationsfonds oder die Aufnahme entsprechender
        Klauseln in die Förderbestimmungen; alles Fördermög-
        lichkeiten für Open-Access-Publikationen.
        Insgesamt stellen somit die Gesetzesnovelle und der
        Entschließungsantrag ein rundes Gesamtpaket zur För-
        derung von Open Access dar. Dies begrüßt auch aus-
        drücklich die Allianz der Wissenschaftsorganisationen.
        Gleichwohl bleiben aus Sicht der Wissenschaftsorgani-
        sationen Wünsche offen, wie uns die Anhörung zum Ge-
        setzentwurf gezeigt hat. Mit Blick auf die Arbeit der
        Projektgruppe Bildung und Forschung der Enquete-
        Kommission Internet und digitale Gesellschaft des Deut-
        schen Bundestages und dem dort gefundenen fraktions-
        übergreifenden Arbeitsauftrag bezüglich eines Zweit-
        veröffentlichungsrechts und der Förderung von Open
        Access bleibt die Thematik auf der politischen Agenda.
        Einen großen Schritt in die richtige Richtung gehen
        wir mit § 38 Abs. 4 Urheberrechtsgesetz bereits am heu-
        tigen Tag. Dabei ist durchaus festzuhalten, dass es be-
        reits in Teilen der Verlagswelt Praxis ist, dass Verlage in
        Verlagsverträgen explizit eine Zweitpublikation nach ei-
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        er Embargofrist gestatten. Richtigerweise stellte in der
        nhörung im Rechtsausschuss am 10. Juni 2013 der
        achverständige Dr. Eric Steinhauer dazu fest: „Das im Re-
        ierungsentwurf vorgeschlagene Zweitveröffentlichungs-
        cht greift für den in § 38 Abs. 4 Urheberrechtsgesetz
        orgesehenen Kreis von Wissenschaftlerinnen und Wis-
        enschaftlern diese Praxis auf und stattet sie mit recht-
        cher Verbindlichkeit aus. Damit werden Rechtssicher-
        eit und Rechtsklarheit hergestellt. Die Autorinnen und
        utoren werden bei der weiteren Nutzung der von ihnen
        elbst verfassten Werke von urheberrechtlichen Überle-
        ungen weitgehend entlastet.“
        Der Sachverständigenanhörung war die einhellige Bot-
        chaft zu entnehmen, dass das Zweitveröffentlichungs-
        cht die Position der wissenschaftlichen Autorinnen
        nd Autoren stärkt. Gleichzeitig bleibt festzuhalten, dass
        erlagspublikationen und Zweitveröffentlichung keine
        egensätze sind, sondern sich ergänzen. So stellte der
        achverständige Dr. Steinhauer zutreffend fest: „Zweit-
        eröffentlichungen können überdies die Verlagspublika-
        onen nicht ersetzen, da es letztlich offen bleibt, ob ein
        erk durch die Autorin oder den Autor erneut öffentlich
        ugänglich gemacht wird. Die Verlagspublikation behält
        aher auch nach Einführung eines Zweitveröffent-
        chungsrechts in Zukunft ihre wichtige Stellung, ver-
        unden freilich mit Verbesserungen für wissenschaft-
        che Autoren, ihre Werke im Rahmen einer digital und
        ernetzt arbeitenden Wissenschaft leicht und unkompli-
        iert zu nutzen.“
        In diesem Sinne bin ich überzeugt, dass wir mit unse-
        m Gesetzentwurf und dem Entschließungsantrag den
        chtigen Weg beschreiten. Mit diesem Gesamtpaket zur
        örderung von Open Access entwickeln wir unsere
        pen-Access-Strategie weiter.
        René Röspel (SPD): Mit der heutigen Debatte wird
        ine Reihe von Anträgen zum Thema „Verwaiste
        erke“ behandelt. Da es sich bei diesem Teil des
        esetzgebungsverfahrens um eine Umsetzung einer
        U-Richtlinie handelt, ist dieser Teil des vorliegenden
        esetzentwurfes unstreitig. Da sich die Koalitionsfrak-
        onen nach fast vier Jahren Untätigkeit – trotz mehrfa-
        her Aufforderung – auf den letzten Metern doch noch
        azu entschieden haben, im Rahmen dieses Gesetzge-
        ungsverfahrens durch eine Novelle des § 38 Urheber-
        chtsgesetz ein Zweitverwertungsrecht für wissen-
        chaftliche Autoren einzuführen, wird mit diesem
        esetzentwurf ein wichtiges Thema für den Wissen-
        chafts- und Forschungsstandort Deutschland auf die Ta-
        esordnung gesetzt.
        Auch wenn die Aussicht auf ein Zweitverwertungs-
        cht für die Wissenschaft zunächst vielversprechend
        lingt, ist das vorliegende Ergebnis mehr als nur eine
        nttäuschung bzw. eine Mogelpackung. Denn was hier
        ls unabdingbares Zweitverwertungsrecht für die deut-
        che Wissenschaft verkauft wird, ist in Wirklichkeit ein
        Zweitverwertungsrecht light“, das den Bedürfnissen
        er Wissenschaft in unserem Land nicht gerecht wird.
        Als gravierendster Mangel muss an dieser Stelle die
        ktische Zweiteilung der Wissenschaftslandschaft he-
        Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32445
        (A) )
        )(B)
        rausgestellt werden: Die Diskriminierung beim Gel-
        tungsbereich des Zweitverwertungsrechts in universitäre
        und außeruniversitäre Forschung lässt diesen Rechtsan-
        spruch als ein Zweiklassenrecht erscheinen.
        Die häufig von schwarz-gelb propagierte Einheit von
        Forschung und Lehre in der deutschen Wissenschafts-
        landschaft erscheint vor diesem Hintergrund wie eine
        leere Hülse. Zudem geht eine solche rechtlich diskrimi-
        nierende Regelung an der Wirklichkeit der Wissen-
        schafts- und Forschungslandschaft vorbei. Universitäre
        und außeruniversitäre Forschung mögen für Schwarz-
        Gelb auf dem Papier als getrennte Sphären erscheinen,
        doch ist im Alltag der Übergang häufig nur schwer abzu-
        grenzen.
        An dieser Stelle möchte ich als Beispiel die Situation
        bei der Fraunhofer-Gesellschaft für Forschung anführen:
        Die Mehrzahl aller bei der Fraunhofer-Gesellschaft an-
        gestellten Professoren hat zugleich einen Lehrauftrag an
        einer Hochschule. In der Alltagspraxis dieses Personen-
        kreises findet aktive Forschungsarbeit sowohl an der
        Hochschule selbst als auch an den jeweiligen FhG-Insti-
        tuten statt. Gleiches gilt für die wissenschaftlichen
        Publikationen dieser Gruppe von Wissenschaftlerinnen
        und Wissenschaftlern. Wie stellt sich die Bundesregie-
        rung in der Praxis die Abgrenzung einer möglichen Pu-
        blikation dieses Personenkreises vor? Muss ein an einer
        Helmholtz-Einrichtung beschäftigter Professor einen
        Stunden- und Ortsnachweis führen, wenn er von seinem
        Zweitverwertungsrecht Gebrauch machen will? In der
        Begründung des Gesetzentwurfes finden sich keinerlei
        Hinweise auf die Möglichkeiten zur praktischen An-
        wendung im Grenzbereich dieser gesetzlichen Regelung.
        Für all jene Professorinnen und Professoren, die zwi-
        schen universitärer und außeruniversitärer Forschung
        wechseln, wird diese Änderung des § 38 Urheberrecht
        keine Erleichterung bringen.
        Ebenso möchte ich an dieser Stelle die unnötige Ein-
        schränkung des Zweitverwertungsrechts auf die Manu-
        skriptversion bemängeln. Wenn es einem wissenschaftli-
        chen Autor untersagt bleibt, formatgleiche Versionen
        seiner Publikation zur nichtkommerziellen Zweitverwer-
        tung freizugeben, dann wirkt sich dies negativ auf die
        Zitierfähigkeit der Zweitveröffentlichung aus. Dies wird
        letztlich ein Zitat-Wirrwarr zur Folge haben und somit
        mittelfristig einen negativen Einfluss auf zweitveröffent-
        lichte Publikation mit sich bringen. Diesen wird in der
        wissenschaftlichen Community wahrscheinlich der Ma-
        kel einer Publikation der zweiten Wahl anhaften.
        Vor diesem Hintergrund ist es nicht verwunderlich,
        dass der von der schwarz-gelben Koalition vorgelegte
        Gesetzentwurf nicht nur von den Oppositionsfraktionen,
        sondern auch von der Allianz der Wissenschaftsorgani-
        sationen, also der Gesamtheit der deutschen Wissen-
        schaft, abgelehnt wird. Dies sollte den Autoren dieses
        Gesetzentwurfes eigentlich zu denken geben. Dass der
        Entwurf der Bundesregierung noch solch gravierende
        Mängel aufweist, ist um so bedauerlicher, wenn man
        sich vor Augen hält, wie viel Zeit und Fachexpertise auf-
        gewendet wurden, um ein solch mageres Ergebnis abzu-
        liefern.
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        Die Forderung nach der Einführung eines Zweitver-
        ertungsrechts für wissenschaftliche Autorinnen und
        utoren gibt es schon seit vielen Jahren: Bereits zu Zei-
        n der Großen Koalition verabschiedeten die Wissen-
        chaftspolitikerinnen und Wissenschaftspolitiker von
        PD und CDU/CSU einen gemeinsamen Entschlie-
        ungsantrag, der ein unabdingbares Zweitverwertungs-
        cht forderte. In einem sogenannten „Dritten Korb“ für
        as Urheberrecht sollten die Belange der Wissenschaft
        nd Forschung im Urheberrecht berücksichtigt werden.
        eider war bereits damals der Widerstand der Rechtspo-
        tiker der Unionsfraktionen so groß, dass der Dritte
        orb nicht umgesetzt werden konnte.
        Da sich die SPD-Bundestagsfraktion ihrer Verantwor-
        ng bewusst ist und sich für eine moderne Wissen-
        chaftslandschaft einsetzt, hat sie bereits am 16. März
        011 einen Gesetzentwurf zum Zweitverwertungsrecht
        orgelegt. Vonseiten der derzeitigen Koalitionsfraktio-
        en war hingegen fast vier Jahre nichts zu hören. Anstatt
        uf eine tragfähige Einigung mit den Rechtspolitikern
        er Unionsfraktionen hinzuarbeiten, hat man sich dafür
        ntschieden, die Sache auf die lange Bank zu schieben,
        it fatalem Ergebnis. Denn jetzt, kurz vor dem Ende der
        egislatur, versucht die Merkel-Regierung die eigene
        ntätigkeit bzw. die Kapitulation der Wissenschaftspoli-
        ker von CDU, CSU und FDP vor dem antiquierten
        echtsverständnis der eigenen Rechtspolitiker durch ei-
        en zahnlosen und praxisfremden Gesetzentwurf zu ka-
        chieren. Auf die Möglichkeit, den Entwurf nachzubes-
        ern, wurde verzichtet. Die konstruktiven und sach-
        ienlichen Hinweise der Sachverständigen in der Anhö-
        ng des Rechtsausschusses vom 10. Juni 2013 wurden
        benfalls nicht aufgegriffen.
        Es ist bedauerlich, dass durch die Untätigkeit der
        oalitionsfraktionen in dieser Frage den Forschenden in
        nserem Land ein modernes Urheberrecht verweigert
        urde, welches ihren Bedürfnissen im internationalen
        ettbewerb gerecht wird. Das Fehlen praxistauglicher
        nd zeitgemäßer Regelungen im Wissenschaftsurheber-
        cht beschädigt auf Dauer den Wissenschaftsstandort
        eutschland. Das Einzige, was dieses trübe Bild auf-
        ellt, ist die Aussicht, dass es ab Herbst dieses Jahres
        ndlich die Möglichkeit zum Umsteuern ergibt.
        Stephan Thomae (FDP): Die Digitalisierung unse-
        r Welt schreitet immer weiter voran. Sie eröffnet uns
        roße Möglichkeiten, kulturelle Schöpfungen für die
        achwelt dauerhaft zu erhalten. Gerade im Land der
        ichter und Denker ist uns der Erhalt unseres kulturellen
        rbes ein sehr wichtiges Anliegen. Daher wollen wir die
        chnischen Möglichkeiten bestmöglich ausnutzen.
        und, Länder und Kommunen errichten zur Zeit die
        eutsche Digitale Bibliothek, DDB. Durch sie soll na-
        onales Kulturgut für jedermann online zugänglich ge-
        acht werden. Die DDB ist ein wesentlicher Beitrag zur
        örderung der Wissens- und Informationsgesellschaft in
        eutschland.
        Allerdings müssen wir bei diesem Vorhaben die Inte-
        ssen der Rechteinhaber berücksichtigen. Die FDP be-
        ennt sich zu einem umfassenden Eigentumsschutz, der
        32446 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
        (A) )
        )(B)
        auch geistiges Eigentum umfasst. Daraus folgt, dass der
        Rechteinhaber entscheiden können muss, ob und wie
        sein Werk genutzt werden darf. Ohne sein Einverständ-
        nis dürfen Dritte das Werk nicht verwenden.
        Problematisch wird es dort, wo nicht festgestellt wer-
        den kann, wer der Inhaber von Rechten an einem Werk
        ist oder wie dieser zu erreichen ist. Dann kann er auch
        nicht nach seinem Einverständnis gefragt werden.
        Auf europäischer Ebene ist daher die Richtlinie 2012/
        28/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom
        25. Oktober 2012 über bestimmte zulässige Formen der
        Nutzung verwaister Werke erlassen worden. Diese set-
        zen wir mit dem vorliegenden Gesetzentwurf um.
