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    Plenarprotokoll 17/250Inhaltsverzeichnis zes zur Errichtung eines Sondervermö- gens „Aufbauhilfe“ und zur Änderung weiterer Gesetze (Aufbauhilfegesetz) (Drucksache 17/14176) . . . . . . . . . . . . . . . b) Unterrichtung durch die Bundesregierung Entwurf eines Gesetzes über die Feststel- lung eines Nachtrags zum Bundeshaus- haltsplan für das Haushaltsjahr 2013 (Nachtragshaushaltsgesetz 2013) (Drucksache 17/14000) . . . . . . . . . . . . . . . hier: Stellungnahme des Bundesrates und Gegenäußerung der Bundesregie- rung (Drucksache 17/14020) . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 5: Bundeskanzlerin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Peer Steinbrück (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Rainer Stinner (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Volker Kauder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Joachim Spatz (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Roth (Heringen) (SPD) . . . . . . . . . . Oliver Luksic (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gerda Hasselfeldt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Ruprecht Polenz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 31883 A 31883 B 31883 B 31883 D 31888 B 31892 D 31894 A 31896 D 31898 D 31900 D 31901 D 31902 B 31903 B 31904 D Deutscher B Stenografisch 250. Sitz Berlin, Donnerstag, d I n h a l Glückwünsche zum Geburtstag der Abgeord- neten Hans-Werner Kammer und Wolfgang Zöller . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wahl des Herrn Professor Dr. Manfred Wilke als Mitglied des Beirats beim Beauf- tragten für die Unterlagen des Staats- sicherheitsdienstes der ehemaligen DDR . . Erweiterung und Abwicklung der Tagesord- nung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Absetzung der Tagesordnungspunkte 18, 23, 74, 76, 78, 79 i und 79 rr . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 4: a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- G 2 in Z A F d a s E tr v (D D 31877 B 31877 B 31877 B 31883 B Abgabe einer Regierungserklärung durch die Bundeskanzlerin: zu den Ergebnissen des undestag er Bericht ung en 27. Juni 2013 t : -8-Gipfels und zum Europäischen Rat am 7./28. Juni 2013 in Brüssel . . . . . . . . . . . . . Verbindung mit usatztagesordnungspunkt 4: ntrag der Fraktionen der CDU/CSU und DP: Einvernehmensherstellung von Bun- estag und Bundesregierung zum Beitritts- ntrag der Republik Serbien zur Europäi- chen Union und zur Empfehlung von uropäischer Kommission und Hoher Ver- eterin vom 22. April 2013 zur Aufnahme on Beitrittsverhandlungen rucksache 17/14108) . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Angela Merkel, 31883 C 31883 C Philipp Mißfelder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Dr. Johann Wadephul (CDU/CSU) . . . . . . . . 31905 C 31906 C II Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 Tagesordnungspunkt 6: a) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit zu dem An- trag der Abgeordneten Hilde Mattheis, Bärbel Bas, Petra Ernstberger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Für eine umfassende Pflegereform – Pflege als gesamtgesellschaftliche Auf- gabe stärken (Drucksachen 17/9977, 17/13319) . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Elisabeth Scharfenberg, Kerstin Andreae, Birgitt Bender, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Pflege-TÜV hat versagt – Jetzt echte Transparenz schaffen: Pflegenoten aus- setzen und Ergebnisqualität voranbrin- gen (Drucksache 17/13760) . . . . . . . . . . . . . . . Christine Aschenberg-Dugnus (FDP) . . . . . . Dr. Karl Lauterbach (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Willi Zylajew (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Kathrin Senger-Schäfer (DIE LINKE) . . . . . . Elisabeth Scharfenberg (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Daniel Bahr, Bundesminister BMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Elke Ferner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Zöller (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Hilde Mattheis (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Rolf Koschorrek (CDU/CSU) . . . . . . . . . Stephan Stracke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Erwin Rüddel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 79: a) Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Jens Petermann, Jan Korte, Ulla Jelpke, weiteren Abgeordneten und der Fraktion DIE LINKE eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Wehrdisziplinarordnung (Drucksachen 17/572, 17/4488) . . . . . . . . b) Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Dr. Anton Hofreiter, Bettina Herlitzius, Stephan Kühn, weite- ren Abgeordneten und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zur Bedarfs- festlegung des Baus oder Ausbaus von Bundesfernstraßen (Drucksachen 17/7885, 17/8838) . . . . . . . c) Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Markus Kurth, Volker Beck d e f) g h j) 31908 A 31908 B 31908 B 31910 A 31912 C 31914 A 31916 C 31919 A 31921 B 31922 D 31924 B 31925 D 31927 A 31927 D 31928 D 31929 A (Köln), Wolfgang Wieland, weiteren Ab- geordneten und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention im Wahlrecht (Drucksachen 17/12068, 17/13809) . . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Innenausschusses zu dem Antrag der Fraktion der SPD: Verbesserung des Wahlrechts von Menschen mit Behinde- rungen und Analphabeten (Drucksachen 17/12380, 17/13809) . . . . . ) – Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Ingrid Hönlinger, Ulrich Schneider, Volker Beck (Köln), weiteren Abgeordneten und der Frak- tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ein- gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Einführung des aktiven Wahl- rechts ab 16 Jahren im Bundeswahl- gesetz und im Europawahlgesetz (Drucksachen 17/13257, 17/13999) . . – Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Ingrid Hönlinger, Ulrich Schneider, Volker Beck (Köln), weiteren Abgeordneten und der Frak- tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ein- gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 38) (Drucksachen 17/13238, 17/13999) . . Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Halina Wawzyniak, Jan Korte, Nicole Gohlke, weiteren Abgeord- neten und der Fraktion DIE LINKE einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Än- derung des Telemediengesetzes – Störerhaftung (Drucksachen 17/11137, 17/14189) . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Sevim Dağdelen, Katrin Werner, Ulla Jelpke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Unabhängige Unter- suchungen von Menschenrechtsver- letzungen durch Polizeibedienstete er- möglichen und unabhängiges Kontroll- gremium schaffen (Drucksache 17/10685) . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Alexander Süßmair, Dr. Kirsten Tackmann, Karin Binder, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Bundeseinheitli- che Chip- und Registrierungspflicht für Welpen einführen (Drucksache 17/13934) . . . . . . . . . . . . . . Antrag der Abgeordneten Alexander Süßmair, Dr. Kirsten Tackmann, Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordne- 31929 B 31929 C 31929 C 31929 D 31930 A 31930 B 31930 C Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 III ter und der Fraktion DIE LINKE: Den ökologischen Landbau stärken (Drucksache 17/14139) . . . . . . . . . . . . . . . k) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadt- entwicklung zu dem Antrag der Abgeord- neten Dr. Anton Hofreiter, Winfried Hermann, Alexander Bonde, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Umstellung der Finanzierung von Neu- und Ausbaupro- jekten in Bundesschienenwege (Drucksachen 17/543, 17/3478) . . . . . . . . l) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadt- entwicklung – zu dem Antrag der Abgeordneten Kirsten Lühmann, Uwe Beckmeyer, Sören Bartol, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Logistik- standort Deutschland stärken – Transport- und Güterverkehr nach- haltig gestalten – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Anton Hofreiter, Winfried Hermann, Dr. Valerie Wilms, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Mo- dellversuche mit Gigalinern been- den – Umweltorientierten Aktions- plan Güterverkehr und Logistik auf den Weg bringen (Drucksachen 17/3430, 17/3674, 17/5226) m) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales zu dem Antrag der Abgeordneten Matthias W. Birkwald, Diana Golze, Dr. Martina Bunge, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Die finanzielle De- ckelung von Reha-Leistungen in der ge- setzlichen Rentenversicherung aufhe- ben – Reha am Bedarf ausrichten (Drucksachen 17/6914, 17/8446) . . . . . . . n) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadt- entwicklung zu dem Antrag der Abgeord- neten Fritz Kuhn, Dr. Anton Hofreiter, Dr. Valerie Wilms, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Transparenz zum Bau der ICE-Neubaustrecke Wendlingen–Ulm herstellen (Drucksachen 17/9741, 17/10865) . . . . . . o) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadt- entwicklung zu dem Antrag der Abgeord- neten Renate Künast, Stephan Kühn, Dr. Anton Hofreiter, weiterer Abgeordne- p q r) s t) u 31930 C 31930 D 31930 D 31931 B 31931 C ter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ursachen und Verantwort- lichkeiten für das Berliner Flughafen- debakel lückenlos aufklären – Chancen für besseren Lärmschutz nutzen (Drucksachen 17/9740, 17/10873) . . . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadt- entwicklung zu dem Antrag der Abgeord- neten Bettina Herlitzius, Daniela Wagner, Lisa Paus, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Städtebauliche Qualität des Regie- rungsviertels verbessern (Drucksachen 17/9171, 17/10981) . . . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirt- schaft und Verbraucherschutz zu dem An- trag der Abgeordneten Willi Brase, Dr. Wilhelm Priesmeier, Petra Crone, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Gutes Leben, Gute Innovationen, Gute Arbeit – Politik für ländliche Räume effektiv und effizient gestalten (Drucksachen 17/11031, 17/12744) . . . . . Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadt- entwicklung zu dem Antrag der Abgeord- neten Stephan Kühn, Renate Künast, Dr. Anton Hofreiter, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Aufsichtsrat neu besetzen, Geschäftsführer entlassen und den Flughafen Berlin Brandenburg skan- dalfrei fertigstellen (Drucksachen 17/11168, 17/12785) . . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirt- schaft und Verbraucherschutz zu dem An- trag der Abgeordneten Dr. Wilhelm Priesmeier, Willi Brase, Petra Crone, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Düngeverordnung novellieren (Drucksachen 17/10115, 17/13146) . . . . . Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirt- schaft und Verbraucherschutz zu dem An- trag der Abgeordneten Dr. Wilhelm Priesmeier, Willi Brase, Petra Crone, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Förderung des ökologischen Landbaus – Wachstumspotenziale in Deutschland für deutsche Produzenten erschließen (Drucksachen 17/10862, 17/13147) . . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses zu dem Antrag der Ab- geordneten Dr. Anton Hofreiter, Markus Tressel, Markus Kurth, weiterer Abge- 31931 C 31931 D 31932 A 31932 B 31932 B 31932 D IV Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 ordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Verkehrsträgerüber- greifende Fahrgastrechte stärken (Drucksachen 17/11375, 17/13150) . . . . . v) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadt- entwicklung – zu dem Antrag der Abgeordneten Uwe Beckmeyer, Sören Bartol, Bernhard Brinkmann (Hildesheim), weiterer Ab- geordneter und der Fraktion der SPD: Deutschland braucht im ganzen Land einen verlässlichen und siche- ren Schienenverkehr – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Gregor Gysi, Sabine Leidig, Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion DIE LINKE: Die Bahn im Einklang mit dem Grundgesetz am Wohl der Allge- meinheit orientieren – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Anton Hofreiter, Winfried Hermann, Dr. Valerie Wilms, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Für eine konsequente Strukturreform der Deutschen Bahn AG (Drucksachen 17/4428, 17/4433, 17/4434, 17/13153) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . w) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit zu dem An- trag der Abgeordneten Frank Tempel, Dr. Martina Bunge, Karin Binder, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: WHO-Tabakrahmenkonven- tion umsetzen – Vollständiges Tabak- werbeverbot einführen (Drucksachen 17/12838, 17/13368) . . . . . x) Beschlussempfehlung und Bericht des Fi- nanzausschusses zu dem Antrag der Abge- ordneten Frank Tempel, Jan Korte, Agnes Alpers, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Einrichtung einer Bundesfinanzpolizei als Wirtschafts- und Finanzermittlungsbehörde (Drucksachen 17/12708, 17/13802) . . . . . y) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirt- schaft und Verbraucherschutz zu dem An- trag der Abgeordneten Cornelia Behm, Tabea Rößner, Harald Ebner, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Ländliche Räume als Lebensräume bewahren und zukunftsfähig gestalten (Drucksachen 17/13490, 17/13997) . . . . . z a b c 31932 D 31933 A 31933 C 31933 D 31933 D ) Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Thomas Gambke, Britta Haßelmann, Lisa Paus, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Auf europäi- scher Ebene ein betrugssicheres, transparentes und bürokratiearmes Mehrwertsteuersystem schaffen (Drucksachen 17/12065, 17/14006) . . . . a) Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Barbara Höll, Eva Bulling- Schröter, Sabine Leidig, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion DIE LINKE: Wirksame Anreize für kli- mafreundlichere Firmenwagen – zu dem Antrag der Abgeordneten Lisa Paus, Dr. Thomas Gambke, Britta Haßelmann, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Dienstwa- genprivileg abbauen und Besteuerung CO2-effizient ausrich- ten (Drucksachen 17/9149, 17/8462, 17/14011) b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zu dem Antrag der Abgeordneten Tabea Rößner, Memet Kilic, Dr. Tobias Lindner, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Mit einem Nationalen Aktionsplan die Chancen des demo- grafischen Wandels ergreifen (Drucksachen 17/13246, 17/14012) . . . . c) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadt- entwicklung – zu dem Antrag der Abgeordneten Heidrun Bluhm, Dr. Kirsten Tackmann, Dr. Dietmar Bartsch, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Obdach- und Woh- nungslosigkeit erkennen und be- kämpfen – zu dem Antrag der Abgeordneten Heidrun Bluhm, Dr. Kirsten Tackmann, Agnes Alpers, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Bedarfsgerechtes Wohnen dauerhaft sichern – Gemeinnützi- gen Wohnungswirtschaftssektor entwickeln (Drucksachen 17/13105, 17/13552, 17/14013) 31934 A 31934 B 31934 D 31935 A Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 V dd) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend – zu dem Antrag der Abgeordneten Christel Humme, Petra Crone, Angelika Graf (Rosenheim), weite- rer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Rechte intersexueller Menschen stärken – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Barbara Höll, Diana Golze, Jan Korte, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Grundrechte von intersexuellen Menschen wah- ren – zu dem Antrag der Abgeordneten Monika Lazar, Volker Beck (Köln), Kai Gehring, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Grundrechte von inter- sexuellen Menschen wahren – zu der Unterrichtung durch den Deut- schen Ethikrat: Stellungnahme des Deutschen Ethikrates – Intersexua- lität (Drucksachen 17/13253, 17/12859, 17/12851, 17/9088, 17/14014) . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu dem Antrag der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl, Bettina Herlitzius, Oliver Krischer, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Atomri- siken ernst nehmen – Auch in Bezug auf die nahe liegenden Atomkraft- werke in Belgien (Drucksachen 17/13491, 17/14027) . . . . ff) Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Stefan Schwartze, Gabriele Fograscher, Rainer Arnold, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Cornelia Behm, Claudia Roth (Augsburg), weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Anerkennung der an den ehemaligen sowjetischen Kriegsgefan- genen begangenen Verbrechen als nationalsozialistisches Unrecht und Gewährung eines symbolischen finan- ziellen Anerkennungsbetrages für diese Opfergruppe (Drucksachen 17/13710, 17/14056) . . . . gg) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Tourismus zu dem An- trag der Abgeordneten Gabriele Hiller- h ii jj k ll m 31935 B 31935 D 31936 A Ohm, Willi Brase, Ulla Burchardt, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Ausbildungssituation im Hotel- und Gaststättengewerbe verbessern (Drucksachen 17/13549, 17/14088) . . . . h) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Tourismus zu dem An- trag der Abgeordneten Hans-Joachim Hacker, Sabine Bätzing-Lichtenthäler, Elvira Drobinski-Weiß, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der SPD: Bar- rierefreier Zugang zu Großveranstal- tungen und Reisen (Drucksachen 17/13550, 17/14090) . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe zu dem Antrag der Ab- geordneten Angelika Graf (Rosenheim), Wolfgang Gunkel, Ullrich Meßmer, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Klimawandel gefährdet Men- schenrechte (Drucksachen 17/13755, 17/14183) . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirt- schaft und Verbraucherschutz zu dem Antrag der Abgeordneten Kerstin Tack, Elvira Drobinski-Weiß, Doris Barnett, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Verbraucherinnen und Ver- braucher stärken – Marktwächter ein- führen (Drucksachen 17/13709, 17/14199) . . . . k) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit zu dem An- trag der Abgeordneten Markus Kurth, Birgitt Bender, Maria Klein-Schmeink, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Gesund- heitsversorgung von Menschen mit Behinderung menschenrechtskon- form gestalten (Drucksachen 17/12712, 17/14093) . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Innenausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Tom Koenigs, Omid Nouripour, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Aufnahme afghanischer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bundeswehr in Deutschland (Drucksachen 17/13729, 17/14180) . . . . m)Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales zu dem Antrag der Abgeordneten Josef Philip Winkler, Brigitte Pothmer, Arfst Wagner (Schleswig), weiterer Abgeord- neter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ 31936 B 31936 C 31936 D 31937 A 31937 B 31937 B VI Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 DIE GRÜNEN: Fortführung der ar- beitsmarktlichen Unterstützung für Bleibeberechtigte und Flüchtlinge in der nächsten Förderungsperiode des Europäischen Sozialfonds (Drucksachen 17/13718, 17/14064) . . . . nn) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadt- entwicklung – zu dem Antrag der Abgeordneten Sören Bartol, Uwe Beckmeyer, Martin Burkert, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion der SPD: Kom- munen die Einrichtung von Car- sharing-Stellplätzen ermöglichen – zu dem Antrag der Abgeordneten Winfried Hermann, Dr. Anton Hofreiter, Dr. Valerie Wilms, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Schaf- fung von Rechtssicherheit für Car- sharing-Stationen und Elektro- fahrzeug-Stellplätze (Drucksachen 17/781, 17/3208, 17/14089) . oo) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadt- entwicklung zu dem Antrag der Abge- ordneten Dr. Valerie Wilms, Dr. Anton Hofreiter, Bettina Herlitzius, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Neustart für ein europäisches Zugsicherungssystem (Drucksachen 17/10844, 17/14092) . . . . pp) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadt- entwicklung – zu dem Antrag der Abgeordneten Ulrike Gottschalck, Sören Bartol, Uwe Beckmeyer, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion der SPD: Neue Impulse für die Förderung des Radverkehrs setzen – Den Na- tionalen Radverkehrsplan 2020 überarbeiten – zu dem Antrag der Abgeordneten Stephan Kühn, Markus Tressel, Dr. Anton Hofreiter, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Nationalen Radverkehrsplan 2020 zum ambi- tionierten Aktionsplan der Radver- kehrsförderung weiterentwickeln (Drucksachen 17/11000, 17/11357, 17/14086) qq) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Matthias Miersch, s tt u 31937 C 31937 D 31938 A 31938 B Dirk Becker, Marco Bülow, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion der SPD: Monitoring für versenkte Atommüll- fässer im Atlantik sicherstellen und Maßnahmen gegen weitere Strahlen- exposition einleiten (Drucksachen 17/7633, 17/14177) . . . . . s) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu dem Antrag der Fraktion der SPD: Lehren aus der Atomkatastrophe in Fukushima zie- hen (Drucksachen 17/12688, 17/14178) . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit – zu dem Antrag der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wildtierhandel und -haltung in Deutschland einschränken und so den Tier- und Artenschutz stärken – zu dem Antrag der Abgeordneten Sabine Stüber, Alexander Süßmair, Dr. Kirsten Tackmann, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion DIE LINKE: Tier- und Artenschutz durch Beschränkung des Wildtier- handels stärken – zu dem Antrag der Abgeordneten Heinz Paula, Dr. Matthias Miersch, Dirk Becker, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Wildtier- handel und -haltung in Deutsch- land einschränken und so den Tier- und Artenschutz stärken (Drucksachen 17/13712, 17/13713, 17/12386, 17/14087) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . u) Beschlussempfehlung und Bericht des Innenausschusses – zu dem Antrag der Abgeordneten Josip Juratovic, Anton Schaaf, Petra Ernstberger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Richt- linien zur konzerninternen Entsen- dung und zur Saisonarbeit sozial gerecht gestalten – zu dem Antrag der Abgeordneten Alexander Ulrich, Sevim Dağdelen, Jan van Aken, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: zu dem Vorschlag der Europäischen Kommission für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen im Rahmen einer konzerninternen Entsen- 31938 D 31939 A 31939 B Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 VII dung – (KOM(2010) 378 endg.; Ratsdok. 12211/10) – hier: Stel- lungnahme gegenüber der Bundes- regierung gemäß Artikel 23 Ab- satz 3 des Grundgesetzes i. V. m. § 9 Absatz 4 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bundesregie- rung und Deutschem Bundestag in Angelegenheiten der Europäi- schen Union – Vorschlag der Euro- päischen Kommission zur Kon- zernentsenderichtlinie zurückwei- sen – zu dem Antrag der Abgeordneten Sevim Dağdelen, Alexander Ulrich, Jan van Aken, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: zu dem Vorschlag der Europäischen Kommission für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen zwecks Ausübung einer saisonalen Be- schäftigung – (KOM(2010) 379 endg.; Ratsdok. 12208/10) – hier: Stellungnahme des Deutschen Bun- destages gemäß Artikel 23 Ab- satz 3 des Grundgesetzes i. V. m. § 9 Absatz 4 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bundesregie- rung und Deutschem Bundestag in Angelegenheiten der Europäi- schen Union – Vorschlag der Euro- päischen Kommission zur Saison- arbeiterrichtlinie zurückweisen – zu dem Antrag der Abgeordneten Memet Kilic, Beate Müller- Gemmeke, Ulrike Höfken, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: zu den Vorschlägen der Europäischen Kommission für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen im Rahmen einer konzerninternen Entsen- dung (KOM(2010) 378 endg.; Ratsdok. 12211/10) – hier: Stel- lungnahme gegenüber der Bundes- regierung gemäß Artikel 23 Ab- satz 3 des Grundgesetzes i. V. m. § 9 Absatz 4 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bundesregie- rung und Deutschem Bundestag in Angelegenheiten der Europäi- schen Union – Richtlinie zur kon- zerninternen Entsendung grund- sätzlich überarbeiten v w – zu dem Antrag der Abgeordneten Beate Müller-Gemmeke, Fritz Kuhn, Memet Kilic, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: zu den Vorschlägen der Europäischen Kommission für eine Richtlinie des Europäischen Parla- ments und des Rates über die Be- dingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsange- hörigen zwecks Ausübung einer saisonalen Beschäftigung – (KOM(2010) 379 endgültig) – hier: Stellungnahme gegenüber der Bun- desregierung gemäß Artikel 23 Ab- satz 3 des Grundgesetzes i. V. m. § 9 Absatz 4 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bundesregie- rung und Deutschem Bundestag in Angelegenheiten der Europäi- schen Union – Rechte der Saison- arbeitskräfte stärken (Drucksachen 17/4190, 17/4039, 17/4045, 17/4885, 17/5234, 17/14182) . . . . . . . . . v) Beschlussempfehlung und Bericht des Haushaltsausschusses – zu dem Antrag des Bundesministe- riums der Finanzen: Entlastung der Bundesregierung für das Haus- haltsjahr 2011 – Vorlage der Haus- haltsrechnung des Bundes für das Haushaltsjahr 2011 – – zu dem Antrag des Bundesministe- riums der Finanzen: Entlastung der Bundesregierung für das Haus- haltsjahr 2011 – Vorlage der Ver- mögensrechnung des Bundes für das Haushaltsjahr 2011 – – zu der Unterrichtung durch den Bun- desrechnungshof: Bemerkungen des Bundesrechnungshofes 2012 zur Haushalts- und Wirtschaftsfüh- rung des Bundes (einschließlich der Feststellungen zur Jahresrech- nung 2011) – zu der Unterrichtung durch den Bun- desrechnungshof: Bemerkungen des Bundesrechnungshofes 2012 zur Haushalts- und Wirtschaftsfüh- rung des Bundes – Weitere Prü- fungsergebnisse – (Drucksachen 17/9908, 17/9909, 17/11330, 17/12990, 17/14149) . . . . . . . . . . . . . . . w) Beschlussempfehlung und Bericht des Haushaltsausschusses zu dem Antrag des
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    Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32319 (A) ) )(B) Anlagen (alle BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur Abstim- zialversicherung – Bedingungsloses Grundeinkommen“ Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten * für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung des Europarates Anlage 2 Erklärung nach § 32 GO der Abgeordneten Viola von Cramon-Taubadel, Katja Dörner, Volker Beck (Köln), Dr. Anton Hofreiter, Katja Keul, Sven-Christian Kindler, Maria Klein-Schmink und Dr. Harald Terpe d c W z fo b z M G B k tu ru b s K d g u In e b te d d w D ta n A d W W Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Bahr (Münster), Daniel FDP 27.06.2013 Brandner, Klaus SPD 27.06.2013 Brüderle, Rainer FDP 27.06.2013 Dr. Dehm, Diether DIE LINKE 27.06.2013 Fell, Hans-Josef BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 27.06.2013 Fischer (Göttingen), Hartwig CDU/CSU 27.06.2013 Fritz, Erich G. CDU/CSU 27.06.2013* Gunkel, Wolfgang SPD 27.06.2013 Hiller-Ohm, Gabriele SPD 27.06.2013 Hintze, Peter CDU/CSU 27.06.2013 Lay, Caren DIE LINKE 27.06.2013 Möller, Kornelia DIE LINKE 27.06.2013 Roth (Augsburg), Claudia BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 27.06.2013 Schlecht, Michael DIE LINKE 27.06.2013 Schmidt (Eisleben), Silvia SPD 27.06.2013 Werner, Katrin DIE LINKE 27.06.2013 Wunderlich, Jörn DIE LINKE 27.06.2013 Zimmermann, Sabine DIE LINKE 27.06.2013 (C (D Anlagen zum Stenografischen Bericht mung über die Beschlussempfehlung: Sammel- übersicht 611 zu Petitionen (Tagesordnungs- punkt 79 ccc) 52 976 Bürgerinnen und Bürger unterzeichneten über en Jahreswechsel 2008/2009 innerhalb von sechs Wo- hen die Onlinepetition der Greifswalderin Susanne iest. Unter dem Titel „Reformvorschläge in der So- ialversicherung – Bedingungsloses Grundeinkommen“ rderte die Petentin: „Der Deutsche Bundestag möge eschließen, das bedingungslose Grundeinkommen ein- uführen.“ In der Gesellschaft gibt es bisher keine einheitliche einung dazu. Dabei ist uns wichtig, die Leitbilder von erechtigkeit und emanzipativer Sozialpolitik mit der edeutung öffentlicher Institutionen und Finanzierbar- eit zu verbinden. Angesichts sich zuspitzender Wachs- msproblematik und der umfassenden Umstrukturie- ng der Wirtschaft durch Rationalisierungsprozesse enötigen wir auf Dauer eine Transformation des Sozial- taates. Wir halten deshalb die Einrichtung einer Enquete- ommission im Deutschen Bundestag für sinnvoll, in er Idee und Modelle eines Grundeinkommens sowie rundlegende Reformperspektiven für den Sozialstaat nd die sozialen Sicherungssysteme diskutiert werden. einer solchen Enquete wollen wir der Diskussion über in bedingungsloses Grundeinkommen sowie damit ver- undene Veränderungen in den sozialen Sicherungssys- men den nötigen Raum verschaffen. Unser Ziel ist es, ie Schere zwischen Arm und Reich zu schließen und as individuelle Grundrecht auf soziale Teilhabe zu ver- irklichen. Diese Enquete kann die mit der Petition begonnene ebatte zum Grundeinkommen im Deutschen Bundes- g fortsetzen. Den Abschluss der Petition im Sinne ei- es Endes der Debatte im Bundestag lehnen wir ab. nlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Agnes Brugger, Thilo Hoppe, Ute Koczy, Monika Lazar, Beate Müller- Gemmeke, Dr. Hermann E. Ott, Lisa Paus, Dr. Gerhard Schick, Dorothea Steiner, Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn und Arfst Wagner (Schleswig) (alle BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur Abstimmung über die Be- schlussempfehlung: Sammelübersicht 611 zu Petitionen (Tagesordnungspunkt 79 ccc) 52 976 Bürgerinnen und Bürger unterzeichneten über en Jahreswechsel 2008/2009 innerhalb von sechs ochen die Onlinepetition der Greifswalderin Susanne iest. Unter dem Titel „Reformvorschläge in der So- 32320 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 (A) ) )(B) forderte die Petentin: „Der Deutsche Bundestag möge beschließen, das bedingungslose Grundeinkommen ein- zuführen.“ In unserer Partei Bündnis 90/Die Grünen gibt es bis- her keine einheitliche Meinung dazu. Wir wollen aber die Debatte um Grundsicherung und ein bedingungs- loses Grundeinkommen weiter in die Gesellschaft hi- neintragen. Dabei ist uns wichtig, die grünen Leitbilder von Gerechtigkeit und emanzipativer Sozialpolitik mit der Bedeutung öffentlicher Institutionen und Finanzier- barkeit zu verbinden. Angesichts sich zuspitzender Wachstumsproblematik und der umfassenden Umstruk- turierung der Wirtschaft durch Rationalisierungspro- zesse benötigen wir auf Dauer eine Transformation des Sozialstaates. Die Grünen halten deshalb die Einrichtung einer Enquete-Kommission im Deutschen Bundestag für sinn- voll, in der Idee und Modelle eines Grundeinkommens sowie grundlegende Reformperspektiven für den Sozial- staat und die sozialen Sicherungssysteme diskutiert wer- den. In einer solchen Enquete wollen wir der Diskussion über ein bedingungsloses Grundeinkommen sowie damit verbundene Veränderungen in den sozialen Sicherungs- systemen den nötigen Raum verschaffen. Grünes Ziel ist es, die Schere zwischen Arm und Reich zu schließen und das individuelle Grundrecht auf soziale Teilhabe zu ver- wirklichen. Diese Enquete kann aus unserer Sicht, die mit der Petition begonnene Debatte zum Grundeinkommen im Deutschen Bundestag fortsetzen. Den Abschluss der Petition im Sinne eines Endes der Debatte im Bundestag lehnen wir ab. Anlage 4 Erklärungen nach § 31 GO zur Abstimmung über die Beschlussempfeh- lung: Sammelübersicht 611 zu Petitionen (Ta- gesordnungspunkt 79 ccc) Katja Kipping (DIE LINKE): Ich lehne die Be- schlussempfehlung des Petitionsausschusses ab, das Petitionsverfahren abzuschließen, weil damit dem grundsätzlichen Anliegen der Petentin und der gesell- schaftlichen Bedeutung der Debatte über das bedin- gungslose Grundeinkommen nicht Rechnung getragen wird. Obwohl ich dem von Susanne Wiest konkret vorge- schlagenen Grundeinkommensmodell nicht zustimme, halte ich es für notwendig, eine breite gesellschaftliche Debatte über das Grundeinkommen zu führen als auch eine Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages zum Thema Grundeinkommen einzurichten. Auch des- halb, weil dieses Thema innerhalb verschiedener Par- teien – so auch in meiner – kontrovers diskutiert wird. Diese Kommission soll sowohl die verschiedenen in Deutschland bereits seit Jahren diskutierten Ansätze und Modelle eines bedingungslosen Grundeinkommens be- z m fü e p B s g O d H d g E ß D d a (2 v z k ti b fe w K z d B S w in (C (D üglich ihrer Vor- und Nachteile debattieren als auch ögliche Handlungsvorschläge einer schrittweisen Ein- hrung eines Grundeinkommens, zum Beispiel durch ine sanktionsfreie und individuelle Mindestsicherung, rüfen (vergleiche Übersicht über die Modelle in Ronald laschke: Aktuelle Ansätze und Modelle von Grund- icherungen und Grundeinkommen in Deutschland; ver- leichende Darstellung in: Ronald Blaschke/Adeline tto/Norbert Schepers (Hrsg.): Grundeinkommen. Von er Idee zu einer europäischen politischen Bewegung, amburg 2012). Die Prüfung konkreter Ansätze und Modelle eines be- ingungslosen Grundeinkommens wurde auch in mit roßer Mehrheit angenommenen Entschließungen des uropäischen Parlaments gefordert. In der Entschlie- ung, eingebracht mit einem Bericht von Gabi Zimmer, ie Linke, zur „Förderung der sozialen Integration und ie Bekämpfung der Armut, einschließlich der Kinder- rmut, in der EU“, Beschluss vom 9. Februar 2008 008/2034(1 NI)), heißt es: Das Europäische Parlament … fordert die Kommis- sion auf, die armutsbekämpfende Wirkung des be- dingungslosen Grundeinkommens für alle zu prü- fen. ln der Entschließung, eingebracht mit einem Bericht on llda Figueiredo, Kommunistische Partei Portugals, ur „Bedeutung des Mindesteinkommens für die Be- ämpfung der Armut und die Förderung einer integra- ven Gesellschaft in Europa“, Beschluss vom 20. Okto- er 2010 (2010/2039 (INI)), heißt es: Das Europäische Parlament ... ist der Auffassung, dass die verschiedenen Erfahrungen mit Min- desteinkommen sowie mit dem bedingungslosen Grundeinkommen für alle, gepaart mit zusätzlichen Maßnahmen zur sozialen Einbeziehung und zum sozialen Schutz, zeigen, dass es sich um wirksame Formen zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung und zur Gewährleistung eines Lebens in Würde für alle handelt; fordert daher die Kom- mission auf, eine Initiative zur Unterstützung ande- rer Erfahrungen in den Mitgliedstaaten auf den Weg zu bringen, die bewährte Verfahren berücksichtigen und anregen und individuell verschiedene Modelle des angemessenen Armut verhindernden Mindest- bzw. Grundeinkommens als Maßnahme zur Armuts- prävention und zur Sicherung der sozialen Gerech- tigkeit und Chancengleichheit für alle Bürger, deren Bedürftigkeit im jeweiligen regionalen Maßstab nachzuweisen ist, bejahen, ohne die Besonderheiten der einzelnen Mitgliedstaaten infrage zu stellen. Verweisen möchte ich dabei auch auf die derzeit lau- nde Europäische Bürgerinitiative Grundeinkommen, ww.ebi-grundeinkommen.de, mit der die Europäische ommission aufgefordert wird, die Zusammenarbeit wischen den Mitgliedstaaten zu fördern im Hinblick auf ie Erforschung des bedingungslosen Grundeinkommens, GE, als Instrument zur Verbesserung ihrer jeweiligen ysteme der sozialen Sicherheit. Diese Bürgerinitiative ird von Grundeinkommensnetzwerken und -initiativen allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union und in Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32321 (A) ) )(B) Deutschland von einem breiten Bündnis zivilgesell- schaftlicher Organisationen getragen; siehe dazu die Kampagnenwebsite www.ebi-grundeinkommen.de. Angesichts der fortschreitenden sozialen Spaltung in Deutschland und in Europa halte ich es für unerlässlich, alternative Ideen und praktische Ansätze für die Verbes- serung der sozialen Situation der Menschen auch im Deutschen Bundestag ernsthaft zu debattieren. Alexander Süßmair (DIE LINKE): Ich lehne die Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses ab, das Petitionsverfahren abzuschließen, weil damit dem grund- sätzlichen Anliegen der Petentin und der gesellschaftlichen Bedeutung der Debatte über das bedingungslose Grund- einkommen nicht Rechnung getragen wird. Parallel zu der breiten gesellschaftlichen Debatte über das Grundeinkommen sollte vielmehr eine Enquete- Kommission beim Deutschen Bundestag zum Thema Grundeinkommen eingerichtet werden. Auch deshalb, weil dieses Thema innerhalb verschiedener Parteien und Fraktionen kontrovers diskutiert wird. Die Prüfung der Möglichkeiten, ein bedingungsloses Grundeinkommen einzuführen, wurde auch mit großer Mehrheit vom Europäischen Parlament gefordert. In der Entschließung, eingebracht mit einem Bericht von Gabi Zimmer, Die Linke, zur „Förderung der sozialen Integra- tion und die Bekämpfung der Armut, einschließlich der Kinderarmut, in der EU“, Beschluss vom 9. Februar 2008 (2008/2034(INI)), heißt es: Das Europäische Parlament … fordert die Kommis- sion auf, die armutsbekämpfende Wirkung des be- dingungslosen Grundeinkommens für alle zu prü- fen. In der Entschließung, eingebracht mit einem Bericht von Ilda Figueiredo, Kommunistische Partei Portugals, zur „Bedeutung des Mindesteinkommens für die Be- kämpfung der Armut und die Förderung einer integrati- ven Gesellschaft in Europa“, Beschluss vom 20. Oktober 2010 (2010/2039(INI)), heißt es: Das Europäische Parlament … ist der Auffassung, dass die verschiedenen Erfahrungen mit Mindest- einkommen sowie mit dem bedingungslosen Grundeinkommen für alle, gepaart mit zusätzlichen Maßnahmen zur sozialen Einbeziehung und zum sozialen Schutz, zeigen, dass es sich um wirksame Formen zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung und zur Gewährleistung eines Lebens in Würde für alle handelt … Hinzu kommt die derzeit laufende Europäische Bür- gerinitiative Grundeinkommen. Hierin wird die Europäi- sche Kommission aufgefordert, die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Erfor- schung des bedingungslosen Grundeinkommens, BGE, als Instrument zur Verbesserung ihrer jeweiligen Sys- teme der sozialen Sicherheit zu fördern. Das Petitionsverfahren in dieser Situation abzuschlie- ßen, wird der Brisanz und Bedeutung des Themas nicht gerecht. Es würde vielmehr der Kluft zwischen Zivilge- s D v g 5 d c W z fo b z h d s tr G B k tu ru b s R s P le A ß 2 B h G a d V z w k c (C (D ellschaft und dem Parlament Ausdruck verleihen. Die ebatte zum Thema Grundeinkommen muss in der Zi- ilgesellschaft, muss aber auch im Deutschen Bundestag eführt werden. Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): 2 976 Bürgerinnen und Bürger unterzeichneten über en Jahreswechsel 2008/2009 innerhalb von sechs Wo- hen die Onlinepetition der Greifswalderin Susanne iest. Unter dem Titel „Reformvorschläge in der So- ialversicherung – Bedingungsloses Grundeinkommen“ rderte die Petentin: „Der Deutsche Bundestag möge eschließen, das bedingungslose Grundeinkommen ein- uführen.“ In meiner Partei Bündnis 90/Die Grünen gibt es bis- er keine einheitliche Meinung dazu. Wir wollen aber ie Debatte um Grundsicherung und ein bedingungslo- es Grundeinkommen weiter in die Gesellschaft hinein- agen. Dabei ist uns wichtig, die grünen Leitbilder von erechtigkeit und emanzipativer Sozialpolitik mit der edeutung öffentlicher Institutionen und Finanzierbar- eit zu verbinden. Angesichts sich zuspitzender Wachs- msproblematik und der umfassenden Umstrukturie- ng der Wirtschaft durch Rationalisierungsprozesse enötigen wir auf Dauer eine Transformation des Sozial- taates. Grünes Ziel ist es, die Schere zwischen Arm und eich zu schließen und das individuelle Grundrecht auf oziale Teilhabe zu verwirklichen. Den Abschluss der etition im Sinne eines Endes der Debatte im Bundestag hne ich ab. nlage 5 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Michael Grosse-Brömer (CDU/CSU) zur Beschlussempfehlung des Aus- schusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Ver- mittlungsausschuss) zu dem Vierten Gesetz zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und an- derer Gesetze (Zusatztagesordnungspunkt 11) Als Berichterstatter des Bundestages zu den abschlie- enden Verhandlungen des Vermittlungsausschusses am 6. Juni 2013 mache ich darauf aufmerksam, dass die undesregierung eine Protokollerklärung abgegeben at. Diese gebe ich nachfolgend zur Kenntnis: Protokollerklärung der Bundesregierung zum Vierten esetz zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und nderer Gesetze. Die Bundesregierung gibt aus Anlass er Beschlussfassung des Vermittlungsausschusses zum ierten Gesetz zur Änderung des Straßenverkehrsgeset- es und anderer Gesetze folgende Zusagen: Durch eine Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung ird gewährleistet werden, dass auch folgende Ver- ehrsverstöße im neuen Fahreignungsregister gespei- hert und mit Punkten bewertet werden: 32322 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 (A) ) )(B) Unterschreitung der zulässigen Stützlast um mehr als 50 Prozent (Nr. 217 BKat) mit einem Punkt. Alle Fälle der in der Neunten Verordnung zur Ände- rung der Fahrerlaubnis-Verordnung und anderer straßen- verkehrsrechtlicher Vorschriften noch nicht vorgesehe- ner Fälle des unerlaubten Entfernens vom Unfallort (§ 142 StGB) mit zwei Punkten. Das unzulässige Parken in einer gekennzeichneten Feuerwehrzufahrt mit Behinderung eines Rettungsfahr- zeuges (Nr. 53.1 BKat) mit einem Punkt. Durch Ände- rung der Bußgeldkatalog-Verordnung wird der Bußgeld- regelsatz für das Nicht-Führen des Fahrtenbuches oder dessen Nicht-Aushändigen von zurzeit 50 Euro auf 100 Euro (Nr. 190 BKat) erhöht werden. Durch eine Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung soll eine Reduzierung der Kosten für das neu eingeführte Fahreignungsseminar erreicht werden, indem die Anzahl der Teilnehmer an der verkehrspädagogischen Teilmaß- nahme mit höchstens sechs Personen festgelegt wird und für die verkehrspsychologische Teilmaßnahme nur zwei Module mit jeweils 75 Minuten Dauer vorgesehen wer- den. Durch eine Ergänzung der Fahrerlaubnis-Verordnung werden Anforderungen an die Qualitätssicherungs- systeme und Regeln für die Durchführung der Qualitäts- sicherung bestimmt werden. Die Bundesregierung wird zur Umsetzung der Zu- sagen 1 bis 3 eine Formulierungshilfe für entsprechende Maßgabebeschlüsse zur Neunten Verordnung zur Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung und anderer straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften (Bundesrats- drucksache 810/12) für die Sitzung des Verkehrsaus- schusses des Bundesrates zur Verfügung stellen. Zur Umsetzung der Zusage 4 wird die Bundesregie- rung dem Bundesrat eine entsprechende Verordnung spätestens bis zum Ablauf des Jahres 2013 zur Zustim- mung zuleiten. Anlage 6 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Marieluise Beck (Bremen) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): zur Abstim- mung über den Antrag: Einvernehmensherstel- lung von Bundestag und Bundesregierung zum Beitrittsantrag der Republik Serbien zur Euro- päischen Union und zur Empfehlung von Euro- päischer Kommission und Hoher Vertreterin vom 22. April 2013 zur Aufnahme von Beitritts- verhandlungen (Zusatztagesordnungspunkt 4) Ich stimme der Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit Serbien zu. Angesichts der von Serbien erstmals in dieser Tragweite signalisierten Bereitschaft zu einer Ei- nigung mit dem Kosovo halte ich es für geboten, ein deutliches Signal an die serbische Bevölkerung zu sen- den, dass die EU an ihrem 2003 in Thessaloniki gegebe- n L ti S m S k V S B w w k s B g a n a s b F k In p s M tr e c K fü v b z B a a S m m 1 R d E g n z s E B F d e s d (C (D en Versprechen der EU-Perspektive festhält und das and sich auf dem richtigen Weg befindet. Gleichwohl nehme ich zur Kenntnis, dass es berech- gte Bedenken gegenüber diesem Schritt gibt. Denn erbien hat die im Implementierungsplan zum Abkom- en mit dem Kosovo vom 19. April 2013 vorgesehenen chritte zum Abbau der Parallelstrukturen in Nord- osovo noch nicht in dem vorgesehenen Maß umgesetzt. iele der für die Frist bis Mitte Juni vorgesehenen chritte sind begonnen, aber noch nicht abgeschlossen. islang kann noch nicht von einer unumkehrbaren Ent- icklung zum Abbau der Parallelstrukturen gesprochen erden. Diese ist unabdingbar für die Funktionsfähig- eit des kosovarischen Gesamtstaates und bleibt Voraus- etzung für die Eröffnung erster Kapitel in den EU- eitrittsverhandlungen. Die Europäische Union ist auf- erufen, die weitere Implementierung des Abkommens ufmerksam zu verfolgen. Ich möchte jedoch die Gelegenheit nutzen, um auf ei- en Missstand hinzuweisen, der uns im Falle Serbiens, ber auch darüber hinaus europaweit Sorge bereitet: die ystematische Diskriminierung der Roma. In Serbien le- en Roma vielfach unter erschreckenden Bedingungen. ür sie sind Ausgrenzung, Armut und Perspektivlosig- eit alltägliche Erfahrungen. Antidiskriminierungs- und tegrationsmaßnahmen müssen daher einen Schwer- unkt in den Beitrittsverhandlungen darstellen. Die Diskriminierung der Roma ist jedoch kein serbi- ches Phänomen. Im Kosovo ist die Lage dieser enschen ebenfalls dramatisch. Insbesondere die Ver- eibung der Roma im Zuge des Kosovo-Konfliktes stellt ine große Tragödie dar. Unseriös sind allerdings Versu- he, die Lage der Roma zu instrumentalisieren, um den FOR-Einsatz zu diffamieren, und dabei Zahlen anzu- hren, die nicht belegbar sind. Weder ist die Zahl der or dem Krieg tatsächlich im Kosovo lebenden Roma ekannt, noch ist die Größenordnung der Vertreibungen weifelsfrei ermittelbar. Richtig ist, dass KFOR zu eginn des Einsatzes nicht in der Lage war, die Roma usreichend vor Übergriffen zu schützen. Wahr ist aber uch, dass die KFOR-Truppen sich um einen besseren chutz der Roma bemühten, sobald sie über deren alar- ierende Lage informiert wurden. So hält es ein ge- einsamer Bericht des Europarates und der OSZE von 999 fest. An Gewalt und Diskriminierung gegenüber den oma damals wie heute ändert dies nichts. Nicht nur in er Westbalkanregion, sondern auch in der gesamten uropäischen Union werden sie systematisch ausge- renzt. Rassistische Übergriffe sind an der Tagesord- ung. Armut, Arbeitslosigkeit und mangelnder Zugang u Bildung bestimmen den Alltag der Menschen. Doch tatt daran mitzuwirken, dass Hundertlausende im uropa des 21. Jahrhunderts unter menschenwürdigen edingungen leben können, unterstellt Innenminister riedrich den Roma pauschal Asylmissbrauch und droht amit, die Reisefreiheit der Menschen in Südosteuropa inzuschränken. Das ist nicht nur verantwortungslos, ondern schürt darüber hinaus den Rassismus gegenüber en Roma. Deshalb fordern wir nicht nur ein Ende der Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32323 (A) ) )(B) Abschiebungen von Roma in die Westbalkanregion, son- dern auch ein endlich ernstzunehmendes Engagement Deutschlands für die europaweite Integration der Roma. Anlage 7 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Volker Beck (Köln) (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsaus- schuss) zu dem Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2012/…/EU über den Zugang zur Tä- tigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichti- gung von Kreditinstituten und Wertpapierfir- men und zur Anpassung des Aufsichtsrechts an die Verordnung (EU) Nr. …/2012 über die Auf- sichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen (CRD IV-Umsetzungsge- setz) (Zusatztagesordnungspunkt 8) Ich erkläre im Namen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, dass unser Votum „Ablehnung“ lautet. Anlage 8 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Dietmar Bartsch, Heidrun Bluhm, Steffen Bockhahn, Raju Sharma, Dr. Kirsten Tackmann und Halina Wawzyniak (alle DIE LINKE) zu den Abstim- mungen über den Entwurf eines Gesetzes gegen unseriöse Geschäftspraktiken (Tagesordnungs- punkt 20 a) Wir haben uns bei der Abstimmung zu den vorliegen- den Änderungsanträgen enthalten. Erstens. Bündnis 90/Die Grünen schlagen eine Ände- rung des § 558 f BGB vor. Mit dem Änderungsantrag wollen die Antragsteller bei nicht ausreichender Versor- gung mit Mietwohnungen die Landesregierungen er- mächtigen, für die davon betroffenen Gebiete eine Rechtsverordnung zu erlassen, mit der bei Wiederver- mietung die ortsübliche Vergleichsmiete nicht um mehr als 10 Prozent überschritten werden darf. Diese Regelung ist zwar besser als der bisherige Zu- stand, aber nicht ausreichend. Notwendig wäre zum ei- nen eine Regelung ohne die Einschränkung „nicht aus- reichende Versorgung mit Mietwohnungen“. Notwendig wäre auch eine gesetzliche Regelung statt einer Mög- lichkeit, eine Verordnung zu erlassen. Schließlich wäre es notwendig, gesetzlich festzuschreiben, dass Mieterhö- hungen allein wegen Neuvermietung unzulässig sind. Zweitens. Die Änderungsanträge der SPD und von Bündnis 90/Die Grünen zur gesetzlichen Regelung der Strafbarkeit der Bestechlichkeit und Bestechung von Mitgliedern von Volksvertretungen – Abgeordnetenbeste- chung – sind nicht ausreichend, um ihnen zuzustimmen. D n o K lu s B d c z u c S w li b V m v U A k ru d ru – d ru v s d ru O k z a A d s ü s s o d e d g s v (C (D ie Fraktion Die Linke hat bereits am 21. April 2010 ei- en Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung der Abge- rdnetenbestechung vorgelegt – Drucksache 17/1412. Die oalitionsfraktionen haben eine abschließende Behand- ng der von allen Oppositionsparteien vorgelegten Ge- etzesentwürfe im Plenum durch ständige Vertagung der eratung im Rechtsausschuss verhindert. Obwohl wir as Anliegen, die Strafbarkeit der Abgeordnetenbeste- hung gesetzlich zu regeln, teilen, ist eine Zustimmung u den konkret vorliegenden Gesetzentwürfen von SPD nd Bündnis 90/Die Grünen nicht möglich. Nachträgli- he „Dankeschön-Spenden“ werden danach nicht unter trafe gestellt. Außerdem sind abstrakte Rechtsbegriffe ie „parlamentarische Gepflogenheiten“ bzw. „Verwerf- chkeit“ nicht geeignet, um die gewünschte Transparenz ei der Abgrenzung von erlaubtem und unerlaubtem erhalten herzustellen. Danach wäre es auch zukünftig öglich, dass Lobbyverbände im Rahmen von Werbe- eranstaltungen Politiker und Politikerinnen in großem mfang bewirten, obwohl auch hier die Gefahr und der nschein der Käuflichkeit erzeugt wird. Besser wären lare gesetzliche Regeln, zum Beispiel durch die Einfüh- ng von Bagatellgrenzen. Drittens. Die Einbringung der vorliegenden drei Än- erungsanträge stellt eine nahe an der Instrumentalisie- ng der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages hier § 82 – liegende Handlung dar. Änderungsanträge, as besagt schon der Begriff, müssen sich auf die Ände- ng eines vorliegenden Gesetzentwurfs beziehen. Der orliegende Entwurf eines Gesetzes gegen unseriöse Ge- chäftspraktiken enthält keinen Sachzusammenhang mit en vorgelegten Änderungsanträgen. Das mit den Ände- ngsanträgen vorgeschlagene Verfahren nennt sich mnibus-Verfahren. Sosehr wir bei aller Kritik der kon- reten Änderungsanträge – vergleiche Punkte eins und wei – das grundlegende Anliegen der Änderungs- nträge teilen, halten wir das Verfahren für nicht seriös. nlage 9 Erklärungen nach § 31 GO zu den Abstimmungen über den Entwurf eines Gesetzes gegen unseriöse Geschäftspraktiken (Tagesordnungspunkt 20 a) Manuel Höferlin (FDP): Zunächst möchte ich auf ie Art und Weise der Einbringung der Anträge hinwei- en. Sie sind im Omnibus-Verfahren zur Abstimmung ber das Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken ge- tellt worden, stehen aber mit diesem in keinerlei Zu- ammenhang. Die Einbringung der Änderungsanträge ist ffensichtlich dem Wahlkampf geschuldet. Weiter möchte ich auf die schwerwiegenden Mängel er Gesetzesentwürfe hinweisen. Die Änderungsanträge nthalten die von SPD und Grünen bereits in den Bun- estag eingebrachten Gesetzesentwürfe, die auch Ge- enstand der öffentlichen Anhörung des Rechtsaus- chusses zur Abgeordnetenbestechung im Oktober ergangenen Jahres waren. 32324 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 (A) ) )(B) Schon in der Anhörung wurde deutlich, dass die Mehrheit der Sachverständigen verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Entwürfe hatte. Denn nach dem Grundgesetz ist es höchst problematisch, die Abgeord- netenbestechung wie die Strafbarkeit von Amtsträgern zu gestalten. Um die Probleme der Umsetzbarkeit wis- sen auch alle spätestens seit der öffentlichen Anhörung im Rechtsausschuss. Nach überwiegender Auffassung der gehörten Sachverständigen verstoßen die Entwürfe entweder gegen Art. 38 GG, der die Freiheit des Mandats gewährleistet, und/oder gegen Art. 103 Abs. 2 GG, wonach gesetzliche Bestimmungen klar und eindeutig verfasst sein müssen, damit der Bürger – und hier der Abgeordnete – weiß, was strafbar ist und was nicht. Selbst den – teilweise ratlosen – Befürwortern war eine Argumentation zur praktischen Umsetzung unmöglich. Nach der Verfassung müssen Beamte stets unpartei- isch und frei von unsachlichen Einflüssen nach Maßgabe der Gesetze handeln und entscheiden. Abgeordnete hin- gegen haben keinen genau umgrenzten Pflichtenkreis wie Amtsträger. Sonst könnten sie ihr Mandat auch nicht frei ausüben. Deshalb muss zwischen beiden unterschie- den werden. Die unbestimmten Rechtsbegriffe „parlamentarische Gepflogenheiten“ – wie ihn der Entwurf der SPD vorsieht – oder „Verwerflichkeit“ eines rechtswidrigen Vorteils – wie ihn der Entwurf von Bündnis 90/Die Grü- nen vorsieht – erfüllen nicht das Bestimmtheitsgebot der Verfassung. Ich sehe keine Möglichkeit, ein Gesetz zu verabschie- den, das die UN-Konvention ratifiziert und gleichzeitig verfassungskonform ist. Es fällt der Opposition leicht, etwas zu fordern, das sie nicht selbst gestalten muss. Bis- her konnte von niemandem eine praktikable Lösung vor- geschlagen werden. Anette Hübinger (CDU/CSU): Ich lehne den sach- fremden Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zur Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesre- gierung zum Entwurf eines Gesetzes gegen unseriöse Geschäftspraktiken am 27. Juni 2013 ab. Ich bin mir der Tatsache bewusst, dass der Änderungsantrag eine Forde- rung aus dem Wahlprogramm 2014 von CDU/CSU auf- greift. In meinen Augen stellt der vorliegende Antrag ein reines Wahlkampfmanöver dar und verkürzt diese wich- tige Problematik unsachgemäß. Ich befürworte die im CDU/CSU-Wahlprogramm enthaltene Forderung, wo- nach in angespannten Märkten die Mieterhöhungen in Zukunft auf 10 Prozent oberhalb der ortsüblichen Ver- gleichsmiete beschränkt werden können. Damit muss al- lerdings auch der Bau ausreichend vieler Wohnungen in Gebieten mit Wohnungsknappheit verbunden werden, da ansonsten das Problem nicht umfassend genug gelöst werden kann. Hierauf gibt der vorliegende Änderungs- antrag im Gegensatz zum Wahlprogramm 2014 von CDU und CSU keine Antworten und ist deshalb abzu- lehnen. Uwe Schummer (CDU/CSU): Erstens. Mit einem Verfahrenstrick zu einem anderen Tagesordnungspunkt A c s S d T z A d d te „ s g U le b s M ru ru „ L z 2 M d d s m n im a u a s d in G n s g (C (D bstimmungen zur Abgeordnetenbestechung zu verste- ken, ist weder transparent noch dem Thema angemes- en. Zweitens. Ich persönlich stehe für mehr Transparenz. eit 2002 veröffentliche ich meine Steuerbescheide auf er Internetseite www.uwe-schummer.de. Mein Ziel ist, in der nächsten Legislaturperiode das hema in einem geordneten und transparenten Verfahren u regeln. nlage 10 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Frank Schäffler (FDP) zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung: Entsendung bewaffneter deutscher Streitkräfte zur Beteiligung an der Multidimensionalen Integrierten Stabilisierungsmission in Mali (MINUSMA) auf Grundlage der Resolution 2100 (2013) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen vom 25. April 2013 (Tagesordnungs- punkt 11) Nicht einmal vier Monate nach der Beschlussfassung es Bundestags über die Beteiligung an AFISMA wird ie Mission aufgebohrt und um diverse Facetten erwei- rt. Sie heißt nun MINUSMA, und unter diesem Namen setzt Deutschland im Sinne eines vernetzten Ansatzes ein umfassendes Engagement in Mali und der Sahel-re- ion fort“. lm Gegensatz zur bisherigen internationalen nterstützungsmission AFISMA, deren Mandat diglich die Unterstützung der malischen Streitkräfte eim Aufbau von Kapazitäten sowie bei der Wiederher- tellung der territorialen Integrität Malis vorsah, soll INUSMA einen „umfassenden Beitrag zur Stabilisie- ng Malis“ leisten. Das Mandat soll bei der „Stabilisie- ng wichtiger Bevölkerungszentren“ sowie bei der Wiederherstellung der staatlichen Autoritäten im ganzen and“ Hilfe gewähren. Es gibt jetzt eine „Road Map“. Ich habe schon EUTM Mali wie auch AFISMA nicht ugestimmt (Plenarprotokoll 17/225 vom 28. Februar 013, Seite 28161), weil ich dem Erfolgsversprechen der issionsbefürworter nicht glauben konnte. Ich hatte vor en unbeabsichtigten und absehbaren Folgen gewarnt, ie die Verteidigung Deutschlands in Timbuktu nach ich ziehen könnte. Viel früher als am 28. Februar von ir erwartet – nicht erst in einem Jahr, sondern schon ach vier Monaten – kommt im größeren Stil, was wohl kleinen bislang nicht funktioniert hat. Für dieses be- bsichtigte „umfassende deutsche Engagement in Mali nd der Sahelregion“ sehe ich afghanische Verhältnisse uf uns zukommen. Ich wünsche den Betroffenen, das ind in zweiter Linie die in den Sahel verschickten Sol- aten und ihr Tross ziviler Helfer aus allen Nationen und erster Linie die Bevölkerung Malis, alles erdenklich ute und hoffe, dass das internationale Engagement icht zu noch mehr Leid führt, als die Menschen ohnehin chon ertragen müssen. Meine Gedanken und mein Mit- efühl sind bei allen, denen es in Mali schlecht geht. In Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32325 (A) ) )(B) Bezug auf den Ausgang der Mission schwant mir jedoch nichts Gutes. Wenn ich den Missionsnamen lese, dann erinnert mich dieser unweigerlich an SNAFU. Anlage 11 Erklärungen nach § 31 GO zur Abstimmung über den Entwurf eines Geset- zes zur Änderung des Einkommensteuer- gesetzes in Umsetzung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom 7. Mai 2013 (Tagesordnungspunkt 13 a) Veronika Bellmann (CDU/CSU): Ich kann dem vor- liegenden Gesetzentwurf nicht zustimmen, weil ich schon die ihm zugrunde liegende Entscheidung des Bun- desverfassungsgerichtes als rechtlich nicht tragfähig er- achte. Insofern schließe ich mich im Wesentlichen der abweichenden Meinung, im Folgenden auszugsweise zi- tiert, von Richter Landau und Richterin Kessal-Wulf hinsichtlich des Beschlusses des Zweiten Senats vom 7. Mai 2013 an: Naheliegende, Gestaltungsauftrag und -prärogative des Gesetzgebers schonende sowie die funktionale Auf- gabenverteilung zwischen Gesetzgeber und Verfassungs- gericht respektierende Lösungsmöglichkeiten wurden durch den Senat nicht ausreichend berücksichtigt. Der Senat verkennt, dass die eingetragene Lebenspartner- schaft bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Überarbeitung des Lebenspartnerschaftsrechts am 1. Januar 2005 nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers nicht als eine der Ehe vergleichbare Gemeinschaft von Erwerb und Verbrauch ausgestaltet war. Die Verfassung stellt Ehe und Familie durch die ver- bindliche Wertentscheidung in Art. 6 Abs. 1 GG unter den besonderen Schutz der staatlichen Ordnung. Dieser besondere Schutz wird der Ehe zuteil, weil sie Vorstufe zur Familie sein kann, die wiederum Voraussetzung der Generationenfolge und damit der Zukunftsgerichtetheit von Gesellschaft und Staat ist. Das Schutz- und Förder- gebot bildet einen sachlichen Differenzierungsgrund, der geeignet ist, die Besserstellung der Ehe gegenüber ande- ren, durch ein geringeres Maß an wechselseitiger Pflichtbindung geprägten Lebensgemeinschaften zu rechtfertigen. Mit der eingetragenen Lebenspartnerschaft schuf der Gesetzgeber im Jahr 2001 eine institutionalisierte Ver- antwortungsgemeinschaft, die sich in ihrer rechtlichen Verbindlichkeit der Ehe annäherte, ihr aber in ihren Rechtswirkungen nicht unmittelbar gleichkam. Die ein- getragene Lebenspartnerschaft war nicht von Beginn an zivilrechtlich als eine der Ehe vergleichbare Gemein- schaft von Erwerb und Verbrauch ausgestaltet. In der ur- sprünglichen Gesetzesfassung des Lebenspartnerschafts- gesetzes vom 16. Februar 2001 hat er noch bewusst davon abgesehen, vollständige Gleichheit herzustellen (vergleiche Bundestagsdrucksache 14/3751, Seite 1, 33 f.; 15/3445, Seite 1, 14 f.). Eine weitere Stufe der An- gleichung erfolgte erst durch das Gesetz zur Überarbei- tu 2 B z re g g te 3 v G 2 h ru u R S g e z b a ü s a d a s b d te n d a h ri s s W tu U d li g s v b n c g v b g s U B g a (C (D ng des Lebenspartnerschaftsrechts vom 15. Dezember 004, das mit Wirkung zum 1. Januar 2005 in Kraft trat. is zu diesem Zeitpunkt bestanden gewollte, nicht bloß ufällige, strukturelle Unterschiede zur Ehe unter ande- m im Güterrecht und beim Recht des Versorgungsaus- leichs. Die Lebenspartner waren zwar bis dahin auch zu egenseitiger Fürsorge und Unterstützung sowie zur Un- rhaltsgewährung verpflichtet (vergleiche BVerfGE 105, 13 <355>), begründeten aber noch keine der Ehe schon ergleichbare Gemeinschaft von Erwerb und Verbrauch. emessen am Regelungsgegenstand und -ziel der §§ 26, 6 b und 32 a Abs. 5 EStG liegt aber gerade hierin ein inreichend gewichtiger Sachgrund, der die Privilegie- ng der Ehe in den Veranlagungsjahren zwischen 2001 nd 2004 zu rechtfertigen vermag, ohne dass es eines ückgriffs auf Art. 6 Abs. 1 GG bedarf. Der Verweis des enats auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungs- erichts zur Erbschaft- und Schenkungsteuer, zur Grund- rwerbsteuer und zum besoldungsrechtlichen Familien- uschlag ist ungeeignet, das gegenteilige Ergebnis zu egründen. Keine der genannten Entscheidungen stellt uf den Bereich des Einkommensteuerrechts unbesehen bertragbare Grundsätze auf. Insofern ist die Nachzahlung aufgrund Rückwirkung owohl im Beschluss des Bundesverfassungsgerichts als uch im Gesetzentwurf nicht zu rechtfertigen und legt em Steuerzahler ungerechtfertigte Zahlungspflichten uf. Die vom Senat richterrechtlich vorgenommene Er- treckung des Splittingverfahrens auf eingetragene Le- enspartner für die Veranlagungsjahre vor 2005 läuft auf ie Gewährung der einkommensteuerrechtlichen Vor- ile einer Gemeinschaft von Erwerb und Verbrauch hi- aus, ohne dass die hieraus spiegelbildlich erwachsen- en Verpflichtungen zwischen den Lebenspartnern in uch nur annähernd vergleichbarem Umfang bestanden ätten. Diese Inkonsistenz wird in besonderem Maße da- n deutlich, dass der Senat zur Begründung seiner Lö- ung anführt, der Gesetzgeber habe die Lebenspartner- chaft „von Anfang an“ in einer der Ehe vergleichbaren eise als umfassende institutionalisierte Verantwor- ngsgemeinschaft verbindlich gefasst und bestehende nterschiede kontinuierlich abgebaut. Unbeschadet der ieser Begründung bereits innewohnenden Widersprüch- chkeit blendet diese Behauptung aus, dass der Gesetz- eber, der durch das Lebenspartnerschaftsgesetz verfas- ungsrechtliches Neuland betrat, bewusst von einer ollständigen Gleichstellung der eingetragenen Le- enspartnerschaft mit der Ehe absah und gerade die öko- omische Selbstständigkeit beider Partner als gesetzli- hes Leitbild herausstellte. Ausweislich der Gesetz- ebungsmaterialien ging der Gesetzgeber ausdrücklich on einer „größeren wirtschaftlichen Unabhängigkeit eider Partner“ aus und schuf insbesondere beim Vermö- ensrecht der eingetragenen Lebenspartnerschaften – der ozialen Wirklichkeit des Jahres 2001 entsprechend – nterschiede zum ehelichen Güterrecht (vergleiche undestagsdrucksache 14/3751, Seite 41 und 42; ver- leiche auch V. Beck, NJW 2001, Seite 1894 <1898 ff>). Indem der Senat nunmehr eine der Ehe im Hinblick uf das Bestehen einer Gemeinschaft von Erwerb und 32326 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 (A) ) )(B) Verbrauch vergleichbare rechtliche Ausgangssituation der eingetragenen Lebenspartnerschaft „von Anfang an“ konstruiert, die die Legislative zu diesem Zeitpunkt aus- drücklich nicht gewollt hatte, setzt er seine Einschätzung an die Stelle des hierzu allein berufenen Gesetzgebers. Gesellschaftlichen Wandel aufzunehmen, zu bewerten und gegebenenfalls rechtliche Formen hierfür bereitzu- stellen, kann nur Sache des Gesetzgebers, nicht aber des Verfassungsgerichts sein. Der Senat hätte sich zunächst damit auseinanderset- zen müssen, ob vor dem Hintergrund des familienpoliti- schen Normzwecks des Splittingverfahrens die durch §§ 26, 26 b und 32 a Abs. 5 EStG vorgenommene typi- sierende Privilegierung der Ehe allein aufgrund ihres Charakters als Vorstufe zur Familie und ihrer Bedeutung für die Generationenfolge in Gesellschaft und Staat zu- lässig gewesen ist. Allein aus dem Umstand, dass auch bei Lebenspart- nern Kinder aufwachsen, kann indes nicht zwingend ge- schlossen werden, dass schon in den Veranlagungsjahren 2001 und 2002 der Gesamtheit der eingetragenen Le- benspartnerschaften das Splittingverfahren im Wege der Typisierung zu eröffnen gewesen wäre. Hierzu hätte sich der Senat der Frage stellen müssen, ob der Anteil der Kinder erziehenden eingetragenen Lebenspartnerschaf- ten 2001 und 2002 schon so hoch war, dass diese Kon- stellation dem Regelfall entsprach und daher – wie bei der Ehe – die Einbeziehung aller Lebenspartnerschaften unabhängig vom Vorhandensein von Kindern geboten gewesen wäre. Die Annahme des Senats, steuerliche Vorteile der §§ 26, 26 b und 32 a Abs. 5 EStG kämen auch bei Lebenspartnerschaften typischerweise solchen mit Kindern zugute, ist – zumal für die infrage stehenden Veranlagungszeiträume – nicht belegt und gibt keine Antwort auf die für die Typisierung entscheidende Frage, wie hoch der Anteil der eingetragenen Le- benspartnerschaften gewesen ist, in denen Kinder erzo- gen wurden. Soweit der Senat zu dieser Frage auf das Bestehen von Härtefallgruppen verweist, gebietet allein deren Bestehen ebenfalls nicht die Erstreckung der Typi- sierung auf die gesamte Personengruppe. Der Begrün- dungsansatz, die bestehende Rechtslage blende aus, dass in eingetragenen Lebenspartnerschaften Kinder auf- wüchsen, und laufe hierdurch auf eine mittelbare Diskri- minierung wegen der sexuellen Orientierung hinaus, ist zur Untermauerung der rückwirkend vorgenommenen Typisierung untauglich, da etwaig bestehenden Un- gleichbehandlungen auch durch eine beschränkte Eröff- nung des Splittingverfahrens für eingetragene Lebens- partnerschaften, in denen Kinder erzogen werden oder wurden, hätte wirksam Rechnung getragen werden kön- nen. Ein solcher Lösungsansatz ist durch den Senat, der ausschließlich auf die typisierende Einbeziehung der Le- benspartnerschaften abstellt, jedoch nicht vertieft wor- den. Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesver- fassungsgerichts gebührt dem Gesetzgeber bei der Neu- regelung eines komplexen Sachverhalts ein zeitlicher Anpassungsspielraum; er darf sich zunächst mit einer grob typisierenden Regelung begnügen, um diese nach hinreichender Sammlung von Erfahrungen allmählich d B N s e li w to e w g < d la G te m g 5 m s s m li e te u Z s w b n s g z z b n e d b k s e w s s h < s Ä d g F is B M d (C (D urch eine differenziertere zu ersetzen (vergleiche VerfGE 54, 11 <37>; 54, 173 <202> mit weiteren achweisen). Dieser Gedanke gilt erst recht bei umfas- enden Reformen, die einen hohen Regelungsaufwand rfordern. Dem Gesetzgeber muss es grundsätzlich mög- ch sein, eine solche Reform in mehreren Stufen zu ver- irklichen, um den Regelungsaufwand und die organisa- rischen Folgen jeweils zu begrenzen und zunächst in inem Teilbereich Erfahrungen zu sammeln, die bei den eiteren Schritten berücksichtigt werden können (ver- leiche BVerfGE 85, 80 <91 >; 89, 15 <27>; 89, 365 379 f.>; 95, 267 <314 f.>). In einem solchen Fall geben ie damit verbundenen Unzuträglichkeiten erst dann An- ss zur verfassungsrechtlichen Beanstandung, wenn der esetzgeber eine spätere Überprüfung und fortschrei- nde Differenzierung trotz ausreichenden Erfahrungs- aterials für eine sachgerechtere Lösung unterlässt (ver- leiche BVerfGE 33, 171 <189 f>; 54, 173 <202>; 100, 9 <101>; 103, 242 <267>). Hiermit setzt sich der Senat nicht auseinander. Der it der Einführung der eingetragenen Lebenspartner- chaft verbundene Regelungsaufwand war für den Ge- etzgeber erheblich. Das neu geschaffene Rechtsinstitut usste umfassend in die bestehenden zivil- und öffent- ch-rechtlichen Strukturen eingepasst werden, wobei ine universale Gleichsetzung mit den für die Ehe gel- nden Vorschriften vom Gesetzgeber nicht gewollt war nd deren Zulässigkeit zudem verfassungsrechtlichen weifeln unterlag. Aus diesem Grund hat sich der Ge- etzgeber bewusst dazu entschieden, nur eine schritt- eise Annäherung von Ehe und eingetragener Le- enspartnerschaft durchzuführen. Es kann ihm deshalb icht verwehrt sein, einzelne Angleichungen von einer päteren Evaluierung abhängig zu machen. Dem Gesetz- eber wäre angesichts des familienpolitischen Norm- wecks des Splittingverfahrens zuzubilligen gewesen, unächst die eingetragene Lebenspartnerschaft im Hin- lick auf ihre Vorwirkung für die Familie und Generatio- enfolge zu evaluieren und hieraus gegebenenfalls steu- rliche Konsequenzen zu ziehen. Diesen Einschätzungsspielraum übergeht der Senat urch seine auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens des Le- enspartnerschaftsgesetzes rückwirkende Unvereinbar- eitserklärung und verengt die gesetzgeberischen Ge- taltungsmöglichkeiten zusätzlich. Im Zuge dessen setzt r sich zudem über die bisherige Rechtsprechung hin- eg, wonach der Gesetzgeber einen mit dem Grundge- etz unvereinbaren Rechtszustand nicht rückwirkend be- eitigen muss, wenn die Verfassungsrechtslage nicht inreichend geklärt war (vergleiche BVerfGE 120, 125 167 f>; 125, 175 <258>). Zum Gehalt der Ehe, wie er sich ungeachtet des ge- ellschaftlichen Wandels und der damit einhergehenden nderungen ihrer rechtlichen Gestaltung bewahrt und urch das Grundgesetz seine Prägung bekommen hat, ehört, dass sie die Vereinigung eines Mannes und einer rau zu einer auf Dauer angelegten Lebensgemeinschaft t (Bundesverfassungsgericht vom 17. Juli 2002, VerfGE 105, 313/345). Die Ehe als Verbindung von ann und Frau hat auch das Alleinstellungsmerkmal, ass alleine aus dieser Verbindung Kinder hervorgehen Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32327 (A) ) )(B) können, die wiederum die Zukunftsfähigkeit jeder Ge- sellschaft sichern. Daran hat bisher noch keine Ideolo- gie, kein Parteiprogramm oder keine Gerichtsentschei- dung etwas ändern können. Diese Alleinstellungsmerkmal verbietet sowohl die Öffnung der Ehe für andere Lebensformen, wie etwa der gleichgeschlechtlichen Partnerschaft, als auch, entgegen der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom 7. Mai 2013, die Privilegierung der Ehe gegenüber ande- ren Formen des Zusammenlebens aufzuheben. Darin liegt keinerlei Diskriminierung oder Unwerturteil gegen- über anderen Lebensformen, sondern eine schlichte Feststellung der Realität. Dieses Alleinstellungsmerkmal verkennt das Bundes- verfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 7. Mai 2013, wenn es Unterschiede zwischen der Lebenssitua- tion von Ehepartnern und Lebenspartnern, die eine Un- gleichbehandlung rechtfertigen könnten, nicht zu erken- nen vermag. Deshalb verstößt meines Erachtens die Gewährung gleicher Vergünstigungen, wie etwa der Ein- räumung des Ehegattensplitting, gegen den besonderen Schutz der Ehe. Auch die Argumentation, man nimmt der Ehe nichts, wenn man auch der Lebenspartnerschaft oder anderen Formen des Zusammenlebens dieselben Rechte einräumt, trägt nicht, da etwa auch im Prüfungs- wesen die Verleihung eines Spitzenprädikats an alle die- ses Spitzenprädikat entwertet. Zwar ist der Gesetzgeber bei der Grundrechtsausle- gung an Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts gebunden, umgekehrt kann aber auch das Bundesverfas- sungsgericht nicht in die freie Gewissensentscheidung des Abgeordneten eingreifen. Michael Kauch (FDP): Seit Beginn der Regierungs- beteiligung der FDP im Jahr 2009 sind eingetragene Lebenspartner im Beamten-, Richter- und Soldatenrecht, im Entwicklungshelfergesetz, bei der Erbschaft- und Grunderwerbsteuer und beim BAföG mit Ehegatten gleichgestellt worden. Wir haben als FDP die Errichtung der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld durchgesetzt, die durch Bildung und Forschung der Diskriminierung ein- getragener Lebenspartnerschaften entgegentritt. Das Auswärtige Amt und das Bundesministerium für wirt- schaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung haben unter liberalen Ministern neue Akzente in der Men- schenrechtspolitik für Homosexuelle gesetzt: Erstmals wurde die Budgethilfe für Staaten verschärft, die Straf- normen verschärfen; erstmals wurden konkrete Projekte vor Ort für mehr gesellschaftliche Akzeptanz finanziert. Mit dem neuen Sorgerecht haben wir zudem auch für schwule Väter in sogenannten Regenbogenfamilien ei- nen guten Rechtsrahmen geschaffen. Bei der Einkommensteuer haben wir bereits lange auf die Gleichstellung der Lebenspartner gedrängt. Unsere Position wurde vollumfänglich vom Bundesverfassungs- gericht bestätigt. Wir freuen uns, dass die Koalition in Rekordgeschwindigkeit diese Entscheidung heute um- setzt. w fo g m Ä D G d z d ru m G m g m ti ti d a d ru tr te E E E d D e m E z g s k A w R s d P g R s w fo w li s n (C (D Die Gleichstellung im Einkommensteuergesetz macht eitere Anpassungen in damit verbundenen Gesetzen er- rderlich. Hier ist ein umfassendes Rechtsbereinigungs- esetz erforderlich. Dies erfordert hohe Sorgfalt und ehr Zeit, als sie jetzt zur Verfügung stand. Auch die nderungsanträge der Opposition sind nicht vollständig. ie Linke will nur die Abgabenordnung anpassen, die rünen dagegen auch das Wohnungsbauprämiengesetz, as Altervorsorge-Zertifizierungsgesetz, das Eigenheim- ulagengesetz und das Bundeskindergeldgesetz. Auch er grüne Gesetzentwurf ist nicht vollständig. Dennoch habe ich mich entschlossen, diesen Ände- ngsanträgen trotz ihrer Unvollständigkeit zuzustim- en. Die FDP tritt darüber hinaus für die vollständige leichstellung der eingetragenen Lebenspartnerschaften it der Ehe und die Öffnung der Ehe für gleich- eschlechtliche Paare ein. Wer gleiche Pflichten hat, uss auch gleiche Rechte bekommen. Auch beim Adop- onsrecht ist eine vollständige Gleichstellung geboten. Ich verstehe, dass die FDP-Fraktion nach dem Koali- onsvertrag, wie in allen Koalitionen dieser Republik, aran gebunden ist, nicht mit wechselnden Mehrheiten bzustimmen. Ich habe mich aber entschlossen, den Än- erungsanträgen dennoch zuzustimmen. Patrick Meinhardt (FDP): Seit Beginn der Regie- ngsbeteiligung der FDP im Jahr 2009 sind einge- agene Lebenspartner im Beamten-, Richter- und Solda- nrecht, im Entwicklungshelfergesetz, bei der rbschaft- und Grunderwerbsteuer und beim BAföG mit hegatten gleichgestellt worden. Wir haben als FDP die rrichtung der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld urchgesetzt, die durch Bildung und Forschung der iskriminierung eingetragener Lebenspartnerschaften ntgegentritt. Das Auswärtige Amt und das Bundes- inisterium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und ntwicklung haben unter liberalen Ministern neue Ak- ente in der Menschenrechtspolitik für Homosexuelle esetzt: Erstmals wurde die Budgethilfe für Staaten ver- chärft, die Strafnormen verschärfen; erstmals wurden onkrete Projekte vor Ort für mehr gesellschaftliche kzeptanz finanziert. Mit dem neuen Sorgerecht haben ir zudem auch für schwule Väter in sogenannten egenbogenfamilien einen guten Rechtsrahmen ge- chaffen. Bei der Einkommensteuer haben wir bereits lange auf ie Gleichstellung der Lebenspartner gedrängt. Unsere osition wurde vollumfänglich vom Bundesverfassungs- ericht bestätigt. Wir freuen uns, dass die Koalition in ekordgeschwindigkeit diese Entscheidung heute um- etzt. Die Gleichstellung im Einkommensteuergesetz macht eitere Anpassungen in damit verbundenen Gesetzen er- rderlich. Dies ist in der Kürze der Zeit nicht mit der irklich notwendigen Sorgfalt leistbar. Schade, dass die nken Oppositionsparteien jetzt mit heißer Nadel ge- trickte Anträge einbringen, die einer genaueren Prüfung icht standhalten. Die Änderungsanträge der Opposition 32328 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 (A) ) )(B) sind nicht vollständig. Die Linke will nur die Abgaben- ordnung anpassen, die Grünen dagegen auch das Woh- nungsbauprämiengesetz, das Altervorsorgezertifizie- rungsgesetz, das Eigenheimzulagengesetz und das Bundeskindergeldgesetz. Auch der grüne Gesetzentwurf ist nicht vollständig. Daher ist ein umfassendes Rechts- bereinigungsgesetz erforderlich, das in dieser Wahl- periode nicht mehr leistbar war. Hier sollten wir uns gleich zu Beginn der neuen Wahlperiode daran machen, um ein solides, bestandskräftiges Gesetz auf den Weg zu bringen. Die FDP tritt darüber hinaus für die vollständige Gleichstellung der eingetragenen Lebenspartnerschaften mit der Ehe und die Öffnung der Ehe für gleichge- schlechtliche Paare ein. Wer gleiche Pflichten hat, muss auch gleiche Rechte bekommen. Auch beim Adoptions- recht ist eine vollständige Gleichstellung geboten. Nach dem Koalitionsvertrag sind wir, wie in allen Koalitionen dieser Republik, daran gebunden, nicht mit wechselnden Mehrheiten abzustimmen. Gerade in der Frage des Adoptionsrechtes gibt es beim Koalitions- partner noch erkennbaren inhaltlichen Klärungsbedarf. Daher können wir den Änderungsanträgen der Opposi- tion zum Adoptionsrecht und zur Öffnung der Ehe, die wir beide inhaltlich unterstützen, heute nicht zustimmen. Wir werden als FDP weiterhin unseren Weg fortset- zen und Schritt für Schritt die Ungerechtigkeiten gegen- über eingetragenen Lebenspartnerschaften abbauen. Dafür ist ein langer Atem notwendig. Den haben wir Liberale. Burkhardt Müller-Sönksen (FDP): Seit Beginn der Regierungsbeteiligung der FDP im Jahr 2009 sind ein- getragene Lebenspartner im Beamten-, Richterrecht, im Entwicklungshelfergesetz, bei der Erbschaft- und Grunderwerbsteuer und beim BAföG mit Ehegatten gleichgestellt worden. Ich persönlich habe mich mit Er- folg im Verteidigungsausschuss dafür eingesetzt, dass auch im Soldatenrecht eine echte Gleichstellung veran- kert wurde. Wir haben als FDP die Errichtung der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld durchgesetzt, die durch Bildung und Forschung der Diskriminierung eingetragener Le- benspartnerschaften entgegentritt. Das Auswärtige Amt und das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusam- menarbeit und Entwicklung haben unter liberalen Minis- tern neue Akzente in der Menschenrechtspolitik für Ho- mosexuelle gesetzt: Erstmals wurde die Budgethilfe für Staaten verschärft, die Strafnormen verschärfen; erst- mals wurden konkrete Projekte vor Ort für mehr gesell- schaftliche Akzeptanz finanziert. Mit dem neuen Sorge- recht haben wir zudem auch für schwule Väter in sogenannten Regenbogenfamilien einen guten Rechts- rahmen geschaffen. Bei der Einkommensteuer haben wir bereits lange auf die Gleichstellung der Lebenspartner gedrängt. Unsere Position wurde vollumfänglich vom Bundesverfassungs- gericht bestätigt. Wir freuen uns, dass die Koalition in Rekordgeschwindigkeit diese Entscheidung heute um- setzt. Die Gleichstellung im Einkommensteuergesetz m s m ru L n A la g u in Z d e G m s a re S le A d Ö m s li m te li m b m K v h T s v s g A s d W e a e Z b h re E (C (D acht weitere Anpassungen in damit verbundenen Ge- etzen erforderlich. Dies war in der Kürze der Zeit nicht it der notwendigen Sorgfalt möglich. Auch die Ände- ngsanträge der Opposition sind nicht vollständig. Die inke will nur die Abgabenordnung anpassen, die Grü- en dagegen auch das Wohnungsbauprämiengesetz, das ltervorsorge-Zertifizierungsgesetz, das Eigenheimzu- gengesetz und das Bundeskindergeldgesetz. Auch der rüne Gesetzentwurf ist nicht vollständig. Daher ist ein mfassendes Rechtsbereinigungsgesetz erforderlich, das dieser Wahlperiode nicht mehr leistbar war. In der eit bis zur Verabschiedung eines solchen Gesetzes wird en Betroffenen dadurch keinerlei steuerlicher Nachteil ntstehen. Die FDP tritt darüber hinaus für die vollständige leichstellung der eingetragenen Lebenspartnerschaften it der Ehe und die Öffnung der Ehe für gleichge- chlechtliche Paare ein. Wer gleiche Pflichten hat, muss uch gleiche Rechte bekommen. Auch beim Adoptions- cht ist eine vollständige Gleichstellung geboten. Eine vollständige Gleichstellung braucht aus meiner icht eine fundierte gesetzliche Grundlage. Die vorge- gten Gesetzentwürfe der Opposition werden diesem nspruch nicht gerecht. Auch wenn ich im Grundsatz ie Anliegen der Opposition im Adoptionsrecht und zur ffnung der Ehe teile und mich seit vielen Jahren in einem Wahlkreis Hamburg für die vollständige Gleich- tellung tatkräftig engagiere, werde ich den handwerk- ch mangelhaften Gesetzentwürfen heute nicht zustim- en. Gleichzeitig sehe ich in der Frage des Adoptionsrech- s beim Koalitionspartner noch erkennbaren inhalt- chen Klärungsbedarf. Um eine möglichst breite parla- entarische Mehrheit, die ich in dieser Grundsatzfrage egrüßen würde, zu ermöglichen, eröffne ich bewusst it meinem Abstimmungsverhalten den Raum für eine lärung innerhalb der CDU/CSU-Fraktion. Ich bin da- on überzeugt, dass die CDU/CSU sich, nach tieferge- ender Auseinandersetzung mit der Intention und der ragweite des Karlsruher Urteils, den gelebten gesell- chaftlichen Realitäten in unserem Land nicht länger erschließen kann. Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU): Das Bundesverfas- ungsgericht hat ein politisch höchst relevantes Urteil efällt. Das haben wir hinzunehmen, aber nicht kritiklos. rt. 6 Abs. 1 GG stellt „Ehe und Familie“ unter den be- onderen Schutz des Grundgesetzes und privilegiert iese Form des Zusammenlebens damit ausdrücklich. as die Verfassungsväter und -mütter gemeint haben, ist inerseits historisch klar, andererseits erschließt es sich us der Konjunktion „Ehe und Familie“ zusätzlich. Ich werde dem Gesetzentwurf zustimmen, allerdings ben nicht kritiklos. Ferner weise ich vorausschauend und ausdrücklich im usammenhang mit dem Adoptionsrecht auf einen mir esonders wichtigen Punkt hin: Das Adoptionsverfahren at sich vorrangig am Interesse des Kindes zu orientie- n und nicht einseitig den Interessen adoptionswilliger lternpaare, egal welchen Geschlechts, zu beugen. Unter Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32329 (A) ) )(B) diesen Aspekten ist die Adoption durch Vater und Mutter klar zu privilegieren. Katherina Reiche (CDU/CSU): Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 7. Mai 2013 lässt an Klarheit nichts zu wünschen übrig. Dort heißt es: „Art. 6 Abs. 1 Grundgesetz, GG, garantiert den Eheleuten, eine Sphäre privater Lebensgestaltung, die staatlicher Einwir- kung entzogen ist. Der Gesetzgeber muss daher Rege- lungen vermeiden, die geeignet sind, in die freie Ent- scheidung der Ehegatten über ihre Aufgabenverteilung in der Ehe einzugreifen.“ Ehe und Familie unterliegen einem besonderen grundgesetzlichen Schutz. Diesen Schutz muss der Ge- setzgeber achten und wahren. Der besondere verfas- sungsrechtliche Schutz von Ehe und Familie bietet den Ehepartnern ebenso Wahlmöglichkeiten: Ein Ehepartner ist Alleinverdiener für beide oder beide Ehepartner ver- dienen den Lebensunterhalt gemeinsam. Ich sehe daher keine Möglichkeit, das Splittingverfahren bei der Zu- sammenveranlagung der Ehegatten grundlegend zu mo- difizieren. Der Gesetzgeber hat nicht das Rechte in die Lebensgestaltung einzugreifen. Das hat er den Ehepaa- ren zu überlassen. Und das ist auch gut so! Der Gesetzgeber hat die völlige Gleichsetzung von Ehe und gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaft bis- her nicht beschlossen – mit voller Absicht. Es gibt Rege- lungen zur Ehe – insbesondere im Bürgerlichen Gesetz- buch –, und es gibt das Lebenspartnerschaftsgesetz. Die Rechte und Pflichten der eingetragenen Lebenspartner- schaft sind durchaus denen der Ehe nachgebildet wor- den. Aber bis heute ist eine Lebenspartnerschaft keine Ehe. Meiner Auffassung nach muss dies auch so bleiben. Es ist nicht verboten, gegen die ideologische und ge- setzespraktische Nivellierung der Familie zu sein. Ging es bisher darum, der Mehrheit Toleranz für Minderheiten abzutrotzen. Nun lautet aber mehr und mehr die Parole: Wir wollen nicht bloß akzeptierte Minderheit sein. Wir sind die offeneren und moderneren Menschen. Hier ist ein Umschlagspunkt im Denken erreicht. Nun geht es nicht mehr darum, einer vermeintlich unterdrückten Minderheit zu ihrem Recht zu verhelfen, jetzt geht es da- rum, abweichende Standpunkte als antiemanzipatorisch, reaktionär oder homophob umzudeuten und zu diskredi- tieren. Einen gewissen Erfolg kann man nicht abspre- chen. Dennoch darf der Gesetzgeber mit gutem Grund zwei unterschiedliche Institute ungleich behandeln. Ge- wiss, es ist zu begrüßen und im besten Sinne konserva- tiv, wenn zwei Menschen füreinander Verantwortung übernehmen, und dies auch für Kinder. Aber es gibt nur eine Verbindung, die biologisch darauf angelegt ist, Kin- der hervorzubringen – die von Mann und Frau. Jedes Kind hat Vater und Mutter. Und schließlich: Nur die Ver- bindung von Mann und Frau sichert den Fortbestand un- seres Gemeinwesens. „Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern“. Dieses grundgesetzlich in Art. 5 Abs. 1 GG geschützte Recht der Meinungsfreiheit ist ein wichtiges Gut unserer demokratischen und plura- listischen Gesellschaft. Dies beinhaltet auch gesell- schaftspolitische Ansichten. w m s d d G u A li S S s n s a A E E n „ B 2 s g s E U tr S tu u d m d L a ru g te E E E d k e m E z g k k z z g d (C (D Tankred Schipanski (CDU/CSU): Dem Gesetzent- urf der Koalitionsfraktionen stimme ich zu, da nach einer Überzeugung höchstrichterliche Urteile vom Ge- etzgeber umgesetzt werden müssen. Dennoch teile ich ie Urteilsbegründung des zuständigen Senats des Bun- esverfassungsgerichts nicht vollends. Aus diesem rund möchte ich von § 31 GO-BT Gebrauch machen nd meine Position in der Sache näher erläutern: Unser Grundgesetz stellt Ehe und Familie durch rt. 6 Abs. 1 GG unter den besonderen Schutz der staat- chen Ordnung. Ausdrücklich schließe ich mich der ichtweise des Senats an, wonach dieser besondere chutz der Ehe zuteil wird, weil sie Vorstufe zur Familie ein kann, die wiederum Voraussetzung der Generatio- enfolge und damit der Zukunftssicherheit von Gesell- chaft und Staat ist. Richtigerweise erkennt der Senat uch, dass der Gesetzgeber, wegen des in Art. 6 bs. 1 GG enthaltenen Schutz- und Förderauftrags, die he gegenüber anderen Lebensformen begünstigen darf. s ist darüber hinaus zu berücksichtigen, dass die Ehe ach wie vor in signifikantem Umfang Grundlage für ein behütetes“ Aufwachsen von Kindern ist (vergleiche VerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 19. Juni 012 – 2 BvR 1397/09 Rn. 66). Unter Anerkennung dieser Grundsätze steht dem Ge- etzgeber zur Erfüllung des sich aus Art. 6 Abs. 1 GG er- ebenden Schutz- und Förderauftrags ein Gestaltungs- pielraum zu, den es zu nutzen gilt. Dies bedeutet meines rachtens gerade auch, dass der Gesetzgeber bewusste nterscheidungen zwischen einer Ehe und einer einge- agenen Lebenspartnerschaft machen darf. In diesem inne obliegt es dem Gesetzgeber mit seiner Gestal- ngsprärogative, den Schutz- und Förderauftrag für Ehe nd Familie aus Art. 6 Abs. 1 GG weiter auszugestalten. Abschließend bleibt festzuhalten, dass die Entschei- ung des Bundesverfassungsgerichts vom 7. Mai 2013 it 6:2 Stimmen ergangen ist. Auf das gemeinsame Son- ervotum der Richterin Kessal-Wulf und des Richters andau sei verwiesen. Dieses Sondervotum begrüße ich usdrücklich. Marina Schuster (FDP): Seit Beginn der Regie- ngsbeteiligung der FDP im Jahr 2009 sind eingetra- ene Lebenspartner im Beamten-, Richter- und Solda- nrecht, im Entwicklungshelfergesetz, bei der rbschaft- und Grunderwerbsteuer und beim BAföG mit hegatten gleichgestellt worden. Wir haben als FDP die rrichtung der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld urchgesetzt, die durch Bildung und Forschung der Dis- riminierung eingetragener Lebenspartnerschaften ntgegentritt. Das Auswärtige Amt und das Bundes- inisterium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und ntwicklung haben unter liberalen Ministern neue Ak- ente in der Menschenrechtspolitik für Homosexuelle esetzt: Erstmals wurde die Budgethilfe für Staaten ge- ürzt, die Strafnormen verschärfen; erstmals wurden onkrete Projekte vor Ort für mehr gesellschaftliche Ak- eptanz finanziert. Mit dem neuen Sorgerecht haben wir udem auch für schwule Väter in sogenannten Regenbo- enfamilien einen guten Rechtsrahmen geschaffen. Bei der Einkommensteuer haben wir bereits lange auf ie Gleichstellung der Lebenspartner gedrängt. Unsere 32330 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 (A) ) )(B) Position wurde vollumfänglich vom Bundesverfassungs- gericht bestätigt. Wir freuen uns, dass die Koalition in Rekordgeschwindigkeit diese Entscheidung heute um- setzt. Die Gleichstellung im Einkommensteuergesetz macht weitere Anpassungen in damit verbundenen Gesetzen er- forderlich. Hier ist ein umfassendes Rechtsbereinigungs- gesetz erforderlich. Dies erfordert hohe Sorgfalt und mehr Zeit als sie jetzt zur Verfügung hat. Auch die Än- derungsanträge der Opposition sind nicht vollständig. Die Linke will nur die Abgabenordnung anpassen, die Grünen dagegen auch das Wohnungsbauprämiengesetz, das Altersvorsorgezertifizierungsgesetz, das Eigenheim- zulagengesetz und das Bundeskindergeldgesetz. Auch der grüne Gesetzentwurf ist nicht vollständig. Dennoch habe ich mich entschlossen, diesen Änderungsanträgen trotz ihrer Unvollständigkeit zuzustimmen. Die FDP tritt darüber hinaus für die vollständige Gleichstellung der eingetragenen Lebenspartnerschaften mit der Ehe und die Öffnung der Ehe für gleichge- schlechtliche Paare ein. Wer gleiche Pflichten hat, muss auch gleiche Rechte bekommen. Auch beim Adoptions- recht ist eine vollständige Gleichstellung geboten. Ich verstehe, dass die FDP-Fraktion nach dem Koali- tionsvertrag, wie in allen Koalitionen dieser Republik, daran gebunden ist, nicht mit wechselnden Mehrheiten abzustimmen. Ich habe mich aber entschlossen, den Än- derungsanträgen dennoch zuzustimmen. Joachim Spatz (FDP): Seit Beginn der Regierungs- beteiligung der FDP im Jahr 2009 sind eingetragene Le- benspartner im Beamten-, Richter- und Soldatenrecht, im Entwicklungshelfergesetz, bei der Erbschaft- und Grunderwerbsteuer und beim BAföG mit Ehegatten gleichgestellt worden. Wir haben als FDP die Errichtung der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld durchgesetzt, die durch Bildung und Forschung der Diskriminierung ein- getragener Lebenspartnerschaften entgegentritt. Das Auswärtige Amt und das Bundesministerium für wirt- schaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung haben un- ter liberalen Ministern neue Akzente in der Menschen- rechtspolitik für Homosexuelle gesetzt: Erstmals wurde die Budgethilfe für diejenigen Staaten abgesenkt oder ausgesetzt, die Strafnormen verschärfen; erstmals wurden konkrete Projekte vor Ort für mehr gesellschaftliche Ak- zeptanz finanziert. Mit dem neuen Sorgerecht haben wir zudem auch für schwule Väter in sogenannten Regenbo- genfamilien einen guten Rechtsrahmen geschaffen. Bei der Einkommensteuer haben wir bereits lange auf die Gleichstellung der Lebenspartner gedrängt. Unsere Position wurde vollumfänglich vom Bundesverfassungs- gericht bestätigt. Wir freuen uns, dass die Koalition in Rekordgeschwindigkeit diese Entscheidung heute um- setzt. Die Gleichstellung im Einkommensteuergesetz macht weitere Anpassungen erforderlich. Dies war in der Kürze der Zeit nicht mit der notwendigen Sorgfalt möglich. Auch die Änderungsanträge der Opposition sind nicht vollständig. Die Linke will nur die Abgaben- ordnung anpassen, die Grünen dagegen auch das Woh- nungsbauprämiengesetz, das Altersvorsorge-Zertifizie- rungsgesetz, das Eigenheimzulagegesetz und das Bundes- kindergeldgesetz. Somit ist auch der grüne Gesetzent- w g a Z d te G m s a re d d M A e ti ic la p a s m Z m m d d k z F in d ti m b g re s d z d s c s d e b z F s (C (D urf nicht vollständig. Ein umfassendes Rechtsbereini- ungsgesetz ist erforderlich, das in dieser Wahlperiode llerdings nicht mehr erarbeitet werden konnte. In der eit bis zur Verabschiedung eines solchen Gesetzes wird en Betroffenen dadurch jedoch kein steuerlicher Nach- il entstehen. Die FDP tritt darüber hinaus für die vollständige leichstellung der eingetragenen Lebenspartnerschaften it der Ehe und die Öffnung der Ehe für gleichge- chlechtliche Paare ein. Wer gleiche Pflichten hat, muss uch gleiche Rechte bekommen. Auch beim Adoptions- cht ist eine vollständige Gleichstellung geboten. Nach em Koalitionsvertrag sind wir, wie in allen Koalitionen ieser Republik, daran gebunden, nicht mit wechselnden ehrheiten abzustimmen. Gerade in der Frage des doptionsrechtes gibt es beim Koalitionspartner noch rkennbaren inhaltlichen Klärungsbedarf. Daher kann ich den Änderungsanträgen der Opposi- on zum Adoptionsrecht und zur Öffnung der Ehe, die h beide inhaltlich unterstütze, heute nicht zustimmen. Erika Steinbach (CDU/CSU): Niemand in Deutsch- nd darf diskriminiert werden. Der Staat hat die Ver- flichtung, dieses menschenrechtliche Gleichheitsgebot uch für Homosexuelle durchzusetzen und zu sichern. Dem steht nicht entgegen, dass der Staat finanzielle taatliche Förderung danach ausrichtet, ja ausrichten uss, was im Interesse der Gesamtgesellschaft und ihrer ukunftsfähigkeit liegt. Die Ehe ist die Keimzelle jeder menschlichen Ge- einschaft, deren Bedeutung mit keiner anderen enschlichen Bindung verglichen werden kann. Solange ie nächste Generation nicht aus der Retorte kommt, ist ie Ehe einziger stabiler Garant für die Zukunftsfähig- eit unserer Gesellschaft. Darauf ist der Staat existen- iell angewiesen. Deshalb war und ist eine besondere örderung der Ehe nach wie vor zwingend geboten – sbesondere heutzutage, wo längst erkennbar ist, dass ie demografische Entwicklung in Deutschland drama- sch rückläufig ist. Die Verfasser des Grundgesetzes haben diese enschliche Gemeinschaft mit gutem Grund unter den esonderen Schutz der staatlichen Ordnung gestellt. In seinem jüngsten Urteil hat das Bundesverfassungs- ericht den besonderen Schutz der Ehe in einem weite- n Schritt unterhöhlt. In ihrem Minderheitenvotum haben zwei Verfas- ungsrichter zum Beschluss des Zweiten Senates über as Ehegattensplitting für homosexuelle Partnerschaften utreffend festgestellt: „Indem der Senat nunmehr eine er Ehe im Hinblick auf das Bestehen einer Gemein- chaft von Erwerb und Verbrauch vergleichbare rechtli- he Ausgangssituation der eingetragenen Lebenspartner- chaft ,von Anfang an‘ konstruiert, die die Legislative zu iesem Zeitpunkt ausdrücklich nicht gewollt hatte, setzt r seine Einschätzung an die Stelle des hierzu allein erufenen Gesetzgebers. Gesellschaftlichen Wandel auf- unehmen, zu bewerten und gegebenenfalls rechtliche ormen hierfür bereitzustellen, kann nur Sache des Ge- etzgebers, nicht aber des Verfassungsgerichts sein.“ Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32331 (A) ) )(B) Sie fügten an anderer Stelle hinzu: Die „Aufgabenver- teilung zwischen Gesetzgeber und Verfassungsgericht respektierende Lösungsmöglichkeiten wurden durch den Senat nicht ausreichend berücksichtigt“. Diese Beurtei- lung halte ich für richtig. Ich teile auch die Auffassung der beiden Verfassungs- richter, die in ihrem Minderheitenvotum einleitend fest- stellten: „Die Entscheidung des Senats können wir we- der im Ergebnis noch in der Begründung mittragen.“ Das Urteil des Verfassungsgerichtes, aufgrund dessen heute das vorliegende Gesetz verabschiedet werden soll, lautet anders. Aus Gewissengründen kann ich der vorliegenden Ge- setzesänderung nicht zustimmen. Manfred Todtenhausen (FDP): Seit Beginn der Regierungsbeteiligung der FDP im Jahr 2009 sind einge- tragene Lebenspartner im Beamten-, Richter- und Solda- tenrecht, im Entwicklungshelfergesetz, beim BAföG und bei der Erbschaft- und Grunderwerbsteuer mit Ehegatten gleichgestellt worden. Die FDP hat die Errichtung der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld durchgesetzt, die durch Bildung und Forschung der Diskriminierung ein- getragener Lebenspartnerschaften entgegentritt. Das Auswärtige Amt und das Bundesministerium für wirt- schaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung haben un- ter liberalen Ministern neue Akzente in der Menschen- rechtspolitik für Homosexuelle gesetzt: Erstmals wurde die Budgethilfe für Staaten verschärft, die Strafnormen verschärfen, erstmals wurden konkrete Projekte vor Ort für mehr gesellschaftliche Akzeptanz finanziert. Mit dem neuen Sorgerecht wurde zudem auch für schwule Väter in sogenannten Regenbogenfamilien ein guter Rechtsrahmen geschaffen. Bei der Einkommensteuer hat die FDP bereits lange auf die Gleichstellung der Lebenspartner gedrängt. Diese Position wurde in vollem Umfang vom Bundes- verfassungsgericht bestätigt. Ich freue mich, dass die christlich-liberale Koalition diese Entscheidung heute zügig umsetzt. Die Gleichstellung im Einkommensteuergesetz macht weitere Anpassungen in damit verbundenen Gesetzen er- forderlich. Dies war in der Kürze der Zeit nicht mit der notwendigen Sorgfalt zu leisten. Das bestätigen auch die Änderungsanträge der Opposition, sie sind nicht voll- ständig: Die Linke will nur die Abgabenordnung anpas- sen, die Grünen wollen dagegen auch das Wohnungsbau- prämiengesetz, das Altersvorsorge-Zertifizierungs- gesetz, das Eigenheimzulagengesetz und das Bundeskin- dergeldgesetz anpassen. Auch dieser Gesetzentwurf ist nicht vollständig. Daher ist ein umfassendes Rechtsbe- reinigungsgesetz erforderlich – das ist in dieser Wahlpe- riode jedoch nicht mehr umsetzbar. In der Zeit bis zur Verabschiedung eines solchen Gesetzes wird den Betrof- fenen dadurch keinerlei steuerlicher Nachteil entstehen. Die FDP tritt darüber hinaus für die vollständige Gleichstellung der eingetragenen Lebenspartnerschaften mit der Ehe ein und für die Öffnung der Ehe für gleich- geschlechtliche Paare. Wer gleiche Pflichten übernimmt, muss auch gleiche Rechte bekommen. Auch beim Adop- tionsrecht ist eine vollständige Gleichstellung geboten. n a G U D z n h A e z s s E d d w P g A im te g b h M F b u m te H fü m s re (C (D Nach dem Koalitionsvertrag sind die Koalitionspart- er daran gebunden, nicht mit wechselnden Mehrheiten bzustimmen – wie in allen Koalitionen dieser Republik. erade in der Frage des Adoptionsrechts gibt es bei der nion noch erkennbaren inhaltlichen Klärungsbedarf. aher kann ich den Änderungsanträgen der Opposition um Adoptionsrecht und zur Öffnung der Ehe heute icht zustimmen – auch wenn ich grundsätzlich beide in- altlich unterstütze. nlage 12 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Ernst Hinsken, Karl Holmeier und Franz Obermeier (alle CDU/ CSU) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuer- gesetzes in Umsetzung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom 7. Mai 2013 (Tagesordnungspunkt 13 a) Dem Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen „Entwurf ines Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergeset- es in Umsetzung der Entscheidung des Bundesverfas- ungsgerichtes vom 7. Mai 2013“ – Drucksache 17/13870 – timmen wir aus folgendem Grund nicht zu. Für uns als bekennende katholische Christen ist die he ein ganz besonderer Bund, den Mann und Frau bei er Gründung einer Familie eingehen. Dies wird aus- rücklich vom Grundgesetz geschützt. Deshalb lehnen ir eine Gleichstellung der Ehe mit der homosexuellen artnerschaft im Einkommensteuerrecht und beim Ehe- attensplitting ab. nlage 13 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Pascal Kober und Gisela Piltz (beide FDP) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes in Umsetzung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom 7. Mai 2013 (Tagesordnungspunkt 13 a) Seit Beginn der Regierungsbeteiligung der FDP Jahr 2009 sind eingetragene Lebenspartner im Beam- n-, Richter- und Soldatenrecht, im Entwicklungshelfer- esetz, bei der Erbschaft- und Grunderwerbsteuer und eim BAföG mit Ehegatten gleichgestellt worden. Wir aben als FDP die Errichtung der Bundesstiftung agnus Hirschfeld durchgesetzt, die durch Bildung und orschung der Diskriminierung eingetragener Le- enspartnerschaften entgegentritt. Das Auswärtige Amt nd das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusam- enarbeit und Entwicklung haben unter liberalen Minis- rn neue Akzente in der Menschenrechtspolitik für omosexuelle gesetzt: Erstmals wurde die Budgethilfe r Staaten gekürzt, die Strafnormen verschärfen; erst- als wurden konkrete Projekte vor Ort für mehr gesell- chaftliche Akzeptanz finanziert. Mit dem neuen Sorge- cht haben wir zudem auch für schwule Väter in 32332 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 (A) ) )(B) sogenannten Regenbogenfamilien einen guten Rechts- rahmen geschaffen. Bei der Einkommensteuer haben wir bereits lange auf die Gleichstellung der Lebenspartner gedrängt. Unsere Position wurde vollumfänglich vom Bundesverfassungs- gericht bestätigt. Wir freuen uns, dass die Koalition in Re- kordgeschwindigkeit diese Entscheidung heute umsetzt. Die Gleichstellung im Einkommensteuergesetz macht weitere Anpassungen in damit verbundenen Gesetzen er- forderlich. Dies war in der Kürze der Zeit nicht mit der notwendigen Sorgfalt zu leisten. Auch die Änderungsan- träge der Opposition sind nicht vollständig. Die Linke will nur die Abgabenordnung anpassen, die Grünen dagegen auch das Wohnungsbauprämiengesetz, das Altersvorsorge-Zertifizierungsgesetz, das Eigenheimzu- lagengesetz und das Bundeskindergeldgesetz. Auch der grüne Gesetzentwurf ist nicht vollständig. Daher ist ein umfassendes Rechtsbereinigungsgesetz erforderlich, das in dieser Wahlperiode nicht mehr zu leisten war. Die FDP tritt darüber hinaus für die vollständige Gleichstellung der eingetragenen Lebenspartnerschaften mit der Ehe und die Öffnung der Ehe für gleich- geschlechtliche Paare ein. Wer gleiche Pflichten hat, muss auch gleiche Rechte bekommen. Auch beim Adop- tionsrecht ist eine vollständige Gleichstellung geboten. Nach dem Koalitionsvertrag sind wir, wie in allen Koalitionen dieser Republik, daran gebunden, nicht mit wechselnden Mehrheiten abzustimmen. Gerade in der Frage des Adoptionsrechtes gibt es beim Koalitionspart- ner noch erkennbaren inhaltlichen Klärungsbedarf. Daher können wir den Änderungsanträgen der Opposi- tion zum Adoptionsrecht und zur Öffnung der Ehe, die wir beide inhaltlich unterstützen, heute nicht zustimmen. Anlage 14 Erklärungen nach § 31 GO zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuer- gesetzes in Umsetzung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom 7. Mai 2013 (Tagesordnungspunkt 13 a) Manfred Kolbe (CDU/CSU): Dem Gesetz kann ich nicht zustimmen, da Art. 6 des Grundgesetzes Ehe und Familie unter den besonderen Schutz der staatlichen Ordnung stellt. Zum Gehalt der Ehe, wie er sich ungeachtet des ge- sellschaftlichen Wandels und der damit einhergehenden Änderungen ihrer rechtlichen Gestaltung bewahrt und durch das Grundgesetz seine Prägung bekommen hat, gehört, dass sie die Vereinigung eines Mannes und einer Frau zu einer auf Dauer angelegten Lebensgemeinschaft ist (Bundesverfassungsgericht vom 17. Juli 2002, BVerfGE 105,313/345). Die Ehe als Verbindung von Mann und Frau hat das Alleinstellungsmerkmal, dass al- leine aus der Verbindung von Mann und Frau Kinder hervorgehen können, die wiederum die Zukunftsfähig- keit jeder Gesellschaft sichern. Daran hat bisher noch k ri Ö g d 7 re li ü F F fl n v 2 ti g n G rä S d o R w s g g s d ic u O G s Ä d g F is B M d k s g d Ö g d 7 re (C (D eine Ideologie, kein Parteiprogramm oder keine Ge- chtsentscheidung etwas ändern können. Dieses Alleinstellungsmerkmal verbietet sowohl die ffnung der Ehe für andere Lebensformen, wie etwa die leichgeschlechtliche Partnerschaft, als auch, entgegen er Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom . Mai 2013, die Privilegierung der Ehe gegenüber ande- n Formen des Zusammenlebens aufzuheben. Darin egt keinerlei Diskriminierung oder Unwerturteil gegen- ber anderen Lebensformen, sondern eine schlichte eststellung naturgegebener Unterschiede, wie etwa die eststellung, dass ein Fisch schwimmt und ein Vogel iegt, ohne dass sich Fisch oder Vogel dadurch diskrimi- iert fühlen. Dieses Alleinstellungsmerkmal verkennt das Bundes- erfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 7. Mai 013, wenn es Unterschiede zwischen der Lebenssitua- on von Ehepartnern und Lebenspartnern, die eine Un- leichbehandlung rechtfertigen könnten, nicht zu erken- en vermag. Deshalb verstößt meines Erachtens die ewährung gleicher Vergünstigungen, wie etwa die Ein- umung des Ehegattensplittings, gegen den besonderen chutz der Ehe. Auch die Argumentation, man nimmt er Ehe nichts, wenn man auch der Lebenspartnerschaft der anderen Formen des Zusammenlebens dieselben echte einräumt, trägt nicht, da etwa auch im Prüfungs- esen die Verleihung eines Spitzenprädikats an alle die- es Spitzenprädikat entwertet. Zwar ist der Gesetzgeber bei der Grundrechtsausle- ung an Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts ebunden, umgekehrt kann aber auch das Bundesverfas- ungsgericht nicht in die freie Gewissensentscheidung es Abgeordneten eingreifen. Klaus-Peter Wilsch (CDU/CSU): Dem Gesetz kann h nicht zustimmen, da Art. 6 des Grundgesetzes Ehe nd Familie unter den besonderen Schutz der staatlichen rdnung stellt. Dieser folgt damit einer naturrechtlichen egebenheit. Zum Gehalt der Ehe, wie er sich ungeachtet des ge- ellschaftlichen Wandels und der damit einhergehenden nderungen ihrer rechtlichen Gestaltung bewahrt und urch das Grundgesetz seine Prägung bekommen hat, ehört, dass sie die Vereinigung eines Mannes und einer rau zu einer auf Dauer angelegten Lebensgemeinschaft t (Bundesverfassungsgericht vom 17. Juli 2002, VerfGE 105,313/345). Die Ehe als Verbindung von ann und Frau hat auch das Alleinstellungsmerkmal, ass alleine aus dieser Verbindung Kinder hervorgehen önnen, die wiederum die Zukunftsfähigkeit jeder Ge- ellschaft sichern. Daran hat bisher noch keine Ideolo- ie, kein Parteiprogramm oder keine Gerichtsentschei- ung etwas ändern können. Dieses Alleinstellungsmerkmal verbietet sowohl die ffnung der Ehe für andere Lebensformen, wie etwa die leichgeschlechtliche Partnerschaft, als auch, entgegen er Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom . Mai 2013, die Privilegierung der Ehe gegenüber ande- n Formen des Zusammenlebens aufzuheben. Darin Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32333 (A) ) )(B) liegt keinerlei Diskriminierung oder Unwerturteil gegen- über anderen Lebensformen, sondern eine schlichte Feststellung der Realität. Dieses Alleinstellungsmerkmal verkennt das Bundes- verfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 7. Mai 2013, wenn es Unterschiede zwischen der Lebenssitua- tion von Ehepartnern und Lebenspartnern, die eine Un- gleichbehandlung rechtfertigen könnten, nicht zu erken- nen vermag. Deshalb verstößt meines Erachtens die Gewährung gleicher Vergünstigungen, wie etwa die Ein- räumung des Ehegattensplittings, gegen den besonderen Schutz der Ehe. Auch die Argumentation, man nimmt der Ehe nichts, wenn man auch der Lebenspartnerschaft oder anderen Formen des Zusammenlebens dieselben Rechte einräumt, trägt nicht, da etwa auch im Prüfungs- wesen die Verleihung eines Spitzenprädikats an alle die- ses Spitzenprädikat entwertet. Zwar ist der Gesetzgeber bei der Grundrechtsausle- gung an Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts gebunden, umgekehrt kann aber auch das Bundesverfas- sungsgericht nicht in die freie Gewissensentscheidung des Abgeordneten eingreifen. Anlage 15 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Volkmar Klein und Stefanie Vogelsang (beide CDU/CSU) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes in Umsetzung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom 7. Mai 2013 (Tagesordnungspunkt 13 a) Selbstverständlich akzeptieren wir das Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Das Bundesverfassungsge- richt besitzt nach unserer Rechtsordnung die letztend- liche Deutungshoheit über Fragen des Grundgesetzes. Wir stimmen deshalb dem Gesetzentwurf zu, damit das Urteil umgesetzt werden kann. In der Sache können wir dem Bundesverfassungsgericht aber nicht folgen. Das Minderheitenvotum der beiden Verfassungsrichter hat alleine schon gezeigt, dass es verfassungsrechtlich offen- sichtlich nicht so klar ist, dass „die entsprechenden Vorschriften des Einkommensteuergesetzes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verstoßen“. Nach einer Gü- terabwägung von Art. 3 Abs. 1 mit Art. 6 Abs.1 Grund- gesetz kommen wir mit dem Sondervotum zu dem Schluss, dass keine Ungleichbehandlung von Gleichem vorliegt. Eine Lebenspartnerschaft ist keine Ehe im Sinne des Grundgesetzes. In Punkt 2 des Sondervotums haben der Richter Herbert Landau und die Richterin Sibylle Kessal-Wulf richtig darauf hingewiesen, dass mit dem Splittingverfahren auch familienpolitische Zwecke verfolgt werden. Auch aus diesem Grund sehen wir keine Gleichheit zwischen Ehe und Lebenspartnerschaft. Die Ehe ist und bleibt für uns ein besonders schützens- wertes Gut. Und: Worin soll ihr besonderer Schutz des Grundgesetzes noch bestehen, wenn ihre letzten Privile- gien abgeschafft werden? Diese Frage hat das Bundes- verfassungsgericht nicht beantwortet. A B n li g g v A J te g b h n s n B u A g s k z z g d P g k w fo n tr (C (D nlage 16 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Stefan Kaufmann, Dr. Jan-Marco Luczak und Elisabeth Winkelmeier-Becker (alle CDU/CSU) zur Ab- stimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes in Umsetzung der Entscheidung des Bundesver- fassungsgerichtes vom 7. Mai 2013 (Tagesord- nungspunkt 13 a) Wir freuen uns, dass es heute gelingt, das Urteil des VerfG zur steuerrechtlichen Gleichstellung eingetrage- er Lebenspartnerschaften umzusetzen. Das war überfäl- g. Wir sind der Auffassung, weitere Schritte müssen fol- en. Dafür werden wir uns in der kommenden Legislatur emeinsam kraftvoll einsetzen, um die Diskriminierung on Schwulen und Lesben zu beenden. nlage 17 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Christine Aschenberg- Dugnus, Reiner Deutschmann, Patrick Döring, Rainer Erdel, Manuel Höferlin, Petra Müller (Aachen) und Johannes Vogel (Lüdenscheid) (alle FDP) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Einkommen- steuergesetzes in Umsetzung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom 7. Mai 2013 (Tagesordnungspunkt 13 a) Seit Beginn der Regierungsbeteiligung der FDP im ahr 2009 sind eingetragene Lebenspartner im Beam- n-, Richter- und Soldatenrecht, im Entwicklungshelfer- esetz, bei der Erbschaft- und Grunderwerbsteuer und eim BAföG mit Ehegatten gleichgestellt worden. Wir aben als FDP die Errichtung der Bundesstiftung Mag- us Hirschfeld durchgesetzt, die durch Bildung und For- chung der Diskriminierung eingetragener Lebenspart- erschaften entgegentritt. Das Auswärtige Amt und das undesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit nd Entwicklung haben unter liberalen Ministern neue kzente in der Menschenrechtspolitik für Homosexuelle esetzt: Erstmals wurde die Budgethilfe für Staaten ver- chärft, die Strafnormen verschärfen; erstmals wurden onkrete Projekte vor Ort für mehr gesellschaftliche Ak- eptanz finanziert. Mit dem neuen Sorgerecht haben wir udem auch für schwule Väter in sogenannten Regenbo- enfamilien einen guten Rechtsrahmen geschaffen. Bei der Einkommensteuer haben wir bereits lange auf ie Gleichstellung der Lebenspartner gedrängt. Unsere osition wurde vollumfänglich vom Bundesverfassungs- ericht bestätigt. Wir freuen uns, dass die Koalition in Re- ordgeschwindigkeit diese Entscheidung heute umsetzt. Die Gleichstellung im Einkommensteuergesetz macht eitere Anpassungen in damit verbundenen Gesetzen er- rderlich. Dies war in der Kürze der Zeit nicht mit der otwendigen Sorgfalt leistbar. Auch die Änderungsan- äge der Opposition sind nicht vollständig. Die Linke 32334 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 (A) ) )(B) will nur die Abgabenordnung anpassen, die Grünen da- gegen auch das Wohnungsbauprämiengesetz, das Alters- vorsorge-Zertifizierungsgesetz, das Eigenheimzulagen- gesetz und das Bundeskindergeldgesetz. Auch der grüne Gesetzentwurf ist nicht vollständig. Daher ist ein umfas- sendes Rechtsbereinigungsgesetz erforderlich, das in dieser Wahlperiode nicht mehr leistbar war. Die FDP tritt darüber hinaus für die vollständige Gleichstellung der eingetragenen Lebenspartnerschaften mit der Ehe und die Öffnung der Ehe für gleichge- schlechtliche Paare ein. Wer gleiche Pflichten hat, muss auch gleiche Rechte bekommen. Auch beim Adoptions- recht ist eine vollständige Gleichstellung geboten. Nach dem Koalitionsvertrag sind wir, wie in allen Koalitionen dieser Republik, daran gebunden, nicht mit wechselnden Mehrheiten abzustimmen. Gerade in der Frage des Adoptionsrechtes gibt es beim Koalitionspart- ner noch erkennbaren inhaltlichen Klärungsbedarf. Da- her können wir den Änderungsanträgen der Opposition zum Adoptionsrecht und zur Öffnung der Ehe, die wir beide inhaltlich unterstützen, heute nicht zustimmen. Anlage 18 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Sebastian Blumenthal, Claudia Bögel, Marco Buschmann, Sylvia Canel, Bijan Djir-Sarai, Jörg van Essen, Otto Fricke, Miriam Gruß, Sebastian Körber, Gabriele Molitor, Jan Mücke, Dirk Niebel, Jörg von Polheim, Judith Skudelny und Serkan Tören (alle FDP) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Ein- kommensteuergesetzes in Umsetzung der Ent- scheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom 7. Mai 2013 (Tagesordnungspunkt 13 a) Seit Beginn der Regierungsbeteiligung der FDP im Jahr 2009 sind eingetragene Lebenspartner im Beamten-, Richter- und Soldatenrecht, im Entwicklungshelfergesetz, bei der Erbschaft- und Grunderwerbsteuer und beim BAföG mit Ehegatten gleichgestellt worden. Wir haben als FDP die Errichtung der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld durchgesetzt, die durch Bildung und For- schung der Diskriminierung eingetragener Lebenspart- nerschaften entgegentritt. Das Auswärtige Amt und das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung haben unter liberalen Ministern neue Akzente in der Menschenrechtspolitik für Homosexuelle gesetzt: Erstmals wurde die Budgethilfe für Staaten ver- schärft, die Strafnormen verschärfen; erstmals wurden konkrete Projekte vor Ort für mehr gesellschaftliche Ak- zeptanz finanziert. Mit dem neuen Sorgerecht haben wir zudem auch für schwule Väter in sogenannten Regenbo- genfamilien einen guten Rechtsrahmen geschaffen. Bei der Einkommensteuer haben wir bereits lange auf die Gleichstellung der Lebenspartner gedrängt. Unsere Position wurde vollumfänglich vom Bundesverfassungs- gericht bestätigt. Wir freuen uns, dass die Koalition in Re- kordgeschwindigkeit diese Entscheidung heute umsetzt. w fo n tr n a Z d w R W V fe G m s a re K w F n s w A h R D D re s N m v (C (D Die Gleichstellung im Einkommensteuergesetz macht eitere Anpassungen in damit verbundenen Gesetzen er- rderlich. Dies war in der Kürze der Zeit nicht mit der otwendigen Sorgfalt möglich. Auch die Änderungsan- äge der Opposition sind nicht vollständig. Die Linke will ur die Abgabenordnung anpassen, die Grünen dagegen uch das Wohnungsbauprämiengesetz, das Altervorsorge- ertifizierungsgesetz, das Eigenheimzulagengesetz und as Bundeskindergeldgesetz. Auch der grüne Gesetzent- urf ist nicht vollständig. Daher ist ein umfassendes echtsbereinigungsgesetz erforderlich, das in dieser ahlperiode nicht mehr leistbar war. In der Zeit bis zur erabschiedung eines solchen Gesetzes wird den Betrof- nen dadurch keinerlei steuerlicher Nachteil entstehen. Die FDP tritt darüber hinaus für die vollständige leichstellung der eingetragenen Lebenspartnerschaften it der Ehe und die Öffnung der Ehe für gleichge- chlechtliche Paare ein. Wer gleiche Pflichten hat, muss uch gleiche Rechte bekommen. Auch beim Adoptions- cht ist eine vollständige Gleichstellung geboten. Nach dem Koalitionsvertrag sind wir, wie in allen oalitionen dieser Republik, daran gebunden, nicht mit echselnden Mehrheiten abzustimmen. Gerade in der rage des Adoptionsrechtes gibt es beim Koalitionspart- er noch erkennbaren inhaltlichen Klärungsbedarf. Daher können wir den Änderungsanträgen der Oppo- ition zum Adoptionsrecht und zur Öffnung der Ehe, die ir inhaltlich unterstützen, heute nicht zustimmen. nlage 19 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Aktiengesetzes (Aktienrechtsnovelle 2012) – Beschlussempfehlung und Bericht zu den Anträgen: – Exorbitante Managergehälter begrenzen – Keine Mitfinanzierung exorbitanter Ge- hälter durch die Allgemeinheit – Steuer- liche Abzugsfähigkeit eingrenzen – Entwurf eines Gesetzes über Kapitalgesell- schaften mit kommunaler Beteiligung (Tagesordnungspunkte 7 a bis 7 c) Dr. Stephan Harbarth (CDU/CSU): Die Schweiz at sich in einer Volksabstimmung für eine strengere egelung der Gehälter von Managern ausgesprochen. ieses Votum hat auch bei uns in Deutschland eine iskussion ausgelöst, die vor allem etwas mit dem Ge- chtigkeitsempfinden der Menschen zu tun hat. Mit der Neufassung von § 120 Abs. 4 des Aktienge- etzes liegt ein Vorschlag der Koalitionsfraktionen zur euregelung der Vorstandsvergütung auf dem Tisch, der ehr Transparenz und mehr Eigentümerverantwortung orsieht. Im Gegensatz zu den Vorschlägen der Opposi- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32335 (A) ) )(B) tionsfraktionen handelt es sich bei unserem Vorschlag um ein Konzept, das vorhandene Ansätze weiterentwi- ckelt, ohne auf Bevormundung zu setzen. Die von den Koalitionsfraktionen vorgelegte Rege- lung knüpft an das bisher im Aktiengesetz vorgesehene „Say on Pay“ an. Sie verbessert die Möglichkeiten zur Kontrolle der Vorstandsvergütung und verbessert die Position der Eigentümer. Mit der neuen Regelung in § 120 Abs. 4 des Aktien- gesetzes wird der Aufsichtsrat, soweit es sich um das Vorstandsvergütungssystem und die erreichbaren Höchstbezüge handelt, an die Billigung durch die Haupt- versammlung, also die Aktionäre, gebunden. Die bishe- rige Regelung eines freiwilligen und unverbindlichen „Say on Pay“ entwickeln wir im neu zu fassenden § 120 Abs. 4 des Aktiengesetzes zu einer zwingenden und bin- denden Billigung durch die Hauptversammlung weiter. Die vorgeschlagene Neuregelung sieht zwei wesentli- che Änderungen gegenüber der bisher geltenden Rechts- lage vor: Zum einem wird der Aufsichtsrat gegenüber der Hauptversammlung zu einer jährlichen Vorlage des Vergütungssystems einschließlich der erreichbaren Höchstbezüge verpflichtet, zum anderen ist das Votum der Hauptversammlung über das vorgelegte Vergütungs- system für den Aufsichtsrat bindend. Mit dieser Regelung ist gewährleistet, dass die Haupt- versammlung in die Entscheidungen über die Vergü- tungsstrukturen stärker eingebunden wird. Durch die Befassung der Hauptversammlung mit dem System der Vorstandsvergütung wird ein eigenes Entscheidungs- recht der Aktionäre geschaffen. Neu ist aber nicht nur, dass die Regelung zwingend ausgestaltet ist, sondern auch, dass der Aufsichtsrat der Hauptversammlung feste Höchstbeträge zu nennen hat. Es ist also nicht ausrei- chend, dass der Hauptversammlung nur ein abstraktes Vergütungssystem vorgelegt wird. Die Vorlage des Ver- gütungssystems muss sich auch darauf erstrecken, dass für die Eigentümer erkennbar ist, welche maximalen Be- träge für die Vorstandsmitglieder bei dem vorgelegten Vergütungssystem erzielbar sind. Wird das vom Aufsichtsrat vorgelegte Vergütungssys- tem von der Hauptversammlung nicht gebilligt, hat dies auf die Wirksamkeit der bereits bestehenden Vorstands- verträge keinen Einfluss. Dies ist für die Unternehmen in der Praxis wichtig, weil es nicht akzeptabel wäre, wenn rechtsgültige Verträge mit Vorstandsmitgliedern unwirk- sam würden und es dadurch zu Rechtsunsicherheit für die Unternehmen käme. Gemäß § 120 Abs. 4 des Aktiengesetzes wird eine Anfechtungsklage gegen Billigungsbeschlüsse der Hauptversammlung ausgeschlossen, weil die Frage des Vergütungssystems und der Höhe der Vorstandsvergü- tung letztlich von den hierzu berufenen Gesellschaftsor- ganen und nicht von Gerichten, die unter Umständen massenhaft mit derartigen Klagen überzogen würden, entschieden werden sollen. w b A a b g k h o D w s B g M n U p n s a E v b c a a T tr tr c s S U B ru fü li H s fü u g P D h S g s (C (D Die von den Oppositionsfraktionen vorgeschlagenen eitreichenden Eingriffe in die Selbstbestimmung örsennotierter Aktiengesellschaften lehnen wir ab. Die bzugsfähigkeit von Vorstandsvergütungen als Betriebs- usgaben einzuschränken, würde die Gesellschaftsorgane evormunden und wäre überdies im Hinblick auf die all- emeinen Regelungen über die steuerliche Abzugsfähig- eit systemwidrig. Die Opposition schlägt vor, die steuerliche Abzugsfä- igkeit von Vorstands- und sonstigen Managergehältern berhalb von 500 000 Euro pro Jahr einzuschränken. ies würde eine systemwidrige Regelung darstellen. So ürde etwa für diejenigen Unternehmen, die Spitzen- portler, Popstars, Künstler usw. unter Vertrag haben, die egrenzung der steuerlichen Abzugsfähigkeit nicht elten. Diese Unternehmen könnten auch weiterhin illionengehälter ihrer Angestellten oder Vertragspart- er in vollem Umfang steuerlich absetzen. Eine solche ngleichbehandlung wäre auch verfassungsrechtlich roblematisch. Die von der Koalition vorgelegte Neuregelung, die icht auf die Bevormundung börsennotierter Aktienge- ellschaften und ihrer Organe durch den Staat, sondern uf die Verbesserung der innergesellschaftlichen ntscheidungsabläufe setzt, wird erstmalig für Haupt- ersammlungen gelten, die nach dem 1. Januar 2014 ein- erufen werden. Hinsichtlich der weiteren Änderungen aktienrechtli- her Vorschriften möchte ich § 394 des Aktiengesetzes nsprechen. Hier regeln wir jetzt ausdrücklich, dass der uf Rechtsgeschäft beruhenden Berichtspflicht in extform nachgekommen werden muss. Auch hierdurch agen wir der Rechtssicherheit Rechnung. Im Übrigen möchte ich auf den Entschließungsan- ag der Koalitionsfraktionen auf Bundestagsdrucksa- he 17/14239 hinweisen. Darin senden wir an den Ge- etzgeber der nächsten Wahlperiode unter anderem das ignal, dass hinsichtlich des aktienrechtsbezogenen mwandlungsrechts Reformbedarf besteht. Auch für die nächste Legislaturperiode verbleiben im ereich des Unternehmensrechts mithin Herausforde- ngen. Lothar Binding (Heidelberg) (SPD): Wir setzen uns r den Mindestlohn ein, einen Lohn, mit dem es mög- ch sein soll, sein Leben zu gestalten. Einige hier im aus, die FDP zum Beispiel, aber auch CDU und CSU, ind gegen den Mindestlohn. Gleichzeitig setzen wir uns r die Begrenzung der Managergehälter ein. FDP, CDU nd CSU sind auch dagegen. Die absurden Ablehnungs- ründe für beide Vorschläge kennen Sie. Wir haben schon so viel reguliert: Banken, Märkte, rodukte, sogar die Höhe und Qualität von Eigenkapital. as Verhalten jener, die sich überproportional, unver- ältnismäßig, manchmal unverschämt bedienen – in elbstbedienung –, haben wir noch nicht wirksam gere- elt, obwohl es gerade die Fehlanreize sind, die zu Fehl- teuerungen führen. 32336 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 (A) ) )(B) Wenn ein Bonus besonders hoch ausfällt, wenn die Fehlleistung besonders gravierend ist, wird es Zeit, sich darum zu kümmern. Wenn Menschen, die exorbitante Risiken eingehen, damit sie exorbitante Boni erhalten, im Versagensfall darauf hoffen können, dass die Steuer- zahlerinnen und Steuerzahler die Wirkungen der Fehl- leistung bezahlen, die Boni aber ganz privat eingestri- chen werden, wird es Zeit, sich darum zu kümmern. Wenn das durchschnittliche Einkommen in Deutschland bei unter 30 000 Euro pro Jahr liegt, also sehr viele Men- schen mit einem sehr viel geringeren Einkommen pro Jahr auskommen müssen, Spitzeneinkommen gleichzei- tig bei über 40 000 Euro pro Tag liegen, wird es Zeit, sich darum zu kümmern. Deshalb wollen wir uns darum kümmern. Es ist mög- lich, dass solch hohe Einkommen von den Arbeitgebern als gerechtfertigt angesehen werden. Das ist ihr gutes Recht. Aber dann sollen sie die Gehälter auch vollstän- dig bezahlen. Damit folgt die Überlegung, die Abzugsfä- higkeit von Vorstandsvergütungen als Betriebsausgabe zu begrenzen; denn andernfalls – so ist es heute noch – müssen sich die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler nicht nur um die Folgen der Fehlentscheidungen und Fehlleistungen – zum Beispiel durch die Rettung der Banken – kümmern, sondern sie müssen auch noch Teile der Vergütungen, sei es nun das sogenannte Grundgehalt oder seien es die Boni für besondere Fehlleistungen bzw. Leistungen, bezahlen. Wir wollen die Anreize erhöhen, Vorstände bei der Leitung des Unternehmens explizit auf das Wohl des Unternehmens – insbesondere seiner Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie der Aktionärinnen und Aktio- näre – und auf das Wohl der Allgemeinheit zu orientie- ren. Hinsichtlich der Fehlanreize durch steuerliche Förde- rung von überhöhten Vergütungen wollen wir § 76 Abs. 1 AktG derart ändern, dass die steuerliche Absetz- barkeit von Vorstands- und sonstigen Managergehältern einschließlich Boni und von Abfindungen als Betriebs- ausgaben auf 500 000 Euro und maximal 50 Prozent der Beträge, die 500 000 Euro übersteigen, begrenzt wird. Man könnte auch komplett auf den Betriebsausgabenab- zug der Beträge, die 500 000 Euro übersteigen, verzich- ten. Sie merken, dass wir auf einen Kompromiss mit der Regierungskoalition zielen. Darüber hinaus wollen wir Vorstandsgehälter begren- zen. Der Aufsichtsrat soll eine Höchstgrenze für das Ver- hältnis zwischen der Gesamtvergütung der einzelnen Vorstandsmitglieder und dem durchschnittlichen Arbeit- nehmereinkommen des jeweiligen Unternehmens bestimmen. Damit wird eine im Unternehmen als fair empfundene Relation zwischen den Einkommen im Ma- nagement und bei den Arbeitnehmern hergestellt. Es wird die Frage zu beantworten sein, ob es gerechtfertigt ist, dass ein Manager in einem Jahr mehr verdient, als die Arbeitnehmer in ihrem gesamten Leben nicht verdie- nen können. Wir wollen auch eine Verstetigung der Erfolgskon- trolle. Nicht der nächste 90-Tage-Bericht soll Maßstab für den Erfolg sein. Wir wollen eine vierjährige Bemes- s V d ti n tu a n G g s ta d v e li m d ih m ri fü g A v re a L d b s g W d H B S w fü E o p A fe la w b tu w (C (D ungsgrundlage für mindestens 30 Prozent der variablen ergütungsbestandteile der Vorstandsbezüge. So wird er Erfolg, die Qualität des Managements, an längerfris- gen sozialen, gesellschaftlichen, ökologischen und achhaltig ökonomischen Kennziffern orientiert. Sicher kann, darf und muss es bezogen auf die Leis- ng, die Ausbildung, das Engagement und auch die Ver- ntwortung, die jemand trägt – für sich, für seine Arbeit- ehmer und Arbeitnehmerinnen und nicht zuletzt für die esellschaft und unsere Volkswirtschaft –, Unterschiede eben. Die Frage ist: Wie groß muss und darf der Unter- chied sein? Mit unseren Vorschlägen schaffen wir ein Instrumen- rium, um diese Frage angemessen und unternehmens- ienlich zu beantworten und gleichzeitig Fehlanreize zu ermeiden oder zu vermindern. Wir wollen künftig vermeiden, was es fünf Jahre nach iner der schwersten Krisen noch immer gibt, dass näm- ch Topmanager und Topführungskräfte nach wie vor it einem ausgezeichneten Einkommen belohnt werden, ie zum Teil mit unüberlegt spekulativen Investments re variablen Vergütungen nach oben getrieben und da- it nicht unerheblich zu den Krisen in der Finanzindust- e beigetragen haben. Ich vermute, dass der Anteil der Friseurin daran, die r weniger als 4 Euro die Stunde zu arbeiten hat, eher ering gewesen sein wird, und wir müssen nur wenig ngst haben, dass es mit einem Mindestlohn in Höhe on 8,50 Euro oder sogar etwas darüber große Fehlan- ize für die Friseurin geben wird. Noch ein Wort zum Vorschlag der Koalition: Die Ko- litionsfraktionen setzen sich in den letzten Tagen ihrer egislaturperiode – vermutlich auch mit einem Blick auf ie deutlich näher rückenden Wahlen – dafür ein, dass ei Aktiengesellschaften der Einfluss der Hauptver- ammlung auf die Festlegung von Vorstandseinkünften estärkt werden soll. Dann muss man sich doch fragen: as soll das bewirken? Was soll das ändern? Wem wäre amit geholfen? Wir müssen uns nur einmal anschauen, wer in den auptversammlungen sitzt: institutionelle Anleger und anken. Um mit Ulrich Thielemann, der kürzlich die chweizer Pläne kommentiert hat, zu sprechen: Damit ird dem Fuchs der Hühnerstall anvertraut. Nach unseren Vorstellungen sollen die Aufsichtsräte r die Festsetzung der Gehälter zuständig sein und ihre ntscheidungen an den Interessen des Allgemeinwohls rientieren. Während Ihr Vorschlag die Mitbestimmung raktisch ausschaltet, wollen wir die Mitbestimmung im ussichtsrat durch unsere Vorschläge stärken. Mit unseren Vorschlägen werden Maßstäbe geschaf- n, an denen sich das Verhalten des Einzelnen messen ssen muss: an der Gemeinschaft, in der er lebt und irkt, an den Zielen des Gesamtunternehmens, der Ar- eitnehmer, der Kunden, der ökologischen Verantwor- ng. Das ist ein guter Schritt in Richtung soziale Markt- irtschaft, der dazu beiträgt, dass sich auch Topmanager Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32337 (A) ) )(B) hin und wieder überlegen und ernsthaft prüfen, ob sie verdient haben, was sie am Ende bekommen. Dies ist meine letzte Rede in dieser Legislaturperiode. Deshalb bedanke ich mich bei Ihnen für die gute Zusam- menarbeit. Ich danke den Stenografinnen und Stenografen für ihre ungeheuer gute Arbeit und auch den vielen hilfrei- chen Händen, ohne die wir diesen Betrieb nicht aufrecht- erhalten könnten. Allen wünsche ich einen schönen Sommer und einen guten Wahlkampf mit dem richtigen Ergebnis am 22. September 2013. Burkhard Lischka (SPD): Jahr für Jahr ergießt sich ein millionenschwerer Geldregen über unsere sogenann- ten Topmanager. Verdiente der Vorstand eines deutschen DAX-Unternehmens in den 80er-Jahren im Schnitt eine halbe Million Euro, so bekommt er heute 5 Millionen, also das Zehnfache. Die Gehälter der Arbeitnehmerin- nen und Arbeitnehmer sind demgegenüber nur um ein Sechstel gewachsen. Gleichzeitig arbeiten 6,8 Millionen Menschen für weniger als 8,50 Euro die Stunde, 1,4 Mil- lionen sogar für weniger als 5 Euro. Wenn wir im Rahmen unserer heutigen Debatte auch über die Begrenzung von Managergehältern debattieren, dann geht es dabei nicht um Neid. Es geht um Anstand. Minilöhne und Maxivergütungen passen nicht zum Modell der sozialen Marktwirtschaft. Das ist der Kern unserer heutigen Debatte: dass wieder Anstand, Fairness und Leistungsgerechtigkeit Leitschnur unserer Topeta- gen der Wirtschaft werden. Darum geht es. Es gehört ja zu den Kernsätzen von Schwarz-Gelb, dass sich „Leistung wieder lohnen muss“. Nur, liebe Kolleginnen und Kollegen von Union und FDP, das sollte dann auch für alle gelten. Es ist eben nicht in Ordnung, wenn einzelne Manager durch ihre Fehlent- scheidungen Milliardenverluste produzieren und dann fürs Nichtstun mit einem goldenen Millionenhandschlag nach Hause geschickt werden. Es ist nicht in Ordnung, wenn Investmentmanager trotz Rekordverlusten ihrer Bank millionenschwere Boni einklagen, während andere jede Woche 40 Stunden hart arbeiten und sich anschließend beim Jobcenter in die Schlange stellen müssen, um sich ihre Miete bezahlen zu lassen. Die Kanzlerin hat ja durchaus recht, wenn sie meint, das alles „untergrabe das Vertrauen der Menschen in das soziale Gleichgewicht“ unseres Landes. Aber wenn diese Gehaltsexzesse zum Himmel stinken, dann reicht es eben nicht aus, nur die Nase zu rümpfen, son- dern dann muss man auch wirksam etwas gegen diesen Gestank tun. Wenn hier etwas aus den Fugen geraten ist, dann hat Politik nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht, korrigierend einzugreifen. Denn es geht hier schlicht und einfach um das Selbst- verständnis der sozialen Marktwirtschaft, dass es nicht sein kann, dass Millionen Menschen mit einem Hunger- lohn nach Hause geschickt werden, während sich Ein- kommen und Vermögen in den Händen einiger weniger k z g u s d te n z g ih d d d z z S g d tu fe te M je s z F L d ru D R z u te v a e B S b d d g b s g d d g d re e R (C (D onzentriert. Das entspricht nicht unserer Idee einer so- ialen Marktwirtschaft. Ein ernstes Thema. Aber was macht diese schwarz- elbe Regierung? Sie kommt mit einer Wahlkampfente m die Ecke und verabreicht ein Placebo: Die Hauptver- ammlung soll künftig über die Vorstandsgehälter befin- en. Der Haken dabei: In den Hauptversammlungen hal- n die Fonds und Konzerne die dicken Aktienpakete, icht die Kleinaktionäre. Sie machen hier also den Bock um Gärtner. Sie glauben doch nicht ernsthaft, dass aus- erechnet die Hedgefonds und Konzerne die Gehälter rer Manager deckeln. Ein vollkommen absurder Ge- anke. Was wir stattdessen brauchen, ist eine Begrenzung er steuerlichen Abzugsfähigkeit von Managergehältern, amit nicht Steuerzahler diese Exzesse noch mitfinan- ieren müssen. Wir brauchen eine zwingende Herabset- ung von Bonizahlungen, wenn sich die wirtschaftliche ituation des Unternehmens verschlechtert, damit Mana- er auch wieder das Gefühl bekommen, dass ihre über- urchschnittlichen Gehälter auch etwas mit Verantwor- ng für das Unternehmen zu tun haben. Wir brauchen ste Relationen zwischen den Einkommen der Mitarbei- r eines Betriebes und den im Unternehmen gezahlten anagergehältern, die eine verbindliche Obergrenze für de einzelne Vorstandsvergütung darstellen. Wir müs- en weg von der kurzfristigen Gewinnmaximierung hin um langfristigen Unternehmenserfolg. Anstand, airness und Leistungsgerechtigkeit müssen wieder eitschnur auch der Chefetagen unserer Wirtschaft wer- en. Aber dies umzusetzen, damit ist diese Bundesregie- ng offensichtlich überfordert. Oder schlimmer noch: azu ist sie nicht bereit. Marco Buschmann (FDP): Wir legen Ihnen als echtspolitiker der Koalition den Entwurf des Gesetzes ur Verbesserung der Kontrolle der Vorstandsvergütung nd zur Änderung weiterer aktienrechtlicher Vorschrif- n zur Schlussabstimmung vor. Er enthält ein Bündel on Maßnahmen, um das bewährte deutsche Aktienrecht uf die Höhe der Zeit zu heben. Was meine ich damit? Wir leben in einer Zeit der Verschuldung, und das ist ine Gefahr. Die Staaten haben zu hohe Schulden. Die anken und auch andere Unternehmen haben zu hohe chulden oder, im Umkehrschluss ausgedrückt, sie ha- en zu wenig Eigenkapital. Daher verbessern wir mit em vorliegenden Gesetzentwurf die Möglichkeiten eutscher Aktiengesellschaften, ihre regulatorische Ei- enkapitalbasis zu stärken. Namentlich geschieht dies ei den Finanzierungsinstrumenten der stimmrechtslo- en Vorzugsaktien und den Wandelschuldverschreibun- en. Hier haben wir am guten Gesetzentwurf der Bun- esregierung noch kleinere Korrekturen vorgenommen, ie im Rahmen der Sachverständigenanhörung dazu an- eregt worden sind. Wir entwickeln das Aktienrecht weiterhin zum Schutz er Gesellschaft vor sogenannten räuberischen Aktionä- n fort. Damit sind Klagen von Aktionären gemeint, die rkennbar nicht dem Ziel dienen, sich gegen eine echtsverletzung zu wehren, um eigenen Schaden abzu- 32338 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 (A) ) )(B) wenden, sondern um der Gesellschaft mittels Klage eine Lästigkeitsprämie abzuhandeln, zum Schaden der Ge- sellschaft, der übrigen Aktionäre und bisweilen auch des Rechtsverkehrs. Hier hat der Gesetzgeber bereits im Rahmen der Gesetzespakete UMAG und ARUG gehan- delt. Wir schließen nun noch eine Lücke im Bereich der sogenannten nachgeschobenen Nichtigkeitsklagen. Last, but not least greifen wir die Sorge der Bevölke- rung auf, dass möglicherweise in den Vorstandsetagen deutscher Aktiengesellschaften eine Art Selbstbedie- nung bei der Vergütung stattfinden könnte. Unsere Lö- sung heißt hier Transparenz und Eigentümerverantwor- tung. Künftig muss der Aufsichtsrat sein Modell zur Vorstandsvergütung der Hauptversammlung, also den Eigentümern, zwingend vorlegen und ein bindendes Vo- tum dazu einholen. Die Eigentümer wiederum haben das größte Interesse daran, dass Leistung des Vorstandes und seine Vergütung in einem angemessenen Verhältnis ste- hen; denn wenn auf schlechte Vorstandsleistung hohe Vergütung folgt, dann schadet das dem Vermögen der Eigentümer. Zugleich sichert dieses Modell das be- währte Dreieck der deutschen Aktiengesellschaft aus Hauptversammlung, Aufsichtsrat und Vorstand. Auch die Arbeitnehmerseite bleibt über ihre Mitwirkung im Aufsichtsrat fest in die Entwicklung des Vergütungsmo- dells eingebunden. Zugleich entsteht aber über die Be- handlung des Vergütungsmodells auf der Hauptver- sammlung mehr Öffentlichkeit und durch das bindende Votum mehr Rechtfertigungsdruck. Alles in allem greift das vorliegende Gesetz also die Fragen der Zeit an das deutsche Aktienrecht auf und be- antwortet diese überzeugend. Daher werbe ich um Zu- stimmung für dieses gute Gesetz. Richard Pitterle (DIE LINKE): Die Linke ist, wie Sie unserem am 16. Juni 2013 beschlossenen Bundes- tagswahlprogramm „100 Prozent sozial“ entnommen haben, für die Förderung von kleinen und mittleren Unternehmen und für Bürokratieabbau. Sie setzt sich für den Schutz der Schwachen, der Unerfahrenen ein: Hierzu zählen beispielsweise Existenzgründer, Klein- und Kleinstunternehmerinnen und -unternehmer. Wenn man ihnen mit der Erfüllung ihrer Buchfüh- rungspflichten, § 238 HGB, viel Zeit lässt – in diese Richtung geht Ihr Gesetzentwurf mit der geplanten Senkung der Ordnungsgelder –, erweist man ihnen damit einen Bärendienst. Denn spätestens in der Insolvenz drohen harte Konsequenzen: Verletzungen der Pflichten bei Buchführung oder Bilanzierung, hierzu zählen auch Fristversäumnisse, werden mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, § 283 b Abs. 1 Ziffer 3 b StGB. Diese Gefahr besteht besonders bei Kapitalgesell- schaften. Es ist so leicht geworden, als Existenzgründer oder Kleinunternehmerin und -unternehmer eine Kapitalgesellschaft zu gründen, mit der die persönliche Haftung für die Schulden des Unternehmens verhindert werden kann. Doch gerade wegen der Haftungsbe- schränkung muss man hier besonders auf die Einhaltung aller Pflichten achten, um nicht in die Gefahr zu geraten, d m w In s s u u G fe n B e h Z e d te a g n P B D lu U n k fü U ü n s s e U u w im li B h N re S im g w ß d h d A B (C (D och unvermittelt privat für die Schulden des Unterneh- ens zu haften. Denn bei einer Kapitalgesellschaft ist egen des festen Grundkapitals tendenziell viel früher solvenz anzumelden als bei einer Personengesell- chaft. Mein zweiter Kritikpunkt, über den ich heute Abend prechen will, ist Ihre Ungleichbehandlung von Klein- nd mittelständischen Unternehmen auf der einen Seite nd Großunternehmen auf der anderen Seite. Wenn roßunternehmen zwar rechtzeitig ihre Bilanzen veröf- ntlichen, diese aber falsch sind, hat das keine Sanktio- en zur Folge. Wenn ein Unternehmen jedoch verspätet ilanzzahlen veröffentlicht, die aber korrekt sind, wird s bestraft und muss zahlen. Diese unterschiedliche Be- andlung passt für mich nicht zusammen. Denn falsche ahlen halte ich für wesentlich schlimmer als verspätet ingereichte korrekte Bilanzzahlen. Mit dieser Einschätzung stehen wir nicht allein: Auch ie Wertpapieraufsichtsbehörde in den USA, die SEC, ilt unsere Meinung und legt Unternehmen hohe Strafen uf, die ihre Bilanz nachträglich korrigieren müssen. Es eht hier übrigens nicht um Randfälle. Immerhin sind ach den langjährigen Erfahrungen der Deutschen rüfstelle für Rechnungslegung rund 25 Prozent der ilanzen kapitalmarktorientierter Unternehmen in eutschland falsch. Die gravierende Ungleichbehand- ng bei Fehlern von Klein- und mittelständischen nternehmen im Vergleich zu Fehlern von Großunter- ehmen zeigt einmal mehr, wer Interessenvertreter der leinen und mittelständischen Unternehmen ist und wer r die Interessen der Großunternehmen eintritt. Wäre es nicht konsequenter, statt Ordnungsgelder für nternehmen zu verlangen, die die Offenlegungsfrist berschritten haben, die säumigen Unternehmen in ei- em Register zu erfassen, das öffentlich zur Verfügung teht? Damit wird nicht nur Transparenz geschaffen, ondern auch eine wichtige Schutzfunktion für alle rfüllt: Jeder Lieferant und jeder Kunde weiß, wie das nternehmen mit seinen gesetzlichen Verpflichtungen mgeht und der betreffende Unternehmer weiß, dass alle issen, dass er seiner Pflicht zur Rechnungslegung mer noch nicht nachgekommen ist. Mit dieser Öffent- chkeit kann mehr Druck aufgebaut werden, rechtzeitig ilanzen offenzulegen, als mit der nichtöffentlichen Ver- ängung von niedrigen Ordnungsgeldern. Dr. Thomas Gambke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- EN): Die vorliegende Aktienrechtsnovelle verdient ih- n Namen eigentlich nicht. Es ist ein unvollständiges tückwerk, das wesentliche aktuelle Diskussionspunkte Aktienrecht gar nicht oder nur unzureichend auf- reift. Wir Grünen sagen: So einem Stückwerk können ir nicht zustimmen. Kommen wir zu einer zentralen Debatte, die mit gro- er Heftigkeit geführt wird: der Frage der Gehälter und er Bonuszahlungen an Manager. Vielfach ist darauf ingewiesen worden, dass die auf kurzfristige Gewinne er Bankinstitute abzielenden Bonusvereinbarungen für ngestellte der Banken, aber auch für die Vorstände wie randbeschleuniger in einem viel zu unregulierten Fi- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32339 (A) ) )(B) nanzmarkt gewirkt haben. Das hat auch auf die klassi- schen Branchen abgefärbt. Die Ausrichtung von Ent- scheidungen am nächsten Quartalsergebnis und nicht am nachhaltigen – also langfristigen – Erfolg des Unterneh- mens waren die Folge. So werden häufig in Unternehmen oft kurzfristige Er- folge mit hohen Boni belohnt; Misserfolge hingegen können auf die Allgemeinheit verlagert werden. Zudem sind die Vergütungen der Vorstände in den vergangenen Jahren nicht nur absolut, sondern auch in Relation zu den Vergütungen der Beschäftigten erheblich gestiegen. Viele Unternehmen zahlen ihren Vorstandsmitgliedern das über 100-Fache des durchschnittlichen Facharbeiter- lohnes. Es kann nicht nur um den sogenannten Markt- wert gehen. Das Verhältnis zwischen Vergütung und per- sönlicher Leistung muss in einer vernünftigen Relation stehen. Die Selbstverpflichtungen und bestehenden Re- gelungen zur Angemessenheit von Vorstandsvergütun- gen haben bisher keine Verhaltensänderung ausgelöst. Im Gegenteil, die Vergütungen steigen weiter an. Die Koalition versucht im Rahmen der Aktienrechts- novelle das Thema der exorbitanten Mangergehälter durch einen sehr schwachen Vorschlag abzuräumen. Das eigentliche Problem überhöhter Gehälter und Fantasie- abfindungen wird so nicht geheilt. Die schwarz-gelbe Koalition schlägt vor, dass die Hauptversammlung über das Vergütungssystem für Vorstände entscheidet, wel- ches vom Aufsichtsrat entwickelt wird. Zwar würde diese Regelung die grüne Forderung nach Stärkung der Eigentümerrechte durch Mitbestimmungsrechte im Rah- men der Hauptversammlung aufgreifen. Allerdings birgt der Vorschlag die Gefahr von unklaren Verantwortlich- keiten zwischen der Hauptversammlung und dem Auf- sichtsrat und stellt das Prinzip der Haftung des Auf- sichtsrats infrage. Um ein Signal gegen unverhältnismäßige Managerge- hälter zu setzen, schlagen wir daher vor, die steuerliche Abzugsfähigkeit von Vorstandsgehältern einzuschrän- ken: bei Abfindungen eine Begrenzung auf 1 Million Euro pro Kopf, wobei wir darauf achten müssen, Gestal- tungsmöglichkeiten wie zum Beispiel über Übergangs- gelder oder Aktienoptionen zu verhindern. Bei Gehäl- tern fordern wir eine Begrenzung der Abzugsfähigkeit von 500 000 Euro jährlich pro Kopf, welche für alle fi- xen und variablen Gehaltsbestandteile gilt. Um es klar zu sagen: Das ist kein Eingriff in die Vertragsfreiheit. Genauso wie der Fiskus eine Luxuskarosse oder eine Jacht nicht als ein steuerabzugsfähiges Verkehrsmittel anerkennt, sollen auch unverhältnismäßige Abfindungen und Gehälter nicht vom Steuerzahler durch ihre Abzugs- fähigkeit unterstützt werden. Wir Grünen fordern zudem, dass nicht nur die Vor- standsgehälter transparent gemacht werden, sondern auch das Verhältnis der Vorstandsgehälter zum oberen Führungskreis und der gesamten Belegschaft. Zudem soll bei der Vergütung des Vorstands dieses Verhältnis zwingend berücksichtigt werden. Die Arbeitnehmer-Ma- nagement-Einkommen-Relation ist bereits im Corporate Governance Kodex aufgenommen. Es zeigt sich aber immer wieder, dass diese freiwilligen Verpflichtungen w p d a d V b h g la V n p li b m A d g ro w m G c fe e s s s k fü L b in a fü m ra w h s n e d p c b K v d le B e d w (C (D irkungslos bleiben. Deshalb müssen sie gesetzlich ver- flichtend vorgeschrieben werden. Die Veröffentlichung es Vergütungsverhältnisses soll im Anhang des Jahres- bschlusses der Gesellschaft erfolgen. Neben der Einschränkung der Abzugsfähigkeit und er Transparenz des Vergütungsverhältnisses zwischen orstand und Facharbeiter wollen wir flexible Gehalts- estandteile begrenzen; das heißt, das Gesamtgehalt soll öchstens zu einem Viertel variabel, also an den Erfolg eknüpft sein. Zudem sollten die Erfolgsbeteiligungen ngfristig orientiert sein. Die persönliche Haftung von orstandsmitgliedern wollen wir strikter regeln. Neben dem Bereich der Managergehälter ist uns Grü- en bei der Aktienrechtsnovelle das Thema Berichts- flichten gegenüber Gebietskörperschaften und Öffent- chkeit von Aufsichtsratssitzungen sehr wichtig: Wir rauchen eine Demokratisierung öffentlicher Unterneh- en. Insbesondere auf kommunaler Ebene kommen ufsichtsratsmitglieder, die ihrer Fraktion im Gemein- erat berichten, in den Konflikt mit dem Strafrecht we- en potenziellen Geheimnisverrates bezüglich des kont- llierenden kommunalen Unternehmens. Außerdem erden immer mehr Aufgabenbereiche vor Ort in kom- unale Unternehmen verlagert und der Kontrolle des emeinde- oder Stadtrates entzogen. Auch hier brau- hen wir mehr Transparenz. Bei der Transparenz von Aufsichtsratssitzungen öf- ntlicher Unternehmen hat die Koalition Angst vor der igenen Courage gehabt. Im Referentenentwurf fanden ich dazu noch gute Ansätze, die aber alle wieder einkas- iert wurden. Im Bereich der öffentlichen Daseinsvor- orge, wo es um Trinkwasser, Energie und den Nahver- ehr geht, hat jedoch Transparenz eine hohe Bedeutung r die Bürgerinnen und Bürger. Öffentlich erbrachte eistungen müssen politisch steuerbar und kontrollierbar leiben, auch wenn sie von kommunalen Unternehmen privatrechtlicher Form erbracht werden. Deshalb fordern wir in unserem Änderungsantrag uch die teilweise Öffnung von Aufsichtsratssitzungen r die Öffentlichkeit und wollen die Kommunen er- ächtigen, die Verschwiegenheitspflicht der Aufsichts- tsmitglieder zu beschränken. In den Anhörungen urde von Praktikern der Kommunalpolitik ganz klar erausgestellt, wie wichtig die Rechtssicherheit in die- em Fall ist. Wer als Aufsichtsratsmitglied dem Kommu- alparlament berichten soll, darf nicht Gefahr laufen, mit inem Bein vor Gericht zu stehen. Hier wäre es notwen- ig gewesen, die Einschränkung der Verschwiegenheits- flicht und die Öffentlichkeit per Satzung zu ermögli- hen. Nur so lässt sich kommunaler Klüngel wirksam ekämpfen, und nur so kann die örtliche Presse ihre ontrollfunktion vor Ort ausüben. Die Aktienrechtsno- elle in dieser Form ist eine verpasste Gelegenheit für ie ehrenamtlichen Ratsmitglieder aller Parteien. Ich könnte als ehemaliges Mitglied eines kommuna- n Aufsichtsrates dieses Thema sehr konkret an einem eispiel erläutern, kann dies aber aufgrund der mir auf- rlegten Vertraulichkeit nicht tun. Hier wäre wirklich ringender Handlungsbedarf gegeben. Es ist unverant- ortlich, dass die Koalition hier die notwendige Demo- 32340 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 (A) ) )(B) kratisierung nicht vorangetrieben hat, und das in Zeiten, in denen von Stuttgart 21 bis zum Netzausbau wichtige Projekte an fehlender Transparenz und darin begründeter fehlender Bürgerakzeptanz leiden. Es ist immer wieder erschreckend, wie die schwarz- gelbe Koalition ihre Verantwortung für eine notwendige Weiterentwicklung der gesetzlichen Grundlagen unseres Staatswesens vermissen lässt. Auch mit dieser Aktien- rechtsnovelle wird die fehlende Werteorientierung der schwarz-gelben Koalition wieder offenkundig. Anlage 20 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts zu den Anträgen: – Kooperativen Bildungsföderalismus mit ei- nem neuen Grundgesetzartikel stärken – Kooperationsverbot in der Bildung unver- züglich aufheben – Bildungsverantwortung gemeinsam wahr- nehmen – Gemeinsam für gute Schulen und Hochschu- len sorgen – Kooperationsverbot von Bund und Ländern in der Bildung abschaffen – Kooperation ermöglichen – Gemeinsam Ver- antwortung für die großen Herausforderun- gen in Bildung und Wissenschaft überneh- men – Gemeinsam für gute Bildung und Wissen- schaft – Grundgesetz für beide Zukunftsfel- der ändern (Tagesordnungspunkt 14) Monika Grütters (CDU/CSU): Ich bin froh, dass wir auch in der letzten Sitzungswoche der 17. Legislaturpe- riode die Möglichkeit haben, über Bildung und For- schung zu diskutieren. Mir hätte sonst auch echt etwas gefehlt, nicht nur wegen des freundlichen Kontaktes zu den Kollegen, sondern weil Wissenschaft und Bildung für die Zukunft unseres Landes schließlich von überra- gender Bedeutung sind. Es ist die christlich-liberale Bundesregierung, die die Förderung von Bildung und Forschung zum zentralen Ziel ihrer Politik gemacht hat. Wachstum, Bildung, Zu- sammenhalt haben CDU/CSU und FDP versprochen, und alle drei Versprechen haben wir gehalten. Was haben wir versprochen? Wir wollten in 4 Jahren 12 Milliarden Euro zusätzlich für Bildung und For- schung ausgeben. Was haben wir getan? Wir haben noch einen draufgesetzt und tatsächlich 13,3 Milliarden Euro in Bildung und Forschung investiert. Seit Angela Merkel Deutschland regiert, ist der Etat des Bildungsministeri- ums in acht Jahren Amtszeit um mehr als 80 Prozent an- gewachsen. Das entspricht einer Steigerung von mehr als 10 Prozent im Jahr. u S w m re 1 u h fü ja d 2 h is n 1 v s B L la B le a d n is s d a d in u n B z s w re z w s E P k w d H R (C (D Das ist verlässliche Politik, die klare Prioritäten setzt nd die Bedürfnisse der Menschen in den Blick nimmt. oziale Gerechtigkeit bedeutet eben nicht Umverteilung, ie die linke Seite dieses Hause fälschlicherweise im- er annimmt. Soziale Gerechtigkeit bedeutet vor allem Chancenge- chtigkeit. Deshalb geben wir allein in diesem Jahr 3,7 Milliarden Euro für Bildung und Forschung aus, m vielen jungen Menschen mehr Bildungs- und Teil- abechancen zu ermöglichen. Rot-Grün dagegen hatte r Bildung und Forschung in ihrem letzten Regierungs- hr 2005 gerade einmal 7,5 Milliarden Euro übrig. Während Rot-Grün in sieben Jahren dreimal im Bil- ungs- und Forschungsbereich gekürzt hat – 2000, 2003, 004 –, haben wir den Etat achtmal in Folge spürbar er- öht. Das sind die Zahlen, das ist die Wahrheit, und das t gut für die – jungen – Menschen. Wir haben es 500 000 jungen Menschen mehr als och 2005 ermöglicht, ein Studium aufzunehmen. 50 000 Studierende mehr als früher profitieren heute on BAföG und Stipendien. Der Bund jedenfalls nimmt eine Verantwortung für die gesamtstaatliche Aufgabe ildung vorbildlich wahr. Mit dem Hochschulpakt, dem Qualitätspakt für die ehre, den BAföG-Novellen, der Einführung des Deutsch- ndstipendiums, dem Ausbau der Förderung durch die egabtenförderungswerke und nicht zuletzt der Exzel- nzinitiative haben wir Impulse gesetzt und ein Signal n die jungen Menschen in unserem Land gesandt: Bil- ung lohnt sich. Wir laden Euch ein, Eure Chancen zu utzen. Ich verstehe, dass es nun schwierig für die Opposition t, hier noch Kritik zu üben. Schließlich haben wir ge- chafft, woran Sie gescheitert sind: Sie wollten die Stu- ienanfängerquote auf über 40 Prozent anheben, sind ber nie über 38 Prozent hinausgekommen. Jetzt liegt ie Quote bei fast 55 Prozent. Weil da kaum noch etwas übrig bleibt, bemühen Sie der vorletzten Plenarsitzung dieser Legislaturperiode nser großes Thema Föderalismus. Sie beklagen zu we- ige gemeinsame, langfristige Kooperationen zwischen und und Ländern und eine fehlende Bundesunterstüt- ung für Schulen. Dabei wissen Sie es besser: Die Bundesregierung hat ich in dieser Legislaturperiode mit einem Gesetzent- urf vom Mai 2012 dazu bekannt, dass sie sich im Be- ich der Hochschulen eine neue Kooperationskultur wischen Bund und Ländern wünscht, und gesagt, wie ir sie regeln würden. Alle Länder hätten unserem Vor- chlag, Art. 91 b Abs. 1 Nr. 2 Grundgesetz durch die infügung der Worte, dass der Bund „Einrichtungen und rojekte an den Hochschulen fördern“ kann, zustimmen önnen. Rot-Grün hat das im Bundesrat blockiert, angeblich, eil Sie die Geltung einer solchen Regelung auch auf en Schulbereich ausdehnen wollen. Dabei wissen Sie, err Gehring, Frau Sager, Herr Schulz und Herr ossmann, selbst ganz genau, dass Finanzhilfen des Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32341 (A) ) )(B) Bundes für die Schulen nur dann – auf eine Weise – die Zustimmung aller erhalten würden – insbesondere auch der rot-grün regierten Länder –, wenn das Geld unkon- trolliert direkt an die Finanzminister geht. Sie sagen das nie offen, sondern verstecken das gern hinter den „zusätzlichen Umsatzsteuerpunkten für die Bildung“. Eine gesetzliche Zweckbindung dieser Mittel für Bildung ist unmöglich, und das wissen Sie. Ich frage mich daher, ob Sie tatsächlich über diesen Umweg die Schulen beglücken wollen. Zweifel scheinen sehr ange- bracht. Dass mit dem Geld Straßen in Berlin geflickt werden, lieber Herr Schulz, dass, verehrter Herr Gehring, in NRW vielleicht endlich einmal ein verfassungsgemäßer Haushalt aufgestellt wird, dass in Hamburg, liebe Frau Sager, die Elbphilharmonie mit Bundesgeldern querfinan- ziert wird oder dass Bayern und Baden-Württemberg da- mit ihre Pensionslasten finanzieren: Das jedenfalls sind nach unserer Auffassung keine sinnvollen Investitionen in Bildung und Forschung. Wir sind jederzeit bereit, mit den Bundesländern über neue Möglichkeiten der Kooperation in Bildungsfragen zu reden. Für die Wissenschaft gab es schon einmal ei- nen Konsens zwischen Bund und Ländern. Den haben Sie leichtfertig und mutwillig verspielt, dem Wahlkampf geopfert. Eine neue Kooperationskultur, die einen Mehrwehrt für die Qualität der Bildungsangebote in unserem Land bringt, liegt auch uns am Herzen. Für den Umgang mit Mitteln aus dem Bildungsetat sollten wir uns bildungspolitische Ziele setzen und für eine neue Kooperationskultur sorgen, was ja in jeder Hinsicht eine ständige Herausforderung ist. Ewa Klamt (CDU/CSU): Meine letzte Rede im Deut- schen Bundestag möchte ich mit einem Dank beginnen, einem Dank an die Kolleginnen und Kollegen aller Frak- tionen für die gute Zusammenarbeit der letzten Jahre; denn wenn unsere Debatten auch meist strittig waren, so waren sie doch vom gemeinsamen Bestreben geprägt, die bestmöglichen Bedingungen für Kinder, Jugendliche und Studenten zu schaffen. In dieser Debatte darüber, wie eine Änderung des der- zeitigen Kooperationsverbotes zwischen Bund und Län- dern aussehen soll, werden die unterschiedlichen Vor- stellungen besonders deutlich. Von unserer Seite liegt den Ländern der Vorschlag einer Änderung von Art. 91 b Grundgesetz seit längerem vor. Unser Vor- schlag findet einen breiten Konsens in Wissenschaft und Gesellschaft, jedoch nicht bei den rot-grün bzw. grün-rot regierten Ländern. Diese haben in den Verhandlungen sehr unverhohlen ein Ziel verfolgt: Der Bund soll ohne jede Zweckbindung mehr Geld an die Länder transferie- ren. Genau dies fordert die SPD nun mit ihrem vorgeleg- ten Antrag, einen neuen Art. 104 c zu schaffen. Sie for- dern, dass den Ländern dauerhafte Finanzhilfen des Bundes für Bildung zugesichert werden und verbinden d B e s k d h u Ih s le F d N s d s A s B n b d d d re d w e d D ü A k g L g a M fe w ti e ra k ru G s s g a is F h (C (D ies mit der Forderung, dass dies erfolgen soll, „ohne die ildungshoheit der Länder einzuschränken“. Es ist mir in Rätsel, wie Sie diese Forderung mit Ihrem Selbstver- tändnis als Bundestagsabgeordnete in Einklang bringen önnen. Gerade Sie als Bundesbildungspolitiker können och nicht ernsthaft daran interessiert sein, dass wir er- ebliche Finanzmittel für Bildung an die Länder geben nd keinerlei Kontrolle über deren Verwendung haben. r Gestaltungsanspruch gerade als Bildungspolitiker ollte ein anderer sein. Die Erfahrung in anderen Bereichen hat uns doch idvoll gezeigt: Nie ist bei einem reinen Transfer von inanzmitteln vom Bund an die Länder gewährleistet, ass das Geld auch zweckgebunden eingesetzt wird. ehmen wir zum Beispiel den Ausbau der Kindertages- tätten: Gern nahmen die Länder die 4 Milliarden Euro es Bundes in Anspruch. Als die Länder jedoch Rechen- chaft ablegen sollten, dass das Geld tatsächlich in den usbau von Kitas gegangen ist, kam ein empörter Auf- chrei. Nachweise über den Verbleib der Gelder des undes? Fehlanzeige! Nachweis über den versproche- en Einsatz der eigenen 4 Milliarden Euro für den Aus- au? Fehlanzeige! Ebenso häufig haben wir erlebt, dass ie zusätzlichen Gelder des Bundes nicht für mehr Bil- ungsausgaben in den Ländern ausgegeben wurden, son- ern statt dessen die eigenen Finanzen im Bildungsbe- ich gesenkt wurden. Wir Unionspolitiker wollen unserem Auftrag als Bil- ungspolitiker auf Bundesebene gerecht werden. Wir ollen Gestaltungsspielraum für bessere Bildung, und ntsprechend fordern wir, dass Steuergelder genau für en Zweck eingesetzt werden, für den sie bestimmt sind. as bedeutet, dass es zumindest einer Zielvereinbarung ber die Verwendung der Mittel bedarf. Wir alle wollen Transparenz, Vergleichbarkeit der bschlüsse und Bildungsmindeststandards. Eine stär- ere Kooperationskultur ist wünschenswert und drin- end geboten. In inhaltlicher Hinsicht bietet sich den ändern zum Beispiel im Bereich der besseren Ver- leichbarkeit von Bildungsstandards und Abschlüssen uch ohne Änderung des Grundgesetzes bereits heute die öglichkeit, beispielsweise über die Kultusministerkon- renz zu einer Einigung zu kommen. Ich würde mir ünschen, dass diese Möglichkeit besser genutzt würde. Wir, die Abgeordneten der christlich-liberalen Koali- on, treten für einen modernen Föderalismus ein, der ine Kooperationskultur ermöglicht. Doch diese Koope- tion kann sich nicht auf bloße Finanzhilfen beschrän- en, diese Kooperation muss zu inhaltlichen Verbesse- ngen der deutschen Bildungspolitik führen. Unser Angebot, durch die Änderung des Art. 91 b rundgesetz wenigstens eine Ausweitung der verfas- ungsrechtlichen Möglichkeiten des Bundes im Hoch- chulbereich herbeizuführen, da sich bisher keine Eini- ung für eine verstärkte Kooperation im Schulbereich bzeichnet, haben Sie blockiert. Was die Länder wollen, t lediglich, dass der Bund mehr Steuerpunkte, also inanzmittel des Bundes abgibt und sich sonst heraus- ält. 32342 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 (A) ) )(B) Sie von der Opposition haben unseren Vorschlag zur Änderung des Art. 91 b Grundgesetz abgelehnt und da- mit der dringend notwendigen Zusammenarbeit im Wis- senschaftsbereich eine Absage erteilt. Es wäre für den Bildungsstandort Deutschland gut, wenn Sie und die rot- grün und grün-rot regierten Länder zu einer konstrukti- ven, inhaltsbezogenen Beratung zurückfänden. Oliver Kaczmarek (SPD): Es ist schon auffällig, dass in der Bildungspolitik die Menschen eindeutig von Bund und Ländern eine engere Kooperation erwarten und sich gleichzeitig so wenig bewegt. Kaum eine Um- frage, kaum eine Verbändemeinung, kaum eine Veran- staltung zur Bildungspolitik, wo nicht das grundgesetzli- che Kooperationsverbot in der Bildungspolitik von den Menschen massiv infrage gestellt wird. Und gleichzeitig kaum eine Debatte im Deutschen Bundestag, wo immer wieder so deutlich wird, wie die schwarz-gelbe Regie- rung Politik gegen den gesunden Menschenverstand macht. Ich bin der festen Überzeugung: Die großen Heraus- forderungen im Bildungswesen werden Bund, Länder und Kommunen nur gemeinsam lösen können. Der Bund hat hier eine besondere Verantwortung, beim Aufbau bzw. beim Erhalt einer öffentlichen Bildungsinfrastruk- tur mitzuhelfen, sei es beim Ausbau ganztägiger Bildung und Betreuung im frühen Kindesalter, beim Ausbau des Ganztagsschulangebots, bei der Verwirklichung inklusi- ver Bildung, bei der Neuauflage des Hochschulpakts, beim Ausbau sozialer Infrastruktur rund um die Hoch- schulen oder bei der Bekämpfung des funktionalen An- alphabetismus. Deshalb ist es umso weniger verständ- lich, dass die Bundesregierung weiterhin beharrlich bei einer Minigrundgesetzänderung bleibt, die es maximal ermöglicht, dass Hochschulen und wissenschaftliche Einrichtungen von überregionaler Bedeutung kooperie- ren können. Darüber mag man diskutieren, aber das wird den Anforderungen an eine gemeinsam verantwortete Bildungsinfrastruktur nicht im Ansatz gerecht. Die schwarz-gelbe Koalition blockiert mit ihrem sturen Fest- halten daran den Weg in einen Konsens der Verantwor- tungsgemeinschaft von Bund, Ländern und Kommunen für Bildung. Dazu gibt es Alternativen. Die SPD hat in dieser Wahlperiode immer deutlich gemacht, dass wir für eine Aufhebung des Kooperationsverbotes sind. Wir haben dazu konkrete Vorschläge gemacht, wie wir hier zu ei- nem Konsens kommen können, um den umfassenden Anforderungen an gemeinsame Bildungspolitik gerecht zu werden, ohne dass einer der Partner übervorteilt wird oder grundsätzliche Zuständigkeiten vermengt oder in- frage gestellt werden. Aber die schwarz-gelbe Koalition weigert sich weiterhin, darüber überhaupt Verhandlun- gen aufzunehmen, und blockiert damit den dringend be- nötigten Konsens. Nun höre ich schon, wie die Ministerin den Bundesrat ermahnt, er möge einen unter den Ländern konsensfähi- gen Vorschlag vorlegen. Das ist aber ein reines Ablen- kungsmanöver, denn jeder weiß, dass der Vorschlag der Bundesregierung im Deutschen Bundestag keine verfas- s ti a B z d W s g d s m d n e n m m ro h g d s s u c e w V b h re d e e fe g m M n in s m ä K e tä d d s a s u o (C (D ungsändernde Mehrheit finden wird. In so einer Situa- on müsste die Regierung eigentlich Gespräche darüber ufnehmen, wie man zu einem Ergebnis kommt, das im undestag den weitestgehenden Konsens darstellt und wischen Bundesrat und Bundestag unstrittig ist. Statt- essen fahren Sie die Abstimmungen lieber vor die and. Diese Blockade ist unverantwortlich. Die SPD hat hier im Deutschen Bundestag einen Vor- chlag zur Einführung eines Art. 104 c im Grundgesetz emacht, der eine gemeinsame Finanzierung von Bil- ungsaufgaben durch Bund und Länder ermöglicht. Wir tellen uns vor, dass die Länder mit dem Bund in ge- einsam verantworteten Bildungsaufgaben, insbeson- ere im Ausbau der Bildungsinfrastruktur, Kooperatio- en vereinbaren und gemeinsam finanzieren. Uns geht s nicht um vermischte Zuständigkeiten oder das rein fi- anzielle Engagement des Bundes, uns geht es um ge- einsam wahrgenommene Verantwortung in der Ge- einschaft von Bund, Ländern und Kommunen. Dem Bundesrat liegen dazu mehrere Initiativen aus t bzw. rot-grün regierten Bundesländern vor. Jüngst aben Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz einen emeinsamen Entschließungsantrag für den Bundesrat azu formuliert. Die beiden Länder zeigen damit, dass ie an einer konstruktiven Zusammenarbeit interessiert ind. Deshalb ist unsere Bitte an die Bundesregierung nd an die derzeitige Bundesbildungsministerin: Ma- hen Sie endlich ein glaubwürdiges Angebot für eine chte Kooperation von Bund und Ländern im Bildungs- esen. Machen Sie den Fraktionen des Bundestages ein erhandlungsangebot. Lassen Sie uns dann über den esten Weg streiten. Aber bitte geben Sie Ihre Blockade- altung beim Kooperationsverbot endlich auf. Sie riskie- n sonst leichtfertig Fortschritt und Leistungsfähigkeit es deutschen Bildungssystems. Swen Schulz (Spandau) (SPD): Nachdem die SPD inen Masterplan zu Ganztagsschulen in den Bundestag ingebracht hat, gab es vor wenigen Wochen diesen öf- ntlichen Kommentar: „Wir müssen daher das Grund- esetz ändern, damit ein bundesfinanzierter Masterplan öglich wird. Das heißt, die verfassungsrechtlichen öglichkeiten des Bundes auszuweiten, damit er sich fi- anziell in der Schulpolitik einbringen kann, aber auch haltliche Mitspracherechte im Schulbereich erhält.“ So chreibt die Bundesministerin in einer eigenen Presse- itteilung unter dem Titel „Wanka fordert Grundgesetz- nderung“. Wer jetzt erwartet, dass die Ministerin oder gar die oalition aktiv wird und einen diskutablen Vorschlag zu iner Grundgesetzänderung macht, wird jedoch ent- uscht; denn sicherheitshalber erklärte die Ministerin in er Pressemitteilung gleich, dass sie die Länder auffor- ert, eine gemeinsame Position zu erarbeiten, mit der sie ich dann auseinandersetzen wolle. Es bleibt also alles beim Alten: Wanka gibt – wie uch beim BAföG oder bei der Förderung des wissen- chaftlichen Nachwuchses – wohlfeile Erklärungen ab nd lehnt sich anschließend zurück, allerdings nicht, hne sich in Interviews über die Schulpolitik der Länder Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32343 (A) ) )(B) und zentrale Abiturprüfungen auszulassen, wo sie an- sonsten keine Gelegenheit versäumt, ihre Untätigkeit mit Verweis auf die Zuständigkeit der Länder zu rechtferti- gen. Das sind Interviews als Politikersatz. Mit dem Fin- ger wird auf die Länder gezeigt, statt selbst zu handeln. Aber warum sollte die Ministerin es anders halten als die Bundeskanzlerin? Erst über die Bildungsrepublik Deutschland schwadronieren, dann nichts für die Schu- len machen, sich auch nicht für die Aufhebung des Ko- operationsverbotes für die Bildung einsetzen und jüngst den Deutschen Schulpreis 2013 verleihen: Das ist großes Staatstheater, aber eben nur Theater. Im CDU-Wahlprogramm – eigentlich ja eine ganz spannende Wundertüte – kommt die Änderung des Grundgesetzes dann auch nur im Zusammenhang mit he- rausragender Forschung vor. Darum geht es bei der von der Koalition vorgeschlagenen Änderung des Art. 91 b Grundgesetz: Sie will ausschließlich den Einstieg des Bundes in die Finanzierung ausgewählter Forschungs- einrichtungen von überregionaler Bedeutung ermögli- chen. Um die Bildung in der Breite, um die Hochschulen – geschweige denn Schulen –, geht es der CDU ganz und gar nicht. Wir hingegen haben mit dem neuen Kooperationsarti- kel 104 c Grundgesetz die gesamte Bildung im Blick. Uns geht es nicht um die Förderung von Leuchttürmen, sondern um die dringend benötigte Unterstützung der Länder für ihre Hochschulen, Berufsschulen, Schulen und Kitas. Im Grundsatz sehen das, das sei hier betont, alle drei Oppositionsfraktionen so. Sie alle haben verschiedene Initiativen in den Bundestag eingebracht. Ich behaupte sogar, dass sich mindestens der Bildungsausschuss, wahrscheinlich sogar der Bundestag, ganz schnell auf eine Zweidrittelmehrheit für die Aufhebung des Koope- rationsverbotes für die Bildung verständigen könnte. Doch die Radikalföderalisten in wenigen unionsregier- ten Ländern haben das verhindert. Darum lehnt die Koalition hier jede Initiative ab. Uns dann aber die Blockade Ihres Schmalspurantrages vorzuwerfen, ist nachgerade grotesk. Aber es kommt die neue Legislaturperiode, es kom- men auch Landtagswahlen, und es kommt die Zeit der Kooperation von Bund und Ländern. Wir schaffen es – nicht heute, aber morgen. Dr. Martin Neumann (Lausitz) (FDP): Mit den vor- liegenden Schaufensteranträgen werfen die Oppositions- fraktionen Nebelkerzen. Die von den Koalitionsfraktio- nen getragene Bundesregierung hat mit dem Gesetz- entwurf zur Änderung von Art. 91 b Grundgesetz einen Vorschlag unterbreitet, der es durch eine Erweiterung der Gemeinschaftsaufgaben von Bund und Ländern ermögli- chen würde, über befristete Projekte hinaus zu fördern. Bund und Länder würden in die Lage versetzt, im Wis- senschaftsbereich zentrale Zukunftsprojekte gemeinsam auf den Weg zu bringen. Wir wollen eine breite und nachhaltige institutionelle Förderung von Hochschulen durch den Bund ermöglichen, um das Zusammenwirken v d Z z fr b im p z E h w u g F g e L G h p h ti im d s le d L J D s d v te Ä fü im s s ih s e p s re G m S ra Z J (C (D on Hochschulen und außeruniversitärer Forschung urch den Abbau rechtlicher Schranken zu beflügeln. Die vorgeschlagene, konsensfähige Ausweitung der usammenarbeit von Bund und Ländern bei der Finan- ierung im Hochschulbereich wird von den Oppositions- aktionen im Bundesrat aus parteitaktischem Kalkül lockiert. Dabei könnte ein besseres Zusammenwirken Bereich der Hochschulen auch für andere Bereiche ositive Wirkung entfalten. Diese Auffassung unterstüt- en beinahe einmütig alle Wissenschaftsorganisationen. s ist mehr als erstaunlich, dass sich die Antragsteller ierüber in so arroganter Weise hinwegsetzen, und be- eist einmal mehr die Inkompetenz von SPD, Linken nd Grünen im Zukunftsfeld der Wissenschaftspolitik. Die Oppositionsfraktionen müssen den Hochschulen egenüber erklären, warum sie ihnen eine institutionelle örderung durch ihre Blockade im Bundesrat verwei- ern. Die FDP-Fraktion hat grundsätzlich Sympathie für ine Neuregelung der Zusammenarbeit von Bund und ändern, die über den Hochschulbereich hinausreicht. erade das Agieren der Sozialdemokraten, die sich eute als Stimme der Vernunft und Retter der Bildungs- olitik in Deutschland gerieren wollen, ist mehr als euchlerisch, war es doch die SPD, die erst das Koopera- onsverbot im Jahr 2006 zu Zeiten der Großen Koalition Grundgesetz verankert hat. Bereits damals hat sich ie FDP-Fraktion dagegen ausgesprochen, und wir las- en uns heute nicht von denselben Sozialdemokraten be- hren, wie unser Verfassungsgefüge im Bereich der Bil- ungs- und Wissenschaftsverantwortung in unserem and zu organisieren sei. Die christlich-liberale Koalition hat in den letzten vier ahren weit mehr für Bildung und Wissenschaft in eutschland getan, als es die linken und grünen Illu- ionspolitiker jemals fertigkriegen würden. Mit Blick auf die für Grundgesetzänderungen erfor- erlichen Zweidrittelmehrheiten und den Umstand, dass onseiten der Länder kein gemeinsamer Vorschlag un- rbreitet wurde, halten wir die von uns vorgeschlagene nderung von Art. 91 b Grundgesetz als ersten Schritt r eine bessere Zusammenarbeit von Bund und Ländern Bildungsbereich für unbedingt geboten. Die Opposition sollte sich nicht weiter sperren. Sie ollte den Weg für die Änderung von Art. 91 b Grundge- etz freimachen, anstatt mit Schaufensteranträgen von rer Blockadepolitik im Bundesrat abzulenken. Univer- itäten und Fachhochschulen könnten bereits heute von iner stärkeren Unterstützung profitieren, wenn die Op- osition nicht blockiert hätte. Das wissen die Wissen- chaftler, die Lehrer, die Eltern, das wissen die Studie- nden und Schüler, und das werden wir bei jeder elegenheit immer wieder ins Gedächtnis rufen. Dr. Rosemarie Hein (DIE LINKE): Fast möchte an meinen, im Bundestag herrsche in dieser Woche ommerschlussverkauf nach dem Motto „Alles muss us“. So scheint es auch bei dem leidigen Thema der uständigkeit für Bildungspolitik zu sein. Mehr als drei ahre haben wir darauf gewartet, dass die Bundesregie- 32344 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 (A) ) )(B) rung und die Koalition sich endlich zu einer größeren Verantwortung in Fragen der Bildungspolitik bekennen. Dann gebaren sie ein Mäuschen, und das wird nun nicht einmal das Hohe Haus passieren. Was ist passiert? Im Jahre 2006 haben der Bund und die Länder entschieden, dass Bildungspolitik fast voll- ständig in die gesetzgeberische Zuständigkeit der Länder übergeht. Dafür bekamen sie einen bescheidenen finan- ziellen Ausgleich. Das Grundgesetz wurde so geändert, und nun kann der Bund vor allem in Fragen der Hoch- schulpolitik und der Schulpolitik nicht mehr mitspre- chen, auch kein Geld geben. Diese Grundgesetzentscheidung hat sich schon bald als falsch herausgestellt. Hatten die Länder vorher schon nicht genug Geld, Bildung vernünftig zu finanzieren, reicht es heute erst recht nicht mehr aus. Die Länder aber reformierten auf Teufel komm raus herum mit dem Ef- fekt, dass die Vergleichbarkeit der Bildungswege und Abschlüsse immer schlechter wurde. Für die Bildungser- gebnisse, die mindestens seit PISA 2000 unter heftiger Kritik stehen, gab es nur geringe Verbesserungen, und die hatten eher nicht mit der Länderzuständigkeit zu tun. Wen wundert es da, dass die Bevölkerung in ganz Deutschland immer lauter mehr oder inzwischen sogar die alleinige Bundeszuständigkeit in der Bildung fordert? Die Fraktion Die Linke hat darum bereits im Februar 2010 in einem Antrag die Aufhebung des Ko- operationsverbotes in der Bildung gefordert. Heute nun steht er endlich wieder auf der Tagesordnung. Inzwischen sind weitere und weiter gehende Anträge der Opposition, auch von meiner Fraktion, gefolgt. In- zwischen gibt es auch im Bundesrat Gesetzentwürfe aus zwei Ländern, mit denen das Kooperationsverbot aufge- hoben oder die Auswirkungen wenigstens mit mehr Geld abgemildert werden sollen. Doch die Bundesregierung, die Koalition und die Länder, in denen ihre Parteien regieren, bleiben stur. Im vergangenen Jahr nun kam es dennoch zu einem Gesetz- entwurf, mit dem mehr Zusammenarbeit in Bereichen der Hochschulpolitik ermöglicht werden soll. Doch da- mit würde man nur die auslaufende Exzellenzinitiative der Bundesregierung auf dauerhafte Füße stellen. Für den gesamten Hochschulbetrieb und vor allem für die Schulpolitik hätte das keinerlei positive Auswirkungen. Darum haben sich die Oppositionsparteien geweigert, dieser Minilösung zuzustimmen. Ohne die Stimmen der Opposition, auch im Bundes- rat, aber kommt keine Grundgesetzänderung zustande. Und darum wird es in dieser Wahlperiode keine Grund- gesetzänderung mehr geben. Offensichtlich hat sich diesmal auch die SPD ihre Zustimmung nicht abkaufen lassen, wie das beim Bildungs- und Teilhabepaket noch der Fall war. Es ist ja auch Wahlkampf. Die von der Bundesregierung vorgeschlagene Ände- rung würde aber auch nichts an dem beklagenswerten Zustand bundesdeutscher Bildungspolitik ändern. Dabei nämlich geht es um die Finanzierung von Inklusion, Schulsozialarbeit, Ganztagsschulen, Lehrerausbildung, F h L le v d G u s a B fo b A H u U d fü s u ra v h B c b B B g n d w M le v in u k a v w s v m d e s (C (D ort- und Weiterbildung, um die Ausbildung von Erzie- erinnen und Erziehern, um die bessere Ausstattung mit ehr- und Lernmitteln, um Schulsanierungen, um Schü- rbeförderung, Schulmittagessen, um die Finanzierung on allgemeiner Weiterbildung, von Hochschulen und em dazugehörigen Lehrpersonal und anderem. Darum bleiben wir dabei: Wir brauchen eine echte emeinschaftsaufgabe in der Bildung. Bund, Länder nd Kommunen müssen diese Aufgabe gemeinsam chultern, soll Bildung in Deutschland besser werden. Doch mit einer trügerischen Hoffnung will ich noch ufräumen: Wenn in allen Ländern, einschließlich ayern, neben dem Gymnasium nur noch eine Schul- rm existiert, wenn im Abitur alle die gleichen Aufga- en lösen müssen, dann ist das Grundproblem, die starke bhängigkeit des Bildungserfolges von der sozialen erkunft immer noch nicht gelöst. Die Zuweisung zu unterschiedlichen Schulformen mit nterschiedlichen Bildungszielen beseitigt diese soziale ngerechtigkeit eben nicht. Dafür brauchen wir ein an- eres Lehren und Lernen in einer Gemeinschaftsschule r alle Kinder, die von den Lernenden und ihren unter- chiedlichen Möglichkeiten und Bedürfnissen ausgeht nd niemanden abstempelt, anstatt einseitig immer da- uf zu schielen, wie Bildung am besten wirtschaftlich erwertbar ist. Nur wenn wir diesen Paradigmenwechsel bundesweit inbekommen, haben Kinder und Jugendliche in allen undesländern die gleichen und dazu die besseren Chan- en und werden sich Bildungsergebnisse nachhaltig ver- essern. Das gilt für die Starken ebenso wie für die mit enachteiligungen. Darum bleiben wir dabei: Die Gemeinschaftsaufgabe ildung muss ins Grundgesetz, und überall brauchen wir ut ausgestattete Gemeinschaftsschulen, die allen Ler- enden bessere Chancen bieten als heute. Das geglie- erte Schulsystem aus dem 19. Jahrhundert muss über- unden werden. Kai Gehring (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die enschen in Deutschland haben die Nase voll von feh- nden Kitaplätzen, maroden Schulen, überfüllten Uni- ersitäten. Sie sind genervt vom Zuständigkeitsgerangel der Bildungspolitik – so sehr, dass sich in Meinungs- mfragen mehr als Zweidrittel eine Bundesbildungs- ompetenz wünschen. So verständlich dieser Wunsch auf den ersten Blick uch ist: Gute Schulen können nicht von Berlin aus erordnet, sondern nur vor Ort gemacht und gestaltet erden. Zur besseren Vergleichbarkeit von Schulab- chlüssen und gegen Mobilitätshürden helfen vielmehr erlässliche Bildungsstandards, die seitens der Kultus- inisterkonferenz auf den Weg gebracht wurden. Was es zur Verbesserung der Situation in den Bil- ungseinrichtungen vor Ort aber dringend braucht, ist ine enge, verlässliche, dauerhafte Kooperation zwi- chen Bund und Ländern, um die großen bildungs- und Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32345 (A) ) )(B) wissenschaftspolitischen Herausforderungen der Gegen- wart und Zukunft anzugehen; denn Bildungspolitik ist auch Sozial-, Integrations- und Wirtschaftspolitik. Bil- dung ist kein Kostenfaktor, sondern Investitionstreiber und Zukunftsrendite. Deswegen muss der Bund mitge- stalten dürfen. Genau das hat die Große Koalition aus CDU, CSU und SPD mit der Föderalismusreform von 2006 unmög- lich gemacht und blockiert: Durch das faktische Koope- rationsverbot im Grundgesetz zwischen Bund und Län- dern wurde die Bundesseite aus jeder politischen wie finanziellen Mitverantwortung für den Schulbereich herausgedrängt. Das verhindert nicht nur ein kluges ge- samtstaatliches Handeln, das ist auch peinlich für ein Land der Dichter und Denker. Zu einer international ver- netzten Volkswirtschaft und modernen Wissensgesell- schaft wie der Bundesrepublik passt bei so zentralen Zu- kunfts- und Innovationsfeldern wie der Bildung und Wissenschaft keine Kleinstaaterei. Das Kooperationsverbot haben wir daher von Anfang an abgelehnt, und wir kämpfen seit 2006 dafür, es wie- der aus unserer Verfassung zu kippen; denn die Befürch- tungen, die wir damals hatten, sind eingetreten: Noch immer ist unser Bildungs- und Wissenschaftssystem bundesweit unterfinanziert, Qualität und Leitungsfähig- keit lassen zu wünschen übrig. Das sehen wir allein, wenn wir die mangelnde Durchlässigkeit, die hohe Zahl der Bildungsverlierer sowie die fehlende Chancen- und Bildungsgerechtigkeit betrachten. Das haben uns in dieser Woche auch die OECD- Studie „Bildung auf einen Blick“, der „Chancenspiegel“ der Bertelsmann-Stiftung und die 20. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks erneut ins bildungs- und wissenschaftspolitische Stammbuch geschrieben. Ein Hauptgrund dafür ist die unzureichende Ausfinanzierung des Bildungssystems; denn der Bund hat den Löwenan- teil der Steuereinnahmen, die Länder die Zuständigkeit. Beide staatlichen Ebenen müssen sich an die Schulden- bremse halten. In ärmeren Ländern, die unter massivem Konsolidierungsdruck stehen oder die Bildungsausgaben kaum priorisieren können, droht sich die Schulden- bremse zur bedrohlichen Bildungsinvestitionsbremse auszuwirken. Daran hat auch der Mittelaufwuchs im Bundesbil- dungsministerium in dieser Wahlperiode strukturell nichts verändert. Beispielsweise wurde das zentrale Pro- blem einer bundesweit erodierenden Grundfinanzierung der Hochschulen durch kurzzeitige Sonderprogramme wie Hochschulpakt, Exzellenzinitiative und Qualitäts- pakt Lehre keinesfalls gelöst, sondern durch gleichzeitig stark gestiegene Kofinanzierungspflichten beim Pakt für Forschung und Innovation zur Förderung der außeruni- versitären Forschungseinrichtungen noch verschärft. Kurzfristige Wissenschaftspakte bringen eben keine dauerhaften Lösungen. Hinzu kommt, dass das Kooperationsverbot im Bil- dungsbereich zu ineffizienten Krücken und bürokra- tischsten Umgehungen der Grundgesetzregeln geführt h s F z – fö E s ri n d m d L P u K – ta S H k fü g A g R d m d V n d re v z g ru T „ z s d e la d s m u n k (C (D at. Das kann jeder beispielhaft am größtenteils erfolglo- en Bildungs- und Teilhabepaket erkennen. Die direkte örderung guter Ganztagsschulen wäre stattdessen viel ielführender gewesen, um alle Kinder und Jugendlichen und vor allem die bildungsbenachteiligten – gezielt zu rdern. Als grüne Bundestagsfraktion wollen wir daher eine rmöglichungsverfassung für Bildungs- und Wissen- chaftskooperation statt unzeitgemäßer Verfassungsbar- eren. Unser Leitbild ist ein kooperativer anstelle eines ur kompetitiven oder sogar konfrontativen Bildungsfö- eralismus. Gesamtstaatliches Handeln und Finanzieren uss – wieder – möglich sein. Wenn das Kooperationsverbot aufgehoben würde, ann wären feste Bund-Länder-Vereinbarungen zur ösung großer bildungs- und wissenschaftspolitischer robleme machbar. Dann gäbe es kein Rummogeln um nsere Verfassung mehr, sondern transparente, klare ooperationsregeln. Dann ließe sich unter anderem nach dem großen Erfolg des ersten – ein zweites Ganz- gsschulprogramm verabreden, eine gemeinschaftliche tudienplatzfinanzierung auch nach dem Auslaufen des ochschulpaktes 2020 und die Verwirklichung von In- lusion in unserem Bildungssystem. Genau deswegen haben wir Verfassungsänderungen r den Bildungs- und Wissenschaftsbereich vorgeschla- en, die am Art. 91 b Grundgesetz andocken und einen rt. 104 c einführen. Für eine Einigung auf eine Grund- esetzänderung hatten wir vor über zwei Jahren einen eformkonvent vorgeschlagen, um eine tragfähige Än- erung zu erarbeiten, die die notwendige Zweidrittel- ehrheit in Bundestag und Bundesrat erzielt. Sie von en Koalitionsfraktionen haben sich leider auf beide orschläge nicht eingelassen: weder auf eine weite Öff- ung noch auf den notwendigen Verhandlungsprozess. Sie haben eine Grundgesetzänderung vorgeschlagen, ie eine Lösung nur vorgaukelt. Nicht nur, dass der Be- ich Bildung im Koalitionsentwurf außen vor bleibt, ielmehr geht er im Wissenschaftsbereich auch an der entralen Herausforderung vorbei. Der Vorschlag war änzlich ungeeignet, die erodierende Grundfinanzie- ng der Hochschulen zu stoppen oder diesen fatalen rend umzukehren. Sie wollten neben den Vorhaben lediglich einzelne Einrichtungen von überregionaler Bedeutung“, also um Beispiel exzellente Institute oder Exzellenzuniver- itäten fördern können. Daher ist es nur folgerichtig, ass Sie Ihren Regierungsentwurf heute gar nicht mehr inbringen, sondern ihn der Diskontinuität unterliegen ssen und damit stillschweigend beerdigen. Ihnen ging es nur um Leuchttürme mit einer fragwür- igen internationalen Strahlkraft. Wir wollen das ge- amte Bildungssystem zum Leuchten bringen. Daher uss das Kooperationsverbot kippen. Das Thema wird ns weiter begleiten, und wir hoffen, dass es in der ächsten Wahlperiode angepackt und gelöst werden ann. 32346 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 (A) ) )(B) Anlage 21 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts zu den Anträgen: – System der Organtransplantation in Deutschland nachhaltig stärken: Konse- quenzen aus den Manipulationen an Patien- tendaten in deutschen Transplantationskli- niken – Transparenz und öffentliche Kontrolle im Prozess der Organspende herstellen – Organspende in Deutschland transparent organisieren (Tagesordnungspunkt 15) Rudolf Henke (CDU/CSU): In Deutschland warten derzeit rund 12 000 Patienten auf eine Transplantation. Etwa 1 000 Menschen davon sterben jedes Jahr, bevor sie ein lebensrettendes Organ erhalten. Im Jahr 2012 ist die Zahl der gespendeten Organe ge- genüber 2011 bundesweit um 12,8 Prozent auf 3 511 ge- sunken. Sie hat damit den niedrigsten Stand seit zehn Jahren erreicht. Der „Tod auf der Warteliste“ ist damit noch näher gerückt als zuvor. Dieser Trend, der sich im ersten Quartal 2013 fortge- setzt hat, ist auf die monatelangen Negativschlagzeilen über aufgedeckte Manipulationen bei der Organvergabe zurückzuführen. Wir alle wollen die Spendenbereitschaft sowohl bei der Lebendspende als auch bei der postmortalen Organspende wieder erhöhen. Wichtigstes Ziel muss es deshalb sein, das offenbar geschmolzene Vertrauen in und die Akzep- tanz der Bevölkerung für das Transplantationswesen zu- rückzugewinnen. Dazu beraten wir heute abschließend einen interfrak- tionellen Antrag zur Stärkung der Organtransplantation sowie Anträge der Linksfraktion und der Fraktion Bünd- nis 90/Die Grünen zur Transparenz der Organspende. Bereits in der vergangenen Sitzungswoche haben wir mit den Regelungen des Beitragsschuldengesetzes Mani- pulationen an Patientendaten mit dem Ziel der Bevorzu- gung von Patienten unter Strafe gestellt. Die unrichtige Erhebung oder Dokumentation sowie die Übermittlung eines unrichtigen Gesundheitszustandes von Patienten an Eurotransplant ist damit in Zukunft ausdrücklich ver- boten. Daneben werden die Richtlinien zur Transplantations- medizin der Bundesärztekammer zukünftig unter einen Genehmigungsvorbehalt des Bundesgesundheitsministe- riums gestellt. Damit machen wir deutlich: Das System der Organspende und des Transplantationswesens hat sich im Grundsatz bewährt. Forderungen nach einer staatlichen Organisation der Organspende und -vertei- lung erteilen wir damit eine klare Absage. Der Staat kann die Organspende nicht besser und sicherer organi- sieren als die Selbstverwaltung. Es bleibt vor allem auch w n v O in b d u d A d ti b d E d re d s w Ü z le e g A d g e w tr p je w B s d te d s v a n d u P e s v (C (D eiterhin sinnvoll, die Spende, die Verteilung von Orga- en und die Operation der Empfänger organisatorisch oneinander zu trennen. Getroffene Entscheidungen bei der Vermittlung von rganen nach Dringlichkeit und Erfolgsaussicht sollen Zukunft auf eine verbesserte und fundiertere Daten- asis gestellt werden. In unserem fraktionsübergreifen- en Antrag fordern wir deshalb eine einheitliche und mfassende Datenerhebung im gesamten Prozessablauf er Transplantationsmedizin. Mit diesen Erkenntnissen ebnen wir den Weg für den ufbau eines Transplantationsregisters, das wesentlich azu beitragen kann, „Transparenz, Verteilungsgerech- gkeit und Qualität in der Transplantationsmedizin zu efördern“, wie es der 116. Deutsche Ärztetag im Mai ieses Jahres in einer Resolution gefordert hat. Mit der inrichtung eines Transplantationsregisters kann zudem ie Vergleichbarkeit zwischen den Transplantationszent- n erhöht werden. Wir fordern den Gemeinsamen Bundesausschuss auf, ie Verfahren der einrichtungsübergreifenden Qualitäts- icherung in der Transplantationsmedizin weiterzuent- ickeln und auszubauen. Zugleich sind natürlich die Länder gefordert, ihren berwachungspflichten gegenüber den Transplantations- entren nachzukommen, um Verstöße in Zukunft schnel- r aufdecken und ahnden zu können. Unsere gesetzgeberischen Maßnahmen können aber rst nach und nach wirken. Neben den Gesetzesänderun- en brauchen wir vielfältige weitere Anstrengungen zur ufklärung der Bevölkerung. Niemand denkt gerne arüber nach, aber jeder von uns kann in eine Situation eraten, in der nur eine Organspende ein Weiterleben rmöglicht. Selbstverwaltung und Politik haben nach Bekannt- erden der Verstöße rasch reagiert und schärfere Kon- ollen eingeführt, sodass heute in der deutschen Trans- lantationsmedizin mehr Transparenz und Sicherheit als zuvor bestehen. Um das Vertrauen in das System der Organspende iederherzustellen, müssen alle im Gesundheitswesen eteiligten weiter an einem Strang ziehen, um Miss- tände abzustellen. Organspende ist ein Werk der Nächstenliebe, das über en Tod hinausgeht. Machen wir dieses Werk der Nächs- nliebe stärker als alle regelwidrige Manipulation. Noch ein Gedanke zum Schluss: Wenn es stimmt, ass der vorhin erwähnte Rückgang der Spendebereit- chaft auf die Erosion des Vertrauens in die Verteilung on Organen zurückzuführen ist und wenn dies eine Re- ktion auf das Bekanntwerden von Manipulationen in ei- igen Fällen darstellt, dann sind mit den Patienten auf en Wartelisten die Falschen bestraft und müssen jetzt nnötig leiden. Denn die auf der Warteliste stehenden atienten sind ja nicht der Manipulation schuldig. Wenn ines von acht Organen gar nicht mehr zur Verfügung teht, dann bedeutet das verlängertes Leiden und den orzeitigen Tod für mindestens 125 Menschen mehr als Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32347 (A) ) )(B) in den Jahren zuvor. Diese Zahl ist höher als die Zahl de- rer, die aufgrund der aufgedeckten Manipulationen ein ihnen eigentlich zugedachtes Organ nicht erhalten ha- ben. Der Rückgang der Organspendebereitschaft hat für die schwerkranken Patienten somit oft tödliche Folgen. Sie haften so mit ihrem Leben für das Fehlverhalten an- derer, obwohl sie selbst nichts falsch gemacht haben. Ich schildere dies deshalb so klar, weil ich mit einem Appell an unsere Mitbürger schließen möchte: Lassen Sie sich vom Werk der Nächstenliebe in Gestalt der Bereitschaft zur Organspende nicht abhalten, auch nicht durch einige inzwischen abgestellte Manipulationen. Wir als Gesetz- geber sorgen dafür, dass die Urheber solcher Manipula- tionen in Zukunft sicher bestraft werden können. Be- straft werden dann diejenigen, die sich nicht an Recht und Gesetz gehalten haben. Erklären Sie aber weiterhin Ihre Organspendebereitschaft, und sorgen Sie so dafür, dass nicht die schwerkranken Mitmenschen zum Opfer werden! Lassen wir nicht aus Zorn und Ärger und berechtigter Kritik im Ergebnis Unschuldige leiden! Stefanie Vogelsang (CDU/CSU): Vorab möchte ich der Staatssekretärin Annette Widmann-Mauz ein großes Kompliment aussprechen. Mit großem persönlichen En- gagement hat sie sich des Themas Organspende in den vergangenen Monaten sehr gründlich angenommen. Es fanden viele Gesprächsrunden statt. Die Bericht- erstatter im Gesundheitsausschuss haben sich im vergan- genen Monat im Rahmen einer Delegationsreise über Struktur, Aufgaben und Arbeitsweise der Stiftung Euro- transplant im holländischen Leiden informiert. Viele Sachverständige waren eingeladen, und wir haben uns bewusst bei vielen Themen Zeit gelassen und stets ver- sucht, alle Akteure in das Boot zu holen. Ich bin sehr froh, dass es uns gelungen ist, einen fraktionsübergrei- fenden Antrag zu formulieren. Vor noch nicht einmal einem Jahr haben wir das Transplantationsgesetz umfassend geändert. Die Novel- lierung setzte Vorgaben der Europäischen Union zu Qua- litäts- und Sicherheitsstandards in der Transplantations- medizin um. Mit dem verabschiedeten Gesetz wurden die Kontrollinstrumentarien gestärkt und die Grundsätze für ein gerechtes und funktionierendes Transplantations- system gelegt. Weiter wurde die unabhängige Prüfungs- und Überwachungskommission gesetzlich verankert, ihre Ermittlungsbefugnisse wurden gestärkt, und Vertreter staatlicher Stellen wurden in die Kommission berufen. Transplantationszentren und Entnahmekrankenhäuser sind gegenüber der Prüfungs- und Überwachungskom- mission zur Mitwirkung an Prüfungen verpflichtet. Umso größer war der Schock, als nur kurze Zeit nach der Verabschiedung dieses Änderungsgesetzes die Mani- pulationen von Patientendaten, die zu einer bevorzugten Organvergabe an diese Patienten führten, bekannt wur- den. Ganz bewusst wurden eigene Patienten auf der War- teliste nach vorn gerückt, ganz bewusst wurde gegen die Richtlinien der Bundesärztekammer verstoßen. In drei von vier Transplantationszentren zeigten sich Auffällig- keiten. a le e s a 9 s S K te d k d b S d li g S w a D s z e s d n L n M v fa o w d s ü is b m g a m B K m d g ti F s g n (C (D Dieser Skandal hatte eine verheerende Auswirkung uf die Bereitschaft zur Organspende: Die Spenderzah- n gingen rapide zurück, die Organspendezahlen sind ingebrochen. Von den im Jahr 2012 realisierten Organ- penden hatten nur noch 10 Prozent einen Organspende- usweis oder eine Patientenverfügung. Das heißt, in 0 Prozent aller Fälle mussten die Angehörigen die Ent- cheidung über die Organspende treffen, weil nichts chriftliches vorlag. Mit unserem gemeinsamen Antrag sollen nun die onsequenzen aus den Manipulationen an Patientenda- n in deutschen Transplantationskliniken gezogen wer- en. Dabei war unser gemeinsames Motto: Gründlich- eit vor Schnelligkeit. Schließlich müssen wir nicht nur ie Interessen der 12 000 Menschen auf der Warteliste erücksichtigen, sondern auch die der potenziellen pender und ihrer Angehörigen. Eine Vergabe der Spen- erorgane muss nach objektiven, transparenten, verläss- chen, nachvollziehbaren und validen Kriterien erfol- en. Schließlich gibt es in Deutschland derzeit nur zehn pender pro 1 Million Einwohner, während beispiels- eise Kroatien 40 Spender pro 1 Million Einwohner ufweist. Dabei hat die große Mehrheit der Menschen in eutschland mit rund 70 Prozent grundsätzlich eine po- itive Einstellung zur Organspende, aber mit nur 22 Pro- ent dokumentieren die wenigsten ihre Bereitschaft in inem Organspendeausweis. Gerade bei der Organ- pende liegen das Leben und der Tod so nahe beieinan- er wie in keinem anderen Bereich; denn der Tod des ei- en Menschen bedeutet die Hoffnung auf ein neues eben für einen oder auch mehrere Patienten, die auf ei- er Warteliste stehen. Diese Verknüpfung löst bei den enschen aber auch Ängste aus. Leider ist es so, dass iele Menschen zwar die Sicherheit haben wollen, dass, lls sie in einer Notsituation sind, genügend Spender- rgane zur Verfügung stehen, aber leider füllen noch zu enige selbst einen Organspendeausweis aus. Aus Stu- ien wissen wir ebenfalls, dass die Menschen eher bereit ind, eine persönliche Entscheidung zu treffen, wenn sie ber das Thema Organspende gut informiert sind. Dies t jedoch unabdingbar mit Vertrauen geknüpft. Wichtig war es uns nun in den vergangen Monaten, ehutsam genau dieses Vertrauen zu schaffen. Denn da- it die Bürgerinnen und Bürger die Entscheidung, Or- anspender zu werden, treffen können, dürfen sie nicht n unserem Organspendesystem zweifeln. Diese Zweifel üssen wir gemeinsam ausräumen. Eine wichtige vertrauensbildende Maßnahme ist zum eispiel, dass zukünftig Transplantationsbeauftragte in rankenhäusern installiert werden. Ich möchte aber an- ahnen, dass das Vertrauen in die Krankenhäuser nur urch die Sanktionierung der Manipulationen wiederher- estellt werden kann. Nach wie vor haben die verdäch- gten Ärzte bis heute keine Konsequenzen aus ihrem ehlverhalten ziehen müssen. Wenn die Ermittlungsergebnisse der Staatsanwalt- chaft vorliegen, müssen dringend die