        Darin schaffen wir die Möglichkeit, Werke zu digita-
        lisieren und online zu stellen, damit sie nicht dem kultu-
        rellen Erbe verloren gehen. Dieses Recht erhalten
        öffentlich zugängliche und im Gemeinwohl errichtete
        Institutionen, insbesondere Bibliotheken, Archive und
        öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten. Voraussetzung
        hierfür ist, dass die Rechteinhaber dieser Werke auch
        nach einer sorgfältigen Suche nicht festgestellt oder aus-
        findig gemacht werden konnten. Wird ein Rechteinhaber
        erst nach begonnener Nutzung ausfindig gemacht, muss
        die Nutzung sofort nach Kenntnis davon unterlassen
        werden. In diesem Fall hat der Rechteinhaber einen An-
        spruch auf angemessene Vergütung für die bereits er-
        folgte Nutzung.
        Etwas anders liegt die Situation bei Werken, deren
        Rechteinhaber zwar bekannt sind, die aber nicht mehr
        produziert oder aufgelegt werden. Auch solche Werke
        können unter engen Voraussetzungen digitalisiert und
        online gestellt werden, allerdings nur, wenn der Rechte-
        inhaber einem entsprechenden Begehren nicht innerhalb
        von sechs Wochen widersprochen hat. Rechteinhaber
        können der Nutzung ihrer Werke auch bereits im Vorfeld
        widersprechen.
        Zudem schaffen wir ein Zweitverwertungsrecht für
        wissenschaftliche Urheber. Einen wissenschaftlichen
        Beitrag, der im Rahmen einer mindestens zur Hälfte mit
        öffentlichen Mitteln geförderten Forschungstätigkeit
        entstanden und in einer periodisch mindestens zweimal
        jährlich erscheinenden Sammlung erschienen ist, kann
        der Urheber zu nicht gewerblichen Zwecken öffentlich
        zugänglich machen. Dieses Recht entsteht jedoch erst
        nach Ablauf von zwölf Monaten nach der Erstveröffent-
        lichung. Damit verbessern wir den Zugang zu Wissen
        und Informationen und stärken den Forschungsstandort
        Deutschland.
        Durch das Gesetz erleichtern wir den Erhalt unseres
        kulturellen Erbes. Gleichzeitig erleichtern wir die Ver-
        breitung von Forschungsergebnissen zum Wohle des
        Forschungsstandortes Deutschland. Die FDP-Bundes-
        tagsfraktion wird dem Gesetzentwurf daher zustimmen.
        Ich bitte auch um Ihre Stimmen für dieses Anliegen.
        Petra Sitte (DIE LINKE): Nach der Ankündigung ei-
        nes „Dritten Korbes“ der Urheberrechtsreform für Bil-
        dung und Wissenschaft im Koalitionsvertrag, nach An-
        hörungen im Justizministerium, nach vier Jahren
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        ebatte rumpelte und kreißte nun der Koalitionsberg
        nd gebar in den letzten drei Sitzungswochen der Legis-
        tur ein Reförmchen. Und zu diesem muss man der Jus-
        zministerin und den wenigen netzaffinen Politikerinnen
        nd Politikern in der Union auch noch gratulieren, denn
        uch dieses Reförmchen stand immer wieder auf der
        ippe.
        Sie wollen also eine Urheberrechtsschranke, damit
        ogenannte verwaiste Werke aus Bibliotheken, Archiven
        nd Museen digital zugänglich gemacht werden können.
        ieser Vorschlag entspricht weitgehend dem seit 2011
        orliegenden Vorschlag der Linken und der seit 2012
        orliegenden EU-Richtlinie. Kritik haben wir an der auf-
        endigen Vorschrift für eine Suche nach möglichen Ur-
        ebern und Rechteinhabern. Nach Aussage des Sachver-
        tändigen Dr. Steinhauer in der Anhörung würde ein
        olches Verfahren für den geschätzten Bestand verwais-
        r Werke 170 Jahre dauern und ist für eine Massendigi-
        lisierung demnach nicht geeignet. Hier mahnen wir
        ine Vereinfachung an. Eine computergestützte Stan-
        ardsuche würde reichen, zumal eventuelle Rechteinha-
        er jederzeit die Möglichkeit zum Stopp der Werknut-
        ung haben.
        Die Lösung einer Registrierung für die vergriffenen
        erke, die dann zur Digitalisierung lizenziert werden
        önnen, finden wir ebenfalls praktikabel. Wir wünschen
        ns aber eine Ausweitung auch auf jüngere Werke nach
        966. Der Status des vergriffenen Werkes ist für diesen
        all bereits in § 53 Abs. 2 Satz 4 Urheberrechtsgesetz
        it „mehr als zwei Jahre nicht lieferbar“ definiert. Auch
        iele Autorinnen und Autoren hätten etwas davon: Sie
        ürden nicht nur wieder gelesen, sondern könnten auch
        och Einnahmen generieren.
        Der zweite Teil des Gesetzentwurfes führt ein Zweit-
        erwertungsrecht für Werke von Wissenschaftlerinnen
        nd Wissenschaftlern ein. Meine Fraktion hat dies selbst
        ehrfach im Bundestag vorgeschlagen, denn durch ein
        olches Recht bekämen die Autorinnen und Autoren eine
        rößere Verfügungsmacht über ihr eigenes Schaffen. Sie
        önnten ihre Werke selbst dann online stellen, wenn sie
        utzungsrechte an einen Verlag abgetreten haben. Der
        egierungsentwurf hat jedoch zu viele Mängel:
        So ist die grundständige Forschung an Hochschulen
        umindest laut der Begründung nicht einbezogen. Diese
        egelung grenzt also mehr als zwei Drittel der wissen-
        chaftlichen Publikationen aus. Davon wären zudem die
        eistes- und Sozialwissenschaften besonders betroffen,
        bwohl bei ihnen eine spezifische Fähigkeit des An-
        chlusses an die nichtwissenschaftliche Öffentlichkeit
        egeben ist. In der Praxis ist eine solche Trennung zu-
        em nicht sauber durchzuhalten, was eine große Rechts-
        nsicherheit mit sich bringen würde. Man kann den Au-
        rinnen und Autoren an Hochschulen ob der unklaren
        usformulierung nur raten, das Recht selbstbewusst in
        nspruch zu nehmen.
        Wir bemängeln auch eine zu lange und einheitliche
        rist, nach der das Recht zur Zweitveröffentlichung
        reift. Insbesondere für Natur- und Technikwissenschaf-
        n sind Publikationen ein Jahr nach Erscheinen nicht
        Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32447
        (A) )
        )(B)
        mehr relevant. Die Linke setzt sich für eine deutliche
        Verkürzung auf höchstens sechs Monate ein.
        Laut Regierungsentwurf darf nur in einer Manuskript-
        version, nicht in der im Verlagsprodukt veröffentlichten
        Version zweitverwertet werden. Wir meinen: Das ist die
        Einführung eines neuen Leistungsschutzrechtes durch
        die Hintertür. Um keine „Versionenfriedhöfe“ entstehen
        zu lassen und die allgemeine Zitierfähigkeit zu erhalten,
        sollte immer die Publikation in der Verlagsversion er-
        laubt sein. Zudem kollidiert diese Regelung mit dem Ab-
        satz 1 des § 38 Urheberrechtsgesetz. Dort steht nämlich
        nichts von einer Manuskriptversion, was im Umkehr-
        schluss nur bedeuten kann, dass die Verlagsversion nutz-
        bar ist.
        Die Einschränkung auf zweimal jährlich erscheinende
        Periodika erscheint uns unnötig und verursacht in der
        Praxis große Rechtsunsicherheit, da viele dieser Samm-
        lungen unregelmäßig erscheinen. Zudem wollen wir
        auch Monographien in das Zweitverwertungsrecht auf-
        nehmen, die wiederum für Geistes- und Kulturwissen-
        schaften eine große Rolle spielen.
        Eine neu eingeführte Schlechterstellung der Autorin-
        nen und Autoren bedeutet die Formulierung, dass Ver-
        lage zukünftig automatisch exklusive Onlinerechte an
        den Publikationen erwerben, wo diese „Vermutungsre-
        gel“ bisher nur für gedruckte Werke galt.
        Wir müssen leider sagen: gut gemeint, aber nicht gut
        gemacht. Dieses Gesetz ist nicht mal ein Mindeststan-
        dard, sondern bestenfalls ein zukünftig weiter zu entwi-
        ckelnder Einstieg in ein Zweitverwertungsrecht für Wis-
        senschaftlerinnen und Wissenschaftler. Die Koalition ist
        den Verlagsinteressen weitestmöglich entgegengekom-
        men, wo doch der freie Austausch von Wissen im Mittel-
        punkt unserer Bemühungen stehen sollte.
        Den Kolleginnen und Kollegen der Grünen sind beim
        Verfassen ihres eigentlich guten Entschließungsantrages
        wohl die Wahlkampfpferde durchgegangen. Aber einer
        Entschließung des Parlaments, die Werbefläche für die
        Anträge einer Fraktion sein soll, können wir leider nicht
        zustimmen.
        Krista Sager (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die
        Regierungskoalition hatte zu Anfang der Legislatur ei-
        nen Dritten Korb zur Reform des Urheberrechts ange-
        kündigt mit Schrankenregelungen zugunsten von Wis-
        senschaft und Bildung. Dabei sollte es nicht nur um ein
        unabdingbares Zweitveröffentlichungsrecht für wissen-
        schaftliche Autorinnen und Autoren gehen, sondern
        auch um wissenschaftsadäquate Regelungen für die Ar-
        beit von Bibliotheken. Heute können wir feststellen:
        Auch dies hat diese Regierung nicht zustande gebracht.
        Was uns als einzige Notmaßnahme heute vorliegt, ist
        eine Regelung zum Zweitveröffentlichungsrecht als An-
        hängsel zu den Neuregelungen über verwaiste und ver-
        griffene Werke. Aber selbst bei dieser Minimallösung
        springen Sie zu kurz.
        Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zu einem un-
        abdingbaren Zweitveröffentlichungsrecht für wissen-
        schaftliche Autoren bleibt nicht nur deutlich hinter dem
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        urück, was von der Allianz der Deutschen Wissen-
        chaftsorganisationen gefordert wurde; auch im Bundes-
        t wurde dieser Entwurf zu Recht als unzureichend kri-
        siert, und ihm wurde ein weiter gehender Antrag
        ntgegengehalten. Der Gesetzentwurf fällt leider auch
        inter das zurück, worauf wir uns schon in der Enquete-
        ommission Internet und digitale Gesellschaft fraktions-
        bergreifend und auch mit den Sachverständigen geei-
        igt hatten. Das finde ich wirklich enttäuschend.
        Nun kann ich durchaus nachvollziehen, dass die Aus-
        inandersetzung der Wissenschaftspolitiker der Koali-
        on mit ihren Rechtspolitikern alles andere als vergnü-
        ungssteuerpflichtig ist. Aber ich hatte doch gehofft,
        ass Sie wenigstens den größten Blödsinn im Regie-
        ngsentwurf repariert kriegen würden. Als Blödsinn
        ann man getrost eine Begründung bezeichnen, die das
        nabdingbare Zweitveröffentlichungsrecht auf wissen-
        chaftliche Autoren begrenzen will, die aus ihrer Tätig-
        eit an einer außeruniversitären Forschungseinrichtung
        eraus publizieren oder aus der Projektförderung. Das
        eißt, Autoren, die aus ihrer normalen Hochschulfor-
        chung heraus veröffentlichen, werden ausdrücklich dis-
        riminiert. Zweierlei Recht für die öffentlich finanzierte
        orschung. Das kann nicht gut gehen. Eine pauschale
        mbargofrist zwischen Erst- und Zweitveröffentlichung
        on einem Jahr ist für Aufsätze in Periodika eindeutig zu
        ng und müsste für diesen Bereich auf sechs Monate re-
        uziert werden, wie dies die Wissenschaftsorganisatio-
        en fordern.
        Auch in der Anhörung wurde deutlich, wie wichtig
        ie Möglichkeit ist, die Zweitveröffentlichung im glei-
        hen Format vorzunehmen wie die Erstveröffentlichung,
        m die Zitationsfähigkeit und Auffindbarkeit zu erleich-
        rn. Aber aus der Anhörung haben Sie leider keinerlei
        ehren gezogen. Die Beschränkung des Zweitveröffent-
        chungsrechts auf mehrmals im Jahr erscheinende
        ammlungen benachteiligt von vornherein einzelne Dis-
        iplinen.
        Ihr Gesetzentwurf kann auch nur als unzureichend be-
        eichnet werden gemessen an dem, was das BMBF zu
        einer Open-Access-Politik in seinem Bericht zur Ver-
        irklichung des europäischen Forschungsraums selbst
        eschrieben hat. Das passt einfach vorne und hinten
        icht zusammen. Damit läuft die Entwicklung in
        eutschland zunehmend der hohen Dynamik bei der in-
        rnationalen Umsetzung von Open-Access-Strategien
        interher. Mit Ihrem Entschließungsantrag reparieren
        ie dies keineswegs, sondern versehen den missglückten
        egierungsentwurf noch mit höheren parlamentarischen
        eihen. Wenn es dort heißt: „Der Bundestag begrüßt die
        emühungen der Bundesregierung“, dann sollten wir
        icht vergessen, was „bemüht“ in einem Zeugnis letzt-
        ch aussagt.
        Ich halte es für falsch, dass Sie, nachdem Sie bei der
        nterstützung des „grünen Weges“ für Open Access zu
        urz gesprungen sind, jetzt in Ihrem Antrag ausschließ-
        ch auf das Geschäftsmodell des „goldenen Weges“ ab-
        tellen. Einen Publikationsfonds für die Übernahme von
        ublikationsgebühren der Autoren gibt es übrigens
        ngst schon bei der DFG. Hier muss vor allem auf die
        32448 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
        (A) )
        )(B)
        internationale Verständigung über Obergrenzen für die
        öffentliche Bezuschussung hingearbeitet werden.
        Die Empfänger öffentlicher Fördermittel lediglich
        zum Open-Access-Publizieren „anzuhalten“, ist im Ver-
        gleich zur Open-Access-Politik der Schweiz, Großbri-
        tanniens, der EU, aber auch zum NIH in den USA deut-
        lich zu zaghaft. Die Öffentlichkeit, aber auch die
        internationale Wissenschaft haben nicht nur ein Inte-
        resse, sondern auch ein Recht darauf, dass Publikationen
        aus der von ihr finanzierten Forschung nicht dauerhaft
        privatisiert oder sogar der Öffentlichkeit weitgehend ent-
        zogen werden. Zumal die Leistungen der wissenschaftli-
        chen Qualitätssicherung bei Publikationen auch von öf-
        fentlich finanzierten Wissenschaftlerinnen und
        Wissenschaftlern erbracht werden.
        Zu den verwaisten und vergriffenen Werken hat
        meine Kollegin Agnes Krumwiede bereits bei der Ein-
        bringung ausführlich Stellung genommen. Was ein wis-
        senschaftsadäquates Urheberrecht angeht, stehen wir lei-
        der immer noch ziemlich am Anfang, und es spricht
        nichts dafür, dass diese Koalition jemals in der Lage sein
        wird, diese Aufgabe zu stemmen.
        Anlage 39
        Zu Protokoll gegebene Rede
        zur Beratung der Beschlussempfehlung zu den
        Anträgen:
        – Das Menschenrecht auf inklusive Bildung in
        Deutschland endlich verwirklichen
        – Gemeinsam lernen – Inklusion in der Bildung
        endlich umsetzen
        – Zusammen lernen – Recht auf inklusive Bil-
        dung bundesweit umsetzen (Tagesordnungs-
        punkt 40)
        Marcus Weinberg (Hamburg) (CDU/CSU): In der
        heutigen Debatte beschäftigen wir uns mit dem Men-
        schenrecht auf inklusive Bildung, dem gemeinsamen
        Lernen. Ich freue mich über eine Debatte zu diesem
        wichtigen, uns alle angehenden Thema.
        In der Zielsetzung sind wir uns einig: Wir wollen
        Menschen mit Behinderung volle Teilhabe ermöglichen.
        Deutschland hat die UN-Behindertenrechtskonvention
        ratifiziert und sich damit dazu verpflichtet, eine umfas-
        sende Teilhabe zu fördern und mit Maßnahmen dabei zu
        unterstützen, alle Lebensbereiche barrierefrei zu gestal-
        ten.
        Im Rahmen seiner Zuständigkeiten trägt der Bund
        bereits aktiv zur Umsetzung der UN-Konvention bei. Er
        unterstützt im Bildungsbereich – und das trifft speziell
        die Umsetzung des Art. 24 der Konvention – Bund, Län-
        der und Kommunen mit zahlreichen Maßnahmen in der
        Forschung oder der Innovationsförderung. Denn auch
        hier muss betont werden, dass die Bildungshoheit bei
        den Ländern liegt und der Bund daher „nur“ unterstüt-
        zend tätig werden kann.
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        Dies tut der Bund durch drei Dinge:
        Die Ausgaben für Bildung sind insgesamt enorm an-
        estiegen. Dementsprechend bescheinigt der Nationale
        ildungsbericht, dass das Bildungsniveau in Deutsch-
        nd insgesamt angestiegen ist. Er hat die Dachkampa-
        ne zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonven-
        on, den Nationalen Aktionsplan, geschaffen.
        In den vorgelegten Anträgen stellen die Kollegen der
        pposition zahlreiche Forderungen an den Bund auf, die
        um Teil bereits umgesetzt werden oder nicht ohne Wei-
        res umgesetzt werden können.
        Zu nennen ist hier beispielsweise wieder einmal die
        orderung nach der Aufhebung des Kooperationsver-
        otes. Es fällt auf, dass die Opposition dies fordert, aber
        eine umsetzbaren Vorschläge unterbreitet, außer solche,
        ie mit einer reinen Verschiebung von Finanzströmen
        inhergehen, ohne dass jedoch Mitspracherechte der be-
        iligten Akteure oder Verantwortlichen geregelt werden
        ürden.
        Seit Jahren diskutieren wir zum Teil sehr kontrovers
        as Thema der Zusammenarbeit von Bund und Ländern
        der Bildung – bisher leider ohne Erfolg, aber wie eben
        ereits angesprochen, weil es immer wieder zu Blocka-
        ehaltungen kommt. Auch zwischen den Ländern kann
        eine Einigkeit erzielt werden, vor allem aber weil die
        PD blockiert und stattdessen diese reine Finanzver-
        chiebung zugunsten der Länder fordert. Dies soll durch
        ine Änderung des Grundgesetzes, die Schaffung eines
        euen Art. 104 c, geschehen.
        Die Einfügung eines entsprechenden neuen Artikels
        ürde dann die Finanzierungskompetenz des Bundes
        usweiten, jedoch nicht seine Mitspracherechte.
        Es geht der SPD anscheinend wie so oft um eine
        erteilung mit der Gießkanne, ohne dass die Länder Re-
        henschaft darüber abzulegen hätten, wohin die Gelder
        enau fließen. Zudem fehlt jegliche Zielvereinbarung
        it einer entsprechenden Kontrolle oder Evaluation der
        rgriffenen Maßnahmen.
        Diese Vorgehensweise kennen wir unter anderem so-
        ohl beim Kitaausbau als auch bei der Hochschulfinan-
        ierung. Auf die Forderungen seitens des Bundes nach
        erichtspflichten reagierten die Länder dementspre-
        hend auch „empfindlich“ und versagten ihre Zustim-
        ung für wichtige Vorhaben, die sowohl der Bildung
        on Kindern und Studierenden zugutekommen sollten.
        Vor allem in Richtung der SPD bleibt daher zu sagen:
        hne eine gute und vernünftige Lösung für die Kompe-
        nzverteilung und Kooperation kann und wird es daher
        it der Union keine Aufhebung des Kooperationsverbo-
        s geben. Und so lange bleiben die Länder vor Ort vor-
        ngig für die Aufgabe Bildung und damit für die Um-
        etzung des Bildungsaspektes der Inklusion zuständig.
        Zur Forderung nach einer Qualifizierung des pädago-
        ischen Personals sowie einer Offensive für inklusive
        us- und Weiterbildung möchte ich sagen, dass auch
        iese zum Teil den Schulbereich betrifft; die Aus- und
        ortbildung der Lehrer ist grundsätzlich Sache der Län-
        er.
        Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32449
        (A) (C)
        )(B)
        Die Entwicklungen in den einzelnen Ländern zeigen,
        dass unter anderem aufgrund der regionalen Besonder-
        heiten der Ausbau des gemeinsamen Lernens unter-
        schiedlich intensiv und mit unterschiedlichen Schwer-
        punkten vorangetrieben wird.
        So existieren sechs Lehramtstypen, die an insgesamt
        120 Einrichtungen ausgebildet werden. Wenigstens hat
        die Kultusministerkonferenz, KMK, im Dezember des
        vergangenen Jahres in der Lehrerbildung eine verpflich-
        tende Basiskomponente Inklusion aufgenommen.
        Der Bund flankiert diese Bestrebungen und wird eine
        Offensive Lehrerbildung mit 500 Millionen Euro finan-
        Das sind erfreuliche Zahlen und ist ein Erfolg auch der
        Bundesregierung. Seit Inkrafttreten des Tagesbetreu-
        ungsausbaugesetzes im Jahr 2005 ist darüber hinaus die
        gemeinsame Frühförderung von Kindern ohne und mit
        Behinderung möglich und wird vielerorts gelebt: Insge-
        samt werden 76 Prozent der Kinder mit Behinderungen
        in Regeleinrichtungen betreut.
        Der Ausbau des Betreuungsangebotes für unter Drei-
        jährige erfolgt weiterhin planmäßig: Zu den 4 Milliarden
        Euro für den Ausbau investiert der Bund weitere
        580,5 Millionen Euro für den Ausbau von zusätzlichen
        30 000 Plätzen; insgesamt wird er weitere Betriebskos-
        tenzuschüsse bis 2014 von fast 5,4 Milliarden Euro zur
        zieren, in der Fragen von Didaktik und inklusiver
        Bildung zentral sind. Mit dem Programm wird er die
        Länder und Hochschulen dabei unterstützen, innovative
        Konzepte für das Lehramtsstudium in Deutschland wei-
        terzuentwickeln und dadurch dessen Qualität zu stei-
        gern. Die GWK hat dieses Vorhaben gestärkt und ebenso
        erst kürzlich die „Qualitätsoffensive Lehrerbildung“ be-
        schlossen.
        Das sind positive Entwicklungen, die Schlüsselrolle
        der Lehrerschaft erhält die Bedeutung, die ihr zukommt,
        der Aspekt des gemeinsamen Lernens wird in den Vor-
        dergrund gerückt. Dennoch ist gleichzeitig zu beobach-
        ten, dass die Länder Lehrerstellen streichen: In Rhein-
        land-Pfalz streicht die SPD 2 000 Lehrerstellen, in
        Schleswig-Holstein streicht die Landesregierung 3 000
        Lehrerstellen. In Niedersachsen kündigt die Regierung
        an, die demografische Rendite nicht mehr in Lehrer
        umzusetzen. Vielmehr hört man davon, dass durch Rot-
        Grün 10 000 Stellen dem Rotstift zum Opfer fallen sol-
        len. In Baden-Württemberg sollen es angeblich bald
        12 000 Stellen weniger sein.
        Auch für die frühkindliche Bildung setzt sich der
        Bund in seinen Kompetenzbereichen ein. Die Weiterbil-
        dungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte, WiFF, des
        Bundes hat in ihrer 2. Förderphase bis Ende 2014 das
        Thema Inklusion zum Schwerpunkt gemacht. Derzeit
        wird ein „Wegweiser Weiterbildung – Kinder mit Behin-
        derungen“ erarbeitet. Dieser hat zum Ziel, die Fachkräfte
        in der Kita zu professionalisieren.
        Was die Forderung nach einem Rechtsanspruch auf
        einen ganztägigen, gebührenfreien, inklusiven Betreu-
        ungsplatz in einer Kindertagesstätte angeht, bleibt zu sa-
        gen, dass ein solcher ab dem dritten Lebensjahr seit dem
        Jahr 2003 besteht. Bis zu 98 Prozent der Drei- bis Fünf-
        jährigen besuchen mittlerweile eine Kindertagesstätte.
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        erfügung stellen.
        Die durchschnittliche Betreuungsquote liegt bundes-
        eit mittlerweile bei 28 Prozent. Das Angebot für die
        etreuung ist in allen Bundesländern dynamisch gestie-
        en. Der Rechtsanspruch gilt ab 1. August dieses Jahres.
        Was für die frühkindliche Bildung gilt, gilt in glei-
        hem Maße für Schule und Ausbildung. So wollen wir
        llen Kindern und insbesondere den bildungsbenachtei-
        gten Kindern einen allgemeinbildenden Schulabschluss
        rmöglichen. Die aktuellste PISA-Studie bestätigt, dass
        s in diesem Bereich positive Entwicklungen gibt. Der
        nteil der Schüler ohne Abschluss sank von 2006 mit
        Prozent auf 6,5 Prozent in 2010. Auch für die jungen
        uszubildenden hat sich die Situation verbessert; denn
        ehr Jugendliche erhielten durch den Nationalen Aus-
        ildungspakt einen Ausbildungsvertrag. Die Berufs-
        rientierung hat dabei für uns enorme Bedeutung. Das
        aben Bund und Länder in der Qualifizierungsinitiative
        etont. Vor allem das Programm der Bildungsketten ist
        ier besonders wichtig. Es richtet sich an alle Jugendli-
        hen mit dem Interesse für eine duale Ausbildung, in
        rster Linie Haupt- und Förderschüler. Der Bund stellt
        llein bis zum Jahr 2014 rund 362 Millionen Euro für die
        ildungsketten bereit.
        Die Zahlen belegen, dass das Bildungssystem sich gut
        ntwickelt, das Bildungsniveau sowie die Bildungsbetei-
        gung sind gestiegen. Wir setzen Priorität auf Bildung,
        nd dies zahlt sich aus. Neue Herausforderungen wie
        eterogene Lerngruppen oder Inklusion stellen uns dabei
        mer wieder vor neue Aufgaben, die wir gemeinsam
        it den Ländern und Kommunen bewältigen. Die Län-
        er stehen vorrangig in der Pflicht. Wo der Bund jedoch
        nterstützend unter die Arme greifen kann, wird er dies
        uch weiterhin tun.