entsprechenden esetzlichen Maßnahmen ergriffen werden, falls die Ma- ipulationen wegen bestehender Gesetzeslücken straffrei 32348 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 (A) ) )(B) bleiben sollten. Für die Politik bedeutet dies, die Konse- quenzen aus diesen Vorgängen zu ziehen, indem der Ge- setzgeber für klare gesetzliche Vorgaben sorgt. Alle im Bundestag vertretenen Faktionen haben dies von Anfang an begrüßt. Die Tatsache, dass jetzt ein Antrag vorliegt, der von allen Fraktionen im Ausschuss gemeinsam aus- gearbeitet worden sei, ist richtig und wichtig, um Ver- trauen zu stärken, damit die Bereitschaft der Bevölke- rung zur Organspende wieder gestärkt wird. In dem nun vorliegenden gemeinsamen Antrag for- dern wir die Bundesregierung auf, einen Gesetzentwurf vorzulegen, der die Richtlinien der Bundesärztekammer zum Transplantationsgesetz unter einen Genehmigungs- vorbehalt des Bundesgesundheitsministeriums stellt. Damit soll eine staatliche Rechtsaufsicht über die Richt- linienerstellung sichergestellt werden. Gleichzeitig ist eine einheitliche und umfassende Datenerhebung im ge- samten Prozessablauf der Transplantationsmedizin nö- tig, auch um die Entscheidungen bei der Vermittlung von Organen nach Dringlichkeit und Erfolgsaussicht auf eine verbesserte und fundiertere Datenbasis zu stellen. Alle bei den Manipulationen verantwortlichen Akteure müs- sen strafrechtlich belangt werden. Hier muss der Gesetz- geber handeln, und da sind wir uns auch alle einig. Des- halb fordern wir auch einen jährlichen Bericht in den nächsten drei Jahren über den Fortgang des eingeleiteten Reformprozesses, mögliche Missstände und sonstige ak- tuelle Entwicklungen in der Transplantationsmedizin. Außerdem soll der mit den Ländern begonnene Diskus- sionsprozess zum Informationsaustausch über berufs- oder strafrechtliche Maßnahmen gegen Gesundheits- dienstleister zwischen den Behörden fortgesetzt werden. Es ist insofern ein positives Signal, dass sich der ge- samte Bundestag einig ist, das System der Organtrans- plantation in Deutschland nachhaltig zu stärken. Es ist auch ein positives Signal, dass wir mit großer Mehrheit die Konsequenzen aus dem Organspendeskandal ziehen. Heute ist ein guter Tag für die Menschen in Deutschland, die vom Thema Organspende betroffen sind. Annette Widmann-Mauz (CDU/CSU): Ich möchte das Thema Organspende mit einer guten Feststellung be- ginnen: Trotz der vielen unterschiedlichen Ansätze, die uns Parteien auszeichnen und die auch immer wieder zu kontroversen Diskussionen führen, haben wir 2012 mit der Novelle des Transplantationsgesetzes und mit der Einführung der Entscheidungslösung den Menschen be- wiesen: Geht es um wichtige gesundheitliche Themen, dann gibt es in der Politik ein Miteinander! Uns allen gemeinsam ist es gelungen, die Organ- spende und ihre Bedeutung in die Mitte der Gesellschaft zu rücken, verbunden mit der eindeutigen Botschaft: Die Menschen sind aufgefordert, sich zu entscheiden, ob sie bereit sind, nach ihrem Tod ein Organ zu spenden. Die bekannt gewordenen Manipulationsvorwürfe in vier Transplantationszentren haben uns in unseren An- strengungen leider zurückgeworfen. Das Vertrauen in der Bevölkerung ist erschüttert. Die Zahl der Organspen- den ist stark zurückgegangen. p ü g k m R d h s a a fü s u s z d v S e k te m R li Q K s W B k fa re m D w fü u ta n p T n k w b g te fe d k (C (D Diese dramatische Entwicklung, die durch die Mani- ulationen ausgelöst wurde, hat uns in unserem partei- bergreifenden Ziel, die Organspende in Deutschland emeinsam voranzubringen, nicht auseinanderdividieren önnen. Wir haben die politischen Konsequenzen ge- einsam gezogen. Mit den Änderungen des Transplantationsgesetzes im ahmen des Gesetzes zur Beseitigung sozialer Überfor- erung bei Beitragsschulden in der Krankenversicherung aben wir fraktionsübergreifend wichtige Gesetzesver- chärfungen vorgenommen. Ich möchte mich bei Ihnen n dieser Stelle für die wirklich konstruktive Zusammen- rbeit sehr herzlich bedanken. Eine Bevorzugung von Patienten auf der Warteliste r ein Spenderorgan wird zukünftig nicht mehr möglich ein; denn mit aller Deutlichkeit verbieten wir jetzt die nrichtige Erhebung und die unrichtige Dokumentation owie die Übermittlung eines verfälschten Gesundheits- ustandes der Patienten an Eurotransplant, wenn sie mit er Absicht erfolgen, Patienten auf der Warteliste zu be- orzugen. Ein Verstoß gegen dieses Verbot wird je nach chwere mit einer Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder iner Geldstrafe geahndet. Außerdem haben wir die Richtlinien der Bundesärzte- ammer einer Begründungspflicht unterworfen und un- r den Vorbehalt der Genehmigung durch das Bundes- inisterium für Gesundheit gestellt. Dadurch werden die ichtlinien, beispielsweise zur Aufnahme in die Warte- ste, zur Organvermittlung oder zu Maßnahmen der ualitätssicherung transparent und einer staatlichen ontrolle unterworfen. Die Anhörung, die am Montag im Gesundheitsaus- chuss stattgefunden hat, hat uns gezeigt, dass dieser eg der richtige ist, um Akzeptanz und Vertrauen in der evölkerung wiederherzustellen und nachhaltig zu stär- en. Die dort angehörten Experten haben diesen Weg st ausnahmslos bestätigt. Wir haben nach Bekanntwerden der Vorfälle schnell agiert und bereits im vergangenen Jahr Sofortmaßnah- en ergriffen. In einem von Bundesgesundheitsminister aniel Bahr im August 2012 geführten Spitzengespräch urden Verschärfungen der Richtlinie zur Wartelisten- hrung vereinbart. Bei der Aufnahme von Patientinnen nd Patienten auf die Warteliste für eine Organtransplan- tion entscheidet nicht ein Arzt allein, sondern aus- ahmslos eine aus mehreren Ärzten bestehende Trans- lantationskonferenz. Unverzüglich haben die für die Überprüfung der ransplantationszentren verantwortlichen Kommissio- en die Prüfungen aufgenommen; die Erstprüfungen onnten im Mai 2013 abgeschlossen werden. Zukünftig erden die Prüfungen flächendeckend ausgedehnt und eschleunigt durchgeführt. Dazu sind die Verfahren fest- elegt worden, um alle Transplantationszentren mindes- ns einmal in einem Zeitraum von 36 Monaten zu prü- n. Wir haben außerdem bestimmt, dass Bund und Län- er künftig neben dem Spitzenverband Bund der Kran- enkassen, der Deutschen Krankenhausgesellschaft, der Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32349 (A) ) )(B) Bundesärztekammer und der Deutschen Transplanta- tionsgesellschaft im Stiftungsrat der Koordinierungsstelle DSO mit Sitz- und Stimmrecht vertreten sind. Außerdem werden zwei Patientenvertreter diesem Aufsichtsgre- mium beratend angehören. Im Ergebnis werden im Stiftungsrat der DSO keine Entscheidungen gegen die Stimmen der staatlichen Be- hörden und Körperschaften des öffentlichen Rechts ge- troffen werden können. Damit haben wir die öffentlich- rechtliche Kontrolle über die DSO erheblich gestärkt. Diese Neustrukturierungen müssen jetzt ihre Wirkungen entfalten. Die Anhörung hat gezeigt, dass verfassungs- rechtliche Bedenken an dieser Stelle keinen Bestand ha- ben. Ich bin überzeugt, dass wir mit diesen Maßnahmen eine effektive Kontrolle geschaffen haben. Die Diskussionen haben auch gezeigt, dass wir eine einheitliche Datenerhebung im gesamten Prozess der Or- gantransplantation brauchen, um die Ergebnisqualität in der Organtransplantation zu verbessern und letztlich die im Gesetz genannten besonderen Kriterien für die Ver- mittlung von Organen – Dringlichkeit und Erfolgsaus- sicht – noch besser ausbalancieren zu können. Das Fachgutachten zu einem Transplantationsregister, das wir bis Ende des Jahres erwarten, wird uns die not- wendigen Ergebnisse hierzu liefern. Darüber hinaus wer- den wir durch das Transplantationsregister feststellen können, wie sich die Qualität eines Spenderorgans auf die Qualität des Überlebens eines Organempfängers aus- wirkt, und wir werden dadurch erfahren, welche Qualität die Zentren selbst aufzuweisen haben. Wir können auch jedem Patienten die Möglichkeit an die Hand geben, sich über die Ergebnisqualität in den Kliniken zu informieren. Auch dieses ist ein weiterer wesentlicher Schritt zu mehr Transparenz. Zusammenfassend können wir feststellen: Auf allen Ebenen wurde seit Bekanntwerden der Manipulations- vorwürfe gemeinschaftlich viel getan. Die Verantwortli- chen haben gehandelt. Selbstverwaltung und Politik ha- ben gezeigt, dass innerhalb des bestehenden Systems schnell und effektiv reagiert werden kann. Eine Neuord- nung des Systems hätte hier nicht mehr leisten können. Wir haben den Menschen auch gezeigt, dass der Poli- tik dieses Thema so wichtig ist, dass alle Parteien hier gemeinsam die Verantwortung mittragen und diese Ver- antwortung sehr ernst nehmen. Mit den jetzt erfolgten Verschärfungen des Gesetzes und dem gemeinsamen Antrag zur nachhaltigen Stär- kung des Systems der Organtransplantation ist die ein- deutige Botschaft verbunden: Wir wollen ein Organ- spendesystem für die Menschen in unserem Land, das sicher ist und dem sie vertrauen können. Kriminelle Energie hat in diesem System keinen Raum, und wir werden ihr auch künftig keinen Raum geben. Dr. Marlies Volkmer (SPD): Es ist unangemessen, dass ein für die Menschen so wichtiges Thema wie die Organspende und Organtransplantation zu einem derart späten Termin im Plenum platziert wird. Mit dem An- tr w d w E d d d in Ic P d s n d a L lu D fo D d A u R d R h S Ä h tr re a tr S s z re s d V w s ru V fä li d V S O B d g (C (D ag, der von allen Fraktionen getragen wird, errichten ir schließlich einen Meilenstein in der Debatte um das eutsche Transplantationssystem. Der Weg zu diesem fraktionsübergreifenden Antrag ar durchaus steinig. Nicht immer waren wir uns bei der rarbeitung über die konkreten Forderungen einig und arüber, was wir als Politik regeln müssen und was wir er Selbstverwaltung überlassen sollten. Doch gerade ie Sachen, in die man selbst Arbeit und Anstrengung vestiert hat, weiß man auch am ehesten zu schätzen. h denke, ich spreche hier im Namen aller Beteiligten. Ich sehe es als überaus positives Signal, dass sich alle arteien einig werden konnten und es nur in einem Punkt eutliche Differenzen gab. Die unterschiedlichen An- ichten darüber, wie das System der Organspende orga- isiert und koordiniert werden sollte, sind der Grund, ass wir heute Abend neben dem gemeinsamen Antrag uch über die Anträge der Fraktionen der Grünen und inken sprechen. In den Anträgen wird die Umwand- ng der Deutschen Stiftung Organtransplantation, der SO, in eine Körperschaft des öffentlichen Rechts ge- rdert. Es ist in der Tat ungewöhnlich, dass bei uns in eutschland eine private Stiftung für die Organisation er Prozesse rund um die Organspende zuständig ist. ber, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Linken nd Grünen, was versprechen Sie sich von einer solchen echtsformänderung? Kein Sachverständiger konnte bei er Anhörung erläutern, welche Vorteile eine solche echtsformänderung für die Patientinnen und Patienten ätte. Dass Sie zur Unterstützung Ihrer Forderung einen achverständigen aufgefahren haben, der sich in seinen ußerungen und seiner Wortwahl deutlich vergriffen at, hat Ihre Position ebenfalls nicht gestärkt. Die bekannt gewordenen Manipulationsvorwürfe be- afen den Bereich der Organvergabe, der von dem Be- ich der Organspende getrennt ist. Trotzdem haben wir uch im Bereich der Organspende die staatliche Kon- olle gestärkt. Bund und Länder werden zukünftig mit itz- und Stimmrecht im Stiftungsrat der DSO vertreten ein und sind so unmittelbar in alle Geschehnisse einbe- ogen. Damit erhält die Stiftung eine stärkere öffentlich- chtliche Ausrichtung. Tausende Organe werden jährlich verpflanzt, Tau- ende Leben gerettet. In einem so sensiblen Feld der Me- izin reichte das Fehlverhalten einiger Weniger, um das ertrauen in ein ganzes System zum Wanken zu bringen. Als Politikerinnen und Politiker tragen wir Verant- ortung. Verantwortung im Zusammenhang mit Organ- pende und Transplantation bedeutet nicht nur Aufklä- ng und Kontrolle, Verantwortung bedeutet auch den erzicht auf Skandalisierungen. Niemand sollte die Vor- lle instrumentalisieren, um eine persönlich grundsätz- che Ablehnung der Organspende zu transportieren. Je- er sollte in diesem sensiblen Politikfeld aber auch der ersuchung widerstehen, für die eine oder andere chlagzeile und etwas öffentliche Aufmerksamkeit den rganspendeprozess in Verruf zu bringen. So haben zum eispiel nicht belegte Behauptungen aus der Fraktion er Grünen, Privatpatienten würden bei der Organver- abe bevorzugt, dazu beigetragen, das Vertrauen der 32350 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 (A) ) )(B) Menschen in eine gerechte Organvergabe ungerechtfer- tigterweise zu erschüttern. Belegt hingegen sind die Manipulationen und be- wussten Verstöße gegen die Richtlinien der Bundesärzte- kammer in 4 von 24 Lebertransplantationszentren. Hier wurde mit dem Ziel manipuliert, eigene Patienten auf der Warteliste nach vorn zu rücken, zum Nachteil der nichttransplantierten Patienten, möglicherweise auch zum Nachteil des Transplantierten, wenn die Indikation nicht gegeben war. Es ist also unstrittig, dass unser selbstverwaltetes Ge- sundheitssystem nicht ohne öffentliche Kontrolle und Sanktionsmöglichkeiten bei Fehlverhalten auskommt. Ebenso ist eine aufmerksamere Aufsicht der Länderbe- hörden notwendig. Wir haben mehr staatliche Kontrolle durchgesetzt durch unsere Änderungen im Transplanta- tionsgesetz vom 21. Juli 2012 und denjenigen, die in der vorigen Sitzungswoche einstimmig verabschiedet wur- den. Auch der Antrag, der heute auf der Tagesordnung steht, wird dazu beitragen, noch mehr Transparenz und Kontrolle im gesamten Organspendeprozess zu erzielen. Neben der Erhöhung der Transparenz und der Sicher- stellung der Kontrolle und Sanktionen bei Manipulatio- nen im Zusammenhang mit der Warteliste wollen wir durch den gemeinsamen Antrag auch die Verbesserung der Qualität der Transplantationen vorantreiben. Im internationalen Vergleich steht Deutschland bisher in Sachen Qualität bei der Organtransplantation nicht an der Spitze. Genaue Angaben, warum das so ist, können wir heute aufgrund einer ungenügenden Datenlage nicht machen. Ein Grund könnte beispielsweise darin liegen, dass zum Beispiel bei der Lebertransplantation in Deutsch- land nur nach der Dringlichkeit vorgegangen wird. Fra- gen der Erfolgsaussicht werden nicht berücksichtigt, im Gegensatz zu manchen anderen Ländern. Es liegt auf der Hand, dass ein Zentrum, dass viele Patienten mit termi- nalem Leberversagen nach langem Verlauf mit begin- nendem Versagen auch anderer Organsysteme transplan- tiert, schlechtere Erfolgsergebnisse aufweist als ein Zentrum, das solche Patienten nicht transplantiert. Eine Rolle spielt auch, dass in Deutschland wegen der gerin- geren Zahl von Organspendern als beispielsweise in den Niederlanden oder in Spanien auch auf Organe von alten Menschen zurückgegriffen wird. Aber auch andere Ursa- chen der Qualitätsunterschiede kommen infrage. Zukünftig soll es eine einheitliche und umfassende Datenerhebung im gesamten Prozessablauf der Trans- plantationsmedizin geben. So können wir die Entschei- dungen bei der Vermittlung von Organen nach Dring- lichkeit und Erfolgsaussicht auf eine fundiertere Datenbasis stellen. Auch die Versorgungsqualität in den einzelnen Transplantationszentren kann transparent ge- macht werden. Das ist die Voraussetzung dafür, festzule- gen, in welchen Zentren zukünftig welche Organe trans- plantiert werden sollen. Die Spendebereitschaft erhöhen können alle gesetz- geberischen Regelungen nur mittelbar. Ich bin aber über- zeugt, dass mit einem solchen Register das Vertrauen der M d e a g in d n re s T w B d s d s b d re S s w d G d a la ri ti u li T d c w b s h o k Q d R d s g s re z s a s m m (C (D enschen in das System der Organspende gestärkt wer- en kann. Jeder kann nachvollziehen, wie Menschen mit iner Organspende geholfen werden kann und dass ver- ntwortungsvoll mit den gespendeten Organen umge- angen wird. Auch wenn es inzwischen so aussieht, dass die Ärzte den Transplantationszentren die Manipulationen an en Wartelisten nicht aus finanziellen Gründen vorge- ommen haben, so bestehen noch immer schädliche An- ize. Ein solcher Anreiz ist zum Beispiel, in einem be- onders guten Licht dazustehen, wenn viele ransplantationen im eigenen Zentrum durchgeführt erden. Wir von der SPD hätten uns gewünscht, dass oni auf Fallzahlsteigerungen, sprich der Anreiz, um je- en Preis die Zahl der Operationen zu steigern, grund- ätzlich verboten würden. Der Regierungskoalition ging as zu weit. Sie setzt lediglich auf Empfehlungen, auf olche Boni zu verzichten, und darauf, in den Qualitäts- erichten der Krankenhäuser darauf zu verweisen, falls ie Klinik nach wie vor solche Sonderzahlungen mit ih- n Chefärzten vereinbart. Das bietet keinen wirksamen chutz für die Patientinnen und Patienten. Nur ein voll- tändiges Verbot derartiger Vereinbarungen kann als not- endiges Signal an die Menschen wirken. Nur so kann eutlich gemacht werden, dass alleine die Sorge um ihre esundheit und keine finanziellen Interessen das Han- eln ihrer Ärztinnen und Ärzte lenkt. Ich persönlich glaube, es ist unvermeidbar, dass wir uch die Zahl der Transplantationszentren in Deutsch- nd überdenken. 49 Transplantationszentren „konkur- eren“ heute um Patienten und Organe – mit allen nega- ven Folgen, die eine solche Konkurrenz hat. Es ist nvermeidlich, dass wir nicht nur zur Stärkung der Qua- tät, auch zur Vermeidung von Kontrolldefiziten die ransplantationen stärker konzentrieren. Um jedoch in iesem Bereich Entscheidungen treffen zu können, brau- hen wir mehr Informationen: Informationen darüber, ie die Qualität der Transplantationszentren ist. Und wir rauchen die Kooperation der Bundesländer. Schließlich ind sie es, die die Verantwortung über den Kranken- ausbereich haben. Wer Organe spendet oder auf der Warteliste für ein der mehrere Organe steht, muss sich darauf verlassen önnen, dass der gesamte Prozess sicher und in guter ualität abläuft. Er muss auch sicher sein können, dass ie Organspende und die Organvergabe streng nach den ichtlinien der Bundesärztekammer verlaufen und dass iese Richtlinien regelmäßig nach dem Stand der Wis- enschaft aktualisiert werden. Die Abgeordneten des Bundestages haben die Auf- abe, die gesetzlichen Rahmenbedingungen dafür zu chaffen. Wir betrachten es auch als unsere Pflicht, uns gelmäßig von der Qualität der Transplantationsmedi- in zu überzeugen. Ebenso werden wir uns über die Um- etzung eingeleiteter Vorgaben informieren. Ich bin sehr froh und halte es für ein wichtiges Signal n die Bevölkerung, dass das von allen Fraktionen so ge- ehen wird. Ich werde dem nächsten Bundestag nicht ehr angehören. Es freut mich, dass meine letzte parla- entarische Wortmeldung gerade zu einem Thema ist, Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32351 (A) ) )(B) bei dem über alle Fraktionen die unbedingte Bereitschaft besteht, gemeinsam zu guten Lösungen für alle zu kom- men. Das wird das Vertrauen der Menschen in die Sinn- haftigkeit und Sicherheit einer Organspende stärken und Menschen auf der Warteliste Hoffnung geben. Gabriele Molitor (FDP): Über das Lob eines Exper- ten in der Anhörung von dieser Woche habe ich mich ge- freut. Er lobte, dass sich die Berichterstatter aller Frak- tionen nach Bekanntwerden der Manipulationsvorwürfe erneut ausgiebig mit dem Transplantationswesen in Deutschland beschäftigt haben. Er hat recht. Denn dies ist der Beweis dafür, dass es allen Beteiligten ernst ist, das Vertrauen in die Organtransplantation in Deutsch- land wieder zu steigern. In der Tat haben wir mit der Än- derung des Transplantationsgesetzes im letzten Jahr und den jetzt abschließend zu beratenden Änderungen das Ziel verfolgt, das System gegen Manipulationen zu stär- ken. Aber auch mit den neuen Regelungen wird es keine absolute Sicherheit geben, genauso wenig, wie es in ei- nem staatlichen System absolute Sicherheit gäbe. Die Systemfrage hier zu stellen und der Selbstverwal- tung die Fähigkeit abzusprechen, Missstände aufzude- cken und abzustellen, bezeugt die grenzenlose Staats- hörigkeit der beiden Antragsteller. Mehr staatlicher Einfluss und mehr staatliche Kontrollen bedeuten nicht automatisch mehr Transparenz und Sicherheit. Außer- dem gibt es bereits mehr „staatliche Mitwirkung“. Der Stiftungsrat der „Deutschen Stiftung Organtransplanta- tion“, DSO, wird durch Vertreter von Bund und Ländern verstärkt. Zukünftig können keine Entscheidungen ge- gen die Stimmen der staatlichen Behörden und Körper- schaften des öffentlichen Rechts getroffen werden. Die Stiftung als solche bleibt vorbehaltlich der noch erfor- derlichen Genehmigung der Satzung durch die Stiftungs- aufsicht privatrechtlich, aber die Stiftungsarbeit ist in öffentlich-rechtliche Rahmenbedingungen eingebunden. In der Selbstverwaltung verfügen die Kontrolleure über einen hohen Sachverstand. Und diese Kontrollgre- mien haben eine sehr gute Arbeit geleistet. Um eine ver- gleichbare Kompetenz auf staatlicher Ebene zu errei- chen, müssten wir unzählige Ärzte einstellen. Das kann nicht unser Kernanliegen sein. Wir brauchen Ärzte für die Behandlung von kranken Menschen und nicht in ers- ter Linie als Kontrolleure ihrer Kollegen. Alle Fraktionen haben sich auf einen gemeinsamen Antrag geeinigt und Kompromissbereitschaft bewiesen. Die von den Linken und Grünen vorgelegten eigenen Anträge scheren aus der gemeinsamen Linie aus. In ei- ner Demokratie ist das ihr gutes Recht, trotzdem finde ich dieses Vorgehen bedauerlich. Auch die Aufforderung, sämtliche Richtlinien im Ge- setz genau zu regeln, geht am Wesen medizinischer Ent- wicklung vorbei. Der Stand medizinischen Wissens än- dert sich permanent. Das können wir nicht in Beton gießen; gesetzliche Regelungen müssten ständig überar- beitet werden, um der Wissenschaft nicht hinterherzu- hinken. d d S o w z k re z ta S li s in m k u in tr w s c m g lu W B a a le re ti ü g s s w n S ti h h K a te p d m s (C (D Hier habe ich Vertrauen, dass die Bundesärztekammer em Wunsch des Gesetzgebers entspricht und sich nach em Erkenntnisstand der Wissenschaft richtet. Deswegen bin ich zuversichtlich, dass wir mit einer tärkung der vorhandenen Strukturen im Transplantati- nswesen in Deutschland auf einem guten Kurs sind. Es urden Sofortmaßnahmen erarbeitet und eingeleitet wie um Beispiel die Intensivierung der Kontrollen und Stär- ung der Kontrollgremien, die Erhöhung der Transpa- nz und Vermeidung von Fehlanreizen. Wir haben vor wei Wochen einen Änderungsantrag für das Transplan- tionsgesetz beschlossen, der zum einen strafrechtliche anktionen bei Manipulationen der Warteliste ermög- cht. Diese reichen von Geldstrafen bis hin zu Freiheits- trafen von bis zu zwei Jahren. Zudem muss die Bundesärztekammer ihre Richtlinien Zukunft begründen und durch das Ministerium geneh- igen lassen. Damit sorgen wir für größere Verbindlich- eit der Richtlinien. Die Kontrollen werden fortgesetzt, und wir werden ns auch in Zukunft regelmäßig über die Entwicklungen der Transplantationsmedizin informieren lassen. Deshalb bin ich überzeugt davon, dass sich das Ver- auen in das Transplantationswesen wiederherstellen ird. Dies wird allerdings Zeit brauchen. Vertrauen lässt ich leider nicht „auf Knopfdruck“ erzwingen. Martina Bunge (DIE LINKE): Es ist ein gutes Zei- hen, dass wir zum Abschluss der Legislatur einen ge- einsamen Standpunkt gefunden haben. Eine Legislatur eht zu Ende, in der wir nach umfangreichen Verhand- ngen aller Fraktionen die Entscheidungslösung auf den eg gebracht haben, damit mehr der Bürgerinnen und ürger, die prinzipiell zur Organspende bereit sind, das uch dokumentieren, um damit denjenigen, die dringend uf ein Organ warten, um besser oder überhaupt weiter- ben zu können, zu helfen. Die dann aufgedeckten Un- gelmäßigkeiten und Vorfälle an einigen Transplanta- onskliniken haben uns nicht nur geschockt, sondern berfraktionell stimuliert, zu diskutieren, wie es weiter- ehen soll. Gut, dass es uns gelingt, bei solch lebensent- cheidenden Fragen über Parteigrenzen hinweg gemein- am zu arbeiten, uns zuzuhören und auch die Gedanken echselseitig aufzunehmen. Dafür möchte ich mich bei allen beteiligten Kollegin- en und Kollegen recht herzlich bedanken. Das sind gute tunden und Zeichen parlamentarischer Demokratie. Ob dadurch das Vertrauen in das Organtransplanta- onssystem, das bei vielen verloren ging, bereits wieder- ergestellt werden kann, ist fraglich. Das wird weiter arte Arbeit, ständiges Achten auf Transparenz und ontrolle notwendig machen. Alle Erfahrungen, auch nderer Länder zeigen: Solidarität im Gesundheitssys- m ist das A und O für Vertrauen bei der Organtrans- lantation. Und da ist es bekanntlich in Deutschland urch die zunehmende Kommerzialisierung und Ökono- isierung des Gesundheitssystems nicht zum Besten be- tellt. 32352 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 (A) ) )(B) Wir haben auch noch nicht alle Fragen hinreichend geklärt, die im Raum stehen. Ich denke da nur an den Zielkonflikt, der bei der Auswahl des Organempfängers besteht; wir alle wissen, dass sich höchste Dringlichkeit und größte Erfolgschancen diametral entgegenstehen können. Nach wie vor wird diskutiert, ob die Fixierung auf den Hirntod die hinreichende Entscheidung für die Organentnahme ist. Unzufriedenheit gibt es nach wie vor an den privatrechtlich geprägten Strukturen, über die das Organtransplantationsgeschehen organisiert ist. Auch die Anhörung vom Montag hat noch einmal deutlich gemacht, dass es über die im gemeinsamen An- trag vorgesehenen Maßnahmen hinaus weiteren Hand- lungsbedarf gibt. Wir bleiben vor allem skeptisch, dass künftig allein das Abnicken der Bundesregierung die Legitimierung der von der Bundesärztekammer erstellten Richtlinien für die Wartelistenerstellung bringen kann. Quasi basale Grundrechte von Leben und Tod stellen hier einen besonders hohen Grundrechtebezug auf. Die Begründung, dass der medizinische Fortschritt eine enorme Dynamik in die Entscheidungskriterien bringe und erfordere, die Einzelheiten in die Hände der Ärzte- schaft zu geben, greift meines Erachtens zu kurz. Es kann nicht sein, dass die Ärztekammer entscheidet, ob sie der Dringlichkeit oder der Erfolgsaussicht den Vor- rang gibt, und damit entscheidet, ob derjenige das Organ erhält, der dies dringend benötigt – auch wenn die Er- folgsaussicht gering ist –, oder derjenige, der weniger dringend ein Organ braucht, aber bei dem die Erfolgs- aussicht höher ist. Die Entscheidung, wer von beiden länger leben darf, kann nicht von der Ärztekammer vor- bestimmt werden. Ich finde, um die Begriffe Dringlichkeit und Erfolgs- aussicht zu verknüpfen, bedarf es einer zutiefst ethischen Diskussion, die in die Mitte der Gesellschaft gehört. Und dann kann sich das Parlament auch nicht entziehen. Abschließend wünschte ich mir, dass sich das Parla- ment künftig mit ähnlicher Gründlichkeit wie bei der Or- gantransplantation auch Zeit nimmt, über Wege und Möglichkeiten der Vermeidung von Organverlusten zu reden und entsprechende Maßnahmen auszulösen. Wir alle wissen, dass bei der Leber zu 50 Prozent die alkoholische Leberzirrhose in den Industrieländern die häufigste Ursache ist. Nach wie vor ist in unserem Life- style Alkohol fester, fast unerschütterlicher Bestandteil. Nicht unbekannt ist ebenfalls, dass Nieren zu großen Mengen dem Diabetes-Typ-2 zum Opfer fallen, der als häufig vermeidbar gilt, oder auch dem Bluthochdruck, der gut beeinflussbar, reduzierbar bzw. auch vermeidbar ist. Und die Lunge: Hier ist die Hauptursache chronisch obstruktiver Atemwegserkrankungen die individuelle Belastung durch das Rauchen zu sage und schreibe 90 Prozent. Doch wo stehen wir? Beklatscht werden Er- folge in nicht rauchenden Gymnasialklassen, aber das von der WHO initiierte vollständige Tabakwerbeverbot – Werbung, die alle erreicht und anspricht – wird nicht u s n e z ti v c u s b b s u o E d d te d T S te d g d R g v fr z b W s ro E fo U z d g ra u w s W e e n g T (C (D mgesetzt; nach wie vor machen uns Plakate und Kino- pots weis, dass Rauchen einfach cool ist. Wir müssen, um unsägliches Leid zu verhindern, alle ur möglichen präventiven und kurativen Maßnahmen rgreifen, um den Verlust eigener Organe weitestgehend u vermeiden. Dann haben auch die Menschen, wo gene- sch oder anderweitig medizinisch bedingt, ein Organ- erlust unabwendbar ist, mehr und bessere Chancen. Auch und gerade für die Organtransplantation brau- hen wir dringend eine moderne Gesundheitsförderung nd Prävention, anders werden wir die Diskrepanz zwi- chen Bedarf an Organen und möglichen Spenden nicht eherrschen können. Ich bin froh, dass wir etwas in die richtige Richtung ewegt haben, aber dieser Weg ist noch nicht abge- chlossen. Wir werden als LINKE weiterhin schieben, m den Prozess der Organtransplantation vorbildlich zu rganisieren. Dr. Harald Terpe (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): igentlich ist es erstaunlich, dass wir jetzt noch einmal ie Möglichkeit haben, über das Thema Organspende zu ebattieren. Mit den Verlautbarungen des Bundesminis- rs für Gesundheit aus dem vergangenen Herbst wurde er Eindruck vermittelt, als seien mit der Reform des ransplantationsgesetzes vom Juni 2012 und mit dem pitzengespräch vom 27. August infolge der Wartelis- nmanipulationen eigentlich alle Probleme gelöst. Dass ies nicht der Fall war, haben wir in den letzten Monaten esehen. Es ist auch der Hartnäckigkeit von uns Grünen zu ver- anken, dass die Debatte über bessere Strukturen und egelungen in der Organspende nicht beendet wurde. Es ab ja manchen, der das gerne gesehen hätte, sei es, um on eigenem Fehlverhalten abzulenken, sei es aus der agwürdigen Überzeugung, zu viel Transparenz würde u Vertrauensverlust führen. Hätten wir dem nachgege- en, wäre es eher bei marginalen Änderungen geblieben. ir sind ganz im Gegenteil der Überzeugung, dass ein tarkes Signal für Transparenz und unabhängige Kont- llen erst Vertrauen sichern bzw. wiederherstellen kann. s gab und gibt bei manchen Beteiligten anscheinend rtdauernd eine große Furcht davor, die wirklichen rsachen der Organspendeskandale der letzten Monate u betrachten, weil dies zwangsläufig dazu führt, die erzeitigen Strukturen im Transplantationssystem ganz rundsätzlich auf den Prüfstand zu stellen. Durch zwar lange, aber zuletzt ergebnisorientierte Be- tungen zwischen den Berichterstattern der Fraktionen nd dem BMG konnten wir in der letzten Woche einige ichtige Änderungen im Transplantationsgesetz be- chließen. Die grüne Hartnäckigkeit hat sich gelohnt: ir haben die Richtlinien der Bundesärztekammer unter inen Genehmigungsvorbehalt gestellt. Und wir haben inen neuen Straftatbestand für Wartelistenmanipulatio- en geschaffen. Zudem ist die Einführung eines Transplantationsre- isters geplant, mit dem zukünftig die Qualität von ransplantationen dauerhaft überwacht werden soll. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32353 (A) ) )(B) Darüber hinaus wird die Bundesregierung verpflichtet, dem Deutschen Bundestag in den nächsten Jahren jähr- lich einen Bericht über aktuelle Entwicklungen in der Transplantationsmedizin vorzulegen. Damit soll der Ge- setzgeber zukünftig in die Lage versetzt werden, Fehl- entwicklungen frühzeitig entgegenzuwirken. Schließlich haben wir eine Fachanhörung zu der Frage durchgeführt, wie eine geeignete öffentlich-recht- liche Legitimierung und Verantwortung sowohl der Organisation der Organspende als auch der Kontrolle des Transplantationssystems, einschließlich des Vermitt- lungsverfahrens, organisiert werden muss. Von all diesen Änderungen war im letzten Herbst noch nicht die Rede – wenigstens nicht in der Koalition. Wenn Sie ehrlich sind: Wir haben Sie da auch ein biss- chen zum Jagen tragen müssen. Uns verbindet die Hoffnung, das Vertrauen der Bevöl- kerung in die Organspende wiederherstellen zu können. Der vorliegende interfraktionelle Antrag ist als öffentli- cher parlamentarischer Beitrag sicher ein wichtiges Si- gnal. Gerade weil – wie wir am Montag in der Anhörung von der Vorsitzenden der Prüfungskommission gehört haben – nicht ausgeschlossen ist, dass bei den geplanten, nun anstehenden Prüfungen weitere Manipulationen ans Licht kommen, ist es wichtig, dass der Gesetzgeber un- missverständlich klarmacht, dass nunmehr Transparenz, unabhängige Kontrollen und Verteilungsgerechtigkeit auf der Grundlage rechtsstaatlicher Kriterien das deut- sche Transplantationswesen bestimmen müssen. Erst dann besteht überhaupt die Chance, dass eine hoffentlich ergebnisoffene Aufklärung wie etwa die In- formationen der Krankenkassen an dem unguten Gefühl, das viele Menschen derzeit beim Thema Organspende beschleicht, etwas werden ändern können. Es darf nicht der Eindruck entstehen, dass sie zur Organspende über- redet werden sollen. Nur so lässt sich das Vertrauen der Bevölkerung in das System nachhaltig wieder herstellen. Wir unterstützen den interfraktionellen Antrag, weil er die schon genannten wichtigen Änderungen enthält. Die vielen Enthüllungen der letzten Monate haben aber auch gezeigt, dass es sich dabei eben nicht – wie oft be- hauptet – um bedauerliche Einzelfälle handelt. Wir sind daher weiterhin der Ansicht, dass es weitere grundlegendere Strukturveränderungen in der Transplan- tationsmedizin braucht. Viele Ärztinnen und Ärzte, die vor Ort in diesem Bereich tätig sind, teilen übrigens diese Ansicht. Die Feststellung, dass wir beispielsweise zu viele Transplantationszentren in Deutschland haben, die in ungutem Konkurrenzdruck zueinander stehen, ge- hört mittlerweile schon fast zum Allgemeingut – selbst bei den Vertretern der Selbstverwaltung. Und auch die Tatsache, dass die derzeitigen Kontrollgremien gar nicht über die Kapazitäten verfügen, eine dauerhafte Kontrolle aller Zentren sicherzustellen, ist eigentlich allen Betei- ligten klar. Darüber hinaus müssen sämtliche Vermittlungs- entscheidungen – auch solche, die auf Ausnahmerege- lungen basieren – transparent gemacht werden. ru d s n A rü s J F d s d re li s d d G m e h li lu B ä u e s A n a L ra N n W li W c re d s (C (D Es bleibt zu hoffen, dass die zukünftige Bundesregie- ng hier vorausschauender agiert und zusammen mit em Bundestag für ein vertrauenswürdiges System orgt, damit sich die Probleme um die Organspende icht zu einem „Schrecken ohne Ende“ entwickeln. nlage 22 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – Entwurf eines … Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes – Herstellung der institutio- nellen Unabhängigkeit der Justiz – Entwurf eines Gesetzes zur Herstellung der institutionellen Unabhängigkeit der Justiz (Tagesordnungspunkt 16) Norbert Geis (CDU/CSU): Die beiden Anträge be- hren einen der wichtigsten Grundsätze unserer Verfas- ung: die Gewaltenteilung in Exekutive, Legislative und udikative. Die Gewaltenteilung gehört zum klassischen undus aller europäischen Staaten. Sie ist Bestandteil essen, was wir unter Rechtsstaat verstehen. Rechts- taatlichkeit bedeutet Ausübung staatlicher Macht mit em Ziel, den Bürgerinnen und Bürgern Freiheit, Ge- chtigkeit, Sicherheit und vor allem die jeweils persön- che Würde zu gewähren. Die Gewaltenteilung ist Bestandteil dieses rechts- taatlichen Prinzips. Der Kern dieser Idee liegt darin, ass der einzelne Mensch nicht der erdrückenden Macht es Staates ausgeliefert ist. Deshalb muss die öffentliche ewalt nicht nur demokratisch organisiert, sondern auch it Gegengewichten austariert sein. So wird am ehesten rreicht, dass der Einzelne seine Würde und seine Frei- eit behält und nicht im Räderwerk der geballten staat- chen Macht untergeht. Dieses Prinzip der Gewaltentei- ng findet sich in der Proklamation der Menschen- und ürgerrechte von 1789. Dieses Prinzip ist allerdings viel lter. Es findet sich bei Aristoteles, Locke, Montesquieu nd bei Kant. Da es sich bei der Gewaltenteilung um ein lementares Prinzip unseres Rechtsstaates handelt, wird ie demgemäß auch von der Ewigkeitsklausel in Art. 79 bs. 3 Grundgesetz erfasst. Sie ist Bestandteil jener Ord- ung, gegen deren Beseitigung alle Deutschen das Recht uf Widerstand haben, Art. 20 Abs. 4 GG. Zu diesem Organisationsschema der Staatsgewalt in egislative, Exekutive und Judikative kommt der Föde- lismus als ein weiteres Element der Gewaltenteilung. atürlich üben auch Rundfunk und Presse, die soge- annte vierte Gewalt, eine die Staatsgewalt begrenzende irkung aus. Dies gilt auch für weitere rein gesellschaft- che Kräfte und insbesondere auch für den Einfluss der irtschaft. Diese haben jedoch nicht teil an der öffentli- hen Gewalt. Sie haben dafür keinerlei Legitimation im chtsstaatlichen Sinn. Sie haben zwar Macht, aber keine emokratisch legitimierte Macht. Eine weitere Überlegung scheint mir in diesem Zu- ammenhang notwendig. Die einzelnen Gewalten sind 32354 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 (A) ) )(B) nicht scharf voneinander getrennt. Das Grundgesetz kennt nicht nur die klassische Gewaltenteilung, es kennt vielmehr auch die Verschränkung, das Ineinanderspiel der drei Gewalten. Die Beispiele dafür sind zahlreich. Das gilt zum Beispiel für den Vollzug der Gesetze durch die Bundesländer bis hinab zu den Gemeinden. Das gilt für die Mitwirkung des Bundesrates bei der Gesetzge- bung des Bundes. Das gilt aber auch im Bereich der Jus- tiz. Die Rechtsprechung spielt im demokratischen Staats- wesen keineswegs eine Nebenrolle, sondern hat eine zentrale Bedeutung. Sie schafft die Möglichkeit, Kon- flikte innerhalb der Gesellschaft mithilfe der Staatsge- walt zu lösen. Durch den gerechten Richterspruch wird der Einzelne vor der zweifellos demokratisch legitimier- ten Herrschaft der Exekutive geschützt. Schließlich hat sie die wichtige Aufgabe, durch das Strafrecht für Ord- nung und gesellschaftlichen Frieden im Staat zu sorgen. Diese rechtsprechende Gewalt ist nach Art. 92 Abs. 1 GG den Richtern anvertraut. Die Richter haben das Recht- sprechungsmonopol zusammen mit den Gerichten. Die beiden anderen Gewalten haben diese rechtsprechende Gewalt nicht. Damit die Richter das Amt der Rechtsprechung aus- üben können, sind sie keiner anderen Gewalt unterwor- fen; sie sind unabhängig. Allerdings sind die Richter dem Gesetz unterworfen, das sie auf den Einzelfall anzu- wenden haben. Sie dürfen nicht selbst die Rechtsord- nung schaffen. Dies ist Sache der Legislative. Schon gar nicht dürfen sie die Verfassung ändern. Das gilt natürlich insbesondere für das Verfassungsgericht. Aus der Unabhängigkeit der Rechtsprechung folgt, dass die Eigenständigkeit der dritten Gewalt im Verhält- nis zu den anderen Gewalten ein besonderes Gewicht ha- ben muss. Das Grundgesetz stellt deshalb auch an die Trennung der Justiz von der Verwaltung strenge Anfor- derungen. Allerdings fordert das Grundgesetz keine vollständige Trennung von Verwaltung und Rechtspre- chung, sondern lässt Überschneidungen zu. Dort aller- dings, wo es um die Unabhängigkeit der Rechtsprechung selbst geht, ist eine scharfe Trennung vorgesehen und auch geboten. Der nicht unmittelbar der Rechtsprechung zugeord- nete Bereich der Justiz ist organisatorisch und institutio- nell an die Exekutive angebunden. Sie gehört zur Ressortzuständigkeit des entsprechenden Fachministers. Es gibt deshalb immer wieder die Diskussion, ob nicht die Justiz organisatorisch völlig aus der Ressortzugehö- rigkeit herauszunehmen ist, wie das auch in anderen eu- ropäischen Ländern der Fall ist. Dies ist jedoch keine verfassungsrechtliche Frage, sondern eine verfassungs- politische Frage. Der Zustand, wie wir ihn jetzt in Deutschland haben, widerspricht jedenfalls nicht der Verfassung. Ob bei der völligen Herauslösung der ge- samten Justiz aus der Verwaltung die demokratische Le- gitimation nicht verloren geht, ist fragwürdig. Wohl aber könnte man eine solche vollständige Eigenständigkeit der Justiz so gestalten, dass sie verfassungsrechtlich tragbar wäre. ß w h W k a is d re g L a V d fu w b te a L w g v d g u k v z E S d g u n D n li v g ri a g d g d n w (C (D Es ist jedoch die Frage, ob dies in der Sache eine grö- ere Effizienz bringen würde. Wir haben europa- und eltweit eine sehr gut funktionierende Justiz. Die Be- auptung, die Justizministerien könnten in irgendeiner eise Einfluss nehmen auf die richterliche Unabhängig- eit, ist durch nichts bewiesen. Es gibt Beispiele genug, us denen sich geradezu das Gegenteil folgern lässt. Es t auch eine Illusion, zu glauben, dass Personalentschei- ungen allein durch richterliche Gremien per se sachge- chter seien als durch ein Ministerium. In den Gerichten ibt es „Karriereseilschaften“, durch welche die eigenen eute vorangebracht und andere ausgeschlossen bleiben, uch wenn sie noch so qualifiziert sind. Auch sollte man die Justizminister nicht aus ihrer erantwortung entlassen, dafür Sorge tragen zu müssen, ass alles getan werden muss, damit die Rechtsprechung nktionieren kann. Auch die Anbindung der Staatsan- altschaften an das jeweilige Fachministerium hat sich ewährt. Die Staatsanwälte sind nicht politisch motivier- n Weisungen unterworfen, sondern allein Weisungen us rechtlicher Sicht. Außerdem unterliegen sie dem egalitätsprinzip. Kein Justizminister in Deutschland ürde sich getrauen, einem Staatsanwalt eine nicht sach- erechte Weisung zu erteilen. Er hätte morgen sein Amt erloren. Die beiden vorgelegten Gesetzentwürfe sind aber urchaus diskussionswürdig. Sie geben zumindest Gele- enheit, über das Zusammenspiel der Gewalten und über nser gesamtes Verfassungsgefüge vertieft nachzuden- en. Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU/CSU): Die orliegenden Gesetzesentwürfe der Fraktion Die Linke ur organisatorischen Unabhängigkeit der Justiz von der xekutive haben zwei Fragen aufgeworfen: Erstens. Gibt es tatsächlich praktische Probleme im ystem der Justiz, die eine solch tief greifende Reform es Justizapparats erforderlich machen? Zweitens. Sind die Vorschläge der Fraktion Die Linke eeignet, etwaige strukturelle Probleme zu lösen? Beide Fragen beantworte ich mit einem klaren Nein, nd ich nutze gerne die Gelegenheit dieser Debatte, um ochmals ausdrücklich festzustellen: Die Justiz in eutschland funktioniert sehr gut. Sie ist im internatio- alen Vergleich effizient, frei von Korruption und fach- ch auf hohem Niveau. Deshalb genießt sie in der Be- ölkerung zu Recht ein hohes Ansehen. In dieser Legislaturperiode haben wir sie noch besser emacht: Wir haben den Schutz vor überlangen Ge- chtsverfahren – auch solche gibt es ausnahmsweise – usgebaut, sodass jeder Bürger nunmehr das Recht auf erichtlichen Rechtsschutz in angemessener Zeit besser urchsetzen kann; ansonsten steht ihm eine Entschädi- ung zu. Auch sind wir mit dem Gesetz zur Förderung es elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten ei- en entscheidenden Schritt in Richtung sichere und an- enderfreundliche E-Justice gegangen. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32355 (A) ) )(B) Unbestritten wäre eine Abhängigkeit oder gar inhalt- liche Steuerung der richterlichen Tätigkeit durch die Exekutive, wie sie die Fraktion der Linken behauptet, mit Art. 97 Grundgesetz nicht vereinbar. Entschieden möchte ich an dieser Stelle aber dem Eindruck entgegen- treten, dass die Entscheidungsbefugnisse der Exekutive in Bezug auf die Ausstattung der Justiz oder auf Perso- nalentscheidungen die Unabhängigkeit der Rechtspre- chung infrage stellen. Da ich während meiner Zeit als Amtsrichterin selbst keine einzige Einflussnahme der Exekutive in Form von Steuerungen von Karrieren durch Entscheidungen über die Beurteilung, Beförderung und andere Personalmaß- nahmen auf die Justiz erlebt habe, habe ich in der öffent- lichen Anhörung im Rechtsausschuss den Vertreter der Neuen Richtervereinigung nach konkreten Beispielen gefragt. Schließlich sind die Entwürfe der NRV und der Fraktion Die Linke inhaltsgleich. Konkrete Beispiele dafür, dass seitens der Exekutive auf die Richterschaft eingewirkt wird, und zwar mit wel- cher Erwartungshaltung, welcher Methodik, welcher Zielrichtung, konnten mir aber nicht genannt werden. Vielmehr werden Gefahren als Folge der Ausübung der Justizverwaltung durch die Exekutive lediglich theore- tisch behauptet; über das Beurteilungs- und Beförde- rungswesen könne Einfluss genommen werden, was in- formelle Abhängigkeitsstrukturen begünstige. Betrachten wir ganz objektiv den Global Competi- tiveness Report 2012-2013 des Weltwirtschaftsforums, so muss man feststellen, dass die deutsche Judikative im Bereich der Unabhängigkeit weltweit auf dem siebten Platz und damit deutlich vor den klassischen Vertretern einer selbstverwalteten Justiz liegt. Die von den Linken vorgeschlagenen Organisationsstrukturen bieten also gerade keine Gewähr, zu mehr tatsächlicher Unabhän- gigkeit der Rechtsprechung zu kommen. Klassische Ver- treter einer selbstverwalteten Justiz wie Frankreich, Spa- nien und Italien liegen auf den Plätzen 39, 60 und 68 dieses Reports – deutlich hinter Deutschland. Selbst wenn man ein Abhängigkeitssystem annehmen würde, so verweist Herr Professor Wittreck von der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster zu Recht darauf, dass die Entwürfe der Fraktion Die Linke das Problem nicht lösen, sondern nur ein Abhängigkeitssys- tem durch ein anderes ersetzen, das Problem also nur verlagern würden. Während sich ein Richter bislang, hypothetisch be- trachtet, an den Erwartungen des Ministerialdirektors im Justizministerium orientieren könnte, würde er im Rah- men der Selbstverwaltung über die Erwartungen eines Mitglieds des Justizrates oder Wahlausschusses nachsin- nen. Die behaupteten Gefahren für die Unabhängigkeit der einzelnen Richter bzw. die Politisierung derselben würden also nicht beseitigt, sondern nur vom Ressort- minister auf den Justizrat verlagert. Der entscheidende Unterschied besteht darin, dass ein Ressortminister dem Parlament und in periodischem Abstand dem Wähler ge- genüber für seine Justizpolitik verantwortlich ist; für den Justizrat gilt dies nicht. te e je s R u Z d n k ih m d w ta E u fo d ra L u k m R d tr b p k v s d d H ti d fi u e fe v w d d p R w tu z b k (C (D Nichts spricht dafür, dass wechselnde Präsidentschaf- n und rotierende Justizräte dazu beitragen würden, eine ffektivere Justizverwaltung zu gewährleisten. Auch tzt ist die Justiz bereits maßgeblich an organisatori- chen Abläufen beteiligt. So verwalten im Präsidium die ichterinnen und Richter ihr Gericht selbst, soweit es m die Zuweisung der richterlichen Aufgaben und die usammensetzung der Spruchkörper geht. Richter- ienstgerichte sorgen dafür, dass gravierendere Diszipli- armaßnahmen in Bezug auf richterliche Unabhängig- eit ausgesprochen werden. Das Ministerium gibt die m vom Parlament bewilligten Haushaltsmittel im Rah- en der dezentralen Budgetierung zum größten Teil an ie Gerichte und Staatsanwaltschaften zur eigenverant- ortlichen Verwaltung weiter. Zu erkennen ist also, dass die Justizverwaltung ein vi- les Interesse an der rechtzeitigen und umfassenden inbindung der Gerichte und Staatsanwaltschaften hat, m deren justizpraktisches Know-how zu nutzen. Entscheidend ist: Jede Ausübung von Staatsgewalt er- rdert ihre demokratische Legitimation; sie muss auf as Volk als Legitimationssubjekt rückführbar sein. Ge- de daran mangelt es dem Vorschlag der Fraktion Die inke, in dem sich der Justizrat eben nicht auf eine un- nterbrochene demokratische Legitimationskette stützen ann. Weder wäre der Justizrat durch das Volk legiti- iert noch ist in dem Gesetzentwurf eine staatliche echtsaufsicht über diese vorgesehen. Es würde nach ieser Vorstellung eine von jeder demokratischen Kon- olle freie Richterschaft Entscheidungsträger hervor- ringen, die sich unter Berufung auf richterliche Status- rivilegien jeder parlamentarischen Kontrolle entziehen önnten. Nicht zuletzt deshalb gehe ich auch weiterhin fest da- on aus, dass die Bundesländer eine etwaige Grundge- etzänderung nicht mittragen würden. Die Union kann en vorliegenden Entwürfen deshalb nicht zustimmen. Dr. Edgar Franke (SPD): In den Gesetzentwürfen er Fraktion der Linken im Deutschen Bundestag zur erstellung der institutionellen Unabhängigkeit der Jus- z wird gefordert, dass Deutschland den Anschluss an en europäischen Standard der Rechtsstaatlichkeit nden und die Justiz in Bund und Ländern institutionell nabhängig ausgestaltet werden soll. Dies haben wir in rster Lesung diskutiert. Des Weiteren hatten wir die öf- ntliche Anhörung zu den Gesetzentwürfen. Hier wurde unsere Sicht weitgehend bestätigt: Eine on parlamentarischem Einfluss freie Justizverwaltung iderspricht dem Kerngehalt des Demokratieprinzips es Grundgesetzes und kann auch durch Verfassungsän- erung nicht vorgesehen werden. Das Gewaltenteilungs- rinzip und andere verfassungsrechtliche Prinzipien und egelungen gebieten nicht die Einführung der Selbstver- altung der Justiz. Die Einführung einer Selbstverwal- ng ist weder notwendig noch wünschenswert und weckmäßig. Sie ist demokratietheoretisch höchst pro- lematisch. Sie stärkt nicht die parlamentarische Demo- ratie des Grundgesetzes, sondern „ständestaatliche Ten- 32356 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 (A) ) )(B) denzen“, wie es Professor Hans-Jürgen Papier im Rahmen der Anhörung formulierte. Es muss vielmehr festgestellt werden, dass die rich- terliche Unabhängigkeit, die verfassungsgarantierte rich- terliche Unabhängigkeit, nicht von einer Selbstverwal- tung der Justiz berührt wird oder abhängig ist. Eine sich selbst verwaltende Justiz läuft Gefahr, den eigenen fi- nanziellen Interessen hinterherzulaufen. Hinzu kommt: Eine Selbstverantwortung würde den Staat nicht von sei- ner Pflicht entbinden, die Justiz so zu organisieren und auszustatten, dass diese ihrer verfassungsrechtlichen Verpflichtung entsprechen kann. Das Grundgesetz konstituiert ein System der Gewal- tenverschränkung, nicht der Gewaltentrennung. Sie, werte Kollegen von der Fraktion Die Linke, konnten nicht belegen, dass eine Strukturreform verfassungspoli- tisch notwendig oder gar verfassungsrechtlich zulässig ist. Das bestehende Justizsystem weist keine gravieren- den Mängel auf. Es gibt keine Probleme mit der Unab- hängigkeit der Richter. Im Gegenteil: Der Schaden wäre eindeutig höher als der Nutzen. Das sind zumindest meine Erkenntnisse aus der Expertenanhörung. Daher lehnen wir Ihre Gesetzentwürfe ab, wie es der Rechts- ausschuss auch mehrheitlich empfohlen hat. Marco Buschmann (FDP): Die Diskussionen über eine weitere Stärkung der institutionellen Unabhängig- keit der Justiz sind grundsätzlich gut und wichtig. Je- doch zeigt der Blick über die Grenzen, dass die deutsche Justiz heute bereits auf hohem Niveau, effektiv, kosten- günstig und auch unabhängig arbeitet. Das belegen bei- spielsweise internationale Vergleichsstudien. Die deut- sche Justiz belegte etwa im Global Competitiveness Report 2011-2012 weltweit den siebten Platz. Länder dagegen, in denen es justizielle Selbstverwaltungsstruk- turen gibt, wie sie der Entwurf vorschlägt, wie etwa Frankreich, Italien und Spanien, liegen stattdessen weit hin- ter Deutschland mit aktuellen Rängen von 37, 60 und 65. Deutschland kann also stolz sein auf sein Justizsys- tem. Unsere Richterinnen und Richter, unsere Staatsan- wältinnen und Staatsanwälte leisten hervorragende Ar- beit – und zwar im Rahmen unseres Justizsystems, wie es derzeit ist. Die Fakten sprechen also dagegen, hier Hand anzulegen und fundamentale Veränderungen – zu- mal am Grundgesetz – vorzunehmen. In der öffentlichen Anhörung zu den Gesetzentwürfen wurde darüber hinaus von den Sachverständigen auch noch auf Gefahren hingewiesen, die mit dem Entwurf verbunden sind und die ich Ihnen hier nicht vorenthalten möchte: Eine Selbstverwaltung der Justiz, wie sie in den Ge- setzentwürfen gefordert wird, ist eine vom parlamentari- schen Einfluss freie Justiz und widerspricht damit nach Ansicht mehrerer Sachverständiger dem Kerngehalt des Demokratieprinzips; denn es entsteht eine Legitima- tionslücke zwischen der ersten und der dritten Gewalt. Den Selbstverwaltungsorganen der Justiz wäre nicht nur ein nennenswerter Anteil des jeweiligen Staatshaushal- tes zur Verwendung und Verteilung zugewiesen, darüber h T e ta g E fu ri S lü z P d m s n v n d z G b E k a m tu S n u is s w V c li b g s re le d w h s te D u m s te im fe V (C (D inaus hätten sie auch die Personalverantwortung über ausende Mitarbeiter. Diese wichtigen Aufgaben dürfen iner demokratischen Kontrolle in Form einer parlamen- rischen Verantwortlichkeit der Regierung nicht entzo- en werden. Eine Selbstverwaltung der Justiz würde also ntscheidungsträger hervorbringen, die sich unter Beru- ng auf richterliche Statusprivilegien jeder parlamenta- schen Kontrolle entziehen könnten. Diese durch die elbstverwaltung der Justiz drohende Legitimations- cke wird in der heutigen Justizverwaltung über die weite Gewalt geschlossen. Ich möchte noch auf einen weiteren problematischen unkt der Gesetzentwürfe eingehen, die Abschaffung es Proberichterstatus. Die Justizverwaltungen sind im- er wieder auf Personallenkungsmaßnahmen angewie- en. An Gerichten können beispielsweise durch Perso- alfluktuation, Elternzeit, längerfristige Erkrankungen on Richterinnen und Richtern oder auch durch Abord- ungen zu Behörden Lücken entstehen, die gefüllt wer- en müssen. Dazu ist es notwendig, von einem Gericht um anderen Personal umzulenken, um zwischen den erichten Kapazitäten auszugleichen. Da ein auf Le- enszeit ernannter Richter nur mit seiner schriftlichen inwilligung in ein anderes Amt versetzt werden kann, ann eine erfolgreiche Personallenkung nur mit Richtern uf Probe abgewickelt werden; denn Richter auf Probe üssen in den Grenzen des § 13 DRiG einen Dienstleis- ngsauftrag auch bei einem anderen Gericht oder einer taatsanwaltschaft hinnehmen. Personallenkungsmaß- ahmen werden aber auch in Zukunft unverzichtbar sein, nabhängig davon, wie eine Justizverwaltung organisiert t. Es gibt noch einen weiteren Grund, der gegen die Ab- chaffung der Richterprobezeit spricht: Man kann sich eder aufgrund von Zeugnissen noch aufgrund eines orstellungstermins ein vollständiges Bild davon ma- hen, wie jemand im Spruchkörper gegenüber den Betei- gten auftritt. Das zeigt erst die Praxis. Bei einer Le- enszeitanstellung sind nämlich Korrekturen nur noch in anz extremen Ausnahmefällen möglich. Das sind nur zwei der Bedenken, die uns die Sachver- tändigen vorgetragen haben, die aber alleine schon aus- ichen, um zu einem klaren Ergebnis zu gelangen: Wir hnen die vorgelegten Gesetzentwürfe ab! Jens Petermann (DIE LINKE): Die in der bundes- eutschen Justiz tätigen Richterinnen, Richter, Staatsan- ältinnen und Staatsanwälte leisten in der Regel eine ervorragende und hochqualifizierte Arbeit. Darüber ind wir uns hier alle einig. Die Frage ist allerdings, un- r welchen Bedingungen die Juristen arbeiten müssen. amit meine ich zum einen die personelle, technische nd bauliche Ausstattung der Arbeitsplätze. Damit eine ich zugleich aber auch informelle Abhängigkeits- trukturen, die die Rechtsprechung mittelbar und unmit- lbar beeinflussen können. In der ersten Lesung unserer beiden Gesetzentwürfe Januar dieses Jahres war der Tenor fraktionsübergrei- nd eindeutig: Es ist im Jahre 2013 an der Zeit, über erbesserungen unseres Justizsystems, welches schließ- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32357 (A) ) )(B) lich noch aus dem 19. Jahrhundert stammt, nachzuden- ken. Aufgrund dieses veralteten Justizsystems würde Deutschland nicht einmal mehr die Kriterien für eine Aufnahme in die Europäische Union erfüllen. In der öffentlichen Anhörung im Rechtsausschuss ha- ben wir unsere beiden Gesetzentwürfe ausführlich mit namhaften Juristen diskutiert. Unter ihnen war auch der von der SPD oft zitierte ehemalige Präsident des Bun- desverfassungsgerichts Papier. Er sieht in einer selbst- verwalteten Justiz keinen Mehrwert und meint, die Diskussion ginge an den wirklichen Problemen der deutschen Rechtsgewähr vorbei. Indes, das Bundesver- fassungsgericht ist das einzige Gericht, das sich in Deutschland heute schon selbst verwaltet. Vor diesem Hintergrund sollte sich der ehemalige Präsident des mächtigsten deutschen Gerichts, vor dessen Entschei- dungen die Regierung und der Bundestag zittern, im Klaren darüber sein, in welchem Maße die Selbstverwal- tung dieses Gerichts auch dessen Unabhängigkeit si- chert. Ich bin davon überzeugt, dass es schädlich wäre, wenn das Finanzministerium die Mittel und das Justiz- ministerium das Personal für dieses Gericht stellen würde. Hierzu könnten Sie mal was sagen. Wer Gesetze schafft, darf nicht mit ihrer Durchset- zung betraut sein. Wer Gesetze ausführt, ist ein schlech- ter Schiedsrichter, wenn es um die richtige Anwendung geht. Deshalb unterscheidet das Grundgesetz Legisla- tive, Exekutive und Judikative und sichert Letzterer for- mal die Unabhängigkeit zu. Doch leider ist unsere Justiz nicht so unabhängig, wie viele immer glauben. Dafür gibt es genügend Beispiele. Die Politik hat die Personalpolitik in der Justiz fest im Griff. Das geben die Entscheidungsträger in der Justiz natürlich nicht zu. Durch das Leugnen dieses Einflusses funktioniert dieses System seit Jahrzehnten fast rei- bungslos. Und es sind nicht nur die hohen Justizämter, die nach Parteiproporz vergeben werden. Schon bei den Einstellungen und Beförderungen kann die Parteizuge- hörigkeit des Kandidaten unter Umständen eine ent- scheidende Rolle spielen. Nach meinem Verständnis ist damit bereits frühzeitig eine Beeinträchtigung der Unab- hängigkeit möglich und findet auch statt. Nach unserem Modell bekommen Richter eine einheitliche Besol- dungsgruppe und für Beförderungsämter, welche durch Wahlen zeitlich begrenzt vergeben werden, eine zeitlich begrenzte Zulage. Damit ist dieses unsägliche Streben nach den Beförderungen und das damit verbundene An- biedern bei den Vorgesetzen vom Tisch. Mit dem Haushaltsplan machen die Ministerien ver- bindliche Vorgaben hinsichtlich der Anzahl der durch den einzelnen Richter zu erledigenden Verfahren. Und wenn ein Richter oder eine Richterin mehr Zeit für ein Verfahren benötigt, muss diese bei einem anderen wie- der eingespart werden, oder es entsteht ein wachsender Berg an Altverfahren. Beim Oberlandesgericht Karls- ruhe zum Beispiel hat sich ein Richter mehr Zeit zur Gründlichkeit genehmigt und darum die ministeriellen Maßstäbe der Verfahrenszahlen nicht erfüllt. Das hat nun dienstrechtliche Konsequenzen für ihn. Die Präsidentin des OLG hat zwei Verfahren gegen diesen ihren Richter e e A d b B w z S S k J te g d m D n s H n s N z K la h A g ti li s d le n v v e m h c s s w P e ri g u tu d (C (D ingeleitet. Da wird die richterliche Unabhängigkeit zu inem zahnlosen Papiertiger. Unsere Justiz braucht mehr Personal, eine bessere usstattung und die Abschaffung der Ungerechtigkeiten es Besoldungsföderalismus. Was, wie viel und wo ge- raucht wird, kann die Justiz besser beurteilen als ein eamter in warmen und trockenen Ministerialstuben. Die Linksfraktion hat sich mit den beiden Gesetzent- ürfen der Probleme angenommen und Lösungen aufge- eigt, sehr gute Lösungen für die Richterschaft und die taatsanwältinnen und Staatsanwälte. Deshalb bitte ich ie, unseren Gesetzentwürfen zuzustimmen. Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Man ann und muss einen kritischen Blick auf die Lage der ustiz in Deutschland richten. Sie ist strukturell überlas- t durch personelle und sächliche Ausdünnung bei leichzeitiger Übertragung immer weiterer Aufgaben er Rechtsprechung in immer weiteren Lebensbereichen ithilfe immer komplizierter werdender Rechtsnormen. ie Europäisierung und Internationalisierung der Rechts- ormen kommen erschwerend hinzu. Hier sind die Länder in der Pflicht. Bei allem Ver- tändnis für die Notwendigkeit der Konsolidierung der aushalte: An der Justiz zu sparen, bringt so gut wie ichts und schadet gewaltig. Der Bund, also wir, der Ge- etzgeber, kann und muss das seine dazu tun. Klare ormbefehle, Rückbau des Paragrafendschungels, Kon- entration der Ressourcen der Dritten Gewalt auf ihre ernaufgaben: Schon das würde die Justiz gewaltig ent- sten. Im Rechtsstaat muss gerade die Justiz frei und unab- ängig sein. Nur so kann sie ihre Aufgabe erfüllen, ohne nsehen der Person Recht zu sprechen, Gerechtigkeit egenüber jedermann und -frau zu üben und der Legisla- ve wie der Exekutive die Stirn zu bieten. Auch hier egt vieles im Argen. Diejenigen, die keine Beeinflus- ung der Richterinnen und Richter erkennen können, die ie Macht der Exekutive über die Judikative schlicht ugnen, kommen mir vor wie die berühmten drei Affen: ichts sehen, nichts hören, nichts sagen. Dabei ist doch eigentlich nicht zu überhören: Wenn om Bayerischen Richterverein bis zur Neuen Richter- ereinigung sämtliche Richterorganisationen seit Jahren ine grundsätzliche Reform der Justiz in Deutschland zu ehr Autonomie und Selbstverwaltung einfordern, ge- ört schon ein gehöriges Maß an Ignoranz dazu, jegli- hen Bedarf an strukturellen Veränderungen in der deut- chen Justiz zu leugnen. Wir Grünen nehmen die Stimmen aus der Richter- chaft wie auch aus der Staatsanwaltschaft ernst und erden den Diskussionsprozess, der längst schon die olitik in den Ländern erreicht hat, auch auf Bundes- bene weiterführen und in der nächsten Legislaturpe- ode selbst konkrete Vorschläge machen. Das tun wir erne und mit vollem Einsatz für eine demokratische nd rechtsstaatliche Justiz auch in Regierungsverantwor- ng; denn CDU/CSU und FDP scheinen hier weiterhin ie schon erwähnten drei Affen spielen zu wollen. 32358 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 (A) ) )(B) Heute diskutieren wir zum wiederholten Male zwei Gesetzesvorschläge der Linken, die, wie sie auch frei- mütig eingesteht, die Vorschläge der Neuen Richterver- einigung abgeschrieben hat. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Linken, man kann auch die besten Ideen ins Abseits stellen, wenn man sie mit Argumenten zu untermauern versucht, die offensichtlich nicht tragen und viele vor den Kopf sto- ßen, die es zu gewinnen gilt. So schreiben Sie doch wirklich in Ihrer Begründung, Deutschland müsse den Anschluss an den europäischen Standard der Rechts- staatlichkeit finden und sich an der großen Mehrheit der anderen europäischen Demokratien orientieren. Mir fällt es schwer, mehr als zwei oder drei Mitgliedstaaten der Europäischen Union zu nennen, deren Justiz ich gerne als Beispiel und Vorbild nennen würde. Kollege Petermann meint, er könne in diesem Parla- ment Zustimmung zu umfangreichen Verfassungsände- rungen erhalten, wenn er die These aufstellt, Deutsch- land würde – ich füge hinzu: anders als Ungarn, Bulgarien, Rumänien oder Kroatien – wegen des institu- tionellen Zustands unserer Justiz die Aufnahme in die Europäische Union zu versagen sein. Schön klotzig klang auch der Vorwurf, wer sich der Diskussion über Justizreformen nicht stelle, verharre in der letzten Trutz- burg des spätfeudalen Deutschen Kaiserreichs. Ich kann nur sagen: Laut gebrüllt Löwe, aber in der Sache bringt eine solche Debatte nichts. Ich will lieber vier Grundfragen vorstellen, die den uns notwendig erscheinenden Reformbedarf skizzieren: Da ist zuerst die Frage nach der Einstellung der Rich- terinnen und Richter und je nach der Beantwortung der nächsten Fragen auch deren Beförderung und Berufung in herausgehobene Positionen. Wir halten es für richtig, diese Aufgaben in den Ländern wie im Bund in die Hände der Legislative und der Richterinnen und Richter selbst zu legen. Ministerinnen oder Minister können da- ran beteiligt bleiben, jedoch ohne Veto oder sonstiges al- leiniges letztes Wort. Die so zu gründenden Richterwahl- ausschüsse müssen mit doppelter Mehrheit der legis- lativen Mitglieder entscheiden, weil nur so die demokra- tische Legitimation und Kontrolle gesichert werden. Dann ist als Zweites die Frage der Laufbahnen zu be- antworten. Wollen wir weiterhin Richterinnen und Rich- ter, die zu Vorsitzenden, Direktoren oder Präsidenten auf Lebenszeit aufsteigen können und dafür auch eine er- höhte Besoldung bekommen, oder wollen wir Richterin- nen und Richter ohne Furcht und ohne Hoffnung – im Grundsatz als Gleiche unter Gleichen, mit Funktionsstel- len auf Zeit und mit direkter demokratischer Legitima- tion? Wir Grünen präferieren das Modell eines einheitli- chen Richterbildes, möchten aber in einen noch intensiveren Diskussionsprozess mit den Betroffenen einsteigen; denn ohne Akzeptanz in der Justiz ist eine solche wirklich epochale Veränderung nicht zu realisie- ren. Der Idee im Vorschlag der Linken, dabei auch auf Richter auf Probe zu verzichten, kann ich allerdings nichts Gutes abgewinnen. Vor einer Lebenszeitbestel- lu e E w re d b g te M b k w w te o B R te s ti F e P z g m E d g B s E m S Z s B b S v w ru te c g p g P S d d (C (D ng praktisch ohne jegliches Arbeitsplatzrisiko muss es ine Phase der Erprobung geben, in der sich die bei der instellung prognostizierte Eignung und Befähigung er- eisen müssen. Drittens ist die Frage der Selbstverwaltung der inne- n Angelegenheiten der Justiz, ihrer Arbeitsabläufe und ie Verteilung der personalen wie sächlichen Ressourcen is zur eigenständigen Anmeldung des Justizhaushalts egenüber dem entscheidenden Parlament zu beantwor- n. Vieles spricht dafür, der Justiz ein größtmögliches aß an Autonomie zu gewähren. Dies geht jedoch nur ei gleichzeitiger effektiver und durchgreifender demo- ratischer Kontrolle; denn auch die Justiz muss sich, enn sie die ihr zugewiesenen Mittel autonom verwalten ill, gegenüber dem Haushaltsgesetzgeber verantwor- n. Schließlich stellt sich viertens die Frage nach der Ein- rdnung der Staatsanwaltschaft in den Ländern wie im und. Ist sie genuiner Teil der Dritten Gewalt, Teil der echtsprechung und deshalb den Richterinnen und Rich- rn insbesondere in völliger Unabhängigkeit gleichzu- tellen, oder ist sie in einer Zwitterstellung Teil der Jus- z wie Teil der Exekutiven, was ein Mindestmaß an ührung und Kontrolle durch die jeweilige Regierung rfordert, wobei sich die Regierung dafür wiederum dem arlament gegenüber zu verantworten hat? Hier haben wir den größten und klarsten Widerspruch u den Vorschlägen der Linken wie auch den Vorstellun- en der Richter- und Staatsanwaltsvertretungen anzu- elden. Die Staatsanwaltschaft beherrscht das strafrechtliche rmittlungsverfahren und leitet und beaufsichtigt dabei ie ihr unterstellte Polizei. Sie handelt dabei klassisch ewaltausübend und greift tief in die Grundrechte der ürgerinnen und Bürger ein. Hausdurchsuchungen, Be- chlagnahmen, Festnahmen, Telefonabhörungen, der insatz von verdeckten Ermittlern und vieles andere ehr sind keine Akte der Rechtsprechung im engeren inne, sondern der Einsatz legitimierten staatlichen wangs. Die Bindung der Staatsanwaltschaft an das Ge- etz ändert daran nichts. Sie schützt die Bürgerinnen und ürger – was aber für sich schon viel ist – vor Willkür ei den gegen sie gerichteten Ermittlungstätigkeiten. Gerade aber bei den Ermittlungen unterliegt die taatsanwaltschaft den Begrenzungen durch die Richter- orbehalte und damit der Kontrolle durch die Dritte Ge- alt. Im rechtsstaatlichen Strafrecht geht es gerade da- m, exekutiven Maßnahmen die Unabhängigkeit rich- rlicher Überprüfung entgegenzusetzen, um so staatli- he Zugriffe zu kontrollieren und damit gleichsam zu be- renzen. Damit ist die Staatsanwaltschaft, wie auch als Gegen- ol die Verteidigung, Teilorgan der Rechtspflege und leichzeitig, entgegen der Verteidigung als einseitiger arteivertretung, der Vollstrecker des Strafanspruchs des taates und zieht und gebraucht das schärfste Schwert, as dem Staat legitim zur Verfügung steht: die Anwen- ung unmittelbaren Zwangs in vielfältigen Formen. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32359 (A) ) )(B) Diese Doppelgesichtigkeit zwingt auch zu einer ei- genständigen Bewertung der Rolle und des Standorts der Staatsanwaltschaft. Sie kann und soll im demokratischen Rechtsstaat mehr als bisher autonom und demokratisch strukturiert sein. Sie muss vor allen unlauteren und poli- tischen Einflüssen geschützt werden – dies schon deswe- gen, weil es ihre Aufgabe ist, ohne Ansehen der Person auch in Fällen von Regierungskriminalität zu ermitteln. Deshalb sind wir für die Abschaffung jeglichen externen einzelfallbezogenen Weisungsrechts. Die Staatsanwälte sollten jedoch auch in Zukunft ei- nem internen, transparenten und kontrollierbaren und ei- nem allgemeinen Weisungsrecht unterstehen, welches die Spitzen der Exekutive der Öffentlichkeit und den je- weiligen Parlamenten gegenüber zu verantworten haben. Aus diesen wohlüberlegten Gründen lehnen wir des- halb die völlige Einbindung der Staatsanwaltschaft in die Dritte Gewalt und ihre völlige Gleichstellung mit den Richterinnen und Richtern ab. Auf dieser Grundlage werden wir in der nächsten Le- gislaturperiode die Diskussion um eine Reform der Jus- tiz in Deutschland vorantreiben, die einen Vergleich mit Dritten Gewalten in Europa einerseits nicht zu scheuen braucht, deren Reformbedarf andererseits aber gar nicht wegzudiskutieren ist. Anlage 23 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung der Entwürfe: Gesetz zu dem Ver- trag vom 2. April 2013 über den Waffenhandel (Tagesordnungspunkt 17) Roderich Kiesewetter (CDU/CSU): Am 3. Juni 2013 hat Außenminister Westerwelle den Vertrag über die Regulierung von Waffenhandel in New York unter- zeichnet. Damit setzt sich Deutschland gemeinsam mit über 60 anderen Staaten für die Implementierung ver- bindlicher Regeln im Bereich der Rüstungsexporte ein und übernimmt, was die rasche Ratifizierung betrifft, eine Vorreiterrolle. Der Vertrag ist ein Meilenstein unserer globalen An- strengungen um Rüstungskontrolle und Sicherheit. Eine erfolgreiche Implementierung ethischer Mindeststan- dards im Rüstungsexportsektor stellt für das Völkerrecht ein Novum dar. In Deutschland haben wir bereits einen restriktiven juristischen und politischen Rahmen für Rüstungsexporte mit GG Art. 26, dem Kriegswaffenkon- trollgesetz und den Politischen Richtlinien. Global gese- hen hat aber das Fehlen umfassender internationaler Kontrollinstrumente insbesondere in innerstaatlichen kriegerischen Auseinandersetzungen zu einer ungezü- gelten Proliferation leichter Waffen geführt, die zu einer Eskalation der Konflikte beigetragen hat. Mit diesem Vertrag wird eine Leerstelle in unserem völkerrechtlichen Vertragswerk gefüllt, getragen von ei- ner breiten Zustimmung und Unterstützung der UN- Generalversammlung, wo 155 der 193 repräsentierten S te h u h C b A d d V g fe z d s -h w g d v g e b s k M E A d D v w m im h G fü te v w g k k H d li d s k g fl Id g (C (D taaten dem Abkommensentwurf ihre Zustimmung er- ilten. Einige dieser Staaten standen in ihrer Vergangen- eit selbst im Zentrum blutiger Konflikte, die durch nregulierte Waffenexporte verschärft wurden. Es ist zu offen, dass diese Länder in Zukunft eine bessere hance haben werden, für ihre Bürger Frieden und Sta- ilität zu garantieren. Ich möchte kurz auf die wichtigsten Eckpfeiler des bkommens zu sprechen kommen. Der Vertrag gilt in en nächsten sechs Jahren und kann in der Folge nur urch eine Dreiviertelmehrheit auf der Konferenz der ertragsstaaten verändert werden. Lassen Sie mich kurz den Geltungsbereich des Vertra- es skizzieren. Neben den bereits erwähnten Kleinwaf- n werden auch Großwaffensysteme, Munition und ein- elne Bauteile erfasst. In der Praxis bedeutet dies, dass er Export von Panzern, bewaffneten Fahrzeugen, chweren Artilleriesystemen, Kampfflugzeugen und ubschraubern, Kriegsschiffen, Raketen und Raketen- erfern sowie kleinen und leichten Waffen fortan stren- er kontrolliert und reguliert wird. Sobald nun einem Staat klare Indizien vorliegen, dass ie Empfängernation plant, importierte Rüstungsgüter ölkerrechtswidrig einzusetzen, so muss die Genehmi- ung zur Ausfuhr zurückgezogen oder darf erst gar nicht rteilt werden. Der Begriff der Völkerrechtswidrigkeit edeutet in diesem Kontext, dass ein hohes Risiko be- teht, dass Verbrechen im Sinne des humanitären Völ- errechtes – etwa Genozide oder Verbrechen gegen die enschlichkeit – in naher Zukunft verübt werden. Auch wenn die Verabschiedung des Abkommens ein rfolg ist, so besteht weiterhin Handlungsbedarf. Unser ußenminister hat betont, dass der Vertrag „noch nicht as ist, was wir uns als endgültiges Ergebnis vorstellen. eswegen ist dieses der erste Schritt für weitere Initiati- en“. Hier kann ich nur zustimmen. Wir haben uns zwar ährend der Debatten über die Vertragskonzeption vehe- ent für die Schaffung stärkerer Sanktionsinstrumente Falle der Nichtbeachtung eingesetzt, doch leider errscht in dieser Frage innerhalb der internationalen emeinschaft noch kein Konsens vor. Dies gilt ebenfalls r den Auslegungsspielraum der exportierenden Staa- n, wann eine Kriegswaffe potenziell für die Verletzung on Menschenrechten missbraucht werden könnte, der eiterhin relativ groß ist. Auch bei der Umleitungs- efahr durch Re-Exporte und bei der Endverbleibs- ontrolle bestehen noch Schwachstellen, die in Folge- onferenzen angegangen werden müssen. Unsere klare altung gegen die Waffenlieferungen nach Syrien zeigt, ass Deutschland für die Risiken der Umleitung sensibi- siert ist und hier hohe Maßstäbe anlegt. Ich bin dennoch zuversichtlich, dass der Abschluss es Abkommens ein stabiles Fundament für weitere Vor- töße bietet. Wir dürfen nicht vergessen, dass das Völ- errecht einem ständigen Wandel unterworfen ist und erade in den letzten Jahren – insbesondere unter Ein- uss des Konzepts der Responsibility to Protect – die ee einer staatlichen Schutzpflicht immer stärker an Le- itimation gewonnen hat. 32360 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 (A) ) )(B) Abschließend möchte ich noch herausstellen, dass die schnelle Ratifikation durch den Deutschen Bundestag zeigt, wie beispielhaft die Zusammenarbeit zwischen Exekutive und Legislative in diesem wichtigen Themen- feld wirkt. Wir signalisieren durch dieses entschlossene Handeln der internationalen Gemeinschaft einmal mehr, dass wir das Abkommen tatkräftig unterstützen und Rüstungs- kontrolle auch künftig als sicherheitspolitisches Thema ganz vorne auf der Tagesordnung sehen. Anlage 24 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung des Menschenhandels und Überwachung von Prostitutionsstätten – Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Situation von Opfern von Menschenhan- del in Deutschland (Tagesordnungspunkt 19 a und b) Ute Granold (CDU/CSU): Wir beraten heute ab- schließend über den von Union und FDP eingebrachten Gesetzentwurf zur Bekämpfung des Menschenhandels und zur Überwachung von Prostitutionsstätten. Damit schlägt die Koalition im Kampf gegen Menschenhandel und Zwangsprostitution ein neues Kapitel auf. Um Pros- tituierte besser zu schützen, legen wir mit dem Gesetz- entwurf den Grundstein für eine wirksame behördliche Kontrolle von Bordellen. Außerdem werden die Straf- vorschriften zum Menschenhandel erweitert und ver- schärft. Mit der Legalisierung der Prostitution durch das unter Rot-Grün 2002 in Kraft getretene Prostitutionsgesetz wurde nicht erreicht, was man sich erhofft hatte. Die Zu- stände im Gewerbe und auf dem Strich haben sich nicht verbessert, sondern sogar deutlich verschlechtert. Nach einer aktuellen EU-Studie hat der Menschenhandel seit- dem deutlich zugenommen. Die Liberalisierung hat zu einem erheblichen Anstieg der Nachfrage geführt. Der Markt in Deutschland ist mittlerweile 60-mal größer als in Schweden, wo Prostitution verboten ist. Gleichzeitig hat Deutschland 62-mal so viele Menschenhandelsopfer wie Schweden, obwohl die Bevölkerung rund 10-mal so groß ist. Da es sich bei Menschenhandel um ein Kontrolldelikt handelt, das heißt Razzien erforderlich sind, um Frauen aus den Fängen ihrer Zuhälter zu befreien, muss die Polizei bei knappen Ressourcen entsprechende Schwer- punkte setzen. Die Szene, berichten Insider, sei inzwi- schen noch krimineller geworden. Das hat auch die An- hörung im Rechtsausschuss am 24. Juni bestätigt. So schätzt die International Labour Organization, ILO, die Gewinne aus dem Menschenhandel auf 31 Milliarden Dollar pro Jahr, Tendenz steigend. Der Menschenhandel liegt damit vor dem Drogen- und Waffenhandel. Das P w V s m s M g z u 2 w g L s g g w o la e n Z s m d s d G d ru S d e z B s S T n b d g d N s h H s a a v d g d je (C (D rostitutionsgesetz in Deutschland ist mit dafür verant- ortlich, dass das Risiko für die Menschenhändler im ergleich zu anderen kriminellen Märkten sehr über- chaubar ist. Die Legalisierung der Prostitution war so- it ungewollt ein Wachstumsprogramm für den Men- chenhandel. Deutschland ist zu einem Eldorado für enschenhändler geworden. Vor diesem Hintergrund wollen wir mit dem vorlie- enden Gesetzentwurf die Vorgaben der EU-Richtlinie ur Bekämpfung des Menschenhandels jetzt erst einmal msetzen. Da die Umsetzungsfrist bereits am 6. April 013 abgelaufen ist, beschränkt sich der Entwurf be- usst auf die Änderungen im Strafrecht, die dazu zwin- end erforderlich sind. Ich habe bereits in der ersten esung betont, dass ich mir als Rechts- und auch Men- chenrechtspolitikerin, die sich bereits seit vielen Jahren egen Zwangsprostitution und Menschenhandel enga- iert, weitergehende Maßnahmen erhofft hätte. Wenn ir diese, wie sie auch in Fachkreisen von Opferschutz- rganisationen und Strafverfolgungsorganen bereits seit ngem diskutiert werden, aufgenommen hätten, wäre in Inkrafttreten des Gesetzes in dieser Wahlperiode aber icht mehr machbar gewesen. Zugegebenermaßen ist die eitnot leider zum großen Teil selbst verschuldet, da ich die beteiligten Ressorts lange Zeit nicht auf ein ge- einsames Vorgehen einigen konnten. Hier müssen sich ie Liberalen zu Recht Kritik gefallen lassen. Gleichwohl ist der heute abschließend beratene Ge- etzentwurf ein erster Schritt in die richtige Richtung, da ie vorgesehenen Änderungen im Strafrecht und in der ewerbeordnung mögliche Optionen zur Beantwortung er zentralen Fragen aufzeigen. Zunächst zu den Ände- ngen im Strafrecht: Hier soll der Tatbestand des § 233 tGB auf die Fälle des Menschenhandels zum Zweck er Ausnutzung strafbarer Handlungen und der Bettelei rweitert werden. Außerdem soll der Menschenhandel um Zweck der Organentnahme, der derzeit lediglich als eihilfe zu Straftaten nach dem Transplantationsgesetz trafbar ist, ausdrücklich in § 233 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 tGB unter Strafe gestellt werden. Ferner drohen dem äter zukünftig höhere Strafen, wenn das Opfer noch icht volljährig ist oder leichtfertig in Lebensgefahr ge- racht wird. Die Erfahrungen der Praxis haben gezeigt, dass die erzeitigen Tatbestände zum Menschenhandel im Straf- esetzbuch in der nächsten Wahlperiode insgesamt auf en Prüfstand zu stellen sind. So ist insbesondere eine eustrukturierung mit Blick auf die objektiven Tatbe- tandsmerkmale erforderlich. Da Menschenhandelsopfer häufig massiv durch Dro- ungen – etwa gegen ihre Familien in den jeweiligen eimatländern – unter Druck gesetzt werden, sind sie elten zur Aussage bereit. Vor diesem Hintergrund führt uch die hier umzusetzende EU-Richtlinie zu Recht us – ich zitiere: „Damit die Ermittlungen und die Straf- erfolgung bei Menschenhandelsdelikten erfolgreich urchgeführt werden können, sollte deren Einleitung rundsätzlich nicht von der Anzeige oder Anklage durch as Opfer abhängig gemacht werden.“ Dies haben wir tzt in unserem Regierungsprogramm aufgegriffen: Die Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32361 (A) ) )(B) Union will die Straftatbestände so verändern, dass Men- schenhändler bei ausreichender Beweislage auch ohne die Aussage ihrer häufig stark traumatisierten Opfer ver- urteilt werden können. Ferner ist eine stärkere Differenzierung der Men- schenhandelstatbestände nach dem jeweiligen Zweck – also Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Aus- beutung bzw. zur Ausbeutung der Arbeitskraft – zu prü- fen. So könnte eine Regelung bezüglich des Menschen- handels zur Ausbeutung der Arbeitskraft grundsätzlich auch über eine Einbindung im Bereich des § 291 StGB erfolgen. Zusätzlich muss endlich die Freierstrafbarkeit einge- führt werden. Wir Rechtspolitiker der Union fordern be- reits seit 2004, dass diejenigen Freier strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden, die wissentlich die se- xuellen Dienstleistungen einer Zwangsprostituierten in Anspruch nehmen. Es hat mich doch sehr überrascht, dass die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen genau dies nun ebenfalls nach jahrelangem Widerstand in einem aktuel- len Änderungsantrag fordert. Ein fertiger Gesetzentwurf der Union liegt bereits seit Jahren in der Schublade. Im Kontext einer Neukonzeptionierung der Menschenhan- delstatbestände kann er also ohne Weiteres aufgenom- men werden. Neben der Umsetzung der Vorgaben der EU-Richt- linie gegen Menschenhandel im Strafrecht sorgen wir mit einer Änderung im Gewerberecht dafür, dass Bor- delle künftig behördlich überwacht werden; denn nur da, wo kontrolliert wird, sind Prostituierte vor sexueller Ausbeutung geschützt und können Täter dingfest ge- macht werden. Damit beseitigen wir eines der schweren Versäumnisse des rot-grünen Prostitutionsgesetzes von 2002. Prostitution wurde damals legalisiert, die Prostitu- ierten aber in einem oft kriminellen Umfeld vom Staat allein gelassen. Demnächst müssen es sich Bordellbe- treiber gefallen lassen, dass sie und ihr Haus kontrolliert werden. Durch eine Aufnahme der Prostitutionsstätten in den Katalog der überwachungsbedürftigen Gewerbe nach § 38 Absatz 1 der Gewerbeordnung sollen die Rahmen- bedingungen der in der Prostitution tätigen Personen verbessert werden. Damit ist eine automatische Über- prüfung der Zuverlässigkeit des Gewerbetreibenden unverzüglich nach der Gewerbean- oder -ummeldung verbunden. Den zuständigen Behörden stehen zur Über- wachung des Betriebs darüber hinaus unter anderem die Auskunfts- und Nachschaurechte des § 29 GewO zur Verfügung. Die Grünen haben in einem ihrer Änderungsanträge die Einführung einer Erlaubnispflicht für Prostitutions- stätten in § 30 der Gewerbeordnung angeregt. Eine sol- che Erlaubnispflicht ist zwar grundsätzlich geboten, aber nicht in der hier vorgeschlagenen Weise. So wollen die Grünen eine Erlaubnis auch vom Vorliegen „positiver“ Voraussetzungen abhängig machen. Danach soll der Be- treiber zum Beispiel einen „Geschäftsplan“ vorlegen, der sicherstellt, dass ein angemessenes Pflichtenverhält- nis zu den Prostituierten besteht und deren Ausbeutung ausgeschlossen ist. Der Betreiber soll außerdem sämtli- c tä w w c b je P a d in fo s A R o B B e z ö n n d v d e s s w ä k U h o ti F te z A ri tu m u s D e D G – g g fe lä h (C (D he Rechtsverhältnisse zu den in seinem Etablissement tigen Prostituierten dokumentieren. Diese Vorgaben ürden nicht nur einen erheblichen bürokratischen Auf- and für die Kontrolleure der Gewerbeaufsicht verursa- hen, sie zeugen auch von einer erstaunlichen Gutgläu- igkeit in Bezug auf das Rotlichtmilieu. Zweifellos wird der Bordellbetreiber den staatlichen Kontrolleuren läne und Verträge vorlegen, an denen niemand etwas uszusetzen hätte. Die Zwangsprostituierten aber wer- en selten den Mut haben, den Inhalt solcher Dokumente frage zu stellen. Außerdem wird die von der Union ge- rderte generelle Anzeigepflicht für Prostituierte, auch oweit sie selbstständig arbeiten, ausgeschlossen. Der ntrag kann daher keine Zustimmung finden. Die Anhörung hat gezeigt, dass eine Regelung der ahmenbedingungen der Prostitution über die Gewerbe- rdnung nicht ganz unproblematisch ist. So lassen zum eispiel die relativ weit gefassten Begrifflichkeiten den undesländern und den jeweiligen Behörden vor Ort inen großen Spielraum bei der Anwendung und Umset- ung der gesetzlichen Vorgaben. Dies kann Chancen er- ffnen, macht aber eine bundesweit einheitliche Lösung icht leicht. Rechtssicherheit für alle Beteiligten ist so ur schwer zu erreichen. Vor diesem Hintergrund muss vor allem der Begriff er Prostitutionsstätten klar definiert und auf die sehr ielfältigen Ausprägungen des Gewerbes angepasst wer- en. So muss die Wohnungsprostitution zwingend mit rfasst werden, da Zwangsprostitution vor allem in die- em Bereich ein großes Problem darstellt. Außerdem ind zur Kontrolle der gesetzlichen Regelungen der Ge- erbeordnung zunächst einmal die jeweiligen Gewerbe- mter zuständig. Die Kontrolleure der Gewerbeämter önnen in diesem Milieu leicht an ihre Grenzen stoßen. nabhängig davon können die Kontrollen aber auch An- altspunkte für Razzien liefern. Als Alternative zu einer Regelung über die Gewerbe- rdnung sollte in der nächsten Wahlperiode auch die Op- on geprüft werden, rechtliche Rahmenbedingungen in orm eines Prostitutionsregulierungsgesetzes zu erarbei- n. Darin könnten dann alle notwendigen Regelungen usammengeführt werden. Wir müssen den Blick darüber hinaus auch auf das ufenthaltsrecht für die Opfer von Menschenhandel chten. So kommen zum Beispiel 90 Prozent der Prosti- ierten aus dem Ausland, aktuell überwiegend aus Ru- änien, Bulgarien und Ungarn, aber auch aus Nigeria nd anderen Ländern. Deshalb sollten Opfer von Men- chenhandel in Deutschland ein Bleiberecht erhalten. ies würde sicherlich auch die Aussagebereitschaft in inem Strafprozess gegen die Menschenhändler erhöhen. as Bleiberecht sollte im Kontext eines zukünftigen esamtkonzeptes zur Bekämpfung von Menschenhandel und hier insbesondere der Zwangsprostitution – gere- elt werden. In diesem Zusammenhang sollte zur Vorbereitung der esetzlichen Neuregelungen eine umfassende Dunkel- ldstudie durchgeführt werden. Derzeit gibt es nur ver- ssliche Daten über das BKA-Lagebild zum Menschen- andel, das aber nur das sogenannte Hellfeld erfasst, die 32362 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 (A) ) )(B) tatsächliche Situation allerdings nicht annähernd abbil- det. Ein Sachverständiger hat es während der Anhörung im Rechtsausschuss auf den Punkt gebracht: Viele der Frauen, die in der Prostitution arbeiten, tun dies wegen der Armut in ihren Heimatländern. Diese Frauen in der Armutsprostitution benötigen den Schutz des Staates, um nicht gänzlich den Zuhältern und Menschenhändlern ausgeliefert zu sein. Wir dürfen die Gesetze nicht aus- schließlich auf den sehr kleinen Teil der Frauen zu- schneiden, die tatsächlich freiwillig in der Prostitution arbeiten. Für die Union ist es daher ein Gebot, zügig weitere Maßnahmen folgen zu lassen, um den Kampf gegen Menschenhandel und Zwangsprostitution gewinnen und den Opfern wirksam helfen zu können. Mit dem Gesetz- entwurf ist jetzt aber ein erster wichtiger Schritt getan. Stephan Mayer (Altötting) (CDU/CSU): Wenn wir an dieser Stelle über Menschenhandel und Zwangspros- titution reden, dann reden wir zugleich auch über sexu- elle Ausbeutung von Frauen, sexuellen Missbrauch von Minderjährigen, körperliche und psychische Gewalt, illegale Schleusungen, Verstöße gegen das Betäubungs- mittel- und das Waffengesetz. Zusammengefasst, wir reden über weltweite und grenzüberschreitende organi- sierte Kriminalität. Circa 2,5 Millionen Menschen sind jährlich von Men- schenhandel betroffen, werden wie Ware gehandelt und ausgebeutet. Menschenhandel in all seinen Erschei- nungsformen verletzt gravierend die Menschenrechte von Frauen, Männern, Mädchen und Jungen. Folgt man dem Lagebild Menschenhandel des Bundeskriminalam- tes, so werden insbesondere junge Frauen unter 21 Jah- ren in Deutschland ausgebeutet. Sie arbeiten unter be- sonders gesundheitsgefährdenden, entwürdigenden und unsicheren Bedingungen. Mangelnde Sprachkenntnisse und keine sozialen Kontakte außerhalb des Milieus er- schweren es, diesen Mechanismen zu entkommen. Uns muss auch bewusst sein, dass es sich hierbei nicht um Einzelfälle handelt, sondern um Strukturen, die sich nach dem Inkrafttreten des rot-grünen Prostitutions- gesetzes am 1. Januar 2002 exponenziell vermehrt ha- ben. Als Stichwort seien insoweit nur „Flatratebordelle“ genannt. Diese Strukturen müssen dringend aufgebro- chen und einer konsequenten Regulierung unterworfen werden. Wir haben daher bereits vor einiger Zeit in der Frak- tion CDU/CSU begonnen, entsprechende Fachgespräche mit Experten zu führen. Ein erstes Ergebnis dieser Fach- gespräche ist der vorliegende Gesetzentwurf der Koali- tionsfraktionen, der zum einen die Richtlinie 2011/36/ EU zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhan- dels und zum Schutz seiner Opfer aus dem Jahr 2011 umsetzt und zum anderen zur Verbesserung der Rah- menbedingungen für in der Prostitution tätige Personen Prostitutionsstätten in den Katalog der überwachungsbe- dürftigen Gewerbe nach § 38 der Gewerbeordnung auf- nimmt. Durch die Aufnahme in die Gewerbeordnung wird eine automatische Überprüfung der Zuverlässigkeit d G u s V d d B G lä H d li u s d s d n b z w h n b P m u b Ä b s Z V g h v ß Z e R A S a w N w E tu R V G S m k (C (D es Bordellbetreibers unverzüglich nach Erstattung der ewerbeanmeldung oder Gewerbeummeldung möglich. Den zuständigen Behörden steht zur Überwachung nd Kontrolle des Betriebs zudem ein umfangreiches In- trumentarium an Auskunfts- und Nachschaurechten zur erfügung. Darüber hinaus können gegenüber dem Bor- ellbetreiber Auflagen zum Schutz der Allgemeinheit, er Kunden, der Prostituierten oder der Bewohner des etriebsgrundstücks oder der Nachbargrundstücke vor efahren, erheblichen Nachteilen oder erheblichen Be- stigungen erteilt werden. Mir ist durchaus bewusst, dass die Forderungen von ilfsorganisationen, aber auch von staatlichen Stellen, ie mit Menschenhandel und Zwangsprostitution tagtäg- ch in Berührung kommen, noch viel weitgehender und mfassender sind. Ich darf Ihnen gerade deshalb ver- ichern, dass auch die Forderungen in meiner Fraktion eutlich weitreichender als der heute zur Abstimmung tehende Gesetzentwurf sind. Allerdings bedarf es in ieser Hinsicht bei unserem Koalitionspartner an der ei- en oder anderen Stelle noch weiterer Überzeugungsar- eit, die wir aber natürlich gerne im Rahmen der Fortset- ung der christlich-liberalen Regierungskoalition leisten ollen. Auch wenn der heute ebenfalls zur Abstimmung ste- ende Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grü- en auf dem ersten Blick weitreichendere Optionen an- ietet, so trügt der Schein: Er ist nur ein weiteres lacebo. Letztlich möchten Sie nur zahlreiche Maßnah- en, die bereits jetzt von den Behörden in der Praxis mgesetzt werden, auf Gesetzesebene regeln. Dies gilt eispielsweise für die Mehrheit der vorgeschlagenen nderungen im Aufenthaltsgesetz, für das Asylbewer- erleistungsgesetz oder das Sozialgesetzbuch II. Auch tellt bereits jetzt die Finanzkontrolle Schwarzarbeit der ollverwaltung etwaigen Betroffenen ein Merkblatt zur erfügung, in dem unter anderem über Hilfeeinrichtun- en und entsprechende Ansprechpartner informiert wird. Alles, was Sie vorschlagen, ist somit, wenn über- aupt, nur Stückwerk und keine umfassende Lösung der on mir eingangs geschilderten Situation. Zudem schie- en Sie an einigen Stellen auch noch deutlich über das iel hinaus, wie beispielsweise mit der Forderung nach iner gesetzlichen Hinweispflicht zur Darstellung der echtslage nach dem Aufenthaltsgesetz oder gar dem rbeits- und Sozialrecht durch die Finanzkontrolle chwarzarbeit. Dies ist schlicht abwegig. Der Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen ist mehr ls nur eine Änderung des Strafgesetzbuchs und der Ge- erbeordnung. Er ist der Einstieg zu einer umfassenden euregelung und Wiederherstellung der Menschen- ürde für viele betroffene Prostituierte in Deutschland. r ist das Versprechen, dass in der kommenden Legisla- rperiode weitere Maßnahmen der christlich-liberalen egierungskoalition folgen werden, die die Fehler der ergangenheit beseitigen und einen besseren Schutz vor ewalt, Missbrauch und Ausbeutung verankern werden. elbst wenn einem der Gesetzentwurf, wie von einigen einer Vorredner ausgeführt, nicht weit genug geht, ann man ihm aus meiner Sicht dennoch zustimmen; Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32363 (A) ) )(B) denn es ist klar, dass er nur der erste Schritt zu einer län- gerfristigen und umfassenden Korrektur ist. Dr. Eva Högl (SPD): Menschenhandel ist ein schwe- res Verbrechen, eine moderne Form der Sklaverei. Aus- beutung der Arbeitskraft, sexuelle Ausbeutung, Bedro- hung: Menschenhandel ist nichts anderes als moderne Sklaverei und für die Täter und Täterinnen immer ein äußerst lukratives Geschäft. Der erste Bericht der Europäischen Kommission über Menschenhandel in Europa ist alarmierend: Die Zahl der Opfer in der Europäischen Union ist zwischen den Jah- ren 2008 und 2010 um 18 Prozent auf über 20 000 ge- stiegen. Die Dunkelziffer liegt deutlich darüber. Gleich- zeitig sank die Zahl der Verurteilungen im selben Zeitraum um 13 Prozent. Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Es gibt dringenden Handlungsbedarf in Deutschland und Eu- ropa. Opfer von Menschenhandel sind besonders hilfs- bedürftig und benötigen besonderen Schutz. Die Täterin- nen und Täter hingegen müssen wirksam bestraft werden. Der Opferschutz und die Strafverfolgung der Menschenhändlerinnen und Menschenhändler sind bis- lang völlig unzureichend. Mit der Richtlinie 2011/36/EU des Europäischen Par- laments und des Rates vom 5. April 2011 zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels und zum Schutz seiner Opfer sowie zur Ersetzung des Rahmenbeschlus- ses 2002/629/JI des Rates liegt eine sehr gute rechtliche Grundlage für die Umsetzung in nationales Recht vor. Der von CDU/CSU und FDP vorgelegte Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung des Menschenhandels und Überwachung von Prostitutionsstätten – Drucksache 17/13706 – vom 4. Juni 2013 wird den Bestimmungen dieser europäischen Verpflichtung in keiner Weise ge- recht. Schon das Übereinkommen des Europarates vom 16. Mai 2005 zur Bekämpfung des Menschenhandels wie auch die Richtlinie formulieren umfassende und wirksame Regelungsvorgaben. Bestimmungen zum Auf- enthaltsrecht, zur Beratung und Unterstützung von Op- fern oder Regelungen zur Befreiung von Begleitstrafbar- keiten von Betroffenen müssen zwingend in deutsches Recht umgesetzt werden. Eine nachhaltige Bekämpfung des Menschenhandels ist nur möglich, indem die Opfer gestärkt werden. Wir Sozialdemokratinnen und Sozial- demokraten stehen eng an der Seite der Betroffenen. Zudem fehlt es an einer aufenthaltsrechtlichen Per- spektive für Opfer von Menschenhandel aus Nicht-EU- Ländern. Wenn Betroffene aus Furcht nicht aussagen wollen, werden diese nach aktueller Rechtslage abge- schoben. Die Abschiebung in ihr Herkunftsland führt häufig zu einer Rückkehr in Verhältnisse, die dazu füh- ren, erneut in die Opferrolle zu fallen. Das Aufenthalts- recht muss so geändert werden, dass wir den Opfern Bleibemöglichkeiten bieten. Der Aufenthaltstitel darf nicht von der Zusammenarbeit mit den zuständigen Be- hörden abhängen. Die USA haben mit dem sogenannten T-Visum eine gute Regelung für Opfer ins Leben geru- fe tr o w V n li e d fe e d E m ra e w d re d g a a c S D b § d u s B w je n a ri e n h fü s P d k u e d p z D v (C (D n. Diese können und sollten wir auf Deutschland über- agen. Oft werden Betroffene wegen Vergehen angeklagt der bestraft, zu denen sie genötigt wurden, beispiels- eise die Verwendung falscher Ausweispapiere oder erstöße gegen geltendes Aufenthaltsrecht. Die Richtli- ie verlangt, dass in solchen Fällen von der strafrecht- chen Verfolgung und Bestrafung abzusehen ist. Dies ist ntscheidend dafür, dass sich Betroffene offenbaren und amit auch dazu beitragen können, Menschenhandel ef- ktiv strafrechtlich zu verfolgen. Auch dazu steht kein inziges Wort im Gesetzentwurf. Eine erfolgreiche Strafverfolgung ist ohne umfassen- en Opferschutz nicht möglich. Alle Expertinnen und xperten, ob Polizei, Landeskriminalämter, Bundeskri- inalamt, Staatsanwaltschaften, Gerichte oder Opferbe- tungsstellen, waren sich einig: Wir brauchen dringend ine effektive Bestrafung der Täterinnen und Täter. Not- endig ist eine Reform des Straftatbestandes, und selbst ie Fraktionen von CDU/CSU und FDP erkennen in ih- r Begründung an, wie wichtig eine strafrechtliche Än- erung der §§ 232, 233 und 233 a Strafgesetzbuch auf- rund der geringen Zahl von Verurteilungen ist. Doch nstatt diesen zentralen Punkt endlich zu regeln, wird uf die fehlende Zeit hingewiesen. Das Verschieben und Aussitzen bedeutet ein Wegdu- ken vor der Regelung existenzieller Probleme bei der trafverfolgung von Verbrecherinnen und Verbrechern. amit werden viele weitere Opfer von Menschenhandel illigend in Kauf genommen. Nicht nur das: Die Erweiterung der Strafvorschrift des 233 Strafgesetzbuch auf die Fälle des Menschenhan- els zum Zweck der Ausnutzung strafbarer Handlungen nd der Bettelei sowie zum Zwecke des Organhandels chaden sogar und behindern die Ermittlungen, wie das undeskriminalamt in der Anhörung ausführte. Künftig ird es also mehr Straftaten geben. Das Opfer muss sich doch subjektiv weiterhin als Betroffene oder Betroffe- er zu erkennen geben. Das führt zu mehr Straftaten, ber zu keiner besseren Verfolgung. Ganz im Gegenteil! Der Regelungsvorschlag der Gewerbeordnung ist ein chtiger Schritt, doch er greift viel zu kurz. Hier fehlt ine klare Definition von Prostitutionsstätten. Mit kei- em Wort wird erwähnt, was genau darunter zu verste- en ist. Wichtig wäre es darüber hinaus, eine Erlaubnispflicht r Prostitutionsstätten einführen. Wer betreibt sie? Wo ind sie gelegen? Welche Auflagen zur Ausübung der rostitution sind zu erfüllen? All dies sind Fragen, die er Gesetzentwurf nicht berücksichtigt. Gleichzeitig fo- ussiert der Entwurf lediglich auf Zwangsprostitution nd sexuelle Ausbeutung, ohne zu erwähnen, dass benso wirtschaftliche Ausbeutung und Zwangsarbeit arunter fallen. Und: Nicht jede Prostitution ist Zwangs- rostitution. Die öffentliche Anhörung am 24. Juni 2013 hat es ge- eigt: Alle Expertinnen und Experten waren sich einig: ie schwarz-gelben Vorschläge bleiben weit hinter der erpflichtenden Umsetzungsnotwendigkeit zurück. Was 32364 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 (A) ) )(B) wir brauchen, ist ein wirksames und ganzheitliches Ge- setz zur Bekämpfung des Menschenhandels, eine ad- äquate und vollständige Umsetzung der wichtigen Be- stimmungen der Richtlinie. Die Opfer werden im Stich gelassen. Eine effektive strafrechtliche Verfolgung ist mit diesem Gesetzentwurf nicht möglich. Einem weite- ren Anstieg der Opferzahlen und einem weiteren Rück- gang von Verurteilten steht so nichts mehr im Wege. Das ist ein Schlag ins Gesicht für alle Betroffenen. Dieser Gesetzentwurf wurde trotz besseren Wissens bewusst kurz gehalten, um noch vor der Sommerpause etwas vorzulegen. Er hilft bei der effektiven Bekämp- fung von Menschenhandel nicht weiter. Ich hoffe, die CDU/CSU und die FDP kommen zur Vernunft. Werfen Sie diesen Vorschlag ins Altpapier, und lassen Sie uns nach dem 22. September 2013 einen gemeinsamen, frak- tionsübergreifenden Versuch starten! Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP): Für die FDP steht der effektive Schutz von Opfern von Menschen- handel an oberster Stelle. Das kennzeichnet auch unse- ren Gesetzentwurf, mit dem wir die Richtlinie des Euro- päischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011 zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels und zum Schutz seiner Opfer umsetzen. Durch die Er- weiterung der Strafvorschrift des § 233 des Strafgesetz- buchs, StGB, auf Fälle des Menschenhandels zur Aus- nutzung strafbarer Handlungen, der Bettelei sowie zum Zwecke der Organentnahme, der derzeit lediglich als Beihilfe zu Straftaten nach dem Transplantationsgesetz strafbar ist, werden diese Fälle ausdrücklich unter Strafe gestellt. Dies schafft Klarheit und trägt auch der Bedeu- tung dieser Kriminalitätsphänomene Rechnung. Viele zur besseren Bekämpfung des Menschenhan- dels gemachten Vorschläge hätten eine intensive Prüfung und Erörterung erfordert, die wegen der Fristgebunden- heit der RL-Umsetzung in dieser Wahlperiode kaum realisierbar erschienen. So halte ich es im Einvernehmen mit Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger für sinnvoll, sich in der nächsten Legislaturperiode nochmals an die Systematisierung und Überprüfung der Straftatbestände zur Bekämpfung des Menschenhandels zu machen. Die von polizeilicher und staatsanwaltschaftlicher Seite geforderte grundlegende Überarbeitung der Straftatbestände der §§ 232, 233 und 233 a StGB er- scheint durch die relativ geringe Anzahl von Verurteilun- gen wegen dieser Vorschriften, die nicht dem tatsächli- chen Ausmaß dieser Kriminalitätsform entspricht, durchaus als diskussionswürdig. Das wird in der nächsten Wahlperiode eingehend zu prüfen sein, und gegebenenfalls werden entsprechende gesetzgeberische Vorschläge zu machen sein. Jedenfalls bleibt es ein schwerwiegendes Problem, dass oft Täter ihre Opfer unter Ausnutzung von Zwangs- lagen, auslandsspezifischer Hilflosigkeit, Gewalt oder Drohungen zur Ausbeutung und zur Prostitution brin- gen. A g w w o a m S im d ta m h e a a s c c s c m te m b k b b ro z g s v re g b g h d s b tr In s u Ü u b (C (D Die kausale Verbindung zwischen Zwangslage und usbeutung muss durch die Handlungen des Täters her- estellt werden, um nach derzeitiger Rechtslage verfolgt erden zu können. Polizeien und Staatsanwaltschaften eisen darauf hin, dass der Nachweis dieser Umstände ft schwierig bis unmöglich ist. Diese und mögliche weitere Vorschläge, vor allem uch außerhalb des Strafrechts, zur besseren Eindäm- ung des Menschenhandels sind genau zu prüfen. Die tärkung der Position der Opfer steht für uns Liberale mer im Vordergrund. Die Anhörung des Rechtsausschusses hat gezeigt, ass viele noch nicht zufrieden sind, dass noch mehr ge- n werden muss. Dies sehe ich exakt genauso. Aber die eisten Sachverständigen haben ganz deutlich hervorge- oben, dass der vorgelegte Gesetzentwurf ein wichtiger, rster Schritt ist. Immerhin ist es uns jetzt gelungen, noch einen Punkt ußerhalb des Strafrechts anzugehen. Und das ist durch- us beachtlich. Wir regeln den Betrieb von Prostitutions- tätten zukünftig entsprechend den für andere überwa- hungsbedürftige Gewerbe in der Gewerbeordnung. Kaum jemandem im Lande ist verständlich zu ma- hen, daß sich Betreiber von Spielhallen, Schankwirt- chaften oder Amüsierlokalen einer Betriebsüberwa- hung oder gar Zuverlässigkeitsüberprüfung unterziehen üssen, Betreiber von Bordellen aber nicht. Seit die Sit- nwidrigkeit der Prostitution aufgehoben wurde, war es öglich, Prostitutionsstätten bis hin zum Flatrategroß- ordell ohne gewerberechtliche Überprüfungsmöglich- eit einzurichten. Bei aller Freude an der Abschaffung von falschen Ta- us, eine solche Privilegierung eines bestimmten Gewer- es gegenüber anderen – aus dem Jahre 2001 von der t-grünen Bundesregierung damals – ist kaum nachvoll- iehbar. Eine gewisse Betriebsblindheit muss man der damali- en rot-grünen Koalition schon attestieren. Das grund- ätzlich richtige Ziel, nämlich die Stärkung der Rechte on Frauen und die Herausnahme dieses Gewerbebe- ichs aus der Illegalität, wurde zwar erreicht, die dazu- ehörende gewerberechtliche Rahmenregelung unter- lieb jedoch leider. Dies kann man auch nicht dem damals konservativ eprägten Bundesrat in die Schuhe schieben. Rot-Grün at nicht einmal den Versuch der Rahmengesetzgebung amals übernommen, und berauscht vom damaligen Ge- etz: Man wollte wohl auch nicht. Dies hat zur Folge, dass wir in Deutschland der Aus- eutung von Frauen nicht wirkungsvoll genug entgegen- eten können. Bislang gab es kein gewerberechtliches strument, beispielsweise einem verurteilten Men- chenhändler die erneute Eröffnung eines Bordells zu ntersagen. Mit unserem Gesetzentwurf wird eine automatische berprüfung der Zuverlässigkeit des Gewerbetreibenden nverzüglich nach der Gewerbeanmeldung oder Gewer- eummeldung eingerichtet. Den zuständigen Behörden Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32365 (A) ) )(B) stehen zur Überwachung des Betriebs zudem die Aus- kunfts-, Kontroll- und Nachschaurechte des § 29 GewO zur Verfügung. Darüber hinaus kann der Gewerbebetrieb von Auflagen zum Schutz der Allgemeinheit, der Kun- den, der Prostituierten oder der Bewohner des Betriebs- grundstücks oder der Nachbargrundstücke vor Gefahren, erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen abhängig gemacht werden. Dies ist ein deutlicher Fort- schritt und eine notwendige Ergänzung zum Schutz der in diesen Betrieben tätigen Frauen. Diejenigen, die jetzt sagen, das reiche nicht, sollten sich aber immer überlegen: Bisher gab es eben keine Kontrollregelungen, keine Auflagenmöglichkeiten und keine Anforderungen an den Betrieb gerade zum Schutz von Opfern, zum Schutz von Frauen. Wir wollen auch mehr, aber diesen ersten Schritt sollte jeder, der das Pro- blem der Ausbeutung von Frauen, das Problem des Men- schenhandels angehen will, mitgehen und zustimmen. Aber zu den weiteren Maßnahmen, die den Opfer- schutz beim Menschenhandel betreffen, gehört auch die dringend nötige Überprüfung ausländerrechtlicher Rege- lungen. Dies ist und bleibt ein Anliegen der FDP. Zum Schutz verschleppter Frauen haben wir in dieser Wahlperiode einiges geleistet: Zwangsheirat wird jetzt explizit als Straftat benannt. Wir haben den ausländi- schen Opfern von Zwangsverheiratungen zudem ein eigenständiges Wiederkehr- bzw. Rückkehrrecht einge- räumt. Die frühere Regelung, wonach der Aufenthalts- titel für verschleppte junge Frauen nach sechs Monaten automatisch erlischt und der für Opfer von Zwangsheira- ten nunmehr beseitigt wurde, ermöglichte es leider bis vor einem Jahr, diese Zwangslage noch stärker auszunut- zen und Frauen jede Fluchtperspektive zu nehmen. Eine vergleichbare Regelung im Aufenthaltsrecht strebt die FDP auch für die Opfer von Zwangsprostitu- tion an, verbunden mit der Stabilisierung vor Ort in Deutschland. Die Opfer müssen eine Chance erhalten, sich aus der Zwangslage zu befreien, zu der leider oft auch Herkunftsland und -familien beigetragen haben. Gerade zur Bekämpfung der organisierten Kriminali- tät ist häufig die Aussage eines Opfers vor der Polizei oder im Gerichtsverfahren bedeutsam. Diese Aussage erhalten wir aber nur, wenn die Opfer, also vielfach Frauen, sich sicher vor Verfolgung hier oder im Heimat- land fühlen können. Insofern haben wir Verständnis für die Anträge der Grünen. Da aber ausländerrechtliche Regelungen ebenso wie die eingangs genannten strafrechtlichen Lösungen er- hebliche Folgeprobleme aufwerfen können, müssen sie sorgfältig erwogen und geprüft werden. Das werden wir in der nächsten Wahlperiode leisten. Die vergangenen vier Jahre mit einer Regierungsbe- teiligung der FDP waren vier gute Jahre für Deutsch- land. Gerade im Bereich der Innen- und Rechtspolitik haben wir einige Erfolge erzielt, die dieser Koalition an- fangs kaum einer zugetraut hätte. Das sollten und werden wir fortsetzen. h z B d le fu L h s d J h s P d V n R b ti B h fe e a k u s b im d d d w F w fe v k m Z tu d G d d fr a s li (C (D Ulla Jelpke (DIE LINKE): Zur Abstimmung liegt ier ein Gesetzentwurf der Regierungsfraktionen vor, ur Umsetzung von EU-Richtlinien, zur Verhütung und ekämpfung des Menschenhandels sowie zum Schutz er Opfer. Leider beschränkt sich der Gesetzentwurf al- ine auf die strafrechtlichen Aspekte, die zur Bekämp- ng von Menschenhandel am wenigsten geeignet sind. In der Begründung heißt es, die Zeit habe in dieser egislatur nicht mehr ausgereicht, Punkte zum Aufent- altsrecht, der Betreuung, Unterstützung und medizini- chen Behandlung der Opfer einzuarbeiten. Sie hatten afür seit Beschluss der EU-Richtlinie mehr als zwei ahre Zeit. Verbergen Sie Ihre Unwilligkeit doch nicht inter angeblichem Termindruck. In der Anhörung am Montag waren sich alle Sachver- tändigen – von der Sexarbeiterin bis zum Vertreter der olizei – im Übrigen in ihrer vernichtenden Beurteilung ieses Gesetzentwurfes und der darin vorgenommenen ermischung von Menschenhandel und Prostitution ei- ig. Das sollte Ihnen, Kolleginnen und Kollegen von den egierungsfraktionen, doch zu denken geben. Nach Auffassung der Linken muss das Augenmerk ei der Bekämpfung von Menschenhandel auf Präven- on und Opferschutz gelegt werden. Denn solange die etroffenen keinen sicheren und eigenständigen Aufent- altstitel erhalten, sind die Täter durch die Angst der Op- r geschützt. Die Linke fordert für die Opfer von Menschenhandel inen von der Aussagebereitschaft in Strafverfahren un- bhängigen Aufenthaltstitel. Diese Menschen müssen ostenlose Rechtshilfe, Unterkünfte sowie medizinische nd psychologische Betreuung erhalten und Zugang zu ozialen Leistungen, Bildungsangeboten und zum Ar- eitsmarkt haben. Leider setzt auch der Änderungsantrag der Grünen mer noch die Aussagebereitschaft des Opfers als Be- ingung für eine Aufenthaltserlaubnis voraus. Das wird er Lebenswelt der Betroffenen und den Erfordernissen es Menschenrechtsschutzes nicht gerecht. Denn hier ird die Angst der Opfer ignoriert, dass ihnen oder ihren amilienangehörigen in ihrer Heimat Schaden zugefügt ird; die Angst, in einem Strafverfahren erneut zum Op- r zu werden; ihre Traumatisierung oder Abhängigkeit on den Tätern. Weil dieser grüne Änderungsantrag zu urz greift, können wir hier nicht zustimmen. Der Gesetzentwurf der Regierungsfraktionen ver- ischt die Bekämpfung von Menschenhandel und wangsprostitution mit dem legalen Bereich der Prosti- tion. Das ist eine Beleidigung und Diskriminierung für ie vielen eigenständig und selbstbestimmt in diesem ewerbe tätigen Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter. Gefordert wird im Regierungsantrag die Aufnahme er Prostitutionsstätten in den Katalog überwachungsbe- ürftiger Gewerbe. Dies suggeriert einen bisher rechts- eien Raum. Doch in Wirklichkeit unterliegt kaum ein nderer Wirtschaftszweig schon heute einer so engma- chigen Kontrolle und einem so ausgeprägten strafrecht- chen Sonderschutz. 32366 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 (A) ) )(B) Ich zitiere die Sexarbeiterinnenvereinigung Doña Carmen: „Bei so viel ‚Schutz‘ ist eines sicher: Die Rechte von Prostituierten kommen unter die Räder, man will sie zu Tode schützen.“ Dieser Gesetzentwurf vereinigt mit seinen Gummi- formulierungen über den Schutz vor Belästigungen ordnungsstaatliche Überwachungssüchte mit rückwärts- gewandter Prüderie. Unter dem Vorwand, gegen Men- schenhandel vorzugehen, wird hier einer erneuten Kri- minalisierung der Prostitution Vorschub geleistet. Ein solches moralisches Rollback ist mit der Linken nicht zu machen. Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir beraten heute einen Gesetzentwurf der Koalition, mit dem sie die Umsetzung der EU-Richtlinie zur Be- kämpfung des Menschenhandels versucht. Leider muss man feststellen: Der Vorschlag der Koalition ist kein Beitrag im Kampf gegen Menschenhandel. Mit der blo- ßen Ausweitung des Strafrechtes auf die Bereiche Bette- lei und organisierte Kriminalität wird keinem Opfer von Menschenhandel geholfen. Nicht verkehrt, aber wir- kungslos. Das ist ein Placebo, weiße Salbe: Es sieht gut aus, beruhigt die Gemüter und bewirkt nichts. Mit einer Ausnahme: Niemand kann absehen, was die Regelung zu § 233 StGB tatsächlich bewirkt. Was bedeutet es denn, wenn – wie es in Ihrem Gesetzentwurf steht – man „eine andere Person unter Ausnutzung einer Zwangslage oder der Hilflosigkeit, die mit ihrem Aufenthalt in einem fremden Land verbunden ist, … zur Begehung mit Strafe bedrohter Handlungen … “ bringt? Ist das ein Anstif- tungsvorsatz in Bezug auf diese mit Strafe bedrohten Handlungen? Meinen Sie damit Straftaten? Müssen diese dann auch rechtswidrig und schuldhaft sein und, wenn ja, was ist mit dem Nötigungsnotstand? Wie sich diese Norm zum Allgemeinen Teil des Strafrechts ver- hält, ist mir nicht klar. Und die Koalition scheint sich auch keine ausreichenden Gedanken darüber gemacht zu haben. Aber kurz vor Ende der Wahlperiode musste ja alles mit heißer Nadel gestrickt werden, obwohl Sie zu- vor jahrelang Zeit gehabt hätten. So macht man keine Gesetzgebung, erst recht nicht im Strafrecht. Nicht einmal die von Volker Kauder noch vor weni- gen Tagen angekündigte Reform des Aufenthaltsrechts wird angegangen. Wir fordern in einem Änderungs- antrag, Opfern von Menschenhandel ein eigenständiges Bleiberecht zuzugestehen. Das hilft den Frauen und er- höht die Aussagebereitschaft gegen mögliche Men- schenhändler. Zudem ist völlig unverständlich, warum die Koalition nicht wenigstens auch die wissentliche und vorsätzliche Ausbeutung von Zwangsprostituierten durch Freier be- straft. Schon seit Jahren fordern Opfergruppen, dass die Ausbeutung durch Freier, die wissentlich mit Zwangs- prostituierten verkehren, strafbar werden soll. Diese Lü- cke im Strafgesetzbuch schließen wir mit unserem zwei- ten Änderungsantrag. Es ist richtig: Wer Menschen zum Zweck der sexuellen Ausbeutung schmuggelt, wird be- straft, wer sie hier vor Ort wirtschaftlich ausbeutet, ebenso. Es ist nur folgerichtig, auch diejenigen zu be- s z e d n m d R s ti A h a lu s D c A w c w d c s fa d ri G a g K k ti K s m k la P n J fe w Ih S ri k tu G v N a P d ie (C (D trafen, die diese Zwangslage wissentlich zur Ausnut- ung für sexuelle Bedürfnisse ausnutzen. Auch das ist in sinnvoller Beitrag im Kampf gegen Menschenhan- el. Um es aber auch ganz klar zu sagen: Als Grüne leh- en wir jeden Versuch ab, die Prostitution wieder zu kri- inalisieren. Weder das sogenannte „schwedische Mo- ell“ mit einer allgemeinen Freierbestrafung noch ein ückfall in die Illegalität, wie vor dem Prostitutionsge- etz, nützt den Frauen und Männern, die in der Prostitu- on arbeiten. Solche Maßnahmen führen nur zu einer bdrängung ins Dunkle und ins kriminelle Milieu. Dort at das Prostitutionsgesetz angesetzt, und die Auslösung us der organisierten Kriminalität ist ein gutes Stück ge- ngen. Das belegen auch die Analysen des BKAs aus einem alljährlichen „Lagebericht Menschenhandel“. ie Koalition vermengt deswegen unzulässig die Berei- he Menschenhandel und Prostitution. Als Grüne wollten wir immer eine positiv rechtliche usgestaltung des Prostitutionsgewerbes. Allerdings ar das mit der SPD vor elf Jahren noch nicht zu ma- hen. Heute ist es deutlicher Konsens, dass es ein Fehler ar, die konkrete Ausgestaltung den Bundesländern und en Kommunen zu überlassen. Dies führte zu einem Fli- kenteppich an Regelungen, die vor allem zu Rechtsun- icherheit auf allen Seiten führt. Wir brauchen eine um- ssende Regulierung von Prostitutionsstätten. Der Vorschlag der Koalition, Prostitutionsstätten le- iglich als überwachungsbedürftiges Gewerbe zu dekla- eren, greift dabei allerdings viel zu kurz. Er birgt die efahr, dass sich die Nachbarschaftsregelungen negativ uf die Wohnungsprostitution gerade auch selbstständi- er und eigenorganisierter Prostituierter auswirken. Der oalitionsantrag schafft einen Willkürparagrafen mit un- laren Rechtsbegriffen. Er unterlässt eine klare Defini- on des Begriffes „Prostitutionsstätten“ ebenso wie eine lärung, welche Auflagen eigentlich möglich und nötig ind, um eine positive Gestaltung der Prostitution zu er- öglichen und Ausbeutung zu verhindern. Letztlich onstatieren Sie nur, was längst Realität ist in Deutsch- nd, nämlich dass die Polizei und Ordnungsbehörden in rostitutionsstätten zu Untersuchungen gelangen kön- en. Das ist angesichts von Hunderten Razzien jedes ahr keine wirkliche Neuerung. Dabei bleibt völlig of- n, wonach die Behörden eigentlich suchen sollen, nach elchen Kriterien sie Einrichtungen schließen können. r Gesetzentwurf ist lediglich eine Festschreibung des tatus quo, ein Arbeitsbeschaffungsprogramm für Ge- chte und Verwaltungsbehörden. Ein Beitrag zur Be- ämpfung von Ausbeutung oder zur Stärkung der Prosti- ierten gegenüber Vermietern und Betreibern ist der esetzentwurf auf jeden Fall nicht. Wir fordern dagegen eine weitergehende Regulierung on Bordellen als genehmigungspflichtiges Gewerbe. ur eine umfassende Regulierung führt die Prostitution us dem Dunkelfeld und schafft Rechtssicherheit für rostituierte und Betreiber. Unser Änderungsantrag definiert konkrete Auflagen, ie es den Behörden erlauben, zum Schutz von Prostitu- rten Kontrollen durchzuführen und im Zweifel ausbeu- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32367 (A) ) )(B) terische Praktiken zu untersagen. Durch eine Dokumen- tationspflicht werden ausbeuterische Praktiken sichtbar und können dann auch geahndet werden. Bereits im Ge- nehmigungsverfahren werden die Zuverlässigkeit der Betreiber und ihres Personals überprüft, der Geschäfts- plan geprüft und die Rechtsverhältnisse zwischen Betrei- ber und Prostituierten dokumentiert. Klare Regeln schaf- fen Rechtssicherheit auf allen Seiten. Die Koalition hat nun angesichts auch der vernichten- den Kritik bei der Anhörung im Rechtsausschuss am vergangenen Montag angekündigt, in der nächsten Le- gislatur einen umfassenden Entwurf vorzulegen. Unklar bleibt, warum dann besser gelingen soll, was in den ver- gangenen sieben Jahren nicht gelungen ist. Wir werden uns einer solchen Diskussion konstruktiv stellen. Bis da- hin gilt aber: Dieser Gesetzentwurf, der heute vorliegt, ist kein Beitrag zur Rechtssicherheit. Er verschlimmbes- sert die bestehenden Defizite. Dem können wir Grüne nicht zustimmen. Anlage 25 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Antwort auf die Große An- frage: Ergebnisse und Folgen der Beschlüsse des NATO-Gipfels von Chicago für Abrüstung, Raketenabwehr und europäische Sicherheit (Tagesordnungspunkt 21) Dr. Reinhard Brandl (CDU/CSU): Bereits in der Vorbemerkung ihrer Anfrage an die Bundesregierung gibt die SPD eine abschließende Bewertung zu den Er- gebnissen des NATO-Gipfels ab: Der NATO-Gipfel von Chicago war für sie aus sicherheits- und friedenspoliti- scher Sicht eine Enttäuschung. Dem schließe ich mich nicht an. Vielleicht waren aber auch nur meine Erwar- tungen an den Gipfel schlicht niedriger. Ich habe auf kleine, aber konkrete Schritte bei den aktuellen Baustel- len gehofft: Wie geht es weiter in Afghanistan bis und nach 2014? Wie setzen wir die Idee von Smart Defence um? Welche Fortschritte verzeichnen wir beim Aufbau des Raketenabwehrsystems? Darüber hinaus habe ich vor allem ein starkes Bekenntnis zur transatlantischen Allianz vonseiten Amerikas erwartet. In den ersten Punkten wurden meine Erwartungen weitgehend erfüllt, im letzten Punkt – dem Bekenntnis zu einer auch in Zu- kunft starken transatlantischen Allianz – wurde auch ich zugegebenermaßen ein wenig enttäuscht. Neben den bereits erwähnten Themen lag ein Schwer- punkt des NATO-Gipfels auf Fragen der Abrüstung und der Rüstungskontrolle. Im Rahmen des Gipfels bekann- ten sich die Mitgliedstaaten erneut zu ihrem Ziel, eine nuklearwaffenfreie Welt zu schaffen. Auch hier zeigte sich im Laufe des letzten Jahres wiederum, dass die Er- wartung von kleinen Schritten sich als richtig erweisen sollte. Außenminister Guido Westerwelle hat es hier im Plenum vor einigen Wochen überaus treffend beschrie- ben: „Wir alle wissen aus den Erfahrungen der Ge- schichte, dass Abrüstungspolitik einen langen Atem braucht.“ k n W g s d d d fu k a R s d d s d D z B rü s R a h s tr R R C fa ti m d d Z d ti ru m p W c d s a te T m g M s m te d (C (D Zu diesem langen Atem gehört aber auch, dass wir leine Fortschritte und Erfolge wertschätzen und eben icht aus den Augen verlieren, dass beispielsweise der eg hin zu einer nuklearwaffenfreien Welt ein sehr lan- er und mühsamer ist. Als Präsident Barack Obama in einer Rede in der vergangenen Woche vor dem Bran- enburger Tor angekündigt hat, das Atomwaffenarsenal er USA um ein Drittel reduzieren zu wollen, habe ich ies als weiteren wichtigen Schritt auf diesem Weg emp- nden. Wie schwierig jedoch die Umsetzung der An- ündigung sein wird, zeigte sich an der umgehenden Re- ktion aus Moskau. Wir müssen uns nun fragen: Welche olle kann Deutschland hier in den nächsten Jahren pielen? Welchen Beitrag können wir leisten? Die Bun- esregierung hat sich in der Vergangenheit immer wie- er als Mittler zwischen den USA und Russland einge- etzt und mit vertrauensbildenden Maßnahmen versucht, ie Zusammenarbeit der beiden Nationen zu fördern. iese Bemühungen müssen wir auch in Zukunft fortset- en. Die christlich-liberale Koalition steht, wie auch die undesregierung, zu ihrem Versprechen, eine aktive Ab- stungspolitik zu betreiben. Die Bundesregierung hat ich vehement für die Einrichtung des Abrüstungs- und üstungskontrollausschusses der NATO eingesetzt. Und uch hier sind Fortschritte zu erkennen. Der Ausschuss at sich am 12. Februar dieses Jahres konstituiert und eine Arbeit aufgenommen. Im Mittelpunkt stehen dabei ansparenz- und vertrauensbildende Maßnahmen mit ussland bei nichtstrategischen Nuklearwaffen. Zu Beginn meiner Rede bin ich bereits kurz auf die aketenabwehr eingegangen. Während des Gipfels in hicago haben die NATO-Partner offiziell deren An- ngsbefähigung in Europa erklärt. In der hier zu debat- erenden Großen Anfrage beschäftigt sich ein Abschnitt it den möglichen Bedrohungen, vor denen wir uns mit iesem Raketenabwehrsystem schützen wollen, bzw. mit er Wahrscheinlichkeit, dass diese Bedrohungen auch in ukunft Realität werden. Man könnte bei den Fragen en Eindruck erhalten, dass die Opposition an der Legi- mität der Raketenabwehr zweifelt. Die Bundesregie- ng hat in ihrer Antwort klargestellt, dass sich die ge- einsame Raketenabwehr gegen mögliche Bedrohungs- otenziale richtet und nicht gegen spezifische Länder. ir benötigen ein NATO-Raketenabwehrsystem, wel- hes uns flächendeckend und nicht nur punktuell vor em Angriff ballistischer Raketen schützen kann. Hierzu ind die derzeit vorhandenen Raketenabwehrsysteme ber nicht in der Lage. Die Kooperation mit Russland im Rahmen der Rake- nabwehr ist ein sehr schwieriges und überaus sensibles hema. Unser Wunsch ist es, die Raketenabwehr ge- einsam mit Russland voranzubringen. Die Bundesre- ierung versucht auch hier, mit vertrauensbildenden aßnahmen eine Basis für Dialog und Kooperation zu chaffen. Dazu gehörte die Ausrichtung einer gemeinsa- en computergestützten Raketenabwehrübung im letz- n Jahr. Von dem Nutzen dieser Übung konnte ich mich amals persönlich vor Ort überzeugen. 32368 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 (A) ) )(B) Meine Rede begonnen habe ich mit den Erwartungen, die an den NATO-Gipfel gestellt wurden. Meines Erach- tens wurde am letzten NATO-Gipfel vor allem eines deutlich: Die sicherheitspolitischen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts können wir nur gemeinsam bewäl- tigen. Gemeinsames Handeln – insbesondere vor dem Hintergrund unterschiedlicher nationaler Interessen – kann jedoch nach meiner Überzeugung nur in kleinen Schritten funktionieren. Diesen kleinen Schritten stehen aber häufig Maximalforderungen entgegen, die eine Zu- sammenarbeit von Beginn an verkomplizieren. Ich sage nicht, dass wir uns auf kleinen Erfolgen ausruhen soll- ten, aber wenn wir uns auf sie berufen, dann trägt dies zu einem Arbeitsklima bei, das Kooperation fördert und nicht behindert. Roderich Kiesewetter (CDU/CSU): Der freund- schaftliche Besuch des US-Präsidenten Barack Obama in Berlin und sein Versprechen, einen wesentlichen Bei- trag für die globale Abrüstung von Nuklearwaffen zu leisten, hat uns einmal mehr verdeutlicht, dass die trans- atlantische Allianz ihre Wichtigkeit für Deutschland be- halten wird und dass sie die von der SPD entgegenge- brachte Skepsis nicht verdient hat. Statt in kleinteiligen Fragenkatalogen die Leistungsfähigkeit der NATO anzu- zweifeln, sollten wir uns Gedanken machen, wie wir das Bündnis zukunftsfest gestalten können. Seit dem 11. September 2001 befindet sich die NATO in einer fortgesetzten Strategiedebatte und in einer dau- erhaften Anpassung. Sie konzentriert sich nach dem Gipfel von Lissabon und der Verabschiedung des Neuen Strategischen Konzepts 2010 auf drei Kernaufgaben: kollektive Verteidigung, Krisenbewältigung und koope- rative Sicherheit. Auf ihrem Gipfeltreffen im letzten Jahr in Chicago haben die Staaten der NATO dieses Konzept weiterent- wickelt. Es ist das Verdienst unserer Bundesregierung, dass die Abrüstungspolitik dabei eine hohe Priorität bekommen hat. In Chicago wurde auf gemeinsame Ini- tiative von Deutschland, der Niederlande, Norwegen und Polen ein Angebot an Russland zu reziproken Transpa- renzmaßnahmen bei nicht strategischen Nuklearwaffen beschlossen. Auch der neue Abrüstungs- und Rüstungs- kontrollausschuss ist eine wichtige Errungenschaft. Mit dem Bekenntnis zum Ziel einer nuklearwaffenfreien Welt, das im Abschlussdokument des Überprüfungs- prozesses des NATO-Abschreckungs- und Verteidi- gungsdispositivs festgehalten wurde, konnte die Bundes- regierung einen weiteren Meilenstein erreichen. Ebenso wie die Worte von US-Präsident Obama so müssen auch diese Gipfel-Ergebnisse erst mit Leben ge- füllt werden. Dennoch, die Grundlagen sind gelegt, die entsprechenden Bündnisgremien haben ihre Arbeit auf- genommen, und Deutschland wird weiter eine aktive Rolle bei der praktischen Umsetzung übernehmen. Auch wenn bei den Verhandlungen viel Geduld verlangt wird, ist der Grundsatz, dass Entscheidungen zum Nukleardis- positiv im Bündnis einmütig entschieden werden, weiter richtig. G lä B te s re s b d S U d n a k ru g d fä d re P d s tr V z w M k m M d m h B L re ti m T s u e E s p B s M d d fü k s te (C (D Lassen Sie mich zu den vielen Anmerkungen in der roßen Anfrage über das sogenannte Lebensdauerver- ngerungsprogramm der US-Nuklearwaffen des Typs 61 und zu den Tornados der Bundeswehr und ihrer po- nziellen Trägerfunktion einen wichtigen Punkt klar- tellen, der auch in der Beantwortung durch die Bundes- gierung aufgeführt ist: Abrüstung und Abschreckung tehen nicht im Widerspruch, sie sind zwei unverzicht- are Teile einer Gesamtstrategie. Dies zeigen nicht zuletzt die aktuellen Berechnungen es Stockholm International Peace Reseach Institues, IPRI, für das Jahr 2012. Während Russland und die SA ihre Atomwaffenbestände verringert haben, stockten ie Atommächte China, Indien und Pakistan ihre Arsenale ach Angaben von SIPRI im gleichen Zeitraum weiter uf. Russland modernisiert seine noch 8 500 Atomspreng- öpfe mit erheblichen Finanzmitteln. Die Modernisie- ng der in der Anzahl erheblich geringeren nicht strate- ischen nuklearen Verteidigungskapazitäten der NATO, urch die keineswegs neue Einsatzzwecke oder Einsatz- higkeiten geschaffen werden, gewährleistet angesichts ieser Entwicklungen fortwährend eine glaubhafte Auf- chterhaltung des Schutzes; vor allem unsere NATO- artner Estland, Lettland, Litauen und Polen bestehen arauf. In dem Zusammenhang komme ich auf ein weiteres icherheitspolitisches Thema des Chicagoer Gipfel- effens zu sprechen: die Pläne, gemeinsam mit unseren erbündeten unsere Fähigkeiten zur Raketenabwehr aus- ubauen. Bis 2020 soll ein Raketenschirm entwickelt erden, mit dessen Hilfe das Territorium der NATO- itgliedstaaten vor Angriffen durch unbemannte Flug- örper geschützt wird. Im Vorfeld des Projektes wird im- er wieder kritisiert, dass ein antirussischer Impetus die otivation hinter dem Raketenschirm darstelle. Auch ie Opposition fragt nach hypothetischen Szenarien und öchte konkrete Länder genannt wissen. Es ist festzu- alten, dass die Raketenabwehr sich gegen mögliche edrohungspotenziale richtet, nicht gegen spezifische änder. Zum Verhältnis mit Russland möchte ich unse- n Außenminister Guido Westerwelle unterstützend zi- eren, der betont, dass Sicherheit in Europa nur zusam- en mit Russland garantiert werden könne und dass „die ür für Russland offen bleibt“. Wir dürfen nicht verges- en, dass unsere Bundesregierung eine Intensivierung nserer Partnerschaft mit Russland anstrebt und eine nge Kooperation auf ökonomischer und kultureller bene zwischen Berlin und Moskau besteht. Die rus- isch-deutschen Beziehungen nur auf aktuelle außen- olitische Differenzen zu reduzieren, verschleiert den lick auf die Komplexität unserer strategischen Partner- chaft. Es ist deshalb gut, mit klarer Stimme die issstände in Russland anzumahnen, schönreden hilft ieser strategischen Partnerschaft nicht, sondern gefähr- et sie eher. Die Fragen rund um die Partnerschaft mit Russland hren mich zu meinem letzten Punkt, den Sie mit Ihrer leinteiligen Großen Anfrage leider verfehlen. Wir müs- en uns grundsätzliche Gedanken machen über die stra- gische Zukunft der NATO, vor allem als Europäer. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32369 (A) ) )(B) Was ist heute das Besondere am Atlantischen Bünd- nis? Was macht es so einzigartig? Ich möchte in der Kürze dieser Rede nur vier essenzielle Argumente anrei- ßen: Erstens eine leistungsfähige NATO-Kommandostruk- tur, die trotz oder gerade wegen ihrer Verschlankung von 13 000 auf 9 000 Mitarbeiter einzigartig bleibt, zweitens ihre Fähigkeit zur Interoperabilität unter den Mitglied- staaten, aber auch mit Partnern – hier müssen wir inves- tieren, um zukunftsfähig zu bleiben –, drittens weitere besondere Fähigkeiten der NATO, beispielsweise bei der Aufklärung, Luftverteidigung und zunehmend auch im Bereich Cybersicherheit, viertens Art. 5 als Kernfunk- tion des Bündnisses sowie die Nuklearschutzgarantie durch die USA. Trotz der weitgehend positiven Bilanz des Chicagoer Gipfels ist es wichtig, zu hinterfragen, wo wir noch Verbesserungspotenzial haben. Die Gates-Rede in Brüs- sel von 2011 hat Defizite im Bereich der Lastenteilung verdeutlicht. Hier bedarf es tiefergehender Analysen und offener Debatten, auch zur Lastenverteilung bei gemein- samen Auslandseinsätzen. Die Positionierung der NATO bezüglich der Herausforderungen im Nahen und Mittle- ren Osten muss ebenfalls strategisch diskutiert werden. Als politisches Bündnis, das gemeinsame Werte vertritt, können gegebenenfalls nicht nur ideelle Unterstützungs- leistungen der NATO für Israel gefordert sein. Bezüglich der wachsenden Cyberbedrohungen müssen wir uns die Frage stellen, ob die NATO bereit ist, eine eigene Infra- struktur aufzubauen, um ihre Mitgliedstaaten besser ge- gen diese Gefahren zu schützen. Und schließlich ist die NATO immer noch in erster Linie, was ihre Außengren- zen angeht, ein maritimes Bündnis; möglicherweise sind hier ebenfalls Fähigkeiten zu optimieren. Auf Fragen nach Rollenverteilungen und Erweiterungsfragen, die si- cher auch diskutiert werden müssen, möchte ich an die- ser Stelle nicht weiter eingehen. Abschließend rufe ich am Ende meiner Rede noch einmal dazu auf, weiter eine vertiefte, sicherheitspoliti- sche Integration innerhalb der Europäischen Union an- zustreben. Das erwarten auch die Amerikaner von uns – im Sinne einer effektiveren transatlantischen Arbeitstei- lung. Die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungs- politik stellt einen wichtigen Meilenstein dar. Aber künf- tig müssen wir verstärkt in sicherheitspolitischen Fragen mit einer Stimme sprechen, damit wir auch in der Zukunft den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts gewachsen sind. Diese Woche fand das erste Deutsche Forum Sicher- heitspolitik an der Bundesakademie für Sicherheitspoli- tik statt, ein guter Schritt zur breiteren sicherheitspoliti- schen Debatte in Deutschland, zu der auch unsere heutige Debatte wesentlich beiträgt. Uta Zapf (SPD): Dass wir weit nach Mitternacht hät- ten reden sollen, ist zwar dem Thema nicht angemessen, aber wohl der Antwort der Bundesregierung auf unsere Große Anfrage. Diese Antwort gibt über die wesentli- chen Fragen keine Auskunft. Sie übertüncht das Versa- gen der Bundesregierung mit weißer Salbe; sie gibt be- h v m N K te z E O d u b d B B E g d A d E d a e T n m la is D d e w la d ti b fö w ta n 1 B W s S K u ru s (C (D arrlich und wiederholt falsche Auskünfte, oder sie erschanzt sich hinter Geheimhaltung. Diese Koalition ist mit großem Getöse als Abrüstungs- acht aufgebrochen. Ziel: nuklearwaffenfreie Welt, uklearwaffen raus aus Büchel – Abmarsch in die USA. Die Beratungen der NATO zum neuen strategischen onzept und zur Verteidigungs- und Abschreckungsstra- gie hätten die Möglichkeit geboten, größere Schritte ur Reduzierung von Nuklearwaffen zu erwirken, als im rgebnis des Gipfels festgeschrieben wurde. Nach Chicago definiert sich die NATO als nukleare rganisation. Die Rolle der Nuklearwaffen ist nicht re- uziert. Der bisherige Mix aus konventionellen Waffen nd Nuklearwaffen des Abschreckungsdispositivs wird estätigt, „solange es Nuklearwaffen gibt“, und die Bun- esregierung hat dem zugestimmt. Das Versagen der undesregierung wird hinter Formeln wie „Unter den ündnispartnern besteht Einvernehmen darüber, dass ntscheidungen über das Nukleardispositiv im Bündnis emeinsam und folglich im Konsens zu treffen sind“ eutlich. Dieser Satz taucht in der Antwort zu unserer nfrage dreimal auf und zeigt die ganze Hilflosigkeit er Regierung. Hat diese Regierung wirklich so wenig influss und Gewicht? Wenig Positives ist erreicht: Auf der Habenseite steht ie Etablierung des Abrüstungsausschusses, der wohl uch allmählich seine Arbeit aufgenommen hat – nach inem Jahr! – und sich, so hört man, mit Angeboten zu ransparenzmaßnahmen an Russland beschäftigt. Ergeb- isse liegen noch nicht vor. Russland wird sich nur zu gegenseitigen Transparenz- aßnahmen bei den taktischen Nuklearwaffen bewegen ssen, wenn der Konflikt um die Raketenabwehr gelöst t – etwas, was mir noch in weiter Ferne erscheint. urch diese Transparenzmaßnahmen will die NATO bei en taktischen Nuklearwaffen mit Russland Fortschritte rreichen. Aber der Dialog hat noch nicht begonnen. Auch das erneuerte Angebot von Präsident Obama zu eiteren Reduzierungen von Nuklearwaffen wird Russ- nd nicht akzeptieren, solange es seine Sicherheitsbe- ürfnisse nicht berücksichtigt sieht. Warum sollten tak- sche US-Nuklearwaffen bei uns und in Europa bleiben, is abgerüstet wird? Wäre es für Abrüstung nicht viel rderlicher, wenn die Waffen in den USA stationiert ären? In der Tat scheint die Chance für einen Rückzug der ktischen Nuklearwaffen verstrichen zu sein. In der euen Nuclear Employment Strategy der USA vom 2. Juni 2013 wird – wohl auch als Konsequenz aus den eschlüssen von Chicago – die Stationierung dieser affen in Europa festgeschrieben. Also ist die Moderni- ierung der B61 Bestandteil der US-Strategie zum chutz der Verbündeten – „extended deterrence“. Mit ihrer Unterschrift unter das neue strategische onzept und durch die Akzeptanz der Abschreckungs- nd Verteidigungsdoktrin akzeptiert die Bundesregie- ng die Modernisierung der in Europa und Deutschland tationierten US-Nuklearwaffen. Es ist damit festge- 32370 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 (A) ) )(B) schrieben, dass die Verbündeten, auf deren Territorium die US-Nuklearwaffen stationiert sind, die Verantwor- tung für die volle Funktionsfähigkeit der Trägersysteme tragen. Die geplante Modernisierung wird eine höchst kost- spielige Modernisierung des Trägersystems Tornado er- fordern. Wieso die Bundesregierung die Modernisierung der B61 trotzdem steif und fest nach wie vor zur nationalen Entscheidung der USA deklariert, ist mir schleierhaft. Dem widerspricht auch die Antwort der Bundesregie- rung auf die Große Anfrage: Frage 4 b): „Würde ein Abzug der taktischen Atom- waffen aus Europa, beispielsweise eine Verlagerung der Waffen in die USA, nach Auffassung der Bundesregie- rung, den Fortbestand der Politik der nuklearen Teilhabe in der NATO grundsätzlich infrage stellen?“ Antwort: „Bei einem vollständigen Abzug der nichtstrategischen Nuklearwaffen aus Europa würden sich die Voraussetzungen für die nukleare Teilhabe we- sentlich ändern. Die politischen Diskussionen im Bündnis im Rahmen der Erarbeitung des strategischen Konzepts der NATO sowie der Untersuchung des Ab- schreckungs- und Verteidigungsdispositivs der Allianz haben gezeigt, dass die auf dem Territorium europäischer Bündnispartner stationierten amerikanischen nichtstrate- gischen Nuklearwaffen weiterhin als Fundament und Ausdruck der engen und tragfähigen transatlantischen Bindung zwischen den europäischen und nordamerikani- schen Mitgliedern der Allianz durch Teilung nuklearer Risiken und Wahrnehmung gemeinsamer Verantwortung verstanden werden. Zugleich soll die Beteiligung der Staaten ohne Nuklearstreitkräfte am nuklearen Potential des Bündnisses die Solidarität im Bündnis, die gemein- same Verpflichtung und die ausgedehnte Lasten- und Ri- sikoteilung demonstrieren. Unter den Bündnispartnern besteht Einvernehmen da- rüber, dass Entscheidungen über das Nukleardispositiv im Bündnis gemeinsam und folglich im Konsens zu tref- fen sind.“ Wenn die Stationierung dieser Waffen in Europa Bündnispolitik ist, ist die Modernisierung dieser Waffen keine reine nationale Entscheidung. Beharrlich besteht die Bundesregierung darauf, die Modernisierung der B61 sei reine Lebensdauerverlängerung, diene der Si- cherheit, bewirke keine Qualitätsverbesserung. Dies ist einfach falsch. Zielgenauigkeit, Durchschlagskraft und Reichweite werden verändert und damit auch die militä- rischen Einsatzoptionen. Ich empfehle der Bundesregie- rung die Lektüre wissenschaftlicher Studien zum Bei- spiel von Hans Kristensen und Otfried Nassauer zum Thema. Bei dieser Modernisierung geht es ja nicht nur darum, die Bomben sicherer zu machen. Auch ihre strategischen Qualitäten würden verändert: Reichweite, Präzision, Zielgenauigkeit und Durchschlagskraft. Eine neue Qua- lität und neue Fähigkeiten werden damit erreicht. Es ist eine neue Bombe, eine strategische Nuklearwaffe. N N U s A n z ü v a d e W z b n k d d B b n ta K v k k c n d U z g A s a ti m g p k n d ru n g (C (D Dies widerspricht der Absicht, die Bedeutung von uklearwaffen zu verringern und Abrüstung zu fördern. icht nur der Koalitionsvertrag stellt dies fest. Auch die SA haben diese Absicht erklärt, und alle Mitglied- taaten des Nichtverbreitungsvertrages haben 2010 im ktionsplan beschlossen, in ihren Strategien und Doktri- en die Rolle der Nuklearwaffen zu verringern und alles u tun, um Abrüstung zu fördern. Ein solche neue Waffe gibt Russland keinen Anreiz, ber taktische Nuklearwaffen und deren Abrüstung zu erhandeln. Wie soll das Angebot von mehr Transparenz ngesichts von Modernisierungsplänen Vertrauen bil- en? Vielmehr steht zu befürchten, dass Russland seine igenen Nuklearwaffen modernisiert – wie angekündigt. Wenn sich die NATO in ihrer Argumentation, die US- affen in Europa zu behalten, auf die weit höhere An- ahl taktischer Nuklearwaffen der russischen Föderation eruft, vergisst sie, dass Russland die hohe konventio- elle Überlegenheit der NATO durch Nuklearwaffen ompensieren will. Eine Folge der Verpflichtungen aus Chicago ist, dass ie Bundesregierung unterschrieben hat, die für die mo- ernisierten B61 vorgesehenen Trägersysteme in bester etriebsform zu halten. Das heißt: viel Geld in den Tornado und seine Le- ensdauerverlängerung stecken. Die Frage nach einem euen Trägersystem „stellt sich derzeit nicht“. Aber sonst: Nur Ausweichmanöver, Nebelkerzen. Zi- t Frage 20: „Müssen an den vorhandenen Tornado- ampfflugzeugen der Luftwaffe technische Änderungen orgenommen werden, um mit diesen Luftfahrzeugen ünftig auch die Bomben vom Typ B61-12 einsetzen zu önnen? Wenn ja, welche Änderungen sind dies, und mit wel- hen Kosten wäre für diese Änderungen zu rechnen?“ Antwort: „Aufgrund der frühen Programm- und Pla- ungsphase des Lebensdauerverlängerungsprogramms er US-Nuklearwaffen des Typs B61 können über den mfang der gegebenenfalls notwendigen Maßnahmen ur Anpassung der von der Bundeswehr zur Verfügung estellten Trägersysteme zurzeit keine abschließenden ussagen getroffen werden. Im Vordergrund steht insge- amt die Anpassung der lebensdauerverlängerten B61-12 n das Trägersystem. Gemäß eigener Aussagen wird die US-Administra- on sicherstellen, dass lebensdauerverlängerte B61-12 it den verschiedenen Trägermitteln der NATO-Mit- liedstaaten, die zur nuklearen Teilhabe beitragen, kom- atibel sind.“ Und aus der Antwort auf Frage 17: „Es sind derzeit eine Maßnahmen geplant, um das Waffensystem Tor- ado über das Jahr 2030 einsatzfähig zu halten.“ In derselben Antwort weist die Bundesregierung aus, ass für den IDS-Tornado für Lebensdauerverlänge- ngsmaßnahmen und Sicherheit über das Jahr 2017 hi- aus 224 Millionen Euro geplant sind, während sie leichzeitig die Frage nach der Kostenabschätzung des Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32371 (A) ) )(B) Forschungsdirektors des NATO Defense College, der 250 Millionen Euro ansetzt, mit einem einsilbigen „Nein“ abtut. Mein Fazit: Die Arbeit hätte sich die SPD-Fraktion sparen können, die wir aufgewendet haben, um den Fra- genkatalog zu erstellen. Die Bundesregierung hat sechs Monate gebraucht, um uns nichtssagende oder falsche Antworten zu geben. – Schade. Dr. Rainer Stinner (FDP): Die SPD fährt mit ihrer großen Anfrage schweres Geschütz auf und verurteilt die deutsche Politik auf dem NATO-Gipfel und wohl auch insgesamt in Bausch und Bogen. Das könnte man als übliches Oppositionsgebaren abtun. Deutschland trägt etwa 5 Prozent der finanziellen Verteidigungslasten der NATO, und Sie beschweren sich, dass Deutschland sich auf einem NATO-Gipfel nicht zu 100 Prozent durch- setzt. Immer wieder müssen wir erleben, dass die SPD eine völlig inkohärente und widersprüchliche Politik betreibt. Wir hatten erst kürzlich das schlagende Beispiel dazu: Ihr Kanzlerkandidat stellt in seiner außenpolitischen Rede, die als große Rede angekündigt worden war, die Frage, warum es nicht mehr gemeinsame militärische Fähigkeiten gebe, etwa eine gemeinsame europäische Marine, was ja durchaus eine berechtigte Frage ist. Aber wenn es dann ganz konkret um gemeinsame Marine-Aktivitäten mit unseren europäischen Partnern geht, kommt von Ihnen postwendend ein Widerspruch: Mit geradezu haarsträubenden Begründungen hat die SPD hier im Bundestag die Verlängerung des Atalanta- Mandats abgelehnt. So ist mit Ihnen außenpolitisch kein Blumentopf zu gewinnen. Nein, so lassen sich in einem Bündnis keine Fortschritte erzielen, und deshalb ist es gut, dass die Bundesregierung hier in Europa und in der NATO anders vorgeht. Natürlich würden auch wir einen schnelleren Abzug von taktischen Nuklearwaffen wünschen. Aber ebenso natürlich war doch immer klar, dass dies nur im Konsens geschehen kann. Und wir müssen einfach zur Kenntnis nehmen, dass andere Länder in ihrem Sicherheitsbedürf- nis eine andere Einschätzung zu diesem Thema haben als wir. Für viele Länder geht es hier nicht um eine Detailfrage, sondern um tief sitzende Ängste und Be- fürchtungen, die wir ernst nehmen müssen. Deshalb ist die Strategie der Bundesregierung richtig: in einem um- fassenden Prozess das Thema Abrüstung überhaupt wie- der zu einem prioritären Thema in der NATO zu machen und auszuloten, wie die Sicherheitsbedürfnisse einzelner Länder auf einem anderen – besseren – Weg befriedigt werden können. Nur so können wir zu einer Lösung kommen, die nicht in einer Hauruck-Einzelaktion ste- cken bleibt, sondern in einen Prozess mündet, in dem dann auch umfassende Fortschritte möglich sind. Die Rede von Präsident Obama hier am Brandenbur- ger Tor mit der Ankündigung einer umfassenden und konkreten Abrüstungsinitiative bestärkt mich und uns in dieser Strategie. Die falschen Vorhaltungen, durch das Lebensdauerverlängerungsprogramm würden neue n re ti w n re h u fa n b A h w d te h c A re w m w s le k z S ti tu in s b h J p ri g „ fe g U s m A E s k s E n la s d (C (D ukleare Fähigkeiten entstehen, werden von der Bundes- gierung zu Recht und korrekt zurückgewiesen. Ähnliches gilt für die Kritik der SPD an der Koopera- on der NATO mit Russland in Fragen der Raketenab- ehr. Ich bin der Meinung, heute würden Sie den Text icht mehr so schreiben. Ja, wir wollen in diesem Be- ich eine Zusammenarbeit mit Russland, und die NATO at dazu konkrete Vorschläge vorgelegt. Zu Kooperation nd Vertrauen gehören aber zwei. Und da muss man ein- ch feststellen, dass auch so manche russische Positio- ierung beim besten Willen nicht mehr als konstruktiv ezeichnet werden konnte. Dagegen blieben konkrete ntworten auf die konkreten Vorschläge der NATO bis- er eben aus. Wir werden aber im NATO-Russland-Rat eiter in einem kooperativen Sinn verhandeln, und ich enke, auch die gemeinsame computergestützte Rake- nabwehrübung, die die Bundesregierung ausgerichtet at, war ein äußerst konstruktiver Beitrag. Wir sind uns völlig bewusst, dass es europäische Si- herheit nur mit und nicht gegen Russland geben kann. ber auch hier müssen wir die Bündnispartner mit ande- n historischen Erfahrungen mitnehmen. Daran arbeiten ir stetig und nachhaltig. Schnellschüsse helfen da nie- andem, und restlos überfrachtete Erwartungen, die not- endig Enttäuschungen produzieren, ebenfalls nicht. Insgesamt bedanke ich mich bei der SPD dafür, dass ie mit dieser Großen Anfrage der Bundesregierung Ge- genheit gegeben hat, ihre richtige Strategie und ihre onkreten Erfolge auf dem Gipfel umfassend und prä- ise darzustellen, bleibe aber bei der Bewertung, dass die PD sich selber mit dieser kleinteiligen und innenpoli- sch orientierten Art der Fragestellung keinen Gefallen t. Sie machen damit nur erneut deutlich, dass Sie nicht der Lage sind, große Linien in konkrete Politik umzu- etzen. Das macht die Bundesregierung anders, und das egrüßen und unterstützen wir. Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): In der NATO errscht weiter Stillstand. Der Chicago-Gipfel im letzten ahr war kein Aufbruch, sondern „business as usual“ lus Wahlkampfhilfe für Obama. In keiner der zentralen Fragen hat sich der Dinosau- er NATO bewegt: Militärische Interventionen à la Af- hanistan will sie weiter vorbereiten und führen. Statt Atomwaffen, nein danke!“ heißt es weiter „Atomwaf- n, ja bitte!“. Nicht ein Gedanke wurde auf die Beendi- ung der nuklearen Teilhabe, also der Stationierung von S-Atomwaffen in Deutschland und anderen europäi- chen Staaten, verwendet. Stattdessen wurde noch ein- al draufgesattelt, und es wurden die Weichen für den ufbau eines umfassenden Raketenabwehrsystems in uropa gestellt. Das Ganze, obwohl die gesamte techni- che Realisierbarkeit und Funktionsfähigkeit völlig un- lar ist und weder aktuelle noch in absehbarer Zukunft icherheitspolitische Bedrohungen existieren, die die xistenz eines Raketenabwehrsystems erfordern. Damit immt die NATO eine Eskalation des Streits mit Russ- nd ebenso in Kauf wie unkalkulierbare finanzielle Ri- iken und die Gefahr eines neuen Wettrüstens. Heute, mehr als ein Jahr später, ist das ganze Ausmaß er Misere zu besichtigen: Die Beendigung der nuklea- 32372 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 (A) ) )(B) ren Teilhabe ist bei FDP und CDU/CSU vom Tisch. Die Bundesregierung argumentiert, dass man nur gemeinsam mit den anderen europäischen NATO-Staaten eine sol- che Entscheidung treffen wird – also in den nächsten zehn Jahren eben wohl nicht. Während die Bundesregie- rung sich wegduckt, sind die USA dabei, die unter ande- rem auch in Deutschland gelagerten taktischen Atom- waffen vom Typ B 61 zu modernisieren. Die Regierung spricht von einem Lebensdauerverlängerungspro- gramm, aber es besteht kein Zweifel, dass es nicht nur um den Austausch von Komponenten geht, sondern um die Verbesserung der Funktions- und Einsatzfähigkeit. Beim Gipfel in Chicago 2012 und insgesamt in den letzten beiden Jahren hat die Bundesregierung keinen Zweifel daran gelassen, dass sie diesen falschen NATO- Kurs nicht nur mitträgt, sondern auch weiter aktiv unter- stützen will: die fortdauernde Lagerung von Atomwaf- fen in Deutschland, die Aufstellung einer Ballistic Mis- sile Defense Operation Cell in Ramstein. Demgegenüber konnte die Bundesregierung lediglich verklausulierte Bekenntnisse zu Abrüstung und Rüs- tungskontrolle sowie dem Ziel einer nuklearwaffenfreien Welt im Kommuniqué zum Abschluss des Chicago-Gip- fels als friedenspolitisch sinnvolle Ergebnisse präsentie- ren. So schwammig sich das liest, so wenig ist bislang auch daraus geworden. Auch bei konventioneller Rüstungskontrolle hat sich die Bundesregierung nicht sonderlich hervorgetan. Den KSE-Prozess kann man endgültig als gescheitert betrach- ten. Die Bundesregierung war nicht bereit, eigenständig auf Russland zuzugehen, sondern hat sich hinter der Be- wegungsunwilligkeit der NATO versteckt. Auch den neuen Herausforderungen durch unbemannte Systeme, zum Beispiel als Träger von Massenvernichtungswaffen, als Spionageinstrumente oder für völkerrechtswidrige ge- zielte Tötungen, wird nur halbherzig Aufmerksamkeit ge- schenkt. Lieber beteiligt sich die Bundesregierung an der Beschaffung von NATO-Drohnen. Der Aufrüstungskurs in der NATO bleibt ungebro- chen, unabhängig davon, ob es überhaupt kurz- oder mit- telfristig eine ernst zu nehmende militärische Bedrohung gibt. Auch die Wirtschaftskrise scheint nur geringe Spu- ren hinterlassen zu haben. Der deutsche Verteidigungs- etat ist nahezu ungekürzt durch die Krise gekommen. Und jüngst auf dem Treffen der NATO-Verteidigungsmi- nister in Brüssel Anfang Juni 2013 hat NATO-General- sekretär Rasmussen genau diese Devise vorgegeben: Die NATO-Staaten sollen den Trend umkehren, sich ge- schlossen gegen weitere Kürzungen stellen und die Auf- stockung der Militärausgaben in Angriff nehmen, sobald sich die Wirtschaft wieder erholt. Der Bundesregierung fehlt es an außen- und sicher- heitspolitischen Konzepten, die nicht auf militärische In- strumente gestützt sind. Das wird bei der NATO-Politik deutlich erkennbar. Aber auch in der EU konzentriert man sich auf den Ausbau der militärischen Instrumente der GSVP, um kleinere Interventionseinsätze eigenstän- dig führen und die NATO entlasten zu können und um vielleicht durch das sogenannte Pooling & Sharing einige der üppigen Verteidigungskosten reduzieren zu können. d Z re d N n g B re u v B s „ ri D d v in d s J tu tr w S B b tu k z H a G D s m E a z b n p b u S R w A v n z h n d h (C (D Mit einer solchen Politik – und in den Antworten auf ie Große Anfrage lässt die Bundesregierung keinen weifel daran, dass sie diese Politik fortführen will – er- icht man nicht Frieden, Sicherheit und Stabilität, sondern as Gegenteil. Smart Defense, das neue Wunderwort der ATO für effiziente Rüstungs- und Militärpolitik, ist eben icht kluge Verteidigungspolitik. Eine solche Verteidi- ungspolitik – und das hat die Linke schon mehrfach im undestag ausgeführt und begründet – basiert auf einer alistischen sicherheitspolitischen Bedrohungsanalyse nd ruht auf den Pfeilern einer Fokussierung auf Landes- erteidigung, der Abrüstung bei der Bundeswehr und der eendigung der nuklearen Teilhabe. Mit der NATO, wie ie sich derzeit präsentiert, ist das nicht zu machen. Agnes Brugger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir werden uns im Bündnis sowie gegenüber den ame- kanischen Verbündeten dafür einsetzen, dass die in eutschland verbliebenen Atomwaffen abgezogen wer- en.“ So steht es schwarz auf weiß im Koalitionsvertrag on 2009. Geblieben ist davon nach dem NATO-Gipfel Chicago 2012 nur heiße Luft. Die Antwort der Bun- esregierung auf die Große Anfrage der SPD zu den Be- chlüssen und Folgen des Gipfels macht klar: Diese vier ahre waren vier verlorene Jahre für die deutsche Abrüs- ngspolitik. Schwarz-Gelb hat die hehren Ziele des Koalitionsver- ages und des Parlamentsbeschlusses von 2010 zur Ver- irklichung einer atomwaffenfreien Welt dem internen treit zwischen Westerwelle und de Maizière geopfert. ei der Genehmigung skandalöser Rüstungsexporte und ei der Finanzierung von teuren und nutzlosen Rüs- ngsprojekten herrscht in diesem Kabinett zwar Einig- eit, geht es aber um Friedens- und Abrüstungspolitik, ankt sich Merkels Chaostruppe bis zur außenpolitischen andlungsunfähigkeit. Was dabei herauskommt, zeigt der Chicago-Gipfel in ller Deutlichkeit: Den schönen Worten von Schwarz- elb folgte nicht etwa der Abzug der Atomwaffen aus eutschland, sondern der Aufbau eines Raketenabwehr- ystems, dessen Funktionstüchtigkeit fraglich ist. Doch it eklatanten Mängeln bei Rüstungsgütern haben Sie ja rfahrung, nicht erst seit dem Euro-Hawk. Das Raketen- bwehrsystem schafft nicht mehr Sicherheit, sondern führt u mehr Aufrüstung und damit zu mehr Unsicherheit. Da- ei sind die Kosten für dieses System heute noch immer icht absehbar. Klar ist aber schon jetzt, dass der friedens- olitische Preis, den wir hierfür bezahlen, hoch ist. Die NATO hat auf ihrem Gipfel 2012 in Chicago da- ei versagt, Antworten auf die dringenden sicherheits- nd friedenspolitischen Fragen unserer Zeit zu geben. ie hat dabei eine wichtige Chance verpasst, die günstigen ahmenbedingungen zur Verwirklichung einer atom- affenfreien Welt zu nutzen und ihren Beitrag für mehr brüstung und Rüstungskontrolle zu leisten. Die NATO ersteht sich immer noch als Nuklearmacht und denkt icht daran, die Rolle ihrer Nuklearwaffen substanziell u reduzieren. Im Gegenteil, mit deutscher Zustimmung at das Bündnis beschlossen, die noch in Europa statio- ierten US-Atomwaffen vorerst beizubehalten, obwohl iese nicht mal mehr einen sicherheitspolitischen Nutzen aben. Noch schlimmer: Die USA wollen genau diese Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32373 (A) ) )(B) Waffen modernisieren. Damit würde die nukleare Teil- habe auf unabsehbare Zeit zementiert. Das abrüstungs- politische Scheitern der NATO ist zugleich eine abrüs- tungspolitische Bankrotterklärung für Schwarz-Gelb. Angesichts der gewaltigen sicherheits- und außen- politischen Herausforderungen kann sich Deutschland solch eine Kakofonie der ministeriellen Eitelkeiten ein- fach nicht leisten. Sie geht auf Kosten einer glaubwürdi- gen und wirkungsvollen Friedenspolitik. Wer hierfür in der internationalen Gemeinschaft Geschlossenheit sucht, muss auch selbst überzeugend und geschlossen auftre- ten. Eine Abrüstungs- und Friedenspolitik, die erfolgreich sein will, muss Chancen nutzen und entschlossen han- deln. Obamas Rede vor zwei Wochen unweit von hier, am Brandenburger Tor, ist eine solche Gelegenheit. Wir begrüßen ausdrücklich die Ankündigung des US-Präsi- denten, das amerikanische Atomwaffenarsenal um ein Drittel kürzen zu wollen. Der damit verbundene Aufruf zur nuklearen Abrüs- tung ging von Berlin aus. Daraus sollte auch eine Berliner Initiative werden. Herr Außenminister Westerwelle, wir fordern Sie dazu auf, das erneute Bekenntnis von Barak Obama zu einer atomwaffenfreien Welt aufzugreifen. Sie müssen die US-Regierung beim Wort nehmen und klarstellen, dass dieses Ziel nicht mit der Modernisie- rung der in Deutschland verbliebenen US-Atomwaffen vereinbar ist, sondern nur mit deren endgültigem Abzug. Ausdrücklich hat der Präsident der Vereinigten Staa- ten auch auf diese Atombomben verwiesen. Diese Re- likte des Kalten Krieges müssen endlich verschrottet werden. Herr Außenminister, das wäre ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer atomwaffenfreien Welt und würde Deutschland neue abrüstungspolitische Glaub- würdigkeit verleihen. Es sind nur noch drei Monate bis zu Ihrer Abwahl – machen Sie sich schnell noch auf den Weg. Damit wäre auch Ihrer abrüstungspolitischen Bi- lanz geholfen. Anlage 26 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – Entwurf eines … Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches – Strafbarkeit der Ver- stümmelung weiblicher Genitalien (… Straf- rechtsänderungsgesetz – … StrÄndG) – Entwurf eines … Strafrechtsänderungsge- setzes – Strafbarkeit der Verstümmelung weiblicher Genitalien (… StrÄndG) – Entwurf eines … Strafrechtsänderungsge- setzes – Wirksame Bekämpfung der Genital- verstümmelung – Entwurf eines … Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuchs – Strafbarkeit der Genital- verstümmelung (Tagesordnungspunkt 22) im k m d h S K n n d v ß ra L d w z le fe a d w G je v m d u g ru re a n n m v d m B p h fu d m H li w v v g la d (C (D Ute Granold (CDU/CSU): Die gestrigen Beratungen Rechtsausschuss haben noch einmal die große Einig- eit und Entschlossenheit aller Bundestagsfraktionen de- onstriert, nun gemeinsam gegen die barbarische Praxis er Verstümmelung der weiblichen Genitalien vorzuge- en. So freut es mich sehr, dass auch die Fraktionen von PD und Bündnis 90/Die Grünen den Gesetzentwurf der oalition mittragen wollen und die Grünen ihren eige- en Gesetzentwurf für erledigt erklärt haben. Somit kön- en wir heute ein wichtiges Vorhaben abschließen, mit em wir uns insbesondere als Rechtspolitiker bereits seit ielen Jahren befasst haben. Vor diesem Hintergrund beraten wir also abschlie- end über Gesetzentwürfe der Koalition, des Bundes- tes und der SPD-Fraktion, die mit unterschiedlichen ösungsvorschlägen den Opferschutz verbessern und as Problembewusstsein in der Öffentlichkeit steigern ollen. Um die Genitalverstümmelung bekämpfen und poten- ielle Opfer wirksam schützen zu können, gilt es vor al- m, den Einfluss der archaischen Tradition zu bekämp- n, mit der diese Praxis in vielen Ländern Afrikas, aber uch einigen Staaten Asiens und Lateinamerikas begrün- et wird. Laut UN-Kinderhilfswerk UNICEF werden eltweit jeden Tag mehr als 8 000 Mädchen an ihren enitalien verstümmelt. Effektiver Opferschutz muss also zum einen in den weiligen Heimatländern ansetzen, in denen Genital- erstümmelung verbreitet ist. Dabei müssen wir ökono- ische, psychologische und soziologische Effekte be- enken. So gilt es, den Menschen durch Aufklärungs- nd Bildungsarbeit zu vermitteln, welche schwerwie- enden Verletzungen durch diese „Tradition“ hervorge- fen werden und dass es zum Beispiel im Islam keine ligiöse Begründung dafür gibt. Während einer Delegationsreise des Menschenrechts- usschusses zur Sitzung des UN-Menschenrechtsrates ach Genf Ende Mai 2013 sind wir unter anderem zu ei- em Gespräch zum Thema weibliche Genitalverstüm- elung mit Leyla Alyanak aus dem Genfer Büro des Be- ölkerungsfond der VN, UNFPA, und Holger Postulart, em Direktor der Global Alliance against FGM, zusam- engetroffen. Beide haben dabei ausdrücklich die Bedeutung dieser ildungs- und Aufklärungsarbeit betont und Beispiel- rojekte ihrer Organisationen vorgestellt. Gleichzeitig aben beide aber auch auf die Notwendigkeit der Schaf- ng eines eigenen Straftatbestandes hingewiesen und ie entsprechenden Pläne in Deutschland begrüßt. Denn neben der Aufklärungs- und Bildungsarbeit üssen auch die Rechtssysteme in den betreffenden erkunftsländern weiterentwickelt und eine strafrecht- che Ahndung der Genitalverstümmelung durchgesetzt erden. Hier ist es wichtig, dass auch wir in Europa die erschiedenen internationalen Initiativen gegen Genital- erstümmelung – etwa die UN-Resolution „Intensifying lobal efforts for the elimination of female genital muti- tions“ vom 20. Dezember 2012 – aufgreifen und durch ie Schaffung eines entsprechenden Straftatbestandes im 32374 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 (A) ) )(B) jeweiligen nationalen Strafrecht ein Zeichen setzen. Denn dem globalen Problem der Genitalverstümmelung kann man sich nach den Erfahrungen unserer Gesprächs- partner in Genf nur stellen, indem man die Betroffenen in ihren Heimatländern und Migrationszielländen mit gleichlautenden Botschaften anspricht. Einwanderer aus den jeweiligen Regionen haben die Praxis der Genitalverstümmlung nach Europa gebracht. Ich habe die Zahlen bereits in der vergangenen Debatte genannt: Die Nichtregierungsorganisation Terre des Femmes geht beispielsweise für 2012 von knapp 24 000 betroffenen Frauen, die älter als zwanzig Jahre sind, und etwa 6 000 von Genitalverstümmelung bedroh- ten Frauen und Mädchen in Deutschland aus. Auch dies unterstreicht nachdrücklich, dass wir in Deutschland dringend handeln und mit der Schaffung eines eigenen Straftatbestandes dieser Herausforderung entgegentre- ten müssen. Zwar kann schon heute die Verstümmelung der äuße- ren weiblichen Genitalien nach den §§ 223 und 224 StGB mit Freiheitsstrafen von bis zu zehn Jahren bestraft werden. Dennoch ist nach unserer Auffassung die Rege- lung in einem eigenen Straftatbestand, die die Tat als Verbrechen einstuft, notwendig. Die ursprünglich vorge- legten Gesetzentwürfe haben dafür unterschiedliche sys- tematische Einordnungen in das StGB vorgesehen: in § 224 Abs. 3 StGB, in § 226 Abs. 1 Nr. 3 StGB oder in § 226 a StGB. Gegen eine Einbeziehung in § 224 Abs. 1 Nr. 3 StGB spricht, dass es bei der Genitalverstümmelung auf den erstrebten Erfolg – also hier den Eingriff in das sexuelle Selbstbestimmungsrecht des Opfers – und weniger auf die gefährliche Begehungsweise ankommt, die den Grund für die Qualifikation als gefährliche Körperverlet- zung bildet. Auch § 226 StGB ist systematisch nicht ge- eignet, da im Fall der Genitalverstümmelung § 226 Abs. 2 StGB zur Regel würde, was der Deliktstruktur der § 226 StGB widerspricht. In der Grundstruktur des § 226 ist der Erfolg lediglich eine mögliche, schwere Folge der Tat. Die Genitalverstümmelung ist aber gerade darauf angelegt, den „Erfolg“ herbeizuführen. Wir haben uns deshalb für die Einfügung eines eigenen Straftatbe- standes als § 226 a StGB entschieden, weil dies am bes- ten der strafrechtlichen Systematik der Körperverlet- zungsdelikte entspricht. Eine Sachverständigenanhörung des Rechtsaus- schuss des Deutschen Bundestages am 24. April 2013 hat gezeigt, dass die in den ursprünglich vorliegenden Gesetzentwürfen entwickelten Ansätze in der vorliegen- den Form teilweise nicht optimal dazu geeignet sind, die von allen Fraktionen grundsätzlich begrüßte Zielsetzung eines besseren Opferschutzes durch eine Schließung von rechtlichen Schutzlücken und der Verbesserung der Effektivität der Strafverfolgung in diesem Bereich zu- friedenstellend zu erreichen. Deshalb hat die Koalition einen eigenen Gesetzentwurf eingebracht, der die Ergeb- nisse dieser Beratungen aufgegriffen und nach unserer Auffassung in einer Form zusammengefasst hat, die so- wohl den Opferschutz als auch gewollte Signalwirkung angemessen berücksichtigt. z g h e V s F In m M e § J a ü s s z R m b a z G S b S is n lu s § v d d F fo s F A F s A m a v n ra fü e d A (C (D In diesem Zusammenhang will ich noch einmal auf wei Aspekte eingehen, die in den bisherigen Beratun- en und in der Anhörung eine besondere Rolle gespielt aben: die Frage nach dem angemessenen Strafmaß und iner Meldepflicht für Ärzte. Natürlich wäre allein mit Blick auf das furchtbare erbrechen selbst ein möglichst hohes Strafmaß wün- chenswert. Doch ergeben sich hieraus auch direkte olgen für andere Rechtsgebiete, die mit Blick auf die teressen des Opfers ebenfalls berücksichtigt werden üssen. So würde die im Bundesratsentwurf vorgesehene indestfreiheitsstrafe von zwei Jahren nur sehr selten ine Strafaussetzung zur Bewährung ermöglichen, weil 56 StGB diese nur bei einer Freiheitsstrafe bis zu zwei ahren zulässt und zudem § 56 Abs. 2 StGB eine Straf- ussetzung zur Bewährung bei einer Freiheitsstrafe von ber einem und bis zu zwei Jahren an besondere Um- tände knüpft. Eine Bewährungsstrafe sollte nach unserer Auffas- ung aber als Option möglich bleiben, damit eine An- eige durch die Opfer wahrscheinlicher wird. Da in der egel die Eltern die Verstümmelung nicht selbst vorneh- en, muss ein Weg offen bleiben, über den man auf die zw. den Täter zugreifen kann, ohne die Eltern zwingend bschieben zu müssen. Die von den Grünen ursprünglich in ihrem zurückge- ogenen Gesetzentwurf vorgeschlagene Einfügung der enitalverstümmelung in den Katalog des § 226 Abs. 1 tGB hätte zur Folge gehabt, dass bei wissentlicher oder eabsichtigter Genitalverstümmelung nach § 226 Abs. 2 tGB Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren angedroht t. Da die Voraussetzungen des § 226 Abs. 2 StGB aus- ahmslos vorliegen werden, wird die Genitalverstümme- ng nach diesem Gesetzentwurf immer mit Freiheits- trafe nicht unter drei Jahren bestraft werden. Nach 226 Abs. 2 StGB wirkt die „niedrige Gesinnung“ straf- erschärfend, die sich darin zeigt, dass das Opfer beson- ers schwer und in der Regel irreversibel getroffen wer- en soll. Diese niedrige Gesinnung kann man in den ällen, in denen die Eltern den Geboten ihrer Tradition lgen und ihren Töchtern subjektiv nicht böswillig chaden wollen, kaum feststellen. Zudem müssen auch hier die aufenthaltsrechtlichen olgen eines Strafverfahrens bedacht werden, da ein usländer – darum wird es sich in der Mehrzahl der älle handeln – bei einer Verurteilung zu einer Freiheits- trafe von mindestens drei Jahren nach § 53 Nr. 1 des ufenthaltsgesetzes zwingend ausgewiesen werden uss. Eine Strafaussetzung zur Bewährung ist ebenfalls usgeschlossen. Bereits 2007 in der Bundestagsanhörung zur Genital- erstümmelung war dieses Spannungsfeld zwischen ei- er angemessenen Bestrafung der Täter und den sich da- us ergebenden aufenthaltsrechtlichen Konsequenzen r die betroffenen Familien thematisiert worden. So ist s fraglich, ob es im Sinne der Opfer wäre, die Familien urch die Folgen eines Strafprozesses – das heißt die usweisung der Eltern – grundsätzlich auseinanderzu- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32375 (A) ) )(B) reißen. Hier gilt es, einen Kompromiss zu finden, der die strafrechtlichen Regelungen auch auf das abgestufte System der Rechtsfolgen nach §§ 53 bis 56 Aufenthalts- gesetz angemessen abstimmt. Ziel muss es sein, die abschreckende Wirkung des Strafrechts durch eine Strafverschärfung zu erhöhen, ohne dabei die Auswirkungen auf das direkte Umfeld der Opfer aus den Augen zu verlieren. Wir wollen, dass es für die Gerichte möglich ist, jeden Einzelfall individu- ell zu prüfen und ein angemessenes Urteil zu fällen. Deshalb haben wir in unserem Gesetzentwurf im Ver- gleich zur geltenden Rechtslage – Strafbarkeit im Regel- fall nach den §§ 223, 224 StGB: sechs Monate bis zehn Jahre Freiheitsstrafe – eine Erhöhung des Strafrahmens auf ein bis fünfzehn Jahre Freiheitsstrafe vorgesehen. In der Anhörung ist ein weiterer Aspekt kontrovers diskutiert worden, der sich so in keinem der beratenen Gesetzentwürfe wiederfindet. Um Genitalverstümme- lung wirksamer bekämpfen zu können, wurde die Ein- führung eines Melderechts bzw. einer Meldepflicht für Ärzte erörtert. So wurde unter anderem vermutet, dass die Meldepflicht in Frankreich dafür mitverantwortlich ist, dass Frankreich der einzige europäische Staat ist, in dem es bislang zu nennenswerter Strafverfolgung in die- sem Bereich gekommen ist. Auch wenn wir für diese Auffassung nach der ersten Lesung teilweise kritisiert wurden, spricht weiterhin ge- gen eine Meldepflicht, dass es dann für Ärzte schwerer würde, die Opfer zu versorgen. Denn die Eltern würden aus Angst vor einer Meldung ihre Kinder nach einer Ge- nitalverstümmelung nicht mehr zum Arzt bringen und dort versorgen lassen. Uns ist es wichtig, dass die Opfer von Genitalverstümmelung wenigstens dann medizi- nisch versorgt werden. Im übrigen ist ein ärztliches Melderecht im Kinder- schutzgesetz von 2012 und auch im Strafrecht – über den rechtfertigenden Notstand – verankert. Auf weitere wesentliche Punkte, wie zum Beispiel die Themen Auslandsstrafbarkeit vor dem Hintergrund der sogenannten Ferienbeschneidungen und die Anpassung der Verjährungsregelung des § 78 b StGB, bin ich bereits im Rahmen der ersten Lesung eingegangen. Wichtig ist, dass die Verjährung der Tat bis zur Vollendung des 18. Lebensjahrs des Opfers ruht. So ist sichergestellt, dass eine im Kleinkindalter vorgenommene Genitalver- stümmelung auch noch im Erwachsenenalter durch das Opfer zur Anzeige gebracht werden kann. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf, insbesondere mit einem eigenen Straftatbestand, senden wir ein star- kes Signal aus, dass wir die Genitalverstümmelung in keiner Weise dulden. Wir bedanken uns abschließend ausdrücklich dafür, dass neben der Regierungskoalition auch SPD und Grüne das Gesetz mittragen. Sonja Steffen (SPD): Bei der weiblichen Genital- verstümmelung werden die äußeren weiblichen Ge- schlechtsorgane teilweise oder ganz entfernt. Auf dem a v g D b H s S w im Ü d W d im a le z z n d e 4 v d a u s g g c m u w ra g d lu z S M d fü § d w S u s (C (D frikanischen Kontinent ist diese Praktik am weitesten erbreitet. Doch es gibt sie auch in Deutschland. Menschen, die in andere Länder immigrieren, verle- en ihren Wohnsitz in ein anderes kulturelles Umfeld. ie eigenen, sozusagen mitgebrachten Einstellungen, leiben gleichwohl oft dieselben, auch in der neuen eimat. Heute reden wir über Vorstellungen vom Ge- chlechterverhältnis und die körperliche und seelische chwächung von Frauen, deren Genitalien verstümmelt erden. In Somalia ist es zum Beispiel Tradition, dass Töchter Alter von fünf Jahren genitalverstümmelt werden. ber ihre eigene Verstümmelung in Somalia berichtet ie Autorin Waris Dirie in ihrem viel beachteten Buch üstenblume. Viele Menschen haben den erschrecken- en Bericht von Waris Dirie gelesen oder als Verfilmung Kino gesehen. Frau Dirie ist heute eine engagierte Menschenrechts- ktivistin im Kampf gegen Genitalverstümmelung. Wir sen ihr Buch Wüstenblume, wir sehen den Film, sind utiefst erschrocken, ja verstört, und dennoch versucht, u denken, das wäre alles weit weg. Doch das ist es icht! Nehmen wir zum Beispiel ein Ehepaar aus Somalia, as vor einigen Jahren nach Berlin gezogen ist und hier ine Tochter bekommt. Diese Tochter ist eine von derzeit 000 bis 5 000 Mädchen in Deutschland, die potenziell on der Durchführung einer Genitalverstümmelung be- roht sind. 4 000 bis 5 000 Mädchen, die dem Risiko usgesetzt sind, heimlich hierzulande oder im Ausland nter furchtbaren Bedingungen an ihren Genitalien ver- tümmelt zu werden. Die Menschenrechtsorganisation Terre des Femmes eht in ihrer Statistik vom Jahr 2012 davon aus, dass ins- esamt 30 000 in Deutschland lebende Frauen und Mäd- hen betroffen sind. Es ist viel darüber diskutiert worden, welche Maßnah- en wir ergreifen müssen, um diese Frauen zu schützen nd das Praktizieren von Genitalverstümmelung welt- eit einzudämmen. Neben Aufklärungskampagnen, Be- tungsstellen und entwicklungspolitischen Projekten ing es dabei auch immer um die Frage der Verschärfung es deutschen Strafrechts. Nach geltendem Recht stellt die Genitalverstümme- ng aufgrund des Gebrauchs eines gefährlichen Werk- eugs eine gefährliche Körperverletzung nach § 224 tGB dar und gilt wegen des Strafrahmens von sechs onaten bis zu zehn Jahren nur als Vergehen. Erst wenn er Eingriff zum Verlust der Fortpflanzungsfähigkeit hrt, liegt auch eine schwere Körperverletzung gemäß 226 Abs. 1 StGB und damit ein Verbrechen vor. Die SPD-Fraktion stimmt heute dem Gesetzentwurf er Koalition zu, der die Strafbarkeit der Verstümmelung eiblicher Genitalien neu regelt und in einem eigenen traftatbestand zum Verbrechen hochstuft. Wir freuen ns, dass Sie sich dabei an dem schon von uns vorge- chlagenem Strafmaß orientiert haben. 32376 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 (A) ) )(B) Bisher ist deutsches Strafrecht jedoch nur anwendbar, wenn die Tat im Herkunftsland mit Strafe bedroht ist. Doch leider gibt es immer noch einige, insbesondere afrikanische Länder, in denen Genitalverstümmelung praktiziert wird und nicht unter Strafe steht. Diese Lücke haben Sie in Ihrem Gesetzentwurf leider nicht geschlos- sen, was bedauerlich ist. Die Aufnahme in den in § 5 StGB geregelten Katalog der Auslandstaten gegen inländische Rechtsgüter im heute zu verabschiedenden Gesetz wäre wirklich konsequent gewesen. Genitalverstümmelungen sind Menschenrechtsverlet- zungen, die wir mit allen Mitteln gemeinsam bekämpfen müssen. Ein Kampf, der jedoch erst dann wirklich er- folgreich war, wenn Frauen auf der ganzen Welt davor sicher sind. Waris Dirie beendet ihre Biografie mit genau diesem Gedanken: Keine Frau soll diese Qualen mehr erleiden müssen! Marco Buschmann (FDP): Wir verabschieden heute eine Änderung des Strafgesetzbuches, die dem Schutz von Mädchen und jungen Frauen dient. Die Än- derung soll der sogenannten Genitalverstümmelung bes- ser vorbeugen. Im Rechtsausschuss zeichnete sich ab, dass wir dies hier heute mit einer sehr breiten Mehrheit tun werden. Denn SPD und Grüne haben dort Zustim- mung zu diesem Vorhaben signalisiert. Darüber freue ich mich sehr, und dies spricht ja auch dafür, dass hier ein sehr vernünftiger Vorschlag vorliegt. Dies freut mich aber gerade auch für die Frauen und Mädchen, die wir schützen wollen. Denn wir signalisieren ihnen mit brei- ter Mehrheit über die Grenzen von Koalitions- und Oppositionsfraktionen hinweg, dass wir an ihrer Seite stehen. Natürlich bietet auch das geltende Strafrecht den Op- fern und den gefährdeten Mädchen und Frauen schon heute Schutz. Es macht unmissverständlich klar, dass es sich bei der Verstümmelung weiblicher Genitalien um schweres Unrecht handelt, das mit hohen Strafen geahn- det werden kann. Trotzdem handelt es sich bei dem neuen § 226 a StGB, den wir einführen, um alles andere als bloße sym- bolische Gesetzgebung: Das Unrecht, das sich in der Genitalverstümmelung manifestiert, wird bisher vom Gesetz nämlich nicht vollständig erfasst. Die Genitalver- stümmelung ist heute Körperverletzung bzw. schwere Körperverletzung. Der Normbruch führt also allein zu dem Unwerturteil, dass die körperliche Unversehrtheit eines anderen Menschen geschädigt wurde. Die Absicht des Täters aber, nicht nur die körperliche Unversehrtheit, sondern auch die sexuelle Selbstbestimmung des Opfers unwiderruflich einzuschränken, bildet sich in einem rei- nen Körperverletzungsdelikt eben nicht ab. Der Gesetzentwurf schafft daher mit § 226 a Strafge- setzbuch einen eigenen Straftatbestand für die Verstüm- melung der äußeren weiblichen Genitalien, der eben ge- nau dies berücksichtigt, und das Strafmaß zwischen einem und 15 Jahren, in minder schweren Fällen zwi- schen sechs Monaten und fünf Jahren bestimmt. Der spezielle Tatbestand wie auch die höhere Strafandrohung machen deutlich, dass es sich hier um eine besondere F in n R m n s h z fü tr d fü d fü K g h R d li R s W c z s J § e § d A A e w – m te c L F w d s d d b a w g c S v (C (D orm des Unrechts handelt, das gleich zwei Rechtsgüter erheblicher Weise schädigt. Die Mindeststrafe von ei- em Jahr erhebt die Tat dementsprechend auch in den ang eines Verbrechens statt eines bloßen Vergehens. Von einer höheren Mindeststrafe als einem Jahr, die an vor diesem Hintergrund durchaus hätte erwägen kön- en, haben wir jedoch bewusst abgesehen. Denn meist be- tehen zwischen Opfern und Tätern enge familiäre Bezie- ungen. In Deutschland könnte eine Mindesttrafe von wei oder mehr Jahren zu aufenthaltsrechtlichen Folgen hren, die auch die effiziente Strafverfolgung beein- ächtigen. Nämlich dann, wenn etwa eine Verurteilung er Täter zwingend zu Ausweisung und Abschiebung hrt, hemmt das die Opfer, Anzeige zu erstatten oder urch ihre Zeugenaussage eine Verurteilung herbeizu- hren. Ich bedanke mich daher bei allen Kolleginnen und ollegen des Rechtsausschusses, mit denen wir so enga- iert und koalitionsübergreifend an der Sache gearbeitet aben. Vielleicht gibt sich ja auch noch die Linke einen uck und stimmt zu. Halina Wawzyniak (DIE LINKE): Wir reden über ie Strafbarkeit der Verstümmelung weiblicher Genita- en. Dazu liegen drei verschiede Vorschläge vor; der echtsausschuss hat am 24. April 2013 eine Sachver- tändigenanhörung zu diesen Initiativen durchgeführt. ir alle sind uns einig, dass die Verstümmelung weibli- her Genitalien eine schwerwiegende Grundrechtsverlet- ung ist. Der Bundesrat schlägt einen neuen Straftatbe- tand, § 226 a StGB, und ein Mindeststrafmaß von zwei ahren vor. Die SPD will einen neuen Abs. 3 im 224 StGB einführen, mit einem Mindeststrafmaß von inem Jahr. Die Grünen wiederum schlagen vor, im 226 Abs. 1 StGB eine neue Nr. 3 einzuführen. Alle rei Initiativen wollen darüber hinaus den § 5 StGB, uslandstaten gegen inländische Rechtsgüter, erweitern. lle drei Initiativen sind getragen von dem Gedanken, ine gesetzliche Klarstellung vorzunehmen. Ich sage be- usst „gesetzliche Klarstellung“, weil aus meiner Sicht soweit ich das sehe, auch unumstritten – die Verstüm- elung der weiblichen Genitalien bereits jetzt mindes- ns als Körperverletzung, eigentlich sogar als gefährli- he Körperverletzung strafbar ist. Gegen eine gesetzliche Klarstellung hätten wir als inke überhaupt nichts einzuwenden, wenn in deren olge auch der § 5 StGB geändert werden muss, um eine irksame Verfolgung zu ermöglichen, und – ich komme arauf zurück – ein Vollzugsdefizit zu beheben. Wir haben aber ein Problem mit einer Strafmaßver- chärfung. Wir sind nicht überzeugt, dass eine Erhöhung es Mindeststrafmaßes einen Beitrag zur Verhinderung er Verstümmelung weiblicher Genitalien leistet. Glau- en Sie denn wirklich, dass ein Täter/eine Täterin sich bhalten lässt, weil das Mindestmaß der Strafe erhöht ird? Wir wissen doch alle, dass es diesbezüglich genü- end kriminologische Untersuchungen gibt, die eine sol- he Abschreckungswirkung infrage stellen. Eine weitere chwierigkeit, die mit der Erhöhung des Strafrahmens erbunden ist, macht die SPD in ihrem Gesetzentwurf Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32377 (A) ) )(B) deutlich, wenn sie auf den § 53 Aufenthaltsgesetz ver- weist. § 53 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz sieht eine zwin- gende Ausweisung vor, soweit eine Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren erfolgt ist. Genau dieser Aspekt war ein wesentlicher Bestandteil der Anhörung. Für die betroffenen Mädchen und Frauen würde neben Verletzung ihrer Grundrechte auch noch hinzukommen, dass ein Elternteil oder gar beide gegebenenfalls ausge- wiesen werden. Die Antwort könnte nun sein, § 53 Aufenthaltsgesetz zu ändern oder gar abzuschaffen, aber das scheint keine der Initiatorinnen und kein Initiator der vorliegenden Drucksachen in Erwägung zu ziehen. Wenn dies aber nicht gewollt ist, dann müssen wir uns dem Problem stellen, dass wir möglicherweise mit Strafrahmenserwei- terungen ein gesellschaftliches Problem nicht lösen kön- nen, was logischerweise zu der Frage führt, ob das Straf- recht nicht auch irgendwann an seine Grenzen zur Lösung gesellschaftlicher Probleme stößt. Das Problem, dass die weibliche Genitalverstümmelung eine Grund- rechtsverletzung und einen nicht hinnehmbaren Eingriff in die körperliche Integrität darstellt, muss gesellschaft- lich angegangen werden. Aufklärung und Prävention heißen hier die Stichworte; Aufklärung darüber, dass eine solche Genitalverstümmelung eben nicht zu akzep- tieren ist; Prävention dahin gehend, dass es genügend Anlaufstellen und Hilfsangebote für potenziell betrof- fene Personen ebenso gibt wie die Ermutigung, sich zum Beispiel mit Anzeigen gegen eine solche Körperverlet- zung zu wehren. In der Anhörung im Rechtsausschuss wurde deutlich, dass derzeit kein einziges Ermittlungsverfahren, zumin- dest kein bekanntes, wegen dieses Körperverletzungsde- liktes geführt wird. Bei einer solchen Sachlage hilft aber eine Strafrahmenverschärfung nicht. Wenn es keine Er- mittlungsverfahren gibt, weil keine Anzeigen erstattet werden, dann kann auch keine höhere Strafe ausgespro- chen werden. Meine Fraktion plädiert deshalb dafür, das Thema mit der gebührenden Aufmerksamkeit in der ge- sellschaftlichen Debatte zu halten. Meine Fraktion plä- diert dafür, Hilfsangebote und Prävention zu stärken. Eine Strafrahmenerhöhung mit all den Folgeproblemen können wir nicht mittragen. Dies scheint uns eher sym- bolische denn rationale Kriminalpolitik zu sein. Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Heute kommt eine jahrelange Debatte über einen sehr schwer- wiegenden Menschenrechtsverstoß zu einem guten Ende. Zumindest können wir eine wichtige Etappe ab- schließen. Die brutale Entstellung bis Entfernung der weiblichen Genitalien bei kleinen Mädchen, aber auch weiblichen Jugendlichen wird von heute an in Deutsch- land als eine schwere Straftat und damit als ein sozial- ethisch nicht zu akzeptierendes und strafwürdiges Ver- halten benannt. Die weibliche Genitalverstümmelung ist eine welt- weit verbreitete, von Traditionen und einem sexual- und freiheitsfeindlichen Frauenbild geprägte Qual, die Kin- dern mit Gewalt angetan wird und die bleibende physi- sche und psychische Schäden verursacht. Sie ist an keine R d s ju e d tr M w g H n d tu e 2 R z te d v s n m G b u H w a u s b v n le w p a s e b e N w d b s s B S K (C (D eligion gebunden und steht in den meisten Staaten, in enen sie sehr zahlreich anzutreffen ist, unter Strafe. Auch Europa und auch Deutschland kennen die Ver- tümmelung der weiblichen Genitalien bei Kindern und gendlichen Frauen. Ärztinnen und Ärzte berichten von ntsprechenden Befunden, und die Organisation Terre es Femmes geht für das Jahr 2012 von circa 24 000 be- offenen Frauen und circa 6 000 gefährdeten Frauen und ädchen in Deutschland aus. Die Verstümmelungen erden in Deutschland zum Teil heimlich vollzogen, es ibt aber auch Berichte über Fahrten in die jeweiligen erkunftsländer, wo die Verstümmelung oft in unhygie- ischen Verhältnissen und ohne jegliche Schmerzunter- rückung durchgeführt wird. Seit vielen Jahren wird international über eine Äch- ng der weiblichen Genitalverstümmelung als eine rnste Menschenrechtsverletzung diskutiert. Im Jahre 012 hat die UNO-Vollversammlung eine entsprechende esolution angenommen. Die strafrechtliche Durchset- ung staatlicher Verbote solcher Praktiken der Frauenun- rdrückung und Frauenmissachtung ist nur ein Mittel er Wahl. Selbstverständlich sind Aufklärung und Prä- ention sowie Sensibilisierungskampagnen mindestens o wichtig wie strafrechtliche Verbote. Insoweit gehen wir heute nur einen Schritt, weitere im ationalen, europäischen und internationalen Rahmen üssen folgen. Und auch dieser Schritt hat lange – wir rünen finden: viel zu lange – gedauert. Seit Jahren ha- en wir in vielen parlamentarischen Anfragen, Anträgen nd Gesetzentwürfen die Mehrheit in diesem Hohen ause zum Handeln aufgefordert. Nichts ist geschehen, enigstens nichts Essenzielles. In der letzten Legislaturperiode ist ein Gruppenantrag uf den letzten Metern an der Koalition von CDU/CSU nd FDP gescheitert. Unser letzter Gesetzentwurf in die- er Legislaturperiode stammt vom Februar 2011. Sie ha- en wieder über zwei weitere Jahre blockiert. Endlich, or noch nicht einmal drei Wochen, haben auch Sie achgezogen und einen eigenen Gesetzentwurf vorge- gt. Wir Grünen hätten weiterhin die Einordnung der eiblichen Genitalverstümmelung in die schwere Kör- erverletzungsvorschrift des § 226 StGB bevorzugt, und uch die mögliche Lücke bei im Ausland verübten Ver- tümmelungen hätten wir gerne geschlossen. Aber Ihr Entwurf enthält die wesentlichen Elemente: ine in sich stimmige Norm, die Begrenzung der Straf- arkeit auf die Verstümmelung weiblicher Genitalien, in ausreichendes Strafmaß und auch eine Regelung der ebenklageberechtigung und der Bestellung eines an- altlichen Beistands für die Opfer. Wir werden deshalb ie Chance, die sich jetzt in der letzten Sitzungswoche ietet, aufgreifen, unsere eigenen Vorstellungen zurück- tellen und um der Opfer und der Sache Willen dem Ge- etzentwurf der Koalition zustimmen. Lassen Sie mich zum Schluss noch eine persönliche emerkung machen: Wir wissen, dass diejenigen, die in der Debatte um die traffreiheit der Vorhautbeschneidung bei männlichen indern für eine kompromisslose Strafbarkeit eintraten, 32378 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 (A) ) )(B) dies auch mit dem falschen Argument der Gleichheit oder der Vergleichbarkeit der Vorhautbeschneidung bei Jungen und der weiblichen Genitalverstümmelung taten. Die Ungleichheit dieser beiden Handlungen ist aber evi- dent. Die Vorhautbeschneidung ist ein marginaler Ein- griff mit einer sehr geringen Komplikationsrate. Er ist weder auf das sexuelle Empfinden noch auf eine gesell- schaftliche Unterdrückung der Jungen gerichtet, und schließlich ist der Eingriff bei Jungen seit Jahrtausenden auf der ganzen Welt kulturell und religiös integriert und in keinem Staat der Welt unter Strafe gestellt. Die weibliche Genitalverstümmelung hingegen ist in- ternational geächtet, auf die Unterdrückung der Sexuali- tät und Freiheit von Frauen ausgerichtet und praktisch immer mit entstellenden und schmerzhaften Verwundun- gen verbunden. Gerade genitale Sexualkontakte und die Schwangerschaft und Geburt werden so für die betroffe- nen Frauen zu einer gewollt erniedrigenden Qual. Der deutsche Gesetzgeber, wir Abgeordnete, haben deshalb das Richtige getan, als wir die Vorhautbeschnei- dung von Jungen unter strengen Bedingungen für straf- frei erklärten, und wir tun heute ebenfalls das Richtige, indem wir die weibliche Genitalverstümmelung als eine ernste Menschenrechtsverletzung unter Strafe stellen. Anlage 27 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – Entwürfe: Gesetz zur Förderung der Prä- vention – Beschlussempfehlung und Bericht zu den Anträgen: – Kinder- und Jugendgesundheit: Un- gleichheiten beseitigen – Versorgungslü- cken schließen – Bestechung und Bestechlichkeit im Ge- sundheitswesen unter Strafe stellen – Unabhängigkeit der ärztlichen Entschei- dungen sichern – Korruptives Verhalten effektiv bekämpfen – Korruption im Gesundheitswesen straf- bar machen – Potenziale der Prävention erkennen und nutzen – Prävention und Gesundheitsför- derung über die gesamte Lebensspanne stärken – Prävention weiter denken – Gesundheits- förderung als gesamtgesellschaftliche Aufgabe stärken – Gesetzliche Grundlage für Prävention und Gesundheitsförderung schaffen – Gesamtkonzept für nationale Strategie vorlegen (Tagesordnungspunkte 24 a bis 24 d) ti g s h ä V d g m 2 S e w b z F is v re K u s ri D g e ru s s d d k H h d v o v A P k d in k s u D ih ih a z (C (D Dietrich Monstadt (CDU/CSU): Mit dem Präven- onsgesetz hat die Regierungskoalition ein Gesetz vor- elegt, das für die Gesundheitspolitik wichtiger kaum ein könnte. Die geschätzte Kollegin Stefanie Vogelsang at sich als engagierte Berichterstatterin hier bereits ge- ußert. Nicht minder bedeutsam ist hier heute das Thema erhinderung von Korruption im Gesundheitswesen. Ich arf mich darauf beschränken, die vorgelegten Regelun- en zur Verhinderung von Korruption zu erläutern. Seitdem das Thema Korruption im Gesundheitswesen it der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom Juni 012 auch medial Thema wurde, ist leider teilweise ein kandalklima entstanden, das besonders für das Vertrau- nsverhältnis zwischen Arzt und Patient sehr schädlich ar. Bundesweite Hochrechnungen gehen davon aus, dass is zu 2 Prozent – teilweise gibt es auch höhere Schät- ungen – der Kosten im Gesundheitswesen aufgrund von ehlern, Betrug oder Korruption entstehen. Allerdings t nicht jeder Fehler bei einer Abrechnung automatisch orsätzlicher Betrug. Gerade bei sehr komplizierten Ab- chnungscodes im Krankenhaus, wo jede Diagnose und rankheitsverlauf einen vierstelligen Code aus Zahlen nd Buchstaben bekommt, passieren Fehler; ich unter- telle keinem Arzt, der nach der Nachtschicht noch Be- chte schreibt und Fehler macht, dass er korrupt ist. eshalb müssen wir sehr genau hinschauen. Aufgrund der Berichterstattung und den Darstellun- en der Opposition konnte der Eindruck entstehen, dass s einen rechtsfreien Raum gegeben habe, in dem Kor- ption und Fehlverhalten größeren Umfangs im Ge- undheitswesen ungeahndet stattfinden konnte. Dies ent- pricht nicht den Tatsachen. Mehrmals habe ich vor iesem Hohen Hause bereits auf die insoweit bestehen- en umfassenden Möglichkeiten zur Korruptionsbe- ämpfung – im Berufsrecht der Ärzte, im Sozialrecht, im eilmittelwerbegesetz als auch im Wettbewerbsrecht – ingewiesen. Die Ärztekammern, denen die Ausübung er Berufsaufsicht obliegt, beklagen aber, dass mitunter iel Zeit vergeht, bis Sachverhalte hinreichend vorliegen der die Staatsanwaltschaft ermittelt, um berufsrechtlich orzugehen. Hier muss nachgebessert werden. Diesen nspruch haben die Ärzte selbst – aber natürlich auch atienten und Beitragszahler in der gesetzlichen Kran- enversicherung. Die Regierungskoalition aus CDU/CSU und FDP hat en Beschluss des Bundesgerichtshofes vom Juni 2012, dem klargestellt wurde, dass niedergelassene Ärzte eine Beauftragten oder Amtsträger der Krankenkassen ind, zum Anlass genommen, die bestehenden berufs- nd sozialrechtlichen Regelungen zu überprüfen. Die überwiegende Zahl der Ärzte und Zahnärzte in eutschland verhält sich korrekt. Viele Ärzte begleiten re Patienten schon lange, und die Patienten danken es nen mit Vertrauen und Anerkennung für die teilweise nstrengende und engagierte Arbeit. Das Ergebnis der gründlichen Überprüfung der Geset- eslage nach dem BGH-Urteil ist, dass es umfängliche Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32379 (A) ) )(B) Regelungen gibt, jedoch teilweise ein Vollzugsdefizit besteht und verwaltungstechnische Hürden existieren. Durch eine neue gesetzliche Regelung soll hier nun die vom BGH aufgezeigte, Regelungslücke geschlossen werden. Ermittlungsverfahren werden erleichtert und be- schleunigt. Drei Dinge waren uns bei dem Gesetzentwurf beson- ders wichtig: Erstens sollten auf keinen Fall Ärzte und Angestellte im Gesundheitswesen unter Generalverdacht gestellt werden, denn dies wäre absolut ungerechtfertigt. Zweitens müssen aber Maßnahmen ergriffen werden, die das angegriffene Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient wieder verbessern und für die Fälle, wo es nötig ist, ein schnelleres und besseres Ermitteln der be- fugten Behörden ermöglichen. Drittens sollen sinnvolle und gewollte Zusammenar- beit und Kooperationsformen weiterhin unterstützt wer- den. Der Antrag der Regierungskoalition unterscheidet sich von den Vorschlägen der Opposition vor allem da- rin, wo die neuen gesetzlichen Regelungen im Gesetz verankert werden sollen und welche Signalwirkung da- von ausgeht. Der Vorschlag der Regierungskoalition sieht vor, das Sozialgesetzbuch V zu erweitern und zu präzisieren. Wir erweitern § 70 und schaffen einen neuen § 307 c im SGB V. Hierbei war uns besonders wichtig, herauszuarbeiten, dass der Schutzzweck der Norm der unabhängigen ärzt- lichen Entscheidung gilt. Die meisten Ärzte handeln na- türlich so, aber der Patient muss sich darauf verlassen können, dass die Entscheidung seines Arztes am Patien- tenwohl orientiert und sachgerecht ist. Der Arzt soll das Medikament verschreiben oder eine OP empfehlen, weil sie medizinisch notwendig sind, und nicht, weil er mög- licherweise von einem Dritten hinterher Boni und oder andere Vergünstigungen bekommt. Es sollen trotzdem weiterhin gewünschte Koopera- tionsformen existieren können, ohne unter den Verdacht der Korruption zu fallen. Weder die Arbeit von Hilfsmit- telversorgern im Außendienst, die die Patienten zu Hause mit Material wie Pflastern, Kathedern, Verbänden beliefern und gleichzeitig deren Benutzung erklären, noch die durch Erfahrungswerte geprägte Zusammenar- beit zwischen Zahnarzt und Dentallabor beim Anfertigen von Brücken und Implantaten sollen unter Korruptions- verdacht fallen. Strafrechtlich kann dies nur im Neben- strafrecht so ausdifferenziert umgesetzt werden. Die Oppositionsanträge werden diesen differenzierten Vorgaben nicht gerecht. Denn unabhängig von juristi- schen Feinheiten haben die Vorschläge eine klare nega- tive Botschaft an alle Beteiligten im Gesundheitswesen. Die Anträge fordern eine Änderung im Strafgesetzbuch und die Schaffung eines neuen Paragrafen für Beste- chung im Gesundheitswesen. Dies, obwohl § 299 StGB die Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr bereits sanktioniert. te re B z g d tä s e R s a d ri v d a C h d in b g s D S fä P S a S h B d k d h d s h a h K s (C (D Ärzte unterliegen dieser Regelung genau wie Archi- kten, Anwälte oder sonstige Freiberufler. Im Straf- cht, neben dieser für alle geltenden Regelung, die eschäftigten im Gesundheitswesen besonders heraus- ustellen und damit eine Kriminalisierung dieser Berufs- ruppe bewusst hinzunehmen, haben diese nicht ver- ient, dies besonders nicht vor dem Hintergrund der glich geleisteten guten Arbeit der Beschäftigten im Ge- undheitswesen. Der Gesetzentwurf der Regierungskoalition geht hier inen anderen, einen richtigen Weg. Deshalb schlägt die egierungskoalition eine Konkretisierung im Neben- trafrecht, also im Sozialgesetzbuch V, mit den bereits ngesprochenen Ausdifferenzierungen vor. Hier kann Fehlverhalten trotzdem angemessen geahn- et werden. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass die Ge- chte sogar eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren erhängen können. Wichtig ist hier auch, dass nicht nur erjenige bestraft wird, der bestechlich war, sondern uch der Bestechende. Die Opposition hat dem Gesetzentwurf von CDU/ SU und FDP vorgeworfen, dass er eine Ungleichbe- andlung von gesetzlich und privat Versicherten be- eute. Diese Argumentation verkürzt diese Problematik unzulässiger Weise. Im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung ha- en wir ein dichteres Regelungsgeflecht, welches auf- rund des Sachleistungsprinzips in seiner Struktur sehr pezifisch ist. Wie auch die öffentliche Anhörung im eutschen Bundestag gezeigt hat, ist diese spezifische truktur sehr ausdifferenziert ausgestaltet und daher an- llig für Fehlanreize und Nichtentdeckung durch den atienten. Dies rechtfertigt die Anknüpfung allein an das ozialgesetzbuch. Das Gesetzgebungsvorhaben der Ko- lition stellt sicher, dass anders als ein Straftatbestand im tGB keine unnötigen verfassungsrechtlichen Risiken eraufbeschworen werden. Ich darf zusammenfassen: Unser Gesetzentwurf stellt weder Ärzte noch andere erufsgruppen im Gesundheitswesen unter Generalver- acht oder kriminalisiert diese. Unser Gesetzentwurf bietet wirkungsvolle Möglich- eiten, Korruption besser zu verfolgen und zu ahnden. Unser Gesetzentwurf stellt nachdrücklich heraus, dass ie unabhängige ärztliche Entscheidung oberste Priorität at. Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass die Mehrzahl er Beschäftigten im Gesundheitswesen und der Ärzte ich korrekt verhält, wird das begründete Vertrauensver- ältnis zwischen Arzt und Patient gestärkt. Unser Gesetzentwurf ist der notwendige Warnschuss n alle, die meinen, sich auf Kosten anderer im Gesund- eitswesen bereichern zu können. Unser Gesetzentwurf erkennt die Notwendigkeit, die ooperationsformen und Arten der Zusammenarbeit zu chützen, die positiv sind. 32380 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 (A) ) )(B) Unser Gesetzentwurf ist im Detail ausdifferenziert und wird den komplexen Anforderungen der gelebten Gesundheitsversorgung gerecht. Ich darf Sie daher bitten, dem Gesetzentwurf zuzu- stimmen. Stefanie Vogelsang (CDU/CSU): Seit vielen Jahren arbeiteten unterschiedliche parlamentarische Mehrheiten und verschiedene Regierungskoalitionen an einem Ge- setz zur Förderung der Prävention im Gesundheitswe- sen. Zukünftiger Schwerpunkt in der gesundheitlichen Versorgung der Menschen in Deutschland soll neben der Behandlung von Krankheiten auch die Vorbeugung vor Krankheiten als gesetzliche Pflichtaufgabe der Kranken- kassen sein. Es hat lange gedauert. Ein SPD-Entwurf ist geschei- tert. Wir haben uns erneut aufgemacht. Gründlichkeit ging auch hier vor Schnelligkeit. Den Entwurf der Re- gierung haben wir parlamentarisch noch um einige As- pekte verbessert. Heute liegt vor uns ein Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der Prävention mit einem Gesamtvolumen von 500 Millionen Euro – also eine halbe Milliarde Euro. Zukünftig sollen die Krankenkassen 7 Euro pro Versicherten ausgeben für betriebliche Prävention, für die Förderung in den Lebenswelten, also im Verein, in der Schule, in der Kita und, und, und. 140 Millionen Euro sollen zukünftig zur Verfügung stehen, um regional unterschiedlich in den Lebenswelten der Länder mit deren Beteiligung abgestimmte spezielle Projekte für unterschiedliche – vor allem auch sonst schwerer zu erreichende – Personengruppen eingesetzt werden. Sicher, man kann immer mehr machen. Sicher, man wird auch an diesem Entwurf immer noch etwas verbes- sern können. Aber die Ankündigung der Oppositionspar- teien, dass der Bundesrat dem niemals zustimmen werde, kam lange, bevor der Entwurf überhaupt bekannt war. Allein aus parteipolitischer Sicht wollen Sie von der Opposition verhindern, dass wir endlich eine gesetzliche Grundlage zur Finanzierung dieser wichtigen Aufgabe haben, wollen Sie den Gesundheitsdezernenten in unse- ren Städten die Chance nehmen, kleinteilig in ihren städ- tischen Bereichen Gesundheitsförderung anbieten zu können, die von den Krankenkassen bezahlt werden. Das ist unredlich. Das empfinde ich als Skandal. Erstmals liegt ein Gesetzentwurf vor, der konkrete, nationale Gesundheitsziele nennt, der eine kontinuierli- che Zielerreichungsmessung festlegt, der eine nationale Gesundheitskonferenz initiiert und, und, und. Auch dies wollen Sie ablehnen. Auch hier wollen Sie Ihre Länder in die falsch verstandene parteipolitische Pflicht neh- men, Nein zu sagen. Das werden Sie den Menschen nicht erklären können. Dieses Taktieren wird Sie nicht einen einzigen Prozentpunkt näher an einen Wahlerfolg bringen. Im Gegenteil: Wir werden die Sommerpause nutzen, an jedem nur möglichen Ort in unseren Wahl- kreisen darauf hinzuweisen. s ti z d in n ra n ru T d d c fö d s P B d G h te P w G s k m B D M fr d d A d n K z G D m z n e G b s d G g d (C (D Ich bitte im Interesse der Gesundheit unserer Gesell- chaft, noch einmal darüber nachzudenken und sich rich- g und zukunftsweisend zu entscheiden. Angelika Graf (Rosenheim) (SPD): Die Anhörung um schwarz-gelben sogenannten Präventionsgesetz hat ie Befürchtungen und Einschätzungen der Opposition Gänze bestätigt: Wie so oft bei Schwarz-Gelb gibt es ur ein leere Flasche mit einem irreführenden Etikett da- uf. Auch die letzten Änderungsanträge ändern daran ichts. Der Gesetzentwurf ist Murks, wie Ihre Regie- ngsbilanz. Oder soll ich sagen Kürzungsbilanz zum hema Prävention seit ihrem Amtsantritt? Der Gesetzentwurf versagt auf den beiden Hauptfel- ern der Prävention in Deutschland. Die Hauptfragen in er Prävention sind zum einen, wie wir Menschen errei- hen, die bislang kaum von Prävention und Gesundheits- rderung profitieren konnten, und zum anderen besteht ie Problematik, dass eine Projektitis und ein aktionisti- ches Nebeneinander von Programmen bestehen. Beide robleme werden von dem „Präventionsgesetz“ der undesregierung nicht gelöst, schlimmer noch: Sie wer- en gar nicht erst angegangen. Es würden, käme dieser esetzentwurf durch, neue Probleme entstehen. Die An- örung hat bestätigt, dass weiterhin der Großteil der Mit- l für die Prävention in wenig effektive individuelle räventionsmaßnahmen gesteckt würde. Sie machen eiterhin zu wenig in der Primärprävention. Das ist ein rundfehler im schwarz-gelben Entwurf. Vor allem die Förderung der Bundeszentrale für ge- undheitliche Aufklärung durch die Gesetzliche Kran- enversicherung, GKV, ist problematisch. Die GKV üsste Beitragsmittel an die BZgA als nachgeordnete ehörde des Bundesgesundheitsministeriums abführen. as ist ein aberwitziger Vorschlag des FDP-geführten inisteriums, der vermutlich eher als indirekte Partei- eundschaftshilfe für die ebenfalls FDP-geführte Bun- eszentrale zu werten ist; denn die BZgA ist im Bereich er Lebenswelten nicht der beste Kooperationspartner. uch das hat die Anhörung zum Gesetzentwurf sehr eutlich gemacht. Dass sich die Private Krankenversicherung, PKV, icht an der Förderung beteiligen muss, ist die typische lientelpolitik dieser Bundesregierung und völlig inak- eptabel aus Sicht der SPD. Die öffentliche Anhörung am 15. Mai 2013 zu diesem esetzentwurf war sowieso ein interessantes Schauspiel: ie Regierungsfraktionen von CDU/CSU und FDP ussten einen großen Teil ihrer umfangreichen Frage- eit verstreichen lassen, weil kaum einer von den gelade- en Sachverständigen für den schwarz-gelben Gesetz- ntwurf ein gutes Wort übrig hatte. Weder die esetzliche Krankenversicherung noch Wohlfahrtsver- ände wie die Caritas und erst recht nicht die Wissen- chaft konnten an dem Gesetzentwurf etwas Gutes fin- en. Vernichtender kann eine Anhörung zu einem esetzentwurf kaum sein. Nicht einmal die sonst wohl- esonnenen Arbeitgeberverbände standen auf der Seite er Bundesregierung. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32381 (A) ) )(B) Auch die letzten Änderungsanträge zum Präventions- gesetz machen es nicht besser. Die Kassen nochmal ei- nen Zwangs-Euro mehr an die BZgA für Lebenswelten bereitstellen zu lassen, bleibt sachlich doppelt falsch. Die BZgA bleibt der falsche Akteur bei den Lebenswel- ten, und die Beitragsmittel für eine nachgeordnete Be- hörde zwangsweise abzuführen, bleibt auch vor dem Hintergrund der dadurch für den Beitragszahler eventu- ell induzierten einkommensunabhängigen Zusatzbei- träge eine Unverschämtheit. Die Schieflage zur Privaten Krankenversicherung, die nichts zahlen muss, würde noch stärker. Daran wird deutlich, dass der Gesetzentwurf nicht mit Sorgfalt geschrieben wurde, sondern lediglich ein Schaufenstergesetzentwurf ist, der die Haushaltskürzun- gen im Bereich Prävention von Schwarz-Gelb kaschie- ren und im Wahlkampf als Gegenargument für Kritik herhalten soll. Die tatsächlichen Entscheidungen von Schwarz-Gelb im Bereich der Prävention sind am Haushalt zu erken- nen: Seit dem Amtsantritt von Merkel, Rösler und Bahr im Jahr 2009 sind die Mittel im Bereich Prävention ins- gesamt um 10 Prozent gekürzt worden. Dieses Verhalten erklärt, warum es in 2013 nur zu diesem durchsichtigen Wahlkampfmittel „Präventionsgesetz“ reicht, mit dem Sie lediglich versuchen, entweder die Opposition im Bundesrat zu erpressen oder uns vorzuwerfen, wir hätten etwas verhindert. Wirkliche Präventionsmaßnahmen sind in Ihrer Re- gierungszeit nämlich nicht zu finden, im Gegenteil: Die Mittel zur HIV-/Aids-Bekämpfung in Zusammenarbeit mit Osteuropa wurden in 2011 komplett gestrichen. Wir haben dazu bis heute keine Ersatzleistungen in irgendei- ner Richtung von Ihnen gehört. Sogar die Forschungs- und Entwicklungsvorhaben zur Bekämpfung von Aids und anderen sexuell übertragbaren Krankheiten sind von Ihnen um 25 Prozent gekürzt worden. Die zusätzlichen Mittel zur Aufklärung für Organspendemaßnahmen sind nur durch einen interfraktionellen Beschluss zustande gekommen, und auch sie haben CDU/CSU und FDP mit Kürzungen im Bereich der Prävention finanziert: In 2013 wurden die Haushaltsmittel für Aufklärungsmaß- nahmen zu sexuell übertragbaren Krankheiten noch ein- mal um 10 Prozent und für die Bekämpfung von Dro- gen- und Suchtmittelmissbrauch um 4 Prozent gekürzt. Der Korruptionsteil im Präventionsgesetz ist als Om- nibus nur angehängt. Sie verknüpfen zwei Themen mit- einander, die nichts miteinander zu tun haben. Die Gründe sind Untätigkeit und der Wunsch nach Erpres- sungsmöglichkeiten in Richtung des Bundesrates, weil die schwarz-gelbe Bundesregierung in den Ländern zu Recht die Mehrheiten verloren hat. Ich vermute, er ist auch nur deshalb angehängt worden, weil Regierung und Koalition gar nicht wollten, dass Korruptionsregeln wirklich Gesetz werden. Im Übrigen ist auch dieser Gesetzentwurf der Bun- desregierung handwerklich schlecht gemacht: Wir den- ken, er ist wegen eines Verstoßes gegen Art. 3 Grundge- setz verfassungswidrig. g c v tr P li te B g e w E b b n h e J k g d z w D a e p a d re is S k n re w G g s d s D g V g s h m E w B z R (C (D In der Konsequenz Ihrer gewünschten Korruptionsre- eln würde in Zukunft in Fällen nachgewiesener Beste- hung ein Krankenhausarzt nach dem Strafgesetzbuch erfolgt und bestraft werden, ein freiberuflicher Ver- agsarzt würde nach dem Sozialgesetzbuch und ein rivatarzt gar nicht strafrechtlich belangt. Diese willkür- che Ungleichbehandlung führt dazu, dass Privatpatien- n, wie zum Beispiel Beamte, zum Freiwild bei estechung und Bestechlichkeit werden. Die Bundesre- ierung weiß das und macht es trotzdem. Hier sehen wir ine Ähnlichkeit zum Präventionsgesetz: Sie wollen ein eiteres Feigenblatt für den Wahlkampf und betreiben tikettenschwindel. Die Korruptionsbekämpfung muss im Strafgesetz- uch geregelt werden. Sie darf nicht im Sozialgesetz- uch „versteckt“ werden. Die Anhörung hat daran kei- en Zweifel gelassen. Nahezu alle Sachverständigen aben unsere Kritik geteilt. Die SPD begrüßt es, dass ndlich auch die anderen Oppositionsfraktionen nach ahren des Zögerns der SPD bei der Korruptionsbe- ämpfung folgen. Wir brauchen eine Regelung im Straf- esetzbuch, die nicht nur den Wettbewerb, sondern auch ie Patienten schützt. Spätestens die Anhörung müsste Ihnen deutlich ge- eigt haben, dass der Bundesrat richtig handeln würde, enn er diese Gesetzentwürfe hoffentlich zurückweist. ass Sie es niemals ernst gemeint haben, zeigt der Zeit- blauf. Sie haben dafür gesorgt, dass Ihr Gesetzentwurf rst jetzt, in der letzten Sitzungswoche vor der Sommer- ause, verabschiedet und damit wohl der Diskontinuität nheimfallen wird. Sie haben niemals Maßnahmen in iesem Bereich gewollt. Das „Präventionsgesetz“ ist vor dem Hintergrund Ih- r Kürzungsorgie in diesem Bereich zudem zynisch. Es t einfach nur noch verantwortungslos, wie Sie mit chaufenstergesetzen Ihre verantwortungslose Politik zu aschieren versuchen. Es wird Zeit, dass die Wählerin- en und Wähler dieses Kasperletheater und das Simulie- n von Politik am 22. September 2013 beenden. Martina Bunge (DIE LINKE): Heute stehen zwei ichtige Punkte auf der Tagesordnung – zum einen ein esetzentwurf zur Prävention und zum anderen Vorla- en zur Eindämmung der Korruption im Gesundheits- ystem. Beides sind wichtige Themen. Die Bedeutung, ie die Bundesregierung diesen Themen zumisst, lässt ich aber schon daran ablesen, zu welcher Zeit diese ebatte angesetzt wurde. Das Interesse der Bundesregierung an einer wirklich uten Gesundheitsförderung und Prävention und an der erringerung der Korruption im Gesundheitswesen ist leich null. Den Gesetzentwurf zur Prävention haben Sie o ausgestaltet, dass jeder auch nur mäßig an Gesund- eitsförderung Interessierte diesen Entwurf ablehnen uss und somit von vornherein klar war, dass dieser ntwurf den Bundesrat nicht passieren wird. Und ob- ohl sogar schon entsprechende Bekundungen aus dem undesrat zu hören waren, hängen Sie genau hier Ihre war halbherzigen, aber wenigstens etwas in die richtige ichtung gehenden Änderungsanträge an, die die Kor- 32382 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 (A) ) )(B) ruption von Ärztinnen und Ärzten und anderen Gesund- heitsberufen eindämmen sollen. Spätestens hier wird doch deutlich, dass Ihnen nicht daran gelegen ist, Ihre Vorlagen je das Licht eines Gesetzes erblicken zu lassen. Das nenne ich Proformapolitik oder Wahlkampfshow. Um die Sache kann es Ihnen nicht gehen; dann hätten Sie es anders gemacht. Ihre Vorlage zur Prävention führt nicht zu einer Verbesserung. Das haben Ihnen erneut die Fachleute in der Anhörung bestätigt. Es war auch spannend, in den Anhörungen zu beobachten, wie Sie es tunlichst ver- meiden, hoch anerkannte Gesundheitswissenschaftler, Koryphäen zu Gesundheitsförderung und Prävention, zu befragen, weil die Ihnen nur den Kopf waschen würden. Sie sind eine Bundesregierung, die Angst vor der Expertise der Wissenschaft hat. Stattdessen fragen Sie diejenigen, die zwar wenig von Gesundheitsförderung verstehen, für die Sie aber den Gesetzentwurf geschrie- ben haben: Ärztevertreter, Kurbäder etc. Das ist schon peinlich. Ein Gesetz zur Gesundheitsförderung und Prävention muss drei zentrale Anforderungen erfüllen: Es muss deutlich machen, dass es wirklich um einen Paradigmenwechsel geht: weg von der medizinischen Sicht auf Gesundheit, auf Krankheitsbehandlung hin zu einem Blick, der die Gesunderhaltung der Menschen als der Krankheitsbehandlung mindestens gleichwertige, gesamtgesellschaftliche Aufgabe wahrnimmt. Dies muss durch Strukturen, aber auch durch die gesamtgesell- schaftliche und angemessene Finanzierung zum Aus- druck kommen. Ein solches Gesetz muss als eine zentrale Aufgabe die Verringerung sozial bedingter gesundheitlicher Un- gleichheit bewirken. Unsere Gesellschaft ist sozial unge- recht und wird immer ungerechter. In der Gesundheit kommt diese Ungerechtigkeit auf eine Weise zum Tragen, die jedem, der nur ein wenig ethisches Bewusst- sein hat, unerträglich sein muss. Wie können wir zu- schauen, dass Kinder, nur weil sie in eine sozial benach- teiligte Familie hineingeboren werden, bis zu zehn Jahre früher sterben müssen, als solche, die in gehobene Ver- hältnisse hineingeboren werden? Und ein solches Gesetz muss sicherstellen, dass unser Wissen, wie wir unsere Gesundheit erhalten, in gleichem Maße wächst wie unser Wissen zur Behandlung von Krankheiten. Wir brauchen eine umfassende und syste- matische Forschungsstrategie zur Verbesserung des Wohlbefindens und der Gesundheit sowie der Verringe- rung der sozial bedingten gesundheitlichen Ungleich- heit. Keiner dieser drei Anforderungen kommt der Regie- rungsentwurf nur im Geringsten nahe. Wenn Sie lesen wollen, wie es besser geht, lesen Sie unseren Antrag! Nun noch ein paar Worte zur Korruption: Ihr Entwurf zur Korruption ist halbherzig, weil Sie drei Bremsen ein- gebaut haben. Zum einen darf die Staatsanwaltschaft nur auf Antrag tätig werden; es muss nachgewiesen werden, dass der Arzt aufgrund von Zuwendungen tatsächlich s e a v G P b L L e v b e g G N a c u k g d b d w W te A k d d p s K k g g fö g a H s R M c te s c w B c fe le n M (C (D eine Behandlung ändert, und es werden nur diejenigen rreicht, die über die gesetzliche Krankenversicherung brechnen. Alle anderen bleiben außen vor. Das ist uns iel zu wenig und Ihnen offensichtlich schon zu viel. Aber ich sage Ihnen: Wer nicht sämtliche Anreize im esundheitssystem ausschaltet, die dazu führen, dass atientinnen und Patienten nicht allein im Sinne ihrer estmöglichen Gesundheit behandelt werden, der nimmt eid und frühzeitigen Tod der Menschen in diesem ande in Kauf. Das Gleiche gilt für diejenigen, die nicht ndlich bereit sind, Gesundheitsförderung und Prä- ention den Stellenwert zukommen zu lassen, den wir rauchen, um effektiv die Gesundheit der Menschen zu rhalten und die sozial bedingte gesundheitliche Un- leichheit zu verringern. Die Linke wird das nicht mittragen, sondern für die esundheit der Menschen streiten. Maria Klein-Schmeink (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- EN): Ein Schelm, wer Böses dabei denkt, dass die Ko- litionsfraktionen erst in den allerletzten Sitzungswo- hen einen Entwurf für ein Präventionsgesetz vorgelegt nd auch noch die ungeliebten Regelungen zur Strafbar- eit von Korruption im Gesundheitswesen an diesen an- ehängt haben. Die Opposition hat zu beiden Themen in ieser Legislatur bereits frühzeitig Initiativen einge- racht, die von der Koalition schlicht ausgesessen wur- en. Deutlicher lässt sich das Desinteresse an der Ver- irklichung der eigenen Gesetzesvorlagen kaum zeigen. eder wurden die Länder noch Expertinnen und Exper- n bei der Erarbeitung des Gesetzentwurfs einbezogen. nders lässt sich die absolute Fehlkonstruktion kaum er- lären. Wer diesen Gesetzentwurf liest, muss den Ein- ruck gewinnen, er sei von jemandem verfasst worden, er keinen Einblick in die Strukturen der Gesundheits- olitik in Deutschland hat und kaum etwas von Ge- undheitsförderung und Primärprävention versteht. Die onzentration auf die Eigenverantwortung und Eigen- ompetenz jeder und jedes Einzelnen lässt die Förderung esunder Lebensverhältnisse vollkommen aus dem Blick eraten. Maßnahmen zur Verzahnung von Gesundheits- rderung und Arbeitsförderung – Fehlanzeige. Strate- ien zur Reduktion von psychischen Belastungen – Fehl- nzeige. Alle, die sich und ihre Gesundheit nicht im öchstmaß optimieren können, fallen bei diesem Ge- etzentwurf aus dem Rahmen. Dies bedeutet einen ückschritt für die gesundheitliche Chancengleichheit. it mehr Früherkennung, Bonusprogrammen und ärztli- hen Präventionsempfehlungen werden sozial Benach- iligte nicht erreicht. Die Zwangsbeauftragung der Bundeszentrale für ge- undheitliche Aufklärung im Bereich der lebensweltli- hen Prävention ist der falsche Weg. Dass ein selbstver- alteter Sozialversicherungsträger einer nachgeordneten undesbehörde die Beitragsmittel der gesetzlich Versi- herten zur Verfügung stellen soll, damit diese sich rnab der Lebenswelten der Menschen vor Ort um die bensweltliche Prävention kümmert, ist schlicht nicht achvollziehbar. Vorhandene Strukturen und gelungene odelle ignoriert dieser Gesetzentwurf: die Koordinie- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32383 (A) ) )(B) rungsstellen für gesundheitliche Chancengleichheit, die Landesvereinigungen für Gesundheitsförderung, den Öf- fentlichen Gesundheitsdienst und das Gesunde-Städte- Netzwerk. Stattdessen schafft er nur Doppelstrukturen und unnötige Bürokratisierung. Und was nützt ein Be- richt alle vier Jahre, wenn schon bei der Festlegung von Handlungsfeldern und Kriterien für Leistungen wie Be- darf, Zielgruppen, Zugangswegen und Qualität der An- gebote unabhängiger Sachverstand nicht mehr vorgese- hen ist? Die jetzt kurzfristig vorgelegten Änderungsanträge bringen keine entscheidenden Verbesserungen. Der zen- trale Webfehler – die Konzentration nur auf Änderungen im SGB V – bleibt und kann die entscheidende Wende für Gesundheitsförderung und Prävention nicht bringen. Auch die angehängten Regelungen zur Strafbarkeit von Korruption im Gesundheitswesen bleiben unzuläng- lich. Es reicht nicht, wenn nur die Korruption in Bezug auf Leistungen nach dem SGB V unter Strafe gestellt wird. Auch Patienten, die privat versichert sind oder IGeL-Leistungen in Anspruch nehmen, müssen sicher sein können, dass die Behandler ausschließlich das ge- sundheitliche Wohl des Patienten im Auge haben und nicht den persönlichen Gewinn. Unser Fazit: Dieser Gesetzentwurf gehört in den Pa- pierkorb, die nächste Bundesregierung muss ein echtes Gesetz für Prävention und Gesundheitsförderung vorle- gen. Daniel Bahr, Bundesminister für Gesundheit: Unver- ändert gilt: Die Gesundheit ist der Spitzenreiter auf der individuellen Wunschliste der Menschen. Verändert hat sich aber die Bedeutung der Gesundheit unter gesamtge- sellschaftlichen Gesichtspunkten; denn auch hier liegt sie inzwischen in ihrem Stellenwert ganz vorne. Mehr ältere und weniger junge Menschen, ein Wandel des Krankheitsspektrums, aber auch eine veränderte Ar- beitswelt machen die Gesundheit künftig zu einem be- deutenden Rohstoff für unser Land. Im Widerspruch dazu steht die Tatsache, dass die Gesundheitsförderung in Deutschland bei weitem noch nicht den Stellenwert hat, den sie haben müsste. Deshalb haben wir einen Ge- setzentwurf erarbeitet, der die richtige Prioritätensetzung verfolgt. Dazu gehört: Erstens. Wir bauen die Präventionsleistungen insge- samt deutlich aus und legen dabei einen besonderen Schwerpunkt auf die Leistungen zur Prävention in den Lebenswelten der Menschen. Wir wollen die Menschen dort erreichen, wo sie leben, wo sie lernen und wo sie ar- beiten. Zweitens. Was im Kindes- und Jugendalter nicht ge- lernt wird, rächt sich später. Deshalb werden wir dafür sorgen, dass die Präventionsleistungen für Kinder und Jugendliche ausgebaut werden. Kurse, die die Kranken- kassen vor allem aus Marketinggründen anbieten, brin- gen niemanden weiter. Deshalb werden wir drittens die Wirksamkeit und Qualität von Prävention verbessern. Uns geht es um Prä- v z d te M s ra A a d s v re e d g fü ti k h le g w e w re m m D h g 2 u z s w d L M n ru s li s li E re g s s m 1 (C (D entionsleistungen, die die Menschen in die Lage verset- en, ihre Gesundheit zu verbessern. Deshalb werden wir ie Angebote an gesetzlich festgelegten Zielen ausrich- n und die Qualität der Leistungen überprüfen. Uns bleiben für diese Legislaturperiode nun zwei öglichkeiten: Zum einen haben wir die Chance, Ge- undheitsförderung und Prävention ein großes Stück vo- nzubringen; denn es gibt hier – darin sind sich fast alle kteure einig – viel zu tun. Zum anderen können wir ber auch überflüssige Diskussionen führen, wie dies in en letzten Wochen immer wieder versucht wurde, bei- pielsweise durch Behauptungen, mit den für die Prä- ention vorgesehenen Finanzmitteln könne nichts er- icht werden, das sei alles viel zu wenig. Die Forderung von Herrn Lauterbach, die wir hier vor inigen Wochen zu hören bekamen, „man müsse Geld in ie Hand nehmen“, ist angesichts dessen, was die rot- rüne Regierung seinerzeit zur Stärkung der Prävention r ausreichend hielt, bemerkenswert. Wenn man den von der rot-grünen Regierungskoali- on im Jahr 2005 vorgelegten Gesetzentwurf zur Stär- ung der gesundheitlichen Prävention neben den heute ier zur Beschlussfassung anstehenden Gesetzentwurf gt, müssen Sie sich von der Opposition folgende Frage efallen lassen: Was war denn Ihr damaliger Gesetzent- urf, wenn es so ist, wie sich Herr Lauterbach hier vor inigen Wochen äußerte, dass wir mit dem Gesetzent- urf nämlich „de facto nichts beschließen“? Ich kann Ih- r Erinnerung auf die Sprünge helfen. Die Antwort uss nämlich lauten: weniger als nichts. Hinter unserem Gesetzentwurf steht ein Finanzvolu- en für Prävention von fast einer halben Milliarde Euro. er Löwenanteil der Mittel wird für regionale Gesund- eitsarbeit mit den Menschen eingesetzt, die sie benöti- en, um ihre Gesundheitschancen zu verbessern. Künftig werden die Krankenkassen mit mindestens 80 Millionen Euro strukturfördernde Maßnahmen in nd für gesundheitsförderliche Lebenswelten unterstüt- en – sei es in Betrieben, in Kitas und Schulen oder in ozialen Brennpunkten. Dies werden sie im Zusammen- irken mit den zuständigen Stellen in den Ländern, mit en Verantwortlichen vor Ort und den Menschen in den ebenswelten umsetzen. Auch wenn es die Opposition nicht wahrhaben will: it diesem Mittelansatz liegen wir deutlich über dem Fi- anzvolumen des Gesetzentwurfs der rot-grünen Regie- ng aus dem Jahr 2005. Dieser Gesetzentwurf, den Sie o gerne und häufig als echtes Präventionsgesetz postu- eren, hatte für die Leistungen zur Prävention und Ge- undheitsförderung gerade einmal 250 Millionen jähr- ch vorgesehen, und davon sollten noch 50 Millionen uro für die Schaffung unnötiger bürokratischer Struktu- n aufgewendet werden – Stiftung Prävention. Für die esetzliche Krankenversicherung sollte die Neuregelung ogar aufkommensneutral sein. Für die betriebliche Ge- undheitsförderung und für individuelle Präventions- aßnahmen sah Ihr Gesetzentwurf insgesamt nur 00 Millionen Euro vor. 32384 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 (A) ) )(B) Unser Gesetzentwurf sieht allein für die betriebliche Gesundheitsförderung ein Ausgabevolumen von min- destens rund 140 Millionen Euro vor, und zwar zusätz- lich zu den Mitteln für Individualmaßnahmen. Vor die- sem Hintergrund wird deutlich: Die Vorwürfe der Opposition, unser Gesetzentwurf sei „nicht weitreichend genug“ oder verfolge gar „veraltete Ansätze“, weil wir vermeintlich zu wenig Geld für Settingleistungen vorsä- hen, entbehren nicht nur jeglicher Grundlage, sie lassen vielmehr auch Ihren eigenen Gesetzentwurf im Nach- hinein mehr als fragwürdig erscheinen; denn dieser hatte neben deutlich geringeren Ausgaben für Präventionsleis- tungen sogar eine Kürzung der Leistungen anderer Sozial- versicherungsträger einkalkuliert. So wollten Sie bei der Rentenversicherung entstehende Mehraufwendungen für Prävention durch Einsparungen bei der medizinischen Rehabilitation ausgleichen. Der- artige Umschichtungen zulasten ebenso wichtiger medizi- nischer Rehaleistungen sieht unser Gesetzentwurf nicht vor. Eine weitere Behauptung stellt die angeblich fehlende Einbeziehung insbesondere der Präventionsakteure in den Ländern und Kommunen in den Mittelpunkt. An der Notwendigkeit der Zusammenarbeit aller Akteure be- steht überhaupt kein Zweifel. Aber – und das betone ich nochmals ganz deutlich – jegliche Lösungswege, um in der Gesundheitsförderung und der Prävention die Ko- operation der Akteure und die Koordination der Leistun- gen zu verbessern, müssen verfassungsrechtlich sauber sein. Auch ein Präventionsgesetz des Bundes muss sich im Rahmen des bundesstaatlichen Kompetenzgefüges be- wegen. Die Länder müssen in der Gesundheitsförderung ihre Aufgaben wahrnehmen und der Bund seine. Dessen ungeachtet muss Gesundheitsförderung am Ort des Ge- schehens stattfinden. Deshalb verpflichten wir die Kran- kenkassen dazu, insbesondere in den Lebenswelten der Menschen mit den vor Ort zuständigen Stellen zu koope- rieren und die Versicherten zu beteiligen. Mit unserem Gesetzentwurf leisten wir einen wesent- lichen Beitrag, um der sozialbedingten Ungleichheit von Gesundheitschancen entgegenzutreten. In Zeiten, in de- nen die Krankenkassen immer weniger für Präventions- maßnahmen ausgeben, sorgen wir dafür, dass die Kran- kenkassen künftig Prävention in einem bislang nie da gewesenen Umfang betreiben müssen, und zwar gerade in den Lebenswelten. Und wir setzen die richtigen Schwerpunkte, da wir ei- nen echten Beitrag zur Verringerung gesundheitlicher Ungleichheit leisten wollen. Künftig werden zwei Drittel der Präventionsmittel und damit soviel wie noch nie für die Förderung gesundheitsförderlicher Strukturen in den Kommunen, Ländern und Betrieben ausgegeben. Wer sich jetzt diesem Gesetzentwurf verschließt, ver- weigert deshalb gerade den sozial benachteiligten Men- schen gleiche Chancen auf ein möglichst gesundes und möglichst langes Leben. g u z c g D u ti V b d g u s B s s im D v w s d s M d g g ti li L g b z h re A d P b H A (C (D Im Zusammenhang mit dem Präventionsförderungs- esetz setzen wir auch auf die Kompetenz der Ärztinnen nd Ärzte. Schon angesichts der Tatsache, dass 90 Pro- ent der Erwachsenen einmal im Jahr ihren Arzt aufsu- hen, haben die Ärzte die besten Möglichkeiten, um auf esundheitsrelevante Lebensweisen Einfluss zu nehmen. ie Menschen vertrauen ihrem Arzt oder ihrer Ärztin nd nehmen ihre Ratschläge ernst. Dieses Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Pa- ent gilt es zu erhalten. Deshalb werden wir korruptives erhalten einiger Mediziner nicht dulden und wirksam ekämpfen. Dazu haben wir einen Änderungsantrag in as Gesetzgebungsverfahren zum Präventionsförderungs- esetz eingebracht, der das Verbot der Bestechlichkeit nd Bestechung von Leistungserbringern enthält, das ich auf alle Leistungsbereiche in der GKV und alle erufsgruppen erstreckt, die an der Versorgung der Ver- icherten beteiligt sind. Außerdem wird ein an den Be- techungsdelikten des StGB angelehnter Straftatbestand SGB V aufgenommen, der an dieses Verbot anknüpft. anach werden insbesondere Verstöße gegen das sozial- ersicherungsrechtliche Verbot der Verordnung oder Zu- eisung gegen Entgelt unter Strafe gestellt, sofern es ich dabei nicht nur um lediglich geringwertige Zuwen- ungen handelt. Die Regelung schützt die Versicherten, weil sie wirklich icher sein können, dass beispielsweise der Arzt ihnen ein edikament allein aus medizinisch-therapeutischen Grün- en verordnet und nicht, weil sich vielversprechende Ver- ünstigungen eines Pharmaunternehmens dahinter verber- en. Sie schützt aber auch die Krankenkassen vor korrup- onsbedingten Mehrkosten und sichert so die Wirtschaft- chkeit der Versorgung, und sie schützt die verschiedenen eistungsanbieter vor korruptionsbedingter Benachteili- ung und sichert so die Lauterkeit und Fairness des Wett- ewerbs im Gesundheitsmarkt. Korruption im Gesundheitswesen schadet allen. Ein- elne bestechliche Leistungserbringer können das Anse- en der großen Mehrheit der verantwortungsvoll und dlich arbeitenden Ärzte, Apotheker und der anderen ngehörigen der Heilberufe empfindlich schädigen. Mit iesem Änderungsantrag wollen wir das Vertrauen der atientinnen und Patienten in die Unabhängigkeit der ehandelnden Ärztinnen und Ärzte und der anderen eilberufe erhalten und stärken. nlage 28 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 31. Mai 2013 zwischen der Bundes- republik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika zur Förderung der Steuerehrlichkeit bei internationalen Sach- verhalten und hinsichtlich der als Gesetz über die Steuerehrlichkeit bezüglich Aus- landskonten bekannten US-amerikanischen Informations- und Meldebestimmungen Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32385 (A) ) )(B) – Beschlussempfehlung und Bericht zu den Anträgen: – Aggressive Steuerplanung und Steuer- vermeidung internationaler Konzerne bekämpfen – Globale Steuergestaltung verhindern – Regulierungsschlupflöcher stopfen – Steuerzahlungen multinationaler Unter- nehmen transparent machen – Country- by-Country-Reporting in Deutschland einführen und in Europa vorantreiben – Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Bekämpfung von Steuerstraftaten (Tagesordnungspunkt 26 a bis c) Manfred Kolbe (CDU/CSU): Ende Mai 2013 hat die Bundesregierung ein bilaterales Abkommen zum auto- matischen Informationsaustausch mit den USA ge- schlossen. Dieses wollen wir mit dem heutigen Gesetz in deutsches Recht gießen. Demnach verpflichten sich die Steuerverwaltungen beider Länder, bei ihren Finanzinstituten für die Besteue- rung relevante Daten zu erheben und auszutauschen. Ausgangspunkt ist ein Steuergesetz der USA aus dem Jahr 2010, FATCA. Es bestimmt, dass ausländische Finanzinstitute die amerikanischen Steuerbehörden über Konten von US-Bürgern informieren müssen. Kommen sie dieser Pflicht nicht nach, müssen sie eine Quellen- steuer von 30 Prozent auf Erträge abführen, die das Finanzinstitut aus US-Quellen bezieht. Das jetzt unterzeichnete Abkommen beruht auf einem Musterabkommen, das verschiedene europäische Staaten zusammen mit den USA erarbeitet haben. Der heute vorliegende Gesetzentwurf ist ein wichtiger Baustein in der Strategie der Bundesregierung zur Be- kämpfung der internationalen und nationalen Steuerhin- terziehung. Das Abkommen mit den USA soll nach un- serem Willen auch Grundlage und Muster für einen (erweiterten) automatischen Informationsaustausch in- nerhalb der Europäischen Union sein. Wir gehen damit den bereits seit 2009 beschrittenen Weg der bilateralen Kooperation weiter. Denn Steuerbetrüger können wir nur in gemeinsamer Arbeit bekämpfen. Dies führt zum Er- folg, und diesen sehen wir auch an über 42 unter der christlich-liberalen Koalition abgeschlossenen bilatera- len Abkommen für den Informationsaustausch in Steuer- sachen. Des Weiteren wird durch die zügige gesetzgeberische Umsetzung der deutschen Kreditwirtschaft rechtzeitig Planungssicherheit gegeben, damit entsprechende Mel- depflichten ordnungsgemäß eingehalten werden können. Die Opposition von SPD und Grünen möchte uns mit ihren Schaufensteranträgen wieder einmal zeigen, wie man angeblich richtig Steuerhinterziehung bekämpft. Aber sie ist der Zeit damit wieder einmal hinterher: n 2 A K w m D B fr ra F n te S ti F n w S h 2 E d b S re d te b h T S ru h z g F te lu le h s h b e e F d h (C (D Zu dem Thema „Gewinnverschiebungen großer inter- ationaler Konzerne“ hat der Bundestag bereits am 1. März 2013 (Bundestagsdrucksache 17/12827) einen ntrag beschlossen. Die Initiative hierzu ging von den oalitionsfraktionen aus. Insbesondere wird darauf ver- iesen, dass noch im Juni 2013 ein Bericht der OECD it konkreten Handlungsempfehlungen zu erwarten ist. ie Umsetzung der Handlungsempfehlungen wird die undesregierung zusammen mit dem britischen und dem anzösischen Amtskollegen mit allem Nachdruck vo- ntreiben. Wir sind also bereits weiter als Ihre bloße orderung. Dass Sie auch früher wenig Interesse an ei- er effektiven Bekämpfung der Steuerhinterziehung hat- n, zeigen die Zahlen: Unter SPD-Finanzminister teinbrück wurden in vier Jahren ganze sechs Informa- onsaustauschabkommen abgeschlossen. CDU/CSU und DP haben in dreieinhalb Jahren bereits 42 unterzeich- et. Das FATCA-Abkommen passt sich, wie bereits er- ähnt, lückenlos und konsequent in die erfolgreiche trategie unserer Koalition zur Bekämpfung der Steuer- interziehung ein. Was hat Rot-Grün zwischen 1998 und 005 gemacht? Nichts! Das Einzige, was in Erinnerung geblieben ist, ist ichels Steueramnestie. Die Bemessungsgrundlage bei er Einkommensteuer wurde auf 60 Prozent abgesenkt, ei der Erbschaftsteuer teilweise auf 20 Prozent. Eichels teueramnestie, das war das Wesentliche in sieben Jah- n Rot-Grün. Dann kam die Große Koalition, und der Kampf gegen ie Steuerhinterziehung begann, wenn auch zunächst un- r SPD-Minister Steinbrück zaghafter als heute. Wir ha- en den Tatbestand der bandenmäßigen Umsatzsteuer- interziehung eingeführt. Wir haben die Möglichkeit der elekommunikationsüberwachung auch bei schwerer teuerhinterziehung eingeführt. Wir haben die Verlänge- ng der Verjährungsfrist für schwere Steuerhinterzie- ung verabschiedet – gemeinsam. Herr Steinbrück war eher für die Abteilung Klamauk uständig: Kavallerie, dann die armen Indianer und Oua- adougou. Ich weiß nicht, was die Republik Burkina aso oder die Ureinwohner Nordamerikas mit Steuerhin- rziehung zu tun haben sollen. Das war eher die Abtei- ng Klamauk, während die Sacharbeit von anderen ge- istet wurde. 2009 kam dann die christlich-liberale Koalition. Wir aben ohne irgendwelchen Druck von außen den Tatbe- tand der strafbefreienden Selbstanzeige verschärft. Wir aben das aus eigener Initiative gemacht. Wir haben die Teilselbstanzeige abgeschafft. Wir ha- en den Zeitpunkt der Entdeckung vorverlegt. Wir haben inen Zuschlag auf Hinterziehungszinsen eingeführt. Die internationalen Anstrengungen habe ich bereits rwähnt. Das heute vorliegende Abkommen mit den USA, ATCA, ist ein wichtiger Baustein bei der Bekämpfung er Steuerhinterziehung. Es fügt sich nahtlos in die bis- erigen internationalen Abkommen und Anstrengungen 32386 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 (A) ) )(B) ein. Keine Bundesregierung hat auf diesem Gebiet bis- her so viel geleistet. Wir wollen diesen Weg auch nach der Bundestagswahl weitergehen! Lassen Sie mich zum Schluss mit einem Zitat des deutschen Nationalökonomen Hans Karl Schneider schließen: „Wer mehr als die Hälfte seines Einkommens an das Finanzamt abführen muss, ist mehr darauf be- dacht, Steuern zu sparen, als darauf, Geld zu verdienen.“ Dieser Gedanke weist uns auch daraufhin, dass die Steuerhinterziehung auch durch die Einführung eines einfachen und gerechten Steuersystems mit niedrigen Steuersätzen bekämpft werden kann. Das ist das Ziel dieser Koalition und meiner Partei CDU. Einkommen- steuersätze bis zu 75 Prozent, wie das die französischen Genossen praktizieren, sind der falsche Weg. Damit wird die Steuerhinterziehung eher befördert. Wir gehen des- halb unseren Mittelweg weiter. Das bedeutet eine ener- gische Bekämpfung der Steuerhinterziehung sowie ein einfaches und gerechtes Steuersystem mit niedrigen Steuersätzen. Lothar Binding (Heidelberg) (SPD): Unser Kanzler- kandidat Peer Steinbrück hat es in der Debatte am 7. Juni bereits deutlich gesagt: Ohne Steuerbetrug und ohne die Möglichkeiten legaler, aber nicht legitimer Steuerver- meidung bzw. Steuergestaltung wären weit mehr öffent- liche, auch private, Investitionen möglich. Die Steuern könnten niedriger sein, und die Neuverschuldung könnte schneller abgebaut werden. Wenn wir uns darin einig wären, wie wir diesem Missbrauch – zum eigenen Vor- teil auf Kosten der Allgemeinheit – Herr werden wollen, brauchten wir darüber keine langen Debatten zu führen. Dass es Schwachstellen gibt, darin besteht kein Zwei- fel; sie zu vermeiden, ist die Herausforderung. So wur- den im Laufe dieser Legislaturperiode viele Entwürfe, Anträge, Aspekte, Lösungswege, Scheinlösungswege, Irrwege und Strategien diskutiert, und es wurden verein- zelt durchaus tragfähige Lösungen gefunden. Schaut man sich jedoch die Vorschläge und Initiativen der SPD- Bundestagsfraktion an, ist zu sehen, dass wir erheblich weiter nach vorne gegangen sind. Unsere Ideen und Strategien zur Verhinderung von Steuervermeidung und Steuerhinterziehung, ganz besonders dort, wo sie am schwersten zu regulieren ist, nämlich bei den grenzüber- schreitenden Steuergestaltungen, waren mutiger und konsequenter. Ich erinnere an unsere Debatte zum Selbstbehalt, zum Trennbankensystem, zur Finanztrans- aktionsteuer, ich erinnere an das misslungene Steuerab- kommen mit der Schweiz, aber auch an unanständig hohe Vergütungen von Fehlleistungen bestimmter Mana- ger. Immer – ich wüsste keine Ausnahme – hat Schwarz- Gelb Monate, oft Jahre, gebraucht, sich unseren Vor- schlägen – und dann oft noch halbherzig – anzuschlie- ßen. Weil die Vorstellungen der Koalition und erst recht die gesetzgeberische Umsetzung den gesellschaftlichen Entwicklungen, auch der Entwicklung der Gauner und Betrüger, immer ein wenig hinterherhinken, konnten in der Zwischenzeit häufig zahlreiche Konzerne, Unterneh- men und Firmen, aber auch Einzelpersonen – darunter auch eine ganze Reihe von Steuerkriminellen – die vor- h s G ic m s li e b n ö D d ri fü w je R le – z n h lu le S s w s b R E K s ir a b s d U U d s tr s d g a U B d z is s ä te tä U (C (D andenen Schlupflöcher und Regulierungsfehlstellen für ich erfolgreich nutzen – gegen den Fiskus, gegen die esellschaft, gegen das Allgemeinwohl. Damit werfe h nicht zwingend Unfähigkeit vor; mir geht es viel- ehr um die unterschiedliche Wahrnehmung, um unter- chiedliche Urteile. Wer zum Beispiel dem Fiskus 1 Mil- arde Euro in schwerer Zeit hoher Staatsverschuldung ntzieht und diese Milliarde einer kleinen Gruppe Hotel- esitzer gibt, statt dieses Geld wenigsten den Kommu- en zu geben, die damit ein Vielfaches dieser Summe in ffentliche Investitionen lenken, zeigt damit, welches enken dieser Politik zugrunde liegt. Damit wird auch eutlich, warum das Interesse von Schwarz-Gelb so ge- ng ist, sich wirksam und für die Gauner schmerzhaft r die staatlichen, die allgemeinen Interessen zu ver- enden. Dabei gilt es für uns, immer wieder zu betonen, dass der Steuerbetrug immer auch das Vertrauen in den echtsstaat untergräbt und ein solidarisches Zusammen- ben gefährdet. Wenn es um Steuergerechtigkeit und das Gegenteil die Aktivitäten im Zusammenhang mit Steuerhinter- iehung und Steuervermeidung – geht, dann müssen wir ur einen Blick in die Tageszeitung werfen, um zu se- en, wie aktuell das noch ist und wie zwingend rege- ngsbedürftig. Zum einen kann man in der Zeitung sen, dass die französische Bankenaufsicht ACP eine trafzahlung von 10 Millionen Euro gegen die französi- che Filiale der Schweizer Großbank UBS verhängt hat, eil sie bei der Kontrolle von möglichem grenzüber- chreitendem Steuerbetrug zu „lax“ gewesen sei. Dies etrifft uns erst einmal nicht, sondern das französische echts- und Finanzsystem, aber es ist ein Zeichen für die rforderlichkeit einer wirksamen und zuverlässigen ontrolldichte. Zum anderen können wir dann auch le- en, dass die Bundeskanzlerin auf dem G-8-Gipfel im ischen Enniskillen zu mehr Zurückhaltung mahne, uch um die deutschen Firmen im internationalen Wett- ewerb und auf ausländischen Märkten nicht durch eine trengere Regulierung zu benachteiligen. Dies sei ihr eutlich geworden, nachdem sie sich von Experten und nternehmen habe beraten lassen. Es werden andere nternehmen gewesen sein als diejenigen, deren Daten urch die Organisation von Journalisten ICIJ online ge- tellt wurden. Debattieren wir über Steuergerechtigkeit und oft in- ansparente internationale Finanzströme, ist in dem Zu- ammenhang auch die hier diskutierte FATCA-Initiative er USA wichtig. Auf der Grundlage von den USA ein- eführter Vorschriften des Foreign Account Tax Compli- nce Acts sollen und wollen sich Deutschland und die SA in einem Abkommen verpflichten, für Zwecke der esteuerung von Unternehmen in Deutschland und in en USA Steuerpflichtigen Daten von Finanzinstituten u erheben und auszutauschen. Gemeinsames Ziel dabei t, die umfassende Besteuerung von Steuerpflichtigen icherzustellen, indem ausländische Finanzintermedi- re, wie unter anderem Banken, auf Mitwirkungspflich- n verpflichtet werden, auch bezogen auf solche Aktivi- ten in Tochter- und Muttergesellschaften außerhalb der SA. Auf bestimmte Erträge, insbesondere Kapital- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32387 (A) ) )(B) erträge, soll eine Quellensteuer in Höhe von 30 Prozent erhoben werden, wenn das Finanzinstitut die Informatio- nen über die Konten von in den USA Steuerpflichtigen nicht zur Verfügung stellt. Damit soll ausgeschlossen werden, dass durch die Zwischenschaltung ausländi- scher Finanzinstitute und Finanzdienstleister Steuern hinterzogen werden können, indem durch die Verwen- dung ausländischer Konten und Depots Einkommen ver- steckt und verheimlicht werden. Im Gegensatz zu dem bedenklichen Abkommen mit der Schweiz ist dies ein guter Gedanke und ein vielver- sprechender Ansatz. Positiv daran ist, dass dadurch die Diskussion über die Bekämpfung von Steuervermeidung und Steuerhinterziehung aufrechterhalten wird. Diese öf- fentliche Debatte brauchen wir, um durch die Schaffung von Transparenz Steuervermeidung und Steuerhinterzie- hung zu verhindern, wenigstens aber zu erschweren; denn nach wie vor sind die größten Probleme grenzüber- schreitende Anonymität und der Mangel an Informatio- nen. Gott sei Dank sind wir nach jahrelanger Überzeu- gungsarbeit heute alle so weit, die Einführung eines automatischen Informationsaustausches zu wollen. Dem entspricht auch der gemeinsam mit den Kolle- ginnen und Kollegen von Bündnis 90/Die Grünen ein- gebrachte Antrag zum Country-by-Country-Reporting, wonach Unternehmen zur Bekämpfung der aggressiven Steuerplanung zu einer länderbezogenen Berichterstat- tung über ihre Gewinne, Verluste und ihre Steuerzahlun- gen verpflichtet werden sollen. Auf nationaler Ebene soll eine länderbezogene Berichterstattung für deutsche große Kapitalgesellschaften vorgeschrieben werden, und wir wollen uns auf europäischer Ebene dafür einsetzen, dass die EU zeitnah das Country-by-Country-Reporting einführt. Wir sind froh, dass solche Gedanken inzwi- schen von der OECD und sogar der Kommission unter- stützt und vorangetrieben werden. So gesehen gerät Schwarz-Gelb trotz aller Zögerlichkeit der Kanzlerin in Europa in die Zange, zwischen die Opposition im Deut- schen Bundestag und die Aktivitäten in der EU. Wir warten darauf, dass sich die Kanzlerin an die Spitze der Bewegung setzt und alles schon seit Jahren gewollt ha- ben will, ähnlich wie bei der Atomkraft, der Wehrpflicht oder der Finanztransaktionsteuer. Noch besser wäre es, wenn wir auch in Deutschland, in Europa und global das Problem konsequent angehen würden. Die Bundesregierung, das ist zum Ende der Le- gislaturperiode festzustellen, hat in den vier Jahren ihrer Regierungszeit zögerlich gearbeitet. Deshalb kommt jetzt am Ende der Legislaturperiode plötzlich ein Vor- schlag nach dem anderen, was alles zu tun sei – in der nächsten Legislaturperiode. Und jeder fragt sich, warum das in den vergangenen vier schwarz-gelben Jahren nicht schon erledigt wurde. Na, jeder fragt sich das nicht. Wir wissen ja, warum. Der neoliberale Virus ist noch viru- lent. Es zeigt sich jetzt, auch bei dem täglichen Blick in die Zeitung, dass die bisherigen Bemühungen nicht wirklich wirksam waren, auch wenn wir Finanzpolitiker im Finanzausschuss in der jüngsten Zeit mit mehr als 90 Regulierungsvorschlägen befasst waren. Wichtig ist u s re le z S K u m v In m a p q K e ti S e h T e „ d u g te d ta w b d g s re d s G A e h m w z S n e e s li G s d (C (D ns dabei jedoch nicht die Anzahl, nicht die Quantität, ondern immer noch die Wirksamkeit, die Qualität unse- r Arbeit. Und da gibt es hinsichtlich legaler und illega- r Steuervermeidung und Steuerhinterziehung noch viel u tun. Wie man wirksam und effizient gegen eine aggressive teuerplanung und Steuervermeidung internationaler onzerne vorgehen kann und auch sollte, lässt sich aus nseren Forderungen an die Bundesregierung ableiten, it denen wir sie unter anderem auffordern, die Initiati- en der G 20 und der OECD, ich denke speziell an die itiative BEPS, gegen Steueroasen und die Steuerver- eidung internationaler Konzerne zu unterstützen, sich ktiv gegen schädlichen Steuerwettbewerb in der Euro- äischen Union zu engagieren und sich für die konse- uente Umsetzung des Aktionsplans der Europäischen ommission zur Verstärkung der Bekämpfung von Steu- rbetrug und Steuerhinterziehung einzusetzen. Was wir jetzt brauchen, ist ein umfassender, interna- onaler und strategischer Ansatz zur Bekämpfung von teuerkriminalität, um die Interessen der zahlreichen hrlichen Steuerzahler zu wahren. Dabei ist das Vorge- en der USA konsequenter. Will man eine vollständige ransparenz herstellen, dann liegt die Verpflichtung zu iner Offenlegung der entsprechenden Daten und eine Strafzahlung“ im Falle der Weigerung sicherlich nahe. Wir stehen für eine Zusammenarbeit der Staaten bei er Besteuerung grenzüberschreitender Sachverhalte nd sind der Ansicht, dass es keine Rechtfertigung dafür ibt, ausländischen Staaten die hierfür notwendigen Da- n vorzuenthalten. Dies betrifft nicht nur die Erhöhung es OECD-Standards für den steuerlichen Auskunftsaus- usch, auch unter Einbeziehung von Sanktionen gegen eniger kooperative Staaten. Wir stimmen dem Antrag deshalb zu, allerdings ver- unden mit einer deutlichen Skepsis an der Wirksamkeit er in Art. 6 des Abkommens niedergelegten gegenseiti- en Verpflichtung zur weiteren Verbesserung und Wirk- amkeit des Informationsaustausches und der Transpa- nz. Besonders bedeutsam, aber auch wertvoll, ist dabei as Wort „gegenseitig“. Diese Gegenseitigkeit ist in die- em Abkommen im Zusammenhang mit den rechtlichen egebenheiten noch nicht so verankert, wie es bei einem bkommen auf Augenhöhe der Fall sein sollte. Wozu in Mangel an Parität führen kann, haben uns die Ver- andlungen zum deutsch-schweizerischen Steuerabkom- en gezeigt, in denen die Schweizer Regierung bemüht ar, das dortige Bankgeheimnis möglichst weitgehend u schützen, und in denen wir auf Strafverfolgung und teueransprüche verzichtet hätten. So stellen wir uns das icht vor. Betrachtet man dann aber das Abkommen und seine inzelnen Bestimmungen, dann sehen wir ganz deutlich in Ungleichgewicht. Es gibt unzweifelhaft große Unter- chiede zwischen dem, was wir an Informationen zu efern verpflichtet wären, und dem, was die USA im egenzug an Informationen zu liefern bereit und im- tande wäre. Dafür kann man einen Blick in den Art. 2 es Abkommens werfen und die Informationspflichten 32388 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 (A) ) )(B) von Deutschland an die USA aufführen und umgekehrt von den USA an Deutschland. Was wir an die amerikanischen Finanzbehörden wei- tergeben würden, wären beispielsweise die Kapitaler- träge, die Veräußerungserträge und die Kontostände. Was wir bekommen würden, wären die Zins- und die Di- videndenerträge. Das ist von dem Ziel eines gleichwerti- gen Informationsniveaus noch sehr weit entfernt. Da der Grund im amerikanischen Rechtssystem liegt, weil die Behörden nur die Daten liefern können, die ihnen nach ihrem Recht zu erheben und weiterzugeben erlaubt sind, fragen wir uns natürlich, wie sich ein gleichwertiger In- formationsaustausch herstellen ließe, wenn die Grenzen auch dadurch entstehen, dass Informationen nach dem gegenwärtigen amerikanischen Recht nicht den Melde- pflichten unterliegen. Wir wurden durch das Bundesministerium der Finan- zen darauf hingewiesen, dass man sich in den Verhand- lungen darauf geeinigt habe, dass ein gleichwertiges In- formationsniveau hergestellt werden soll. Entsteht aber das Ungleichgewicht dadurch, dass ein symmetrischer Informationsaustausch aufgrund der nationalen Geset- zeslage in den USA momentan nicht möglich ist, dann fragen wir uns – angesichts des amerikanischen Rechts- setzungsverfahrens, aber auch der Mehrheitsverhältnisse im Kongress – nach der Wahrscheinlichkeit einer Ände- rung und einem möglichen Zeithorizont. Bis dahin wird ein entsprechendes Maß an Daten weitergegeben, ohne dafür das Äquivalent zu erhalten, in der Hoffnung, dass sich dies eines Tages ändert. Darüber hinaus müssen wir uns, dies mit Blick auf den Art. 4 Absatz 1 des Abkommens die Frage stellen, welche Wirkungen es haben kann, wenn die Beurteilung eines Verhaltens dem Rechtssystem eines anderen Staa- tes gewissermaßen überlassen wird. Danach wird jedes meldende deutsche Finanzinstitut so behandelt, als würde es den § 1471 des Steuergesetzbuches der Verei- nigten Staaten einhalten. Damit geben wir in gewisser Weise einem anderen Rechtssystem das Regime über das Handeln in unserem Rechtssystem. Hier erkennen wir wieder ein Defizit der deutschen Regierung, das uns mit Blick auf die Mitgliedsländer der EU leider bekannt vorkommt. Es fehlt an interkultureller Kompetenz, an der Verständigung auf ein gemeinsames Maßsystem, wenigstens hinsichtlich der technischen Pa- rameter. Die Abstimmung über technische Prozesse er- laubt gleichwohl kulturelle Vielfalt. Das setzt aber eine qualifizierte Außenpolitik voraus. Wir werden dem Entwurf zustimmen, jedoch verbun- den mit dem Hinweis, dass der darin enthaltenen Asym- metrie baldmöglichst abgeholfen werden muss und sie kein Dauerzustand werden soll – gerade im Interesse der deutschen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. Dann erst handelt es sich um eine Regelung auf Augenhöhe zwi- schen gleichberechtigten Vertragspartnern. Wenn auch Sie sich dazu durchringen könnten, unse- ren Anträgen und dem gemeinsam mit den Grünen ein- gebrachten CbC-Reporting-Antrag zuzustimmen, könn- ten wir eine neue Stufe der internationalen Steuerpolitik e K s te W h p s S G m S d d A s s w D s z s s z fo is b S g z v v w S te u ti c ru V L re D ru w s G s s w d (C (D rreichen. Ich bin gespannt, ob Sie das parteipolitische alkül dem Wohl unserer Gesellschaft unterordnen. Holger Krestel (FDP): Mit dem vorliegenden Ge- etzentwurf zum Abkommen mit den Vereinigten Staa- n von Amerika tut sich nicht nur ein hervorragendes erkzeug zur Bekämpfung und Aufdeckung von Steuer- interziehung auf. Der Foreign Account Tax Com- liance Act, FATCA, ermöglicht durch seinen automati- chen Datenaustausch mit den US-amerikanischen teuerbehörden auch, Steuervermeidungsstrategien und ewinnverlagerung von international tätigen Unterneh- en aufzudecken. Großunternehmen und Mittelständler bilden mit ihren tandorten und den damit verbundenen Abführungen an ie öffentliche Hand das Rückgrat in der Finanzierung er deutschen Kommunen. Wenn aber Konzerne wie pple, Google und Ikea von unserer Infrastruktur und tabilen Wirtschaftslage profitieren und auf dem deut- chen Markt erfolgreich sind, dann müssen sie hier auch ie jeder andere Akteur ihren Anteil dazu leisten, damit eutschland auch weiterhin so ein attraktiver Wirt- chaftsstandort sein kann. Es darf nicht sein, dass sämtliche Gewinne als Li- enzgebühren veranschlagt und zu einer Holdinggesell- chaft auf den Bermudainseln verlagert werden und sie ich so aus der Verantwortung ziehen, während der Rest ahlt. Dafür kämpft die christlich-liberale Koalition er- lgreich seit ihrem Antritt, und der vorliegende Entwurf t dabei ein weiterer Schritt in die richtige Richtung. Die rot-grüne Initiative zur Einführung des Country- y-Country-Reporting ist hierbei jedoch wenig hilfreich. ie greifen mit Ihrem Antrag die Grundsätze des Steuer- eheimnisses an, ohne dass das einen praktischen Nut- en hätte. Die zuständigen Finanzämter müssen selbst- erständlich bereits mit sämtlichen relevanten Zahlen ersorgt werden. Was dabei dann übrig bleibt, ist das, as Sie wirklich damit bezwecken: einen öffentlichen teuerpranger. Ich muss Sie aber enttäuschen: Das Mit- lalter ist in Deutschland schon lange vorbei. Wir können im Kampf gegen Steuerhinterziehung nd -vermeidung nur erfolgreich sein, wenn wir interna- onal an einem Strang ziehen. Diesen Weg hat die hristlich-liberale Koalition erfolgreicher als jede Regie- ng vor ihr beschritten und zahlreiche internationale orstöße initiiert und Abkommen besiegelt. Es sind große diplomatische Erfolge, dass Länder wie uxemburg und Österreich ihre Bankgeheimnisse be- its aufgegeben haben – und das ganz ohne Kavallerie! as mit der Schweiz ausgehandelte Doppelbesteue- ngsabkommen hätte ebenso eine Erfolgsgeschichte erden können, bis es von der Opposition unter faden- cheinigen Argumenten blockiert wurde. Erstmals in der eschichte wären damit sämtliche in die Eidgenossen- chaft verbrachte deutsche Vermögen auch unter deut- ches Steuerrecht gefallen. Das hätte eine sofortige rück- irkende Zahlung von rund 10 Milliarden Euro an den eutschen Fiskus zur Folge gehabt. Das hätten 125 Euro Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32389 (A) ) )(B) pro Bürger sein können – egal ob Steuerzahler oder nicht. Das soll Herr Steinbrück mal dem Durchschnittswäh- ler erklären; denn nachverhandeln wird die Schweiz nicht. Letzte Woche hat der Schweizer Nationalrat das Abkommen mit den USA, welches die Opposition stets als Vorbild angeführt hat, nämlich abgelehnt. Neben internationaler Kooperation bleibt das beste Mittel gegen Steuerhinterziehung und -vermeidung aber immer noch ein einfaches und faires Steuersystem, das den Bürgern und Unternehmen genug Raum zum Wirt- schaften lässt und nicht erdrückt, bevor sie produktiv werden können. Die Wahlprogramme der drei Opposi- tionsparteien kann man daher getrost als Aufforderung an alle Leistungsträger zum Verlassen Deutschlands an- sehen. Das geht so lange, bis Sie merken, dass keiner mehr da ist, um die Party zu bezahlen. Da wir hier in Berlin sind, kann man Ihre Ziele auch als die „Wowerei- tisierung des bundesdeutschen Finanzwesens“ bezeich- nen. Zum Glück wird es aber nicht so weit kommen; denn die Koalition wird ihre erfolgreiche Steuerpolitik auch in der nächsten Legislaturperiode so fortsetzen. Dr. Barbara Höll (DIE LINKE): Das heutige Thema ist die Bekämpfung von Steuerflucht sowie aggressiver Steuergestaltung. Hierzu liegen uns zahlreiche Initiati- ven vor. Zum einen der Gesetzentwurf der Bundesregie- rung zum Abkommen vom 31. Mai 2013 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staa- ten von Amerika, kurz FATCA, zum anderen Anträge der SPD und Grünen sowie ein Gesetzentwurf des Bun- desrates zur Verbesserung der Bekämpfung von Steuer- straftaten. Im Mittelpunkt der Debatte steht der Gesetzentwurf der Bundesregierung – das Abkommen zwischen den USA und Deutschland. Ausgangspunkt des Abkommens ist das im März 2010 erlassene FATCA-Gesetz. Mit FATCA wollen die USA zur Bekämpfung der Steuerhin- terziehung Finanzinstitute in die Pflicht nehmen. Insti- tute, die nicht bereit sind, ausländische Konten von US- Steuerpflichtigen zu identifizieren und Kontodaten zu übermitteln, müssten den FATCA-Quellensteuerabzug in Höhe von 30 Prozent auf Erträge und bestimmte Zahlun- gen aus den USA hinnehmen. FATCA sieht eigentlich eine direkte Verpflichtung der Finanzinstitute auf Infor- mationsweitergabe vor. Für die Fraktion Die Linke ist FATCA die Initiative, die die meiste Wirkung bei der Bekämpfung der internationalen Steuerhinterziehung und Verschleierung verspricht. Wir haben uns daher in unserem Antrag „Steueroasen trockenlegen – offshore und hierzulande“ vom 17. April 2013 (Drucksache 17/13129) auch positiv darauf bezogen. Allerdings beruhte diese Einschätzung vor allem auf der eigentlich in FATCA vorgesehenen Neuerung, wonach steuerrelevante Infor- mationen künftig direkt bei denen eingeholt werden sol- len, die über diese definitiv verfügen. Das sind Banken, sonstige Finanzinstitute und Finanzdienstleister. Sofern diese nicht mitmachen, droht ihnen eine Quellensteuer in Höhe von 30 Prozent auf aus den USA abfließende Zah- lu m g F s A g ti a 5 U d li C fo D ti m a d ru u d B n d le h le p d z u u p d ta re U B c te N z h d A z A b s S te B A k (C (D ngen. Durch die mit jetzigen Abkommen vorgenom- ene zwischenstaatliche Umsetzung legt die Bundesre- ierung quasi ihre schützende Hand über die deutschen inanzinstitute, um diese vor der drastischen Quellen- teuer zu schützen. Bezeichnenderweise sehen die dem IFM-Steueranpassungsgesetz angefügten FATCA-Be- leitregelungen vor, dass vorsätzliche oder leichtfer- ge Verstöße gegen die Informationspflichten lediglich ls Ordnungswidrigkeit mit einem Bußgeld bis zu 000 Euro behandelt werden. Die zwischenstaatliche msetzung von FATCA stellt damit eine Verwässerung es ursprünglichen Ansatzes der USA dar. Mit dem vor- egenden Abkommen hat die Bundesregierung eine hance vertan, die Beschaffung von steuerrelevanten In- rmationen auf eine effektivere Grundlage zu stellen. ie USA verfolgen hier den klaren Anspruch einer sank- onsbewehrten Informationspflicht von Finanzinstituten it dem Ziel einer lückenlosen Aufdeckung von Trans- ktionen ihrer Steuerpflichtigen. Dies erfolgt insbeson- ere im Hinblick auf grenzüberschreitende Verschleie- ngsaktivitäten, zum Beispiel durch Verschachtelungen nd Zwischenschaltungen. Die Bundesregierung bleibt agegen ihrem Ansatz verhaftet, die Reste des deutschen ankgeheimnisses zu wahren. Kapitalerträge sollen ach wie vor anonymisiert über die Abgeltungsteuer mit en Banken als Steuervollzieher erfasst werden. Dabei isten Banken aktiv Unterstützung zu Steuerhinterzie- ung und -vermeidung, wie es zum Beispiel die aktuel- n Aufdeckungen zu Ex-/Cum-Trades, Dividendenstrip- ing, zeigen. Das Abkommen stellt insgesamt eine Verbesserung ar, angesichts der erwähnten Mängel allerdings eine un- ureichende. Wir enthalten uns daher. Kurz zu den anderen Vorschlägen von SPD, Grünen nd Bundesrat: Dem gemeinsamen Antrag von Grünen nd SPD zur Einführung von Country-by-Country-Re- orting in Deutschland stimmen wir zu. Die Einführung er länderbezogenen Berichterstattung für große Kapi- lgesellschaften ist zu begrüßen; denn mehr Transpa- nz, die Offenlegung von Steuerzahlungen, Gewinnen, msätzen, Beschäftigten und Kapitalbeständen ist ein austein für die Steuervermeidung. Bei den beiden anderen Anträgen der SPD, Drucksa- hen 17/12819 sowie 17/13716, werden wir uns enthal- n. Die Anträge enthalten wenig Konkretes und nichts eues. Bei den wenigen konkreten Forderungen, wie um Beispiel die Fristenangleichung für die Festsetzung interzogener Steuern auf zehn Jahre, stimmen wir zu; ies fordern wir selbst in unserem viel weitergehenden ntrag „Steueroasen trockenlegen – offshore und hier- ulande“ (Drucksache 17/13129). Kritisch sehen wir die usführungen der SPD zum internationalen Steuerwett- ewerb; die SPD weist lediglich auf den sogenannten chädlichen Steuerwettbewerb hin. Unserer Meinung ist teuerwettbewerb jedoch generell schädlich; denn er un- rhöhlt die finanzielle Handlungsfähigkeit des Staates. Ebenso werden wir uns bei dem Gesetzentwurf des undesrates (Drucksache 17/13664), enthalten. Dem nliegen ist zwar grundsätzlich zuzustimmen, die kon- ret vorgeschlagenen Maßnahmen erachten wir jedoch 32390 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 (A) ) )(B) als zu pauschal. Und eine verschärfte Kriminalisierung von Bagatelldelikten ist ebenfalls nicht in unserem Sinne. Wir befürworten daher die Ausweitung der kon- kretisierten Regelbeispiele für besonders schwere Steu- erhinterziehung in § 370 Abs. 3 Abgabenordnung. Auf diese Weise würde für mehr Steuerhinterziehungsfälle die verlängerte Verjährungsfrist von zehn Jahren gelten. Insgesamt zeigt sich: Die Bundesregierung tut viel zu wenig bei der Bekämpfung von Steuerbetrug und ag- gressiver Steuergestaltung. Dr. Thomas Gambke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Mit dem Abkommen zwischen den USA und Deutschland zur Umsetzung des Foreign Account Tax Compliance Act, kurz FATCA genannt, wird ein Meilen- stein gesetzt auf dem Weg zu mehr Transparenz und Of- fenheit im Finanzwesen. Wir Grünen begrüßen das aus- drücklich und werden dem Gesetzentwurf zustimmen. Mit diesem Gesetzentwurf werden Finanzdaten, die bisher nicht sichtbar waren, automatisch von den Ban- ken an die Finanzbehörden weitergeleitet. Das ist ein entscheidender Schritt, um Steuerflucht effektiv zu be- kämpfen. Wir Grünen haben uns stets auch im Zusam- menhang mit Doppelbesteuerungsabkommen und Infor- mationsaustauschabkommen sowie im Prozess um die erweiterte EU-Zinsrichtlinie für den automatischen In- formationsaustausch eingesetzt. Machen wir uns nichts vor: Dieser Gesetzentwurf ist nicht vom Himmel gefallen, er ist auch mehr der US- amerikanischen Initiative geschuldet als dem Drängen der Bundesregierung. Wir nehmen erfreut die Wandlung des Herrn Finanzministers Schäuble vom Saulus zum Paulus zur Kenntnis. Hat die Bundesregierung bis zum Dezember mit dem Schweizer Steuerabkommen ver- sucht, eine intransparente Abgeltungslösung durchzu- setzen – diese hätte möglicherweise auf Jahre einen Fortschritt beim automatischen Informationsaustausch gebremst –, so ist mit dem FATCA-Abkommen das Eis gebrochen. Auch Luxemburg und Österreich haben nun angekündigt, sich nicht länger einem automatischen In- formationsaustausch zu widersetzen. Damit kann die EU-Zinsrichtlinie endlich erweitert und umgesetzt wer- den. Kommen wir zurück zu FATCA: Der Datenaustausch zwischen den USA und Deutschland wird ziemlich asymmetrisch gestaltet; das heißt, wir liefern den USA sehr viel mehr Daten als sie uns. Dies liegt daran, dass den USA viele Daten nicht vorliegen. Die USA haben sich in dem Abkommen mit Deutschland verpflichtet, ihre nationalen Gesetze entsprechend zu verbessern. Eine konkrete Gesetzgebung ist teilweise bereits in den Kongress eingespeist. Wir erkennen aber auch, dass die Republikaner im Senat eine Verabschiedung dieser Ge- setze verhindern können. Hier gibt es einige Senatoren, die die Wettbewerbsfähigkeit der USA als Steueroase nicht aufgeben wollen. Es ist nun einmal so: Der Staat Delaware ist die älteste Steueroase in der globalen Welt. Daher könnte der Handlungsspielraum des US-Finanz- ministeriums zur Kooperation mit anderen Ländern für einen gemeinsamen Kampf gegen Steuerflucht einge- s o k u te w te in fe d W d a z fo ti h ti e d s A re s S In d A A d In z k P p d w tu ta F S a k s s U e n re U p S n d w w (C (D chränkt sein. Viele Informationen über die US-Steuer- ase Delaware werden wir auch über das FATCA-Ab- ommen aktuell nicht erhalten. Einige Banken in Florida nd Texas profitieren zudem von Investitionen von la- inamerikanischen Staatsbürgern. Die USA ist das ichtigste und größte Offshorecenter für Bürger aus La- inamerika. Wie die innerstaatliche Auseinandersetzung den USA bei dem Thema ausgeht, ist aktuell noch of- n. Um so wichtiger ist eine europäische Einigkeit bei er Frage des automatischen Informationsaustausches. enn die Europäer ihre gesamte Wirtschaftsmacht bün- eln und mit einer Sprache sprechen, können sie Druck uf die USA ausüben, weitere Schritte für Transparenz u unternehmen. Wichtig im weiteren Prozess wird sein, dass die In- rmationspflichten nach FATCA und die Informa- onspflichten nach der erweiterten EU-Zinsrichtlinie so armonisiert werden, dass den Instituten die Informa- onsweitergabe mit dem gleichen systemischen Ansatz rmöglicht wird. Das vorliegende Abkommen zeigt auch, wie wichtig ie Forderung der Grünen nach Abschaffung der deut- chen Abgeltungsteuer ist, um auch jenseits des FATCA- ustausches mit den USA wichtige Daten an alle ande- n Ländern liefern zu können. Aktuell sammeln deut- che Finanzämter nicht die Informationen von Banken, tiftungen oder Trusts, die ein effektiver automatischer formationsaustausch verlangen würde. Ich will es an ieser Stelle nochmals deutlich machen: Der Gang in die bgeltungsteuer war ein Gang in die Intransparenz. uch beim Schweizer Steuerabkommen plante die Bun- esregierung, durch eine anonyme Abgeltungsteuer auf formationen über individuelle Steuerpflichtige zu ver- ichten. Die Finanzämter sind so auf die Steuerehrlich- eit des Einzelnen angewiesen – und die ist ja auch bei ersonen hoher Reputation nicht immer anzutreffen, wie rominente Beispiele gezeigt haben. Ich bin froh, dass as Schweizer Steuerabkommen von Rot-Grün gestoppt erden konnte und sich damit nicht die anonyme Abgel- ngsteuer, sondern der automatische Informationsaus- usch als internationaler Standard durchsetzen wird. Der automatische Informationsaustausch und damit ATCA beziehen sich auf die Bankdaten des individuell teuerpflichtigen. Wichtig ist es aber auch, bei global gierenden Unternehmen zu mehr Steuergerechtigkeit zu ommen. Hier geht es nicht um Steuerhinterziehung, ondern um – im Prinzip legale – aggressive Steuerge- taltung. Dieser kommt man aber nur auf die Spur, wenn nternehmen zu mehr Transparenz bezüglich ihrer Steu- rgestaltung gezwungen werden. Mit dem gemeinsamen Antrag mit der SPD haben wir och einmal eine zentrale Maßnahme für mehr Transpa- nz – die länderbezogenen Offenlegungspflichten von nternehmen, das sogenannte Country-by-Country-Re- orting – hervorgehoben. Diese Transparenz ist der erste chritt, um Steuergestaltung von multinationalen Unter- ehmen wirkungsvoll zu verhindern. Dabei ist entschei- end, dass die Offenlegung nicht nur vor der Finanzver- altung erfolgt, sondern vor der Öffentlichkeit. Wir ollen Unternehmen verpflichten, ihre Umsätze, Ge- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32391 (A) ) )(B) winne und Steuerzahlungen sowie weitere wichtige Kennzahlen nach Ländern aufgeschlüsselt offenzulegen. Dies sorgt für Transparenz darüber, welche Unterneh- men sich durch Gewinnverlagerungen einen Wettbe- werbsvorteil verschaffen gegenüber kleinen und mitt- leren Unternehmen, die standortgebunden sind und Gewinne nicht verschieben können. So würde transpa- rent werden, wenn die Umsätze in Europa erwirtschaftet werden, die Gewinne aber in Steueroasen anfallen und auch dort gebunkert werden. Parallel zum politischen Einsatz für eine verbindliche EU-Regelung wollen wir diese Offenlegungspflichten auch in einem ersten Schritt national umsetzen. Ein letztes Wort noch zum Gesetzentwurf des Bun- desrates: Wir unterstützen das Ziel einer vollständigen Parallelität zwischen der Steuerfestsetzungsverjährung und der steuerstrafrechtlichen Verfolgungsverjährung. Aktuell besteht in nicht besonders schweren Fällen eine Diskrepanz zwischen der Steuerfestsetzungsverjährung von zehn und der Strafverfolgungsverjährung von fünf Jahren. Durch die vorgeschlagene Gesetzesänderung würde die Verjährungsfrist für die Strafverfolgung in al- len Fällen zehn Jahre betragen. Lassen Sie es mich zum Abschluss nochmals beto- nen: Mit dem FATCA-Abkommen wird ein entscheiden- der Schritt zu mehr Offenheit und Steuerehrlichkeit ge- macht. Aber es müssen weitere Schritte folgen. Und da blockiert diese Bundesregierung. Ob länderbezogene Offenlegungspflichten oder Verhinderung von Steuerge- staltung bei der Ausnutzung der Schlupflöcher der vor- handenen Doppelbesteuerungsabkommen: Diese Bun- desregierung offenbart immer wieder ein viel zu offenes Ohr für die Vorstellungen der internationalen Konzerne, anstatt Rücksicht zu nehmen auf diejenigen, die den wirtschaftlichen Erfolg in Deutschland ausmachen: den Mittelstand. Das wollen wir Grünen ändern. Dr. Nils Schmid, Minister (Baden-Württemberg): Schätzungen zufolge entgehen dem Staat jährlich 50 bis 100 Milliarden Euro durch Steuerhinterziehung. Dieser Betrug am Gemeinwesen ist zugleich ein Schlag ins Ge- sicht für alle ehrlichen Steuerzahler in diesem Land. Deshalb muss eines unmissverständlich gelten: Dieje- nigen, die das Gemeinwesen stützen und finanzieren, verdienen Schutz: Der ehrliche Steuerzahler darf nicht der Dumme sein. Dafür muss Steuerhinterziehung wirksam bekämpft und konsequent sanktioniert werden. Das erfordert auch eine Angleichung der Fristen, innerhalb derer die straf- rechtliche Verfolgung von Steuerhinterziehung und die Festsetzung der verkürzten Steuern möglich sind. Bislang können nur die besonders schweren Fälle ei- ner Steuerhinterziehung über einen Zeitraum von zehn Jahren strafrechtlich geahndet werden. Ansonsten tritt die Strafverfolgungsverjährung derzeit bereits fünf Jahre nach der Tat ein. Anders die steuerrechtlichen Vorschriften. Mit Strafe rechnen muss ein Steuerhinterzieher in der Regel zwar n a s d G fä a z Z V b d H d e u a J J ru p g s h E w ti te s e e A d H w h n d s lä la (C (D ur fünf Jahre lang, die hinterzogenen Steuern muss er ber in jedem Fall für die letzten zehn Jahre nachzahlen. Dieses Auseinanderfallen der steuerlichen und der trafrechtlichen Verjährung ist unverständlich, unbefrie- igend und ungerecht, und zwar gleich aus mehreren ründen: Zum einen weisen gerade die Hinterziehungs- lle mit Auslandsbezug einen erheblichen Unwertgehalt uf. Wer Kapitalerträge hinterzieht, sollte deshalb auch ehn Jahre strafrechtlich dafür belangt werden können. um anderen widerspricht das Auseinanderfallen der erjährungsfristen diametral dem Ziel des Schwarzgeld- ekämpfungsgesetzes aus dem Jahr 2011: Straffrei soll er ausgehen, der „reinen Tisch macht“. Das Auseinanderfallen führt aber dazu, dass auch der interzieher durch eine Selbstanzeige straffrei ausgeht, er die Vergangenheit nicht vollständig bereinigt. Denn ine Selbstanzeige muss sich nur auf die strafrechtlich nverjährten Zeiträume erstrecken, um wirksam zu sein, lso bei einfacher Steuerhinterziehung derzeit auf fünf ahre. Die Festsetzung der hinterzogenen Steuern für frühere ahre wird so aber stark erschwert. Denn die Besteue- ngsgrundlagen für diese Jahre müssen vom Steuer- flichtigen nicht mitgeteilt und deshalb vom Finanzamt eschätzt werden. All dies zeigt: Eine Verlängerung der Frist für die trafrechtliche Verfolgung von allen Fällen einer Steuer- interziehung auf zehn Jahre ist unbedingt erforderlich. Dagegen werden allerlei Bedenken vorgebracht. Doch es bedarf an dieser Stelle der grundsätzlichen ntscheidung: Wollen wir den ehrlichen Steuerzahler irksam vor dem Steuerbetrug schützen, und wie effek- v soll dieser Schutz sein? Und die Antwort kann nur lauten: Ja, mit allen Mit- ln, die uns der Rechtsstaat in die Hand gibt. Denn un- er Gemeinwesen funktioniert nur, wenn sich alle Steu- rpflichtigen an seiner Finanzierung beteiligen. Eine Ausweitung der Strafverfolgung ist deshalb eine ntscheidende Frage der Gerechtigkeit. nlage 29 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Entwürfe: Gesetz zur Ände- rung des Handelsgesetzbuchs (Tagesordnungs- punkt 28) Dr. Stephan Harbarth (CDU/CSU): Wir verabschie- en heute den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des andelsgesetzbuchs. Mit diesem Gesetzentwurf wollen ir das Ordnungsgeldverfahren bei Verstößen gegen die andelsregisterrechtlichen Offenlegungspflichten klei- er und kleinster Kapitalgesellschaften an die Realitäten ieser Unternehmenswelt anpassen. Wir wollen mit die- em Gesetz entbürokratisieren und die Verfahrensab- ufe bei der Offenlegung von Rechnungslegungsunter- gen erleichtern. 32392 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 (A) ) )(B) Nach fünf Jahren Geltung des EHUG hat der Deut- sche Bundestag in seiner Entschließung vom 29. No- vember 2012 (Drucksache 17/11702) festgestellt, dass etwaiger Änderungsbedarf an dem seit 2006 geltenden Ordnungsgeldverfahren zu prüfen war. Der jetzige Ge- setzentwurf ist das Ergebnis der Entschließung des Bun- destages. Damit soll dem rechtspolitischen Änderungs- bedarf Rechnung getragen werden. Im Wesentlichen greift der Entwurf drei Anliegen auf: Erstens sollen die Mindestordnungsgelder für Kleinst- kapitalgesellschaften und kleine Kapitalgesellschaften deutlich gesenkt werden, wenn diese Unternehmen am Verfahren der Offenlegung ihrer Rechnungsunterlagen mitwirken. Die Senkung der Mindestordnungsgelder für Unternehmen, die am Verfahren der Offenlegung in Form der elektronischen Hinterlegung ihrer Bilanz beim Bundesanzeiger mitwirken, soll für den Rechtsverkehr Transparenz schaffen und gleichzeitig für die Unterneh- men einen Offenlegungsanreiz darstellen. Nach derzeit geltendem Recht beträgt das Mindestordnungsgeld un- abhängig von der Unternehmensgröße stets 2 500 Euro. Nach dem Koalitionsentwurf soll das Mindestordnungs- geld für Kleinstkapitalgesellschaften auf 500 Euro ge- senkt werden. Zweitens werden Fragen zum Verschulden und der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand geregelt. Damit können unbillige Härten durch knappe Fristen aufgefan- gen werden. Das Instrument der Wiedereinsetzung würde dem Bundesamt die Möglichkeit geben, den Be- sonderheiten des Einzelfalles besser als bisher gerecht zu werden. So kann künftig ein Ordnungsgeld festgesetzt werden, wenn das Unternehmen tatsächlich ein Verschulden trifft. Um unbillige Härten zu vermeiden, kann zum Bei- spiel der Alleingeschäftsführer, der an der Offenlegung durch eine längere Erkrankung gehindert war, innerhalb von zwei Wochen nach Wegfall dieses Hindernisses Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragen. Drittens soll ein gerichtliches Verfahren geschaffen werden, um eine einheitliche Rechtsprechung in Ord- nungsgeldverfahren zu erreichen. Zwar sieht das Gesetz schon jetzt vor, dass nur das für den Sitz des Bundesam- tes für Justiz zuständige Landgericht Bonn über Be- schwerden gegen Ordnungsgeldentscheidungen des Bundesamtes zu entscheiden hat. Die große Zahl der Verfahren und die Befassung mehrerer Kammern des Landgerichts haben in den vergangenen Jahren jedoch in wichtigen Einzelfragen zu einer uneinheitlichen Recht- sprechung geführt. Ziel ist es, ein Verfahren zu schaffen, durch das bei- spielsweise bei einer Divergenz zwischen einzelnen Kammern im Interesse der Rechtssicherheit eine einheit- liche Rechtsprechung erreicht wird. Mit dem Koalitionsentwurf haben wir einen ausge- wogenen Kompromiss zwischen den widerstreitenden Interessen der Erleichterung für Unternehmen im Ord- nungsgeldverfahren sowie der bewährten Publizitätser- fordernisse gefunden. te d k s c d w P P m a 9 re d v n re u B ru e J 2 M d ru G n d M u v s li s c te k d e in J n n b R g E in h fe (C (D Mit diesem Gesetzentwurf werden wir unbillige Här- n im Ordnungsgeldverfahren des elektronischen Han- els- und Unternehmensregisters künftig vermeiden und leine Kapitalgesellschaften sowie Kleinstkapitalgesell- chaften insgesamt stärken. Es freut mich sehr, dass die Änderungen zur Vereinfa- hung im Bereich der kleinen Unternehmen führen wer- en. Ich bin davon überzeugt, dass dies ein richtiger und ichtiger Schritt ist. Ingo Egloff (SPD): Alle Kapitalgesellschaften und ersonenhandelsgesellschaften ohne haftende natürliche erson wie die GmbH und Co. KG müssen ihren kauf- ännischen Jahresabschluss im elektronischen Bundes- nzeiger offenlegen oder mindestens dort hinterlegen. 0 Prozent der Unternehmen kommen diesen Pflichten ibungslos nach. In den letzten Jahren gab es öfter Ver- russ, wenn kleine Unternehmen gegen diese Pflicht erstoßen haben. Das Bundesamt für Justiz musste dann ach § 335 HGB ein Ordnungsgeldverfahren durchfüh- n. Das Ordnungsgeld beträgt mindestens 2 500 Euro nd höchstens 25 000 Euro. Bereits bei den Beratungen zum MicroBilG hatte der undesrat geringere Bußgeldhöhen bei sogenannten henden Gesellschaften gefordert. Die Grünen haben in inem Antrag mehr Ermessen des Bundesamtes der ustiz und generell geringere Bußgeldhöhen – 250 statt 500 Euro – gefordert. Schließlich wurde das icroBilG aber ohne derartige Änderungen verabschie- et. Die Koalitionsfraktionen haben jedoch die Regie- ng in einem Entschließungsantrag aufgefordert, einen esetzentwurf mit Erleichterungen hinsichtlich Ord- ungsgeldhöhe und Verfahren sowie mit Regelungen, ie eine einheitliche Rechtsprechung ermöglichen, bis ärz 2013 vorzulegen. Der Gesetzentwurf setzt diesen Antrag nur halbherzig m. Vor allem soll es bei dem Mindestbußgeld in Höhe on 2 500 Euro bleiben. Es soll auch weiterhin möglich ein, dass nachträglich – also nach Erfüllung der gesetz- chen Pflicht – angedrohte Ordnungsgelder auch festge- etzt werden. Dies hat in der Vergangenheit verständli- herweise zu Akzeptanzproblemen geführt. In der Anhörung haben mehrere Sachverständige, un- r anderem die Vertreterin von Bundessteuerberater- ammer, DGRV, DIHK und ZDH wie auch der Vertreter er Wirtschaftsprüferkammer und der IHK Stuttgart, für in niedrigeres Mindestordnungsgeld plädiert. Es wurde der Anhörung festgestellt, dass das Bundesamt für ustiz ein bisher durch Verweisung im Gesetz vorgesehe- es Ermessen zur Herabsetzung der Ordnungsgelder icht erkannt hatte. Insgesamt ist das Verfahren überzogen und soll es leiben. Wir hatten mit unserem Änderungsantrag im echtsausschuss vorgeschlagen, das Mindestordnungs- eld von 2 500 Euro auf 500 Euro herabzusetzen, dem inspruch eine aufschiebende Wirkung zu verleihen und der Folge eine ausdrückliche Ermessensregel vorzuse- en. Dazu verlangen wir, keine Ordnungsgelder mehr stzusetzen, wenn die Offenlegung erfolgt ist, und bes- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32393 (A) ) )(B) sere Möglichkeiten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu schaffen. Die nachträgliche Herabsetzung des Ordnungsgeldes stellt eine unnötige Verkomplizierung des Verfahrens dar, die bisher nur deshalb geboten war, weil die Ord- nungsgelder unangemessen hoch angedroht wurden. Sie könnte entfallen, wenn unseren Forderungen gefolgt würde. Wir fordern außerdem, die Rechtsbeschwerde ohne Zulassung möglich zu machen. Wir haben feststellen müssen, dass beim Bundesamt für Justiz eine „Flucht aus dem Ermessen“ stattgefunden hat. Wir fordern das Bundesministerium für Justiz des- halb auf, dafür zu sorgen, dass das Bundesamt für Justiz bei der Vollstreckung von Altfällen das in der Bundes- haushaltsordnung eingeräumte Ermessen auch tatsäch- lich ausübt. Sollte das Personal nicht ausreichen, wie der Vertreter des Bundesamtes für Justiz in der Anhörung ausführte, um hier Ermessensentscheidungen zu treffen, ist die Bundesregierung gefordert. Jedenfalls kann das Bundesamt die vom Gesetzgeber in § 379 FamFG vorge- sehene Ermessensregel nicht eigenmächtig außer Kraft setzen. Marco Buschmann (FDP): Wir legen Ihnen heute in zweiter und dritter Lesung den Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen zur Reform des Ordnungsgeldver- fahrens des elektronischen Handels- und Unternehmens- registers vor. Seit dem Jahr 2007 kommt dem Bundesamt für Justiz die Aufgabe zu, Unternehmen zu ihrer Verpflichtung zur Offenlegung des Jahresabschlusses mittels Ordnungs- geldverfahren anzuhalten. Die Sanktionierung der Of- fenlegungspflicht über das Ordnungsgeldverfahren hat sich im Grundsatz bewährt. Die Offenlegungsquote liegt bei über 90 Prozent. Zu Problemen kommt es aber immer wieder bei klei- nen und Kleinstkapitalgesellschaften, weil hier vielleicht nur der Geschäftsführer alleine tätig ist, weil er erkrankt oder das Verfahren schlicht ohne böse Absicht übersieht. Mit dem hier vorliegenden Gesetzentwurf passen wir nun das Ordnungsgeldverfahren bei Verstößen gegen die handelsregisterrechtlichen Offenlegungspflichten im In- teresse dieser kleinen und kleinsten Kapitalgesellschaf- ten an. Damit wollen wir der Lebenswirklichkeit des Mittelstandes in unserem Land entgegenkommen, ohne aber die Offenlegungsquote zu gefährden. Dies ist also ein weiterer Schritt der Rechtspolitik – wie zuletzt beim MicroBilG – zur Entlastung unseres Mittelstandes von Bürokratie. Dieses Ziel erreichen wir im Kern mit drei Maßnah- men des vorliegenden Gesetzentwurfes: Wir senken im Ergebnis die Ordnungsgelder ab. Für kleine Kapitalgesellschaften kann künftig ein Betrag von 1 000 Euro und für Kleinstkapitalgesellschaften sogar nur von 500 Euro statt bislang 2 500 Euro festgesetzt werden. Voraussetzung ist allerdings ein Mindestmaß an Mitwirkung im Verfahren. Diese ermäßigten Ordnungs- gelder sind hoch genug, um gerade bei kleineren Gesell- s e g p lä U n d S h n c d B b z s O li H M R Ih S ta h U d H u ru R S e d b F z Z s o ta H w s a d m w In s (C (D chaften genügend Motivation zur Pflichterfüllung zu ntfalten. Wir führen zudem die Wiedereinsetzung in den vori- en Stand ein. Das ist insbesondere in Fällen äußerst raxisrelevant, in denen der Alleingeschäftsführer für ngere Zeit erkrankt oder einen schweren Unfall hatte. m unbillige Härten zu vermeiden, kann er künftig in- erhalb von zwei Wochen nach seiner Genesung Wie- ereinsetzung in den vorigen Stand beantragen, um einer anktionierung zu entgehen. Einen entscheidenden Beitrag zu mehr Rechtssicher- eit leistet der Gesetzentwurf mit der Einführung eines euen Verfahrens zur Vereinheitlichung der Rechtspre- hung im Ordnungsgeldverfahren. Künftig soll gegen ie Entscheidungen des einzig zuständigen Landgerichts onn das Rechtsmittel der zulassungsbedürftigen Rechts- eschwerde zum OLG Köln gegeben sein. So können wischen verschiedenen Kammern divergierende Recht- prechungen eingefangen und grundsätzliche Fragen des rdnungsgeldverfahrens geklärt werden. Mit diesem Gesetzentwurf werden wir künftig unbil- ge Härten im Ordnungsgeldverfahren des elektronischen andels- und Unternehmensregisters vermeiden und den ittelstand durch den Abbau von Bürokratie und mehr echtssicherheit insgesamt stärken. Daher werbe ich um re Zustimmung. Richard Pitterle (DIE LINKE): Die Linke ist, wie ie unserem am 16. Juni 2013 beschlossenen Bundes- gswahlprogramm „100 Prozent sozial“ entnommen aben, für die Förderung von kleinen und mittleren nternehmen und für Bürokratieabbau. Sie setzt sich für en Schutz der Schwachen, der Unerfahrenen ein: ierzu zählen beispielsweise Existenzgründer, Klein- nd Kleinstunternehmerinnen und -unternehmer. Wenn man ihnen mit der Erfüllung ihrer Buchfüh- ngspflichten, § 238 HGB, viel Zeit lässt – in diese ichtung geht Ihr Gesetzentwurf mit der geplanten enkung der Ordnungsgelder –, erweist man ihnen damit inen Bärendienst. Denn spätestens in der Insolvenz rohen harte Konsequenzen: Verletzungen der Pflichten ei Buchführung oder Bilanzierung, hierzu zählen auch ristversäumnisse, werden mit Freiheitsstrafe bis zu wei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, § 283 b Abs. 1 iffer 3 b StGB. Diese Gefahr besteht besonders bei Kapitalgesell- chaften. Es ist so leicht geworden, als Existenzgründer der Kleinunternehmerin und -unternehmer eine Kapi- lgesellschaft zu gründen, mit der die persönliche aftung für die Schulden des Unternehmens verhindert erden kann. Doch gerade wegen der Haftungsbe- chränkung muss man hier besonders auf die Einhaltung ller Pflichten achten, um nicht in die Gefahr zu geraten, och unvermittelt privat für die Schulden des Unterneh- ens zu haften. Denn bei einer Kapitalgesellschaft ist egen des festen Grundkapitals tendenziell viel früher solvenz anzumelden als bei einer Personengesell- chaft. 32394 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 (A) ) )(B) Mein zweiter Kritikpunkt, über den ich heute Abend sprechen will, ist Ihre Ungleichbehandlung von Klein- und mittelständischen Unternehmen auf der einen Seite und Großunternehmen auf der anderen Seite. Wenn Großunternehmen zwar rechtzeitig ihre Bilanzen veröf- fentlichen, diese aber falsch sind, hat das keine Sanktio- nen zur Folge. Wenn ein Unternehmen jedoch verspätet Bilanzzahlen veröffentlicht, die aber korrekt sind, wird es bestraft und muss zahlen. Diese unterschiedliche Be- handlung passt für mich nicht zusammen. Denn falsche Zahlen halte ich für wesentlich schlimmer als verspätet eingereichte korrekte Bilanzzahlen. Mit dieser Einschätzung stehen wir nicht allein: Auch die Wertpapieraufsichtsbehörde in den USA, die SEC, teilt unsere Meinung und legt Unternehmen hohe Strafen auf, die ihre Bilanz nachträglich korrigieren müssen. Es geht hier übrigens nicht um Randfälle. Immerhin sind nach den langjährigen Erfahrungen der Deutschen Prüf- stelle für Rechnungslegung rund 25 Prozent der Bilan- zen kapitalmarktorientierter Unternehmen in Deutsch- land falsch. Die gravierende Ungleichbehandlung bei Fehlern von Klein- und mittelständischen Unternehmen im Vergleich zu Fehlern von Großunternehmen zeigt einmal mehr, wer Interessenvertreter der kleinen und mittelständischen Unternehmen ist und wer für die Inte- ressen der Großunternehmen eintritt. Wäre es nicht konsequenter, statt Ordnungsgelder für Unternehmen zu verlangen, die die Offenlegungsfrist überschritten haben, die säumigen Unternehmen in ei- nem Register zu erfassen, das öffentlich zur Verfügung steht? Damit wird nicht nur Transparenz geschaffen, sondern auch eine wichtige Schutzfunktion für alle erfüllt: Jeder Lieferant und jeder Kunde weiß, wie das Unternehmen mit seinen gesetzlichen Verpflichtungen umgeht und der betreffende Unternehmer weiß, dass alle wissen, dass er seiner Pflicht zur Rechnungslegung immer noch nicht nachgekommen ist. Mit dieser Öffent- lichkeit kann mehr Druck aufgebaut werden, rechtzeitig Bilanzen offenzulegen, als mit der nichtöffentlichen Verhängung von niedrigen Ordnungsgeldern. Beate Walter-Rosenheimer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): In den Ordnungsverfahren der Jahre 2009 und 2010 wurden laut Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage von uns Grünen 97 Prozent der Ordnungs- geldverfahren gegen kleine und Kleinstunternehmen ein- geleitet. Was bedeutet das? Gerade für kleine Unternehmen ist der buchhalteri- sche Aufwand und die Erstellung des Jahresabschlusses schwerer zu erfüllen als für mittlere und große Unterneh- men. Wir sprechen hier zum Beispiel von typischen kleinen Handwerksbetrieben mit nur wenigen oder gar keinen Angestellten. Wenn sie es nicht rechtzeitig, das heißt, spätestens ein Jahr nach Abschluss des Geschäfts- jahres, schaffen, ihre Rechnungsunterlagen einzurei- chen, dann kommt es dicke: Mindestens 2 500 Euro Ordnungsgeld sind die Konsequenz. 2 500 Euro sind für kleine Unternehmen wirklich happig. Das kann je nach Fall und Situation bis hin zur Existenzbedrohung gehen. a v J v w n v k d m A h n h te S p li le n U n tu Im s d d d s 1 d a rü b G n n d a 1 n p E E d v d N v s S (C (D Danach gefragt, was mittelständischen Unternehmen m ehesten helfen würde, haben 41 Prozent den Abbau on Bürokratie – Angabe des Bankenverbandes aus dem ahr 2012 – genannt. Bürokratieabbau muss genau da orangetrieben werden, wo es für die Praxis wirklich ichtig und entscheidend ist. Dass endlich bei den Ord- ungsgeldern angesetzt wird, war schon lange überfällig. Das konnten nun auch die Kolleginnen und Kollegen on CDU/CSU und FDP nicht länger ignorieren. Jetzt, urz vor knapp, soll der Gesetzentwurf zur Änderung es Handelsgesetzbuches kleine und Kleinstunterneh- en entlasten. Die Inspiration durch unseren damaligen ntrag ist überdeutlich. Das freut uns natürlich. In unserem Antrag vom Herbst vergangenen Jahres aben wir vorgeschlagen, ein deutlich geringeres Ord- ungsgeld einzuführen. Dabei haben wir als Mindest- öhe für Kleinstunternehmen 250 Euro und für Kleinun- rnehmen 500 Euro vorgeschlagen. Das ist aus unserer icht ausreichend abschreckend und kann ja immer noch rogressiv gestaltet werden. Darüber hinaus haben wir im vergangenen Jahr deut- ch gemacht, dass das Bundesamt für Justiz in Härtefäl- n auch nach Ermessen ganz von der Zahlung des Ord- ungsgeldes absehen können muss. Gerade in kleinen nternehmen kann es beispielsweise vorkommen, dass ur eine Person für die Rechnungslegung und Buchhal- ng verantwortlich ist und eine Vertretung nicht besteht. Krankheitsfall des Geschäftsführers bzw. der Ge- chäftsführerin kann sich die Einreichung der Bilanz rastisch verzögern. Für solche und ähnliche Fälle muss as Bundesamt für Justiz mehr Flexibilität beweisen und ie Besonderheiten von Klein- und Kleinstkapitalgesell- chaften entsprechend berücksichtigen. CDU/CSU und FDP gehen nun davon aus, dass 000 Euro für Kleinstunternehmen als Ordnungsgeld urchaus verträglich seien. Natürlich ist es besser, als lle pauschal mit 2 500 Euro oder mehr zu bestrafen; da- ber brauchen wir nicht zu diskutieren. Aber wir glau- en, dass auch eine geringere Summe bei progressiver estaltung ausreichen würde, um Unternehmen zur Ord- ung zu rufen. Und der Teufel steckt im Detail: Die geringeren Ord- ungsgelder im Entwurf von Schwarz-Gelb sollen nur ann greifen, sofern Unternehmen ihre „Pflicht, wenn uch verspätet“ erfüllt haben. Die Herabsetzung auf 000 Euro soll es also nur geben, wenn die Beteiligten ach Ablauf der Sechswochenfrist der Offenlegungs- flicht nachkommen. Das nützt ihnen aber nur, wenn es nicht vorher eine ntscheidung des Bundesamtes für Justiz gegeben hat. in Zeitpunkt dafür steht überhaupt nicht fest. Wenn also irekt nach Ablauf der sechs Wochen das Ordnungsgeld erhängt werden würde, gäbe es keine Chance mehr auf as geringere Ordnungsgeld. Das ist doch bürokratischer onsens wie er im zynischsten Gerhard-Polt-Sketch orkommen könnte. De facto wäre das in so einem Fall ogar eine Schlechterstellung gegenüber der jetzigen ituation. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32395 (A) ) )(B) Ernsthaft: Was haben Sie sich dabei gedacht? Mo- mentan kann das Ordnungsgeld auf 250 Euro herab- gesenkt werden, wenn die Frist geringfügig – und das heißt nach Rechtsprechung, zwei Wochen – überschrit- ten wurde. Die Mindesthöhe der grundsätzlich angesetzten Ord- nungsgelder soll nach dem Entwurf der Bundesregierung demnach für alle Kapitalgesellschaften, gleich welcher Größe, bestehen bleiben – nämlich bei 2 500 Euro. Diese Gleichbehandlung aller Unternehmensgrößen ist pau- schal und ungerecht. Zudem erscheint fraglich, inwiefern sich der Verwal- tungsaufwand durch diese Vorgehensweise erhöhen würde; denn so wird zunächst die Summe von 2 500 Euro angedroht, nur um dann bei verspäteter Zah- lung zu prüfen, ob nicht doch eine Senkung greifen könnte und, wenn ja, welche der drei Stufen zutreffen würde. Im Gesetzentwurf wird für Härtefälle weiterhin vor- geschlagen, dass Wiedereinsetzungsverfahren greifen sollen. Zunächst muss vonseiten der Unternehmerinnen und Unternehmer glaubhaft geschildert werden, dass ein wirklich unverschuldetes Hindernis der rechtzeitigen Offenlegung entgegenstand. Wenn das Bundesamt für Justiz der Erklärung Glauben schenkt, gibt es eine zu- sätzliche sechswöchige Nachfrist, die mit dem Wegfall des Hindernisses startet. In so einem Fall soll das Ord- nungsgeld entfallen. Allerdings halte ich die angedachte Frist, in der ein solcher Wiedereinsetzungsantrag gestellt werden kann, für alles andere als praktikabel. Betroffene müssen spä- testens zwei Wochen nach Ende des Hindernisgrundes einen solchen Antrag stellen. Nach einer langen, schwe- ren Krankheit sofort an die unverzügliche Antragsstel- lung zu denken, ist zu rational, zu lebensfern gedacht. Stellen Sie sich doch nur im Ansatz vor, was sich unter solchen Umständen an Unterlagen und Arbeit aufstaut! Hier hätten wir uns mehr Rücksicht und Bürgernähe er- wartet. Eine längere Frist hätte es wirklich auch getan. Übrigens ist in dem Entwurf auch überhaupt keine Rücksicht auf Fälle genommen worden, in denen das Einreichen der Unterlagen faktisch unmöglich geworden ist. Es wurde zum Beispiel von Fällen berichtet, in denen durch Brände sämtliche Unterlagen zerstört wurden, so- dass der Jahresabschluss nicht erstellt werden kann – auch in der Zukunft nicht. Oder ganz aktuell hat ja auch das Hochwasser verheerende Schäden angerichtet. Sol- che Fälle beachten Sie von der CDU/CSU und FDP nicht ansatzweise, obwohl Sie von verschiedenen Seiten darauf aufmerksam gemacht wurden – zuletzt in der öffentlichen Anhörung des Rechtsausschusses. Die Kon- sequenz ist: Betroffene, die vermutlich ohnehin schon Sorgen genug haben, werden mit Ordnungsgeldbeschei- den ohne Ende „beglückt“. Im Fazit stehen wir also einem Gesetzentwurf gegen- über, der alles andere als abgerundet ist. Ja, er lässt sogar in manchen Teilen eine Schlechterstellung befürchten. Ich hätte mir gewünscht, dass wenn Sie von CDU/CSU und FDP sich schon von unserem Antrag inspirieren la a d g d z w k A b B B G ü Z lu n G g u B v lu B e g E v s k b im n n s s c w s d m k s h E (C (D ssen, es auch bis zum Ende durchziehen und richtig bschreiben. Aber nein, stattdessen sind wir jetzt mit iesem unausgegorenen Entwurf konfrontiert, demge- enüber es nicht nur von uns, sondern auch von Verbän- en und Menschen aus der Praxis Kritik hagelt, und war zu Recht: Gerade die Feinheiten erscheinen uns eit weg von der Lebensrealität der Menschen. Deshalb önnen wir hier nicht zustimmen. nlage 30 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts zu den Unterrichtungen: Fortschritts- bericht 2012 zur nationalen Nachhaltigkeits- strategie (Tagesordnungspunkt 32 und Zusatz- tagesordnungspunkt 14) Andreas Jung (Konstanz) (CDU/CSU): Diese De- atte zum Ende der Legislaturperiode gibt uns Anlass, ilanz und Ausblick der Arbeit des Parlamentarischen eirates für nachhaltige Entwicklung zu diskutieren. Die Arbeit unseres mit 22 Abgeordneten besetzen remiums ist gekennzeichnet vom Bemühen um einen berfraktionellen Konsens. In der ganz überwiegenden ahl der Fälle ist es uns auch in dieser Wahlperiode ge- ngen, dieses Konsensprinzip zu verwirklichen. Damit immt der PBNE eine Sonderstellung im Parlament ein. rund für dieses konsensuale Denken ist zum einen ein emeinsames Verständnis des Gebots der Nachhaltigkeit nd zum anderen die Einsicht, dass breit getragene eschlüsse unseren Initiativen ein stärkeres Gewicht erleihen. Der Parlamentarische Beirat für nachhaltige Entwick- ng besteht jetzt in der dritten Legislaturperiode. Der eirat hat sich damit seinen festen Platz im Parlament rarbeitet. Nach unserer gemeinsamen Auffassung ist es eboten, den Parlamentarischen Beirat für nachhaltige ntwicklung in der kommenden Legislaturperiode zu erstetigen und ihn in der Geschäftsordnung des Deut- chen Bundestages fest zu verankern. Denn Nachhaltig- eit ist kein Modebegriff, sondern ein dauerhaftes Ge- ot. Und deshalb wird es auch dauerhaft ein Gremium Deutschen Bundestag brauchen, das sich dem Gebot achhaltiger Entwicklung als Querschnittsaufgabe an- immt. Nach unserem Verständnis ist Nachhaltigkeit mit einer ökologischen, seiner ökonomischen und seiner ozialen Dimension die Wurzel, aus der alle Politikberei- he erwachsen, die gemeinsame Klammer, das Dach – ie auch immer man es ausdrücken möchte. Diesem Verständnis folgt auch die Nachhaltigkeits- trategie der Bundesregierung. Aus ihr heraus werden ie jeweiligen Fachpolitiken entwickelt. Der PBNE ist it der parlamentarischen Begleitung dieser Nachhaltig- eitsstrategie durch den Einsetzungsbeschluss des Deut- chen Bundestags beauftragt. In den vergangenen Jahren aben wir diese Aufgabe mit Nachdruck und großem ngagement versehen. Dies kommt zum Ausdruck 32396 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 (A) ) )(B) durch detaillierte Stellungnahmen zu den regelmäßigen Fortschrittsberichten. Wir empfehlen dem Bundestag, in der kommenden Wahlperiode den PBNE federführend mit der Begleitung der nationalen Nachhaltigkeitsstrate- gie zu beauftragen. Dasselbe gilt für die europäische Nachhaltigkeitsstrategie. Auch diese Federführung folgt dem Verständnis von Nachhaltigkeit als Querschnittsauf- gabe. Nachhaltigkeit ist keine Unterabteilung der Ökolo- gie. Deshalb sollte auch der Nachhaltigkeitsbeirat im Hinblick auf seine parlamentarischen Rechte nicht auf den Umweltausschuss als „Patenausschuss“ verwiesen sein. Der PBNE pflegt eine intensive Zusammenarbeit mit dem vom Bundesminister im Bundeskanzleramt koordi- nierten Staatssekretärsausschuss sowie mit dem Rat für Nachhaltige Entwicklung als unabhängigem Beratergre- mium der Bundesregierung. Diese Zusammenarbeit hat sich in den vergangenen Jahren als erfolgreich erwiesen. Defizite sehen wir noch in der Verzahnung der Imple- mentierung der Grundsätze nachhaltiger Entwicklung mit den Ländern einerseits und der Europäischen Union andererseits. Nur ein intensives Zusammenwirken aller Ebenen kann dem Gebot nachhaltiger Entwicklung letzt- lich umfassend zum Durchbruch verhelfen. Seit dieser Legislaturperiode führt der PBNE eine for- male Nachhaltigkeitsprüfung durch. Das bedeutet, dass jeder Gesetzentwurf und jede Verordnung auf seine lang- fristige Wirkung für kommende Generationen anhand konkreter Richtlinien überprüft wird. Zum Abschluss der Legislaturperiode ziehen wir ein positives Resümee: Mussten wir am Anfang in etlichen Fällen die Verant- wortlichen „ermahnen“, die ökologischen, ökonomi- schen und sozialen Auswirkungen auf kommende Gene- rationen zu benennen, ist dies heute kaum noch nötig. Wir haben aber auch bemerkt, dass die formale Geset- zesfolgenabschätzung an seine Grenzen stößt und erwei- tert werden muss. Denn eine formale Prüfung erlaubt das korrekte Einhalten des Verfahrens. Um aber die Geset- zesfolgen in vollem Umfang abschätzen zu können, ist eine qualitative Prüfung notwendig. Neben dieser parlamentarischen Arbeit ist es dem PBNE ein Anliegen, mit Anhörungen und Stellungnah- men zu wichtigen Teilbereichen nachhaltiger Entwick- lung die politische Debatte zu befruchten, Einfluss auf mittel- und langfristige Politikentwürfe zu nehmen und die Bundesregierung in dieser Hinsicht anzuspornen. Beispielhaft seien die Initiativen zu nachhaltiger Mobili- tät und zur Flächeninanspruchnahme genannt. Nachhaltige Entwicklung braucht schließlich ein brei- tes Fundament und muss deshalb fest gesellschaftlich verankert sein. Der PBNE sieht es deshalb auch als seine Aufgabe an – im Rahmen seiner Möglichkeiten und ne- ben der Arbeit des RNE, dem dies originär zukommt –, die gesellschaftliche Debatte über nachhaltige Entwick- lung zu befördern. Hierzu haben wir zum Beispiel dem Bundestagspräsidenten vorgeschlagen, einen Filmpreis für den besten Film zu Nachhaltigkeit auszuloben. Diese Anregung hat der Präsident aufgegriffen, und es konnte unter zahlreichen Bewerbungen ein Film ausgewählt und u w la a in N h P h P in m d ru s In ru b e d a w g p b z d d G in 2 B e W D s N te m m w s s d fa n W d S ri b (C (D nter anderem auch im Deutschen Bundestag gezeigt erden. All diese Aktivitäten gilt es in der kommenden Legis- turperiode fortzuführen. Nachhaltigkeit ist eine Dauer- ufgabe und die Implementierung langfristigen Denkens den parlamentarischen Alltag eine immerwährende otwendigkeit, die der PBNE sozusagen als „Wach- und“ kontrolliert. Den Kolleginnen und Kollegen aller Fraktionen im BNE danke ich für die menschlich angenehme und in- altlich konstruktive Arbeit. Marcus Weinberg (Hamburg) (CDU/CSU): Der arlamentarische Beirat für nachhaltige Entwicklung hat den zurückliegenden vier Jahren kontinuierlich und it wichtigen Maßnahmen zur konkreten Ausgestaltung er nationalen Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregie- ng weiter beigetragen, und zwar auf allen Ebenen eines Auftrags: neue Zieldefinitionen und treffsichere dikatoren, Positionspapiere und Gutachten, Stabilisie- ng und weitere Vernetzung der mit Nachhaltigkeit efassten politischen Akteure, vor allem auf Parlaments- bene. Das Projekt Nachhaltigkeit ist nicht nur in den Hän- en dieser Regierung, sondern auch des Parlaments gut ufgehoben. Dessen konkrete Ausgestaltung kommt eiterhin zielstrebig und parlamentarisch im Konsens ut voran. Es ist also Zeit, hier zum Ende der Legislatur- eriode noch einmal die Schwerpunkte des Forschungs- erichts 2012, aber auch den Arbeitsbericht des Beirats u resümieren. Der Fortschrittsbericht ist inzwischen zum Rückgrat er nationalen Nachhaltigkeitsstrategie geworden, die ie Bundesregierung seit 2002 verfolgt. Er steht für die estaltungsdynamik und Kontinuität, die diese Strategie zwischen gewonnen hat. Mit dem Forschungsbericht 012 wurde nun schon zum dritten Mal eine umfassende estandsaufnahme zur Nachhaltigkeit in Deutschland rarbeitet und dem Parlament zur Diskussion vorgestellt. ie ist es also bestellt um die Nachhaltigkeit in eutschland heute? Die Wahrung der Nachhaltigkeit ist eines der politi- chen Leitprinzipien der Bundesregierung. Worauf zielt achhaltigkeit? Seit Carl von Carlowitz, einem der Vä- r des Nachhaltigkeitsdenkens, gilt: Jede Generation uss ihre Aufgaben lösen und darf sie nicht nachkom- enden Generationen aufbürden. Es ist unsere Aufgabe, irtschaftliche Leistungsfähigkeit, Umweltschutz und oziale Verantwortung so zusammenzuführen, dass un- ere Entscheidungen unter allen drei Gesichtspunkten auerhaft tragfähig sind. Der Fortschrittsbericht setzt im Rahmen dieses um- ssenden Auftrags eigene, zeitadäquate Schwerpunkte: achhaltiges Wirtschaften, Klima und Energie und asserpolitik. Aus dem immer noch aktuellen Anlass er Finanz- und Staatsschuldenkrise heraus und ganz im inne einer nachhaltigen Entwicklung hat sich der Be- cht zudem dezidiert mit der fiskalischen Nachhaltigkeit eschäftigt. Im Ergebnis führte dies zu dem zentralen Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32397 (A) ) )(B) Ziel der Bundesregierung, die öffentlichen Haushalte entschieden zu konsolidieren und die Verschuldung des Staates Schritt für Schritt zurückzuführen. In ihrem Fortschrittsbericht zeigt die Bundesregie- rung aber darüber hinaus auf, wie das Leitbild der Nachhaltigkeit in ihrer gesamten Politik konkret gestärkt werden soll – vom Flächenverbrauch über Fragen der Gesundheits- und Pflegepolitik bis hin zur Bildung. Ein wichtiger weiterer Teil dieses Berichts behandelt die Maßnahmen, mit denen im Zeitraum seit 2008 Nach- haltigkeit als Leitprinzip der Regierungspolitik auch or- ganisatorisch Schritt für Schritt gestärkt worden ist. Grundlegend ist das Managementkonzept der Nachhal- tigkeit, das auf drei Säulen aufbaut: Managementregeln, Indikatoren und Ziele, Monitoring. Allen, die sich politisch mit Nachhaltigkeit befassen, steht so ein Kom- pendium von Zielen, Regeln und Instrumenten zur Ver- fügung, mit dessen Hilfe der Stand und die Maßnahmen der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie auf breit gefä- cherter Grundlage diskutiert und bewertet werden kön- nen, ohne in die Gefahr des Ausuferns zu geraten. Der Bericht hat seine Schwerpunkte aus guten Grün- den bei den drei Themen „Nachhaltiges Wirtschaften“, „Klima und Energie“ und „Nachhaltige Wasserpolitik“ gesetzt. Er vernachlässigt zugleich aber keineswegs die laufende Berichterstattung zu weiteren wichtigen Poli- tikfeldern der Nachhaltigkeit, zum Beispiel zur nachhal- tigen Mobilität. Der Blick bleibt weiterhin offen für eventuelle Verlagerungen in den bisherigen Problem- schwerpunkten und das Auftauchen neuer Problemlagen mit Schwerpunktqualität. Die Quintessenz aus diesem Verfahren lautet: den bisher eingeschlagenen Weg des Nachhaltigkeitsmanagements weitergehen, aber dort, wo neuer Handlungsbedarf entsteht, dieses Management in seinen Grundlagen erweitern und stärken bzw. bereits bestehende Handlungsmöglichkeiten optimieren. Bei der Betrachtung der Indikatoren zeigt sich dage- gen aufs Ganze gesehen ein eher gemischtes, teils helles, teils dunkles Bild: Während einige Indikatoren nach der- zeitigem Stand ihre Zielstellung sicher erreichen werden oder bereits erreicht haben, zeigen andere an, dass hier noch erhebliche Anstrengungen aufzubringen sind, wenn das gesteckte Ziel erreicht oder zumindest eine Trendwende zum Besseren bewirkt werden soll. Dominant positive Entwicklungen gab es vor allem im Klimaschutz, bei den erneuerbaren Energien, der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, der Studienanfän- gerquote und der Erwerbstätigenquote Älterer. In ande- ren Prüfbereichen werden die gesteckten Ziele dagegen wohl verfehlt; zum Teil geht die Entwicklung sogar in die falsche Richtung. Dies gilt etwa für die Neuinan- spruchnahme von Flächen, die Entwicklung der Güter- transportintensität oder den Verdienstabstand zwischen Frauen und Männern. Bei der Ressourcen- und Energieproduktivität sowie bei der Mobilität, die in hohem Maße auf Rohstoffe und Energie angewiesen ist, sind ganz offensichtlich noch enorme Anstrengungen vonnöten, wenn wir die uns ge- setzten Ziele noch erreichen wollen. Die entsprechenden In w n d s m g n fü s te z d N S fa s ra Z w N d w S ru s e S n d c d le d la B 2 a n s w m m z re lu ri ü d E re (C (D dikatoren – Rohstoffeffizienz, Artenvielfalt und um- eltschonende Mobilität – sind im Berichtszeitraum icht besser geworden, sondern haben sich zu einem be- eutenden Teil sogar verschlechtert. In Fällen wie diesen darf es kein einfaches „Weiter o!