        32450 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
        (A) )
        )(B)
        Günter Gloser Mechthild Rawert Matthias W. Birkwald Volker Beck (Köln)
        Angelika Graf (Rosenheim)
        Kerstin Griese
        Gabriele Groneberg
        Michael Groß
        Hans-Joachim Hacker
        Bettina Hagedorn
        Klaus Hagemann
        Gerold Reichenbach
        Dr. Carola Reimann
        Sönke Rix
        René Röspel
        Dr. Ernst Dieter Rossmann
        Karin Roth (Esslingen)
        Michael Roth (Heringen)
        Steffen Bockhahn
        Christine Buchholz
        Eva Bulling-Schröter
        Dr. Martina Bunge
        Roland Claus
        Sevim Dağdelen
        Heidrun Dittrich
        Birgitt Bender
        Agnes Brugger
        Viola von Cramon-Taubadel
        Ekin Deligöz
        Katja Dörner
        Harald Ebner
        Hans-Josef Fell
        Ulrike Gottschalck Stefan Rebmann Heidrun Bluhm Cornelia Behm
        Anlage 40
        der namentlichen Abstimm
        Gesetzes zur Änderung de
        fassungsgerichtes vom 7. M
        Endgültiges Ergebnis
        Abgegebene Stimmen: 571;
        davon
        ja: 259
        nein: 311
        enthalten: 1
        Ja
        SPD
        Ingrid Arndt-Brauer
        Rainer Arnold
        Heinz-Joachim Barchmann
        Doris Barnett
        Dr. Hans-Peter Bartels
        Klaus Barthel
        Sören Bartol
        Bärbel Bas
        Dirk Becker
        Uwe Beckmeyer
        Lothar Binding (Heidelberg)
        Gerd Bollmann
        Willi Brase
        Bernhard Brinkmann
        (Hildesheim)
        Edelgard Bulmahn
        Marco Bülow
        Ulla Burchardt
        Martin Burkert
        Petra Crone
        Dr. Peter Danckert
        Martin Dörmann
        Elvira Drobinski-Weiß
        Sebastian Edathy
        Ingo Egloff
        Siegmund Ehrmann
        Dr. h. c. Gernot Erler
        Petra Ernstberger
        Karin Evers-Meyer
        Elke Ferner
        Gabriele Fograscher
        Dr. Edgar Franke
        Dagmar Freitag
        Michael Gerdes
        Martin Gerster
        Iris Gleicke
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        ung über den Änderungsan
        s Einkommensteuergesetzes
        ai 2013 (Drucksache 17/142
        ichael Hartmann
        (Wackernheim)
        ubertus Heil (Peine)
        olfgang Hellmich
        olf Hempelmann
        r. Barbara Hendricks
        ustav Herzog
        etra Hinz (Essen)
        rank Hofmann (Volkach)
        r. Eva Högl
        hristel Humme
        sip Juratovic
        liver Kaczmarek
        hannes Kahrs
        r. h. c. Susanne Kastner
        lrich Kelber
        ars Klingbeil
        ans-Ulrich Klose
        r. Bärbel Kofler
        aniela Kolbe (Leipzig)
        nette Kramme
        ngelika Krüger-Leißner
        te Kumpf
        hristine Lambrecht
        hristian Lange (Backnang)
        r. Karl Lauterbach
        teffen-Claudio Lemme
        urkhard Lischka
        abriele Lösekrug-Möller
        irsten Lühmann
        aren Marks
        atja Mast
        ilde Mattheis
        etra Merkel (Berlin)
        r. Matthias Miersch
        ranz Müntefering
        r. Rolf Mützenich
        ndrea Nahles
        ietmar Nietan
        anfred Nink
        homas Oppermann
        olger Ortel
        ydan Özoğuz
        einz Paula
        achim Poß
        r. Wilhelm Priesmeier
        lorian Pronold
        r. Sascha Raabe
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        in Umsetzung der Entscheid
        30) (Tagesordnungspunkt 13
        arlene Rupprecht
        (Tuchenbach)
        nnette Sawade
        nton Schaaf
        xel Schäfer (Bochum)
        ernd Scheelen
        arianne Schieder
        (Schwandorf)
        erner Schieder (Weiden)
        lla Schmidt (Aachen)
        arsten Schneider (Erfurt)
        wen Schulz (Spandau)
        wald Schurer
        rank Schwabe
        r. Martin Schwanholz
        olf Schwanitz
        tefan Schwartze
        ita Schwarzelühr-Sutter
        r. Carsten Sieling
        onja Steffen
        r. Frank-Walter Steinmeier
        hristoph Strässer
        erstin Tack
        r. h. c. Wolfgang Thierse
        ranz Thönnes
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        üdiger Veit
        te Vogt
        r. Marlies Volkmer
        ndrea Wicklein
        eidemarie Wieczorek-Zeul
        r. Dieter Wiefelspütz
        altraud Wolff
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        r. Rosemarie Hein
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        r. Barbara Höll
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        r. Lukrezia Jochimsen
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        homas Lutze
        orothée Menzner
        ornelia Möhring
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        ns Petermann
        ichard Pitterle
        vonne Ploetz
        aul Schäfer (Köln)
        r. Ilja Seifert
        athrin Senger-Schäfer
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        r. Petra Sitte
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        abine Stüber
        lexander Süßmair
        r. Kirsten Tackmann
        rank Tempel
        r. Axel Troost
        lexander Ulrich
        hanna Voß
        alina Wawzyniak
        arald Weinberg
        ÜNDNIS 90/
        IE GRÜNEN
        erstin Andreae
        arieluise Beck (Bremen)
        Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32451
        (A) )
        )(B)
        Dr. Thomas Gambke
        Kai Gehring
        Katrin Göring-Eckardt
        Britta Haßelmann
        Bettina Herlitzius
        Priska Hinz (Herborn)
        Dr. Anton Hofreiter
        Bärbel Höhn
        Ingrid Hönlinger
        Thilo Hoppe
        Uwe Kekeritz
        Katja Keul
        Susanne Kieckbusch
        Memet Kilic
        Sven-Christian Kindler
        Maria Klein-Schmeink
        Ute Koczy
        Tom Koenigs
        Sylvia Kotting-Uhl
        Oliver Krischer
        Agnes Krumwiede
        Stephan Kühn
        Renate Künast
        Markus Kurth
        Undine Kurth (Quedlinburg)
        Monika Lazar
        Dr. Tobias Lindner
        Nicole Maisch
        Jerzy Montag
        Kerstin Müller (Köln)
        Beate Müller-Gemmeke
        Dr. Konstantin von Notz
        Omid Nouripour
        Friedrich Ostendorff
        Dr. Hermann E. Ott
        Lisa Paus
        Brigitte Pothmer
        Tabea Rößner
        Krista Sager
        Elisabeth Scharfenberg
        Dr. Gerhard Schick
        Dr. Frithjof Schmidt
        Ulrich Schneider
        Dorothea Steiner
        Dr. Wolfgang Strengmann-
        Kuhn
        Hans-Christian Ströbele
        Dr. Harald Terpe
        Markus Tressel
        Jürgen Trittin
        Daniela Wagner
        Beate Walter-Rosenheimer
        Arfst Wagner (Schleswig)
        Wolfgang Wieland
        Dr. Valerie Wilms
        Josef Philip Winkler
        fraktionsloser
        Abgeordneter
        Wolfgang Nešković
        Nein
        CDU/CSU
        Ilse Aigner
        Peter Altmaier
        Peter Aumer
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        orothee Bär
        homas Bareiß
        orbert Barthle
        ünter Baumann
        rnst-Reinhard Beck
        (Reutlingen)
        anfred Behrens (Börde)
        eronika Bellmann
        r. Christoph Bergner
        eter Beyer
        teffen Bilger
        lemens Binninger
        eter Bleser
        r. Maria Böhmer
        olfgang Börnsen
        (Bönstrup)
        olfgang Bosbach
        orbert Brackmann
        laus Brähmig
        ichael Brand
        r. Reinhard Brandl
        elmut Brandt
        r. Ralf Brauksiepe
        r. Helge Braun
        eike Brehmer
        alph Brinkhaus
        ajus Caesar
        itta Connemann
        lexander Dobrindt
        homas Dörflinger
        arie-Luise Dött
        r. Thomas Feist
        nak Ferlemann
        grid Fischbach
        irk Fischer (Hamburg)
        laus-Peter Flosbach
        erbert Frankenhauser
        r. Hans-Peter Friedrich
        (Hof)
        ichael Frieser
        r. Michael Fuchs
        ans-Joachim Fuchtel
        lexander Funk
        go Gädechens
        r. Thomas Gebhart
        orbert Geis
        lois Gerig
        berhard Gienger
        ichael Glos
        sef Göppel
        eter Götz
        r. Wolfgang Götzer
        te Granold
        einhard Grindel
        ermann Gröhe
        ichael Grosse-Brömer
        arkus Grübel
        anfred Grund
        onika Grütters
        lav Gutting
        lorian Hahn
        r. Stephan Harbarth
        rgen Hardt
        erda Hasselfeldt
        r. Matthias Heider
        elmut Heiderich
        echthild Heil
        rsula Heinen-Esser
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        rank Heinrich
        udolf Henke
        ichael Hennrich
        nsgar Heveling
        rnst Hinsken
        hristian Hirte
        obert Hochbaum
        arl Holmeier
        ranz-Josef Holzenkamp
        achim Hörster
        nette Hübinger
        ubert Hüppe
        homas Jarzombek
        ieter Jasper
        r. Franz Josef Jung
        ndreas Jung (Konstanz)
        r. Egon Jüttner
        artholomäus Kalb
        ans-Werner Kammer
        lois Karl
        ernhard Kaster
        iegfried Kauder (Villingen-
        Schwenningen)
        olker Kauder
        oderich Kiesewetter
        ckart von Klaeden
        wa Klamt
        olkmar Klein
        rgen Klimke
        xel Knoerig
        ns Koeppen
        anfred Kolbe
        r. Rolf Koschorrek
        artmut Koschyk
        homas Kossendey
        ichael Kretschmer
        unther Krichbaum
        r. Günter Krings
        üdiger Kruse
        ettina Kudla
        r. Hermann Kues
        ünter Lach
        r. Karl A. Lamers
        (Heidelberg)
        ndreas G. Lämmel
        atharina Landgraf
        lrich Lange
        r. Max Lehmer
        aul Lehrieder
        r. Ursula von der Leyen
        gbert Liebing
        atthias Lietz
        r. Carsten Linnemann
        atricia Lips
        r. Jan-Marco Luczak
        aniela Ludwig
        r. Michael Luther
        arin Maag
        r. Thomas de Maizière
        ans-Georg von der Marwitz
        ndreas Mattfeldt
        tephan Mayer (Altötting)
        r. Michael Meister
        aria Michalk
        r. h. c. Hans Michelbach
        r. Mathias Middelberg
        hilipp Mißfelder
        ietrich Monstadt
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        arlene Mortler
        r. Gerd Müller
        tefan Müller (Erlangen)
        r. Philipp Murmann
        ichaela Noll
        r. Georg Nüßlein
        ranz Obermeier
        duard Oswald
        enning Otte
        r. Michael Paul
        ita Pawelski
        lrich Petzold
        r. Joachim Pfeiffer
        ibylle Pfeiffer
        eatrix Philipp
        onald Pofalla
        hristoph Poland
        uprecht Polenz
        ckhard Pols
        homas Rachel
        r. Peter Ramsauer
        ckhardt Rehberg
        atherina Reiche (Potsdam)
        othar Riebsamen
        sef Rief
        laus Riegert
        r. Heinz Riesenhuber
        hannes Röring
        r. Norbert Röttgen
        r. Christian Ruck
        rwin Rüddel
        lbert Rupprecht (Weiden)
        nita Schäfer (Saalstadt)
        r. Wolfgang Schäuble
        r. Annette Schavan
        r. Andreas Scheuer
        arl Schiewerling
        orbert Schindler
        ankred Schipanski
        eorg Schirmbeck
        hristian Schmidt (Fürth)
        atrick Schnieder
        r. Andreas Schockenhoff
        adine Schön (St. Wendel)
        r. Kristina Schröder
        (Wiesbaden)
        r. Ole Schröder
        ernhard Schulte-Drüggelte
        we Schummer
        rmin Schuster (Weil am
        Rhein)
        etlef Seif
        hannes Selle
        einhold Sendker
        r. Patrick Sensburg
        ernd Siebert
        homas Silberhorn
        hannes Singhammer
        ns Spahn
        arola Stauche
        r. Frank Steffel
        rika Steinbach
        hristian Freiherr von Stetten
        ieter Stier
        ero Storjohann
        tephan Stracke
        ax Straubinger
        arin Strenz
        32452 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
        (A) )
        )(B)
        der namentlichen Abstimmung über den Änderung g der Fraktion DIE LINKE zu dem Entwurf
        Enthalten
        CDU/CSU
        Dr. Stefan Kaufmann
        eines Gesetzes zur Änderun
        verfassungsgerichtes vom 7
        Endgültiges Ergebnis
        Abgegebene Stimmen: 574;
        davon
        ja: 259
        nein: 312
        enthalten: 3
        Ja
        SPD
        Ingrid Arndt-Brauer
        Rainer Arnold
        Heinz-Joachim Barchmann
        Doris Barnett
        Dr. Hans-Peter Bartels
        Klaus Barthel
        Sören Bartol
        Bärbel Bas
        Dirk Becker
        Uwe Beckmeyer
        Lothar Binding (Heidelberg)
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        g des Einkommensteuergese
        . Mai 2013 (Drucksache 17/1
        erd Bollmann
        illi Brase
        ernhard Brinkmann
        (Hildesheim)
        delgard Bulmahn
        arco Bülow
        lla Burchardt
        artin Burkert
        etra Crone
        r. Peter Danckert
        artin Dörmann
        lvira Drobinski-Weiß
        ebastian Edathy
        go Egloff
        iegmund Ehrmann
        r. h. c. Gernot Erler
        etra Ernstberger
        arin Evers-Meyer
        lke Ferner
        abriele Fograscher
        r. Edgar Franke
        agmar Freitag
        artin Gerster
        Ir
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        Jo
        tzes in Umsetzung der Entsc
        4231) (Tagesordnungspunkt
        is Gleicke
        ünter Gloser
        lrike Gottschalck
        ngelika Graf (Rosenheim)
        erstin Griese
        abriele Groneberg
        ichael Groß
        ans-Joachim Hacker
        ettina Hagedorn
        laus Hagemann
        ichael Hartmann
        (Wackernheim)
        ubertus Heil (Peine)
        olfgang Hellmich
        olf Hempelmann
        r. Barbara Hendricks
        ustav Herzog
        etra Hinz (Essen)
        rank Hofmann (Volkach)
        r. Eva Högl
        hristel Humme
        liver Kaczmarek
        hannes Kahrs
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        heidung des Bundes-
        13 a)
        r. h. c. Susanne Kastner
        lrich Kelber
        ars Klingbeil
        r. Bärbel Kofler
        aniela Kolbe (Leipzig)
        nette Kramme
        ngelika Krüger-Leißner
        te Kumpf
        hristine Lambrecht
        hristian Lange (Backnang)
        r. Karl Lauterbach
        teffen-Claudio Lemme
        urkhard Lischka
        abriele Lösekrug-Möller
        irsten Lühmann
        aren Marks
        atja Mast
        ilde Mattheis
        etra Merkel (Berlin)
        r. Matthias Miersch
        ranz Müntefering
        r. Rolf Mützenich
        ndrea Nahles
        Elisabeth Winkelmeier-
        Becker
        Dagmar G. Wöhrl
        Dr. Matthias Zimmer
        Wolfgang Zöller
        Willi Zylajew
        Otto Fricke
        Dr. Edmund Peter Geisen
        Hans-Michael Goldmann
        Heinz Golombeck
        Miriam Gruß
        Joachim Günther (Plauen)
        Gabriele Molitor
        Jan Mücke
        Petra Müller (Aachen)
        Burkhardt Müller-Sönksen
        Dr. Martin Neumann
        (Lausitz)
        Manfred Todtenhausen
        Dr. Florian Toncar
        Serkan Tören
        Johannes Vogel
        (Lüdenscheid)
        Dr. Daniel Volk
        (D
        FDP
        Jens Ackermann
        Dr. Christel Happach-Kasan
        Heinz-Peter Haustein
        Manuel Höferlin
        Dirk Niebel
        Hans-Joachim Otto
        (Frankfurt)
        Dr. Claudia Winterstein
        Dr. Volker Wissing
        Hartfrid Wolff (Rems-Murr)
        Anlage 41
        Endgültiges Ergebnis
        Thomas Strobl (Heilbronn)
        Lena Strothmann
        Michael Stübgen
        Dr. Peter Tauber
        Antje Tillmann
        Dr. Hans-Peter Uhl
        Arnold Vaatz
        Volkmar Vogel (Kleinsaara)
        Stefanie Vogelsang
        Andrea Astrid Voßhoff
        Dr. Johann Wadephul
        Marco Wanderwitz
        Kai Wegner
        Marcus Weinberg (Hamburg)
        Peter Weiß (Emmendingen)
        Sabine Weiss (Wesel I)
        Ingo Wellenreuther
        Karl-Georg Wellmann
        Peter Wichtel
        Annette Widmann-Mauz
        Klaus-Peter Willsch
        C
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        hristine Aschenberg-
        Dugnus
        lorian Bernschneider
        ebastian Blumenthal
        laudia Bögel
        icole Bracht-Bendt
        laus Breil
        ngelika Brunkhorst
        rnst Burgbacher
        arco Buschmann
        ylvia Canel
        elga Daub
        einer Deutschmann
        ijan Djir-Sarai
        atrick Döring
        erhard Drexler
        echthild Dyckmans
        ans-Werner Ehrenberg
        ainer Erdel
        rg van Essen
        lrike Flach
        E
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        lke Hoff
        irgit Homburger
        einer Kamp
        r. Lutz Knopek
        ascal Kober
        r. Heinrich L. Kolb
        udrun Kopp
        ebastian Körber
        olger Krestel
        atrick Kurth (Kyffhäuser)
        einz Lanfermann
        ibylle Laurischk
        arald Leibrecht
        abine Leutheusser-
        Schnarrenberger
        ars Lindemann
        r. Martin Lindner (Berlin)
        ichael Link (Heilbronn)
        r. Erwin Lotter
        orst Meierhofer
        atrick Meinhardt
        C
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        (Cornelia Pieper
        isela Piltz
        rg von Polheim
        r. Christiane Ratjen-
        Damerau
        r. Birgit Reinemund
        agen Reinhold
        r. Peter Röhlinger
        r. Stefan Ruppert
        jörn Sänger
        rank Schäffler
        hristoph Schnurr
        mmy Schulz
        r. Erik Schweickert
        erner Simmling
        dith Skudelny
        r. Hermann Otto Solms
        achim Spatz
        orsten Staffeldt
        r. Rainer Stinner
        tephan Thomae
        santra
        Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32453
        (A) )
        )(B)
        Dietmar Nietan
        Manfred Nink
        Thomas Oppermann
        Holger Ortel
        Aydan Özoğuz
        Heinz Paula
        Joachim Poß
        Dr. Wilhelm Priesmeier
        Florian Pronold
        Dr. Sascha Raabe
        Mechthild Rawert
        Stefan Rebmann
        Gerold Reichenbach
        Dr. Carola Reimann
        Sönke Rix
        René Röspel
        Dr. Ernst Dieter Rossmann
        Karin Roth (Esslingen)
        Michael Roth (Heringen)
        Marlene Rupprecht
        (Tuchenbach)
        Annette Sawade
        Anton Schaaf
        Axel Schäfer (Bochum)
        Bernd Scheelen
        Marianne Schieder
        (Schwandorf)
        Werner Schieder (Weiden)
        Ulla Schmidt (Aachen)
        Carsten Schneider (Erfurt)
        Swen Schulz (Spandau)
        Ewald Schurer
        Frank Schwabe
        Dr. Martin Schwanholz
        Rolf Schwanitz
        Stefan Schwartze
        Rita Schwarzelühr-Sutter
        Dr. Carsten Sieling
        Sonja Steffen
        Dr. Frank-Walter Steinmeier
        Christoph Strässer
        Kerstin Tack
        Dr. h. c. Wolfgang Thierse
        Franz Thönnes
        Wolfgang Tiefensee
        Rüdiger Veit
        Ute Vogt
        Dr. Marlies Volkmer
        Andrea Wicklein
        Heidemarie Wieczorek-Zeul
        Dr. Dieter Wiefelspütz
        Waltraud Wolff
        (Wolmirstedt)
        Uta Zapf
        Manfred Zöllmer
        Brigitte Zypries
        FDP
        Michael Kauch
        Marina Schuster
        DIE LINKE
        Jan van Aken
        Agnes Alpers
        Dr. Dietmar Bartsch
        Karin Binder
        Matthias W. Birkwald
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        eidrun Bluhm
        teffen Bockhahn
        hristine Buchholz
        va Bulling-Schröter
        r. Martina Bunge
        oland Claus
        evim Dağdelen
        eidrun Dittrich
        erner Dreibus
        r. Dagmar Enkelmann
        laus Ernst
        icole Gohlke
        iana Golze
        nnette Groth
        r. Gregor Gysi
        eike Hänsel
        r. Rosemarie Hein
        ge Höger
        r. Barbara Höll
        ndrej Hunko
        lla Jelpke
        r. Lukrezia Jochimsen
        arald Koch
        n Korte
        tta Krellmann
        abine Leidig
        alph Lenkert
        tefan Liebich
        lla Lötzer
        homas Lutze
        lrich Maurer
        orothée Menzner
        ornelia Möhring
        iema Movassat
        homas Nord
        ns Petermann
        ichard Pitterle
        vonne Ploetz
        grid Remmers
        aul Schäfer (Köln)
        r. Ilja Seifert
        athrin Senger-Schäfer
        aju Sharma
        r. Petra Sitte
        ersten Steinke
        abine Stüber
        lexander Süßmair
        r. Kirsten Tackmann
        rank Tempel
        r. Axel Troost
        lexander Ulrich
        hanna Voß
        alina Wawzyniak
        arald Weinberg
        ÜNDNIS 90/
        IE GRÜNEN
        erstin Andreae
        arieluise Beck (Bremen)
        olker Beck (Köln)
        ornelia Behm
        irgitt Bender
        gnes Brugger
        iola von Cramon-Taubadel
        kin Deligöz
        atja Dörner
        arald Ebner
        ans-Josef Fell
        D
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        r. Thomas Gambke
        ai Gehring
        atrin Göring-Eckardt
        ritta Haßelmann
        ettina Herlitzius
        riska Hinz (Herborn)
        r. Anton Hofreiter
        ärbel Höhn
        grid Hönlinger
        hilo Hoppe
        we Kekeritz
        atja Keul
        usanne Kieckbusch
        emet Kilic
        ven-Christian Kindler
        aria Klein-Schmeink
        te Koczy
        om Koenigs
        ylvia Kotting-Uhl
        liver Krischer
        gnes Krumwiede
        tephan Kühn
        enate Künast
        arkus Kurth
        ndine Kurth (Quedlinburg)
        onika Lazar
        r. Tobias Lindner
        icole Maisch
        rzy Montag
        erstin Müller (Köln)
        eate Müller-Gemmeke
        r. Konstantin von Notz
        mid Nouripour
        riedrich Ostendorff
        r. Hermann E. Ott
        isa Paus
        rigitte Pothmer
        abea Rößner
        rista Sager
        lisabeth Scharfenberg
        r. Gerhard Schick
        r. Frithjof Schmidt
        lrich Schneider
        orothea Steiner
        r. Wolfgang Strengmann-
        Kuhn
        ans-Christian Ströbele
        r. Harald Terpe
        arkus Tressel
        rgen Trittin
        aniela Wagner
        eate Walter-Rosenheimer
        rfst Wagner (Schleswig)
        olfgang Wieland
        r. Valerie Wilms
        sef Philip Winkler
        aktionsloser
        bgeordneter
        olfgang Nešković
        ein
        DU/CSU
        se Aigner
        eter Altmaier
        eter Aumer
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        orothee Bär
        homas Bareiß
        orbert Barthle
        ünter Baumann
        rnst-Reinhard Beck
        (Reutlingen)
        anfred Behrens (Börde)
        eronika Bellmann
        r. Christoph Bergner
        eter Beyer
        teffen Bilger
        lemens Binninger
        eter Bleser
        r. Maria Böhmer
        olfgang Börnsen
        (Bönstrup)
        olfgang Bosbach
        orbert Brackmann
        laus Brähmig
        ichael Brand
        r. Reinhard Brandl
        elmut Brandt
        r. Ralf Brauksiepe
        r. Helge Braun
        eike Brehmer
        alph Brinkhaus
        ajus Caesar
        itta Connemann
        lexander Dobrindt
        homas Dörflinger
        arie-Luise Dött
        r. Thomas Feist
        nak Ferlemann
        grid Fischbach
        irk Fischer (Hamburg)
        laus-Peter Flosbach
        erbert Frankenhauser
        r. Hans-Peter Friedrich
        (Hof)
        ichael Frieser
        r. Michael Fuchs
        ans-Joachim Fuchtel
        lexander Funk
        go Gädechens
        r. Thomas Gebhart
        orbert Geis
        lois Gerig
        berhard Gienger
        ichael Glos
        sef Göppel
        eter Götz
        r. Wolfgang Götzer
        te Granold
        einhard Grindel
        ermann Gröhe
        ichael Grosse-Brömer
        arkus Grübel
        anfred Grund
        onika Grütters
        lav Gutting
        lorian Hahn
        r. Stephan Harbarth
        rgen Hardt
        erda Hasselfeldt
        r. Matthias Heider
        elmut Heiderich
        echthild Heil
        rsula Heinen-Esser
        32454 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
        (A) )
        )(B)
        Frank Heinrich
        Rudolf Henke
        Michael Hennrich
        Ansgar Heveling
        Ernst Hinsken
        Christian Hirte
        Robert Hochbaum
        Karl Holmeier
        Franz-Josef Holzenkamp
        Joachim Hörster
        Anette Hübinger
        Hubert Hüppe
        Thomas Jarzombek
        Dieter Jasper
        Dr. Franz Josef Jung
        Andreas Jung (Konstanz)
        Dr. Egon Jüttner
        Bartholomäus Kalb
        Hans-Werner Kammer
        Alois Karl
        Bernhard Kaster
        Siegfried Kauder (Villingen-
        Schwenningen)
        Volker Kauder
        Roderich Kiesewetter
        Eckart von Klaeden
        Ewa Klamt
        Volkmar Klein
        Jürgen Klimke
        Axel Knoerig
        Jens Koeppen
        Manfred Kolbe
        Dr. Rolf Koschorrek
        Hartmut Koschyk
        Thomas Kossendey
        Michael Kretschmer
        Gunther Krichbaum
        Dr. Günter Krings
        Rüdiger Kruse
        Bettina Kudla
        Dr. Hermann Kues
        Günter Lach
        Dr. Karl A. Lamers
        (Heidelberg)
        Andreas G. Lämmel
        Katharina Landgraf
        Ulrich Lange
        Dr. Max Lehmer
        Paul Lehrieder
        Dr. Ursula von der Leyen
        Ingbert Liebing
        Matthias Lietz
        Dr. Carsten Linnemann
        Patricia Lips
        Dr. Jan-Marco Luczak
        Daniela Ludwig
        Dr. Michael Luther
        Karin Maag
        Dr. Thomas de Maizière
        Hans-Georg von der Marwitz
        Andreas Mattfeldt
        Stephan Mayer (Altötting)
        Dr. Michael Meister
        Maria Michalk
        Dr. h. c. Hans Michelbach
        Dr. Mathias Middelberg
        Philipp Mißfelder
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        ietrich Monstadt
        arlene Mortler
        r. Gerd Müller
        tefan Müller (Erlangen)
        r. Philipp Murmann
        ichaela Noll
        r. Georg Nüßlein
        ranz Obermeier