“ geben. Auch in den Vorstandsetagen der Wirtschaft uss sich schneller als bisher geschehen die Überzeu- ung durchsetzen, dass nachhaltiges Wirtschaften nicht ur für ein gutes Gewissen, sondern auch und vor allem r steigende Erträge sorgt. Nachhaltigkeit und Gewinn- teigerung sind keine Gegensätze. Nachhaltigkeit bedeu- t Chancen – auch in ökonomischer Sicht. Risiken für unsere Zielstellungen und die darauf be- ogenen Indikatoren ergeben sich zusätzlich daraus, dass iese unter den Druck der vertikalen Integration der achhaltigkeitsstrategie geraten können. Aus unserer icht dürfen solche Integrationsmaßnahmen aber keines- lls dazu führen, bislang ehrgeizigere Ziele durch chwächere zu ersetzen. Schließlich und nicht zuletzt verweist der Bericht da- uf, dass es noch eine Reihe von Indikatoren gibt, deren ielschärfe durch Konkretisierung weiter verbessert erden sollte. Gleichwohl: Der Forschungsbericht zur nationalen achhaltigkeitsstrategie belegt aufs Ganze gesehen ein- rucksvoll, dass das Leitbild einer nachhaltigen Ent- icklung in Deutschland deutlich Fuß gefasst hat und chritt für Schritt an Boden gewinnt. Die Bundesregie- ng hat Nachhaltigkeit als politisches Leitsystem damit chon jetzt zum Erfolg gebracht. Der Forschungsbericht rzählt eine Erfolgsgeschichte. Das ist aber kein Grund, deshalb die Hände in den choß zu legen. Im Gegenteil: Je umfassender die natio- ale Nachhaltigkeitsstrategie weiter umgesetzt wird, esto mehr wird sie zum Motor unseres gesellschaftli- hen, wirtschaftlichen und politischen Fortschritts wer- en. Was lässt sich aus diesem Bericht für die Zukunft ab- iten? Zunächst und vor allem müssen die Indikatoren, ie wir derzeit anwenden, weiterentwickelt und in eine ngfristigere Perspektive gerückt werden. Dass die undesregierung vereinzelt bereits Perspektiven bis 050 in die Zielstellungen der Nachhaltungsstrategie ufgenommen hat, ist so gut wie richtig. Wie jedoch ge- erell in unserer von ständigem Wandel geprägten Zeit, o gilt auch hier, dass solche weit ausgreifenden Ziel- erte zum einen realistisch genug sein müssen, damit sie it den uns zur Verfügung stehenden Instrumenten zu- indest annähernd auch erreicht werden können, und um anderen sollten sie aber auch vorgreifend und hin- ichend ambitioniert genug sein, damit sie zur Entwick- ng neuer Instrumente anspornen. Die Nachhaltigkeitspolitik geht aber keineswegs da- n auf, Indikatoren festzulegen und deren Erreichen zu berprüfen. Letztlich geht es hier ganz praktisch darum, urch ein neues, nachhaltiges Alltagsverhalten aller die inhaltung der Nachhaltigkeitsziele und ihrer Indikato- n zu ermöglichen und zu diesem Zweck Kenntnisse 32398 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 (A) ) )(B) darüber zu gewinnen, wie das eigene Handeln diese Zielerreichung fördert bzw. gefährdet. Dies lässt sich am ehesten mit dem Blick von außen bewerkstelligen. Erst durch das Heraustreten aus den einzelnen Fachressorts gewinnen wir die notwendige Di- stanz zum betriebsblind machenden Detailreichtum des Tagesgeschäftes und die Fähigkeit, die Auswirkungen unseres Handelns auf alle drei Säulen der Nachhaltigkeit – Ökonomie, Ökologie und Soziales – als ganzheitlichen Vorgang wahrzunehmen und zu erkennen. Das, was für uns alle gilt, gilt erst recht für die Politik. Deshalb ist es mir auch ganz persönlich sehr wichtig, dass die Nachhaltigkeitspolitik des Parlaments in der bisherigen, erprobten Form auch in der kommenden Legislaturperiode – am besten nahtlos – fortgeführt wird. Ich sehe ansonsten die Gefahr, dass die notwen- dige Weiterentwicklung der Indikatoren, die die Nach- haltigkeitsstrategie von uns fordert, künftig allein von der Bundesregierung vorgenommen wird. Das Parlament, also die Abgeordneten, deren Haupt- aufgabe es neben der Gesetzgebung ist, das Regierungs- handeln zu kontrollieren und zum Besseren zu raten, könnte mit seinen Ausschüssen diese klassische Querschnittsaufgabe nicht bewältigen; denn wenn die Kontrolle der einzelnen Indikatoren dem jeweils ein- schlägigen Fachausschuss allein übertragen würde, ginge die Gesamtsicht verloren, die zwingend erforder- lich ist, wenn das komplexe Politikthema Nachhaltigkeit nicht in der Mühle kurzfristiger, tagesaktueller Partiku- larinteressen zermahlen werden soll. Ulrike Gottschalck (SPD): In den vergangenen Jahren haben wir uns im Parlamentarischen Beirat für Nachhaltige Entwicklung bemüht, im Sinne zukünftiger Generationen Gesetze und ihre Folgen abzuschätzen, Themen der Nachhaltigkeit zu diskutieren und manche Praxis kritisch zu hinterfragen. Wir sind uns fraktions- übergreifend einig: Ein Zurücklehnen darf es nicht ge- ben, das sind wir den nachfolgenden Generationen und auch uns selber schuldig. Wir brauchen ambitionierte Ziele in der Nachhaltig- keitspolitik und begrüßen daher die Weiterentwicklung unserer nationalen Nachhaltigkeitsstrategie. Wir begrü- ßen auch die Fortentwicklung des Indikatorensystems, mit dem wir in unserem Land versuchen, nachhaltige Entwicklung in vielen Bereichen zu messen. Wir wissen um die Megathemen, die uns in Zukunft beschäftigen werden, beispielsweise den Klimawandel und die demo- grafische Entwicklung. Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen im Beirat für Nachhaltige Entwicklung: es gehört auch zur Wahrheit, dass es in dieser Legislaturperiode, die sich nun dem Ende zuneigt, Punkte gab und gibt, bei denen wir uns trotz großen Bemühens und Konsensverfahren nicht einig waren und sind. Dazu gehörten die Arbeitsweise des Beirates und seine zukünftige Entwicklung. Wir von der SPD sind überzeugt, dass es ein „Weiter so“ mit uns nicht geben kann. Das Thema nachhaltige E te a n ta U d s M re z la fo im n w z b „ E m d n k g L h e a w g v ü d R z ü e s d Ö e w d ti F g ra la z A re u p b (C (D ntwicklung muss aufgewertet werden und sich präsen- r im Bundestag wiederfinden. Dies sieht im Übrigen uch Marlehn Thieme, die Vorsitzende des Rates für achhaltige Entwicklung, so, die einen eigenen Bundes- gsausschuss fordert. Genau dies möchten wir auch. nsere Vorstellungen gehen in Richtung eines Bürger- ialogausschusses, um verstärkt für Nachhaltigkeit zu ensibilisieren und die Bürgerinnen und Bürger zum itmachen zu animieren. Kritisch sehen wir auch die in formelle Prüfung von Gesetzen, denn bei Gesetzen ählen die Inhalte, und daher ist in der nächsten Legis- tur eine inhaltliche Prüfung von Gesetzen dringend er- rderlich. Im Hinblick auf die bisherige Konsensarbeit Beirat haben wir nach langen Verhandlungen nun ei- er gemeinsamen Ausschussentschließung zugestimmt, eil unser Wunsch, den Dialog mit der Zivilgesellschaft u intensivieren, aufgenommen wurde. Auch für die Ein- eziehung der Ergebnisse der Enquete-Kommission Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität“ haben wir mit rfolg gestritten. Wir hätten uns allerdings ein wenig ehr Mut von Union und FDP gewünscht, damit sich as Parlament in der 18. Wahlperiode verstärkt mit der achhaltigen Entwicklung unseres Landes beschäftigen ann. Für meine Fraktion darf ich ankündigen, dass wir enau dies tun werden und Ihnen zu Beginn der nächsten egislaturperiode unser Konzept zur Stärkung der nach- altigen Entwicklung vorlegen werden. Wir begrüßen, dass es auch in der neuen Legislatur in Nachhaltigkeitsgremium geben wird, verhehlen aber uch nicht unsere Skepsis. Es wird noch viel Arbeit not- endig sein, damit wir von einer rein formellen, oft er- ebnislosen Gesetzesfolgenabschätzung hin zum Prüfen on Inhalten kommen. Es geht darum, die Diskussionen ber Nachhaltigkeit in der Gesellschaft aufzugreifen und en Beirat von einem „zahnlosen Papiertiger“ in die olle eines aktiven Gestalters dieser Diskussion weiter- uentwickeln. Dafür müssen wir auch die Arbeitsweise des Beirats berdenken. Expertinnen und Experten einzuladen ist ine feine Sache, aber die Ergebnisse unserer Gespräche ollten auch für andere sichtbar werden. Deshalb plädiert ie SPD an dieser Stelle dafür, eine deutlich aktivere ffentlichkeitsarbeit zu betreiben und den Beirat fortzu- ntwickeln. Wir dürfen uns vor dieser Diskussion nicht egducken und sollten sie schnellstmöglich zu Beginn er 18. Wahlperiode aufnehmen – im Sinne der Nachhal- gkeit. Michael Kauch (FDP): Wir debattieren neben dem ortschrittsbericht zur nationalen Nachhaltigkeitsstrate- ie auch den Arbeitsbericht des Parlamentarischen Bei- ts für nachhaltige Entwicklung. Dies ist ein guter An- ss, um Bilanz über unsere Arbeit in dieser Wahlperiode u ziehen. Ziel der Arbeit des Parlamentarischen Beirats ist die rbeit an einer nachhaltigen und somit generationenge- chten Entwicklung – in ihrer ökologischen, sozialen nd ökonomischen Dimension. Es ist in dieser Wahl- eriode gelungen, die Verengung der Nachhaltigkeitsde- atte auf Klimaschutz zu beenden. Das ist wichtig; denn Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32399 (A) ) )(B) während wir beim Klimaschutz und bei den erneuerba- ren Energien laut Fortschrittsbericht auf dem richtigen Weg sind, gibt es andere Indikatoren nachhaltiger Ent- wicklung, bei denen es schlechter aussieht. Bei Arten- schutz und der Reduzierung des Flächenverbrauchs etwa liegen wir weiterhin hinter unseren Zielen zurück. Im Beirat waren auch in dieser Wahlperiode wieder Kolleginnen und Kollegen aus den unterschiedlichsten Fachausschüssen vertreten. Dies ist gut; denn Nachhal- tigkeit ist eine Querschnittsaufgabe, die nahezu alle Politikfelder betrifft. Die bunte Zusammensetzung be- fruchtet die Debatten innerhalb des Beirats, weil die Themen aus ganz unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet werden. Viel wichtiger aber ist, dass der Ge- danke der Nachhaltigkeit zurück in die Fachgremien ge- tragen wird. Dieser Impuls an die Fachausschüsse wurde in dieser Wahlperiode dadurch verstärkt, dass der Beirat erstmals Bewertungen zu den Nachhaltigkeitsprüfungen in den Gesetzentwürfen der Bundesregierung abgegeben hat und diese den federführenden Fachausschüssen und Ministerien zugeleitet hat. Inwieweit diese in den feder- führenden Ausschüssen behandelt werden, liegt aller- dings in deren Ermessen. Hier wäre eine Verankerung des Verfahrens in der Geschäftsordnung des Bundesta- ges wünschenswert, um zumindest eine Kenntnisnahme durch die Fachausschüsse sicherzustellen. Neben der Bewertung der Nachhaltigkeitsprüfung hat der Beirat in bewährter Form die Nachhaltigkeitsstrate- gie der Bundesregierung begleitet und sich am Konsulta- tionsverfahren zum Fortschrittsbericht 2012 beteiligt sowie Stellungnahmen zu diesem Bericht und zum Indi- katorenbericht 2010 abgegeben. Ein Beleg für die gute Zusammenarbeit zwischen Regierung und Parlament ist die Tatsache, dass dem Beirat auch im Fortschrittsbe- richt 2012 wieder die Möglichkeit eingeräumt wurde, ei- nen eigenen Beitrag zu verfassen. Vor allem aber wurden Forderungen des Beirats aufgenommen, unter anderem dass nicht mehr nur die Zahl der Wohnungseinbrüche als Indikator für die Bekämpfung von Kriminalität gilt. Der Beirat hat sich in mehreren Anhörungen mit nachhaltigkeitsrelevanten Themen befasst und Stellung- nahmen und Positionspapiere verabschiedet. Ein Novum in dieser Wahlperiode war, dass sich der Beirat vor Sit- zungen des Staatssekretärsausschusses für nachhaltige Entwicklung mit dem jeweiligen Thema befasst und ein Positionspapier als Input übermittelt hat. In der 18. Wahlperiode sollte der Parlamentarische Beirat für nachhaltige Entwicklung möglichst schnell zusammen mit den Fachausschüssen eingesetzt werden, um eine Kontinuität seiner Arbeit zu gewährleisten. Dann wird zu diskutieren sein, wie die Bewertung der Nachhaltigkeitsprüfung fortentwickelt werden kann. Bislang werden nur formale Kriterien geprüft. Eine in- haltliche Prüfung der Gesetzentwürfe wäre sicher wün- schenswert, allerdings stellt sich die Frage, ob diese mit dem im Beirat gepflegten Konsensprinzip in Einklang zu bringen ist. Zentral ist es aber zumindest, Transparenz über Ge- setzesfolgen zu schaffen. Daher ist es bedauerlich, dass es nicht gelungen ist, Generationenbilanzen in der Ge- s z a d ru m s h e D ra a N g g b s S g te p G a P ih b b n m s s S k e m M R h fo w ti B s re v B d s e G z s n N (C (D etzesfolgenabschätzung von Regierung und Parlament u verankern. Die entsprechende Bestimmung des Ko- litionsvertrages ist wegen des Widerstandes aus Teilen er Unionsfraktion nicht umgesetzt worden. Das ist umso unverständlicher, als diese Bundesregie- ng ja die Nachhaltigkeit in den Sozialversicherungen assiv verbessert hat. Wir haben aus Defiziten Über- chüsse gemacht, Reserven der Rentenversicherung er- öht, neue Leistungen etwa für die Pflege von Dementen ingeführt und dabei auch noch die Beiträge gesenkt. as waren vier gute Jahre für demografiefeste und gene- tionengerechte Sozialversicherungen. Und es waren uch vier gute Jahre für die finanzielle Nachhaltigkeit: ie zuvor seit der Wiedervereinigung hat eine Bundesre- ierung am Ende ihrer Wahlperiode weniger Geld ausge- eben als an ihrem Anfang. Wir haben die Schulden- remse vorzeitig umgesetzt und legen für 2014 einen trukturell ausgeglichenen Haushalt vor. Diese gute Entwicklung im Staatshaushalt und den ozialversicherungen muss verstetigt werden. Der Man- el fehlender Generationenbilanzen muss in der nächs- n Wahlperiode beseitigt werden. Wir brauchen Trans- arenz über die Leistungen, die wir für kommende enerationen erbringen, und die Lasten, die wir ihnen ufbürden. Auch brauchen wir ein Rechenwerk für das arlament, mit dem wir Finanz- und Sozialgesetze auf re intergenerativen Wirkungen untersuchen können, evor sie beschlossen werden. Abschließend bedanke ich mich als „letzter Überle- ender“ aus der Gründungszeit des Beirats vor mehr als eun Jahren für die ganz besonders kollegiale Zusam- enarbeit im Parlamentarischen Beirat. Er ist ein Bei- piel für Sachorientierung, Konsens- und Kompromiss- uche in unserem Parlament, dafür dass man nicht nur chaufensterdebatten führen, sondern auch zuhören ann – über die Grenzen der Fraktionen hinweg. Dies ist ine Arbeitsweise, die mehr Aufmerksamkeit im Parla- ent und in der Öffentlichkeit verdient. Ralph Lenkert (DIE LINKE): Frau Bundeskanzlerin erkel hat letzte Woche mal wieder eine salbungsvolle ede über Nachhaltigkeit gehalten. Eine schöne Story at sie dem handverlesenen Publikum des 11. Weltbank- rums dabei aufgetischt: dass Nachhaltigkeit so etwas ie eine deutsche Erfindung ist, und dass der Nachhal- gkeitsgedanke ein Kind deutscher Tugendhaftigkeit ist. ei Frau Merkels Realpolitik von Nachhaltigkeit zu prechen, ist für mich übertrieben und arrogant. Nachhaltigkeit ist uraltes Menschheitswissen; da icht ein Blick in die Geschichtsbücher. Das Problem om Raubbau an der Natur ist keinesfalls zuerst vom erghauptmann Hans Carl von Carlowitz erkannt wor- en, auch wenn die Mahnungen des Sachsen für eine chonende Forstwirtschaft Anerkennung verdienen. Seit s Menschen, Jagd und Ackerbau gibt, ist man sich der efahr vom Überverbrauch bewusst. Das ist vom Ama- onas über Afrika bis Neuseeland vielfach belegt. Res- ourcen sind begrenzt. Der Natur kann nur so viel ent- ommen werden, wie nachwächst. Die Tabuzonen euseelands waren zu 100 Prozent vor Menschen ge- 32400 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 (A) ) )(B) schützte Totalreservate. Diese weise Einsicht in die Ver- nunft jetzt als Made in Germany auszugeben, ist das Merkelsche Plagiat. Die Linke steht für eine vernünftige Politik echter Nachhaltigkeit. Wie wir das hinbekommen wollen, kann auf der Webseite vom Plan-B-Projekt der Fraktion nach- gelesen werden. Plan B ist die Alternative zur Alterna- tivlosigkeit des Finanzkapitalismus. Gerade Deutschland mit seiner zweifelhaften exportorientierten Wirtschafts- politik, mit Lohndumping und Sozialabbau sollte nicht als Vorbild für Europa und die Weltgemeinschaft dienen. Stellen wir uns vor, jedes Land würde wie Deutschland mehr exportieren, als es verbraucht. Wer soll den Ex- portüberschuss dann kaufen – die Marsianer? Überpro- duktion ist auch kein Zeichen von nachhaltiger Ressour- censchonung; es ist Verschwendung. Vorbild bei Nachhaltigkeit wäre Deutschland bei ei- ner ausgeglichenen Leistungsbilanz zum Ausland. Dahin kommen wir mit einem gesetzlichen flächendeckenden Mindestlohn und besseren Tarifabschlüssen für Beschäf- tigte. Ein weiterer Schritt zur Nachhaltigkeit wäre die Entlastung des Produktionsfaktors menschliche Arbeit und die Belastung der Faktoren Rohstoff-, Flächen- und Energieverbrauch – alles enthalten im Plan B der Links- fraktion. Im Parlamentarischen Beirat für nachhaltige Entwick- lung bekommen wir alle Gesetzesvorhaben auf den Schreibtisch. Geprüft wird, ob auf die Nationale Nach- haltigkeitsstrategie eingegangen wird. Leider prüfen wir nur, ob eine Bewertung der Nachhaltigkeit erfolgte, aber nicht, ob das Gesetz wirklich nachhaltig ist. Das wurde von uns und auch von den Kolleginnen und Kollegen der anderen Fraktionen vielfach kritisiert. Es ist haarsträu- bend, was da alles als nachhaltig eingestuft wird. In mei- ner Rede zum Fortschrittsbericht letztes Jahr wies ich darauf hin. Selbst das Gesetz zum ESFS-Rettungspaket wurde 2012 mit dem Gütestempel der Nachhaltigkeit be- dacht. Die Rettung von Banken und Spekulanten auf Kosten der Gemeinschaft war im Verständnis von CDU/ CSU, SPD, Grünen und FDP nachhaltige Politik. Die Linke sagt: Das ist einfach nachhaltige, verantwortungs- lose Umverteilung zum Wohle der Milliardäre. Die Bundeskanzlerin forderte in ihrer jüngsten Rede über Nachhaltigkeit auch globale Verantwortung ein: Die Herausforderung der Globalisierung muss nachhal- tig gestaltet werden. Armut, Hunger und Kriege an je- dem Ort der Welt gehen jeden etwas an? Dem stimme ich zu. Dass aber Deutschland Platz 3 bei Rüstungsex- porten einnimmt und mit dem staatlich geförderten Ex- port von Schusswaffen nach Mexiko, U-Boot-Trägersys- temen für Atomsprengköpfe an Israel und Panzern nach Saudi-Arabien Regionalkonflikte weiter anheizt und noch daran verdient, das hat nichts mit Nachhaltigkeit zu tun. Es tröstet sicher jedes Opfer, wenn die eingesetzten Waffen ökologisch korrekt produziert wurden, oder? Die Linke sagt: Da ist Nachhaltigkeit ein zynischer Etiket- tenschwindel für die Kriegstreiber ohne Gewissen. Wie die schwarz-gelbe Bundesregierung es in der Realität mit Nachhaltigkeit hält, hat in dieser Legislatur- periode besonders aufschlussreich Bundeswirtschafts- m d ta lu F A b w re A d s w k b g T m k m ri d fa A h D L S a W N h ju w g tu a D d n E u S h fa N w h te s m z ic e a (C (D inister Philipp Rösler bewiesen. Im Konsens, also mit en Stimmen seiner Parteikollegen, hatte der Parlamen- rische Beirat für nachhaltige Entwicklung in einer Stel- ngnahme bei Hermes-Exportbürgschaften ein Ende der örderung von energetischer Nutzung der Atomkraft im usland gefordert. Das wäre globale Verantwortung eim Wort genommen. Sind nur deutsche Atomkraft- erke für Einwohnerinnen und Einwohner der Bundes- publik eine Gefahr – oder auch die geplanten neuen tommeiler in Tschechien und Polen? Sollten nicht auch ie Menschen in Brasilien vor Reaktorunglücken sicher ein? Rösler ist nicht nur erklärter Gegner der Energie- ende, sondern auch Freund der Atomlobby und er- lärte kurz, der Bund werde weiter beantragte Hermes- ürgschaften für Atomkraftwerksbauten im Ausland enehmigen, egal ob die Hermesbürgschaften in Polen, schechien oder Brasilien wirken. Für die Linke hat das it Glaubwürdigkeit und Nachhaltigkeit wenig zu tun. Es ist die fehlende Glaubwürdigkeit, die Nachhaltig- eit als ernstzunehmendes Leitbild der Politik zuneh- end infrage stellt. In der kommenden Legislaturpe- ode wird sich die Linke darum für eine starke Prüfung er Nachhaltigkeit einsetzen. Nach dem Stichprobenver- hren könnten Gesetze im Büro für Technikfolgen- bschätzung beim Deutschen Bundestag auf Nach- altigkeit gecheckt werden. Für die Linke ist eines klar: er Etikettenschwindel kann so nicht weitergehen. Die inke fordert echte Nachhaltigkeit in der Politik. Lassen ie uns gemeinsam an einem Plan B für die Gesellschaft rbeiten. Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): enn man die Menschen fragt, ob ihnen das Thema achhaltigkeit wichtig ist, dann sagen die meisten Ja, äufig unabhängig davon, wen sie wählen. Gerade die nge Generation weiß, dass man nicht weiterkommt, enn man wirtschaftet und lebt, wie die Nachkriegs- eneration dies getan hat, aber auch heute immer noch t. Wenn man hier in die Runde schaut, darf man durch- us darauf schließen, dass viele nicht wissen, dass es im eutschen Bundestag ein Gremium gibt, das sich mit iesem wichtigen Thema auseinandersetzt – seit 2004 –, ämlich den Parlamentarischen Beirat für nachhaltige ntwicklung, der heute hier redet. Es geht um Umwelt nd Landwirtschaft, um Wirtschaft und Mobilität, um ozial- und Gesundheitspolitik, um Bildung und Sicher- eit, aber auch um eine solide Haushaltspolitik und eine ire internationale Zusammenarbeit. Als Verkehrspolitikerin könnte ich mich von diesem achhaltigkeitsbeirat durchaus eingeengt fühlen; denn enn dieser Beirat sagen würde, Mobilität müsse ganz- eitlich gedacht werden, Bahn, Auto und Fahrrad müss- n miteinander verknüpft werden, oder wenn der Beirat agen würde, wir brauchten neue Ansätze, um den im- ens steigenden Güterverkehr auf der Straße zu begren- en und ihn umweltfreundlicher zu machen, dann wäre h eingeengt. Ich müsste mich fragen: Brauche ich hier ine neue Straße, oder kann man die Güter nicht besser uf die umweltfreundlichere Schiene verlagern? Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32401 (A) ) )(B) Dieser Parlamentarische Beirat für nachhaltige Ent- wicklung hat genau das getan. In einem Positionspapier an die Bundesregierung fordert er, Mobilität ganzheitlich zu denken. Mit seinen Stellungnahmen zur Nachhaltig- keitsstrategie der Bundesregierung fordert er, die Nach- haltigkeitsziele stärker in Angriff zu nehmen. Gerade im Bereich Güterverkehr stehen wir vor gewaltigen Heraus- forderungen. Diese Positionspapiere und Stellungnahmen hat der Parlamentarische Beirat überwiegend im Konsens aller fünf im Bundestag vertretenen Fraktionen erarbeitet. Übrigens: Das Konsensprinzip ist auch etwas, was von den Menschen geschätzt wird. Meine Besuchergruppen staunen stets, wenn ich ihnen erzähle, dass es so etwas hier im Deutschen Bundestag auch gibt, nicht nur die politischen Schaukämpfe zwischen Regierung und Op- position; denn was würde es der Nachhaltigkeit nützen, wenn auch hier – wie in den einzelnen Fachbereichen – in jeder Wahlperiode die Richtung immer wieder geän- dert würde. Wenn wir Generationengerechtigkeit wollen, gibt es nur einen Weg: Nachhaltigkeit, also ein generationenge- rechtes Verhalten in Ökologie, Ökonomie und im Sozia- len. Viele, leider auch einige hier im Hause, scheinen da- von noch nie etwas gehört zu haben. Dabei gibt es die Nachhaltigkeitsstrategie seit 2002. Kritisch begleitet wird sie seit 2004 von uns hier, dem Parlamentarischen Beirat für nachhaltige Entwicklung. Trotzdem hat die Enquete-Kommission „Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität“ hier im Deutschen Bundes- tag einen Bericht vorgelegt – ganz so, als gäbe es noch keine Nachhaltigkeitsindikatoren, die eingebettet sind in eine umfassende Nachhaltigkeitsstrategie. Es ist richtig, dass das Wachstum Grenzen braucht – in ökologischer wie sozialer Hinsicht. Aber die vorhandene Nachhaltig- keitsstrategie des Bundes und deren parlamentarische Begleitung wurden dabei von der Enquete-Kommission vollständig verdrängt. So schlägt der Bericht der En- quete-Kommission ein Sammelsurium von 20 Indikato- ren vor, die das Wachstum in einen nachhaltigen Kontext stellen sollen. Dabei ist die Nachhaltigkeitsstrategie gut etabliert – richtigerweise fachübergreifend und zentral gesteuert vom Staatssekretärsausschuss im Bundeskanzleramt, an- erkannt von allen Fraktionen, unterlegt mit einem Ma- nagementsystem und einem Monitoringsystem, und schließlich sehr engagiert unterstützt vom Rat für nach- haltige Entwicklung. Ich glaube, es leuchtet ein, dass wir nicht alle zehn Jahre Indikatoren erfinden müssen, sondern dass wir un- sere Energie darauf richten müssen, die vereinbarten Ziele auch wirklich umzusetzen mit den entsprechenden politischen Maßnahmen, woran es derzeit durchaus et- was hapert. Ich plädiere dafür, die Zusammenarbeit der Fraktionen im Parlamentarischen Beirat für nachhaltige Entwicklung fortzusetzen und ihn gleich zu Beginn der kommenden Wahlperiode genauso wie die Fachaus- schüsse wieder einzusetzen. le u a w A B B § B n in v h d A ru g fü ri s IP w s s V le ö E K M ru v li h S g (C (D Die erste große Aufgabe muss aber sein, uns zu über- gen, wie wir den Nachhaltigkeitsgedanken in Politik nd Wirtschaft stärker verankern können, statt das Rad lle vier Jahre mit einer neuen Enquete-Kommission ieder neu erfinden zu wollen. nlage 31 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags zu dem Bericht der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament: Die angestrebte Umsetzung har- monisierter Rechnungsführungsgrundsätze für den öffentlichen Sektor in den Mitgliedstaaten – die Eignung der IPSAS für die Mitgliedstaa- ten; (KOM (2013) 114 endg.; Ratsdok. Nr. 7677/ 13) – hier: Stellungnahme des Deutschen Bun- destages nach Artikel 23 Absatz 3 des Grund- gesetzes i. V. m. § 9 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bundesregierung und Deutschem Bundestag in Angelegenheiten der Europäischen Union (Tagesordnungspunkt 37) Norbert Barthle (CDU/CSU): Mit dem vorliegenden eschluss geben wir eine Stellungnahme des Deutschen undestags nach Art. 23 Grundgesetz in Verbindung mit 9 EUZBBG ab. Dies zeigt, dass die Beteiligung des undestags an der Europapolitik der Bundesregierung eben dem großen Thema der Euro-Stabilisierung auch weniger wahrgenommenen Themen angekommen ist. Worum geht es? Die Richtlinie 2011/85/EU des Rates om 8. November 2011 über die Anforderungen an die aushaltspolitischen Rahmen der Mitgliedstaaten – Teil es sogenannten Sixpack – gibt der Kommission den ufrag, zu prüfen, ob die internationalen Rechnungsfüh- ngsgrundsätze für den öffentlichen Sektor IPSAS eine eeignete Bilanzierungs- und Buchführungsgrundlage r die Mitgliedstaaten der EU sein können. Mit dem Be- cht vom 20. März 2013 kommt die Kommission die- em Auftrag nach. Ergebnis ihrer Analysen ist, dass die SAS zwar nicht direkt für diesen Zweck herangezogen erden können, die EU aber von ihnen ausgehend eigen- tändige Buchführungsgrundsätze entwickeln könne. Das klingt zwar zunächst nach einem eher techni- chen als politisch relevanten Thema, ist es aber nicht. ielmehr kündigt die Kommission in dem relativ schma- n Bericht nicht weniger als eine kleine Revolution im ffentlichen Rechnungswesen der Mitgliedstaaten der U an. Da sollten alle hellhörig werden. Offen spricht die ommission aus, dass sie in allen staatlichen Ebenen der itgliedstaaten eine kaufmännische doppelte Buchfüh- ng einzuführen gedenke. Ziel ist insbesondere, einen ollständigen Überblick über alle staatlichen Verbind- chkeiten sowie über das Vermögen des Staates zu er- alten. Im Kern ist der Vorstoß zwar nachzuvollziehen. chon heute führen sehr unterschiedliche Rechnungsle- ungsstandards sowohl in den Mitgliedstaaten der EU 32402 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 (A) ) )(B) als auch innerstaatlich dazu, dass Zahlen der Haushalts- wirtschaft nicht immer exakt vergleichbar sind. Wenn eine der Lehren aus der Euro-Krise die bessere Überwa- chung der nationalen Haushalte ist, ist der Schritt der Kommission nur konsequent. Dennoch sollten wir nicht zu euphorisch sein. Allein die Erfahrung in den deutschen Ländern und Kommu- nen, die bereits eine doppische Buchführung eingeführt haben, zeigt, dass eine gute und richtige Idee in der Pra- xis nicht immer zu besseren Ergebnissen führt. Beruht doch ein doppisches System notwendigerweise auf einer Menge nicht immer objektiver Annahmen und Bewer- tungen. Wenn ich also den Ansatz der Kommission im Kern als richtig bezeichne, möchte ich uns aber auch gleich- zeitig zu einer gewissen kritischen Vorsicht mahnen. Kosten und Nutzen müssen gerade bei diesem Projekt sorgfältig abgewogen werden. Gerade in Deutschland wären die Kosten einer Einführung eines doppischen Systems der Buchführung relativ hoch. Denn im Ergeb- nis würde die Einführung von EPSAS auch eine Verein- heitlichung des Rechnungswesens in Deutschland be- deuten. Zudem gilt es die komplizierte Umsetzung im deutschen Föderalismus zu beachten. Der Deutsche Bundestag wird daher den Prozess der Erarbeitung eines europäischen Standards EPSAS, der noch ganz am Anfang steht, eng begleiten. Für uns ist von besonderer Bedeutung, dass eine mögliche Harmo- nisierung den verfassungsrechtlichen Prinzipien der Budgethoheit des Deutschen Bundestages Rechnung trägt. Zudem ist es uns wichtig, dass die Bundesregie- rung, die die Verhandlungen führt, sicherstellt, dass die etwaige Einführung dieser Standards die Aufstellung, den Inhalt und die Ausführung der Haushaltspläne der Gebietskörperschaften der Mitgliedstaaten nicht berührt. Auf keinen Fall darf es zu einer Schwächung der Kon- trollmöglichkeiten des Deutschen Bundestags im Haus- haltsvollzug kommen. Ziel soll sein, durch eine aktive Mitgestaltung der EPSAS darauf hinzuwirken, dass bewährte deutsche Rechnungslegungsgrundsätze ausreichend Beachtung finden und die Einführung der bzw. Umstellung auf die neuen Standards mit möglichst geringem Aufwand erfol- gen könnte. Vor dem Hintergrund dieser Eckpfeiler bin ich zuversichtlich, dass die europäische Diskussion über einheitliche Buchungsgrundsätze für den öffentlichen Sektor am Ende auch zu einem nützlichen Ergebnis füh- ren kann. Der Deutsche Bundestag wird diesen Prozess jedenfalls konstruktiv kritisch begleiten. Carsten Schneider (Erfurt) (SPD): Am 8. Novem- ber 2011 verabschiedete der Rat der Europäischen Union im Rahmen des Gesetzgebungspakts, das als „Sechser- pack“ bekannt wurde, auch eine Richtlinie, die die Anforderungen an die haushaltspolitischen Rahmen der Mitgliedstaaten näher definiert. Sie schreibt vor, dass die Mitgliedstaaten vergleichbare, vollständige und zuver- lässigere Haushaltsdaten an die EU-Ebene übermitteln müssen. b S e k A e s g S A d s g s n ü s ß g v n B g e Im R d In h h B v e s B m g v e fe te te e re le B v d A s S s d d B w d w (C (D Einerseits wird durch diese Richtlinie die Vergleich- arkeit der Haushalte und der Rechnungslegung der taaten verbessert. Die Refinanzierungsschwierigkeiten iniger Euro-Staaten als Konsequenz der Finanzmarkt- rise haben gezeigt, dass hier Handlungsbedarf besteht. ndererseits sind wir in der EU und im Euro-Raum von inheitlichen, harmonisierten Rechnungsführungsgrund- ätzen für den öffentlichen Sektor noch weit entfernt. Es ibt mit den International Public Sector Accounting tandards, IPSAS, schon einen allgemeinen Vorschlag. ufgabe der Kommission war es, uns zu berichten, ob iese Standards eine taugliche Grundlage für europäi- che Grundsätze sein könnten. Die Kommission kommt zu der grundsätzlich richti- en Auffassung, dass noch Handlungsbedarf besteht. Sie tellt aber zutreffend fest, dass wir nichts damit gewin- en, internationale Standards einfach so in Europa zu bernehmen. Die staatlichen Strukturen in den Mitglied- taaten sind sehr unterschiedlich. In Deutschland genie- en die Gemeinden den besonderen Schutz des Grund- esetzes, und ihre Rechnungslegung unterscheidet sich on der der Länder und der des Bundes. Einige Kommu- en und Länder sind zur kaufmännisch orientierten ilanzierung übergegangen, weil es für sie zweckmäßi- er und passender ist. Für den Bund kann sie nicht infach übernommen werden, das wäre nicht dienlich. Rahmen der Bemühungen um ein modernisiertes echnungswesen des Bundes haben wir lange diskutiert, ass wir es schaffen müssen, den aktuellen Zeitwert von vestitionen zielführender abzubilden. Das Fachwort ierfür ist erweiterte Kameralistik. Doch ansonsten aben sich unsere Rechnungsführungsgrundsätze für und, Länder und Kommunen bislang bewährt. Vieles on dem, was die Kommission vorschlägt, zum Beispiel ine Periodenabrechnung, haben wir schon, sie ent- pricht unserer mittelfristigen Finanzplanung, die die undesregierung dem Bundestag jährlich vorlegen uss. Darauf können wir in Europa aufbauen, und ich be- rüße, dass die Kommission einen gründlichen Prozess orschlägt. Gemeinsam mit allen Mitgliedstaaten sollen uropäische Rechnungsführungsgrundsätze für den öf- ntlichen Sektor entwickelt werden, und „Mitgliedstaa- n“ muss hier heißen: auch mit den Gebietskörperschaf- n und Parlamenten; denn wir müssen stets daran rinnern: Das Haushaltsrecht ist und bleibt das Königs- cht des Parlaments. Das umfasst auch die Rechnungs- gung. Für den Bundestag ist deshalb von besonderer edeutung, dass jede weitere Harmonisierung unseren erfassungsrechtlichen Prinzipien und der Budgethoheit es Bundestages Rechnung trägt. Auch Kosten-Nutzen- spekte müssen wir beachten. Und damit das sicherge- tellt ist, werden wir uns als Parlament mit dieser tellungnahme frühzeitig in den Prozess auf europäi- cher Ebene einschalten. Es liegt an uns, sicherzustellen, ass die Erarbeitung neuer Standards die Aufstellung, en Inhalt und die Ausführung der Haushaltspläne von und, Ländern und Gemeinden nicht berührt. Wir ollen nicht, dass die Kontrollmöglichkeiten des Bun- estages im Haushaltsvollzug geschwächt werden. Wir ollen, dass in dem weiteren Prozess die Belange und Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32403 (A) ) )(B) die Erfahrungen der Länder und Kommunen mit einbe- zogen werden, und ich darf hinzufügen, auch die des Bundesrechnungshofes. In seiner grundgesetzlich ge- schützten Unabhängigkeit ist der Bundesrechnungshof Mahner und Berater zugleich. Das soll er bleiben. Deswegen fordern wir, dass der Bundestag im gesam- ten Verhandlungsprozess fortlaufend, umfassend und frühestmöglich zu beteiligen ist, und wir wollen einen regelmäßigen Bericht im Haushaltsausschuss. Gleiches gilt für die anderen Mitgliedstaaten. Einheitliche öffent- liche Rechnungsführungsgrundsätze werden nur dann hilfreich sein, wenn sie von den Haushaltsgesetzgebern akzeptiert und angewandt werden können. Klarheit und Transparenz ist nicht immer eine Selbstverständlichkeit für europäische Vorlagen. Deshalb müssen wir frühzeitig mitmischen. Otto Fricke (FDP): Der sehr klug handelnde Unter- ausschuss des Haushaltsausschusses zu Fragen der Euro- päischen Union hat einen Bericht der EU-Kommission zur Frage der Errichtung einheitlicher Rechnungslegung für öffentliche Haushalte dem Haushaltsausschuss als Ganzes zur Debatte vorgelegt. Aufgrund der nicht zu un- terschätzenden Bedeutung von Rechnungslegungsvor- schriften für die Haushaltspolitik insgesamt, aber auch für die Stellung des Parlaments im Haushaltsgefüge, ha- ben die Koalitionsfraktionen ausnahmsweise beschlos- sen, von dem Recht des Haushaltsausschusses Gebrauch zu machen, in dieser Sache eine Stellungnahme des Deutschen Bundestages herbeizuführen. Worum geht es im Konkreten? Die Kommission ist in ihrem Bericht zu dem Ergebnis gekommen, dass die sogenannten International Public Sector Accounting Standards, kurz IPSAS, in ihrer jetzigen Form als Rech- nungsführungsstandards für die Mitgliedstaaten der Eu- ropäischen Union zwar nicht eins zu eins geeignet sind, jedoch als Ausgangspunkt für noch zu entwickelnde Eu- ropäische Rechnungsführungsstandards, European Pub- lic Sector Acounting Standards, EPSAS, dienen sollen. Aus dem Bericht ist erkennbar, dass die Kommission einheitliche, für alle staatlichen Ebenen aller Mitglied- staaten verbindliche Standards, die auf dem Prinzip der kaufmännischen doppelten Buchführung beruhen, an- strebt. Die Kommission könnte sich bei der Erreichung dieses Ziels einer Rahmenverordnung als möglichem rechtlichem Instrument bedienen. Bis es hierzu kommt, wird es sicherlich noch einer Vorbereitungsphase mit weiteren Konsultationen zur Gewinnung weiterer An- sichten und zur Entwicklung eines Fahrplans bedürfen. Um bereits in dieser frühen Phase eine klare Positio- nierung des Deutschen Bundestages in dieser überaus bedeutsamen Frage auch und insbesondere gegenüber der europäischen Ebene herauszustellen, haben die Ko- alitionsfraktionen eine Stellungnahme erarbeitet. In dieser Stellungnahme geht es uns insbesondere da- rum, dass die hergebrachten und letztlich verfassungs- rechtlich gebotenen Parlamentsrechte des Deutschen Bundestages, also nicht nur des Haushaltsausschusses, bei der Begleitung des Haushaltsaufstellungsverfahrens, d d H ru m re d ru ü B d S d H p z S b d N R is le g d v k u V e d T s d s z B R B s w d E h u w o R c m in 2 fü D z (C (D er Beratung des Haushaltes sowie seiner Verabschie- ung, aber auch der intensiven Kontrollmöglichkeit im aushaltsvollzug, bewahrt bleiben. Hierbei geht es da- m, dass mittels der kameralen Buchführung die größt- ögliche Transparenz für die Ausübung des „Königs- chts“ des Parlaments erhalten bliebe. Im Gegensatz azu halten wir die sogenannte kaufmännische Buchfüh- ng für intransparent und trügerisch, dies deshalb, weil ber die Einbeziehung sämtlicher Vermögenswerte des undes in eine bilanzielle Buchführung schnell der Ein- ruck entstehen kann, dass man mit der vorhandenen taatsverschuldung eigentlich kein Problem habe und arüber hinaus die Zusammenfassung verschiedener aushaltstitel zu sogenannten Produkthaushalten die arlamentarische Budgethoheit in entscheidender Weise u beschränken vermag. Zudem ist die parlamentarische teuerung des Haushalts durch das Parlament erheblich eschränkt. Die Erfahrungen auf kommunaler Ebene mit en dortigen neuen Rechnungslegungsvorschriften, KH, zeigen deutlich, wie gefährlich und schlecht die egelungen der Doppik, so gut diese in der Wirtschaft t, sich bei der Frage der Parlamentsbeteiligung darstel- n. Mit unserer Stellungnahme geben wir der Bundesre- ierung bei den anstehenden Verhandlungen in Brüssel as klare Mandat, die von uns aufgezeigten Grundsätze on Transparenz und Nachvollziehbarkeit, wie sie das amerale System bietet, nicht preiszugeben. Es würde ns zudem freuen, wenn der Bundesrechnungshof dieses erfahren aufmerksam begleitetet. Für viele mag dieses Thema trocken und langweilig rscheinen; in der Konsequenz, die es für die Ausübung es freien Mandates als Abgeordneter hat, ist dieses hema jedoch in höchstem Maße spannend und bedeut- am. Steffen Bockhahn (DIE LINKE): Grundsätzlich ist ie Idee, einheitliche Buchführungs- und Bilanzierungs- tandards innerhalb der Europäischen Union zu schaffen, u begrüßen. Wer sich einmal für einen gemeinsamen innenmarkt entschieden hat, benötigt auch einheitliche echnungsführungsstandards. 27 Rezepte, mit dem EU- eitritt Kroatiens am Montag dann 28, für ein und die- elbe Suppe bieten in der Küche zwar eine gute Ab- echslung, sind im Haushaltswesen jedoch kontrapro- uktiv. Hier ist es notwendig, eine Vergleichbarkeit der U-Mitgliedstaaten zu erreichen. Nur so können Haus- altsdaten und ihre Finanzstabilität zuverlässig geprüft nd die Einhaltung der Maastricht-Kriterien kontrolliert erden. Für die Bundesrepublik Deutschland als ein föderal rganisiertes Land würde die Einführung einheitlicher echnungsführungsstandards jedoch auch einen erhebli- hen Kostenaufwand bedeuten. Die Europäische Kom- ission schätzt diesen auf bis zu 0,1 Prozent des Brutto- landsprodukts. Laut Kommission müssten also bis zu ,5 Milliarden Euro für eine Umstellung der Rechnungs- hrung innerhalb von zehn Jahren eingeplant werden. as Bundesfinanzministerium dagegen kann die finan- iellen Auswirkungen für Deutschland derzeit noch gar 32404 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 (A) ) )(B) nicht präzise abschätzen. Für alle staatlichen Ebenen, also inklusive Länder und Kommunen, geht das BMF lediglich von einem einstelligen Milliardenbetrag aus. Eine Verdreifachung der Kosten ist im schlimmsten Fall also nicht auszuschließen. Für die kleinsten Verwaltungsebenen, die Kommu- nen, ist dies, angesichts notorisch klammer Kassen, je- doch eine desaströse Aussicht. Zwar hat ein Teil der Kommunen schon jetzt auf ein doppisches Rechnungs- wesen umgestellt, um einheitliche Begrifflichkeiten zu schaffen wird eine nochmalige Anpassung der Standards jedoch unumgänglich. Schon jetzt müssen Schulen schließen, kulturelle Angebote können nicht mehr geför- dert, und dringend notwendige Infrastrukturmaßnahmen müssen aufgeschoben werden, weil die Kommunen kei- nen finanziellen Spielraum mehr haben. Es geht also nicht, dass auf höchster Ebene eine mit massiven und nicht absehbaren Kosten verbundene Umstellung der Rechnungsführung beschlossen wird, die die Kommu- nen dann allein schultern müssen. Bevor einheitliche EPSAS erarbeitet werden, muss innerhalb Deutschlands erst einmal geklärt werden, wie dieses Reformvorhaben finanziert und mit dem Austeritätsprinzip vereinbart werden kann, ohne dass dafür bestehende Ausgaben im Bereich der allgemeinen Daseinsvorsorge und der not- wendigen öffentlichen Verwaltung weiter gekürzt wer- den müssen. Darüber hinaus muss darauf geachtet werden, dass neben dem doppischen Rechnungswesen auch eine ent- sprechende doppische Haushaltsplanung eingeführt wird. Wird dies, wie im Bericht der Europäischen Kom- mission, nicht beachtet, besteht die Gefahr, dass zwar doppisch gebucht, de facto jedoch eine kamerale, also am Geldverbrauchskonzept orientierte Haushaltsplanung beibehalten wird. Die wichtigste Steuerungsebene Haus- haltsplanung würde damit weiterhin in alten Denkstruk- turen verhaftet bleiben. Die Einführung von EPSAS setzt somit einen umfas- senden Reformprozess innerhalb aller europäischen Mit- gliedstaaten voraus. Wenn die Bundesregierung möchte, dass nicht nur doppisch gebucht, sondern auch doppisch geplant wird, muss sie sich aktiv in den Prozess der Erar- beitung der Standards einbringen. Letztlich ist das auch ein Weg, um zu gewährleisten, dass trotz neuer Regelun- gen die Budgethoheit der Parlamente und Gemeindever- tretungen in der Bundesrepublik Deutschland beibehal- ten wird. Zum Schluss möchte ich aber noch darauf hinweisen, dass auch die Buchung in einem doppischen Verfahren Haushaltsnotlagen nicht lösen kann. Im Gegenteil führt sie gelegentlich sogar zu einer Verschärfung. Ich bin Vorsitzender des Finanzausschusses der Rostocker Bür- gerschaft und erlebe dort immer wieder, welche Heraus- forderungen es mit sich bringt, doppisch zu buchen. Al- lein bei uns müssen jedes Jahr 32 Millionen Euro Abschreibungen erwirtschaftet werden, Geld, das eigent- lich nicht da ist, nur auf dem Papier bewegt wird und letztlich zu einem Minus im Haushalt führt. Da sollten sich die europäischen Rechnungsprüfer noch einmal ver- ständigen, wie so etwas verhindert werden kann. N z e E n a n R n ö T s n d g w u Q H s b fu n d D ti e g s g E u d n e m ti li R z 1 E v n li d w m a w F z s z fä (C (D Priska Hinz (Herborn) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- EN): In der Staatschuldenkrise hat sich deutlich ge- eigt, dass es bei der Berechnung der Haushaltslage inzelner Staaten massive Probleme gab. Die meisten U-Mitgliedstaaten wenden unterschiedliche Berech- ungssysteme an, die häufig sehr komplex und teilweise nfällig für Fehler oder Manipulationen sind. Das darf icht so bleiben! Es ist dringend erforderlich, dass die europäischen egierungen ihre Finanzstabilität in Zukunft zweifelsfrei achweisen können und in der Berichterstattung über die ffentlichen Finanzen deutlich mehr Stringenz und ransparenz erreichen. In allen Ländern der Europäi- chen Union sollte künftig die sogenannte Periodenrech- ung angewendet werden. Das heißt, dass Haushalts- aten wie die Neuverschuldung oder der Schuldenstand ezielt für einen genau definierten Zeitabschnitt erhoben erden. Das verbessert die Vergleichbarkeit der Daten nd verhindert bereits einige Statistiktricks. Auch die ualität der Daten muss verbessert werden. Eine armonisierung der Rechnungsführungssysteme aller taatlichen Ebenen in der EU kann dazu entscheidend eitragen. Neben interner Kontrolle ist auch externe Prü- ng notwendig, um die Einhaltung von Qualitäts- ormen sicherzustellen. Eine Harmonisierung der Rechnungslegungsstan- ards innerhalb der EU bietet also erhebliche Vorteile. erzeit bilden die International Public Sector Accoun- ng Standards, kurz IPSAS, die einzige international an- rkannte Zusammenstellung von Rechnungsführungs- rundsätzen für den öffentlichen Sektor. Die IPSAS ollten deshalb auch die Grundlage für die Entwicklung emeinsamer europäischer Standards, der sogenannten PSAS, sein. Darin sind sich die meisten Expertinnen nd Experten einig. Trotz der Vorteile sollten allerdings auch die Kosten er Einführung solcher Standards beachtet werden. Ei- ige Länder haben bereits Erfahrung mit der Einführung iner Periodenrechnung und stellen entsprechende Infor- ationen bereit. Die auf der Grundlage dieser Informa- onen geschätzten Kosten einer Umstellung sind erheb- ch. Die Kosten aufgrund von Periodenrechnung und eformen der Haushaltsplanung in den vergangenen ehn Jahren wurden zum Beispiel in Frankreich auf ,5 Milliarden Euro beziffert. Darüber hinaus legen die rfahrungen nahe, dass es für die Mitgliedstaaten sinn- oll sein könnte, bei der Einführung der neuen Rech- ungsführungsgrundsätze auch ihre Systeme der öffent- chen Finanzverwaltung zu modernisieren. Die Einführung von gemeinsamen europäischen Stan- ards zur Rechnungslegung ist wünschenswert, der Auf- and ist aber nicht zu unterschätzen. Seitens des Finanz- inisteriums sollte deshalb zunächst dargestellt werden, uf welchen staatlichen Ebenen welche Änderungen elche Kosten verursachen würden. Daneben muss die rage geklärt werden, ob die vielen bereits vorhandenen, um Teil makroökonomischen Instrumente wie der ge- amte Stabilitäts- und Wachstumspakt mit seinen Ergän- ungen und Verschärfungen nicht erst einmal vollum- nglich in Kraft treten und erprobt werden sollten, Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32405 (A) ) )(B) bevor so ein bürokratischer Kraftakt zur Modernisierung und Harmonisierung der zugrunde liegenden Daten voll- zogen wird. Hier sind noch einige Fragen zu klären, aber das Ziel ist richtig. Ich begrüße deshalb sehr, dass wir im Haushaltsausschuss zusammen mit der Koalition und den Sozialdemokraten einen gemeinsamen Antrag er- reicht haben, um die Grundlage für die ersten Schritte dieses komplexen Projekts auf den Weg zu bringen. Hartmut Koschyk, Parl. Staatssekretär beim Bun- desminister der Finanzen: Die Beschlussempfehlung, die heute im Plenum des Deutschen Bundestages beraten wird, geht zurück auf einen Bericht der EU-Kommission vom 6. März 2013. Mit dem vorliegenden Bericht kommt die Europäische Kommission einem Auftrag aus der Richtlinie 2011/85/EU des Rates vom 8. November 2011 über die Anforderungen an die haushaltspoliti- schen Rahmen der Mitgliedstaaten nach, in der sie be- auftragt wird, zu prüfen, ob die internationalen Rech- nungsführungsgrundsätze für den öffentlichen Sektor, IPSAS, eine geeignete Bilanzierungs- und Buchfüh- rungsgrundlage für die Mitgliedstaaten der EU sein kön- nen Die Kommission kommt in dem Bericht zum Ergeb- nis, dass die IPSAS zwar nicht direkt für diese Zweck herangezogen werden können, die EU aber von ihnen ausgehend eigenständige Buchführungsgrundsätze entwickeln könne. Der Bericht macht deutlich, dass die EU-Kommission die Schaffung einheitlicher Buchfüh- rungs- und Bilanzierungsstandards auf der Grundlage der kaufmännischen doppelten Buchführung, soge- nannte EPSAS, anstrebt, die für alle staatlichen Ebenen in allen Mitgliedstaaten der EU gelten sollen Die Initiative der Kommission ist vor dem Hinter- grund der Staatsschuldenkrise zu sehen. Das Statistische Amt der Kommission möchte die Qualität der Meldun- gen der Mitgliedstaaten zum Schuldenstand und zum jährlichen Defizit dadurch verbessern, dass die zugrunde liegenden Daten ausnahmslos aus kaufmännischen Buchhaltungen erzeugt werden, für die europaweit ein- heitliche Buchführungsregeln gelten. Von einer Verbes- serung der Datenqualität verspricht sich die Kommission auch eine bessere haushaltspolitische Überwachung der Mitgliedstaaten. Die Bundesregierung ist der Auffas- sung, dass die von Deutschland gelieferten Zahlen zu Schuldenstand und Defizit bisher keinen Anlass zu grundlegender Kritik gegeben haben. Gleichwohl hat die Bundesregierung durchaus Verständnis für das von der Kommission verfolgte Ziel der Verbesserung der Daten- qualität. Der Deutsche Bundestag möchte den weiteren von der Kommission im Bericht vorskizzierten Prozess zur Erarbeitung der EPSAS eng begleiten. Für den Deut- schen Bundestag ist von besonderer Bedeutung, dass jedwede Harmonisierung den verfassungsrechtlichen Prinzipien der Budgethoheit des Deutschen Bundestages Rechnung trägt. Die Bundesregierung wird daher aufge- fordert, sicherzustellen, dass die etwaige Einführung die- ser Standards die Aufstellung, den Inhalt und die Aus- fü d S B s fü s ru d d h e s a n D E G fl re k w d B B tr b v B K z w B E U ri le fa a b d K n w d d a D w fe e R E ru z B (C (D hrung der Haushaltspläne der Gebietskörperschaften er Mitgliedstaaten nicht berührt und dass es zu keiner chwächung der Kontrollmöglichkeiten des Deutschen undestags im Haushaltsvollzug kommt. Die Kommis- ion selbst hat zwar dargelegt, dass die Haushaltsbuch- hrung von der Harmonisierung nicht betroffen sein oll. Es erscheint aber auch aus Sicht der Bundesregie- ng wichtig, gegenüber der Kommission vorsorglich arauf hinzuweisen, dass durch die etwaige Einführung er EPSAS der Inhalt der Haushaltspläne und das Haus- altsverfahren nicht beeinflusst werden darf. Bei der konkreten Ausgestaltung eines europaweit inheitlichen Rechnungswesens sind nach der Be- chlussempfehlung auch Kosten-Nutzen-Aspekte zu be- chten. Dieser Aspekt ist insofern sehr bedeutsam, als es ach den Kostenschätzungen der Kommission für eutschland zu Gesamtkosten von circa 500 Millionen uro bis 2,5 Milliarden Euro kommen kann, wenn alle ebietskörperschaften die EPSAS auf der Basis einer ächendeckenden kaufmännischen Buchführung einfüh- n. Wie viel es tatsächlich insgesamt kosten würde, ann derzeit niemand verlässlich schätzen. Deutschland äre in besonderem Maße von der Pflicht betroffen, auf ie kaufmännische Buchführung umzustellen, weil der und und die Bundesländer, die bisher an der kameralen uchführung festgehalten haben, einen durchaus be- ächtlichen Umstellungsaufwand im Bereich der IT und ei der Schulung des Personals haben werden. Bei den ielen Gemeinden dagegen, welche die kaufmännische uchführung bereits eingeführt haben, würden sich die osten infolge der Umstellung von den bisher prakti- ierten HGB-nahen Buchführungsregeln auf die EPSAS ohl eher in einem überschaubaren Rahmen halten. Die Bundesregierung wird daher entsprechend der eschlussempfehlung durch aktive Mitgestaltung der PSAS darauf hinwirken, dass die Einführung der bzw. mstellung auf die neuen Standards mit möglichst ge- ngem Aufwand erfolgen könnte. Um dies sicherzustel- n, ist der Bundesrechnungshof bei dem gesamten Ver- hren zu beteiligen. Da einige Bundesländer und viele Kommunen bereits uf ein kaufmännisches Rechnungswesen umgestellt ha- en, sollte die Bundesregierung bei der Mitgestaltung er EPSAS die Belange und Erfahrungen der Länder und ommunen mit einbeziehen. Bewährte deutsche Rech- ungslegungsgrundsätze, die in den Kommunen teil- eise schon viele Jahre erprobt sind, wie zum Beispiel as Vorsichtsprinzip, sollten ausreichend Beachtung fin- en. Im Ergebnis würde die Einführung von EPSAS uch eine Vereinheitlichung des Rechnungswesens in eutschland bedeuten. Wichtig ist uns auch, dass der Deutsche Bundestag ährend des gesamten Verhandlungsprozesses fortlau- nd, umfassend und frühestmöglich beteiligt wird. Vor iner Zustimmung der Bundesregierung zu einem echtsakt der Kommission im Zusammenhang mit der inführung einheitlicher europäischer Rechnungsfüh- ngsgrundsätze ist der Deutsche Bundestag rechtzeitig u konsultieren. Dem Haushaltsausschuss des Deutschen undestages ist zum 1. Februar 2014 ein erster Bericht 32406 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 (A) ) )(B) über den Stand der Aktivitäten der Kommission zur Ein- führung einheitlicher Rechnungsführungsstandards in den Mitgliedstaaten der EU vorzulegen. Lassen Sie mich zum Abschluss betonen, dass nach dem Verständnis der Bundesregierung mit dieser Be- schlussempfehlung noch keine Vorentscheidung für eine Einführung einheitlicher Rechnungsführungsstandards auf der Grundlage einer flächendeckenden kaufmänni- schen Buchführung getroffen wird. Die Bundesregierung wird das weitere Vorgehen der Kommission kritisch be- gleiten und zu gegebener Zeit entscheiden, ob sie einem Rechtsakt der Kommission, der auf eine verbindliche Einführung einheitlicher Rechnungsführungsstandards in allen Mitgliedsstaaten der EU abzielt, unter Berück- sichtigung aller relevanten Aspekte zustimmen kann oder nicht. Anlage 32 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurf eines Gesetzes zur Einrichtung eines Registers über unzuverläs- sige Unternehmen (Korruptionsregister-Gesetz) (Zusatztagesordnungspunkt 13) Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU): Worüber wir hier heute debattieren, dürfte uns doch allen sehr bekannt vorkommen. Wir erinnern uns nur zu gut, dass Sie, meine lieben Kolleginnen und Kollegen von den Grü- nen, in der 16. Wahlperiode schon einmal einen Gesetz- entwurf zur Einrichtung eines Korruptionsregisters vor- gelegt hatten. Diesen Entwurf hatten wir aus guten Gründen abgelehnt. Es zeichnet Sie ja grundsätzlich aus, dass Sie nicht so schnell aufgeben und hartnäckig bleiben, wenn Sie ein Ziel vor Augen haben. Aber Sie sollten auch bedenken, dass Hartnäckigkeit oft schnell in Verbissenheit um- schlägt, und das lässt einen nicht unbedingt sympathi- scher, geschweige denn kompetenter wirken. Auch bei Ihrem Gesetz zur Einrichtung eines Korrup- tionsregisters sollten Sie einsehen, dass es keinen Sinn macht. Hierfür nenne ich Ihnen auch gerne die Gründe: Erstens. Der Entwurf kommt zur falschen Zeit. Die Ein- führung eines bundesweiten Korruptionsregisters kann nicht isoliert von der Umsetzung der in den nächsten Monaten zu erwartenden neuen EU-Vorgaben zum Ver- gaberecht erfolgen. Die neuen EU-Richtlinien werden einen Katalog zwingender und fakultativer Gründe für den Ausschluss von Bietern enthalten. Zudem werden sie auch die Voraussetzungen und Modalitäten der mög- lichen Selbstreinigung von Bietern nach Korruptionsta- ten regeln. Die Einführung eines Korruptionsregisters sollte deshalb erst in der nächsten Legislaturperiode zu- sammen mit der Umsetzung der neuen EU-Vorgaben an- gegangen werden. Zweitens. Auch wenn die Einführung eines bundesweiten Korruptionsregisters zwar an sich erwägenswert erscheint, ist Ihr Entwurf dafür nicht die geeignete Grundlage. Die Einführung eines Korruptions- registers setzt die Klärung wichtiger Fragen voraus, die in s d te v in m E te v fü b fä w ri R w A fo A h Im re m a e s v S e li tr M m n lä g re u u fü a h u G F w V e a fü a h w s (C (D Ihrem Gesetzesvorschlag nicht ausreichend berück- ichtigt oder nicht zufriedenstellend gelöst wurden. Bei er öffentlichen Anhörung am 25. Februar 2013 wurden ilweise deutliche Bedenken gegen einzelne Punkte des orgelegten Gesetzentwurfs geäußert. Eine Eintragung ein solches Register stellt für das betroffene Unterneh- en einen Grundrechtseingriff dar. Außerdem kann eine intragung eine Prangerwirkung für das betroffene Un- rnehmen oder einzelne Personen haben. Mögliche gra- ierende Folgen reichen bis hin zur Existenzgefährdung r ein Unternehmen und mithin der Arbeitsplätze. Vor diesem Hintergrund muss die Ausgestaltung eines undesweiten Korruptionsregisters im Einzelnen sorg- ltig geprüft werden. Insbesondere muss sichergestellt erden, dass es einen Anspruch auf Löschung einer un- chtigen Eintragung gibt. Ferner muss die Regelung des echtsschutzes genau geprüft werden. Bei der Anhörung urde zu Recht kritisiert, dass im Gesetzentwurf die uflistung der Delikte, derentwegen eine Eintragung er- lgen soll, nicht abschließend sei. Das erfülle nicht die nforderungen an die Normenklarheit und -bestimmt- eit, die bei einem Grundrechtseingriff zu stellen sind. Übrigen ist der Name Korruptionsregister irrefüh- nd, wenn auch Delikte einzutragen seien, die nichts it Korruption zu tun haben. Auch der Punkt, ab wann keine vernünftigen Zweifel n der Täterschaft bestehen und deshalb eine Eintragung rfolgen muss, sollte klarer als in dem vorgelegten Ge- etzentwurf geregelt werden. Es können durchaus noch ernünftige Zweifel an der Schuld bestehen, wenn ein trafverfahren nach § 153 a StPO eingestellt wird oder ine zivilrechtliche Verurteilung zu Schadensersatz vor- egt. Daher sollte dann möglicherweise noch keine Ein- agung erfolgen. Die Regelung, wonach eine Eintragung erst sechs onate nachdem ein Unternehmen Selbstreinigungs- aßnahmen durchgeführt hat, gelöscht werden kann, ist icht überzeugend. Wenn das Unternehmen seine Zuver- ssigkeit durch Selbstreinigungsmaßnahmen wiederher- estellt hat, muss die Eintragung sofort gelöscht werden. Das Verhältnis eines Korruptionsregisters zu den be- its bestehenden Registern – dem Bundeszentralregister nd dem Gewerbezentralregister – muss geklärt werden, m eine optimale Verzahnung zu erreichen. Vor der Ein- hrung eines bundesweiten Korruptionsregisters wird uch eingehend zu prüfen sein, welche Verwaltungsbe- örde in welchem Geschäftsbereich mit der Einrichtung nd Führung des Registers beauftragt werden soll. Der esetzentwurf sieht das BAFA als Registerbehörde vor. ür diese zusätzliche Aufgabe stehen dem BAFA aber ohl keine hinreichenden Personal- und Sachmittel zur erfügung. Außerdem müsste geprüft werden, ob nicht ine andere Behörde besser dafür geeignet wäre. Ein solches Register sollte so effizient wie möglich usgestaltet werden, um die bürokratischen Belastungen r die Vergabestellen, die Strafverfolgungsbehörden, ber auch die Unternehmen so gering wie möglich zu alten. Dafür muss unter anderem geklärt werden, ab elchem Auftragswert eine Abfragepflicht der Vergabe- telle besteht und ob sie nur im Hinblick auf den erfolg- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32407 (A) ) )(B) reichen Bieter oder im Hinblick auf alle Bieter eine Ein- tragung abfragen muss. Sie sehen, dass es sich um einen Gesetzentwurf han- delt, der viele inhaltliche Fragen aufwirft, teilweise un- präzise ist und der zur falschen Zeit kommt. Deshalb muss ich Ihnen leider sagen, meine Kolleginnen und Kollegen, dass Sie aus Ihren Fehlern der 16. Wahlpe- riode offenbar nicht viel gelernt haben und es auch jetzt wieder gute Gründe für uns gibt, warum wir Ihren Ge- setzentwurf ablehnen müssen. Es wäre einer guten Poli- tik für unser Land dienlich, wenn Sie sich an den Reali- täten orientieren und ausgereifte Vorschläge vorlegen würden. Nicht nur dieser Fall zeigt, dass Sie damit Pro- bleme haben. Deshalb ist es auch gut, dass nicht Sie, sondern die christlich-liberale Koalition die Regierung stellen. Ingo Egloff (SPD): Nach geltendem Vergaberecht sollen öffentliche Aufträge nur an gesetzestreue und zu- verlässige Firmen vergeben werden. So bestimmt es § 97 Abs. 4 GWB und die in seinem Gefolge erlassenen un- tergesetzlichen Regeln von VOL, VOB, VOF und SektVO. Diese Regelung hat der Gesetzgeber aus gutem Grund getroffen; denn gerade wenn öffentliche Aufträge verge- ben werden, die mit Steuergeld finanziert werden, hat die Bevölkerung ein Recht darauf, dass diese Gelder nur an gesetzestreue Auftragnehmer gezahlt werden, und die unterlegenen Mitbewerber haben ein Anrecht darauf, dass sich niemand aufgrund eines Gesetzesverstoßes ei- nen Vorteil bei der Erlangung eines öffentlichen Auftra- ges verschafft. Dies hat wettbewerbsrechtliche Gründe, aber auch solche der Staatsräson, muss doch der Staat als Auftrag- geber darauf achten, dass sich die Firmen, die er beauf- tragt, an Gesetze halten, und zwar nicht nur an die Regeln des Wettbewerbsrechtes, sondern auch an solche des Sozialversicherungsrechts; denn die Einhaltung die- ser Bestimmungen ist konstitutiv für unseren sozialen Rechtsstaat. Deshalb begrüßt die SPD den Gesetzentwurf von Bündnis 90/Die Grünen über die Einrichtung eines Korruptionsregisters ausdrücklich und unterstützt ihn. Es ist auch richtig, dass über den Tatbestand der Kor- ruption hinaus weitere Straftaten und Verstöße gegen unterschiedlichste Gesetze aufgegriffen werden. Ein Staat, der von seinen Unternehmen verlangt, dass sie sich auch im internationalen Wettbewerb an Compli- ance- und Governance-Regeln halten, muss ein In- strument schaffen, das es gewährleistet, dass sich nur ge- setzestreue Unternehmen an öffentlichen Aufträgen beteiligen dürfen. Die bundesweite Regelung sorgt dafür, dass hier der Vorwurf nicht greift, der verschiedentlich gegen von Bundesländern eingeführte Regelungen erhoben wird: Unternehmen können dann nämlich nicht durch Wechsel des Bundeslandes dieser Meldung ausweichen, sondern hier wird bundesweit erfasst, wer gegen solche Regeln verstoßen hat. § d R b d m d h R d s s s m S tr g im d s n M g w P s lu le h Ih n B n G D E s d ti b s s v V s z a K re e (C (D Insbesondere begrüße ich die klare Regel in 3 Abs. 2 des Gesetzentwurfes, unter welchen Umstän- en Unternehmen beziehungsweise Unternehmer dem egister gemeldet werden dürfen. Dies verhindert Miss- rauch und schafft auch Vertrauen in das Register. Nun soll niemand meinen, dass das Register Aus- ruck eines allgemeinen Misstrauens gegen Unterneh- er und Unternehmen ist. Das Gegenteil ist der Fall, und ie große Zahl von Unternehmen, die sich korrekt ver- alten, muss folglich auch keine Angst vor einer solchen egelung haben. Deshalb begrüßen wir, dass sich der Bundesverband er Deutschen Industrie und der Deutsche Gewerk- chaftsbund grundsätzlich für ein solches Register aus- prechen. Wir sollten im Interesse und zum Schutz der ich überwiegend gesetzestreu verhaltenden Unterneh- en diese Regelung beschließen, damit den schwarzen chafen von vornherein deutlich wird: Öffentliche Auf- äge werden sie nicht bekommen, wenn ihr Verhalten egen Gesetze verstößt. Kein Verständnis haben wir dafür, dass die Koalition Wirtschaftsausschuss durch ständige Vertagung – mit er Argumentation, irgendwann würde es eine europäi- che Lösung geben – eine Beschlussfassung und Positio- ierung verhindern wollte. Dies erinnert fatal an ihre auertaktik beim Thema Abgeordnetenbestechung. Aber lassen Sie sich sagen: Die Zeit arbeitet hier ge- en Sie. Die allgemeine Akzeptanz von Organisationen ie Transparency International in Verbindung mit dem aradigmenwechsel, der bei den Unternehmen selbst tattgefunden hat, wird dafür sorgen, dass diese Rege- ng kommt. Die Entwicklung wird Sie einfach überrol- n, und dann müssen Sie sehen, dass Sie überhaupt noch interherkommen. Auf der Höhe der Zeit sind Sie mit rer Auffassung jedenfalls nicht. Wir stimmen dem Gesetzentwurf zu, weil er gut und otwendig ist. Dr. Martin Lindner (Berlin) (FDP): Der vorliegende ericht des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie immt gemäß § 62 Abs. 2 der Geschäftsordnung zu dem esetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, rucksache 17/11415, Stellung. Wichtige Fragen zur inführung eines bundesweiten Korruptionsregisters ind nicht ausreichend berücksichtigt oder nicht zufrie- enstellend gelöst worden. Der Gesetzentwurf der Frak- on Bündnis 90/Die Grünen greift hier zu kurz. Auch ei der öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Wirt- chaft und Technologie am 25. Februar 2013 haben wir chon deutliche Bedenken gegen einzelne Punkte des orgelegten Gesetzentwurfs geäußert. In den nächsten Monaten erwarten wir die neuen EU- orgaben zum Vergaberecht. Gegenwärtig wird in Brüs- el das Legislativpaket der Europäischen Kommission ur Modernisierung des Vergaberechts beraten, welches uch Regelungen über den Ausschluss von wegen orruption verurteilten Unternehmen sowie zur Selbst- inigung enthält. Die Forderung nach der Einführung ines bundesweiten Korruptionsregisters darf nicht iso- 32408 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 (A) ) )(B) liert von der sich schon abzeichnenden EU-Richtlinien- umsetzung erfolgen. Die neuen EU-Richtlinien werden einen Katalog zwingender und fakultativer Gründe für den Ausschluss von Bietern enthalten. Zudem werden sie auch die Voraussetzungen und Modalitäten der mög- lichen Selbstreinigung von Bietern nach Korruptionsta- ten regeln. Denn eine solche Eintragung in ein bundesweites Korruptionsregister stellt für das betroffene Unterneh- men einen weitgehenden Eingriff dar. Es können gravie- rende Folgen für die Existenz von Unternehmen entste- hen, und dies muss gut überlegt sein. Daher müssen wir die Ausgestaltung dieses Registers im Einzelnen sorgfäl- tig prüfen und auch klären, wann ein Anspruch auf Lö- schung besteht. Auch der Vorschlag, sechs Monate nach der Selbstreinigung eines Unternehmens eine Lösung in diesem Register zu vollziehen, ist nicht zu Ende gedacht. Die Eintragung des Unternehmens in dem Register sollte direkt nach den Maßnahmen der Selbstreinigung und die damit verbundene Herstellung der Zuverlässigkeit sofort gelöscht werden. Zu den weiteren Schwachpunkten des Antrages von Bündnis 90/Die Grünen gehört die Klarstellung, ab wann ein vernünftiger Zweifel an der Täterschaft besteht und daraus resultierend keine Eintragung in dieses Re- gister geschehen soll. Es können durchaus noch vernünf- tige Zweifel an der Schuld bestehen, wenn ein Strafver- fahren nach § 153 a StPO eingestellt wird oder eine zivilrechtliche Verurteilung zu Schadensersatz vorliegt. Der Gesetzentwurf sieht das BAFA als Registerbe- hörde vor. Für diese zusätzliche Aufgabe stehen dem BAFA aber keine hinreichenden Personal- und Sachmit- tel zur Verfügung. Außerdem müsste geprüft werden, ob nicht eine andere Behörde besser dafür geeignet wäre. Um die bürokratischen Belastungen für die Vergabestel- len, die Strafverfolgungsbehörden, aber auch die Unter- nehmen so gering wie möglich zu halten, muss vor allem geklärt werden, ab welchem Auftragswert eine Abfrage- pflicht der Vergabestelle besteht und ob sie nur im Hin- blick auf den erfolgreichen Bieter oder im Hinblick auf alle Bieter eine Eintragung abfragen muss. Die Initiative der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ist nicht zu Ende gedacht. Deshalb stimmen wir dem Be- richt des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie zu und lehnen den Grünen-Antrag ab. Werner Dreibus (DIE LINKE): 400 Milliarden Euro geben die Vergabestellen des Bundes, der Länder und der Kommunen jedes Jahr für die öffentliche Beschaf- fung von Gütern und Dienstleistungen aus. Die öffentli- che Auftragsvergabe entspricht damit immerhin 17 Pro- zent des Bruttoinlandsproduktes. Angesichts dieser großen wirtschaftlichen Bedeutung ist es schon erstaun- lich, wie lax mit den Steuermilliarden umgegangen wird. Öffentliche Auftraggeber haben keine Möglichkeit, die Zuverlässigkeit und Gesetzestreue der Unternehmen, die für die oft millionenschweren Aufträge bieten, anhand bundesweiter, fundierter Informationen zu überprüfen. Dank Union, FDP und SPD, die die Einführung eines zentralen Korruptionsregisters in den letzten Jahren er- fo B z D b F g ü g U w m S b ti D d s F R W im B g W d ti b z b li ti A s D d d fa D n s le z V p ri b le A te B In u N (C (D lgreich verhinderten, existieren heute nur in einigen undesländern Korruptionsregister. Mit diesen werden war gute Erfahrungen gemacht, sie erfassen aber nur aten innerhalb ihrer Landesgrenzen. Das ist ein unhalt- arer Zustand! Insofern ist es wirklich skandalös, wie Union und DP die Beratung des Gesetzentwurfs mit fadenscheini- en Begründungen verschleppt und eine Abstimmung ber die Einführung eines bundesweiten Korruptionsre- isters verhindert haben. Meine Damen und Herren von nion und FDP, Sie machen sich durch diese Arbeitsver- eigerung zu Handlangern von Unternehmen, die sich ittels Korruption und der Umgehung von Arbeits- und ozialstandards auf Kosten der Steuerzahler einen Wett- ewerbsvorteil verschaffen wollen. Wie wichtig die Schaffung einer zentralen Informa- onsgrundlage zur Überprüfung von Unternehmen in eutschland ist, zeigt eine Auswahl von namhaften eutschen Unternehmen, die es mit Korruption und Be- techung in die Presse geschafft haben: Siemens, MAN, errostahl, Daimler, Infineon, ThyssenKrupp oder heinmetall. Auch die riesigen Schadenssummen durch irtschaftskriminalität im Allgemeinen und Korruption Besonderen, die das Bundeskriminalamt in seinem undeslagebild veröffentlicht, verdeutlichen den drin- enden Handlungsbedarf. Demnach entstand 2010 durch irtschaftskriminalität ein gesamtwirtschaftlicher Scha- en von 4,65 Milliarden Euro. Aus Korruption resul- erte 2011 ein Schaden von circa 276 Millionen Euro. In eiden Bereichen müssen wir von einer großen Dunkel- iffer ausgehen. Die Linke unterstützt deshalb die Einführung eines undesweiten Korruptionsregisters, auch wenn natür- ch weitere Maßnahmen notwendig sind, damit Korrup- on verhindert wird und Unternehmen Tarifverträge, rbeits- und Sozialstandards und andere Rechtsvor- chriften tatsächlich einhalten. Die Sachverständige des GB, Frau Dr. Gazaleh Nassibi, hat in der Anhörung zu iesem Gesetzentwurf zu Recht darauf hingewiesen, ass es ebenso dringend wirksamer Kontrollen zur Er- ssung der Verstöße bedarf. Die Linke fordert wie der GB bereits seit Jahren, dass die dafür zuständige Fi- anzkontrolle Schwarzarbeit personell massiv aufge- tockt wird, um mit mehr Kontrollen gegen die kriminel- n Lohndumpingstrategien der Unternehmen vorgehen u können. Andere wichtige Punkte sind zum Beispiel ergabegesetze, die die Unternehmen zur Tariftreue ver- flichten und die europarechtliche Absicherung von Ta- ftreueerklärungen. Dennoch hätten wir heute mit der Einführung eines undesweiten Korruptionsregisters einen Beitrag dafür isten können und leisten müssen, dass bei öffentlichen ufträgen künftig geltende Standards besser eingehal- n, Steuergelder effektiver verwendet werden und die ürgerinnen und Bürger eine qualitativ hochwertigere frastruktur und Verwaltung erhalten. Das haben Union nd FDP leider wieder verhindert. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- EN): Leider darf sich das Plenum des Bundestages Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32409 (A) ) )(B) heute nicht mit dem Gesetzentwurf der Grünen-Fraktion befassen. Stattdessen müssen wir uns mit dem Bericht des Ausschusses auseinandersetzen, warum die Union und die FDP die Schaffung eines wichtigen Instruments im Kampf gegen Korruption, illegale Leiharbeit und an- dere Wirtschaftskriminalität verweigern. Die Koalition scheut sich ganz offensichtlich, hier im Plenum inhaltlich offen gegen unseren Vorschlag zu stimmen. Innen- sowie Finanzministerinnen und -minister von Bund und Ländern fordern in ihren Konferenzen unisono seit vielen Jahren ein zentrales Register, ebenso der Bun- desrat 2008 und Verbände wie Transparency Internatio- nal sowieso. Ich selbst und die Grünen-Fraktion setzen uns schon seit fast 20 Jahren für ein solches Zentralregister ein. Die bisher von uns 1995, 1998, 2002 und 2009 eingebrach- ten Anträge und Gesetzentwürfe wurden abgelehnt. In- zwischen ist die SPD einsichtig und unterstützt unseren Vorschlag. Angesichts dieser langen Bemühungen auf allen Ebe- nen von Bund und Ländern um ein zentrales Register sind die anhaltenden schwarz-gelben Störmanöver deut- lich sichtbar. Das Unternehmensklientel der Regierungs- koalitionen wird nun Beifall klatschen, dass dieser Kelch nochmal an ihr vorüber ging. Die werden nun womög- lich sogar die Dankeschönspenden für Schwarz-Gelb üppiger fließen lassen. Wegen Fehlens eines zentralen Korruptionsregisters werden Vergabestellen von Bund, Ländern und Kommu- nen etwa großen Unternehmen wie Siemens(-Nokia), Hochtief oder ThyssenKrupp weiter öffentliche Aufträge erteilen, obwohl die Unternehmen regional oder im Aus- land wiederkehrend korruptiv, kriminell oder gewerblich unzuverlässig auffielen. Unser Gesetzentwurf war seit dem 22. November 2012 dem Wirtschaftsausschuss des Bundestages feder- führend zur Beratung überwiesen. Nach der Geschäfts- ordnung war dieser Ausschuss zur „baldigen Erledi- gung“ dieser Beratung verpflichtet. Der Ausschuss führte eine Sachverständigenanhörung im Februar durch. Die eingeladenen Experten bestätigen einhellig, wie nötig das von uns vorgeschlagene Register ist. Ei- nige wenige Detailbedenken einzelner Experten dort hät- ten keine Veränderung unseres Entwurfs erfordert. Doch danach gefielen sich die Regierungsfraktionen im Ausschuss in Arbeitsverweigerung und setzten die dortige Beratung unseres Entwurfs fünf Sitzungswochen nacheinander wieder von der Tagesordnung ab: jeweils mit ihrer Mehrheit gegen unseren Widerstand und ohne inhaltliche Begründung. Schwarz-Gelb nötigte uns so- gar, unseren Entwurf dem Nationalen Normenkontrollrat zur Prüfung vorzulegen, obwohl der eigentlich Gesetzes- initiatoren nur auf deren eigenen Wunsch hin beraten soll. Derweil lehnte die Koalition in zwei mitberatenden Ausschüssen unseren Gesetzentwurf bereits im April ruck-zuck inhaltlich ab. Warum scheuten sich Union und F im g A z R v s n w li n F U d D u v k li z H v d K U lä n R U d ri fo s d b d K k d N v c v v b s fa b la ra S s re n n (C (D DP, sich gegen schärfere Korruptionsbekämpfung auch Wirtschaftsausschuss und offen im Plenum festzule- en? Die Gründe dafür, die nun im heute beratenen usschussbericht erstmals nachgeschoben werden, über- eugen in ihrer Dürftigkeit nicht. Unser Gesetzentwurf für ein bundeseinheitliches egister über unzuverlässige Unternehmen soll eine gra- ierende Regelungslücke im deutschen Föderalismus chließen. Denn bei der Ahndung von Wirtschaftskrimi- alität und Sanktionen gegen bestimmte Kriminelle so- ie bei Vergabe öffentlicher Aufträge weiß heute die nke Hand nicht, was die rechte tut: Flensburg weiß ichts von korruptiven Vorgängen und Unternehmen in riedrichshafen, Dresden nichts über Düsseldorf. Öffentliche Aufträge dürfen nur an „zuverlässige“ nternehmen vergeben werden; das sieht schon heute as Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen vor. och in der Praxis sind den Vergabestellen der Länder nd Kommunen für öffentliche Aufträge die anderswo orhandenen Erkenntnisse über solche Unzuverlässig- eit von Bietern um solche Aufträge oft nicht zugäng- ch. Es existieren zwar Register mit Notierungen in ahlreichen Bundesländern schon seit 1997, etwa in essen. Doch ohne eine bundeszentrale Erfassung dieser erstreuten Informationen erfahren die Register sowie ie öffentlichen Auftraggeber in Bund, Ländern und ommunen vielfach nichts von auffällig gewordenen nternehmen bzw. Personen in jeweils anderen Bundes- ndern. Transparency International und ähnliche Orga- isationen fordern daher seit Jahren ein bundeszentrales egister: als ein zentrales Instrument, damit solche nternehmen nicht quasi zur Belohnung noch Steuergel- er erhalten in Gestalt öffentlicher Aufträge. Soweit unser Gesetzentwurf nun im Untätigkeitsbe- cht als „nicht beratungsreif“ erklärt wird, ist das schon rmell eine Anmaßung. Die angeblichen Hindernisse ind während der letzten 20 Jahre in der Fachwelt und in er langen Gesetzgebungsgeschichte um das Register ereits derart intensiv diskutiert und reflektiert worden, ass man hier nur von durchsichtigen Vorwänden der oalition sprechen kann. Auch die Brüsseler Beratungen über das Legislativpa- et der Europäischen Kommission zur Modernisierung es Vergaberechts müssen nicht abgewartet werden. ach den nun auslaufenden Verhandlungen darüber ist öllig ungewiss, ob, wann und gegebenenfalls mit wel- hem Inhalt ein Kompromisstext dazu wie erforderlich om Europäischen Parlament und dem Europäischen Rat erabschiedet werden könnte. Jedenfalls sehen auch die isher vorgelegten Entwürfe – etwa in Art. 55 – Aus- chlüsse korruptiv auffälliger Unternehmen vor. Und lls dies in Brüssel wirklich einmal verabschiedet wird, liebe danach jedenfalls bei der Umsetzung in Deutsch- nd ausreichend gesetzgeberischer Gestaltungsspiel- um zur Frage, wie Informationen über die „schwarzen chafe“ ermittelt und registriert werden sollen. Daher perren die Brüsseler Diskussionen um die Vergabe- chtsmodernisierung also die Befassung mit dem grü- en Gesetzentwurf Korruptionsregister in Wirklichkeit icht, wie die Koalition glauben machen will. 32410 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 (A) ) )(B) Die Grünen wollen mit dem vorgelegten Gesetzent- wurf nicht die Wirtschaft knebeln, sondern vielmehr gleiche Wettbewerbsbedingungen unter den Bietern um öffentliche Aufträge sicherstellen. Fairer Wettbewerb, darum geht es. Und darum, Korruption wirksamer zu be- kämpfen, um Staat und Steuerzahler vor Schaden zu schützen. Anlage 33 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Stärkung des Aus- baus von grenzüberschreitenden Schienenver- kehrsachsen (Zusatztagesordnungspunkt 15) Karl Holmeier (CDU/CSU): In der politischen, wirt- schaftlichen und gesellschaftlichen Realität sind die Grenzen nach Osteuropa schon lange offen. Deutschland liegt mittlerweile in der Mitte Europas. Ich selbst kann das aus meiner praktischen Erfahrung nur bestätigen. Mein ostbayerischer Wahlkreis liegt di- rekt an der Grenze zur Tschechischen Republik, und die Entwicklung der vergangenen Jahre zeigt, dass wir zwi- schenzeitlich kein klassisches Grenzgebiet mehr, son- dern mit den tschechischen Nachbarn sehr eng verbun- den sind. Wir entwickeln uns immer mehr zu einem einheitli- chen Wirtschafts-, Lebens- und Kulturraum. Leider hinkt die Verkehrsinfrastruktur dieser Ent- wicklung vielerorts noch hinterher, vor allem auf der Schiene und im ländlichen Raum. Auch dies bestätigen mir meine persönlichen Erfah- rungen aus meinem Wahlkreis. Seit Jahren kämpfen wir in der Region um eine attraktive Bahnverbindung von München nach Prag. Bislang dauert jedoch eine Zug- fahrt in der einzig verfügbaren Nahverkehrsanbindung unverändert sechs Stunden. Mit dem Auto schafft man die Strecke in drei Stunden. Welches Verkehrsmittel die Menschen wählen, können Sie sich selbst denken. Die EU-Kommission hat sich dieses Problems ange- nommen und im Oktober 2011 einen Vorschlag mit neuen Leitlinien für die transeuropäischen Verkehrs- netze, den sogenannten TEN-V-Leitlinien, vorgelegt. Herzstück dieser Leitlinien ist ein transeuropäisches Kernnetz, das zentrale und strategisch wichtige Knoten- punkte wie große Städte, Flughäfen oder Häfen mitei- nander verbindet. Damit verfolgt die EU-Kommission einen komplett neuen Ansatz als dies bisher in Europa und auch in Deutschland immer der Fall war. In der Vergangenheit lag der Schwerpunkt immer auf dem Ausbau von Ver- bindungen mit einer hohen Verkehrsbelastung und einer besonders hohen Wirtschaftlichkeit. Das ist jetzt anders. Mit dem neuen Kernnetz entsteht ein echtes transeuro- päisches Verkehrsnetz, das diesen Namen auch verdient. Die Verhandlungen über die neuen Leitlinien konnten zwischenzeitlich beendet werden und ich freue mich, d k tu T n g b P g K d s w s g A d c R c s s A la ra g s g R d ti s fü A d w z d d E in V s v o g (C (D ass viele wichtige grenzüberschreitende Schienenver- ehrsachsen durch Deutschland und vor allem in Rich- ng unserer osteuropäischen Nachbarländer Polen und schechien Bestandteil dieses neuen europäischen Kern- etzes geworden sind. Die Verbindung von München nach Prag ist hier übri- ens dabei. Das freut mich aus regionaler Sicht natürlich esonders, auch weil ich mich persönlich sehr für dieses rojekt eingesetzt und hierzu viele Gespräche in Brüssel eführt habe. Mit der Festlegung der Strecken und Korridore des ernnetzes ist ein bedeutender Schritt dahin gelungen, ass Deutschland auch bei der Schienenverkehrsinfra- truktur seiner Rolle als Mittelpunkt Europas gerecht erden kann. Die christlich-liberale Koalition hat nun nach Ab- chluss der Verhandlungen den nächsten Schritt in An- riff genommen. Bekanntlich laufen derzeit die Vorbereitungen für die ufstellung des Bundesverkehrswegeplanes 2015. Mit em vorliegenden Koalitionsantrag stellen wir in der hristlich-liberalen Koalition nun sicher, dass in diesem ahmen auch die Maßgaben der TEN-Leitlinien entspre- hend priorisiert werden. Die in das EU-Kernnetz aufgenommenen Projekte ollen nach den TEN-Leitlinien bis 2030 fertiggestellt ein. Dieser Vorgabe müssen und wollen wir bei der ufstellung des Bundesverkehrswegeplanes in Deutsch- nd Rechnung tragen. Wir fordern daher die Bundesregierung auf, die Vo- ussetzungen dafür zu schaffen, dass die im Kernnetz enannten grenzüberschreitenden Schienenverkehrsach- en auch tatsächlich im Bundesverkehrswegeplan wider- espiegelt werden. Das ist zugleich eine große Chance für den ländlichen aum. Denn aufgrund des Ansatzes, mit dem Kernnetz ie Zentren miteinander zu verbinden, werden gleichzei- g die dazwischen liegenden ländlichen und struktur- chwachen Regionen erschlossen. Das neue transeuropäische Netz ist also ein Gewinn r alle Regionen in Europa. Und mit dem vorliegenden ntrag tragen wir in der christlich-liberalen Koalition azu bei, dass dieses Netz auch für Deutschland ein Ge- inn wird. Ich kann Sie daher nur alle ermuntern, diesem Antrag uzustimmen. Die Menschen in Ihren Wahlkreisen wer- en es Ihnen danken. Arnold Vaatz (CDU/CSU): Verkehrsinfrastruktur ist ie Voraussetzung für eine erfolgreiche wirtschaftliche ntwicklung von Wirtschaftregionen. Die Qualität der frastrukturellen Einrichtungen und die bestehenden erbindungsangebote für den Gütertransport und die Ge- chäftsreisenden sind für die Standortentscheidungen on Unternehmen mitentscheidend – bisher ein Stand- rtvorteil Deutschlands. Die verkehrliche Anbindung roßer deutscher Wirtschaftszentren an andere europäi- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32411 (A) ) )(B) sche Zentren hat mit der Öffnung Osteuropas an Bedeu- tung gewonnen, der verkehrliche Mittelpunkt der euro- päischen Logistikwirtschaft hat sich in den Osten Deutschlands verschoben. Hierdurch ergeben sich neue Chancen für die Weiterentwicklung der deutschen Wirt- schaftsräume, gerade in den bisherigen geografischen Randlagen Deutschlands. Die wirtschaftliche Entwick- lung strukturschwacher Randgebiete kann nur durch eine gute Erreichbarkeit von Zentren und die Anbindung an das überregionale Verkehrsnetz erfolgen. Gute grenz- überschreitende Verkehrsverbindungen für den Güter- und Personenverkehr sind ein entscheidender Faktor, um die regionalen Potenziale besser zu nutzen und die Wett- bewerbsfähigkeit im wachsenden europäischen Binnen- markt zu stärken. Deutschland hat sich in mehreren zwischenstaatlichen Erklärungen zu internationalen Schienenkorridoren und bilateralen Infrastrukturprojekten verpflichtet. Auch im Hinblick auf die EU-Osterweiterung wurden bereits im Bundesverkehrswegeplan 2003 für das transeuropäische Verkehrsnetz in Ost-West-Ausrichtung wichtige Projekte benannt, die den Erfordernissen der wachsenden grenz- überschreitenden Personen- und Güterverkehre zwi- schen Deutschland und seinen östlichen Nachbarländern nachkommen sollten. Des Weiteren hat die Europäische Kommission ihren Verordnungsvorschlag zu den TEN-Leitlinien im Okto- ber 2011 zur Schaffung eines einheitlichen europäischen Verkehrsnetzes, TEN-V, für Straßen, Schienenwege, Wasserstraßen und Flughäfen definiert. Ziel ist es, die noch wichtigen fehlenden europäischen Verbindungen zwischen den europäischen Verkehrsknoten und Zentren herzustellen sowie die wichtigsten Häfen und Flughäfen an das Schienennetz besser anzubinden. Zudem sollen mit dem Kernnetz zahlreiche große grenzüberschrei- tende Vorhaben bis 2030 verwirklicht werden. Um das transeuropäische Verkehrsnetz, insbesondere das Kernnetz, realisieren zu können, hat die Kommission zehn länderübergreifende Entwicklungskorridore be- nannt; davon führen sechs durch Deutschland. Für mich besonders wichtig sind die zwei Verbindungen; die durch Ostdeutschland zu den Nachbarstaaten Polen und Tschechien führen: Warschau–Berlin–Amsterdam/Rot- terdam–Midlands (Ost-West), Hamburg/Rostock–Ber- lin–Dresden–Prag–Bratislava–Budapest–Piraeus (Nord- Süd). Die Nord-Süd-Relation ist mit dem Baltisch-Adria- tischen Korridor und dem Straßburg-Donau-Korridor verknüpft, was den für Deutschland wichtigen Vier- Meeres-Korridor – Nord-/Ostsee, Adria, Schwarzes Meer – für den Schienenfernverkehr abbildet. Dafür ist der Ausbau des Abschnitts Berlin–Dresden–Prag für den Hochgeschwindigkeitspersonenverkehr, 200 Stunden- kilometer, und als leistungsfähige Güterverkehrsverbin- dung auszubauen. Dazu gehört mittelfristig auch die Entlastung der Elbtalstrecke durch eine Neubaustrecke für den grenzüberschreitenden Güter- und Personenfern- verkehr. In den vordringlichen Bedarf des Bundesver- kehrswegeplans 2003, BVWP, wurden wichtige grenz- überschreitende Schienenprojekte zur Anbindung an die ö s d O ü li s s le v S n R d li N d k v b b o a B k li W S n a d fü D te ic ro n e d a ti v w fü w m m w d L d E (C (D stlichen Nachbarländer aufgenommen. Die Projekte ind jedoch nicht oder nur teilweise fertiggestellt. Insgesamt ist festzustellen, dass sich leider seit der eutschen Einheit an den Schienenverbindungen West- st, die die Grenze zu unseren östlichen Nachbarländern berschreiten, zu wenig getan hat. Das Netz weist erheb- che Lücken auf. So sind unter anderem die ostdeut- chen Städte vergleichsweise unterdurchschnittlich bis chlecht über das Bundesschienennetz zu erreichen. Feh- nde Elektrifizierungen schmälern das Nah- und Fern- erkehrsangebot. Die Fernverkehrsangebote für den chienenpersonenfernverkehr im Hochgeschwindigkeits- etz sind nicht attraktiv. So sind die Taktung und die eisezeiten zu lang, die verkehrenden Züge nicht auf em heutigen Qualitätsniveau, zum Beispiel Ber- n–Dresden–Prag, wichtige Strecken werden nur über ahverkehrsangebote bedient, zum Beispiel Dres- en–Görlitz–Breslau. Wir wollen, dass mit der Aufstellung des Bundesver- ehrswegeplans 2015 eine Priorisierung des Ausbaus on grenzüberschreitenden Verkehrsachsen für die An- indung der deutschen Wirtschaftsräume an die Nach- arländer ermöglicht wird. Für Deutschlands Grenzregi- nen, zum Beispiel die an Polen und Tschechien ngrenzenden, ist es wichtig, mit der Verbesserung der undesschienenwege in den transeuropäischen Ver- ehrskorridoren die Chancen zu wahren, sich wirtschaft- ch weiterzuentwickeln und im Netz der internationalen arenströme eine zentrale Rolle einnehmen zu können. o können gerade in Ostdeutschland zahlreiche Schie- enstrecken mit einer Elektrifizierung, die leider noch ussteht, für die Verbesserung des grenzüberschreiten- en Personenverkehrs mit annehmbaren Reisezeiten hren. Hierfür ist die Strecke von meiner Heimatstadt resden über Görlitz und weiter nach Tschechien ein gu- s Beispiel. Für die Forcierung dieser Ausbaumaßnahmen bitte h Sie alle, sich im Rahmen der Gestaltung der transeu- päischen Verkehrsnetze und bei der Aufstellung des euen Bundesverkehrswegeplans mit Entschiedenheit insetzen. Martin Burkert (SPD): Es ist ein schöner Antrag, en Union und FDP hier vorgelegt haben, ein schöner, ber scheinheiliger Antrag; denn die Regierungskoali- on will mit ihrem von Torschlusspanik geprägten Akti- ismus einen angeblichen Beweis dafür erbringen, wie ichtig grenzüberschreitende Schienenverkehrsachsen r sie seien. Vier Jahre trödeln kann man damit nicht ettmachen. Deshalb können wir uns bei der Abstim- ung über diesen Antrag fremdschämend nur enthalten. Ich bin ja erstaunt, dass anscheinend immerhin zu- indest noch ein, zwei Mitarbeiter damit beauftragt urden, diesen Antrag zu formulieren. Man kann bei ieser Regierung ja schon froh sein, wenn ein Thema im aufe der Legislaturperiode nicht total im Nirwana lan- et. Im Nirwana enden die nationalen Schienenwege in uropa zum Glück nicht, doch wir sind leider immer 32412 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 (A) ) )(B) noch meilenweit entfernt davon, dass man ohne Hinder- nisse europäische Grenzen mit dem Zug passieren kann. Vier ernüchternde Fakten: Es bestehen enorme technische Barrieren wie feh- lende Elektrifizierungen, verschiedene Spurweiten und Stromsysteme oder Signaltechniken. Die europäischen Eisenbahnen arbeiten beispielsweise mit sieben unter- schiedlichen Spurweiten sowie 18 unterschiedlichen Leit- und Sicherungssystemen. Nur 20 der europäischen Großflughäfen und 35 der wichtigsten Häfen sind direkt an das europäische Schie- nennetz angeschlossen. Es bestehen ungleiche Wettbewerbsbedingungen be- ziehungsweise unterschiedliche Rahmenbedingungen für die einzelnen Verkehrsträger. Beispielsweise unter- liegen grenzüberschreitende Züge im Gegensatz zum Luftverkehr in einigen Mitgliedstaaten der Mehrwert- steuer und/oder der Mineralölverbrauchsteuer. Es mangelt auch erheblich an Verbindungen; denn sie weisen – das ergaben aktuelle Marktauswertungen – keine ausreichend starken Verkehrsströme für rentable neue Dienste auf. Insbesondere Marktnischen wie Nachtzugverbindungen bieten dafür wenig Möglichkei- ten. Sie werden von schnelleren Tagzugverbindungen oder durch andere Verkehrsträger wie dem Flugzeug ver- drängt – ganz abgesehen von den Schwierigkeiten, neue grenzüberschreitende Dienste so in den inländischen Fahrplan zu integrieren, dass geeignete Anschlussmög- lichkeiten entstehen. Deshalb müssen wir weiter an einem transeuropäi- schen Verkehrsnetz arbeiten, um aus dem Flickenteppich aus Schienenwegen, aber auch Straßen, Schifffahrtska- nälen und Flughäfen ein einheitliches europäisches Ver- kehrsnetz zu schaffen. 15 000 Kilometer Eisenbahnstrecken sollen europa- weit zusammengeführt und für den Hochgeschwindig- keitsverkehr ausgelegt werden. Das ist gut. Hochge- schwindigkeitsverbindungen zwischen großen Städten weisen die größten Verkehrsströme und damit auch gro- ßes Potenzial auf. Das wird den Reisenden und der Wirt- schaft in ganz Europa zugutekommen. Weder der Indivi- dual- noch der Handelsverkehr endet an den nationalen Grenzen. Dass alle Europäerinnen und Europäer spätestens im Jahr 2050 nur 30 Minuten von einem Zubringernetz nach Rom, Amsterdam oder sonst wo in Europa entfernt sein sollen, ist und bleibt das europäische Ziel. Michael Groß (SPD): „Die schwarz-gelbe Bundes- regierung kann natürlich weiterhin jede Ortsumgehun- gen in Bayern bauen. Oder sie entschließt sich endlich, in ein Infrastrukturnetz für Gesamtdeutschland unter Be- rücksichtigung europäischer und internationaler Korri- dore zu investieren. Investitionen, die sich im Übrigen auszahlen, besonders in einem Exportland wie Deutsch- land.