        duard Oswald
        enning Otte
        r. Michael Paul
        ita Pawelski
        lrich Petzold
        r. Joachim Pfeiffer
        ibylle Pfeiffer
        eatrix Philipp
        onald Pofalla
        hristoph Poland
        uprecht Polenz
        ckhard Pols
        homas Rachel
        r. Peter Ramsauer
        ckhardt Rehberg
        atherina Reiche (Potsdam)
        othar Riebsamen
        sef Rief
        laus Riegert
        r. Heinz Riesenhuber
        hannes Röring
        r. Norbert Röttgen
        r. Christian Ruck
        rwin Rüddel
        lbert Rupprecht (Weiden)
        nita Schäfer (Saalstadt)
        r. Wolfgang Schäuble
        r. Annette Schavan
        r. Andreas Scheuer
        arl Schiewerling
        orbert Schindler
        ankred Schipanski
        eorg Schirmbeck
        hristian Schmidt (Fürth)
        atrick Schnieder
        r. Andreas Schockenhoff
        adine Schön (St. Wendel)
        r. Kristina Schröder
        (Wiesbaden)
        r. Ole Schröder
        ernhard Schulte-Drüggelte
        we Schummer
        rmin Schuster (Weil am
        Rhein)
        etlef Seif
        hannes Selle
        einhold Sendker
        r. Patrick Sensburg
        ernd Siebert
        homas Silberhorn
        hannes Singhammer
        ns Spahn
        arola Stauche
        r. Frank Steffel
        rika Steinbach
        hristian Freiherr von Stetten
        ieter Stier
        ero Storjohann
        tephan Stracke
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        ax Straubinger
        arin Strenz
        homas Strobl (Heilbronn)
        ena Strothmann
        ichael Stübgen
        r. Peter Tauber
        ntje Tillmann
        r. Hans-Peter Uhl
        rnold Vaatz
        olkmar Vogel (Kleinsaara)
        tefanie Vogelsang
        ndrea Astrid Voßhoff
        r. Johann Wadephul
        arco Wanderwitz
        ai Wegner
        arcus Weinberg (Hamburg)
        eter Weiß (Emmendingen)
        abine Weiss (Wesel I)
        go Wellenreuther
        arl-Georg Wellmann
        eter Wichtel
        nnette Widmann-Mauz
        laus-Peter Willsch
        lisabeth Winkelmeier-
        Becker
        agmar G. Wöhrl
        r. Matthias Zimmer
        olfgang Zöller
        illi Zylajew
        DP
        ns Ackermann
        hristine Aschenberg-
        Dugnus
        lorian Bernschneider
        ebastian Blumenthal
        laudia Bögel
        icole Bracht-Bendt
        laus Breil
        ngelika Brunkhorst
        rnst Burgbacher
        arco Buschmann
        ylvia Canel
        elga Daub
        einer Deutschmann
        ijan Djir-Sarai
        atrick Döring
        erhard Drexler
        echthild Dyckmans
        ans-Werner Ehrenberg
        ainer Erdel
        rg van Essen
        lrike Flach
        tto Fricke
        r. Edmund Peter Geisen
        ans-Michael Goldmann
        einz Golombeck
        iriam Gruß
        achim Günther (Plauen)
        r. Christel Happach-Kasan
        einz-Peter Haustein
        anuel Höferlin
        lke Hoff
        irgit Homburger
        einer Kamp
        r. Lutz Knopek
        ascal Kober
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        r. Heinrich L. Kolb
        udrun Kopp
        ebastian Körber
        olger Krestel
        atrick Kurth (Kyffhäuser)
        einz Lanfermann
        ibylle Laurischk
        arald Leibrecht
        abine Leutheusser-
        Schnarrenberger
        ars Lindemann
        r. Martin Lindner (Berlin)
        ichael Link (Heilbronn)
        r. Erwin Lotter
        liver Luksic
        orst Meierhofer
        atrick Meinhardt
        abriele Molitor
        n Mücke
        etra Müller (Aachen)
        urkhardt Müller-Sönksen
        r. Martin Neumann
        (Lausitz)
        irk Niebel
        ans-Joachim Otto
        (Frankfurt)
        ornelia Pieper
        isela Piltz
        rg von Polheim
        r. Christiane Ratjen-
        Damerau
        r. Birgit Reinemund
        agen Reinhold
        r. Peter Röhlinger
        r. Stefan Ruppert
        jörn Sänger
        rank Schäffler
        hristoph Schnurr
        mmy Schulz
        r. Erik Schweickert
        erner Simmling
        dith Skudelny
        r. Hermann Otto Solms
        achim Spatz
        orsten Staffeldt
        r. Rainer Stinner
        tephan Thomae
        anfred Todtenhausen
        r. Florian Toncar
        erkan Tören
        hannes Vogel
        (Lüdenscheid)
        r. Daniel Volk
        r. Claudia Winterstein
        r. Volker Wissing
        artfrid Wolff (Rems-Murr)
        nthalten
        DU/CSU
        r. Stefan Kaufmann
        PD
        ichael Gerdes
        ans-Ulrich Klose
        Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32455
        (A) )
        )(B)
        Günter Gloser Gerold Reichenbach Christine Buchholz Cornelia Behm
        Angelika Graf (Rosenheim)
        Kerstin Griese
        Gabriele Groneberg
        Michael Groß
        Hans-Joachim Hacker
        Bettina Hagedorn
        Klaus Hagemann
        Sönke Rix
        René Röspel
        Dr. Ernst Dieter Rossmann
        Karin Roth (Esslingen)
        Michael Roth (Heringen)
        Marlene Rupprecht
        (Tuchenbach)
        Dr. Martina Bunge
        Roland Claus
        Sevim Dağdelen
        Heidrun Dittrich
        Werner Dreibus
        Dr. Dagmar Enkelmann
        Klaus Ernst
        Agnes Brugger
        Viola von Cramon-Taubadel
        Ekin Deligöz
        Katja Dörner
        Harald Ebner
        Hans-Josef Fell
        Dr. Thomas Gambke
        Ulrike Gottschalck Dr. Carola Reimann Eva Bulling-Schröter Birgitt Bender
        Anlage 42
        der namentlichen Abstimm
        dem Entwurf eines Gesetze
        des Bundesverfassungsgeric
        Endgültiges Ergebnis
        Abgegebene Stimmen: 573;
        davon
        ja: 260
        nein: 312
        enthalten: 1
        Ja
        SPD
        Ingrid Arndt-Brauer
        Rainer Arnold
        Heinz-Joachim Barchmann
        Doris Barnett
        Dr. Hans-Peter Bartels
        Klaus Barthel
        Sören Bartol
        Bärbel Bas
        Dirk Becker
        Uwe Beckmeyer
        Lothar Binding (Heidelberg)
        Gerd Bollmann
        Willi Brase
        Bernhard Brinkmann
        (Hildesheim)
        Edelgard Bulmahn
        Marco Bülow
        Ulla Burchardt
        Martin Burkert
        Petra Crone
        Dr. Peter Danckert
        Martin Dörmann
        Elvira Drobinski-Weiß
        Sebastian Edathy
        Ingo Egloff
        Siegmund Ehrmann
        Dr. h. c. Gernot Erler
        Petra Ernstberger
        Karin Evers-Meyer
        Elke Ferner
        Gabriele Fograscher
        Dr. Edgar Franke
        Dagmar Freitag
        Michael Gerdes
        Martin Gerster
        Iris Gleicke
        M
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        Endgültiges E
        ung über den Änderungsant
        s zur Änderung des Einkomm
        htes vom 7. Mai 2013 (Druck
        ichael Hartmann
        (Wackernheim)
        ubertus Heil (Peine)
        olfgang Hellmich
        olf Hempelmann
        r. Barbara Hendricks
        ustav Herzog
        etra Hinz (Essen)
        rank Hofmann (Volkach)
        r. Eva Högl
        hristel Humme
        liver Kaczmarek
        hannes Kahrs
        r. h. c. Susanne Kastner
        lrich Kelber
        ars Klingbeil
        ans-Ulrich Klose
        r. Bärbel Kofler
        aniela Kolbe (Leipzig)
        nette Kramme
        ngelika Krüger-Leißner
        te Kumpf
        hristine Lambrecht
        hristian Lange (Backnang)
        r. Karl Lauterbach
        teffen-Claudio Lemme
        urkhard Lischka
        abriele Lösekrug-Möller
        irsten Lühmann
        aren Marks
        atja Mast
        ilde Mattheis
        etra Merkel (Berlin)
        r. Matthias Miersch
        ranz Müntefering
        r. Rolf Mützenich
        ndrea Nahles
        ietmar Nietan
        anfred Nink
        homas Oppermann
        olger Ortel
        ydan Özoğuz
        einz Paula
        achim Poß
        r. Wilhelm Priesmeier
        lorian Pronold
        r. Sascha Raabe
        echthild Rawert
        tefan Rebmann
        A
        A
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        rgebnis
        rag der Fraktion BÜNDNIS
        ensteuergesetzes in Umsetzu
        sache 17/14232) (Tagesordnu
        nnette Sawade
        nton Schaaf
        xel Schäfer (Bochum)
        ernd Scheelen
        arianne Schieder
        (Schwandorf)
        erner Schieder (Weiden)
        lla Schmidt (Aachen)
        arsten Schneider (Erfurt)
        wen Schulz (Spandau)
        wald Schurer
        rank Schwabe
        r. Martin Schwanholz
        olf Schwanitz
        tefan Schwartze
        ita Schwarzelühr-Sutter
        r. Carsten Sieling
        onja Steffen
        r. Frank-Walter Steinmeier
        hristoph Strässer
        erstin Tack
        r. h. c. Wolfgang Thierse
        ranz Thönnes
        olfgang Tiefensee
        üdiger Veit
        te Vogt
        r. Marlies Volkmer
        ndrea Wicklein
        eidemarie Wieczorek-Zeul
        r. Dieter Wiefelspütz
        altraud Wolff
        (Wolmirstedt)
        ta Zapf
        anfred Zöllmer
        rigitte Zypries
        DP
        ichael Kauch
        arina Schuster
        IE LINKE
        n van Aken
        gnes Alpers
        r. Dietmar Bartsch
        arin Binder
        atthias W. Birkwald
        eidrun Bluhm
        teffen Bockhahn
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        90/DIE GRÜNEN zu
        ng der Entscheidung
        ngspunkt 13 a)
        icole Gohlke
        iana Golze
        nnette Groth
        r. Gregor Gysi
        eike Hänsel
        r. Rosemarie Hein
        ge Höger
        r. Barbara Höll
        ndrej Hunko
        lla Jelpke
        r. Lukrezia Jochimsen
        arald Koch
        n Korte
        tta Krellmann
        abine Leidig
        tefan Liebich
        lla Lötzer
        homas Lutze
        lrich Maurer
        orothée Menzner
        ornelia Möhring
        iema Movassat
        homas Nord
        ns Petermann
        ichard Pitterle
        vonne Ploetz
        grid Remmers
        aul Schäfer (Köln)
        r. Ilja Seifert
        athrin Senger-Schäfer
        aju Sharma
        r. Petra Sitte
        ersten Steinke
        abine Stüber
        lexander Süßmair
        r. Kirsten Tackmann
        rank Tempel
        r. Axel Troost
        lexander Ulrich
        hanna Voß
        alina Wawzyniak
        arald Weinberg
        ÜNDNIS 90/
        IE GRÜNEN
        erstin Andreae
        arieluise Beck (Bremen)
        olker Beck (Köln)
        32456 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
        (A) )
        )(B)
        Kai Gehring
        Katrin Göring-Eckardt
        Britta Haßelmann
        Bettina Herlitzius
        Priska Hinz (Herborn)
        Dr. Anton Hofreiter
        Bärbel Höhn
        Ingrid Hönlinger
        Thilo Hoppe
        Uwe Kekeritz
        Katja Keul
        Susanne Kieckbusch
        Memet Kilic
        Sven-Christian Kindler
        Maria Klein-Schmeink
        Ute Koczy
        Tom Koenigs
        Sylvia Kotting-Uhl
        Oliver Krischer
        Agnes Krumwiede
        Stephan Kühn
        Renate Künast
        Markus Kurth
        Undine Kurth (Quedlinburg)
        Monika Lazar
        Dr. Tobias Lindner
        Nicole Maisch
        Jerzy Montag
        Kerstin Müller (Köln)
        Beate Müller-Gemmeke
        Dr. Konstantin von Notz
        Omid Nouripour
        Friedrich Ostendorff
        Dr. Hermann E. Ott
        Lisa Paus
        Brigitte Pothmer
        Tabea Rößner
        Krista Sager
        Elisabeth Scharfenberg
        Dr. Gerhard Schick
        Dr. Frithjof Schmidt
        Ulrich Schneider
        Dorothea Steiner
        Dr. Wolfgang Strengmann-
        Kuhn
        Hans-Christian Ströbele
        Dr. Harald Terpe
        Markus Tressel
        Jürgen Trittin
        Daniela Wagner
        Beate Walter-Rosenheimer
        Arfst Wagner (Schleswig)
        Wolfgang Wieland
        Dr. Valerie Wilms
        Josef Philip Winkler
        fraktionsloser
        Abgeordneter
        Wolfgang Nešković
        Nein
        CDU/CSU
        Ilse Aigner
        Peter Altmaier
        Peter Aumer
        Dorothee Bär
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        homas Bareiß
        orbert Barthle
        ünter Baumann
        rnst-Reinhard Beck
        (Reutlingen)
        anfred Behrens (Börde)
        eronika Bellmann
        r. Christoph Bergner
        eter Beyer
        teffen Bilger
        lemens Binninger
        eter Bleser
        r. Maria Böhmer
        olfgang Börnsen
        (Bönstrup)
        olfgang Bosbach
        orbert Brackmann
        laus Brähmig
        ichael Brand
        r. Reinhard Brandl
        elmut Brandt
        r. Ralf Brauksiepe
        r. Helge Braun
        eike Brehmer
        alph Brinkhaus
        ajus Caesar
        itta Connemann
        lexander Dobrindt
        homas Dörflinger
        arie-Luise Dött
        r. Thomas Feist
        nak Ferlemann
        grid Fischbach
        irk Fischer (Hamburg)
        laus-Peter Flosbach
        erbert Frankenhauser
        r. Hans-Peter Friedrich
        (Hof)
        ichael Frieser
        r. Michael Fuchs
        ans-Joachim Fuchtel
        lexander Funk
        go Gädechens
        r. Thomas Gebhart
        orbert Geis
        lois Gerig
        berhard Gienger
        ichael Glos
        sef Göppel
        eter Götz
        r. Wolfgang Götzer
        te Granold
        einhard Grindel
        ermann Gröhe
        ichael Grosse-Brömer
        arkus Grübel
        anfred Grund
        onika Grütters
        lav Gutting
        lorian Hahn
        r. Stephan Harbarth
        rgen Hardt
        erda Hasselfeldt
        r. Matthias Heider
        elmut Heiderich
        echthild Heil
        rsula Heinen-Esser
        rank Heinrich
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        udolf Henke
        ichael Hennrich
        nsgar Heveling
        rnst Hinsken
        hristian Hirte
        obert Hochbaum
        arl Holmeier
        ranz-Josef Holzenkamp
        achim Hörster
        nette Hübinger
        ubert Hüppe
        homas Jarzombek
        ieter Jasper
        r. Franz Josef Jung
        ndreas Jung (Konstanz)
        r. Egon Jüttner
        artholomäus Kalb
        ans-Werner Kammer
        lois Karl
        ernhard Kaster
        iegfried Kauder (Villingen-
        Schwenningen)
        olker Kauder
        oderich Kiesewetter
        ckart von Klaeden
        wa Klamt
        olkmar Klein
        rgen Klimke
        xel Knoerig
        ns Koeppen
        anfred Kolbe
        r. Rolf Koschorrek
        artmut Koschyk
        homas Kossendey
        ichael Kretschmer
        unther Krichbaum
        r. Günter Krings
        üdiger Kruse
        ettina Kudla
        r. Hermann Kues
        ünter Lach
        r. Karl A. Lamers
        (Heidelberg)
        ndreas G. Lämmel
        atharina Landgraf
        lrich Lange
        r. Max Lehmer
        aul Lehrieder
        r. Ursula von der Leyen
        gbert Liebing
        atthias Lietz
        r. Carsten Linnemann
        atricia Lips
        r. Jan-Marco Luczak
        aniela Ludwig
        r. Michael Luther
        arin Maag
        r. Thomas de Maizière
        ans-Georg von der Marwitz
        ndreas Mattfeldt
        tephan Mayer (Altötting)
        r. Michael Meister
        aria Michalk
        r. h. c. Hans Michelbach
        r. Mathias Middelberg
        hilipp Mißfelder
        ietrich Monstadt
        arlene Mortler
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        r. Gerd Müller
        tefan Müller (Erlangen)
        r. Philipp Murmann
        ichaela Noll
        r. Georg Nüßlein
        ranz Obermeier
        duard Oswald
        enning Otte
        r. Michael Paul
        ita Pawelski
        lrich Petzold
        r. Joachim Pfeiffer
        ibylle Pfeiffer
        eatrix Philipp
        onald Pofalla
        hristoph Poland
        uprecht Polenz
        ckhard Pols
        homas Rachel
        r. Peter Ramsauer
        ckhardt Rehberg
        atherina Reiche (Potsdam)
        othar Riebsamen
        sef Rief
        laus Riegert
        r. Heinz Riesenhuber
        hannes Röring
        r. Norbert Röttgen
        r. Christian Ruck
        rwin Rüddel
        lbert Rupprecht (Weiden)
        nita Schäfer (Saalstadt)
        r. Wolfgang Schäuble
        r. Annette Schavan
        r. Andreas Scheuer
        arl Schiewerling
        orbert Schindler
        ankred Schipanski
        eorg Schirmbeck
        hristian Schmidt (Fürth)
        atrick Schnieder
        r. Andreas Schockenhoff
        adine Schön (St. Wendel)
        r. Kristina Schröder
        (Wiesbaden)
        r. Ole Schröder
        ernhard Schulte-Drüggelte
        we Schummer
        rmin Schuster (Weil am
        Rhein)
        etlef Seif
        hannes Selle
        einhold Sendker
        r. Patrick Sensburg
        ernd Siebert
        homas Silberhorn
        hannes Singhammer
        ns Spahn
        arola Stauche
        r. Frank Steffel
        rika Steinbach
        hristian Freiherr von Stetten
        ieter Stier
        ero Storjohann
        tephan Stracke
        ax Straubinger
        arin Strenz
        homas Strobl (Heilbronn)
        Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32457
        (A) )
        (D)(B)
        Dr. Matthias Zimmer
        Wolfgang Zöller Joachim Günther (Plauen) Dirk Niebel Dr. Volker Wissing
        Anlage 43
        der namentlichen Abstimm
        dem Entwurf eines Gesetze
        des Bundesverfassungsgeric
        Endgültiges Ergebnis
        Abgegebene Stimmen: 574;
        davon
        ja: 261
        nein: 312
        enthalten: 1
        Ja
        SPD
        Ingrid Arndt-Brauer
        Rainer Arnold
        Heinz-Joachim Barchmann
        Doris Barnett
        Dr. Hans-Peter Bartels
        Klaus Barthel
        Sören Bartol
        Bärbel Bas
        Dirk Becker
        Uwe Beckmeyer
        L
        G
        W
        B
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        Endgültiges E
        ung über den Änderungsant
        s zur Änderung des Einkomm
        htes vom 7. Mai 2013 (Druck
        othar Binding (Heidelberg)
        erd Bollmann
        illi Brase
        ernhard Brinkmann
        (Hildesheim)
        delgard Bulmahn
        arco Bülow
        lla Burchardt
        artin Burkert
        etra Crone
        r. Peter Danckert
        artin Dörmann
        lvira Drobinski-Weiß
        ebastian Edathy
        go Egloff
        iegmund Ehrmann
        r. h. c. Gernot Erler
        etra Ernstberger
        arin Evers-Meyer
        lke Ferner
        abriele Fograscher
        r. Edgar Franke
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        rgebnis
        rag der Fraktion BÜNDNIS
        ensteuergesetzes in Umsetzu
        sache 17/14233) (Tagesordnu
        agmar Freitag
        ichael Gerdes
        artin Gerster
        is Gleicke
        ünter Gloser
        lrike Gottschalck
        ngelika Graf (Rosenheim)
        erstin Griese
        abriele Groneberg
        ichael Groß
        ans-Joachim Hacker
        ettina Hagedorn
        laus Hagemann
        ichael Hartmann
        (Wackernheim)
        ubertus Heil (Peine)
        olfgang Hellmich
        olf Hempelmann
        r. Barbara Hendricks
        ustav Herzog
        etra Hinz (Essen)
        rank Hofmann (Volkach)
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        ng der Entscheidung
        ngspunkt 13 a)
        r. Eva Högl
        hristel Humme
        liver Kaczmarek
        hannes Kahrs
        r. h. c. Susanne Kastner
        lrich Kelber
        ars Klingbeil
        ans-Ulrich Klose
        r. Bärbel Kofler
        aniela Kolbe (Leipzig)
        nette Kramme
        ngelika Krüger-Leißner
        te Kumpf
        hristine Lambrecht
        hristian Lange (Backnang)
        r. Karl Lauterbach
        teffen-Claudio Lemme
        urkhard Lischka
        abriele Lösekrug-Möller
        irsten Lühmann
        aren Marks
        atja Mast
        FDP
        Jens Ackermann
        Christine Aschenberg-
        Dugnus
        Heinz-Peter Haustein
        Manuel Höferlin
        Elke Hoff
        Birgit Homburger
        Heiner Kamp
        Dr. Lutz Knopek
        (Frankfurt)
        Cornelia Pieper
        Gisela Piltz
        Jörg von Polheim
        Dr. Christiane Ratjen-
        Damerau
        Enthalten
        CDU/CSU
        Dr. Stefan Kaufmann
        Willi Zylajew Dr. Christel Happach-Kasan Hans-Joachim Otto Hartfrid Wolff (Rems-Murr)
        Lena Strothmann
        Michael Stübgen
        Dr. Peter Tauber
        Antje Tillmann
        Dr. Hans-Peter Uhl
        Arnold Vaatz
        Volkmar Vogel (Kleinsaara)
        Stefanie Vogelsang
        Andrea Astrid Voßhoff
        Dr. Johann Wadephul
        Marco Wanderwitz
        Kai Wegner
        Marcus Weinberg (Hamburg)
        Peter Weiß (Emmendingen)
        Sabine Weiss (Wesel I)
        Ingo Wellenreuther
        Karl-Georg Wellmann
        Peter Wichtel
        Annette Widmann-Mauz
        Klaus-Peter Willsch
        Elisabeth Winkelmeier-
        Becker
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        laudia Bögel
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        laus Breil
        ngelika Brunkhorst
        rnst Burgbacher
        arco Buschmann
        ylvia Canel
        elga Daub
        einer Deutschmann
        ijan Djir-Sarai
        atrick Döring
        erhard Drexler
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        ans-Werner Ehrenberg
        ainer Erdel
        rg van Essen
        lrike Flach
        tto Fricke
        r. Edmund Peter Geisen
        ans-Michael Goldmann
        einz Golombeck
        iriam Gruß
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        ebastian Körber
        olger Krestel
        atrick Kurth (Kyffhäuser)
        einz Lanfermann
        ibylle Laurischk
        arald Leibrecht
        abine Leutheusser-
        Schnarrenberger
        ars Lindemann
        r. Martin Lindner (Berlin)
        ichael Link (Heilbronn)
        r. Erwin Lotter
        liver Luksic
        orst Meierhofer
        atrick Meinhardt
        abriele Molitor
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        etra Müller (Aachen)
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        r. Martin Neumann
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        (Cr. Birgit Reinemund
        agen Reinhold
        r. Peter Röhlinger
        r. Stefan Ruppert
        jörn Sänger
        rank Schäffler
        hristoph Schnurr
        mmy Schulz
        r. Erik Schweickert
        erner Simmling
        dith Skudelny
        r. Hermann Otto Solms
        achim Spatz
        orsten Staffeldt
        r. Rainer Stinner
        tephan Thomae
        anfred Todtenhausen
        r. Florian Toncar
        erkan Tören
        hannes Vogel
        (Lüdenscheid)
        r. Daniel Volk
        r. Claudia Winterstein
        32458 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013
        (A) )
        )(B)
        Hilde Mattheis
        Petra Merkel (Berlin)
        Dr. Matthias Miersch
        Franz Müntefering
        Dr. Rolf Mützenich
        Andrea Nahles
        Dietmar Nietan
        Manfred Nink
        Thomas Oppermann
        Holger Ortel
        Aydan Özoğuz
        Heinz Paula
        Joachim Poß
        Dr. Wilhelm Priesmeier
        Florian Pronold
        Dr. Sascha Raabe
        Mechthild Rawert
        Stefan Rebmann
        Gerold Reichenbach
        Dr. Carola Reimann
        Sönke Rix
        René Röspel
        Dr. Ernst Dieter Rossmann
        Karin Roth (Esslingen)
        Michael Roth (Heringen)
        Marlene Rupprecht
        (Tuchenbach)
        Annette Sawade
        Anton Schaaf
        Axel Schäfer (Bochum)
        Bernd Scheelen
        Marianne Schieder
        (Schwandorf)
        Werner Schieder (Weiden)
        Ulla Schmidt (Aachen)
        Carsten Schneider (Erfurt)
        Swen Schulz (Spandau)
        Ewald Schurer
        Frank Schwabe
        Dr. Martin Schwanholz
        Rolf Schwanitz
        Stefan Schwartze
        Rita Schwarzelühr-Sutter
        Dr. Carsten Sieling
        Sonja Steffen
        Dr. Frank-Walter Steinmeier
        Christoph Strässer
        Kerstin Tack
        Dr. h. c. Wolfgang Thierse
        Franz Thönnes
        Wolfgang Tiefensee
        Rüdiger Veit
        Ute Vogt
        Dr. Marlies Volkmer
        Andrea Wicklein
        Heidemarie Wieczorek-Zeul
        Dr. Dieter Wiefelspütz
        Waltraud Wolff
        (Wolmirstedt)
        Uta Zapf
        Manfred Zöllmer
        Brigitte Zypries
        FDP
        Michael Kauch
        Marina Schuster
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        r. Dietmar Bartsch
        arin Binder
        atthias W. Birkwald
        eidrun Bluhm
        teffen Bockhahn
        hristine Buchholz
        va Bulling-Schröter
        r. Martina Bunge
        oland Claus
        evim Dağdelen
        eidrun Dittrich
        erner Dreibus
        r. Dagmar Enkelmann
        laus Ernst
        icole Gohlke
        iana Golze
        nnette Groth
        r. Gregor Gysi
        eike Hänsel
        r. Rosemarie Hein
        ge Höger
        r. Barbara Höll
        ndrej Hunko
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        r. Lukrezia Jochimsen
        arald Koch
        n Korte
        tta Krellmann
        abine Leidig
        alph Lenkert
        tefan Liebich
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        homas Lutze
        lrich Maurer
        orothée Menzner
        ornelia Möhring
        iema Movassat
        homas Nord
        ns Petermann
        ichard Pitterle
        vonne Ploetz
        grid Remmers
        aul Schäfer (Köln)
        r. Ilja Seifert
        athrin Senger-Schäfer
        aju Sharma
        r. Petra Sitte
        ersten Steinke
        abine Stüber
        lexander Süßmair
        r. Kirsten Tackmann
        rank Tempel
        r. Axel Troost
        lexander Ulrich
        hanna Voß
        alina Wawzyniak
        arald Weinberg
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        IE GRÜNEN
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        arieluise Beck (Bremen)
        olker Beck (Köln)
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        atja Dörner
        arald Ebner
        ans-Josef Fell
        r. Thomas Gambke
        ai Gehring
        atrin Göring-Eckardt
        ritta Haßelmann
        ettina Herlitzius
        riska Hinz (Herborn)
        r. Anton Hofreiter
        ärbel Höhn
        grid Hönlinger
        hilo Hoppe
        we Kekeritz
        atja Keul
        usanne Kieckbusch
        emet Kilic
        ven-Christian Kindler
        aria Klein-Schmeink
        te Koczy
        om Koenigs
        ylvia Kotting-Uhl
        liver Krischer
        gnes Krumwiede
        tephan Kühn
        enate Künast
        arkus Kurth
        ndine Kurth (Quedlinburg)
        onika Lazar
        r. Tobias Lindner
        icole Maisch
        rzy Montag
        erstin Müller (Köln)
        eate Müller-Gemmeke
        r. Konstantin von Notz
        mid Nouripour
        riedrich Ostendorff
        r. Hermann E. Ott
        isa Paus
        rigitte Pothmer
        abea Rößner
        rista Sager
        lisabeth Scharfenberg
        r. Gerhard Schick
        r. Frithjof Schmidt
        lrich Schneider
        orothea Steiner
        r. Wolfgang Strengmann-
        Kuhn
        ans-Christian Ströbele
        r. Harald Terpe
        arkus Tressel
        rgen Trittin
        aniela Wagner
        eate Walter-Rosenheimer
        rfst Wagner (Schleswig)
        olfgang Wieland
        r. Valerie Wilms
        sef Philip Winkler
        aktionsloser
        bgeordneter
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        ein
        DU/CSU
        se Aigner
        eter Altmaier
        eter Aumer
        orothee Bär
        homas Bareiß
        orbert Barthle
        ünter Baumann
        rnst-Reinhard Beck
        (Reutlingen)
        anfred Behrens (Börde)
        eronika Bellmann
        r. Christoph Bergner
        eter Beyer
        teffen Bilger
        lemens Binninger
        eter Bleser
        r. Maria Böhmer
        olfgang Börnsen
        (Bönstrup)
        olfgang Bosbach
        orbert Brackmann
        laus Brähmig
        ichael Brand
        r. Reinhard Brandl
        elmut Brandt
        r. Ralf Brauksiepe
        r. Helge Braun
        eike Brehmer
        alph Brinkhaus
        ajus Caesar
        itta Connemann
        lexander Dobrindt
        homas Dörflinger
        arie-Luise Dött
        r. Thomas Feist
        nak Ferlemann
        grid Fischbach
        irk Fischer (Hamburg)
        laus-Peter Flosbach
        erbert Frankenhauser
        r. Hans-Peter Friedrich
        (Hof)
        ichael Frieser
        r. Michael Fuchs
        ans-Joachim Fuchtel
        lexander Funk
        go Gädechens
        r. Thomas Gebhart
        orbert Geis
        lois Gerig
        berhard Gienger
        ichael Glos
        sef Göppel
        eter Götz
        r. Wolfgang Götzer
        te Granold
        einhard Grindel
        ermann Gröhe
        ichael Grosse-Brömer
        arkus Grübel
        anfred Grund
        onika Grütters
        lav Gutting
        lorian Hahn
        r. Stephan Harbarth
        Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32459
        (A) (C)
        )(B)
        Jürgen Hardt Stephan Mayer (Altötting) Dr. Frank Steffel Manuel Höferlin
        Gerda Hasselfeldt
        Dr. Matthias Heider
        Helmut Heiderich
        Mechthild Heil
        Ursula Heinen-Esser
        Frank Heinrich
        Rudolf Henke
        Michael Hennrich
        Ansgar Heveling
        Ernst Hinsken
        Christian Hirte
        Robert Hochbaum
        Karl Holmeier
        Franz-Josef Holzenkamp
        Joachim Hörster
        Anette Hübinger
        Hubert Hüppe
        Thomas Jarzombek
        Dieter Jasper
        Dr. Franz Josef Jung
        Andreas Jung (Konstanz)
        Dr. Egon Jüttner
        Bartholomäus Kalb
        Hans-Werner Kammer
        Alois Karl
        Bernhard Kaster
        Siegfried Kauder (Villingen-
        Schwenningen)
        Volker Kauder
        Roderich Kiesewetter
        Eckart von Klaeden
        Ewa Klamt
        Volkmar Klein
        Jürgen Klimke
        Axel Knoerig
        Jens Koeppen
        Manfred Kolbe
        Dr. Rolf Koschorrek
        Hartmut Koschyk
        Thomas Kossendey
        Michael Kretschmer
        Gunther Krichbaum
        Dr. Günter Krings
        Rüdiger Kruse
        Bettina Kudla
        Dr. Hermann Kues
        Günter Lach
        Dr. Karl A. Lamers
        (Heidelberg)
        Andreas G. Lämmel
        Katharina Landgraf
        Ulrich Lange
        Dr. Max Lehmer
        Paul Lehrieder
        Dr. Ursula von der Leyen
        Ingbert Liebing
        Matthias Lietz
        Dr. Carsten Linnemann
        Patricia Lips
        Dr. Jan-Marco Luczak
        Daniela Ludwig
        Dr. Michael Luther
        Karin Maag
        Dr. Thomas de Maizière
        Hans-Georg von der Marwitz
        Andreas Mattfeldt
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        r. Michael Meister
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        r. h. c. Hans Michelbach
        r. Mathias Middelberg
        hilipp Mißfelder
        ietrich Monstadt
        arlene Mortler
        r. Gerd Müller
        tefan Müller (Erlangen)
        r. Philipp Murmann
        ichaela Noll
        r. Georg Nüßlein
        ranz Obermeier
        duard Oswald
        enning Otte
        r. Michael Paul
        ita Pawelski
        lrich Petzold
        r. Joachim Pfeiffer
        ibylle Pfeiffer
        eatrix Philipp
        onald Pofalla
        hristoph Poland
        uprecht Polenz
        ckhard Pols
        homas Rachel
        r. Peter Ramsauer
        ckhardt Rehberg
        atherina Reiche (Potsdam)
        othar Riebsamen
        sef Rief
        laus Riegert
        r. Heinz Riesenhuber
        hannes Röring
        r. Norbert Röttgen
        r. Christian Ruck
        rwin Rüddel
        lbert Rupprecht (Weiden)
        nita Schäfer (Saalstadt)
        r. Wolfgang Schäuble
        r. Annette Schavan
        r. Andreas Scheuer
        arl Schiewerling
        orbert Schindler
        ankred Schipanski
        eorg Schirmbeck
        hristian Schmidt (Fürth)
        atrick Schnieder
        r. Andreas Schockenhoff
        adine Schön (St. Wendel)
        r. Kristina Schröder
        (Wiesbaden)
        r. Ole Schröder
        ernhard Schulte-Drüggelte
        we Schummer
        rmin Schuster (Weil am
        Rhein)
        etlef Seif
        hannes Selle
        einhold Sendker
        r. Patrick Sensburg
        ernd Siebert
        homas Silberhorn
        hannes Singhammer
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        hristian Freiherr von Stetten
        ieter Stier
        ero Storjohann
        tephan Stracke
        ax Straubinger
        arin Strenz
        homas Strobl (Heilbronn)
        ena Strothmann
        ichael Stübgen
        r. Peter Tauber
        ntje Tillmann
        r. Hans-Peter Uhl
        rnold Vaatz
        olkmar Vogel (Kleinsaara)
        tefanie Vogelsang
        ndrea Astrid Voßhoff
        r. Johann Wadephul
        arco Wanderwitz
        ai Wegner
        arcus Weinberg (Hamburg)
        eter Weiß (Emmendingen)
        abine Weiss (Wesel I)
        go Wellenreuther
        arl-Georg Wellmann
        eter Wichtel
        nnette Widmann-Mauz
        laus-Peter Willsch
        lisabeth Winkelmeier-
        Becker
        agmar G. Wöhrl
        r. Matthias Zimmer
        olfgang Zöller
        illi Zylajew
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        ns Ackermann
        hristine Aschenberg-
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        lorian Bernschneider
        ebastian Blumenthal
        laudia Bögel
        icole Bracht-Bendt
        laus Breil
        ngelika Brunkhorst
        rnst Burgbacher
        arco Buschmann
        ylvia Canel
        elga Daub
        einer Deutschmann
        ijan Djir-Sarai
        atrick Döring
        erhard Drexler
        echthild Dyckmans
        ans-Werner Ehrenberg
        ainer Erdel
        rg van Essen
        lrike Flach
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        r. Edmund Peter Geisen
        ans-Michael Goldmann
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        r. Christel Happach-Kasan
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        olger Krestel
        atrick Kurth (Kyffhäuser)
        einz Lanfermann
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        arald Leibrecht
        abine Leutheusser-
        Schnarrenberger
        ars Lindemann
        r. Martin Lindner (Berlin)
        ichael Link (Heilbronn)
        r. Erwin Lotter
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        orst Meierhofer
        atrick Meinhardt
        abriele Molitor
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        etra Müller (Aachen)
        urkhardt Müller-Sönksen
        r. Martin Neumann
        (Lausitz)
        irk Niebel
        ans-Joachim Otto
        (Frankfurt)
        ornelia Pieper
        isela Piltz
        rg von Polheim
        r. Christiane Ratjen-
        Damerau
        r. Birgit Reinemund
        agen Reinhold
        r. Peter Röhlinger
        r. Stefan Ruppert
        jörn Sänger
        rank Schäffler
        hristoph Schnurr
        mmy Schulz
        r. Erik Schweickert
        erner Simmling
        dith Skudelny
        r. Hermann Otto Solms
        achim Spatz
        orsten Staffeldt
        r. Rainer Stinner
        tephan Thomae
        anfred Todtenhausen
        r. Florian Toncar
        erkan Tören
        hannes Vogel
        (Lüdenscheid)
        r. Daniel Volk
        r. Claudia Winterstein
        r. Volker Wissing
        artfrid Wolff (Rems-Murr)
        nthalten
        DU/CSU
        r. Stefan Kaufmann
        250. Sitzung
        Inhaltsverzeichnis
        TOP 4 Hilfefonds zur Bewältigung der Hochwasserkatastrophe
        TOP 5, ZP 4 Regierungserklärung zum G8-Gipfel und Europäischem Rat
        TOP 6 Pflegereform
        TOP 79, ZP 5 Abschließende Beratungen ohne Aussprache
        ZP 6 – ZP 11 Beschlussempfehlungen des Vermittlungsausschusses
        ZP 12 Aktuelle Stunde zu den Wahlversprechen von CDU/CSU
        TOP 20 Eindämmung unseriöser Geschäftspraktiken
        TOP 8 Arbeitnehmerüberlassung
        TOP 9 Bundeswehreinsatz im Libanon (UNIFIL)
        TOP 10 Bekämpfung der Steuerflucht und Vermögensabgabe
        TOP 11 Bundeswehreinsatz in Mali (MINUSMA)
        TOP 12 Dopingbekämpfung im Sport
        TOP 13 Einkommensteuerrecht – Gleichstellung
        TOP 14 Kooperation von Bund und Ländern in der Bildung
        TOP 15 Transparenz im Prozess der Organspende
        TOP 16 Unabhängigkeit der Justiz
        TOP 17 Vertrag über den Waffenhandel
        ZP 13 Korruptionsregister-Gesetz
        TOP 7 Aktienrechtsnovelle und Managergehälter
        TOP 19 Bekämpfung des Menschenhandels
        TOP 21 Ergebnisse des NATO-Gipfels von Chicago
        TOP 22 Verstümmelung weiblicher Genitalien
        TOP 29 Lebensbedingungen in Entwicklungsländern
        TOP 24 Förderung der Gesundheitsprävention
        TOP 25 Übergangslücke Arbeitslosengeld Rente
        TOP 26 Steuerehrlichkeit bei internationalen Sachverhalten
        TOP 27 Finanzielle Absicherung von Künstlern
        TOP 28 Änderung des Handelsgesetzbuches
        TOP 31 Bildungspolitik
        TOP 30 Aufarbeitung der SED-Diktatur
        TOP 38 Arbeitsbedingungen in der Wissenschaft
        TOP 32, ZP 14 Bericht 2012 zur Nachhaltigkeitsstrategie
        TOP 33 Handwerkspolitik
        TOP 34 Wettbewerbsfähigkeit der Kreativwirtschaft
        TOP 35 Datenbankgrundbuch
        TOP 36 Langlebigkeit von Produkten
        TOP 37 Harmonisierte Rechnungsführungsgrundsätze in der EU
        TOP 40 Recht auf Inklusive Bildung
        TOP 39 Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt
        TOP 46 Verbraucherinteressen im Gentechnikrecht
        TOP 41 Deutsch-koreanische Beziehungen
        TOP 42 Agrarwissenschaften
        TOP 43 Internationalisierung der Wissenschaft
        TOP 44 Straßen- und Schienenlärm
        TOP 45 Modernisierung des Geschmacksmustergesetzes
        TOP 48 Abbau von Diskriminierungen
        TOP 47 Novellierung patentrechtlicher Vorschriften
        TOP 51 Rechtssicherheit für WLAN-Betreiber
        ZP 15 Grenzüberschreitende Schienenverkehrsachsen
        ZP 16 Gesamtkonzept für die Elbregion
        TOP 49 Staatsleistungen an Religionsgesellschaften
        ZP 17 Schienenanbindung an die Feste Fehmarnbeltquerung
        TOP 50 Kindernachzugsrecht
        ZP 18 Förderung und Sicherung der deutschen Sprache
        TOP 52 Demografischer Wandel im RV-Leistungsrecht
        ZP 19 Kulturgüterschutz
        TOP 55 Aufenthaltsgesetz
        ZP 20 Nutzung verwaister und vergriffener Werke
        TOP 53 Schutz für Flüchtlinge
        TOP 54 Förderung von Genossenschaftsgründungen
        TOP 56 Europaweite Bekämpfung synthetischer Drogen
        TOP 57 Mindestpersonalbemessung in Krankenhäusern
        TOP 58 Vergabekriterien für Sportgroßveranstaltungen
        TOP 60 Informationsfreiheits- und Transparenzgesetz
        TOP 63 Presseauskunftsgesetz
        TOP 61 Mindestlohn
        TOP 62 Visapolitik
        TOP 64 Forschungs- und Innovationsförderung
        TOP 65 Fremdrentengesetz und Rehabilitierung Verfolgter
        TOP 66 Kooperation von Hochschulen und Unternehmen
        TOP 67 Lärmschutz am BER
        TOP 68 Netzneutralität
        Anlagen