“ Dies ist ein Auszug aus meiner Rede aus dem Jahr 2011 zum europäischen Verkehrsnetz, dem TEN, und dem EU-Weißbuch für Verkehr. Nach weiteren zwei Jah- re s a s b ta d e u u D g d is d d re fä b J a N fe w s h p je d z s e u s g fr d u n z fo D s je n v d u d s R d m S d (C (D n schwarz-gelber Bundesregierung fordert nun die chwarz-gelbe Koalition die eigene Bundesregierung uf, diese grenzüberschreitenden Schienenverkehrsach- en zu stärken. Da bleibt lediglich die Frage: Warum ha- en Sie das in dieser – Ihrer – Regierungszeit nicht ge- n? Ein einheitlicher europäischer Verkehrssektor ist für ie Wirtschaft und die Wettbewerbsfähigkeit der EU von normer Bedeutung. Deutschland ist ein Transitland, nd funktionstüchtige Verkehrsverbindungen sind für ns als Exportnation und den Wirtschaftsstandort eutschland von hoher Bedeutung. Die zehn länderüber- reifenden Korridore des Kernnetzes und insbesondere, ass sechs dieser Korridore durch Deutschland führen, t eine Erkenntnis, die mit diesem Antrag endlich auch ie Koalitionsfraktionen erreicht hat. Ich bin sehr froh arüber, denn die SPD-Bundestagsfraktion hat dies be- its mit stichhaltigen Konzepten auf der Grundlage viel- ltiger Fachgespräche untermauert. Mit klaren Priorisierungen, Engpass- und Staustellen- eseitigung hätte man bereits in den vergangenen vier ahren die wichtigsten Verkehrsachsen durch Deutschland usbauen und stabilisieren können. Unsere europäischen achbarn weisen nicht umsonst auf die mangelnden bis hlenden Anbindungen der Hafenhinterlandverkehre, ie die Betuwe-Linie, und die vereinbarten Zulauf- trecken, beispielsweise für den Brenner-Basistunnel in. Deutschland hinkt hinterher. Zusagen an die euro- äischen Nachbarländer werden verschleppt. Die bereits tzt starke Belastung der Bundesfernverkehrsstraßen urch den Güterverkehr – auch Transitverkehr – wirft in- wischen neue Probleme auf. Marode Brücken, Ver- chleiß der Infrastruktur viel früher als prognostiziert, rfordern jetzt klar Mehrinvestitionen in den Erhalt nserer Verkehrsinfrastruktur. Mangelnde Prioritäten- etzung im Verkehrsnetz, fehlende verkehrsträgerüber- reifende Konzepte für die Bewältigung und umwelt- eundliche Ausgestaltung der Verkehre der Zukunft, ies ist ein schlechtes Zeugnis für den Verkehrsminister. Bis zum Schluss haben die schwarz-gelbe Regierung nd der Verkehrsminister nicht dazugelernt. Für den euen, kommenden Bundesverkehrswegeplan werden uerst die Projektanmeldungen aus den Ländern einge- rdert und wird erst nachträglich ein Konzept erarbeitet. ie Folge: Für den Bundesverkehrswegeplan ab 2016 ind bereits jetzt mehr Projektanmeldungen erfolgt als mals zuvor. Die Länder stecken in der Klemme, kön- en nicht zielgerichtet entscheiden, da es keine Konzept- orgabe gibt. Die Finanzierung wird jedoch zumindest urch Schwarz-Gelb nicht wirklich verbessert. Bereinigt m die Baupreisentwicklung ist der Haushalt 2013 real er niedrigste seit vielen Jahren. Sie leben von der Sub- tanz. Somit ist mit Ihnen ein Verkehrschaos bereits jetzt ealität, und das zulasten der Industrie, des Mittelstan- es, der Arbeitsplätze und derjenigen, die mobil sein üssen. Sabine Leidig (DIE LINKE): In Sachen Ausbau des chienenverkehrs hat diese Regierung vier Jahre lang urch absolute Untätigkeit geglänzt, und nun kommen Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32413 (A) ) )(B) Sie in der allerletzten Sitzungswoche mit einem Schau- fensterantrag ums Eck, der noch nicht mal mehr im Aus- schuss beraten werden kann. Das ist schade; denn das Thema ist zu wichtig, um es hier auf den letzten Metern nebenbei zu behandeln. Ihr Antrag wird wirkungslos bleiben. Das liegt nicht nur am Ende der Legislaturperiode, sondern schlicht und ergreifend daran, dass die Koalition in diesem Antrag nichts fordert, was die Regierung tatsächlich zum sinn- vollen Handeln nötigen würde. In den vier Forderungen des Antrages benutzen Sie vielsagende Formulierungen wie „soll … gewahrt wer- den“, „sollten nach Möglichkeit … beschleunigt wer- den“ und es sei „darauf hinzuwirken“. Immerhin wird zu guter Letzt ein Bericht gefordert, der den Stand der inter- nationalen Projekte bis Ende 2013 darstellen soll. Dieser Bericht könnte das einzige konkrete Ergebnis dieses An- trages sein. Wir sind gespannt. So ein Sachstandsbericht wäre durchaus sinnvoll und eine gute Grundlage für die Diskussion über den Fortgang dieser Projekte und den Bedarfsplan Schiene, dessen Behandlung die Koalition gestern im Ausschuss im Übrigen abgesetzt hat – so viel zur Ernsthaftigkeit Ihres Anliegens. Damit ist eigentlich auch schon genug gesagt. Ich möchte aber noch drei Anmerkungen machen: Erstens. Nicht alles, was an grenzüberschreitender Schieneninfrastruktur geplant ist, ist auch sinnvoll. Ge- rade die europäischen TEN-Projekte sind vor allem am Wirtschaftsinteresse ausgerichtet und nicht an Zielen der nachhaltigen Entwicklung. Ihre eigenen Formulierungen zeigen ganz unterschiedliche Ausrichtungen: Die „Um- setzung der im BVWP 2003 als internationale Projekte benannten Vorhaben zur Verbesserung von grenzüber- schreitenden Personen- und Güterverkehren zu forcie- ren“ oder „gute Erreichbarkeit strukturschwächerer Re- gionen in Deutschland“ sind etwas ganz anderes als „durch Einbindung der deutschen Wirtschaftsräume in ein leistungsfähiges transeuropäisches Verkehrsnetz die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands zu stärken“. Für uns steht die Mobilität der Menschen vor allem in den Regionen im Vordergrund, und wir wollen den Transportwahnsinn verringern und nötige Gütertrans- porte auf Schiff und Schiene verlagern. Das muss auch im Nahraum geschehen. Zweitens. Das Thema Rheintalbahn ist und bleibt ein Trauerspiel. Die Baufortschritte sind schneckenförmig, die berechtigten Forderungen der lärmgeplagten Anwoh- ner hätten längst umgesetzt werden müssen, und die Bahn ist weit davon entfernt, das Projekt wie vereinbart zu realisieren, was alle wissen. Dazu schreiben Sie nichts. Drittens. Nur ein Beispiel für Ihre Unaufrichtigkeit: Bei den Zugverbindungen zwischen Deutschland und Polen liegt in der Tat vieles im Argen. Dazu gab es kürz- lich einen ziemlich guten und konkreten Antrag der Grü- nen auf Drucksache 17/9947. Den hätten Sie doch unter- stützen können. Wir haben das jedenfalls getan. A s n d d k te e E le in d n la W k B W 1 b u s k e D d d s A g s w a ü d w b le b a a fl w s v e v c T R ri R ü s (C (D Natürlich haben wir nichts gegen einen verstärkten usbau grenzüberschreitender Schienenverkehrsach- en. Deswegen werden wir den Antrag auch nicht ableh- en. Wir können ihm aber auch nicht zustimmen, son- ern werden uns deswegen enthalten. Die Linke will deutlich mehr Mittel für den Ausbau er Schiene als echte Alternative zum motorisierten Ver- ehr auf der Straße und als die wirklich sinnvolle Wei- rentwicklung der Elektromobilität – in der Fläche und uropaweit. Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): s ist erstaunlich, mit welchen Anträgen die Koalition in tzter Minute noch um die Ecke kommt. Ohne Debatte den Ausschüssen und mit sofortiger Abstimmung soll er Bundestag über die wichtigsten europäischen Schie- enprojekte abstimmen. Das ist leider keine seriöse par- mentarische Arbeit. Wir werden die gesamte nächste ahlperiode Zeit haben, um uns intensiv mit der Zu- unft unserer Verkehrsinfrastruktur zu befassen. Der alte undesverkehrswegeplan läuft aus. In der nächsten ahlperiode werden die Weichen für die nächsten 5 Jahre gestellt. Das müssen wir vernünftig und im reiten Dialog mit Bürgerinnen und Bürgern machen nd nicht jetzt im Hauruckverfahren kurz vor Tores- chluss. Erst gestern hat die Deutsche Bahn dem Ver- ehrsausschuss die Auskunft über ihre Anmeldungen für inen nächsten Bundesverkehrswegeplan verweigert. ie Projekte sollen erst Ende September benannt wer- en. Gleichzeitig ist das Verkehrsministerium noch mit er grundsätzlichen Methodik zur Projektbewertung be- chäftigt. Aus all diesen Gründen bleibt der Sinn dieses ntrages unklar. Es ist dazu fragwürdig, wie dieser Antrag zur bisheri- en Position der Noch-Koalition zu den Transeuropäi- chen Netzen, TEN, passen soll. Im Januar 2012 haben ir hier über TEN diskutiert. Von dieser Debatte ist vor llem eines hängen geblieben: Ihre große Skepsis gegen- ber der EU. Gegen alle Fraktionen haben wir Grünen amals als einzige die EU-Vorschläge unterstützt. Sie ollen die europäischen Mittel, aber die EU soll sich itte schön ansonsten aus allem heraushalten. So wird es ider nicht funktionieren. Denn wenn diese europaweit edeutenden Verkehrswege durchgängig geplant und re- lisiert werden sollen, müssen die Kompetenzen dafür uch auf europäischer Ebene gebündelt werden. Wenn sich jeder Mitgliedstaat weitreichende Ein- üsse bewahren will, ist das Ergebnis absehbar: Dann erden die Projekte mit sehr unterschiedlichen Ge- chwindigkeiten realisiert und wird die Fertigstellung erzögert. Dazu besteht die Gefahr, dass Regionalinter- ssen einen übermäßigen Einfluss bekommen und jeder ersucht, seinen eigenen Anschluss zu bekommen. Sol- he Gedanken finden sich auch in dem Antrag. Mit den ranseuropäischen Netzen sollen auch strukturschwache andgebiete entwickelt werden. Das ist grundsätzlich chtig; nur sollte man hierunter nicht verstehen, dass die andgebiete, durch welche die Strecken führen, auch berall einen eigenen Anschluss bekommen. Diese Klar- tellung vermeiden Sie jedoch und suggerieren, dass je- 32414 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 (A) ) )(B) der seinen Anschluss ans überregionale Netz bekommt. Hierfür brauchen wir vor allem einen klugen Taktver- kehr, bei dem kleine und mittlere Zentren mit kurzen Umsteigezeiten optimal an das überregionale Verkehrs- netz angebunden sind. Wir freuen uns, dass der Antrag einheitliche techni- sche Spezifikationen und einheitliche europäische Re- geln im Schienenverkehrsmarkt fordert. Auch hier passt die Forderung jedoch nicht so recht zur sonstigen EU- skeptischen Politik der Koalition. Solche europaweit einheitlichen Regeln sind dringend erforderlich. Aber dann brauchen wir auch eine starke europäische Institu- tion, die Standards setzt und kontrolliert. Hier weichen Sie aber immer dann zurück, wenn es konkret wird, wie zum Beispiel bei der Frage nach mehr klaren Kompeten- zen für die Europäische Eisenbahnagentur, ERA, bei der Zulassung von Fahrzeugen. Insgesamt verfolgt der Antrag einen Ansatz, den wir im Grunde teilen. Aber er passt nicht so recht zur übri- gen Politik der Koalition und bleibt bei wichtigen Fragen uneindeutig. Jan Mücke, Parl. Staatssekretär beim Bundesminis- ter für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Deutschland liegt im Herzen Europas. Daher sind die grenzüber- schreitenden Verkehrsachsen gerade hier außerordent- lich wichtig. Um die Wirtschaftsregionen erfolgreich weiterzuentwickeln, mussten wir das marode Netz im Osten sanieren und sind damit auch schon sehr weit ge- kommen. Gerade beim Straßennetz ist dies schon jetzt sehr gut gelungen. Um die Wirtschaftsräume Osteuropas besser zu erschließen, müssen wir aber nicht nur die Straßenverbindungen weiter ausbauen, auch die Schie- nenverkehrsachsen müssen gestärkt werden. Hier gibt es gerade im Osten und im grenzüberschreitenden Schie- nenverkehr noch Nachholbedarf. Bei Standortentscheidungen von Unternehmen spie- len sowohl die Qualität der infrastrukturellen Einrichtun- gen als auch die bestehenden Verbindungsangebote eine wichtige Rolle. Deutschland hat durch seine zentrale Lage und die gute infrastrukturelle Anbindung bereits Vorteile und sollte diese auch nutzen und weiter aus- bauen, gerade im Zuge der EU-Osterweiterung. Insbesondere strukturschwache geografische Regio- nen Deutschlands profitieren durch die Anbindung an Wirtschaftszentren und ein überregionales Verkehrsnetz. Darunter fallen viele Randgebiete Deutschlands. Eine entscheidende Rolle spielen dabei grenzüber- schreitende Verkehrsanbindungen für den Güter- und Personenverkehr. Regionale Potenziale können dadurch besser genutzt, und die Wettbewerbsfähigkeit im euro- päischen Binnenmarkt kann gestärkt werden. Uns Liberalen ist die große Bedeutung der Weiterent- wicklung von grenzüberschreitenden Schienenachsen ein wichtiges Anliegen. Als einzige namentliche Schie- nenverbindung haben wir auf Drängen der Liberalen be- reits im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und FDP für diese Legislaturperiode die Schienenverbindung von der O ra d z te ü im z p d h te e B D fä d D b u z je S e R n e g U re A z te E a s Z w A w g T (C (D stsee über Berlin nach Südeuropa aufgenommen. Da- n sehen Sie, wie wichtig uns der Ausbau dieser Verbin- ung ist. Deutschland traf bereits verschiedene Absprachen um Ausbau internationaler Schienenkorridore und bila- raler Infrastrukturprojekte, auch zum Ausbau grenz- berschreitender Schienenverkehrsachsen. Diese werden Rahmen des einheitlichen europäischen Verkehrsnet- es TEN-V von 2011 sowie des Bundesverkehrswege- lans von 2003 benannt. Hier muss noch mehr getan werden. Die Umsetzung ieser Projekte muss weiter vorangetrieben werden. Da- er fordern wir, dass der Ausbau von grenzüberschrei- nden Schienenverkehrsachsen im Rahmen des trans- uropäischen Verkehrsnetzes bei der Aufstellung des undesverkehrswegeplans 2013 klar favorisiert wird. ie deutschen Wirtschaftsräume sollen in ein leistungs- higes transeuropäisches Verkehrsnetz eingebaut wer- en. Das stärkt die internationale Wettbewerbsfähigkeit eutschlands nachhaltig. Die Umsetzung der im Bundesverkehrswegeplan 2003 enannten internationalen Projekte im Bereich Güter- nd Personenverkehr soll beschleunigt werden. Hier be- iehen wir uns insbesondere auf bereits angelaufene Pro- kte. Im Rahmen der Liberalisierung des europäischen chienenverkehrsmarktes ist es notwendig, zeitnah eine inheitliche technische Spezifikation und europäische egeln festzulegen und umzusetzen. Das bezieht sich atürlich auch auf bilaterale Abkommen. Dafür wollen wir bis Ende 2013 einen Bericht zu den inzelnen grenzüberschreitenden Schienenverbindun- en vorlegen. Dieser sollte nach Möglichkeit die weitere msetzung, einschließlich eines planerischen und bau- chtlichen Zeitplans enthalten. Zudem müsste er eine ufstellung der dabei anfallenden Kosten auflisten. Um den Wirtschaftsstandort Deutschland nachhaltig u stärken und weiterzuentwickeln, ist ein gut ausgebau- s Schienennetz unabdingbar. Dazu gehört sowohl die inbindung entlegener strukturschwacher Regionen, als uch die effiziente Vernetzung an Grenzgebieten. Somit tellen wir die Weichen für eine bessere überregionale usammenarbeit und stärken gleichzeitig den Wettbe- erbsstandort Deutschland. nlage 34 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Die Elbregion mit einem zukunftsweisenden Gesamtkonzept ökologisch und ökonomisch weiterentwickeln (Zusatztagesordnungspunkt 16) Jürgen Klimke (CDU/CSU): Ich freue mich, dass ir heute kurz vor Beginn der sitzungsfreien Zeit Gele- enheit finden, im Deutschen Bundestag über das hema Elbe zu sprechen. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32415 (A) ) )(B) Die Elbe ist nicht nur einer von Deutschlands längs- ten und wichtigsten Flüssen, sie ist auch einer der schönsten. Naturnah und unverbaut fließt sie, aus Tsche- chien kommend, vom spektakulären Elbsandsteinge- birge vorbei am reizvollen Dresdener Elbtal, an den Meißener Weinbergen, am Weltkulturerbe Wörlitzer Gartenreich durch die intakte Natur der früheren inner- deutschen Grenze bis in meine Heimatstadt Hamburg, wo der wichtigste deutsche Hafen liegt. Von Hamburg aus sind es aber immer noch mehr als 100 Kilometer, bis die Elbe in die Nordsee fließt. Die Schönheit bringt es mit sich, dass die Elbe auch bei Touristen beliebt ist, ganz besonders bei Fahrradtou- risten. Der Elbe-Radweg ist seit vielen Jahren Deutsch- lands beliebtester Fernradweg. Wer ihn einmal befahren hat, weiß, dass die Elbe mit ihren weiten Landschaften etwas Besonderes in Deutschland ist, etwas Bewahrens- wertes, und um das Bewahren dieser Schöpfung, in die- sem Zusammenhang darf man das ja einmal sagen, geht es auch in unserem Antrag. Ich leite seit mittlerweile sieben Jahren die Arbeitsge- meinschaft Elbe der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, ei- nen Zusammenschluss der CDU-Abgeordneten der Elb- region, der aber oft Themen auch interfraktionell angeht. Unser Ziel ist es, das Zusammenwachsen der Elbregion zu fördern und verschiedene Fragen in Bezug auf Um- welt, Wirtschaft, Verkehr, Tourismus der Elbregion im Bundestag oder vor Ort zu diskutieren, aber auch, bun- despolitische Anliegen zur Elbe umzusetzen. Sich mit der Elbe politisch zu beschäftigen bedeutet auch, sich mit berechtigten kontroversen Meinungen auseinanderzusetzen. Da stehen Umweltschützer, Kir- chenvertreter und weite Teile der Öffentlichkeit und wollen den Fluss in seiner Einzigartigkeit bewahren. Teilweise wird dabei das Ideal eines Flusses gesehen, in das der Mensch nicht mehr eingreift. Auf der anderen Seite stehen Hafenbetreiber, Unternehmer und Binnen- schiffer und wünschen sich mehr Schiffsverkehr auf der Elbe. Sie fordern Unterhaltungsmaßnahmen oder sogar Ausbaumaßnahmen, sonst drohen Verkehrsverlagerun- gen auf den Lkw, der Wegzug von Industrie, der Verlust von Arbeitsplätzen. Kernpunkt der Debatte sind dabei die sogenannten Reststrecken. Das sind jene Bereiche der Elbe in der Re- gion Dömitz/Hitzacker sowie bei Coswig, die vor dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr mit Buhnen auf das glei- che Niveau der restlichen Elbe gebracht worden sind. In der Folge ist der Fluss hier breiter, fließt langsamer, es kommt zu Ablagerungen. Besonders massiv ist das Pro- blem an der Reststrecke Hitzacker. Durch die Situation an den Reststrecken ist die effiziente Befahrbarkeit der Elbe für Binnenschiffe nicht ausreichend planbar. In der Folge gehen Verkehre eher auf die Schiene und die Straße. Um dieser mangelnden Verlässlichkeit abzuhel- fen, wird an den Reststrecken gebaggert, was rechtlich eine Unterhaltung ist, der Gewässerökologie aber massiv schadet. Die Verlängerung der Buhnen auf das Niveau des übrigen Flusslaufs wäre rechtlich ein Ausbau und muss entsprechend mit Planfeststellungsbeschluss durch- g d d la k S g d g h e a G m d w d d fe d W d s e a s z fi re u A g li s In H d n g h W w s n s B G li te d d is d ti e s (C (D eführt werden. Dagegen gibt es jedoch erheblichen Wi- erstand. Jeder, der sich in den vergangenen Jahren näher mit er Elbe beschäftigt hat, kennt die schwierige Gemenge- ge und die manchmal fast ideologisch geführten Dis- ussionen. Die Politik ist dabei gelegentlich mehr der timme der Öffentlichkeit als einer rationalen Abwä- ung von Alternativen gefolgt. Nur so ist es zu erklären, ass die rot-grüne Bundesregierung nach dem vorletzten roßen Elbe-Hochwasser im Jahr 2002 sogar die Unter- altungsmaßnahmen an der Elbe gestoppt hat, obwohl ine Sanierung der Reststrecken keine Auswirkungen uf das Hochwasser gehabt hätte. Erst in der Zeit der roßen Koalition wurden diese Unterhaltungsmaßnah- en wieder aufgenommen. Unter der jetzigen Union-FDP-Regierung wurden iese Maßnahmen forciert. Parallel haben Bundesum- eltministerium und Bundesverkehrsministerium mit er Erarbeitung eines Gesamtkonzeptes Elbe begonnen, essen Eckpunkte in diesem Jahr auf einer großen Kon- renz in Magdeburg vorgestellt wurden. Im Vorfeld fan- en Gespräche mit Umweltverbänden und Kirchen, mit irtschaftsverbänden und vor allem mit den Bundeslän- ern statt. Diese Eckpunkte bedürfen noch der Ausge- taltung und der Unterlegung durch Projekte. Leider gibt s darin zum Thema „Baumaßnahmen an der Elbe“ eine bweichende Meinung: Während alle Länder die Auffas- ung der Bundesregierung teilen, dass ein Ausbau allein ur verkehrlichen Verbesserung an der Elbe nicht statt- nden soll, lehnt die rot-grüne niedersächsische Landes- gierung jegliche Ausbaumaßnahmen an der Elbe ab nd behindert damit jeglichen ökologisch vernünftigen usbau. Bei der Erstellung des Elbe-Gesamtkonzeptes hat sich ezeigt, dass es an der Elbe, wie erwartet, unterschied- che Interessen gibt, dass aber auch die Möglichkeit be- teht, einen Konsens zu erzielen. Die unterschiedlichen teressen betreffen zum Beispiel das aktuelle Thema ochwasserschutz. Wir alle haben sehen müssen, dass as vermeintliche Jahrhunderthochwasser an der Elbe ach zehn Jahren teilweise noch übertroffen wurde. Jetzt eht es darum, dass den Menschen geholfen wird. Dazu at die Bundesregierung alles Menschenmögliche in die ege geleitet. Danach muss es darum gehen, den Hoch- asserschutz noch weiter zu optimieren. Hochwasser- chutz ist allerdings Ländersache, der Bund kann hier ur eine Koordinierungsfunktion wahrnehmen. Vor die- em Hintergrund fordern wir in unserem Antrag von der undesregierung, dass sie sich bei der Ausgestaltung des esamtkonzepts Elbe für länderübergreifend einheit- che Maßstäbe im Bereich Hochwasserschutz einsetzt. Konsens besteht mittlerweile auch mit den allermeis- n Vertretern der Umweltverbände und der Kirchen, ass wir die Elbe nicht sich selbst überlassen dürfen, ja, ass sogar Ausbaumaßnahmen nötig sind. Grund dafür t die Erkenntnis, dass wir für die ökologische Zukunft er Elbe dringend ein Sohlestabilisierungskonzept benö- gen. Die Elbe hat sich inzwischen so weit in ihr Bett ingetieft, dass ein kritisches Absinken des Grundwas- erspiegels droht. Damit drohen Altarme und Auwälder 32416 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 (A) ) )(B) trockenzufallen. Gefährdet ist auch das UNESCO-Welt- erbe Wörlitzer Gartenreich. Diesen Aspekt haben wir in unseren Antrag aufge- nommen, indem wir die Einleitung eines Planfeststel- lungsverfahrens für das geplante Pilotprojekt des Elbe- abschnitts bei Klöden von der Bundesregierung fordern. Gleichzeitig fordern wir auch weitere Ausbaumaßnah- men, soweit diese erforderlich sind und sie einen ökolo- gischen Mehrwert bringen; auch hier soll ein Planfest- stellungsverfahren eingeleitet werden. Diese Forderung bezieht sich vor allem auf die Reststrecken Dömitz/ Hitzacker und Coswig. Wir ermöglichen der Bundesre- gierung mit unserem Antrag, diese Flaschenhälse end- lich anzugehen und nachhaltig zu sanieren. Vernünftige Argumente gegen die Sanierung der Reststrecken sind mir in den letzten sieben Jahren mei- nes Vorsitzes der Arbeitsgemeinschaft Elbe noch nicht untergekommen. Lassen Sie mich am Schluss meiner Rede auf die eventuellen Bedenken eingehen: Der Begriff Ausbau trifft das Problem eigentlich gar nicht. Es geht vielmehr darum, an den Reststrecken die Buhnen und Deckwerke in gleichem Abstand, gleicher Länge und Bauart zu errichten, wie es am übrigen Fluss- lauf bereits geschehen ist. Deshalb wäre Sanierung der bessere Begriff. Wie soll es unökologisch sein, die Sa- nierung, die an 95 Prozent des Flusslaufs bereits durch- geführt wurde, auch an den letzten 5 Prozent durchzu- führen? Ohne einen Planfeststellungsbeschluss darf unterhal- ten werden. Das bedeutet im Klartext, dass massiv ge- baggert wird. Baggern schadet der Flussökologie. Mit ei- ner Sanierung der Reststrecken werden 90 Prozent der Baggerarbeiten zukünftig überflüssig; das nützt der Um- welt und führt dazu, dass sich eine Sanierung auch öko- nomisch nach kurzer Zeit rentiert. Nur die Reststreckensanierung bietet die Planungssi- cherheit, die die Binnenschifffahrt benötigt, um effizient auf der Elbe zu fahren, um Ladung aus Asien über Ham- burg in größerem Umfang auf der Elbe weiterzutrans- portieren. Davon profitiert der Hamburger Hafen, davon profitieren die Häfen an der Elbe, aber eben auch die Wirtschaft, die sich verstärkt in Hafennähe ansiedelt. Der größte Profiteur sind aber die Menschen, die an den bereits jetzt vielbefahrenen Lkw-Strecken im Hambur- ger Hinterland wohnen und die von einer Verkehrsverla- gerung auf das Binnenschiff am spürbarsten profitieren. Um auf den Anfang meiner Rede zurückzukommen: Die Elbe ist etwas Besonderes. Sie wird auch in Zukunft frei fließen und weitgehend unverbaut. Sie wird die Menschen in ihren Bann ziehen. Wir wollen mit unserem Antrag die ökologische Dimension der Elbpolitik weiter stärken, ohne die Bedeutung, die die Elbe als Bundes- wasserstraße hat, zu mindern. Das ist uns mit unserem Antrag gut gelungen. Arnold Vaatz (CDU/CSU): Die Elbregion ökolo- gisch und wirtschaftlich weiterzuentwickeln, ist gerade vor dem Hintergrund des aktuellen, verheerenden Hoch- wassers an der Elbe von besonderer Bedeutung. Wir be- g d w U z d B K d g w E In d s d le N k tr g e G ti h d d re B re c a w e v ru d s b g S T s m z fü n a c is tu s m a s te (C (D rüßen daher umso mehr, dass unter der Federführung es Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtent- icklung, BMVBS, sowie des Bundesministeriums für mwelt und Reaktorsicherheit, BMU, ein Gesamtkon- ept für die Elbe erarbeitet wird. Entscheidend dabei ist, ies in breitem Konsens gemeinsam mit den betroffenen undesländern und unter frühzeitiger Einbeziehung der irchen, der Umweltverbände, der Wirtschaftsverbände, en Industrie- und Handelskammern sowie Interessen- ruppen der Bürgerinnen und Bürgern zu tun. Bisher urde bei der Diskussion um den Schiffsverkehr auf der lbe häufig ein Gegensatz zwischen umweltpolitischen teressen auf der einen Seite und wirtschaftlichen For- erungen auf der anderen Seite thematisiert. Das Ge- amtkonzept Elbe kann diese vermeintlichen Gegensätze urch einen fairen, ökologisch und ökonomisch sinnvol- n Interessenausgleich aufheben. Die unterschiedlichen utzungsansprüche an die Elbe fließen in das Gesamt- onzept gleichberechtigt ein. Mit dem vorliegenden An- ag haben wir zudem die Bundesregierung aufgefordert, emeinsam mit den Bundesländern länderübergreifend inheitliche Maßstäbe für den Hochwasserschutz in das esamtkonzept Elbe einzubinden. In diesem Zusammenhang möchte ich auch die wich- ge Kooperation mit unseren tschechischen Partnern ervorheben. Denn ohne die Hilfe Tschechiens durch essen Staustufen und Überschwemmungsflächen hätte as Hochwasser insbesondere für Sachsen noch verhee- ndere Folgen gehabt. Mit dem Gesamtkonzept Elbe von BMVBS und MU sollen alle erforderlichen Maßnahmen zur Auf- chterhaltung einer umweltverträglichen schifffahrtli- hen Nutzung ermöglicht werden. Hierauf möchte ich us verkehrlicher Sicht besonders eingehen. Wirtschaftlich ist die Anbindung über die Bundes- asserstraße Elbe einschließlich des Elbe-Seitenkanals in Standortvorteil für die Elbanrainer. Seit der Wieder- ereinigung sind erhebliche Mittel in die Modernisie- ng der Binnenhäfen an der Elbe investiert worden. In er Umgebung der Häfen haben sich Unternehmen ange- iedelt, die die Wasseranbindung als Standortvorteil, ins- esondere für den Güterverkehr von und zum Hambur- er Hafen, nutzen. Für den Hamburger Hafen als wichtigsten deutschen eehafen ist die Mittel- und Oberelbe eine Option als ransportweg für den Hinterlandverkehr auf Binnen- chiffen. Für die Elbestrecke Magdeburg–Hamburg steht it dem Elbe-Seitenkanal ein paralleler Schifffahrtsweg ur Verfügung, der vor allem für Massengutverkehre und r zweilagigen Containerverkehr geeignet ist. Contai- erverkehre brauchen aber für ihre Wirtschaftlichkeit uch einen dreilagigen Transport, der wegen der Brü- kendurchfahrtshöhen auf den Kanälen nicht möglich t. Vor dem Hintergrund der prognostizierten Wachs- msraten im Containerumschlag im Hamburger Hafen pielt der Hinterlandverkehr auf der Elbe eine zuneh- end wichtige Rolle, da die Kapazitäten auf der Schiene nnähernd ausgeschöpft sind. Schließlich ist die Binnen- chifffahrt, wenn es entsprechende Verlademöglichkei- n gibt, nicht nur deutlich kostengünstiger als der Lkw Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32417 (A) ) )(B) und die Bahn, sondern auch der umweltfreundlichere Verkehrsträger. Für die Nutzung der Elbe als Bundeswasserstraße zwischen Dresden und Hamburg muss die Fahrrinnen- tiefe mindestens 1,60 Meter und die Fahrrinnenbreite 50 Meter betragen. Zurzeit kann dies noch nicht an min- destens 345 Tagen im Jahr gewährleistet werden. Zum einen liegt dies an den stark schwankenden und oft niedrigen Wasserständen der Elbe, die die im Contai- nerverkehr üblichen Linienverkehre nicht mit der erfor- derlichen Zuverlässigkeit sicherstellen können, und zum anderen liegt es an der ausbaubedürftigen Infrastruktur für den Binnenschiffsumschlag im Hamburger Hafen. Dies führt im Vergleich zum Seehafen Rotterdam zu ver- hältnismäßig hohen Umschlagskosten für die Binnen- schifffahrt. Weil keine Prognose der Fahrrinnentiefen einige Wochen im Voraus möglich ist, wird bei der Pla- nung von Logistikketten die Bundeswasserstraße Elbe nur eingeschränkt berücksichtigt. Die Schwachstellen bei den Fahrrinnentiefen an einigen kritischen Elbab- schnitten bei Niedrigwasser sind demnach maßgebend dafür, dass eine wirtschaftliche Schiffbarkeit der Elbe oft nicht gegeben ist. Zwei längere Problemstrecken an der Elbe sind aus- schlaggebend, um zu einer Verbesserung der Situation mit gleichermaßen ökologischem und verkehrlichem Mehrwert zu kommen: die Erosionsstrecke zwischen Mühlberg und der Saalemündung und die sogenannten Reststrecken zwischen Dömitz und Hitzacker. Weitreichende ökologische Folgen hat die Sohlen- erosion im Streckenabschnitt bei Klöden. Dort hat sie in den letzten 100 Jahren zu einer großen Eintiefung der Elbe geführt, wodurch den Hartholzlaubwäldern in den Elbauen das Schicksal droht, trockenzufallen. An den Reststrecken sind bei früheren Ausbaumaß- nahmen die Buhnen in der Elbe entweder kriegsbedingt nicht erbaut oder nicht erneuert worden, sodass dort die Fließgeschwindigkeit geringer wird und die Fahrrinne versandet. Derzeit werden die Fahrrinnentiefen durch ständige Baggerungen gewährleistet, was mit hohen Kosten für die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung und nachteiligen Folgen für die Umwelt verbunden ist. Ob- wohl die Sanierung der Reststrecken Dömitz/Hitzacker und im Bereich Wittenberg bis Torgau bereits im Bun- desverkehrswegeplan 1992 vorgesehen war, wurden die Arbeiten nach dem Hochwasser 2002 durch eine politi- sche Entscheidung der damaligen Bundesregierung ein- gestellt. Wir wollen deshalb insbesondere mit der Umsetzung eines Sohlenstabilisierungskonzeptes – für das wir mit unserer Initiative im Bereich Klöden ein Pilotprojekt und ein Planfeststellungsverfahren fordern – die Situation nachhaltig verbessern. Dadurch ist es möglich, das Ein- tiefen der Elbe zu stoppen und das Absinken des Grund- wasserspiegels in den wertvollen Auenlandschaften zu verhindern. Eine weitere Maßnahme, mit der wir die Zukunft der Elbe als Bundeswasserstraße und Wirtschaftsstandort si- c R s p la re fa d fü d re E s te p ö w g n le n s z d w K F H g S w K s ti g z ra d n e d s a h S A q u w u p z w (C (D hern wollen, betrifft die Sanierung der sogenannten eststrecken. Die Umsetzung soll mit einem Planfest- tellungsverfahren zu einer naturschutzverträglichen An- assung dieser Strecken an das übrige Niveau des Fluss- ufs erfolgen. Dadurch kann schädliches Baggern duziert und die Verlässlichkeit für die Binnenschiff- hrt gestärkt werden. Wir haben die Bundesregierung aufgefordert, alles afür zu tun, um bis zum Sommer 2013 die Eckpunkte r das Gesamtkonzept Elbe im Konsens mit den Bun- esländern und unter Beteiligung der Akteure und Inte- ssengruppen herzustellen. Auf dieser Basis soll bis nde 2014 gemeinsam mit den Bundesländern ein Ge- amtkonzept und Maßnahmenpaket für die Elbe erarbei- t werden. Dabei ist darauf hinzuwirken, dass alle ge- lanten Maßnahmen stets einen verkehrlichen und kologischen Mehrwert haben. Die Bewahrung des Naturzustandes der Elbe und die irtschaftliche Nutzung der Wasserwege sind keine Ge- ensätze. Sie müssen vielmehr durch kluge Politik mitei- ander verknüpft werden. Dies wollen wir unterstützen. Gustav Herzog (SPD): Am Abend werden die Fau- n fleißig! – Viel mehr fällt mir zu diesem Vorgang fast icht ein. Es ist schon ungeheuerlich, was Sie hier veran- talten. Vier Jahre hatten Sie Zeit, Ihre Position zur Elbe u finden und dann parlamentarisch aufzuarbeiten. Statt- essen haben Sie die vier Jahre verstreichen lassen und ollen jetzt in einer Nacht-und-Nebel-Aktion einen onflikt abräumen, der seit zehn Jahren entlang des lusses schwelt. Die Scheitelwelle des historischen ochwassers ist kaum abgeflossen, und noch während ebrochene Deiche notdürftig geflickt werden, kommen ie mit einem Antrag zur Elbe! Einen günstigeren Augenblick hätten Sie sich nun irklich nicht aussuchen können, liebe Kolleginnen und ollegen der Koalition. Ich beglückwünsche Sie zu die- em Weitblick und Ihrer Feinfühligkeit in dieser Situa- on. Gewiss, auch wir mussten unsere Konflikte im Um- ang mit der Elbe austragen, haben aber unsere Position ur Elbe geschärft und sehen die Elbe sowohl als Natur- um als auch als Verkehrsachse, auf die wir kaum wer- en verzichten können. Dazu haben wir schon 2012 ei- en Fraktionsbeschluss herbeigeführt und im Vorfeld auf iner gut besuchten öffentliche Flusskonferenz in Mag- eburg mit den Menschen vor Ort diskutiert. Warum haben Sie den Antrag auf die lange Bank ge- choben? Warum bringen Sie ihn kurz vor Toresschluss ls Zusatzpunkt zur sofortigen Abstimmung ein und ver- indern dadurch eine parlamentarische Beratung? Weil ie es still und heimlich durchschieben wollen. Ja keine ufmerksamkeit und ja keine Öffentlichkeit bei unbe- uemen Themen, genau das ist Ihre Politik. Nicht mit ns, meine Damen und Herren. Mindestens das Hoch- asser und seine Folgen müssen anständig ausgewertet nd interpretiert werden. Dann müssen wir einen trans- arenten Dialog führen und für unseren Kompromiss wischen den verschiedenen Interessen werben, bevor ir einen Beschluss des Bundestags herbeiführen. 32418 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 (A) ) )(B) Dabei sind unsere Ziele gar nicht so weit auseinander, und ich finde es ausgesprochen schade, dass wir in einer so wichtigen und derart umstrittenen Frage nicht mit ausreichend Zeit beraten können. Mehr Einigkeit hier im Hause würde dem Thema besser zu Gesicht stehen und einem Beschluss dadurch auch mehr Aussagekraft ge- ben. Doch das haben Sie nun wirklich vergeigt. Anders kann ich es nicht nennen. Die Elbe hat in der Tat Besse- res verdient! Warum brauchen wir den Schutz des Naturraums Elbe? Weil Fauna und Flora zu Lande und im Wasser einzigartig sind und diese Habitate zum Überleben brau- chen, wir Menschen Erholungsräume suchen und ein sanfter Tourismus den Prinzipien der Nachhaltigkeit ent- spricht. Warum brauchen wir die Elbe als Verkehrsweg? Weil Arbeitsplätze und Prosperität ganzer Wirtschafts- räume an der mittleren und oberen Elbe von Transporten auf dem Fluss abhängen, der Lkw für uns keine Alterna- tive darstellt, die Bahn Engpässe hat und das Binnen- schiff seine Stärken sowohl für den Massengut-, als auch Projektladungs- und Containertransport nutzen sollte. Wir wollen die Güter auf nachhaltige Verkehrsträger verlagern, und dafür brauchen wir die Elbe. Wir wollen die Verkehrsträger nicht gegeneinander ausspielen, doch wir wollen sie entlang ihrer Stärken optimieren, und da- her brauchen wir nicht nur die Optionen, sondern auch die Knotenpunkte, um kombinierte Verkehre möglich zu machen. Der Hamburger Hafen stellt hier eine zentrale Schlüsselposition dar. Hier wird intensiv daran gearbei- tet, dass das Binnenschiff die Rolle bekommt, die es ver- dient, und wir müssen dafür sorgen, dass die Güter dann auch abgefahren werden können. Wir müssen Scharne- beck ertüchtigen, den Elbe-Seitenkanal und die Elbe ih- ren Verhältnissen entsprechend verkehrsfähig machen. Ist das nun ein Widerspruch? Nein, denn wir glauben nicht, dass sich beides gegenseitig ausschließt. Vielmehr halten wir einen Konsens für möglich, der die wirt- schaftliche Nutzung des Flusses als Verkehrsträger er- möglicht und die ökologische Funktionsfähigkeit ver- bessert. Niemand will einen Ausbau oder einen zweiten Rhein, wie man mir einmal unterstellt hat; aber wir brau- chen die Elbe in einem Mindestzustand für verkehrliche Zwecke. Dieser darf weder unsere ökologischen Schutz- ziele für das Flusssystem noch den Hochwasserschutz der Länder konterkarieren. Wir wollen dem Fluss mehr Raum geben, damit er sich beim nächsten Hochwasser besser ausbreiten kann. Hier gibt es jedoch keine Interessenskollision mit der Binnenschifffahrt, ganz im Gegenteil. Wenn die Deiche zurückgelegt werden und der Fluss sich weiter entfalten kann, wird nicht nur das Hochwasser abgeschwächt, die Schiffe können dann auch länger fahren. Wir müssen uns genau anschauen, welche Maßnahmen welche Auswir- kungen haben, und ein Verschlechterungsverbot ist durchaus eine ganz löbliche Sache. Wir wollen zudem ein Verbesserungsgebot. Grundsätzlich sollen Eingriffe zur Verbesserung der Schiffbarkeit mit einem ökologischen Mehrwert verbun- den werden. Zugleich müssen wir den Fluss auch vor sich selbst schützen. Hochwasser dieser Art wirbeln das G v h c d w b tu v tu s d s s d Ä W b w g d A d g u te s ta c s k n h s w g d s z re v p g b S d d e h tr g tr re E d u u li (C (D leichgewicht des Flusses gehörig durcheinander und erschlimmern Missstände, die anthropogene Ursprünge aben. Die Sohlabsenkung im Bereich der Erosionsstre- ke wird sich durch die Last und die Geschwindigkeit es Hochwassers mutmaßlich beschleunigt haben. Umso ichtiger ist, dass wir Maßnahmen wie das Pilotprojekt ei Klöden auf die Ergebnisse der Hochwasserauswer- ng anpassen und dann schleunigst in Kraft setzen, be- or unser Weltkulturerbe darunter leidet, dass wir nichts n. All das, meine Damen und Herren von der Koalition, etzt voraus, dass wir Menschen haben, die sich vor Ort arum kümmern. Mit Ihren Mehrheiten haben Sie in die- er Legislatur eine beispiellose Odyssee über die Was- er- und Schifffahrtsverwaltung gebracht, die darin mün- en soll, dass unter anderem an der Elbe zwei von drei mtern und die Direktion Ost geschlossen werden. enn wir den von Ihnen beabsichtigten Personalabbau etreiben, dann frage ich Sie, wer beim nächsten Hoch- asser bereitstehen soll? Laut Aussagen der Bundesre- ierung waren bei diesem Hochwasser 2000 Mitarbeiter er WSV im Dauereinsatz, zufälligerweise genau die nzahl, die Sie abbauen wollen. Wer soll die Wehre be- ienen, die Pumpwerke und Sperrtore? Wer hält die Pe- elanlagen in Ordnung? Wer unterstützt Bundeswehr nd Hilfsdienste von der Wasserseite aus, setzt die Schu- n zur Sprengung auf Grund, um gebrochene Deiche zu chützen, und wer holt verkeilte Baumstämme, Glascon- iner oder Gartenhäuser aus dem Wasser, damit Brü- ken und Anlegestellen nicht dem Druck des sich auf- tauenden Wassers nachgeben müssen? Und wer ümmert sich um die Aufräumarbeiten in den Fahrrin- en und Uferzonen, wenn Sie hier alle Ämter abgebaut aben? Darauf geben Sie keine Antwort! Am 3. Juni war ich in Dresden und konnte mich per- önlich davon überzeugen, welche Arbeit dort geleistet urde. Neben den Einsätzen am Fluss musste das WSA eräumt und alles vor dem Hochwasser gesichert wer- en, weil alles von funktionierenden Meldeketten und oliden Informationen abhängt. Ich darf aus einer E-Mail itieren, die mich einige Tage später von der Elbe er- ichte: „… Am nächsten Tag gegen Mittag wurden wir on der Elbe geflutet und waren damit telefonisch und er Internet nicht mehr erreichbar. Es ist uns trotzdem elungen, bei diesem Extremhochwasser unsere Aufga- en ordentlich zu erfüllen. Wir haben unsere Anlagen, chiffe und Gebäude gesichert und vor größeren Schä- en bewahrt. Vor allem haben wir aber dafür gesorgt, ass unsere wichtigen Pegelanlagen trotz Schäden an inzelnen Pegeln und der Datenübertragung durchge- end funktionierten. Unsere Kollegen haben vor Ort otz widrigster Umstände (abenteuerlichste Zuwegun- en und extreme Wasserstände vor Ort) die Anlagen be- eut und repariert. Weiterhin konnten wir im Amtsbe- ich mit unserem Fachwissen die regionalen insatzkräfte mit Rat und Tat unterstützen, ob das nun ie Deichverteidigung, die Information über Abfluss- nd Wasserstandsentwicklungen oder die Mitwirkung nd Koordinierung von speziellen Einsätzen war. Dies ef alles unspektakulär und unauffällig ab und zeigt da- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32419 (A) ) )(B) mit die hohe Professionalität aller Kolleginnen und Kol- legen …“ Meine Damen und Herren der Koalition, liebe Kolle- gin Wilms, auch Sie von den Grünen haben diesem gan- zen Unfug zugestimmt. Ich frage Sie: Wer soll all dies tun, wenn Sie diese „Reform“ abgeschlossen haben, die diesen Namen nicht verdient? Fangen Sie dann an, von Bonn aus private Unternehmen zu dirigieren, denen Sie die Aufgaben übertragen haben? Das Unternehmen möchte ich sehen, das hierfür Verantwortung übernimmt und tatsächlich mit Sachverstand und vollem Einsatz vor Ort ist. Und die Kosten will ich sehen, die das verlangt, ohne dass es funktionieren würde. Oh nein, liebe Kolle- ginnen und Kollegen, auch wenn Sie uns eine ganze Le- gislatur mit diesem Unsinn auf Trab gehalten haben: Es hat mit einer falschen Motivation begonnen und ist über die Zeit nicht besser geworden. Daher werden wir in der kommenden Legislatur das Heft des Handelns in die Hand nehmen und die WSV in einem transparenten Ver- fahren und im Einklang mit den Mitarbeitern so aufstel- len, dass sie sich handlungsfähig und zukunftsfest in der Fläche um unsere Wasserstraßen kümmern kann. Torsten Staffeldt (FDP): Dieser Tage erreichen mich viele Nachrichten und Briefe, in denen für die gute Zusammenarbeit in den letzten vier Jahren gedankt wird. Auch ich möchte mich an dieser Stelle bedanken: für manches offene Wort, für konstruktive Diskussionen, für Tröstendes und Menschliches und vor allem für all das, was wir in der christlich-liberalen Koalition im Bereich Schifffahrt – sei es die See- oder die Binnenschifffahrt – für die Bundesrepublik erreicht haben. Denn dies ist die ureigenste und wichtigste Pflicht des Abgeordneten: den Interessen unseres Landes und seiner Bürgerinnen und Bürger zu dienen. Das Urteil darüber, ob und wie ich meinen Teil dazu getan habe, überlasse ich gerne anderen. Ich stehe an diesem letzten Sitzungs- tag der Legislaturperiode in Demut vor diesem Hohen Hause – und zugleich mit einem zuversichtlichen Blick nach vorn. Der Politik und den Politikern wird nur allzu oft vor- geworfen, sie hätten wenig Substanz. Dass diese Vor- würfe unberechtigt sind, zeigt zum einen der detaillierte, zukunftsweisende Antrag für die Elbregion, den wir heute beraten. Zum anderen können wir mit Fug und Recht sagen: Die zurückliegenden vier Jahre waren vier gute Jahre. Für Deutschland. Für das Maritime Bündnis und die Schifffahrt. Für die Menschen in unserem Land. Denken Sie nur an den Nordostseekanal oder die Schleuse Brunsbüttel. So sollten wir es weiter angehen. Dass wir nur gemeinsam etwas erreichen können, haben die verheerenden Überschwemmungen der letzten Wochen verdeutlicht. Als Bremer weiß ich: Wer die Kraft des Wassers unterschätzt, verliert. Oft sind es Ein- griffe von Menschenhand, die zu solchen Katastrophen führen, wenn nicht – wie wir das in der christlich-libera- len Koalition tun – für die Instandhaltung der Wasser- wege Sorge getragen wird. im u n li E W u w s d n ri m s s H u a H p s z H z C n w G U B F H s h s a B S S g B h ti li n k e (C (D Gleichzeitig bewegt sich Schiffsverkehr immer auch Spannungsverhältnis zwischen Wirtschaftlichkeit nd Umweltschutz. Um Eindeichungen kommt man icht umhin, will man unsere Wasserstraßen wirtschaft- ch leistungs- und wettbewerbsfähig erhalten. Für die lbregion setzen wir uns mit Kirchen, Umwelt- und irtschaftsverbänden, Industrie- und Handelskammern nd Bürgergruppen ein für ein Gesamtkonzept, das den iderstreitenden Interessen im breiten Spektrum zwi- chen Ökologie und Ökonomie Rechnung trägt. Mit den Nebenflüssen Havel und Spree ist die Elbe er wichtigste Flusslauf im ostdeutschen Wasserstraßen- etz, einer der bedeutendsten Flüsse Deutschlands, tou- stisch, kulturell, ökologisch und wirtschaftlich. Auf ehr als 400 Flusskilometern ist sie als ältestes deut- ches UNESCO-Biosphärenreservat eine Modellland- chaft für nachhaltige Entwicklung. Für den Hamburger afen als wichtigstem deutschen Seehafen sind Mittel- nd Oberelbe Transportwege für den Hinterlandverkehr uf Binnenschiffen. Derzeit werden gut ein Drittel der in amburg umgeschlagenen Güter in die Elbregion trans- ortiert. Da die Kapazitäten auf der Schiene annähernd ausge- chöpft sind sowie vor dem Hintergrund der prognosti- ierten Wachstumsraten beim Containerumschlag im amburger Hafen werden Elbe und Elbe-Seitenkanal unehmend eine wichtige Rolle für Massengut- und ontainerverkehre spielen müssen. Dass man für den Containerverkehr die Elbe und icht Straße und Schiene nutzt, hat ökologische Vorteile: eniger Emissionen, weniger Lärm. Auch aus diesem rund ist Binnenschifffahrt ein zentrales Thema beim mweltschutz. Baggern oder Buhnen? Da kennt sich nicht jeder aus. uhnen – das sind durchbrochene, dammartige Bauten. ast jeder kennt die aufrecht aneinandergereihten olzstämme vom Strandspaziergang, die dem Küsten- chutz dienen. In der Binnenschifffahrt sind sie ebenso ilfreich. Für jeden, der am Wasser lebt, ist klar: Dem Umwelt- chutz ist mehr gedient, wenn die Uferstreifen nicht lljährlich ausgebaggert werden. Denn so zerstört man iotope. Richtig ist, den Strom durch Buhnen zu lenken. o bleibt auch der Erhaltungsaufwand gering. Um die weitere Diskussion zu befördern und im ommer 2013 Eckpunkte für das Gesamtkonzept vorle- en und dieses fertigstellen zu können, werden wir einen eirat aller beteiligten Akteure unter Vorsitz eines unab- ängigen Experten einsetzen. Vorbild ist der bereits exis- erende Runde Tisch. Wer jetzt noch an der Substanz der Arbeit der christ- ch-liberalen Koalition zweifelt, dem kann man wohl icht mehr helfen. Mir bleibt noch eines zu sagen: Ich wünsche uns allen einen spannenden Wahl- ampfsommer mit heißen Debatten, dazu hoffentlich ine nahegelegene Fluss- oder Meereslandschaft, an der 32420 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 (A) ) )(B) sich rauchende Köpfe und erhitzte Gemüter gegebenen- falls Kühlung verschaffen können. Roland Claus (DIE LINKE): Die Fraktion Die Linke freut sich, dass die Regierungskoalition diesen Vorstoß unternimmt. Es liegt in diesem Antrag ja doch so etwas wie die Einsicht, dass dogmatisierter Föderalismus an den lebensweltlichen Zusammenhängen scheitern muss. Natürlich braucht es ein länderübergreifendes Gesamt- konzept für die Elbregion. Und es braucht dann auch Gremien, die dieses Gesamtkonzept umzusetzen in der Lage sind. Und diese, selbstverständlich, müssen inter- national gestaltet sein, denn die Elbe beginnt ihren Lauf bekanntlich in Tschechien, und zur Elbregion gehören alle Nebenflüsse mit ihrem jeweiligen Einzugsgebiet, also auch – um nur die größten zu nennen – die Moldau, die Mulde, die Saale und die Havel. Leider erfasst der Antrag nicht diese Gesamtdimen- sion, und das ist für uns einer der Gründe dafür, dass wir dem Antrag nicht zustimmen, sondern uns der Stimme enthalten. Ein weiterer Grund besteht darin, dass der An- trag einfach nicht aktuell ist. Zwar ist das Hochwasser von 2013 durchaus erwähnt. Aber an welcher Stelle? Ganz am Ende des Antrags. Hochwasserschutz taucht dort auf als ein Punkt unter vielen anderen. In seinen Kernpunkten behandelt der Antrag die Elbe so, wie sie im Mai 2013 existiert hat. Die Dramatik des Hochwas- sers der ersten Junihälfte 2013 bleibt ausgespart. Aber da gab es Pegelstände, wie sie noch nie gemessen worden sind, und mit dem Dammbruch bei Fischbeck in Sach- sen-Anhalt ist eine Katastrophe geschehen, deren Folgen auch jetzt noch nicht vollständig überschaubar sind. Die Heftigkeit und die enorme Längenausdehnung des Flut- scheitels auf 30 bis 40 Kilometer hatten ihre Ursache im Aufeinandertreffen der Flutscheitel von Elbe und Saale. Was für ein Ereignis braucht es denn noch, um deutlich zu machen, dass ein Konzept für die Elbregion selbstver- ständlich eines für die Saaleregion einschließen muss? Und wie dicht müssen denn die fälschlich „Jahrhundert- hochwasser“ genannten Ereignisse nach 2002, 2006, 2011 und 2013 noch aufeinanderfolgen, bis ins Bewusst- sein dringt, dass Hochwasserschutz nicht als irgendein Teilproblem in einem Gesamtkonzept für eine Flussre- gion behandelt werden darf, sondern dass er den Kern des Ganzen zu bilden hat? Aber dann freilich nicht nur als eng geführtes Deich- bau- oder Spundwanderrichtungsproblem, sondern als Grundfrage des Umgangs mit den Flüssen überhaupt. Es ist doch widersinnig, zuerst über diese und jene betriebs- wirtschaftlich mehr oder weniger effiziente Nutzung ei- nes Flusses nachzudenken und erst danach die Frage nach dem Hochwasserschutz zu stellen, und zwar wider- sinnig auch unter ernsthaftem – sprich: volkswirtschaft- lichem – ökonomischem Blickwinkel. Wie viel Gewinn müsste denn eine herkömmlich als effizient gepriesene Flussschifffahrt erwirtschaften, damit sie die vielen Mil- liarden, die bei einem „Weiter so!“ im Flussmanagement künftig alle paar Jahre für die Überwindung der Überflu- tungsschäden erbracht werden müssen, auszugleichen vermag? Müssen solche Feststellungen über die Kosten- vorteile der Binnenschifffahrt gegenüber Lkw und Bahn, w P n d w k d li s T P g e 9 N ih T w S F F n D L b n d g c p d g k R d B s s S n n T w z s d d b F G ö D te g (C (D ie sie im Antrag enthalten sind, nicht einer erneuten rüfung unterzogen werden, und zwar unter Einrech- ung der Milliarden, die uns der bisherige Umgang mit en Flüssen kostet? Und muss damit nicht immer auch ieder die Frage gestellt werden, wie viel von all diesem ontinuierlichen Wachstum des Transportvolumens, mit em der Antrag ganz selbstverständlich arbeitet, tatsäch- ch notwendig ist? Ist es nicht hohe Zeit, auch unter die- em Aspekt der tatsächlichen Kosten nicht nur der ransporte selbst, sondern eben auch der Erhaltung und flege und Bewahrung der Transportwege neu über re- ionale Wirtschaftskreisläufe nachzudenken? Die Linke hat im März 2012 einen eigenen Antrag für in umfassendes Elbkonzept vorgelegt (Drucksache 17/ 160), in dem klar gesagt ist: „Die unterschiedlichen utzungsansprüche an die Elbe, ihre Nebenflüsse und r Einzugsgebiet wie Hochwasserschutz, Schifffahrt, ourismus, Natur- und Umweltschutz, Land- und Forst- irtschaft, Fischerei, Energiegewinnung, Industrie und iedlung müssen auf der Basis einer naturnahen lussentwicklung berücksichtigt werden.“ Die naturnahe lussentwicklung als Basis von allem, denn ein naturfer- es Flussmanagement führt zur Zerstörung von allem. ie rot-rote Landesregierung in Brandenburg, in der die inke unter anderem das Umweltministerium führt, hat eim Elbe-Hochwasser 2013 mit der Flutung der für ge- au diesen Fall vorgehaltenen Havelpolder ein Beispiel afür geschaffen, was in den nächsten Jahren vor allem etan werden muss: Es müssen große Überflutungsflä- hen angelegt werden. Dies kann – wie bei den Havel- oldern – hinter dem Deich geschehen. Dann erfolgt die en Fluss entlastende Flutung mittels Schleusen. Oder es eschieht – auch dafür hat Brandenburg am „Bösen Ort“ urz vor Hitzacker ein Beispiel geschaffen – durch die ückverlegung von Deichen. Damit so etwas Wirklichkeit werden kann, braucht es as Zusammenwirken aller Beteiligten. Bäuerinnen und auern, Anwohnerinnen und Anwohner, am Fluss ange- iedelte Unternehmen, die Binnenschifffahrt, der Natur- chutz, die Forstwirtschaft, sie alle müssen an einem trang ziehen, und der Fluss macht an Ländergrenzen icht halt und das Wasser nach einem Deichbruch auch icht. Die Brandenburger Landesregierung fordert dieser age erneut eine nationale Hochwasserkonferenz. 2010 ar ein ähnlicher Vorschlag von der Bundesregierung urückgewiesen worden. Es ist jetzt höchste Zeit für eine olche Konferenz. Von ihr könnten dann auch entschei- ende Impulse für ein tatsächlich in die Zukunft weisen- es Gesamtkonzept für die Elbregion ausgehen. Dorothea Steiner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): In uchstäblich letzter Minute legen uns CDU/CSU und DP einen Antrag vor, der uns ein zukunftsweisendes esamtkonzept für die Elbregion in Aussicht stellt, eine kologische und ökonomische Weiterentwicklung. ominiert wird dieser Antrag von den Aspekten des Gü- rverkehrs elbaufwärts von Hamburg und Überlegun- en zur Schiffbarkeit der mittleren Elbe. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32421 (A) ) )(B) Bei hohem Wasserstand gibt es Probleme für die Durchfahrt unter Brücken, bei niedrigem Wasserstand ist die Schiffbarkeit, vor allem mit Containern, nicht durch- gängig möglich. Das müssen Sie doch wissen – seit min- destens zwanzig Jahren! Wie können Sie dann in Ihrem Antrag schreiben, dass – ich zitiere – „Schwachstellen bei den Fahrrinnentiefen an einigen kritischen Elb- abschnitten bei Niedrigwasser“ dafür verantwortlich seien, dass es meist keine wirtschaftliche Schiffbarkeit der Elbe gebe? Die von Ihnen in Ihrem eigenen Antrag verwendeten Zahlen machen doch die Situation deutlich: Oberhalb von Geesthacht werden 75 Prozent von 1 Million Ton- nen über den Elbe-Seitenkanal transportiert und 25 Pro- zent über die Elbe. Wozu denn weiter in die Wasser- straße Elbe investieren, wenn der Güterverkehr wegen Hochwassers, Niedrigwassers oder Eisgangs immer wie- der unterbrochen werden muss und weder Verlässlich- keit noch Rentabilität herstellbar ist? Erneuern Sie das Schiffshebewerk Scharnebeck und ertüchtigen Sie den Elbe-Seitenkanal, dann sind Zielset- zungen entbehrlich, an der mittleren Elbe eine Fahr- rinnentiefe von 1,60 Metern an durchschnittlich 345 Ta- gen im Jahr sicherstellen zu wollen. Das läuft doch auf regelmäßiges Ausbaggern zur Schwachstellenbeseiti- gung und auf teilweisen Ausbau hinaus. Sie wollen den Hochwasserschutz in ein Gesamtkon- zept Elbe einbeziehen. Ich sage Ihnen, nicht der Hoch- wasserschutz muss in ein vermeintlich höherrangiges Gesamtkonzept Elbe mit einbezogen werden, sondern wir brauchen ein flussbezogenes Hochwasserschutzkon- zept, an dem alle Anrainer-Bundesländer und wie bei der Elbe auch Oberlieger wie die Tschechische Republik be- teiligt sind. Sie dokumentieren mit diesem Antrag, dass Sie noch nicht wirklich verstanden haben, welches die Ursachen für die verheerenden und folgenschweren Deichbrüche und Überflutungen in Sachsen-Anhalt waren. Mehr Wasser fließt schneller elbabwärts – der Hochwasser- scheitel war diesmal 40 Kilometer lang – und bricht dort über die Deiche, wo sie niedriger und nicht auf dem Niveau von zum Beispiel Dresden sind. Gäbe es auch im oberen Bereich Polder und Überflutungsflächen, dann würde der Hochwasserscheitel abgesenkt und die Über- flutungsgefahr für die Unterlieger würde gemindert. Es steht doch in völligem Widerspruch zu diesen Er- kenntnissen, dass Sie eine durchgängige oder teilweise Vertiefung der mittleren Elbe ins Auge fassen, um die Bedingungen für den Containerverkehr zu verbessern. Sie sprechen in Ihrem Antrag in einem Atemzug von ökologischem und verkehrlichem Nutzen, den Sie errei- chen wollen, aber Sie müssen doch auch erkennen, dass ökologischer Vorteil und stärkere verkehrliche Nutzung an der Elbe nicht immer vereinbar sind, sondern im Widerspruch stehen, wenn man die Flusslandschaft Elbe als Naturjuwel erhalten will. Sie sprechen im Antrag viel von der Elbe als Trans- portweg und befassen sich mit der Wirtschaftlichkeit des Güterverkehrs. Aber der wirklich zukunftsfähige Wirt- s N h g lu w ti fü d v re A w le te A 2 fü T C re ü d d d h s k je v s v g d fü S D A g m m d s b V te (C (D chaftsfaktor der Region ist die touristische Nutzung der atur- und Kulturpotenziale im Elbe-Raum. Schon jetzt at der Tourismus in der Region zahlreiche Arbeitsplätze eschaffen, und noch immer gibt es ein großes Entwick- ngspotenzial. Im Mittelpunkt der zukünftigen Ent- icklung der Elbe-Region muss der Erhalt der einzigar- gen Flusslandschaft mit all seinen positiven Funktionen r Natur und Mensch stehen. Das ist zukunftsfähig, und die Politik sollte sich in iesem Zusammenhang auf ein gemeinsames Vorgehen erständigen, um das Potenzial zu nutzen. Wir haben die Bestandteile dieses Konzepts in unse- m Antrag 2011 vorgestellt. Sie haben abgelehnt. Ihren ntrag, dem man ansieht, dass er in der letzten Sitzungs- oche Hals über Kopf zusammengezimmert worden ist, hnen wir ab, und wir hoffen darauf, dass wir ab Sep- mber eine bessere Elbe-Politik gestalten können. nlage 35 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Sozialverträgliche und anwohnerfreundliche Schienenhinter- landanbindung zur Festen Fehmarnbeltquerung gewährleisten (Zusatztagesordnungspunkt 17) Ingo Gädechens (CDU/CSU): Am 3. September 008 unterschrieben der damalige Bundesminister r Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Wolfgang iefensee, SPD, und seine dänische Amtskollegin arina Christensen den Vertrag zwischen der Bundes- publik Deutschland und dem Königreich Dänemark ber eine Feste Fehmarnbeltquerung. In diesem hat sich ie Bundesregierung zum Ausbau der Hinterlandanbin- ung auf deutscher Seite verpflichtet. Dieser Vertrag und die darin festgehaltene Absicht, ie Hinterlandanbindung für die Querung zu ertüchtigen, at zu intensiven und auch emotional geführten Diskus- ionen bei den Bürgerinnen und Bürgern meines Wahl- reises gesorgt. Nun ist es wie bei jedem Verkehrspro- kt, dass mögliche Veränderungen bei den Menschen or Ort zunächst für Skepsis, Ängste und Befürchtungen orgen. Aber – und dies ist mir wichtig – eine Vielzahl on Bedenken sind nicht von der Hand zu weisen. Ver- angene Verkehrsprojekte haben uns deutlich gezeigt, ass es besser ist, frühzeitig auf diese zu reagieren. Das Projekt Feste Fehmarnbeltquerung ist nicht nur r Ostholstein und Nordstormarn, sondern für ganz chleswig-Holstein, Deutschland und Europa wichtig. er hier vorliegende Antrag nimmt klar dazu Stellung. uf der anderen Seite stehen viele berechtigte Forderun- en der Anwohner, die ebenfalls ernstgenommen werden üssen. Die Menschen in Ostholstein leben vom Touris- us. Der Ausbau im bestehenden Gleisbett und durch ie Ostseebäder hätte gravierende Folgen für die Men- chen und die bestehende Infrastruktur. Auch abseits der ekannten Bäderorte wirft das zu erwartende steigende erkehrsaufkommen Risiken auf, die beim Bau der Hin- rlandanbindung beachtet werden müssen. 32422 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 (A) ) )(B) Vor diesem Hintergrund ist der Antrag zu verstehen, der ein starkes Signal aus der Mitte des Parlamentes sen- den wird: Wir werden die Bürgerinnen und Bürger aus Ostholstein mit ihren Sorgen nicht alleinlassen. In dem Antrag wird die Bundesregierung daher aufgefordert, eine sozialverträgliche und anwohnerfreundliche Schie- nenhinterlandanbindung zur Festen Fehmarnbeltquerung zu gewährleisten. Für die Akzeptanz der Fehmarnbeltquerung und der Schienenhinterlandanbindung ist es von zentraler Be- deutung, möglichst viele unterschiedliche Interessen bei der Planung zu berücksichtigen. Dazu gehört der berech- tigte Wunsch nach Lärmschutz, aber auch die Anerken- nung der großen Bedeutung der Tourismusregion Ost- holstein. Eines der größten Defizite bei der Planung neuer Ver- kehrsprojekte liegt in der häufig mangelhaften und viel- fach unverständlichen Kommunikation, in der sich Pro- jektverantwortliche in Fachtermini flüchten, welche die Bürger nicht mehr verstehen. Insofern begrüße ich, dass der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bahn, Herr Dr. Rüdiger Grube, vor kurzem die Region besucht hat, um sich ein reales Bild vor Ort zu machen. Dabei waren einmal mehr der Dialog und das Erkennen der Problem- lagen besonders wichtig in den Städten und Gemeinden. Er folgt damit dem guten Beispiel, das zwei Jahre zuvor schon Bundesverkehrsminister Dr. Peter Ramsauer ab- gegeben hat, als er meinen Wahlkreis besuchte und sich für Gespräche mit Bürgermeistern und Bürgern viel Zeit nahm. An dieser Stelle möchte ich den Vertretern der Deut- schen Bahn, des Bundesverkehrsministeriums wie auch der Landesplanungsbehörden für die in der Vergangen- heit stets vorhandene Dialogbereitschaft danken. Auch in der Region wurden die Hausaufgaben ge- macht. Es wurde viel unternommen, um berechtigte Sor- gen aufzunehmen und an entsprechende Stellen weiter- zuleiten. So hat der Kreis Ostholstein auf Antrag der CDU eine Betroffenheitsanalyse auf den Weg gebracht, um Gefahren, Wege und Perspektiven, die in diesem Verkehrsprojekt liegen, aufzuzeigen. Auch das noch von der CDU-geführten Landesregierung eingeleitete Raum- ordnungsverfahren zeigt deutlich: Der Wille, die Bürger an dem Projekt zu beteiligen und anzuhören, war von Anbeginn da. Beispielhaft für diese Kommunikation mit den Bürgern steht auch das ebenfalls von der CDU initi- ierte Dialogforum zur Festen Fehmarnbeltquerung. Wichtig ist, die Kritik und Betroffenheiten aus der Region auch in konkretes Handeln umzusetzen. Die zuletzt gemachten Ankündigungen vom Chef der Deutschen Bahn, die sogenannte 2+1-Trassenvariante nachträglich in das laufende Raumordnungsverfahren aufzunehmen, dürfen uns zuversichtlich stimmen – ebenso wie die bereits vergangenes Jahr getätigte Aus- sage des Bundesverkehrsministers, eine Lösung für die bereits überlastete Sundbrücke finden zu wollen. Unser Antrag setzt hier an und fordert die Bundesre- gierung auf, die bisherigen Bemühungen weiter fortzu- setzen: b s d d D B a te te W e fo s fa a s w g q e k n re s n re G d 1 R A ü A d g S D d w m n tr n D d z w D G W B (C (D Die Menschen in der Region brauchen eine akzepta- le Trassenvariante, die sie vor unnötigen Belastungen chützt. Die Schienenhinterlandanbindung sollte daher en aktuellsten Lärmschutzanforderungen entsprechen, ie sich nach Wegfall des Schienenbonus ergeben. enkbar sind hier auch Modellprojekte der Deutschen ahn zur Reduzierung von Schienenverkehrslärm, die uf dieser Strecke verstärkt zum Einsatz kommen könn- n. Da die bestehende Sundbrücke bereits heute überlas- t und aufgrund von Sturm und Starkwinden oftmals für ohnwagengespanne und leere Lkws gesperrt ist, ist ine Erweiterung der bisherigen Kapazität dringend er- rderlich. Da die Brücke seit 1999 unter Denkmal- chutz steht, ist ein Aus- oder Umbau schwierig. Die Er- hrungen der Vergangenheit haben gezeigt, dass eine ufgrund von widrigen Wetterverhältnissen häufig ge- perrte Brücke keine Zukunftsoption ist. Daher ist es ichtig, zu prüfen, ob eine Tunnelvariante in Betracht ezogen werden könnte. Ich würde mir wünschen, dass die Feste Fehmarnbelt- uerung und die dazugehörige Hinterlandanbindung in in paar Jahren als ein Modell für ein gelungenes Ver- ehrsprojekt steht. Diese neue Verkehrsader wird allen ützen, wenn wir jetzt darangehen, Risiken zu minimie- n und Chancen zu generieren. Daher möchte ich Sie bitten, unseren Antrag zu unter- tützen. Gero Storjohann (CDU/CSU): „Wir dürfen uns icht nur von Kosten und Zeitplan leiten lassen. Wir wä- n falsch beraten, wenn wir Erfahrungen aus anderen roßprojekten ignorierten.“ Diese Botschaft verkündete er Chef der Deutschen Bahn, Rüdiger Grube, am 2. Juni 2013 vor betroffenen Bürgermeistern aus der egion Ostholstein in Bezug auf die Ausgestaltung des usbaus der Hinterlandanbindung zur festen Querung ber den Fehmarnbelt. Er führte weiter aus, dass es beim usbau der Hinterlandanbindung Ziel sein muss, die für ie Bevölkerung bestmögliche Lösung zu finden und ab bekannt, dass die Bahn einer 2+1-Lösung bei der chienenhinterlandanbindung nicht mehr im Weg steht. ie 2+1-Trasse wurde schon seit längerer Zeit von Bun- esverkehrsminister Dr. Peter Ramsauer favorisiert. Sie ürde die Küstenorte Ostholsteins entlasten. Ich freue ich über diese Entwicklung. Dazu hat die Bahn den Weg frei gemacht. Die soge- annte 2+1-Variante wurde in Schleswig-Holstein nach- äglich in das laufende Raumordnungsverfahren aufge- ommen, das zum 31. Juli 2013 abgeschlossen sein soll. iese Lösung sieht vor, die bestehende Bahntrasse in en Küstenorten künftig für den Regionalverkehr zu nut- en. Dieser Ansatz sieht weiter vor, eine zweite Trasse eiter landeinwärts nahe der Autobahn 1 zu bauen. iese soll auf zwei schnellen Gleisen von Personen- und üterzügen genutzt werden. Die Bahn kam damit den ünschen der Menschen vor Ort nach. Nun liegt es am und, diesen Kurs zu unterstützen. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32423 (A) ) )(B) Die Bundesrepublik Deutschland hat sich vertraglich zum Ausbau der Hinterlandanbindung verpflichtet. Un- ser Antrag zielt darauf ab, das hohe Potenzial der Festen Fehmarnbeltquerung und der dazugehörigen Schienen- hinterlandanbindung als Teil des transeuropäischen Schienenverkehrsnetzes der Europäischen Union anzu- erkennen, da mit der Querung über den Belt in Europa eine feste Direktverbindung zwischen Skandinavien und Kontinentaleuropa entsteht. Europa wird dadurch räum- lich und kulturell weiter zusammenwachsen. Unser Antrag zielt aber auch darauf ab, die große Be- deutung des Tourismussektors in der Region Ostholstein anzuerkennen. In der betroffenen Region ist es in den zurückliegenden Jahren zu erheblicher Unruhe gekom- men, weil die Ostseebäder um ihre Attraktivität fürchte- ten, sollte der Schienenverkehr über die bestehende Trasse laufen. Ich begrüße daher die Entscheidung der Deutschen Bahn, eine 2+1-Lösung zu ermöglichen, aus- drücklich. Die Sorgen der Anwohner nehmen wir dabei ernst. Die Küstenorte können erleichtert sein, wenn die 2+1- Trasse kommt. Anwohner im Landesinneren jedoch ha- ben nun Sorge vor mehr Verkehrslärm. Wir fordern die Bundesregierung daher auf, sich bei den weiteren Pla- nungen der Gestaltung der Schienenhinterlandanbindung für akzeptable Formen sowohl bei der Trassenführung als auch beim Lärmschutz einzusetzen. Ziel muss eine sozial- und raumverträgliche Hinterlandanbindung sein. Der Ausbau der Schienenhinterlandanbindung muss den aktuellen Lärmschutzanforderungen entsprechen. Ferner soll der Wegfall des Schienenbonus nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz auch auf den Bau der Hinterlandanbindung volle Anwendung finden. Dabei ist auch zu prüfen, ob sich die nun entstehende Trasse als Modellprojekt eignet, um weitere technische Innovatio- nen zur Reduzierung von Lärm auf der Schiene voranzu- treiben. Der Ausbau der Hinterlandanbindung wirft auch die Frage auf, wie es mit der bestehenden Brücke über den Fehmarnsund zukünftig weitergehen wird. Sie feierte jüngst ihr 50-jähriges Bestehen und wird voraussichtlich eines Tages nicht mehr die erforderliche Belastung tra- gen können. Die Fehmarnsundbrücke steht seit 1999 un- ter Denkmalschutz und hat sich zu einem Wahrzeichen für die Insel Fehmarn entwickelt. Sie wird daher nicht abgerissen und einfach neu gebaut werden können. Un- ser Antrag fordert die Bundesregierung daher auf, zu prüfen, wie eine weitere Querung über den Fehmarnsund eines Tages konkret zu gestalten ist. Soll die bestehende Brücke durch eine neue Brücke ergänzt werden, oder kann ein reibungsloser Verkehr besser mit einem Tunnel gewährleistet werden? Schließlich ist die Fehmarnsund- brücke bei starkem Wind für leere Lastkraftwagen und Wohnwagen gesperrt. Ich bin davon überzeugt, dass die feste Querung über den Fehmarnbelt die gesamte Region Norddeutschland und Skandinavien voranbringen wird. Ich verbinde da- mit auch die Hoffnung, dass die angrenzenden Regionen im Bereich der Hinterlandanbindung von dieser Ent- wicklung profitieren. b s W p n F ti b n a s s a ri d k n je E k C v tr z u w g d te v h d g h e n ru d K d w s S c w S S k d d d B h g fi d ü (C (D Bettina Hagedorn (SPD): Weit nach Mitternacht am uchstäblich letzten regulären Debattentag des Deut- chen Bundestages sollen wir auf ausdrücklichen unsch der Regierungsparteien einen Antrag mit dem ositiv klingenden Titel „Sozialverträgliche und anwoh- erfreundliche Schienenhinterlandanbindung zur Festen ehmarnbeltquerung gewährleisten“ leider nicht disku- eren, sondern lediglich unsere Reden zu Protokoll ge- en. Das ist bedauerlich, weil die Redner darum gar icht die Reden der Mitdiskutanten kennen und darum uf ihre Argumente auch nicht eingehen können. Das cheint allerdings genau so gewollt zu sein und wider- pricht einem ernsthaften Interesse an dem Thema. CDU/CSU und FDP haben diesen Antrag offenbar uch sehr bewusst erst so spät zum Ende der Wahlpe- ode vorgelegt, dass eine dringend erforderliche Debatte ieses sehr ernsthaften Themas im zuständigen Ver- ehrs- und Haushaltsausschuss gar nicht mehr vorge- ommen werden kann; stattdessen wird über den Antrag tzt ohne Aussprache abgestimmt. Damit wird deutlich: s ist leider ein reiner Showantrag, der lediglich Wahl- ampfzwecken dienen soll. Damit aber werden CDU/ SU und FDP den Sorgen und Bedenken von Tausenden on Menschen entlang der geplanten Güterverkehrs- asse in Ostholstein einmal mehr nicht gerecht. Über ehn Bürgerinitiativen von Fehmarn bis Bad Schwartau nd viele, die sich unter anderem mit enormem Zeitauf- and ehrenamtlich im Dialogforum in Ostholstein enga- ieren, hätten wahrlich eine ernsthaftere Befassung mit er Problematik der Auswirkungen der geplanten Hin- rlandanbindung verdient. Aber kommen wir zum Antrag selbst. Schwarz-Gelb erfolgt mit dem, was sie uns hier schriftlich vorgelegt aben, eine chronische Vernebelungsstrategie: Der Titel es Antrags klingt gut, er suggeriert, als wollten die Re- ierungsfraktionen tatsächlich für die Menschen in Ost- olstein sicherstellen – sprich: „gewährleisten“ –, dass ine „sozialverträgliche und anwohnerfreundliche Schie- enhinterlandanbindung zur Festen Fehmarnbeltque- ng“, die wirklich die Belange der Menschen vor Ort in en Mittelpunkt stellt, auch tatsächlich gebaut wird. lingt gut. Dieses ist aber lediglich das Etikett, das auf em Antrag klebt. Im Antrag selbst steht aber leider et- as ganz anderes; das nennt man gemeinhin Etiketten- chwindel. Fakt ist: Im Bundestagswahlkampf will chwarz-Gelb die Menschen in Ostholstein in der Si- herheit wiegen, es werde angeblich eine sozial- und an- ohnerfreundliche Schienentrasse verwirklicht und chwarz-Gelb sei der aufrechte Anwalt der berechtigten orgen aller Menschen entlang der geplanten Güterver- ehrstrasse. Aber tatsächlich ist das genaue Gegenteil er Fall! Denn was müssen wir bei Lektüre des Antrags mit em wichtigsten Teil III, also dem Handlungsauftrag an ie Bundesregierung, lesen? Da soll der Bundestag „die undesregierung im Rahmen der verfügbaren Haus- altsmittel“ – aha; das muss man sich auf der Zunge zer- ehen lassen – zu vier konkreten Punkten mit enormer nanzieller Tragweite auffordern, wohl wissend, dass er Verkehrsetat dramatisch unterfinanziert und bislang berhaupt kein Cent für die Verwirklichung dieser Bau- 32424 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 (A) ) )(B) maßnahme im Bundeshaushalt und im Finanzplan veran- kert ist. Was also bleibt dann von diesem Schaufenster- antrag übrig? Leider nichts! Vor allem aber kann man, wenn man diesen milliar- denschweren Trassenausbau „sozialverträglich und an- wohnerfreundlich“ gestalten will und gleichzeitig alles „unter Finanzvorbehalt stellt“, eines ganz gewiss nicht, nämlich die vollmundigen Zusagen an die Anwohner tat- sächlich „gewährleisten“, was nichts anderes heißt als diese Zusagen zu garantieren. Insofern schlummert in diesem Antrag vor allem eines: ein Bruch von Wahlver- sprechen mit Ansage. Anhand der bisherigen Kostenent- wicklung des Mammutprojektes binnen vier Jahren, vollmundiger Versprechen des Verkehrsministers Ramsauer einerseits ohne jegliche Absicherung im Bun- deshaushalt andererseits kann sich jeder durchschnittlich begabte Viertklässler an fünf Fingern ausrechnen: Diese Bundesregierung arbeitet unseriös und „veräppelt“ die Menschen in Ostholstein mit ihren Versprechungen, die sie gar nicht halten will. Erinnern wir uns gemeinsam an die Fakten: Als der Staatsvertrag zur Festen Fehmarnbeltquerung im Juni 2009 vom Bundestag beschlossen wurde, sollte der Bau der Hinterlandanbindung, vom deutschen Steuer- zahler finanziert, 850 Millionen Euro kosten. Grundlage der Kalkulation war eine Eröffnung 2018 für ein elektri- fiziertes Gleis, der zweigleisige Ausbau mit Elektrifizie- rung auf der Bestandstrasse sieben Jahre später, 2025, und als Nadelöhr die unveränderte, heute 50 Jahre alte Sundbrücke. Bereits im April 2009 hatte der Bundes- rechnungshof allerdings einen dicken Prüfbericht veröf- fentlicht, in dem er die Verdoppelung der Gesamtkosten auf 1,7 Milliarden Euro prognostizierte. Übrigens: Ob bei Stuttgart 21 oder der Bahnstrecke Ulm–Wendlingen oder weiteren Großprojekten, der Bundesrechnungshof hatte mit seinen frühzeitigen Warnungen vor Kostenex- plosionen bisher leider immer recht. In den vergangenen vier Jahren mutierte die dänische Planung für eine Beltbrücke nicht nur zu einem 19 Kilo- meter langen Tunnel, auch auf deutscher Seite kam dank vieler Bürgerinitiativen in Ostholstein und Dank der be- troffenen Kommunen und des Engagements im Dialog- forum Bewegung in die Planung: Seit Januar 2013 ist das Raumordnungsverfahren in Schleswig-Holstein für diverse Trassenvarianten zwischen Bad Schwartau und Großenbrode für die Hinterlandanbindung eröffnet, de- ren Abweichung von der ursprünglich von Ramsauer ge- wollten Bestandstrasse mit Sicherheit 300 bis 500 Mil- lionen Euro Mehrkosten verursachen werden. Über 8 300 Einwendungen zum Raumordnungsver- fahren aus den Kommunen, von Anwohnern und Ver- bänden wurden nach Kiel überstellt; aber der aktuelle zur Diskussion gestellte Planungsstand ist längst schon wieder von der Wirklichkeit eingeholt worden: Denn im Dezember 2012 erreichte die Öffentlichkeit über die Me- dien die Nachricht, dass das aktuelle Tragfähigkeitsgut- achten der DB zur Fehmarnsundbrücke ergeben hat, dass die bestehende, unter Denkmalschutz stehende Brücke der prognostizierten Verkehrslast von circa 78 Güterzü- gen täglich von bis zu 835 Metern Gesamtlänge gar n m te D B e te B z 2 te d a k w re g n S m a B w H k w a s in te A s tr v V M z v ta K 2 a z E D e J B g w R u a k m (C (D icht gewachsen ist. Das überrascht, ehrlich gesagt, nie- anden in Ostholstein wirklich. Nur der Verkehrsminis- r Ramsauer war offenbar überrascht. Was heißt das? er Minister „prüft“ Handlungsalternativen bis nach der undestagswahl. Als einzig sinnvolle Lösung muss aber in Sundtunnel kalkuliert werden, mit zusätzlichen Kos- n von mindestens 500 Millionen Euro. Womit sich dann die Gesamtkosten, wenn man den undesrechnungshof als seriöse und erfahrene Instanz ugrunde legt, jetzt schon auf mindestens 2,5 bis ,7 Milliarden Euro binnen vier Jahren verdreifacht hät- n. Aber was verspricht Verkehrsminister Ramsauer ann Anfang April 2013 nonchalant? Die in der Region ls 2+1-Trasse diskutierte Variante mit einem doppelten ompletten Neubaugleis bei Erhalt der Bestandstrasse, omit die 3- bis 4-Milliarden-Euro-Marke sicher er- icht wäre. Nicht nur, dass diese Trasse gar nicht Ge- enstand des Raumordnungsverfahrens ist – ebenso we- ig übrigens wie die Insel Fehmarn, auf der ein undtunnel erhebliche Planungsveränderung notwendig achen würde –, nein, dieser Minister verspricht jedem lles, damit Schwarz-Gelb ohne Blessuren über den undestagswahlkampf kommt, allerdings ohne die not- endige Finanzierung für diese Wahlversprechen im aushalt abzusichern, und das ist ein Skandal! Als SPD-Abgeordnete aus Ostholstein sage ich hier lipp und klar: Wer diese feste Beltquerung im Bund ill, der darf keine Billigvariante planen und bauen, die ls verlärmte Transittrasse auf dem Rücken der Men- chen in Ostholstein geplant wird, die die Lebensqualität dieser Tourismusregion kaputtmacht und die Exis- nzgrundlage vieler Menschen und Betriebe gefährdet. ber der muss dann auch die Finanzierung tatsächlich icherstellen und nicht, wie der vorliegende Pseudoan- ag von Schwarz-Gelb, alles unter einen Finanzierungs- orbehalt stellen. Denn eines wollen wir nicht vergessen: Der gleiche erkehrsminister Ramsauer hat im April 2013 auf der aritimen Konferenz in Kiel 1,3 Milliarden Euro binnen wölf Jahren für die Sanierung des Nord-Ostsee-Kanals ersprochen, obwohl er drei Wochen vorher im Bundes- g noch das glatte Gegenteil verkündet hatte. Und als rönung sozusagen versprach Ramsauer dann im Mai 013, dass die Elbquerung, der Glückstadt-Tunnel, 2014 usgeschrieben werden soll. Dumm nur, dass die Finan- ierung weder für den Nord-Ostsee-Kanal noch für die lbquerung im Haushalt und Finanzplan enthalten ist. as alles ist das Gegenteil von seriöser Haushaltspolitik; s ist Wahlkampf pur. Seitdem der Staatsvertrag zur festen Beltquerung im uni 2009 beschlossen wurde, ist diese schwarz-gelbe undesregierung im Übrigen nicht wirklich dadurch auf- efallen, dass sie die Sorgen und Forderungen der An- ohner in Ostholstein sehr ernst nahm. Verkehrsminister amsauer fuhr zwar werbewirksam mit dem Zug durch nsere schönen Orte an der Küste, und er redete auch mit llen Bürgermeistern der betroffenen Kommunen, nur onnte er sich leider in Berlin an diese Gespräche nicht ehr zutreffend erinnern und drehte diesen Bürgermeis- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32425 (A) ) )(B) tern später in Berlin öffentlich das Wort im Munde um – eine bittere Lektion. Und jetzt? Es soll sich also „im Rahmen der verfügbaren Haus- haltsmittel“ die Bundesregierung „bei den weiteren Pla- nungen zur Schienenhinterlandanbindung für akzeptable Formen sowohl bei der Trassenführung als auch beim Lärmschutz einsetzen und damit sicherstellen, dass eine sozial- und raumverträgliche Hinterlandanbindung ge- währleistet wird“. Sie soll prüfen, inwieweit sich die Trasse als „Modellprojekt eignet, um weitere technische Innovationen zur Reduzierung von Lärm und Erschütte- rung durch Trassen und rollendes Material voranzutrei- ben“. Dabei muss man wissen: Die Deutsche Bahn hat am heutigen Tage um 7.30 Uhr ausführlich ihr Konzept zur Flüsterbremse im Jakob-Kaiser-Haus bis 2020 vor- gestellt. Fazit: Von den 180 000 Güterwaggons, die in Deutschland eingesetzt sind, gehören nur 60 000 der Deutschen Bahn, und diese sollen bis 2020 mit Flüster- bremsen ausgestattet werden, wenn sich der Bund auch künftig mit mindestens 100 Millionen Euro jährlich fi- nanziell beteiligt. Und die anderen 120 000 Güterwaggons? Es soll „Anreize“ zur „freiwilligen Investitionsentscheidung“ dieser Unternehmen geben. Na ja, Schwarz-Gelb weist im Antrag zwar selbst darauf hin, dass die Fehmarnbelt- querung Teil des transeuropäischen Schienenverkehrs- netzes sein soll. Genau genommen soll sie aber Teil ei- ner von drei europäischen Gütervorrangtrassen sein, die konkret von Palermo in Italien bis Malmö in Schweden geht. Mit anderen Worten: Die 835 Meter langen Güter- züge rollen von Italien bis Skandinavien einmal quer durch Europa. Wie viele Güterwaggons der Deutschen Bahn werden da wohl als Konsequenz verkehren? Es ist zwar gut und richtig, dass die Deutsche Bahn jetzt endlich verbindlich ihre 60 000 Güterwaggons bis 2020 umrüsten wird, aber mit ordnungsrechtlichen Instrumenten wie in der Schweiz können und wollen sich CDU/CSU und FDP im Hinblick auf den Einsatz ausländischer Waggons im deutschen Transitgüterver- kehr ausdrücklich nicht anfreunden. Soweit geht der Enthusiasmus zum Schutz lärmgeplagter Anwohner an Güterverkehrstrassen offenbar doch nicht. Als dritten Punkt fordert Ihr Schaufensterantrag allen Ernstes, dass bestehende Gesetze angewendet werden, die erst Dank des Bundesrates und Dank der rot-grünen Landesregierungen überhaupt in dieser Form beschlos- sen wurden: den Wegfall des Schienenbonus, der der Bahn bisher erlaubt, 5 Prozent mehr Lärm zu verursa- chen als ansonsten gesetzlich gilt, und das bereits zum Ende 2014. Interessanterweise hatte die SPD-Bundes- tagsfraktion im Verkehrsausschuss diese Forderung schon im November 2012 erhoben und war von der CDU/CSU und FDP damals noch abgebügelt worden. Die Regierungsfraktionen beschlossen dann mit ihrer Mehrheit, dass der Schienenbonus erst 2020 entfallen soll. Insofern kann man den jetzigen schwarz-gelben Antrag, dass der Wegfall des Schienenbonus beim Bau der Hinterlandanbindung volle Anwendung findet, ge- trost mindestens als scheinheilig bezeichnen. Denn wäre das schwarz-gelbe Gesetz in Kraft getreten, hätte er eben k D a d ti g s li B F a D te P z g d n a n a a d w lä tu V s v u a F b a W s u ti W d F s ru s d P C a W k P n e w W la (C (D eine Anwendung gefunden. Jetzt hingegen hat die eutsche Bahn übrigens längst zugestanden, dass sie ufgrund der Bundesratsinitiative die Hinterlandanbin- ung so plant und planen muss, dass es keinen 5-prozen- gen Lärmaufschlag geben darf. Der Punkt 4 im Forderungskatalog an die Bundesre- ierung von CDU/CSU und FDP? Die Bundesregierung oll „prüfen, ob beim Bau einer gegebenenfalls erforder- chen neuen Sundquerung nicht eine Tunnellösung in etracht gezogen werden könnte“. Eine samtweichere ormulierung kann man sich kaum vorstellen, zumal ja uch hier der Finanzierungsvorbehalt im Antrag steht. iese Prüfung läuft allerdings schon seit einigen Mona- n, behauptet jedenfalls das Verkehrsministerium. Jede rüfung, die nicht eine Tunnellösung im Sund mit einbe- ieht, wäre in jedem Fall ein Schildbürgerstreich. Der esunde Menschenverstand sagt jedem Ortskundigen, ass weder ein Ausbau der bestehenden Brücke funktio- ieren kann noch eine zweite Brücke daneben auch nur nsatzweise akzeptabel wäre. Es muss also auf eine Tun- ellösung hinauslaufen. Das Offensichtliche zu fordern, ber sich nicht zur soliden Finanzierung zu bekennen, ist lso weder besonders innovativ noch ehrlich gegenüber en Menschen in der Region. Fazit: Es kommt einer Quadratur des Kreises gleich, enn Schwarz-Gelb eine sozial- und raumverträgliche, rmarme Trasse im Sinne aller Anwohner samt Unter- nnelung des Fehmarnsund fordert und gleichzeitig den orbehalt bei bestehender Schuldenbremse im Grundge- etz macht: Das alles soll bezahlbar sein „im Rahmen erfügbarer Haushaltsmittel“. Wer’s glaubt, wird selig, nd im Himmel ist Jahrmarkt. Unser Fazit: Dieser Antrag ist das Papier nicht wert, uf dem er gedruckt ist, und kann deshalb auf keinen all unsere Zustimmung erhalten. Dieser Antrag trägt ereits in sich den Bruch von Wahlversprechen. Er dient llein dazu, um kurz vor der Wahl in Ostholstein auf ählerfang zu gehen und dann nach der Wahl absehbar chulterzuckend auf die „verfügbaren Haushaltsmittel“ nd die Schuldenbremse zu verweisen. Das aber ist zu- efst unredlich und schürt die Politikverdrossenheit der ählerinnen und Wähler. So darf man mit Menschen, ie berechtigte existenzielle Sorgen haben, auf keinen all umgehen. Auf fast 30 Milliarden Euro lassen sich die Wahlver- prechen im Merkel-Wahlprogramm addieren. Finanzie- ng? Fehlanzeige! Dass nach der Wahl all diese Ver- prechen stillschweigend ad acta gelegt werden sollen, afür gibt es einen prominenten CDU-Kronzeugen: den räsidenten des CDU-Wirtschaftsrats und Mitglied des DU-Parteivorstands Kurt Lauk, der am 20. Juni 2013 uf einer Pressekonferenz die Realisierbarkeit der CDU- ahlversprechen wie folgt in entwaffnender Offenheit ommentiert hat: „Wahlversprechen sind das, was die arteien versprechen, um gewählt zu werden. Es war och nie der Fall, dass Wahlversprechen eins zu eins in in Regierungsprogramm übernommen werden. Und das issen die Wähler aus Erfahrung.“ Daher sehe er die ahlversprechen seiner Partei mit einer „gewissen Ge- ssenheit“. Und: „Solange die Haushaltskonsolidierung 32426 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 (A) ) )(B) die Priorität Nummer eins ist, würden sich die anderen Versprechen ‚fügen‘.“ Ich komme zum Schluss: Die Menschen entlang der geplanten Schienentrasse quer durch Ostholstein wissen dank dieser Worte, was sie von der CDU/CSU und der FDP an Engagement gegen einen Trassenausbau als Bil- ligvariante zu erwarten haben: warme Worte und sonst nichts! Torsten Staffeldt (FDP): „Schienenhinterlandan- bindung der Fehmarnbeltquerung“, auf den ersten Blick ein ziemliches Wortungetüm für ein wichtiges und rich- tiges Vorhaben. Im Meeresboden soll ein Tunnel, die so- genannte Fehmarnbeltquerung, gebaut werden, um den transeuropäischen Verkehr von und nach Skandinavien zu erleichtern. Für die dichtbefahrene Ostsee bringt das Entlastung vom zunehmenden Verkehrsaufkommen, für Fähr- und Bauunternehmen mehr Planungssicherheit. Mit der Querung wächst Europa auch im Norden zusam- men. Reisezeiten werden kürzer. Für Passagiere zwischen Hamburg und Kopenhagen sind es statt viereinhalb nur noch drei Stunden Fahrzeit. Der 160 Kilometer lange Umweg für Güterzüge entfällt. Entstehen wird eine wett- bewerbsfähige Großregion mit einer besseren Schienen- und Straßenhinterlandanbindung. Das bedeutet insge- samt mehr Wachstum und Beschäftigung und ist, anders als eine Brücke, eine Variante, die die Umwelt schont und den Schiffsverkehr nicht gefährdet. So wird bei- spielsweise der Wasseraustausch zwischen der sauer- stoffarmen Ostsee, zum Beispiel im Gotlandtief, und der sauerstoffreichen Nordsee nicht beeinträchtigt. Das nutzt der Pflanzen- und Tierwelt. Zusammen mit der festen Querung ist der Aus- und Neubau der Straßen- und Schienenhinterlandanbindung eines der wichtigsten Verkehrsinfrastrukturprojekte der Bundesrepublik. Beteiligt sind Deutschland und Däne- mark. Auf deutscher Seite geht es um den Ausbau der E 47 zwischen Heiligenhafen-Ost und Puttgarden zu ei- ner vierspurigen Bundesstraße. Vorgesehen ist weiterhin der zweistufige Ausbau der Schienenstrecke zwischen Lübeck und Puttgarden. Vier Spuren und Bahntrassen, das bedeutet Lärm, und das in einem Gebiet mit dem, was wir in unserem Antrag als „hohe Wertschöpfung im Tourismussektor“ beschrieben haben. Strände, Meer, Küste, hier liegen nicht zuletzt die Ostseebäder. Wo Belästigungen unumgänglich sind, soll dies mög- lichst umwelt- und anwohnerfreundlich geschehen. Die Fehmarnbeltquerung soll den Menschen vor Ort nützen, nicht sie belasten. Um dies zu gewährleisten, sind schon jetzt alle Beteiligten über das „Dialogforum Feste Feh- marnbeltquerung“ in die Planungen eingebunden. Hier diskutieren Vertreter der Deutschen Bahn AG, der Bun- des- und Landesregierung, regionale Politiker und Mit- glieder von Bürgerinitiativen. Im derzeit laufenden Raumordnungsverfahren werden überdies derzeit die Auswirkungen des Projekts unter überörtlichen Ge- sichtspunkten geprüft. n w d R W J D w w u m te N k la E a m n k A N e le N n d G w te ti d d B w d B g B w s v w d le u d w d n n a z E (C (D Um Lärmbelästigungen durch die Straßen- und Schie- enhinterlandanbindung in Grenzen zu halten, setzen ir uns für vernünftige Formen der Trassenführung und es Lärmschutzes ein. Das ist dann so wie mit unserer egierungsarbeit in der christlich-liberalen Koalition: ir haben gezeigt, wie es geht, in den vergangenen vier ahren und auch in Zukunft. Es waren vier gute Jahre für eutschland! Herbert Behrens (DIE LINKE): Seit Jahren beraten ir über das Projekt Feste Fehmarnbeltquerung. Immer ieder haben wir dabei Forderungen der Bürgerinnen nd Bürger diskutiert, die um ihre Existenz im Touris- us an der schleswig-holsteinischen Ostseeküste fürch- n. Die Koalition tat sich damit hervor, dass sie die achteile kleinredete und die Vorteile groß. Heute, am vorletzten Sitzungstag der Wahlperiode, ommen sie mit Ihrem Antrag zur Schienenhinter- ndanbindung der Festen Fehmarnbeltquerung um die cke und fordern, dass das Ganze sozialverträglich und nwohnerfreundlich gestaltet werden soll. Haben Sie be- erkt, dass in den vergangenen Jahren in dieser Frage icht eine einzige parlamentarische Initiative von Ihnen am? Haben Sie etwas gelernt aus den vielen, vielen rgumenten der Ostholsteiner Bürgerinnen und Bürger? ein, haben Sie nicht! Der Antrag ist nichts anderes als in Täuschungsmanöver. Sie wollen lediglich davon ab- nken, dass die Koalition nicht bereit ist, die Sorgen und öte der Bürgerinnen und Bürger an der Trasse ernst zu ehmen. Seit Jahren protestieren sie gegen das milliar- enteure Verkehrsprojekt; denn der donnernde Lärm der üterzüge, dem sie künftig Tag und Nacht ausgesetzt erden sollen, zerstört in der Tourismusregion die Exis- nzgrundlage ganz Ostholsteins und ist verkehrspoli- sch völlig überflüssig. Es ist das Stuttgart 21 des Nor- ens! Nach erheblichen Veränderungen der Planungen für ie Fehmarnbeltquerung mit einem Tunnel statt einer rücke, einer Halbierung der Verkehrsprognosen, einer ahren Kostenexplosion, tausendfachen Einwendungen er Betroffenen im Raumordnungsverfahren und großen ürgerprotesten ist die Zeit reif, dieses Projekt grundle- end zu bewerten. Doch nach wie vor weigert sich die undesregierung, dieses Projekt infrage zu stellen. Sie eigert sich, mit Dänemark zu beraten, ob nicht ange- ichts der Veränderungen die Ausstiegsklausel im Staats- ertrag zur Beltquerung angewendet werden kann, um eiteren Schaden von den Vertragspartnern abzuwen- en. Stattdessen nun, in „letzter Sekunde“ sozusagen, gen Sie den Antrag vor, der eine „sozialverträgliche nd anwohnerfreundliche Schienenhinterlandanbin- ung“ zum Projekt ankündigt. Leider hält der Titel nicht, as er verspricht! Aber Sie räumen ja auch selbst ein, ass es Ihnen eigentlich darum geht, „die Akzeptanz … icht weiter zu gefährden“. Wenn die Koalitionsfraktio- en ihre eigene Regierung zum Ende der Wahlperiode uffordert, sich unverbindlich für dieses oder jenes ein- usetzen, dann ist das absurd. Diese Regierung ist an ihr nde gekommen. Die Karten werden am 22. September Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32427 (A) ) )(B) 2013 neu gemischt. Wir hoffen sehr, dass sich nach der Bundestagswahl eine neue Verkehrspolitik durchsetzen lässt, die insbesondere den Interessen der Mehrheit der Bevölkerung verpflichtet ist und nicht den wirtschaftli- chen Interessen der großen Baukonzerne untergeordnet ist. Aber ich will noch etwas zum Antrag sagen. Ihre For- derungen darin sind windelweich: Man möge sich „im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel“ für eine „ak- zeptable“ Trassenführung und Lärmschutz einsetzen; es soll geprüft oder „gegebenenfalls“ „in Betracht gezogen werden“. Einzig die Forderung, dass der Ausbau den aktuellen Lärmschutzanforderungen entsprechen soll, ist verbindlich formuliert. Das allerdings ist bereits gesetz- lich geregelt. Noch einmal gefordert werden müsste es eigentlich nicht wirklich. Nachdem es vor zwei Monaten endlich eine Einigung zum Wegfall des Schienenbonus gab, fordern Sie, dass auch für die Hinterlandanbindung die reduzierten Lärm- werte gelten sollen. Auch das ist nicht wirklich neu. Auf die Verlegung des Güterverkehrs an eine Neubautrasse entlang der A 1 und den Erhalt der Bädertrasse für den Nahverkehr, 2+1-Trasse, gehen Sie gar nicht ein. Da ist die Zeit einfach über Ihren Antrag hinweggegangen. Mit Ihrem Antrag erwecken Sie kurz vor der Wahl den Anschein, dass Sie sich für die Belange der Region einsetzen würden, doch erfahren die betroffenen Bürge- rinnen und Bürger, was am Ende für sie besser sein soll, also anwohnerfreundlich und sozialverträglich. In Ihrem Antrag loben Sie die Arbeit des „Dialogforums Feste Fehmarnbelt-Querung“ als „moderne Bürgerbeteili- gung“. Dieses Forum wurde eingerichtet, um den Kon- flikt zu entschärfen und das Projekt nachträglich zu legi- timieren, nicht um ergebnisoffen darüber zu entscheiden. Die Linke fordert, dass die Bürgerinnen und Bürger auch an der Entscheidung beteiligt werden, ob ein solches Großprojekt vor ihrer Haustür entstehen muss oder nicht und nicht nur darüber, wie man die Nachteile durch mehr Verkehr, mehr Lärm und die Folgen für die Tourismus- wirtschaft bewältigen kann. Doch dieses Forum, in dem mehrheitlich Projekt- befürworter sitzen, hat letzte Woche einen Workshop zu den Verkehrsprognosen und dem Nutzen-Kosten- Verhältnis dieses Projektes samt Anbindung veranstaltet, zu dem renommierte Verkehrsgutachter berichteten. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass die bisherigen Annahmen veraltet und überbewertet waren, sich die Rahmenbedin- gungen wesentlich verändert hätten. Nehmen Sie das Dialogforum ernst, ziehen Sie daraus die Konsequenzen und stellen Sie sich einer ergebnisoffenen Neubewertung des Projektes. Wir hatten vor einem Jahr genau das beantragt; doch Sie haben den Antrag abgelehnt, weil Sie Angst davor haben, dass Ihnen das Ergebnis nicht passen könnte. Sie sprechen sich erneut ausdrücklich für den Bau einer Fes- ten Fehmarnbeltquerung aus und verstecken sich hinter dem Staatsvertrag, den die Vorgängerregierung unter dem SPD-Verkehrsminister Tiefensee mit Dänemark ausgehandelt hat, obwohl er eine Verständigungsklausel enthält, bei veränderten Rahmenbedingungen das Pro- je li re g la s w o B k N n F b u h e n B n w m d a U s A m P g b S rü U s e b g d B s m h H V a d V B s a s Z ru (C (D kt neu zu verhandeln. Der Spatenstich zum Projekt egt noch in weiter Ferne, noch gibt es kein Planungs- cht, noch kann das Projekt gestoppt werden. Natürlich eht es nur gemeinsam mit Dänemark; doch Verträge ssen sich auch ändern, und in einer Demokratie müs- en Entscheidungen auch wieder demokratisch verändert erden können. Auch der Gerichtsweg ist noch völlig ffen. Die Linke wird weiter alles daransetzen, dass Ihre etonideologie scheitern wird und dieses unsinnige Ver- ehrsprojekt nicht gebaut werden kann. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- EN): Um es gleich unmissverständlich vorwegzu- ehmen: Ihr heute hier vorgelegter Antrag zur Festen ehmarnbeltquerung ist an Peinlichkeit kaum zu über- ieten. Seit Jahren diskutiert dieses Hohe Haus, für jede nd jeden zum Glück gut dokumentiert, über die Sinn- aftigkeit einer festen Querung über den Fehmarnbelt in iner Art und Weise – leider muss man an dieser Stelle och einmal sagen –, die dem Ansehen des Deutschen undestages nur sehr bedingt nutzen dürfte. Mit Ihrem un vorgelegten Antrag fügen Sie dieser Tragödie eine eitere Episode hinzu. Seit nunmehr mehreren Legislaturperioden machen eine Fraktion und eine engagierte Zivilgesellschaft auf ie eklatanten Planungsmängel des gesamten Projekts ufmerksam. Am Ende der 16. Wahlperiode, als die nterzeichnung des Staatsvertrags unmittelbar bevor- tand, führte der Verkehrsausschuss eine vierstündige nhörung durch. Im Zuge der Anhörung wurden die assiven ökologischen und ökonomischen Risiken des rojekts von mehreren Sachverständigen eindrucksvoll eschildert. Gegen alle Bedenken und wider besseres Wissen ha- en die Abgeordneten von CDU/CSU, FDP und auch PD – bei letzterer Fraktion gab es immerhin wenige hmliche Ausnahmen – schließlich grünes Licht für die nterzeichnung des Staatsvertrags gegeben, obwohl die- er zahlreiche unklare juristische Formulierungen nthielt, wichtige Aspekte der Planung überhaupt nicht erücksichtigte, die Finanzierung des Projekts völlig un- eklärt war und auch die ökologischen Risiken aufgrund er Tatsache, dass noch völlig offen war, welche Art von auwerk, eine Brücke oder ein Tunnel, überhaupt ent- tehen wird, nicht ansatzweise absehbar waren. Auf die gravierenden Planungsmängel machen seit ehreren Jahren beständig auch der Bundesrechnungs- of und der Rechnungsprüfungsausschuss dieses Hohen auses aufmerksam. Sie drängen angesichts eklatanter ersäumnisse im Vorfeld der Vertragsunterzeichnung uf dringend notwendige Nachbesserungen und fordern ie erneute Aufnahme von Verhandlungen zwischen den ertragspartnern, dem Königreich Dänemark und der undesrepublik Deutschland. Bundesrechnungshof und Rechnungsprüfungsaus- chuss verweisen in ihren Stellungnahmen auf nicht bsehbare Risiken für die öffentlichen Haushalte, die ich aus unklaren juristischen Formulierungen ergeben. udem weisen sie seit Jahren auf massive Kostensteige- ngen des Projekts und die Tatsache hin, dass zahlrei- 32428 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 (A) ) )(B) che zusätzliche Kosten überhaupt noch nicht in die Be- rechnungen eingeflossen sind. Insgesamt bestehen seit Jahren massive Zweifel an den dem Projekt zugrunde liegenden Rentabilitätsberechnungen. Bereits vor Inkrafttreten des Staatsvertrags warnte der Bundesrechnungshof in einer Stellungnahme nach § 88 Abs. 2 der Bundeshaushaltsordnung, BHO, an den Rech- nungsprüfungsausschuss, einen Unterausschuss des Haushaltsausschusses des Bundestages, dass sich die bisher kalkulierten Kosten für den Ausbau der Deut- schen Hinterlandanbindung auf 1,7 Milliarden Euro ver- doppelt hätten – ohne dass weitere Kosten wie der Aus- bau des Knotenpunktes Hamburg oder der Ausbau des Schienenteilstücks von Lübeck bis Puttgarden überhaupt berücksichtigt wurden. Mit Hinweis hierauf hat der Bun- desrechnungshof wiederholt die Bundesregierung aufge- fordert, aktualisierte Kostenkalkulationen vorzulegen. Genauso wenig wurden bisher die Kosten für eine bei der Realisierung einer Festen Fehmarnbeltquerung zwin- gend benötigten zweiten Brücke über den Fehmarnsund berücksichtigt. Gleiches gilt für die Kosten für eine im- mer wieder in Aussicht gestellte Alternativtrasse der Hinterlandanbindung fernab der Ostseebäder sowie nicht erst nach dem Wegfall des „Schienenbonus“ dringend benötigte zusätzliche Lärmschutzmaßnahmen. Addiert man alle bislang nicht berücksichtigten Kos- ten für die öffentlichen Haushalte zusammen, landet man schnell bei einer Summe von 2,5 Milliarden Euro und mehr – wohlgemerkt: allein für die Hinterlandanbin- dung einer Querung, die aller Wahrscheinlichkeit nach von weit unter 10 000 Autos und unter 100 Zügen am Tag genutzt würde und deren Grundlast damit unter 20 Prozent der üblichen Kapazität einer zweispurigen Schnellstraße mit 26 000 Autos am Tag läge. Der Bundesrechnungshof hat in seiner Stellungnahme vom April 2009 folgerichtig bezüglich des Projekts vor „erheblichen Unsicherheiten für künftige Bundeshaus- halte“ gewarnt. Des Weiteren kritisierte der Bundesrech- nungshof zahlreiche unklare juristische Formulierungen des Vertragswerks. So enthalte der Staatsvertrag Klauseln, welche die Vertragspartner unter nur unpräzise formulierten Voraussetzungen zu Nachverhandlungen – auch über die Kostentragung – verpflichte. Obwohl die Bundesregierung als verantwortliche Ver- tragspartnerin immer wieder mit Hinweis auf die ekla- tanten Planungsmängel, die extremen Kostensteigerun- gen des Projekts und die Neuverhandlungsklausel in § 22 des Staatsvertrags dazu aufgefordert wurde, tat- sächlich in Neuverhandlungen mit dem Königreich Dänemark einzutreten, hat sie diese Verpflichtung bisher ignoriert. Die Bundesregierung – dies will ich an dieser Stelle ausdrücklich sagen – trägt damit die volle politi- sche Verantwortung für dieses mit massiven Risiken ver- bundene Projekt. Wir haben auch hier im Plenum immer wieder über eben diese eklatanten Planungsmängel gesprochen und die Bundesregierung in den letzten Jahren unzählige Male aufgefordert, endlich eine aktualisierte Rentabili- tätsberechnung vorzulegen und zumindest die nötigen N n s 2 li g fo tu s ti u D ra W g re m s A s h s is w S a B u u fä ri fü H w g d z s z L B m d b n is re lo s z v li b (C (D achbesserungen bezüglich des Staatsvertrags vorzu- ehmen. Hierzu lagen verschiedene Anträge aller Oppo- itionsfraktionen vor. Auch meine Fraktion hat hier am 5. April 2012 mit einem entsprechenden, sehr ausführ- chen Antrag erneut auf die Problematik aufmerksam emacht und die schwarz-gelbe Bundesregierung aufge- rdert, dies in ihre Abwägungen bezüglich der Bewer- ng der Sinnhaftigkeit des Projekts einzupreisen. Die Kritikerinnen und Kritiker der Querung verwei- en also seit nunmehr mehreren Jahren gebetsmühlenar- g immer wieder auf die ganz massiven ökologischen nd ökonomischen Probleme und Risiken des Projekts. ie schwarz-gelben Befürworter der Querung haben hie- uf bislang nicht einmal ansatzweise reagiert. Sämtliche arnungen bezüglich des Projektes wurden in den Wind eschlagen, und anstatt gegenüber der eigenen Bundes- gierung wichtige Verbesserungen anzumahnen, zieht an es bis heute vor, von einem „Jahrhundertprojekt“ zu chwadronieren, das letztendlich schon zu einem guten bschluss gebracht werde. Nach dem Motto „Augen zu und durch“ haben Sie eit Jahren unbeirrt an den bisherigen Planungen festge- alten und sich von den ökonomischen und ökologi- chen Realitäten gar nicht erst irritieren lassen. So viel t gewiss: Diese verkehrspolitische Vogelstraußhaltung ird die Menschen in diesem Land im Allgemeinen, als teuerzahlerinnen und Steuerzahler, und die Menschen uf Fehmarn, in Ostholstein und im Hamburger Rand im esonderen sehr teuer zu stehen kommen. Sie von CDU/CSU und FDP haben die Bürgerinnen nd Bürger der Region mit ihren Sorgen alleingelassen nd merken nun, da das Projekt zusehends an die Wand hrt, dass Ihr bisheriger Kurs nicht durchträgt. Dabei eten Sie in der letzten hierzu in diesem Hohen Haus ge- hrten Debatte noch, man solle einfach „ein bisschen offnung und Fantasie“ haben. Die guten Argumente erde man uns im Ausschuss gerne noch einmal vortra- en. Allein gehört haben wir Sie nicht. Statt jetzt endlich die zahlreichen Hiobsbotschaften, ie uns bislang bezüglich des Projekts erreicht haben, ur Kenntnis zu nehmen und sich intensiv mit den tat- ächlichen Kennzahlen des Projekts auseinanderzuset- en, legen Sie nun, in der letzten Sitzungswoche der egislaturperiode und gerade noch rechtzeitig vor den undestagswahlen, einen lachhaft dünnen Antrag vor, it dem Sie offenbar im kommenden Wahlkampf durch ie schleswig-holsteinischen Landen ziehen und Pro- lemverständnis vortäuschen wollen. Dieser Plan wird icht aufgehen. Ihr Antrag, das muss man einfach so deutlich sagen, t das Papier nicht wert, auf dem er steht. Unter ande- m berufen Sie sich in ihm auf einen Forderungskata- g, den der Kreistag Ostholstein im Jahr 2007 verab- chiedet hat. Das muss man sich einmal auf der Zunge ergehen lassen! Das war vor sechs Jahren! Seitdem ist iel geschehen. Auch dokumentieren Sie mit Ihrem Antrag eindrück- ch, dass Sie die aktuellen Entwicklungen am Fehmarn- elt nicht ansatzweise verfolgt haben. So wurde von der Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32429 (A) ) )(B) Deutschen Bahn längst zugesagt, dass die in Ihrem Antrag geforderte Alternativtrasse mit in die weitere Planung aufgenommen wird. Das Placebo, das Sie hier verteilen wollen, hat die Bahn längst selbst als Mittel erkannt, um den Protest auszubremsen. Ob die Alterna- tivtrasse tatsächlich kommt, ist mehr als fraglich, und das wissen Sie – genauso wie die Deutsche Bahn – auch. In Ihrem Antrag verweisen Sie auf das Raumord- nungsverfahren, das im Januar 2013 in Schleswig- Holstein gestartet sei. Von den mehreren Tausend Ein- wänden, die hierzu eingegangen sind und zu einer weite- ren Verzögerung des Projekts geführt haben, schreiben Sie bezeichnenderweise kein Wort. Genauso wenig er- wähnen Sie in Ihrem Antrag auch nur mit einer Silbe all die anderen eklatanten Planungsmängel, die in den letz- ten Jahren offenbar wurden, zum Beispiel den Umstand, dass man, obwohl wir Sie auch hierauf immer wieder hingewiesen hatten, bei den Planungen zur Festen Feh- marnbeltquerung scheinbar übersehen hat, dass es sich bei Fehmarn tatsächlich um eine Insel handelt und am Fehmarnsund ohne eine weitere Brücke ein Nadelöhr entsteht. Nun wollen Sie, so steht es zumindest in Ihrem Antrag, auch hier noch einen zusätzlichen Tunnel bauen. Woher die Mittel hierfür kommen sollen – mehrere Hun- dert Millionen Euro –, sagen Sie leider nicht. Genauso wenig sagen Sie etwas zu der weiterhin völlig in den Sternen stehenden Gesamtfinanzierung der deutschen Hinterlandanbindung, zur Finanzierung weiterer Lärm- schutzmaßnahmen oder zu der Beseitigung des Knoten- punktes Hamburg. Das alles sind Punkte, die der Bundesrechnungshof seit Jahren anmahnt. Zu alldem kommt kein Wort von Ihnen. Unter dem Strich bleibt, dass Sie mindestens 2,5 Mil- liarden Euro im Hinterland des Fehmarnbelts vergraben wollen, für eine Strecke, die mit unter 10 000 Fahrzeu- gen täglich andernorts nicht einmal den Bau einer Umgehungsstraße rechtfertigen würde. Auch das von der Deutschen Bahn aktuell prognostizierte Bahnver- kehrsaufkommen ist nicht imstande, die Realisierung in irgendeiner Form zu rechtfertigen. Dass die Bahn nach Inkrafttreten des Staatsvertrages plötzlich ihre Erwartun- gen hinsichtlich der täglichen Züge von 210 auf 96 ge- senkt hat, macht Sie nicht stutzig. Seit Jahren mahnen wir Sie mit Blick auf die Feh- marnbeltquerung, den gefährlichen Kurs der völlig unre- alistischen „Wünsch-dir-was-Politik“ zu verlassen und sich endlich an verkehrspoltischen und ökonomischen Realitäten zu orientieren. Ihr Bundesverkehrsminister scheint langsam zu erkennen, wozu Sie leider noch im- mer nicht imstande zu sein scheinen. Im Bereich der Verkehrspolitik befanden wir uns viel zu lang auf einem Irrweg. Daher begrüßen wird es, dass Ihr Verkehrsminister gerade in Aussicht gestellt hat, Gelder, die bislang in Neubauprojekte, darunter zahlei- che Prestigeprojekte mit höchst zweifelhaftem verkehrspolitischem Nutzen, gesteckt wurden, zukünftig in den Erhalt und die Sanierung bestehender Straßen zu investieren. m n re b Z ta n w u b W w w h n s te z K e re d z S fr z s S e k Q n S n d z w d z b s d s n d b S ü is n u g 2 fü (C (D „Die Zeit der Wunschzettel“ sei vorbei, stattdessen üsse streng priorisiert werden, so Bundesverkehrsmi- ister Ramsauer im Rahmen der 3. Nationalen Konfe- nz Güterverkehr und Logistik kürzlich in Nürnberg. Während Ihr Verkehrsminister mit Hinweis auf weg- röckelnde Brücken und einen oftmals miserablen ustand der Infrastruktur in unserem Land hoffentlich tsächlich erkannt hat, wohin ein Festklammern an ei- er längst überholten Verkehrspolitik führt, halten Sie eiter unbeirrt an dem Paradebeispiel einer unsinnigen nd in Zeiten leerer Kassen und eingezogener Schulden- remsen geradezu fahrlässigen Verkehrspolitik fest. ährend Ihr Minister zu Protokoll gibt, dass es mittler- eile an allen Ecken und Ende brenne, halten Sie, ob- ohl Sie nur zu gut um den Zustand der schleswig- olsteinischen Verkehrswege wissen, auch weiter an ei- er unsinnigen Festen Fehmarnbeltquerung fest und ver- uchen nun durch die plumpe Forderung nach einer Al- rnativtrasse, die Probleme im Wahlkampf kaschieren u können. Sie übersehen dabei, dass sich die ostenproblematik durch Alternativtrassen noch einmal rheblich verschärft und auch eine Alternativtrasse zahl- iche Verlierer produzieren würde, ganz abgesehen von em rechtlichen Problem, ob Güterzüge überhaupt ge- wungen werden können, eine bestimmte öffentliche trecke nicht zu befahren. Es wäre Ihre Aufgabe als Vertreter der Koalitions- aktionen, Druck auf die eigene Bundesregierung aus- uüben, die bestehenden Planungsmängel endlich zu be- eitigen und sich für tatsächliche Verbesserungen im inne der Bürgerinnen und Bürger in Ihren Wahlkreisen inzusetzen. Das tun Sie aber nicht. Genauso wenig er- ennen Sie, dass die Zeit reif ist, die Sinnhaftigkeit der uerung zumindest einem bis heute nicht stattgefunde- en kritischen Abgleich mit Realitäten zu unterziehen. tattdessen legen Sie hier am Ende der Legislaturperiode och einen mehr als dürftigen Placeboantrag vor. Sie erdreisten sich tatsächlich nicht, die eigene Bun- esregierung sage und schreibe fünf Jahre nach Unter- eichnung des Staatsvertrags aufzufordern, sich bei den eiteren Planungen „für akzeptable Formen sowohl bei er Trassenführung als auch beim Lärmschutz“ einzuset- en. Wenn Sie von der schwarz-gelben Koalition glau- en, jetzt, im Nachklapp der Entscheidung der Deut- chen Bahn, einen solchen Antrag vorlegen und mit iesem tatsächlich durchkommen zu können, haben Sie ich geschnitten. Mit diesem Populismus werden Sie icht bestehen. Sie wissen genauso gut wie ich, dass die Menschen in er Region die Diskussionen über die Feste Fehmarn- eltquerung und deren Planungen sehr genau verfolgen. ie haben die Reden, die Sie hier in diesem Hohen Haus ber Jahre gehalten haben, genau mitgeschnitten. Ihnen t Ihre in diesen Debatten offen zur Schau gestellte Ig- oranz gegenüber sämtlichen vorgebrachten Warnungen nd angemahnten Nachbesserungen keineswegs verbor- en geblieben. Im Zuge der Debatte, die wir in diesem Haus am 6. April dieses Jahres zur Festen Fehmarnbeltquerung hrten, kritisierte der Kollege Gero Storjohann, dass be- 32430 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 (A) ) )(B) züglich der Querung im Parlament „laufend Anträge vorgelegt“ werden, was „nicht besonders originell“ sei. Ich sag’ Ihnen von CDU/CSU und FDP eines – speziell in Richtung meiner Kolleginnen und Kollegen aus Schleswig-Holstein –: Es stimmt; unsere immer und im- mer wieder durch belastbares Zahlenmaterial untermau- erten Anträge waren gewiss nicht „originell“. Dafür ist die Thematik auch viel zu ernst. Was ebenso keineswegs originell ist, ist, die Menschen in Schleswig-Holstein für dumm zu verkaufen. Nichts anderes tun Sie durch die Vorlage dieses Antrags. Er wird Ihnen am Ende dieses Fehlprojekts nicht aus der Patsche helfen. Anlage 36 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Deutsche Sprache fördern und sichern (Zusatztagesordnungs- punkt 18) Monika Grütters (CDU/CSU): Lassen Sie mich bei unserer Debatte über die deutsche Sprache hier im Deut- schen Bundestag mit einem Beispiel beginnen, das mir der damalige Präsident der Akademie der Wissenschaf- ten, Professor Dieter Simon, erzählte: Auf deutschem Boden führten sechs Wissenschaftler ein Expertenge- spräch über den Philosophen Hegel. Da einer von ihnen Amerikaner war, fand das Gespräch auf Englisch statt, bis ausgerechnet dieser Amerikaner sie unterbrach und auf Deutsch darum bat, man möge doch bitte Deutsch sprechen: „Ich verstehe Hegel nämlich besser auf Deutsch.“ Dies ist ein Beispiel für ein irregeleitetes Gleichheitsdenken an der falschen Stelle. Wie man an diesem Beispiel sieht, ist Sprache nicht nur Mittel zur Verständigung, sie ist wahre Kunst. Deutschland ist nicht ohne Grund das „Land der Dichter und Denker“. Seit dem Mittelalter schon ist die deutsche Sprache eine der bedeutenden europäischen Literatur- sprachen. Von der Erfindung des Buchdrucks über Luthers Bibelübersetzung aus dem Lateinischen bis in die deutsche Klassik, die weltweit Achtung und Bewun- derung für die Zeugnisse der Sprachkunst hervorruft, ist Deutsch über Jahrhunderte in Zentraleuropa die Sprache der Philosophie und Literatur. Das ist auch im globalen Kontext bedeutsam: Welt- weit werden zurzeit circa 6 700 Sprachen gesprochen. Ende des Jahrhunderts werden wir nur noch halb so viele Sprachen nachweisen können, so die Gesellschaft für be- drohte Sprachen in Köln und auch die Erwartung der UNESCO. Etwa 125 Millionen Menschen weltweit spre- chen die deutsche Sprache als Erst- oder Zweitsprache. Mit einem Anteil von 18 Prozent ist Deutsch die meist- gesprochene Muttersprache in der Europäischen Union. Das sind rund 100 Millionen deutsche Muttersprachler. Als erste Fremdsprache steht Deutsch in Europa seit der EU-Osterweiterung hinter Englisch an zweiter Stelle gleichauf mit Französisch. 63 Millionen Europäer, das sind 14 Prozent, lernen Deutsch im Unterricht. Somit spricht EU-weit jeder dritte EU-Bürger, 32 Prozent, Deutsch. In vielen Ländern stellt Deutsch die alleinige o re b m W h m d k n w te d R a „ le „ u c fl z e S 2 J D D a F te Z e ti g d tu Ü is lu h g z S a u im li B b W m w in s (C (D der regionale Amtssprache dar: Deutschland, Öster- ich, Schweiz, Frankreich – Elsass –, Belgien, Luxem- urg, Italien und Liechtenstein. Die deutsche Sprachge- einschaft ist wirtschaftlich derzeit die drittstärkste der elt und die wirtschaftlich stärkste in Europa. Dennoch at Deutsch im täglichen Betrieb der EU und ihrer Kom- issionen und in dem Wirken der EU nach außen nicht ie gleiche Bedeutung wie Englisch und Französisch. Auch im Inland ist Deutsch ein beliebter Gegenstand ulturpessimistischen Jammerns. Die Klage über den in- eren Verfall der deutschen Sprache hat in Deutschland ieder einmal Hochkonjunktur. Die Angst, unsere Mut- rsprache könnte überfremdet oder verschludert wer- en, wird regelmäßig von selbsternannten Hütern der einheit der deutschen Sprache beklagt: Ob im Internet, uf der Chefetage oder im Hörsaal, so lesen wir, zerstöre das globalisierte Englisch der Zeitgeist-Schwafler das bendige Deutsch“, so die Zeit am 26. Juli 2007. Deutsch for sale“, titelte dann auch der Spiegel 2006 nd klagt, dass wohl nie zuvor „so schlampig gespro- hen und geschrieben“ worden sei. Vor der Fähigkeit unserer wie anderer Sprachen, Ein- üsse des sich immer wandelnden alltäglichen Lebens u integrieren, ist mir nicht bange. Die Gegenwart ist her von Sprach- oder Wortinflation geprägt als von prach- und Wortverfall. 1880 zählte der Duden noch 7 000 Wörter. 2005 waren es bereits 125 000 Wörter. ährlich kommen im Durchschnitt 1 000 Wörter hinzu. eutsch ist eine der wortreichsten Sprachen der Welt. as ist schön für uns Muttersprachler und schwierig für lle, die es lernen wollen. Sorge bereitet vielmehr die rage, wie sich die deutsche Sprache in einer entgrenz- n Welt behaupten wird. Doch wie steht es nach diesen Erkenntnissen um die ukunft des Deutschen? Die deutsche Sprache wird nach inem Bericht des British Council – „English Next“, Bri- sh Council 2006 – derzeit noch als vorherrschende re- ionale Sprache Europas bezeichnet, sie werde aber, so ie Voraussage, im Jahr 2050 nicht einmal mehr den Sta- s einer Regional-, also einer Europasprache, haben. ber die Wahrscheinlichkeit dieser Annahme zu streiten, t müßig. Allein die Möglichkeit einer solchen Entwick- ng fordert zu einer entschlossenen Sprachpolitik eraus. Daher haben wir auch heute diesen Antrag ein- ebracht. Im Zuge der Globalisierung verstärkt sich der Druck ugunsten weniger Weltsprachen. Selbst die englische prache wird sich ihre Rolle als Lingua franca bald mit nderen Sprachen, wie zum Beispiel dem Chinesischen nd Hindi, teilen müssen. Das beeinflusst bereits heute starken Maße das Sprachverhalten unserer wirtschaft- chen, wissenschaftlichen und politischen Eliten. Deren ereitschaft, das Deutsche zu sprechen und zu schrei- en, lässt ja schon im eigenen Lande zu wünschen übrig. ir Deutschen sprechen beflissen englisch, statt Dol- etscher zu beschäftigen. Allzu leichtfertig verzichten ir darauf, uns wortgewandt und damit gedankenreich der vertrauten Muttersprache darzustellen. Neben der Philosophie, der Theologie, der Kunstge- chichte ist unter anderem auch die Archäologie eine der Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32431 (A) ) )(B) Disziplinen, in denen deutsche Wissenschaftler seit Jahr- zehnten eine führende Rolle spielen – und mit ihnen na- türlich auch ihre/unsere Sprache Deutsch. Aber ohne die englische Sprache kann heute kaum noch ein Wissen- schaftler zu Weltruhm aufsteigen. Das darf aber nicht gleich zu einer regelrechten Sprachflucht deutscher Wissenschaftler führen. Denn wenn an deutschen Universitäten Englisch zur aus- schließlichen Sprache in Forschung und Lehre würde, verkäme Deutsch zu einer Freizeitsprache, die mangels einer fortgebildeten wissenschaftlichen Terminologie modernen Ansprüchen nicht mehr genügte. Die Wissen- schaftler täten sich mit einem Verzicht auf ihre Mutter- sprache Deutsch auch gar keinen Gefallen. Von der Wortgewandtheit und dem rhetorischen Geschick hängt es ab, ob jemand sich als gleichwertiger Partner in einem Gedankenaustausch behaupten kann. Kurzum: Einspra- chigkeit hat in der Wissenschaft wie im übrigen Leben Eintönigkeit und Einfalt zur Folge. Nicht nur die Ideen und Forschungsfragen verarmen. Nach all dem bin ich fest davon überzeugt, dass das europäische Konzept der Mehrsprachigkeit die beste Antwort ist. Fremdsprachenkenntnisse bedeuten einen geistigen Gewinn, und das nicht allein deshalb, weil sie mit anderen, fremden Weltansichten vertraut machen. Mit dem Erlernen einer Fremdsprache verfeinert sich zu- dem das Verständnis für die Muttersprache. Der Ver- gleich mit der ersteren verschafft die Möglichkeit, die ei- gene Sprache zu überdenken. Wie hat es Goethe so treffend gesagt: „Wer fremde Sprachen nicht lernt, kennt seine eigene nicht.“ Die kurze, gescheiterte Karriere des Deutschen als in- ternationale Wissenschaftssprache sollte uns lehren, dass intellektueller und nationalistischer Hochmut keine taug- lichen Triebkräfte für eine erfolgreiche Sprachpolitik sind. Die deutsche Sprache wird sich als eine europa- oder gar weltweite Sprache nur behaupten, wenn wir das Bildungsziel der Mehrsprachigkeit auch zu unserer eige- nen Sache in Deutschland machen. Denn nur wenn die deutsche Politik und die Wissenschaft in der Einsicht handeln, dass jede Sprache ein kulturelles Vermächtnis mit sich trägt, wird sie mit der Empathie handeln, die in der Sprachpolitik Erfolg verspricht. Wir selbst sollten ohne Dünkel, aber selbstbewusst für die deutsche Sprache eintreten, das heißt, sie spre- chen und schreiben, auf nationaler wie auf internationa- ler Bühne, wann und wo es sich anbietet. Dass wir dabei den Berufen des Übersetzers und Dolmetschers künftig unsere besondere Aufmerksamkeit zukehren müssen, versteht sich von selbst. Ganz in diesem Sinne wäre nicht nur ein Staatsziel Kultur auch wahrlich mehr als nur ein folgenloser Verfassungsschnörkel. Ich persönlich wäre auch froh, wenn wir uns endlich dazu durchringen könnten, dem Art. 22 unseres Grundgesetzes den Satz hinzuzufügen: „Die Landessprache ist Deutsch.“ Johannes Singhammer (CDU/CSU): Es ist eine unendliche und aus deutscher Sicht auch beschämende Geschichte: Obwohl Deutsch in der Europäischen Kom- mission gleichberechtigte Arbeitssprache neben Eng- li d h re D g im U k E s ö fo h 2 d z n g e s Im lu s m z 1 g D s d fa s ru d D b b d E ß li g a z c D S is (C (D sch und Französisch ist und obwohl Catherine Ashton, ie Hohe Repräsentantin der EU-Außen- und Sicher- eitspolitik, Außenminister Guido Westerwelle seit Jah- n die ja selbstverständliche Zusage gemacht hat, eutsch im Europäischen Auswärtigen Dienst, EAD, an- emessen zu berücksichtigen, sprechen die Fakten noch mer eine andere Sprache: Die Homepage des EAD ist nur in eingeschränktem mfang auf Deutsch verfügbar. Termine, Reden und Er- lärungen von Frau Ashton werden auf der deutschen AD-Seite in englischer Sprache veröffentlicht. Erst auf massiven Druck werden jetzt Stellenaus- chreibungen in Englisch, Französisch und Deutsch ver- ffentlicht und neben Englisch- und Französisch- auch rmal Deutschkenntnisse gefordert. Was das konkret eißt, formuliert Frau Ashton in einem Schreiben vom 4. April 2013 an mich ganz offen mit den Worten: „… ass wir von den Bewerbern erwarten, dass sie über die ur Wahrnehmung ihrer Aufgaben notwendigen Kennt- isse der im Rahmen der GASP und der Außenbeziehun- en verwendeten Sprachen verfügen. Gleichzeitig wird ine Kenntnis anderer EU-Sprachen, natürlich ein- chließlich der Deutschen, auch als Vorteil betrachtet.“ Klartext: Deutschkenntnisse sind keine EAD-Einstel- ngsvoraussetzung bis heute. Außenminister Guido Westerwelle teilte mir in die- em Zusammenhang mit Schreiben vom 19. April 2013 it, dass Deutschland rund 20 Prozent des EAD finan- iert, auf der Ebene der EAD-Delegationsleiter aber nur 0 von 136 Posten mit Deutschen besetzt sind, das sind erade mal 7 Prozent. Wenn wundert es noch, dass eutsch in der EU untergeht? Es ist freilich nur ein Mosaikstein in der systemati- chen Diskriminierung, die die deutsche Sprache durch ie Mehrzahl der europäischen Organe und Behörden er- hren hat und erfährt. Es hat zahllose Initiativen zur Behebung dieses Miss- tandes gegeben – von der Anweisung der Bundesregie- ng an deutsche Beamte, nur auf Deutsch zu verhan- eln, über geplatzte Ratstagungen, an denen die Vertreter eutschlands und Österreichs nicht teilgenommen ha- en, weil keine deutsche Übersetzung gewährleistet war, is zu Vorstößen des Deutschen Bundestages, des Bun- esrates und von Vertretern der Zivilgesellschaft. Der rfolg ist bislang mäßig. Es kann nicht sein, dass wir Parlamentarier regelmä- ig Beratungsdokumente nur in englischer Sprache vor- egen haben, die der Deutsche Bundestag dann auf ei- ene Kosten übersetzen soll. Es kann nicht sein, dass immer wieder Überlegungen ufflammen, in der Brüsseler Generaldirektion Überset- ung in der Deutschabteilung bis zu 22 Stellen zu strei- hen und dafür den englischen Bereich auszuweiten. Es kann nicht sein, dass das Auswärtige Amt eutschkurse für den EAD durch das Goethe-Institut mit prachaufenthalten in Berlin anbieten muss. Dies alles t eine eigene Aufgabe der EU. 32432 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 (A) ) )(B) Dabei ist Deutsch für über 100 Millionen Menschen Muttersprache, und damit die größte Sprachgruppe in der Europäischen Union. Deutsch ist Amts- bzw. aner- kannte Minderheitensprache in Deutschland, Österreich, Luxemburg, Belgien, Dänemark, Polen, Italien und Frankreich, und es ist nach Englisch die am zweithäu- figsten verbreitete Fremdsprache in Europa. Diese Fak- ten gilt es selbstbewusst zur Kenntnis zu nehmen. Die Charta der Grundrechte gewährleistet mittler- weile in Art. 41 jedermann das Recht, sich in einer der Sprachen der Verträge an die Organe der Union zu wen- den und eine Antwort in derselben Sprache zu erhalten; in der Praxis ist dies jedoch noch nicht angekommen. Doch ist es mit dem Anspruch auf Kommunikation in der eigenen Sprache nicht getan. Auch in den internen Entscheidungsprozessen der EU-Organe bedarf es der gleichberechtigten Berücksichtigung des Deutschen. So werden zum Beispiel Fortschrittsberichte über EU-Beitrittsverhandlungen zunächst nur in Englisch ver- öffentlicht. Deutsch folgt Wochen später. Da ist dann die öffentliche Diskussion bereits vorbei. Sprache ist Identität, gelebte Kultur und Heimat. Soll die europäische Integration auf Dauer nicht in der Herr- schaft einer entrückten Brüsseler EU-Bürokratie mün- den, dann wird dies nur möglich sein, wenn Deutsch endlich auch tatsächlich im Gebrauch zu einer echten Arbeits- und Umgangssprache der EU wird. Es ist deshalb notwendig, auf allen Ebenen die Um- setzung der rechtlichen Garantien der deutschen Sprache als Arbeitssprache nicht nur einzufordern, sondern dies auch mit allen rechtlichen und politischen Mitteln von der Bundesregierung durchzusetzen, bis hin zur Frage der Zustimmung zu einem EU-Haushalt, in dem der Etat für Übersetzungen zu gering ist. Doch müssen wir auch als Deutsche selbst immer wieder bei internationalen Organisationen die Verwen- dung der deutschen Sprache aktiv einfordern und dies auch konsequent in Deutschland vorleben. Denn die prekäre Situation des Deutschen ist nicht zuletzt auch unsere eigene Schuld: Jahrzehntelang konn- ten unsere Partner in Europa beobachten und unsere ei- genen Kinder lernen, wie desinteressiert wir an der eige- nen deutschen Sprache waren bzw. sind, dass man lieber pseudo-englische Begriffe wie „Handy“ erfand und ver- meintliche Weltläufigkeit durch das Einstreuen von Anglizismen zu belegen versuchte, dass selbst von der Bundesregierung finanzierte wissenschaftliche Kon- gresse wie der „World Health Summit“ in Berlin in eng- lischer Sprache abgehalten werden und deutsche Vertre- ter dort ihre Reden auf Englisch halten, ohne deutsche Übersetzung, dass deutsche Universitäten Prüfungen nur noch auf Englisch abhalten – und ich rede nicht von Sprachprüfungen in Englisch. Solche negativen Bei- spiele gibt es leider zu viele. Aber es gibt auch eine positive Wende: Bundesver- kehrsminister Ramsauer hat bei der Deutschen Bahn ein klares Signal zurück zum Deutschen gestellt: Der Coun- te n d g v D g in s U d m s a S d a d c M u k ti c w a L g o R d s d g e w d d re h z A la R k d je li n S b (C (D r ist jetzt wieder der Schalter. Es geht also, wenn man ur will. Daher unsere Forderungen in diesem Antrag, dass die eutsche Bundesregierung eigene Texte, Verlautbarun- en, Werbekampagnen und Bürgerkommunikation in erständlicher deutscher Sprache abfassen soll, dass eutsch durchgängig bei Beschilderungen, Beschriftun- en usw. auf allen Ebenen verwendet werden soll, dass den europäischen Institutionen Deutsch als Arbeits- prache praktiziert wird, auch bei Übersetzungen und nterlagen, dass deutsche Beamte in den EU-Gremien eutsch sprechen sollen und dass im EAD Deutsch ange- essen und wie zugesagt zum Einsatz kommt. Im Wissenschaftsbereich gilt, dass Deutsch die Wis- enschaftssprache in Deutschland bleiben muss, dass kademische Lehre zumindest ausgewogen in deutscher prache erfolgt, dass professionelle Übersetzung aus em Deutschen oder ins Deutsche gefördert werden soll, ber auch, dass es über die Goethe-Institute weiter geför- ert wird, dass junge Menschen Deutsch als Fremdspra- he lernen können. Diese sich in Deutschland verändernde öffentliche einung gilt es dann auch in Brüssel zu transportieren nd selbstbewusst für die Sprache der Dichter und Den- er zu fechten. Dr. h. c. Wolfgang Thierse (SPD): Was die Koali- on mit ihrem Antrag „Deutsche Sprache fördern und si- hern“ anstellt, ist nichts weniger als empörend. Ein ichtiges, ja edles Anliegen, über das ernsthaft und usführlich zu sprechen wäre, wird hier am Ende der egislaturperiode in allerletzter Minute ins Plenum ein- ebracht, weit hinten auf die ohnehin ellenlange Tages- rdnung gesetzt, direkt zur Abstimmung gestellt und mit eden zu Protokoll spät nachts verabschiedet. Eine or- entliche Debatte und eine Aussprache in den Ausschüs- en sind damit ausgeschlossen. Die Koalition beerdigt damit ihre eigene Initiative in er denkbar teilnahmslosesten Weise – mit einem Be- räbnis dritter Klasse. Dieses Vorgehen zeigt, wie wenig rnst die Koalition ihre eigene Initiative nimmt. Das ird der Bedeutung des Themas nicht gerecht. Schon eshalb lehnen wir den Antrag ab. Das Anliegen, mit der eutschen Sprache einen wesentlichen Bestandteil unse- s kulturellen Reichtums zu fördern und zu bewahren, alten wir für zu wichtig. Dabei ist über den Inhalt des Antrages Erfreulicheres u sagen: Es steht viel Richtiges darin. Es ist richtig, den ppell der Enquete-Kommission „Kultur in Deutsch- nd“ mit der Forderung aufzunehmen, im öffentlichen aum auf unnötige Anglizismen zu verzichten. Die An- ündigung der Deutschen Bahn in dieser Woche lässt iesbezüglich hoffen. Die Bahn will im Kundenverkehr ne Begriffe abschaffen, die für Reisende ohne Eng- schkenntnisse schlicht unverständlich bleiben. Für einen Irrtum halte ich dagegen den Ansatz, aus ationalen Gründen auf der Förderung der deutschen prache zu beharren. Dies greift viel zu kurz. Der Ge- rauch der deutschen Sprache ist nicht deshalb zu vertei- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32433 (A) ) )(B) digen, weil es die deutsche ist. Er ist zu verteidigen, weil die deutsche Sprache den Reichtum einer ganzen – in ih- rer Weise einmaligen – Kultur abbildet. Sie prägt und ist gleichzeitig Ausdruck unserer Kultur des Denkens, des Handelns und Erfindens, des sozialen Umgangs und auch des Politischen. Im Alltag wie in den Wissenschaften ist unsere Kultur an eine spezifische deutsche Begrifflichkeit gebunden, die sich aus gesellschaftlichen, wissenschaftlichen und technischen Diskursen heraus über lange Zeit entwickelt hat. Sie ist nicht starr und auch nicht besser, aber eben anders als etwa entsprechende Traditionen im angelsäch- sischen, romanischen oder chinesischen Sprachraum. Alle diese kulturellen Traditionen sind erhaltenswert; wir wollen sie in ihrer Vielfalt bewahren, in Europa und in der Welt. Deshalb müssen wir alle auf unsere Spra- chen achtgeben. Dass Handlungsbedarf besteht, zeigen beunruhigende Entwicklungen in der Wissenschaft. Das Verhältnis zur deutschen Sprache scheint bei der wissenschaftlichen Elite unseres Landes oftmals von Lieblosigkeit, wenn nicht Verachtung geprägt zu sein. Oftmals geht diese einher mit einer unreflektierten Anbiederung an das Englische, das dann gleichzeitig als einzige Wissen- schaftssprache proklamiert wird. Ein solches Wissenschaftsverständnis halte ich für fa- tal. Denn darunter wird absehbar die Qualität der wis- senschaftlichen Leistungen in Deutschland leiden, und dann wird die deutsche Sprache wirklich provinziell. Es ist ein Fehler zu glauben, dass Internationalität des wis- senschaftlichen Denkens Monolingualität heißen muss. Forschen und Erfinden bedarf der Fantasie, bedarf eines großen sprachlichen Reichtums und der Sicherheit im Umgang damit. Nur so kann ein Wissenschaftler eine Er- kenntnis in all ihren einzelnen Aspekten ausbreiten und formulieren. Dazu ist nur ein Muttersprachler fähig. Ein deutscher Wissenschaftler kann deshalb noch so gut Englisch sprechen: Die Qualität und Exaktheit des Aus- drucks, derer er im Deutschen fähig ist, wird er im Eng- lischen nicht erreichen. Wenn es um Exzellenz geht, muss dieser Weg deshalb notwendig in die Irre führen. Internationalität in der Wissenschaft kann nur den in- tensiven Austausch zwischen Sprachen und Kulturen be- deuten. Kulturelle und sprachliche Unterschiede der For- schenden ermöglichen einen Reichtum kognitiver und emotionaler Art, der sich dann auch in der Qualität der Forschung niederschlägt. Die Forderung heißt also Mehrsprachigkeit! In Deutschland sollten wir deshalb dafür sorgen, dass bei Exzellenzwettbewerben, bei Anträgen auf For- schungsförderung, bei allem, was Steuergelder kostet, die deutsche Sprache verwendet wird. Dies ist keine Selbstverständlichkeit mehr, wenn Kongresse in Deutschland, die vorwiegend von deutschen Fachwis- senschaftlern besucht werden, in englischer Sprache ab- gehalten werden. Hier ist das Bundesministerium für Forschung und Wissenschaft aufgefordert, zu handeln. Sprachpolitik in diesem Sinne ist nicht nur zum Wohle einer kleinen Elite und der Sicherung der Qualität in im d u m p k m e T B s B v m w M a d S s d w fr E d fr d ru E R s E c s a s u v te g L In S w te M s c E d w d D (C (D Wissenschaft und Forschung nötig. Vielmehr liegt sie gesamtgesellschaftlichen Interesse. Es geht auch um as Aufrechterhalten der Verbindung von Wissenschaft nd Gesellschaft und damit um die Verteidigung des de- okratischen und pluralen Charakters von Wissenschaft. Diese und weitere Aspekte, die eine deutsche Sprach- olitik sinnvoll machen, hätten in den Ausschüssen dis- utiert und in konkrete Maßnahmen umgesetzt werden üssen. Die Koalition versagt sich und dem Parlament ine sinnvolle Debatte. Noch eine vertane Chance! Reiner Deutschmann (FDP): „Jede Sprache ist rägerin des kulturellen Gedächtnisses“. So steht es zu eginn unseres Antrags „Deutsche Sprache fördern und ichern“, den die christlich-liberale Koalition nun zur eratung und Abstimmung im Deutschen Bundestag orgelegt hat. In einer vernetzten und globalisierten Welt acht man sich im alltäglichen Leben oft nicht bewusst, elchen Stellenwert die Sprache, insbesondere die eigene uttersprache, hat. Deutsch ist eine der zehn weltweit m häufigsten gesprochenen Sprachen und besticht urch einen mit 500 000 Wörtern des allgemeinen prachgebrauchs sehr reichen Wortschatz. Der deutsche Sprachraum ist die wirtschaftlich tärkste Region in Europa. Da könnte man annehmen, ass auch die deutsche Sprache eine dementsprechend ichtige Rolle in Europa einnehmen würde. Stattdessen istet Deutsch, obwohl offiziell dritte Amtssprache der uropäischen Union, ein stiefmütterliches Dasein. Statt- essen werden EU-Vorlagen zumeist in englischer oder anzösischer Sprache verfasst und auch im Entschei- ungsprozess vorgelegt. Mit dem heute vorgelegten Antrag geht es nicht da- m, Deutsch im Wettbewerb der Sprachen vor dem nglischen oder Französischen zu platzieren und die olle der beiden anderen Sprachen zu verkleinern. Wir ind überzeugt vom Prinzip der Mehrsprachigkeit. Ein uropa der 27 hat mehr zu bieten als nur zwei Amtsspra- hen. Ohne die ohnehin unbestrittene Rolle des Engli- chen als Weltsprache berühren zu wollen, ist es doch ngebracht, dass in einem vielfältigen Europa auch ganz elbstverständlich andere Sprachen zur Kommunikation ntereinander genutzt werden, zumal die EU einen her- orragenden Übersetzungsdienst anbietet. Mit unserem Antrag möchten wir die deutschen Ak- ure auf europäischer Ebene bitten, dafür Sorge zu tra- en, dass die Sprachvielfalt auf EU-Arbeitsebene kein ippenbekenntnis bleibt, sondern gelebte europäische tegration ist. Dazu müssen wir bereit sein, unsere prache aktiv auf europäischer Ebene einzubringen, so ie wir uns dies auch von den anderen EU-Mitgliedstaa- n wünschen würden. Gleichzeitig kann von unseren andatsträgern in Deutschland, Brüssel und Straßburg owie unseren Beamten und Mitarbeitern der öffentli- hen Verwaltungen nicht per se erwartet werden, dass ntscheidungen immer öfter nur auf Grundlage nicht- eutscher Vorlagen gefällt werden. Es kann bezweifelt erden, dass alle Beteiligten immer verstehen, was in en Vorlagen enthalten ist. Hier ist eine Übersetzung ins eutsche erforderlich, so die Anfertigung dieser mit ver- 32434 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 (A) ) )(B) tretbarem Aufwand möglich ist und besonders eilbedürf- tige Notfallszenarien ausnimmt. Als Mitglied des Auswärtigen Ausschusses konnte ich mich schon mehrfach vergewissern, welch hervorra- gende Arbeit die Goethe-Institute im Ausland leisten. Nicht nur der neue Trainer des FC Bayern München, Pep Guardiola, hat seine Deutschlehrerin über das Goethe- Institut vermittelt bekommen und mit ihrer Hilfe hörbar erfolgreich Deutsch gelernt. Das Goethe-Institut bildet zum Beispiel auch ausländisches Krankenhaus- und Pflegepersonal noch in der Heimat aus, damit dieses be- reits bei Antritt der Stelle in Deutschland Deutsch spricht und über das notwenige Fachvokabular verfügt. Das Goethe-Institut ist eine der bekanntesten Kulturmar- ken Deutschlands, und wir sollten dafür sorgen, dass dies so bleibt und unser Kulturmittler seine Arbeit ersten Ranges weiter so erfolgreich fortführen kann. Auf weitere Aspekte der auswärtigen Kultur- und Bil- dungspolitik wird mein Kollege Patrick Kurth in seiner Rede eingehen. Ein Punkt ist mir besonders wichtig in unserem An- trag. Die Förderung der deutschen Sprache zielt nicht nur ins Ausland. Deswegen begrüße ich es ausdrücklich, dass in Abstimmung mit den Ländern ein verbindlicher bundesweiter Sprachstandtest eingeführt und bei Bedarf gezielte Sprachprogramme angeboten werden sollen. Dies betrifft natürlich auch insbesondere die Integration von Menschen, die aus dem Ausland zu uns kommen und mit uns hier leben wollen. Die Vermittlung von Sprachkenntnissen ist dabei eine wichtige Aufgabe, die unsere Gesellschaft zu leisten hat. Dazu kommt die Stär- kung von Initiativen zur Förderung der Sprachkompe- tenz von Migrantinnen und Migranten. Wir können es uns auch angesichts des demografischen Wandels in Deutschland nicht leisten, wertvolle und lernwillige Menschen nur aufgrund mangelnder Sprachfähigkeiten für unser gesellschaftliches Leben und unsere Wirt- schaftskraft zu verlieren. Nur wer die Sprache be- herrscht, hat Zugang zu unserer an Kultur und Bildung reichen Gesellschaft. Ich gehe davon aus, dass der Erhalt und die besondere Förderung der deutschen Sprache ein Herzensanliegen aller Fraktion des Deutschen Bundestages ist, und bitte Sie somit um Zustimmung zu diesem Antrag. Patrick Kurth (Kyffhäuser) (FDP): Deutsch ist eine der großen Kultursprachen der Welt. 100 Millionen Menschen sprechen Deutsch als Muttersprache. Es ist die meistgesprochene Sprache in der Europäischen Union und nach Englisch die wichtigste Fremdsprache. Für uns Deutsche ist unsere Sprache nicht nur ver- bindendes kulturelles Grundelement und historisches Erbe, sondern die gemeinsame Grundlage für unser Le- ben. „Sie ist das prägende Element der deutschen Identität“, wie der Abschlussbericht der Enquete-Kom- mission „Kultur in Deutschland“ (Bundestagsdrucksa- che 16/7000) resümiert. Damit ist die deutsche Sprache der Schlüssel zu unserem Land und unserer Gesell- schaft. d b in G n s q a w D S a z n n u D a ti Z d z S tu c K ru b B M te S s k te 2 Š k im d ru u m 1 Z v k la (C (D Ausreichende Sprachkenntnisse sind ein entscheiden- er Faktor, wenn es darum geht, in Deutschland zu ar- eiten und heimisch zu werden. Dies müssen wir heute, Zeiten von demografischem Wandel, einer alternden esellschaft, von Fachkräftemangel und von internatio- alem Wettbewerb, besonders berücksichtigen. Ange- ichts dieses Umfeldes ist Deutschland zunehmend auf ualifizierte Zuwanderung angewiesen – besonders auch us dem nichtdeutschsprachigen Ausland. Dabei sind ir erfolgreich. Viele junge Menschen zieht es nach eutschland, weil sie hier gute Perspektiven sehen. Generell erfreut sich Deutschland in der Welt großer ympathie. Vielerorts blicken die Menschen neugierig uf unser vielfältiges Land. In vielen Teilen der Welt ist u beobachten, dass auch das Interesse am Deutsch-Ler- en wieder zunimmt – insbesondere in Wachstumsregio- en wie China, Brasilien und Indien, aber auch in Ost- nd Südeuropa. Die wirtschaftliche und kulturelle Bedeutung eutschlands macht die Kenntnis der deutschen Sprache uch in den neuen Wachstumsregionen der Welt attrak- v; denn Deutsch eröffnet berufliche Chancen und den ugang zu einer Ausbildung in einem der besten Bil- ungssysteme der Welt. Es gilt, dieses Interesse weiter u unterstützen und weltweit das Erlernen der deutschen prache zu ermöglichen. Daher war die Auswärtige Kul- r- und Bildungspolitik selten so wichtig wie heute. Dafür sind aber die richtigen Schwerpunkte nötig. Die hristlich-liberale Koalition hat bei der Auswärtigen ultur- und Bildungspolitik die überfällige Neujustie- ng umgesetzt – hin zu mehr Sprachförderung. Unter li- eraler Führung haben wir die Mittel gerade in diesem ereich erheblich angehoben. Zahlreiche erfolgreiche Initiativen wurden begonnen. it der Initiative „Deutsch – Sprache der Ideen“ begeis- rn wir junge Menschen im Ausland für die deutsche prache und öffnen ihnen Türen zur deutschen Wissen- chaft, Wirtschaft und Kultur. Große Sprachwerbe- ampagnen fördern die deutsche Sprache in ausgewähl- n Ländern wie Großbritannien – Think German in 010/11 –, Polen – Deutsch-Wagen-Tour –, Tschechien – prechtíme – und Frankreich – DeutschMobil. Im November 2010 startete die umfangreiche Werbe- ampagne „Lern’ Deutsch!“ in Russland und gipfelt nun deutsch-russischen Sprachenjahr 2013/14. Gemeinsam mit US-amerikanischen Partnern startete as Auswärtige Amt ein Sonderprogramm zur Förde- ng von Deutsch in den USA. Mehr Schulen, Colleges nd Universitäten sollen Deutschunterricht anbieten und ehr Schüler Zugang zur deutschen Sprache erhalten. In Indien wurde Deutsch als Fremdsprache an 000 Schulen eingeführt. 1 Million Schüler erhält so ugang zu unserer Sprache. All diese Programme tragen nicht nur zur Verbreitung on Deutsch bei, sondern vermitteln auch unsere Will- ommenskultur in Deutschland. Besonders wichtig für die Deutschförderung im Aus- nd ist das weltumspannende Netz der Initiative „Schu- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32435 (A) ) )(B) len: Partner der Zukunft“, PASCH. Sie ist die bisher größte Investition im Bereich des Auslandsschulwesens und der Sprachförderung mit jährlich circa 50 bis 55 Millionen Euro seit 2008. Mit PASCH wurde ein weltweites Netzwerk von mittlerweile über 1 500 Schu- len aufgebaut, an denen Deutsch unterrichtet wird. Da- mit trägt die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik zur Qualifikation von rund 500 000 Schülerinnen und Schü- lern rund um den Globus bei, die wir für Deutschland gewinnen wollen. Damit Deutschland langfristig wettbewerbsfähig bleibt, müssen wir uns heute um die klügsten Köpfe be- mühen und ihnen eine Möglichkeit geben, in unserem Land Fuß zu fassen. Auch durch die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik der schwarz-gelben Koalition waren wir darin in den letzten Jahren sehr erfolgreich. Nur wenn wir bei unserer Sprachförderung im Ausland nicht nachlassen, werden wir auch in Zukunft ein attrak- tives Ziel für die Motivierten und Hochqualifizierten aus aller Welt bleiben. Dafür wird sich die FDP-Frak- tion einsetzen. Dr. Rosemarie Hein (DIE LINKE): Was hat sich die CDU nur dabei gedacht, einen solchen Antrag, noch dazu in der letzten Sitzungswoche der Wahlperiode, ein- zubringen? Möglicherweise spekulierte sie darauf, dass er dann ja gar nicht mehr öffentlichkeitswirksam debat- tiert werden kann. Das ist möglicherweise auch das Beste, was diesem Antrag passieren kann, denn er ist an Peinlichkeit kaum zu überbieten. Zwar können sich die Autoren darauf berufen, viele ihrer Standpunkte und Faktensammlungen, die die be- sondere Bedeutung der deutschen Sprache in der Welt belegen sollen, auch im Enquete-Bericht „Kultur in Deutschland“ wiederzufinden, doch jene Aussagen, die dort auf Vielfalt und Entwicklung von Sprache als Ver- ständigungsmittel abzielen, werden absichtsvoll ausge- blendet. Im Antrag werden Aussagen zur Sprachbeherr- schung als Mittel der Verständigung lustig gemischt mit Aussagen zur Pflege des auf der deutschen Sprache auf- bauenden Kulturgutes, wird Sprache plötzlich zum Wirt- schaftsfaktor, werden Forderungen aufgemacht, bei denen man den Eindruck bekommt, das deutsche Rein- heitsgebot beim Bierbrauen solle nun auf die deutsche Sprache übertragen werden. Dabei werden Minderhei- tenrechte ebenso ignoriert wie die Sprachgeschichte von Jahrhunderten. Wäre es nicht so traurig, würde ich meine Rede mit dem Slogan „Vom Muckefuck zur Bluejeans“ überschreiben. Beide Worte sind wohl auch im deut- schen Sprachraum verständlich, beide sind nichtdeut- scher Herkunft. Das Wort „Fenster“, habe ich gelernt, ist ebenfalls ein Lehnwort, eben einer anderen Sprache ent- lehnt. Die deutsche Sprache gehört zur indogermani- schen Sprachfamilie wie eben auch die in Indien gespro- chenen Sprachen. Mit dem Hochdeutsch eines Walther von der Vogelweide könnten wir uns heute kaum ver- ständigen und auch die wenigsten in Friesisch, Bayrisch oder dem in meiner Region gesprochenen Bördeplatt. Worüber reden wir also? Sprachen sind Produkte ge- sellschaftlicher Entwicklungen. Sie werden sowohl vom Z a u g la w w s L u o d c F in ra V d v a ra s n b le S g w v R d D s a w m te p le s G m le g d ü C re a R S s g P (C (D usammenleben in einer konkreten Gemeinschaft wie uch vom Austausch mit anderen Kulturen geprägt. Was ns heute fremd erscheint, wird über kürzere oder län- ere Zeit unsere Sprache prägen. Die netzaffinen „Neu- nd“-Bewohner können schon länger mit „Hashtags“ et- as anfangen. Ich hab das erst vor kurzem gelernt. Auch enn ich es blöd finde, zu Zeitplänen „timetable“ zu agen, kann und will ich nicht verhindern, dass andere ebensgewohnheiten irgendwann auch meine Sprache nd Ausdrucksweise prägen. Ich gehe ins Restaurant der ins Bistro und freue mich, wenn ich in anderen Län- ern diesen Hinweis finde, weil ich ansonsten die Spra- he dort nicht verstehe. Ich freue mich, wenn ich in innland, das übrigens zwei Muttersprachen anerkennt, einem Kaufhaus in Helsinki bei dem Versuch, mich debrechend auf Englisch verständlich zu machen, vom erkaufspersonal freundlich darauf hingewiesen werde, ass man mich auch auf Deutsch versteht. Doch was sollen mir die Aussagen im Antrag, wie iele Menschen auf der Welt deutsch sprechen? Und vor llem: Welches Recht, welche Forderung sollen sich da- us ableiten? Moderne Sprachen sind für mich jene, die ich zur Verständigung in einer internationalen Welt eig- en. Da ist Mehrsprachigkeit, die mir leider nicht gege- en ist, eher angesagt als der den Antrag an vielen Stel- n prägende Alleinvertretungsanspruch der deutschen prache. So etwas führt zur Abkapselung und ist das Ge- enteil von weltoffen. Und nein, aus Heinrich Heines „Buch der Lieder“ erden wir keine Papiertüten falten, und Wolfram on Eschenbach werden wir genauso achten wie abindranath Tagore, Nazim Hikmet und Pablo Neruda, eren Poesie ich nur in deutscher Übersetzung verstehe. och ich bin mir nicht sicher, ob sie in ihrer Ursprungs- prache nicht viel poetischer klingen. Lassen Sie uns den Schwerpunkt darauf legen, dass lle Menschen, die in unserem Land leben oder leben ollen, über eine gute Grundbildung verfügen und sich ittels Sprache verständigen können. Lassen Sie uns Li- ratur und Sprache, auch die deutsche, als Kulturgut flegen, aber lassen Sie uns keine Ansprüche daraus ab- iten, die eher unserer Vergangenheit angehören als un- erer Zukunft. Claudia Roth (Augsburg) (BÜNDNIS 90/DIE RÜNEN): Ich wundere mich sehr, wie die Koalition it dem Thema deutsche Sprache umgeht. Auf den al- rletzten Drücker, in der letzten Sitzungswoche der Le- islaturperiode, bringt sie einen Antrag zum Thema ein, er offensichtlich mit heißer Nadel gestrickt wurde und ber den auch sofort abgestimmt werden soll – ohne hance, dass er je den zuständigen Fachausschuss er- icht. Auch eine Plenumsdebatte, in der Argumente usgetauscht werden könnten, ist nicht vorgesehen. Die eden gehen zu Protokoll. Dort können die an deutscher prache Interessierten dann ja die Standpunkte nachle- en. Nein! Das ist ein wirklich schludrig-wurschtiger Um- ang mit dem Thema und wird der Verantwortung des arlaments und seiner Gremien nicht gerecht. Einmal 32436 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 (A) ) )(B) mehr sehen wir einen Akt aus dem Schauspiel, das Schwarz-Gelb nun schon seit Wochen aufführt und das den Titel trägt: „Abends werden die Faulen fleißig“. Gute Fachpolitik haben wir von der Koalition vier Jahre lang nicht gesehen. Jetzt zum Schluss reicht es vollends nur noch für Showanträge, die im tiefen Widerspruch stehen zur von Schwarz-Gelb tatsächlich betriebenen Politik. Im Antrag begegnet uns der Satz: „Deutsch ist mit etwa 500 000 Wörtern des allgemeinen Sprachgebrauchs eine besonders wortreiche Sprache.“ Gemeint ist hier wohl der gesamte deutsche Wortschatz ohne Fachspra- chen, der auf 300 000 bis 500 000 Wörter geschätzt wird. Wenn hinter diesem und manch anderem Satz im An- trag der Versuch stecken sollte, eine Art romantischen Sprachpatriotismus in Politik zu übersetzen, dann dürfte das nicht sehr weit führen. Was die genannte Zahl an- geht, da gibt es möglicherweise ein Sprachgenie, das den gesamten deutschen Wortschatz wirklich ausschöpft; der im Antrag genannte „allgemeine Sprachgebrauch“ tut dies sicher nicht. Der zentrale Wortschatz der deutschen Standardspra- che dürfte bei rund 70 000 Wörtern liegen. In Goethes Werk wurden rund 90 000 aktiv gebrauchte Wörter er- mittelt, was im Vergleich zu anderen Autoren sehr viel ist. Der durchschnittliche aktive oder produktive Wort- schatz der Bundesbürgerinnen und Bundesbürger liegt deutlich darunter, Schätzungen zufolge sind es um die 15 000 Wörter, darunter auch einige Tausend Fremdwör- ter. Der Wortschatz der englischen Sprache wird übri- gens auf 600 000 bis 800 000 Wörter geschätzt. Aber solche abstrakte Zahlen sagen wenig. Wo Zah- len für das Anliegen der Sprachförderung tatsächlich wichtig wären, fehlen sie im Antrag, zum Beispiel beim für Bildungschancen so bedeutsamen frühkindlichen Spracherwerb. Dass es hier große Aufgaben gibt, wissen wir. Der Antrag liefert keine verlässliche Datengrund- lage, um sie genauer zu definieren. Stattdessen bringt er einiges an Lyrik und Prosa zur Geschichte der deutschen Sprache – der Sprache der „Dichter und Denker“. Und er spart auch die Erfindung des Buchdrucks und Luthers Bibelübersetzung nicht aus. Was er geschichtlich dagegen völlig ausspart, ist die ab- solute Katastrophe, die der deutschen Sprache mit dem Nationalsozialismus widerfahren ist, und zwar nicht nur im Sinne der „Lingua Tertii Imperii“, jener Sprachde- formationen im Dritten Reich, die Victor Klemperer kritisch protokollierte, sondern auch mit Blick auf den Exodus von Künstlerinnen und Künstlern und Wissen- schaftlerinnen und Wissenschaftlern aus Nazideutsch- land. Dass Deutsch heute keine große Wissenschafts- sprache mehr ist, sondern in der internationalen Scientific Community immer mehr ein Randdasein fris- tet, hat darin wesentliche Gründe. An der Tatsache, dass Deutsch nach dem Krieg in vielen Ländern als aggressive Sprache des Befehls und Kommandos wahrgenommen wurde, hat sich inzwi- schen zum Glück einiges geändert. Angesichts solch e ru C E g d z z ta li w S w n ti G d A fr H ru v w G h ti fi g M K ic e a „ „ g p d d m tr n z e te n n a A H z g A z (C (D rfreulicher Veränderungen sind auftrumpfende Äuße- ngen wie die von Volker Kauder auf dem Leipziger DU-Parteitag 2011 – mitten in den Verwerfungen der uro-Krise –, wonach in Europa jetzt wieder Deutsch esprochen werde, äußerst kontraproduktiv. Sie schaden em Anliegen, den offenen und unverkrampften Zugang ur deutschen Sprache zu entwickeln, und werfen uns urück. Schauen wir uns die Forderungen des Antrags im De- il an. Die erste Forderung erwähnt tatsächlich die kind- che und frühkindliche Sprachförderung. Wir wissen, ie wichtig das ist. Die zentrale Aufgabe an dieser telle, der konsequente Ausbau einer qualitativ hoch- ertigen Infrastruktur der Kinderbetreuung, wird jedoch icht benannt. Das verwundert wenig bei einer Koali- on, die mit ihrer desaströsen Herdprämie genau auf das egenteil setzt. Sie verbrennt Geld, das für den Ausbau er Betreuungsinfrastrukturen nötig wäre, und schafft nreize, damit Kinder aus bildungsfernen Schichten, die ühe Sprachförderung am dringendsten brauchten, zu ause bleiben und die nötige Förderung nicht erfahren. Die zweite Forderung erwähnt Initiativen zur Förde- ng der deutschen Sprache im Bereich der Integration on Migrantinnen und Migranten. Auch das ist sehr ichtig – und ebenfalls eine Baustelle, auf der Schwarz- elb versagt hat. Wir brauchen keine ständigen Andro- ungen von Sanktionen, wenn Deutsch- und Integra- onskurse abgebrochen werden, sondern eine bessere nanzielle Ausstattung dieser Kurse und Betreuungsan- ebote für Kinder während der Kurszeiten, damit auch ütter problemlos teilnehmen können. In der dritten Forderung wird wieder einmal der ampf gegen die Anglizismen aufgemacht. Da möchte h doch auf das Blamagepotenzial hinweisen, das s hier gibt, zum Beispiel wenn Dr. Peter Ramsauer ls hochministerieller Sprachpfleger aus „Laptops“ Klapprechner“ macht und „Tickets“ bei ihm nur noch Fahrschein“ heißen dürfen. So etwas ist doch wirklich anz kleines Karo und führt uns auf den spießig-sprach- olizeilichen Weg. In der zehnten Forderung taucht ziemlich verschämt as neue Auslandsschulgesetz auf. Ich verstehe schon, ass man dieses schlecht gemachte Gesetz erwähnen usste, weil es zu auffällig wäre, wenn es in einem An- ag zur Förderung der deutschen Sprache überhaupt icht vorkäme. Aber was die Probleme angeht, die hier u benennen sind, da geht es doch nicht vorrangig und inzig um das Deutsche Sprachdiplom der Kultusminis- rkonferenz. Vordringlich wäre eine klare Forderung ach Rücknahme der in diesen Tagen bekannt geworde- en Kürzungen im Haushaltsentwurf für den Bereich der uswärtigen Kultur- und Bildungspolitik! Die Koalition will die Mittel für die Förderung der uslandsschulen von 244 Millionen Euro im laufenden aushalt auf 224 Millionen Euro im Haushalt 2014 kür- en – und das, obwohl mit dem Auslandsschulgesetz roßspurig angekündigt wurde, die Finanzierung der uslandsschulen „auf sichere Beine zu stellen“. Als ein- ig sicher erscheint nun, dass den Auslandsschulen kräf- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32437 (A) ) )(B) tig ein Bein gestellt wird – und damit auch der Förde- rung der deutschen Sprache im Ausland. Besonders leiden werden die kleinen Auslandsschu- len mit weniger als zwölf Abschlüssen im Jahr; denn die fallen aus der neuen gesetzlichen Förderung sowieso schon heraus. Und sie werden sehr tief fallen und nur noch eine Restförderung erhalten, wenn ein schrumpfen- der Etat mit Vorrang an die großen Schulen verteilt wird, die nun den gesetzlichen Anspruch haben. Und es geht nicht nur um Sprachförderung. Viele kleine Schulen befinden sich in den Krisenregionen die- ser Welt. Es sind Schulen, die für Demokratie- und Men- schenrechtsbildung unendlich wichtig sind und die wir doch besonders unterstützen müssen. Mit dem neuen Auslandsschulgesetz – und den sogleich hinterher ge- schobenen Kürzungen bei den Auslandsschulen – sehe ich große Gefahren für diese Schulen weit über die Sprachförderung hinaus. Auch die Stipendienmittel des Deutschen Akademi- schen Austauschdienstes, DAAD, werden im Haushalts- entwurf der Koalition um 17 Millionen Euro gekürzt, das heißt um 13 Prozent – gegen jede Vernunft. Welche Auswirkungen das auf den Wissenschaftsaustausch und die Förderung von Deutsch als Wissenschaftssprache ha- ben wird, kann man sich an fünf Fingern abzählen. Kleinlich bis knickrig ist die 16. Forderung, die da- rauf abzielt, in deutschen Parlamenten erst dann über eu- ropäische Vorhaben zu entscheiden, wenn eine amtliche Übersetzung in deutscher Sprache vorliegt. Das sollte man doch wirklich nicht so verbissen sehen und stets entlang der Inhalte und Dringlichkeiten entscheiden. Keine Treffer landet man, wenn man im Koalitionsan- trag nach erleichterten Visa- und Einreiseregelungen sucht, obwohl erleichterte Einreisemöglichkeiten nach Deutschland doch ein zentrales Anliegen gerade bei der Förderung der deutschen Sprache sein müssten. Kein Wort zur diskriminierenden Regelung, wonach beim Ehegattennachzug aus dem Ausland einige glei- cher sind als andere und Ehegatten aus Japan oder den USA beim Nachzug keinen Sprachnachweis brauchen, Ehegatten zum Beispiel aus der Türkei aber schon. Kein Wort zu Visabestimmungen, die Deutschland teilweise abschotten von einer sich rasant globalisieren- den Welt. Wenn es zum Beispiel für türkische Künstle- rinnen und Künstler viel einfacher ist, nach Moskau als nach Berlin zu reisen, dann sollten wir uns nicht wun- dern, wenn der Kulturaustausch mit der Türkei hinter dem zurückbleibt, was möglich wäre. Gleiches gilt für den Sprachaustausch. Die Möglich- keit, ohne extreme bürokratische Hürden nach Deutsch- land reisen zu können, um hier Kultur und Sprache ken- nenzulernen, wäre dem Anliegen der Sprachförderung unendlich viel dienlicher als der vorliegende folgenlose Koalitionsantrag zum Ende der Legislatur. Insbesondere die Union sollte auch ihr kulturelles „Mono“-Denken dringend überdenken. Dass sie alle paar Jahre wieder ihre deutsche Leit- und Monokultur aus der Mottenkiste holt, um gegen die im Alltag längst e K p g „ ti D g e s w s e s c V u S S s In u K S c d w s A ü g k a h s ti s d v s T h W b d (C (D tablierte Multikulturalität zu wettern, ist weltoffenen ulturpolitikern in der Union selbst inzwischen ziemlich einlich. Zu Recht! Man sollte dann aber auch überzo- ene Aussagen vermeiden, wonach die deutsche Sprache Voraussetzung für das Funktionieren unserer Demokra- e“ ist. Die Schweiz als eine der ältesten existierenden emokratien lebt mit ihrer Viersprachigkeit doch auch anz gut. Und die Demokratie in Europa werden wir auf iner noch viel breiteren multilingualen Grundlage ge- talten. Nein, ein bisschen weniger Verkrampftheit und ein enig mehr Lust an der Multilingualität dürfte es schon ein; denn die vielen Sprachen sind doch Heimstatt für inen unermesslichen kulturellen Reichtum, für unter- chiedliche Arten, die Dinge zu sehen, für unterschiedli- he Weisen, als menschliche Wesen zu existieren. Diese ielfalt sollten wir schützen und achten und dabei auch nsere Sprache als eine Stimme im bunten Chor der prachen schätzen und genießen. Der Koalitionsantrag zur Förderung der deutschen prache ist dagegen politisches Potemkin, eine frisch ge- trichene Fassade, hinter der eine falsche Betreuungs-, tegrations- und Einreisepolitik versteckt werden soll, nd nun auch Kürzungsvorschläge in der auswärtigen ultur- und Bildungspolitik, die vor allem auch der prachförderung schaden werden. Ich verstehe sehr gut, warum die Koalition einen sol- hen Antrag ohne Aussprache und Ausschussberatung urchwinken will. Der Pflege der deutschen Sprache er- eist sie mit diesem Showantrag jedenfalls einen politi- chen Bärendienst. nlage 37 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Kulturgüterschutz stärken – Neuausrichtung des Kulturgüter- schutzes in Deutschland jetzt beginnen (Zusatz- tagesordnungspunkt 19) Dagmar G. Wöhrl (CDU/CSU): Wir beraten heute ber den Antrag zur bundesweiten Stärkung des Kultur- üterschutzes, der aufgrund der aktuellen Geschehnisse aum eine größere Bedeutung haben könnte. Die Hochwasserkatastrophe entlang Elbe, Donau und nderen kleineren Flüssen in den vergangenen Wochen at uns alle schockiert und tief betroffen gemacht. Noch ind die Wassermassen nicht überall vollständig besei- gt, und bis tatsächlich alle Schäden komplett behoben ein werden, wird es noch viele Jahre dauern. Der Wie- eraufbau nach dem schlimmen Hochwasser 2002 war ielerorts gerade erst abgeschlossen, da hatten die Men- chen bereits mit dieser neuen Flut zu kämpfen. Viele ausend Menschen von Süd- bis Norddeutschland ste- en nun vor dem Nichts. Wir haben aber in den letzten ochen auch sehen können, dass die Anstrengungen eim Hochwasserschutz seit 2002 dazu geführt haben, ass mancherorts Schäden gering gehalten werden konn- 32438 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 (A) ) )(B) ten. Vieles, aber noch lange nicht alles ist im Bereich des Hochwasserschutzes seit 2002 verbessert worden. Auch aufgrund dieser besseren Schutzmaßnahmen sind die Museen, Theater, Konzertsäle, Bibliotheken und Archive beim diesjährigen Hochwasser nicht ganz so stark betroffen gewesen wie noch beim Hochwasser vor elf Jahren. Trotzdem kann man einige traurige Beispiele aufzählen: Das Landestheater Niederbayern in Passau wurde vom Hochwasser zerstört, im Fürstbischöflichen Opernhaus in Passau musste die gesamte Bestuhlung he- rausgenommen und mussten alle Vorstellungen bis zum Saisonende abgesagt werden. Auch das am Donauufer gelegene Museum Moderner Kunst wurde im Erdge- schoss komplett überflutet, und viele wertvolle Kunst- werke wurden zerstört. Ebenfalls Opfer der Fluten wurde zum Beispiel das vor allem für seine herrliche Ar- chitektur bekannte frühklassizistische Sommerpalais in Greiz in Thüringen. Hinzu kommt die Zerstörung von Kunst- und Kultur- schätzen durch Feuer und andere Ursachen während der vergangenen Jahre. Wir alle haben noch die Bilder der ausgebrannten Anna-Amalia-Bibliothek in Weimar im Jahr 2004 vor Augen, und wir alle erinnern uns an den Einsturz des Stadtarchivs im Kölner Süden vor vier Jah- ren, bei dem 30 wertvolle Regalkilometer in die Tiefe gerissen wurden. Die Kunstwerke und Bauwerke der vergangenen Jahr- hunderte sind Zeugnis unserer Geschichte und von ei- nem unermesslichen Wert. Diesen gilt es zu schützen. Wir sollten also den Schutz unserer Kunst- und Kultur- einrichtungen ausbauen und stärken. Der vorliegende Antrag gibt uns die Möglichkeit, die bereits bestehenden Zuständigkeiten im Bereich des Katastrophenschutzes bei Kunst- und Kulturgütern zu überprüfen und zu ver- bessern. Wichtig ist, dass wir die Maßnahmen von Bund, Ländern und Kommunen beim Hochwasserschutz künf- tig noch besser koordinieren, damit wir den Zerstörun- gen unserer Kunst- und Kulturgüter vorbeugen oder um im Notfall schnell und angemessen reagieren können. Der Schutz von Kulturgut, insbesondere im Katastro- phenfall, ist nach wie vor Kernkompetenz unserer Bun- desländer, und das ist auch gut so. Dennoch wird es in Zukunft wichtig sein, dass wir eine koordinierende Stelle schaffen, die Informationen und Zuständigkeiten jeglicher Art bündelt und verteilt. Dies reicht von der Forschung über den technischen Einsatz im Notfall bis hin zu Evakuierungsmaßnahmen und Methoden zur Konservierung und Wiederherstellung. Unser Staatsminister für Kultur und Medien, Bernd Neumann, hat bei zahlreichen Katastrophen in den ver- gangenen Jahren den Schutz von Kulturgütern im Rah- men seiner Möglichkeiten – und darüber hinaus – unter- stützt. Beim Einsturz des Kölner Stadtarchivs konnte so zusätzlich 1 Million Euro zur Verfügung gestellt werden, und auch die Konferenz nationaler Kultureinrichtungen, KNK, wird vom Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien finanziell unterstützt. Die KNK ist ein Zusammenschluss von 23 über die Landesgrenzen hinaus wirkenden Institutionen der neuen Bundesländer. S c u S le n s b In s D z te d p z s g K g s z g fe a S s tu In tu d V d im E h b te h d Z d te a A li te h w 8 a u g a n m R (C (D ie befasst sich bereits seit 2005 mit dem Thema „Si- herheit und Katastrophenschutz für Museen, Archive nd Bibliotheken“ und hat so 2010 den umfangreichen icherheitsleitfaden Kulturgut herausgegeben, der seit tztem Jahr in überarbeiteter Fassung vorliegt. Außerdem gibt es den Rahmenplan für Notfallmaß- ahmen in den staatlichen Archiven Bayern. Und chließlich beschäftigen sich das Rathgen-Forschungsla- or der Staatlichen Museen zu Berlin, das Fraunhofer- stitut und die Forschungsinstitute in der Leibniz-Ge- ellschaft mit zahlreichen Aspekten im Bereich des enkmalschutzes und der Denkmalpflege. Hier sollte eitnah eine Überprüfung der Expertise und der Kompe- nzen stattfinden, um anschließend nach Möglichkeit as vorhandene Wissen hierzulande zu bündeln und ein rofessionelles und interdisziplinäres Expertennetzwerk u schaffen. Wir haben mittlerweile leider, so muss man agen, einen ausreichenden Erfahrungsschatz zur Ber- ung und Konservierung von Kulturgütern im Falle von atastrophen. Diesen gilt es voll zu nutzen. Hier ist es anz besonders wichtig, bereits in der Lehre und For- chung anzusetzen, um so langfristig einen Expertenpool u schaffen, der uns in Deutschland die Möglichkeit ibt, im Kulturgutschutz präventiv tätig zu sein und, so- rn notwendig, auch relativ rasch, unkompliziert und bsolut professionell auf Katastrophen zu reagieren. Wie ie sehen, hat bei uns der Katastrophenschutz für die uns o wichtigen Schätze in Kunst und Kultur Priorität! Aus kulturpolitischer Sicht hat der Antrag zum Kul- rgüterschutz im Katastrophenfall absolute Aktualität. sbesondere bei national bedeutsamen Kultureinrich- ngen sollten wir also in Zukunft über eine Bündelung er Kompetenzen nachdenken. Diese könnte durch einen erantwortlichen auf Bundesebene übernommen wer- en, der in Abstimmung mit den Ländern Maßnahmen Katastrophenfall koordiniert und moderiert. Um die inführung von Doppelstrukturen zu vermeiden, sollte ier geprüft werden, inwieweit wir diese Kompetenzen ei unserem Staatsminister bündeln können. Hier könn- n vorhandene Kompetenzen erweitert und auf beste- enden Strukturen ausgebaut werden. Für die kommen- en Jahre sollten wir also prüfen, inwieweit die uständigkeiten und Ressourcen hier also erweitert wer- en können. Bisher vertritt der Kulturstaatsminister bereits die In- ressen kulturbewahrender Einrichtungen und ist unter nderem zuständig für den Schutz von Kulturgütern vor bwanderungen ins Ausland, für den Erhalt des schrift- chen Kulturguts in Archiven und Bibliotheken und un- r anderem auch für den Denkmalschutz. Gleichzeitig at die Bundesregierung nach der diesjährigen Hoch- asserkatastrophe das Aufbauhilfegesetz, mit dem Milliarden Euro zur Verfügung gestellt werden sollen, uf den Weg gebracht. Die Bündelung der Kompetenzen nd Zuständigkeiten eines Verantwortlichen für Kultur- utschutz im Katastrophenfall beim Staatsminister er- chte ich als angemessen und zielführend. Für die ächste Legislaturperiode sollten wir uns also vorneh- en, zeitnah zu prüfen, wie wir die dafür notwendigen essourcen zur Verfügung stellen können. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32439 (A) ) )(B) Wie bereits erwähnt, liegen Forschung und Umset- zung des Schutzes von Kulturgütern im Verantwortungs- bereich der Länder. Dennoch haben wir einerseits in im- mer kürzeren Abständen mit Naturkatastrophen zu kämpfen, die zahlreiche Bundesländer betreffen. Ande- rerseits werden Kunst- und Kultureinrichtungen, die von nationaler Bedeutung sind, immer wieder in Mitleiden- schaft gezogen. Ein Verantwortlicher auf Bundesebene könnte dann nicht nur koordinativ tätig werden, sondern auch Wissen und Erfahrung aus dem europäischen Aus- land bündeln und hier die Kooperation mit ebenfalls be- troffenen Ländern, wie beispielsweise Polen, der Tschechei oder Rumänien, ermöglichen. Unsere Kunst- und Kulturgüter sind ein Schatz von unermesslichem Reichtum, den es mit allen uns zur Ver- fügung stehenden Mitteln zu verteidigen und zu schüt- zen gilt. Unser Antrag hat leider aktuell enorm große Be- deutung erlangt und findet deshalb unser aller Unterstützung. Unser Kulturstaatsminister Bernd Neumann hat in den vergangenen acht Jahren bewun- dernswerte Arbeit für die Bereiche Kultur und Medien in unserem Land geleistet. An dieser Stelle möchte ich mich bei ihm herzlich bedanken. Ebenfalls bedanken möchte ich mich bei den Kollegen aus dem Ausschuss für Kultur und Medien für eine wirklich konstruktive und zielführende Zusammenarbeit seit 2009. Ich schließe diese Rede mit der Hoffnung, dass die Förderung und der Erhalt von künstlerischen und kultu- rellen Schätzen auch in der neuen Legislaturperiode fort- gesetzt und ausgebaut werden wird. Ulla Schmidt (Aachen) (SPD): Es ist schade, dass Sie das Thema des Kulturgüterschutzes im Katastro- phenfall erst in letzter Sekunde – am Kulturausschuss vorbei und ohne Debatte – auf die Tagesordnung brin- gen. Schade, dass wir nicht gemeinsam über Forderun- gen und Maßnahmen diskutieren konnten. Das Anliegen des Antrags liegt uns am Herzen, viele der Forderungen sind grundsätzlich zu begrüßen. Die SPD will, dass im Katastrophenfall zügig reagiert werden und eine profes- sionelle Restaurierung beschädigten Kulturgutes ge- währleistet werden kann. Wir lehnen aber die lapidare Vorgehensweise der Regierungsfraktionen ab, mit der sie dieses Thema gerade eben noch in der letzten Sitzungs- woche der Legislaturperiode abhaken. Am Abend wird der Faule fleißig!. Viele der im Antrag geforderten Initiativen wären, wie ich finde, selbstverständliche Aufgaben des Bundes- beauftragten für Kultur und Medien, wenn man das Kul- turgut besser schützen will: zum Beispiel das gesell- schaftliche Bewusstsein für die Bedeutung des Kultur- güterschutzes zu schaffen oder die Rolle der Forschungs- einrichtungen für den Kulturgüterschutz zu evaluieren oder im Benehmen mit den Ländern und Kommunen zu überprüfen, wie der rechtliche Rahmen angepasst wer- den kann. Das sind Forderungen, aus denen erst konkre- tere Planungen und Vorgehensweisen folgen. Sie sind nicht handfest. Schon längst hätte sich die Bundesregie- rung um all das kümmern können. Dazu muss man nicht e L a H k te w d s M w v n re d fa s b m b tu m a d d a s z d n s s 2 H z te re Z h n w n w A L m s a P s te o (C (D rst eine neue Hochwasserkatastrophe oder das Ende der egislaturperiode abwarten. Dass die Bundesregierung sich nicht kümmert, zeigt uch der Fall Stadtarchiv Köln. Hier haben wir in den aushaltsberatungen gefordert, dass sich der Bund stär- er und deutlicher an der Stiftung zum Wiederaufbau be- iligt. Es hat am Anfang 1 Million Euro gegeben; das ar‘s. Hätte der Bundesbeauftragte für Kultur und Me- ien mehr getan, wäre vielleicht auch die Spendenbereit- chaft gestiegen. Jetzt zu kommen und alle möglichen aßnahmen und Strukturen zu fordern, ist wohlfeil, enn die Bundesregierung mit Ihrer Unterstützung zu- or versäumt hat, ganz konkret zu helfen, liebe Kollegin- en und Kollegen von Union und FDP. Einige der Forderungen beinhalten ganz neue Struktu- n. Ich finde, dass es besonders in diesem Fall notwen- ig wäre, ein ordnungsgemäßes parlamentarisches Ver- hren mit Anhörungen und Gesprächen in den zu- tändigen Ausschüssen zu durchlaufen, um im Ergebnis esser beurteilen zu können, was richtig ist. Damit eine ich zum Beispiel die Forderung, ein zentrales undesdeutsches Institut für Konservierungs- oder Kul- rschutzforschung einzurichten. Oder in Abstimmung it den Ländern die Einsetzung eines Verantwortlichen uf Bundesebene zu prüfen, der die zur Verbesserung es Kulturgüterschutzes notwendigen Maßnahmen koor- iniert und moderiert. Im Grundsatz wirken die Forderungen des Koalitions- ntrags nicht unvernünftig. Unsere Fraktion hat bei- pielsweise die Einrichtung einer Koordinierungsstelle um Schutz schriftlichen Kulturgutes unterstützt. Über as genaue Was und Wie und die finanziellen Erforder- isse sollte man sich aber doch parlamentarisch austau- chen können, um den richtigen Weg zu finden, Kata- trophen wie den Brand der Anna-Amalia-Bibliothek 004, den Einsturz des Kölner Stadtarchivs 2009 oder ochwasserkatastrophen schnellstmöglich und effektiv u bewältigen, damit nicht noch mehr Schaden angerich- t wird. Dass wir wertvolles nationales Kulturgut nicht verlie- n wollen, darüber sind wir uns selbstverständlich einig. u dem vorliegenden Antrag wollen wir uns jedoch ent- alten, weil wir es für notwendig halten, Forderungen zu euen Strukturen ordnungsgemäß zu diskutieren und eil wir es für notwendig halten, dass Kulturanträge icht am Ausschuss vorbei in das Parlament eingebracht erden. Wir würden begrüßen, wenn das Einbringen des ntrags wenigstens bewirkt, dass wir in der nächsten egislaturperiode zu gemeinsamen Beschlüssen kom- en. Reiner Deutschmann (FDP): „Feuer und Wasser ind zwei gute Diener, aber schlimme Herrn“. Dieses lte deutsche Sprichwort bringt die Gefahren auf den unkt, die einer Gesellschaft jederzeit drohen. Katastrophen drohen immer wieder mit einer gewis- en Regelmäßigkeit. Schon lange kehren die sogenann- n Jahrhundert-Naturkatastrophen in Form von Fluten der Stürmen in immer kürzeren Abständen wieder. 32440 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 (A) ) )(B) Dazu kommen die menschgemachten Katastrophen durch technische Defekte oder menschliches Versagen. Mit diesen Katastrophen werden die Menschen immer wieder konfrontiert werden. Das Elbehochwasser 2002 oder das jüngste Hochwasser an Elbe und Donau samt ihrer Nebenflüsse in diesem Jahr haben uns wieder ein- mal exemplarisch vor Augen geführt, dass sich die Natur nicht zu 100 Prozent zähmen lässt und mit dem Eintritt von Naturkatastrophen fast biblischen Ausmaßes nicht nur alle 100 Jahre zu rechnen ist. Weil das so ist, gibt es eine Reihe von exzellenten Notfallplänen, die dazu führen, dass zum Beispiel Poli- zei, Feuerwehr, Technisches Hilfswerk und nicht zuletzt die Bundeswehr schnell zur Stelle sind, wenn es darum geht, Menschenleben im Notfall zu retten und in Sicher- heit zu bringen. Dafür wollen wir diesen und den vielen anderen helfenden Einrichtungen, aber auch den vielen Freiwilligen herzlich danken. Sind die unmittelbaren Ursachen einer Katastrophe verschwunden, die Flüsse wieder in ihr ursprüngliches Flussbett zurückgekehrt, der Brand gelöscht oder die Orkanwinde abgeebbt, offenbart sich oftmals das wahre Ausmaß des Desasters. Menschen haben ihre Wohnun- gen verloren oder müssen diese erst einmal wieder her- richten; die betroffenen Betriebe müssen wieder in Gang gebracht und die Schäden müssen erfasst und beseitigt werden. Für die Kulturpolitik stellen sich durch Katastrophen ganz eigene Fragestellungen. 2002 stand das Dresdner Stadtzentrum mit Zwinger, Frauenkirche und Haupt- bahnhof komplett unter Wasser. Kultureinrichtungen ers- ten Ranges waren von den Fluten betroffen. Diesmal ist Dresden glimpflicher davongekommen, während es Großräume wie Passau, Halle und Magdeburg besonders hart getroffen hat. Die Erfassung der Schäden der dies- jährigen „Jahrhundertflut“ wird sicherlich noch Wochen dauern. Der Brand in der Anna-Amalia-Bibliothek in Weimar im Jahr 2004 hat uns die Wucht und Zerstörungskraft des Feuers deutlich gemacht. Damals fielen dem Feuer allein 50 000 wertvolle Bücher zum Opfer, und es wären sicherlich noch mehr Kulturgüter zu Schaden gekom- men, hätten zum Zeitpunkt des Unglücksfalls nicht ein Notfallplan in der Einrichtung und eine enge Koopera- tion mit der Feuerwehr existiert. Der menschengemachte Einsturz des Kölner Stadtar- chivs im Jahr 2009 vernichtete zwei Leben und ver- schluckte 30 Regalkilometer Archivgut. Zwar konnten circa 90 Prozent der Archivalien geborgen werden, aber in welchem Ausmaß diese restaurierungsfähig sind und wie hoch sich die derzeit auf circa eine Milliarde Euro geschätzten Schadensbeseitigungskosten letzten Endes wirklich belaufen werden, weiß keiner. Nach einer durch die FDP-Bundestagsfraktion im Ja- nuar 2013 durchgeführten Expertenanhörung wissen wir, dass der Kulturgüterschutz aber nicht bei der Bewälti- gung von akuten Katastrophen aufhören darf. Dr. Volker Rodekamp, Präsident des Deutschen Museumsbundes, h u e g ta U g ru B m re d z a d a b in ti is d M z te D te lä re n n s u z d E ri p p S z B n s tu g b B s m a d Ü e v b (C (D at damals auf die dramatische Lage gerade in kleinen nd mittleren Häusern hingewiesen, in denen oftmals infachste Bestimmungen des Brandschutzes nicht ein- ehalten werden können. Vor diesem Hintergrund hat sich die FDP-Bundes- gsfraktion zusammen mit unseren Partnern von der nion entschlossen, etwas für die Stärkung des Kultur- üterschutzes in Deutschland zu tun. Die Expertenanhö- ng hatte ergeben, dass es derzeit in der Gesellschaft an ewusstsein für die Bedürfnisse des Kulturgüterschutzes angelt. Deshalb wollen wir dafür werben. Ganz konkret wurde insbesondere eine koordinie- nde und moderierende Stelle vermisst, die sich der rängenden Aufgabenstellungen des Kulturgüterschut- es annimmt. Aus der Expertenrunde wurde der Wunsch n uns herangetragen, trotz der generellen Zuständigkeit er Bundesländer für den Kulturgüterschutz vom Bund us die Initiative zu übernehmen und die Koordinierung eziehungsweise Moderation zwischen den Beteiligten Bund, Ländern und Kommunen sowie zwischen Poli- k, Wissenschaft und Einrichtungen zu beginnen. Dies t Teil unseres Antrages. Es geht uns nicht darum, dass iese vom Bund vorzunehmende Koordinierung und oderation Kompetenzen wahrnimmt, die den Ländern ugewiesen sind. Der Bund kann im Bereich Kulturgü- rschutz nur sehr begrenzt rechtsverbindlich wirken. ies verhindert das Grundgesetz mit der klaren Kompe- nzzuweisung für den Kulturgüterschutz an die Bundes- nder. Dennoch wollen wir gerne – quasi beratend und chtsunverbindlich – diese erste Koordinierung im Be- ehmen mit den Bundesländern und Kommunen über- ehmen. Letztlich wollen wir erreichen, eine signifikante und pürbare Stärkung des Kulturgüterschutzes durch aktive nd präventive Maßnahmen in den Einrichtungen sicher- ustellen. Dazu gehören beispielsweise die Überprüfung es rechtlichen Rahmens sowie Maßnahmen wie der ntwurf gemeinsamer Not- und Katastrophenfallszena- en und Pläne durch Kultureinrichtungen und Katastro- henschutz. Es geht um die Schaffung eines interdiszi- linären Expertennetzwerks für die Lagerung, Bergung, icherung und Restaurierung von Kulturgütern. Nicht uletzt geht es uns um eine bessere Forschungsarbeit im ereich des Kulturgüterschutzes, und zwar dort, wo dies ötig ist. Es ist das erste Mal, dass mit einer Initiative des Deut- chen Bundestages eine signifikante Stärkung des Kul- rgüterschutzes unter Einbeziehung aller Ebenen ange- angen wird. In vielen Fällen werden wir Neuland etreten oder auf Widerstände treffen. Die Experten aus ibliotheken, Archiven und Museen sind sich aber uni- ono einig, dass in der Sache Kulturgüterschutz dringend ehr passieren muss und die Zeit drängt. Ich möchte Sie lle einladen, konstruktiv und an der Sache orientiert an iesem Vorhaben mitzuarbeiten und sich einzubringen. ber den Weg können wir gerne streiten, aber dass wir ine Verbesserung hinbekommen, sollte uns unsere her- orragende deutsche Kulturlandschaft wert sein. Ich itte sie daher um Zustimmung zu unserem Antrag. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32441 (A) ) )(B) Patrick Kurth (Kyffhäuser) (FDP): „Kulturgüter von landesweiter Bedeutung bedroht“, „Wasser als Feind der Kulturschätze“ oder „Hochwasser in Mitteldeutschland – Kunst und Kultur in Not“ – Überschriften wie diese prägten bis noch vor wenigen Tagen die deutschen Me- dien. Naturkatastrophen wie die aktuelle Flut sind nicht nur eine Bedrohung für Wohnungen, Privathäuser, Unternehmen oder Selbstständige, sondern haben noch weitere Dimensionen. Besonders gefährdet ist auch das kulturelle Erbe der betroffenen Region, das sich oftmals über Jahrhunderte angesammelt hat. In schmerzlicher Erinnerung ist dahin gehend das Elbe-Hochwasser von 2002. Unter anderem in Dresden wurden immense Kulturschäden angerichtet, einige da- von irreparabel. Die Bilanz der aktuellen Flut fällt nach dem weitgehenden Verschwinden des Wassers zum Glück positiver aus. Zwar wurden entsprechende Schä- den dokumentiert, zum Beispiel in Halle-Burg Giebi- chenstein, Schloss Pillnitz in Sachsen oder im Stadtmu- seum in Pirna. Insgesamt fällt die Schadensbilanz aber kürzer aus. „Wir sind gerade noch einmal davongekommen“ ti- telte die FAZ zum glimpflichen Ausgang der Flut für die deutschen Kulturgüter. Zu verdanken ist dies insbeson- dere der Vorsorge beim Neubau der oft schon 2002 be- troffenen Museen, besserer Deiche und besonders ge- ringerer Pegelstände. Beispiel Dresden: Hatten vor elf Jahren in der Semperoper noch die Unterbühne samt technischer Anlagen sowie das Parkett unter Wasser ge- standen, reichten die Fluten diesmal nicht einmal an die Barrieren heran. Kaum auszudenken ist aber, was bei hö- heren Pegelständen passiert wäre. Menschengemachte oder natürliche Katastrophen sind eine ständige Gefahr für unsere Kulturschätze. Nicht nur die genannten Fluten, auch der Brand der Anna-Amalia- Bibliothek in Weimar oder der Einsturz des Kölner Stadtarchivs haben uns die Vergänglichkeit unserer oft über Jahrhunderte gesammelten und bewahrten Kunst- und Kulturschätze vor Augen geführt. Zahlreiche Bü- cher, Dokumente und Kunstwerke wurden unwieder- bringlich zerstört. Kultureinrichtungen und Kunstgegen- stände sind keine Badezimmerkacheln. Sie müssen geschützt werden. Diese nationalen Katastrophen werfen die Frage auf, wie man sie bereits im Vorfeld besser verhindern und ih- nen im Schadensfall bestmöglich begegnen kann, prä- ventiv und reaktiv. Bislang gibt es allenfalls Stückwerk: Die Konferenz nationaler Kultureinrichtungen hat den Sicherheitsleitfaden Kulturgut herausgegeben, der das Sicherheitsmanagement von Kultureinrichtungen un- terstützen soll. In Bayern gibt es einen Notfallplan der bayerischen Bibliotheken. Demgegenüber wird der Kulturgüterschutz in anderen Ländern wie der Schweiz bundeseinheitlich koordiniert, um überall optimale Stan- dards zu sichern. Dies muss auch das Ziel für Deutsch- land sein; dafür setzen sich FDP und Union ein. Nachdem das Thema „Katastrophenschutz und Kata- strophenhilfe im Kunst- und Kulturbereich“ unter den Vorgängerregierungen stark vernachlässigt wurde, nimmt sich jetzt die schwarz-gelbe Koalition unter liberaler Fe- d d d b v s li n d B ü d m p a li ru k a G M s fe B s s m R A n s A d K ü a p E B A a d m U ta S fü h p m b e (C (D erführung dieses Themas an. Auch wenn die Zustän- igkeit für den Kulturgüterschutz allgemein bei den Län- ern liegt, so muss die Initialzündung für die dringend enötigte Initiative zur Stärkung des Kulturgüterschutzes on der Bundesebene ausgehen. Dafür hat sich die FDP tark gemacht. Liberale Kulturpolitik zeichnet sich näm- ch nicht nur dadurch aus, dass sie das Entstehen von euen Werken fördert, sondern auch das bereits Vorhan- ene schützt. Unsere Maßnahmen sind vielfältig: Wir fordern die undesregierung auf, gemeinsam mit den Ländern zu berprüfen, wie der rechtliche Rahmen angepasst wer- en kann, damit der Kulturgüterschutz gestärkt und da- it bessere Schutzmaßnahmen für Not- und Katastro- henfälle ergriffen werden können. Wir halten es ußerdem für nötig, die Einsetzung eines Verantwort- chen auf Bundesebene zu prüfen, der die zur Verbesse- ng des Kulturgüterschutzes notwendigen Maßnahmen oordiniert. Außerdem fordern wir die Bundesregierung uf, ein stärkeres Problembewusstsein nicht nur in der esellschaft, sondern auch bei den Verantwortlichen in useen, Ausstellungen usw. herzustellen und ein profes- ionelles interdisziplinäres Expertennetzwerk zu schaf- n, das im Not- und Katastrophenfall zum Schutz, zur ergung und zur Restaurierung von Kulturgütern chnellstmöglich herangezogen werden kann. In kaum einem anderen Land ist die Kulturlandschaft o breit wie in Deutschland. Die Anzahl der bedeutsa- en Kulturgüter ist kaum mehr zu überblicken. Als erste egierungskoalition setzt sich Schwarz-Gelb mit diesem ntrag dafür ein, dass das Bewahrenswerte in Zukunft och besser bewahrt werden kann. Darauf können wir tolz sein. Dr. Lukrezia Jochimsen (DIE LINKE): Wenn ein ntrag es verdient, gewissermaßen in der letzten Minute ieser Legislaturperiode bedacht zu werden, dann dieser. ulturgüterschutz in Deutschland zu betreiben, ist eine berfällige Aufgabe. Durch die aktuelle Flutkatastrophe llerdings ist sie jetzt ganz konkret auf der Tagesordnung olitischen Handelns, auch und gerade auf nationaler bene. Die 500 000 Euro, die die Kulturstiftung des undes, wie sie am 25. Juni 2013 bekannt gab, für den usgleich von Schäden im Bereich Kunst und Kultur ufgrund der Flutkatastrophe bereitstellen will, sind in ieser Hinsicht ein erstes Anzeichen, aber natürlich nicht ehr. Dem Antrag ist in allen Punkten zuzustimmen. In der neuen Legislaturperiode sollte schnell mit der msetzung begonnen werden, wofür der Antrag sehr de- ilgenaue Handlungsempfehlungen enthält. Agnes Krumwiede (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): chutz vor Hochwasserschäden für Menschen, Tiere und r unsere Infrastruktur sollte nicht nur in den „Nachwe- en“ von sogenannten Jahrhunderthochwassern auf allen olitischen Ebenen ein wichtiges Thema sein. Politik uss vorausschauend handeln, nicht nur reaktiv. Die este Prävention vor massiven Hochwasserschäden ist in nachhaltiger ökologischer Hochwasserschutz mit der 32442 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 (A) ) )(B) Schaffung von Überflutungsgebieten und Deichrückver- legung. Technischer Hochwasserschutz bekämpft nur die lokalen Symptome und verlagert das Problem stromab- wärts. Das haben die Menschen in diesem Sommer leid- voll erfahren müssen. Was wir dringend brauchen, sind eine Bekämpfung der Ursachen und eine langfristige, nachhaltige und transparente Strategie zum Schutz vor Hochwasser- und anderen Naturkatastrophen. In vielen Regionen unseres Landes brauchen wir mehr Ausgleichsflächen und Maß- nahmen zur Flächenentsiegelung sowohl bei bestehen- den Gebäuden und Flächen als auch bei Neubauvor- haben. Hier vertreten wir die Auffassung: Ausbau statt Neubau! Durch den ungehemmten Flächenverbrauch und die Versiegelung der Flächen sowie technische Maß- nahmen – Kanalisierung, Drainierung, Gräben – werden die Regenmengen immer schneller in die Flüsse geleitet. Dadurch laufen die Hochwasserspitzen immer schneller und höher auf. Auch die industrielle Landwirtschaft hat einen entscheidenden Anteil an der Versiegelung unserer Landschaft. Nachhaltige Klima- und Umweltpolitik und ökologi- sche Landwirtschaft sind nicht nur für Menschen und Tiere unter anderem der beste Schutz vor Hochwasser, sondern bewahren auch unsere Städte, Kunstschätze und Baudenkmäler vor Substanzschäden. Da Regenwolken und Flüsse weder vor Länder- noch vor Bundesgrenzen haltmachen, brauchen wir keinen Föderalismus, sondern ein internationales Konzept zum Hochwasserschutz. Der vorliegende Antrag beinhaltet einige bedenkens- werte Forderungen: Die Einrichtung eines professionel- len interdisziplinären Expertennetzwerks beispielsweise, das im Not- und Katastrophenfall zum Schutz, zur Ber- gung und zur Restaurierung von Kulturgütern schnellst- möglich herangezogen werden kann, sollte unbedingt in Erwägung gezogen werden. In der Summe aber bleiben die vorgeschlagenen Maßnahmen zu unkonkret, die For- derung nach der Einrichtung eines zentralen bundesdeut- schen Instituts für Konservierungs- oder Kulturschutz- forschung ist lediglich ein Prüfauftrag. Darüber hinaus fehlt eine zentrale Forderung: Auch von Hochwasser betroffene öffentliche Kulturein- richtungen müssen bei der Mittelvergabe aus dem ak- tuell vom Bund eingerichteten Fluthilfefonds in Höhe von 8 Milliarden Euro ausreichend Berücksichtigung finden. In Thüringen beispielsweise ist aktuell das Som- merpalais in Greiz aufgrund der Hochwasserschäden in seiner Substanz bedroht. Der Schlosspark, der für 900 000 Euro gerade neu gestaltet und erst im Mai der Öffentlichkeit vorgestellt worden ist, wurde komplett überflutet. Zudem wurden die Stuckarbeiten und Flach- reliefs aus dem 18. Jahrhundert am Schloss beschädigt. Wie der Berichterstattung zu entnehmen ist, wird allein hier von einem Schaden von 2,6 Millionen Euro ausge- gangen. In ihrer Regierungserklärung hat die Bundes- kanzlerin eine „rasche Soforthilfe und einen zügigen Wiederaufbau“ versprochen. Das muss auch für vom Hochwasser beschädigte öffentlich geförderte Kulturgü- ter und Kulturinstitutionen gelten. d z w n m te in m M w s K G s re m P ö K s ti tu G A e d K R (C (D Im Antrag der Koalition wird zu Recht angemerkt, ass die Schweiz uns im Bereich des Kulturgüterschut- es mehrere Schritte voraus ist. Es stellt sich die Frage, arum die Regierungskoalitionen der letzten acht Jahre icht längst schon die im Antrag formulierten Maßnah- en umgesetzt haben. Dazu gehört auch, ein Experten- am zur Bergung von Kulturschätzen einzurichten und zusätzliche Schulungen zum sachgerechten Umgang it schützenswerten Kulturgütern beispielsweise für itarbeiterinnen und Mitarbeiter des Technischen Hilfs- erks zu investieren. Im Fall einer Hochwasserkatastrophe kann allerdings elbst das beste Expertenteam lediglich die beweglichen ulturgüter retten. Dies zeigte sich auch 2002, wo die ebäude den Fluten ausgeliefert waren und Milliarden- chäden entstanden sind. Deshalb brauchen wir nicht nur aktive Maßnahmen, sondern ein Umdenken hin zu ehr Klima-, Umwelt- und Naturschutz. Denn die beste rävention vor massiven Hochwasserschäden ist ein kologischer Hochwasserschutz. Trotz unserer hier vorgebrachten Kritik ist es unserem ollegen Wolfgang Börnsen mit diesem letzten Antrag einer Zeit als Bundestagsabgeordneten gelungen, wich- ge Impulse zu formulieren für einen verbesserten Kul- rgüterschutz. Wir wünschen Wolfgang Börnsen alles ute für seine Zeit nach der aktiven Bundespolitik! nlage 38 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – Entwurf eines Gesetzes zur Nutzung ver- waister und vergriffener Werke und einer weiteren Änderung des Urheberrechtsgeset- zes – Entwurf eines … Gesetzes zur Änderung des Urheberrechtsgesetzes – Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Wahrnehmung von Ur- heberrechten und verwandten Schutzrech- ten (Urheberrechtswahrnehmungsgesetz – UrhWahrnG) – Beschlussempfehlung und Bericht zu dem Antrag: Zugang zu verwaisten Werken er- leichtern – Beschlussempfehlung und Bericht zu dem Antrag: Förderung von Open Access im Wissenschaftsbereich und freier Zugang zu den Resultaten öffentlich geförderter For- schung (Zusatztagesordnungspunkte 20 a und 20 b) Ansgar Heveling (CDU/CSU): Was ursprünglich in ganzer „Korb“ an Maßnahmen zur Modernisierung es Urheberrechts werden sollte – es wäre der „Dritte orb“ gewesen –, ist nun zu einem kleinen Bündel an egelungen zusammengeschrumpft. Wir als CDU/CSU- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32443 (A) ) )(B) Fraktion haben uns stets für eine umfassende Umsetzung des sogenannten Dritten Korbes und einer darin enthalte- nen Anpassung des Urheberrechts an die Entwicklungen durch die Digitalisierung starkgemacht. Lassen Sie mich dennoch an dieser Stelle zu dem kommen, was nun mit dem vorliegenden Entwurf eines Gesetzes zur Nutzung verwaister und vergriffener Werke und einer weiteren Änderung des Urheberrechtsgesetzes erreicht wird. Umsetzung der Richtlinie „Verwaiste Werke“: Dies ist zum einen die Umsetzung der EU-Richtlinie über be- stimmte zulässige Formen der Nutzung verwaister Werke in deutsches Recht, die wir mit dem Beschluss des Gesetzentwurfes erreichen. Dabei gehen wir sogar über die Vorgaben der Richtlinie hinaus und regeln zusätzlich zu den verwaisten Werken auch die Nutzung vergriffener Werke. So leisten wir unseren Beitrag zu ei- ner möglichst einheitlichen europäischen Regelung bei der Nutzung von Werken, deren Urheber nicht oder nicht mehr ermittelbar ist, insbesondere in digitaler Form. Da- mit die in verwaisten oder vergriffenen Werken enthalte- nen Daten, Inhalte und Informationen einer möglichst großen Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden können, brauchen wir die neue gesetzliche Regelung. Denn ein freier, aber damit nicht zwangsläufig kosten- freier und ungehinderter Zugang und Austausch von Wissen, Forschungsergebnissen und anderen Informatio- nen ist eine der zentralen Grundlagen unserer Informa- tionsgesellschaft. Wir dürfen nicht riskieren, dass diese Werke aufgrund einer unklaren Rechtssituation nicht öf- fentlich zugänglich gemacht werden und dass damit be- deutendes kulturelles Erbe verloren gehen könnte. Etablierung und Förderung von Golden Open Access: Mit dem gemeinsamen Entschließungsantrag der Koali- tionsfraktionen untermauern wir noch einmal die Rege- lung zum Zweitverwertungsrecht für Autoren wissen- schaftlicher Beiträge. Ausdrücklich sprechen wir uns dabei für die Förderung von Open Access und Golden Open Access im Besonderen aus. Open Access sorgt für ein attraktives und breites Angebot wissenschaftlicher Publikationen, die öffentlich zugänglich gemacht wer- den. Die weiteren Schritte, die für die Förderung von Open Access in Deutschland notwendig sind, benennen wir in unserem Entschließungsantrag klar und deutlich. Es ist daher unser unabdingbares Anliegen, dass diese Schritte nun konsequent aufgenommen und weiterver- folgt werden. Dazu gehört zunächst und vor allem die Förderung von Publikationen mit Golden Open Access, bei dem die Erstveröffentlichung unmittelbar auf digita- lem Wege, etwa in einer online erscheinenden Zeitschrift erfolgt. Zudem wollen wir ein Instrument zur Förderung von Golden Open Access, etwa in Form eines Publika- tionsfonds, etablieren. Damit sollen Publikationskosten für Wissenschaftler erstattet werden können, die mit Golden Open Access ihre Beiträge veröffentlichen möchten. Urheberrecht als Lebensgrundlage für die Kreativen: Der Entschließungsantrag verdeutlicht darüber hinaus in unmissverständlicher Weise, dass das Urheberrecht zen- trale Lebensgrundlage für die Kreativen und Kultur- s s v ti u E d W tr s s s W m m B la te re m W k v le v n a D W H d R s d re u h s R d v e z h w tu w g s re k tu s Z s (C (D chaffenden in Deutschland ist. Es sichert die angemes- ene Vergütung und damit die wirtschaftliche Existenz on Urheberinnen und Urhebern. So erhalten wir krea- ve Tätigkeit und eine vielfältige Kulturlandschaft in nserem Land. Zentrale Aufgabe für die Politik ist dabei die auch im ntschließungsantrag angesprochene Ausbalancierung er unterschiedlichen Interessenlagen im Urheberrecht. ir stellen fest, dass das Urheberrecht nicht nur die zen- ale Grundlage für Kreativität und Entwicklergeist ist, ondern auch Innovationen in Wissenschaft und For- chung voranbringt. Zwischen den berechtigten Interes- en von Urhebern, Rechteverwertern, Verbrauchern, der irtschaft und der Wissenschaft muss stets ein ange- essener Ausgleich hergestellt werden. Ein Kompro- issvorschlag wäre eine annehmbare Alternative für alle eteiligten gewesen. An dieser Stelle möchte ich dennoch nicht unerwähnt ssen, dass eine Kompromissformulierung im Gesetzes- xt selbst die Förderung von Golden Open Access be- its jetzt möglich gemacht hätte. Ein solcher Kompro- iss hätte durchaus die unterschiedlichen Interessen der issenschafts- und Verlegerseite zueinanderbringen önnen und den Weg, den wir nun mit der Förderung on Open-Access-Veröffentlichungen beschreiten wol- n, bereits in rechtssicherer Art und Weise im Gesetz erankert. Tankred Schipanski (CDU/CSU): Das Bundeskabi- ett hat am 10. April 2013 einen Regierungsentwurf ver- bschiedet, den wir heute in unveränderter Form im eutschen Bundestag verabschieden. Das Gesetz stärkt issenschaft und Forschung in Deutschland in dreierlei insicht. Erstens schaffen wir die Voraussetzung dafür, ass sogenannte verwaiste Werke, also Werke, deren echteinhaber auch nach sorgfältiger Suche nicht festge- tellt werden kann, digitalisiert und online gestellt wer- en können, sodass sie dem kulturellen Erbe nicht verlo- n gehen. Dafür ändern wir das Urheberrechtsgesetz nd fügen die §§ 61 bis 61 c Urheberrechtsgesetz neu inzu. Die entsprechende EU-Richtlinie, 2012/28/EU, etzen wir fristgerecht in deutsches Recht um. Dieselbe ichtlinie fordert die nationalen Gesetzgeber zweitens azu auf, die Nutzung vergriffener Werke im Rahmen on Digitalisierungsvorhaben zu erleichtern. Hierfür ist ine Änderung des Urheberrechtswahrnehmungsgeset- es erforderlich, die wir in den §§ 13 d und 13 e Ur- eberrechtswahrnehmungsgesetz vornehmen. Drittens ird mit diesem Gesetz ein unabdingbares Zweitverwer- ngsrecht eingeführt. Davon profitieren Autoren von issenschaftlichen Beiträgen in Periodika, die überwie- end mit öffentlichen Mitteln gefördert wurden. Dies ge- chieht durch eine Neufassung von § 38 Abs. 4 Urheber- chtsgesetz. Meine Damen und Herren, aus Sicht der Wissenschaft ommt diesem Gesetz somit eine ganz besondere Bedeu- ng zu, da wir erstmals in § 38 Abs. 4 Urheberrechtsge- etz ein sogenanntes Zweitverwertungsrecht bzw. ein weitveröffentlichungsrecht gesetzlich verankern. Somit chaffen wir einen fairen Interessenausgleich zwischen 32444 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 (A) ) )(B) Verlagen und Forschern. Beide werden dadurch wieder Partner auf Augenhöhe. Die Änderung wurde nötig, um die Rechte der For- scher zu stärken, die bislang oft gezwungen waren, zur Veröffentlichung in einem renommierten Journal ihre kompletten Autorenrechte an die Verlage zur Verwertung abzutreten. Hernach war es ihnen nicht mehr möglich, allen voran mit Blick auf die digitale Arbeitswelt, über den Grad der Sichtbarkeit ihrer Forschungsergebnisse zu entscheiden. Die Zirkulation von Wissen erhöhen, Er- kenntnisse einer breiten Öffentlichkeit bereitstellen und den Nutzen der eingesetzten Steuermittel maximieren, von dieser Trias lassen wir uns bei dem vorliegenden Gesetz sowie dem Entschließungsantrag leiten. Wir leis- ten mit dieser Gesetzesnovelle und dem sie begleitenden Entschließungsantrag einen wichtigen Beitrag zur För- derung von Open Access in Deutschland. Mit beiden Bausteinen entwickeln wir unsere Open-Access-Strate- gie weiter. Das unabdingbare Zweitveröffentlichungsrecht för- dert den sogenannten grünen Weg des Open Access, bei dem Wissenschaftler ihre Publikationen nach der tradi- tionellen Printpublikation zusätzlich noch im Internet zugänglichen machen wollen. Dies ermöglicht das Ge- setz nach einer sogenannten Embargofrist von zwölf Monaten. Daneben existiert der sogenannte goldene Weg des Open Access, bei dem die Veröffentlichung von vorneherein und unmittelbar digital erfolgt, zum Bei- spiel in einem Open-Access-Journal. Hierfür fallen in der Regel Publikationskosten an. Für die christlich-liberale Koalition stehen beide For- men der Open-Access-Veröffentlichung bzw. beide Wege des Open Access gleichberechtigt nebeneinander und ergänzen einander. Mit der Gesetzesnovellierung fördern wir primär den grünen Weg des Open Access. Mit dem Entschließungsantrag wird verdeutlicht, dass auch der goldene Weg des Open Access förderungswür- dig ist und die Bundesregierung zu ganz konkreten Maß- nahmen auffordert. Dazu gehören die Schaffung eines Publikationsfonds oder die Aufnahme entsprechender Klauseln in die Förderbestimmungen; alles Fördermög- lichkeiten für Open-Access-Publikationen. Insgesamt stellen somit die Gesetzesnovelle und der Entschließungsantrag ein rundes Gesamtpaket zur För- derung von Open Access dar. Dies begrüßt auch aus- drücklich die Allianz der Wissenschaftsorganisationen. Gleichwohl bleiben aus Sicht der Wissenschaftsorgani- sationen Wünsche offen, wie uns die Anhörung zum Ge- setzentwurf gezeigt hat. Mit Blick auf die Arbeit der Projektgruppe Bildung und Forschung der Enquete- Kommission Internet und digitale Gesellschaft des Deut- schen Bundestages und dem dort gefundenen fraktions- übergreifenden Arbeitsauftrag bezüglich eines Zweit- veröffentlichungsrechts und der Förderung von Open Access bleibt die Thematik auf der politischen Agenda. Einen großen Schritt in die richtige Richtung gehen wir mit § 38 Abs. 4 Urheberrechtsgesetz bereits am heu- tigen Tag. Dabei ist durchaus festzuhalten, dass es be- reits in Teilen der Verlagswelt Praxis ist, dass Verlage in Verlagsverträgen explizit eine Zweitpublikation nach ei- n A S g re v s li h A s g s re u V G S v ti W z d li b li v z re ri F O e W G E G ti c d b re s G s g re k E a s „ d fa (C (D er Embargofrist gestatten. Richtigerweise stellte in der nhörung im Rechtsausschuss am 10. Juni 2013 der achverständige Dr. Eric Steinhauer dazu fest: „Das im Re- ierungsentwurf vorgeschlagene Zweitveröffentlichungs- cht greift für den in § 38 Abs. 4 Urheberrechtsgesetz orgesehenen Kreis von Wissenschaftlerinnen und Wis- enschaftlern diese Praxis auf und stattet sie mit recht- cher Verbindlichkeit aus. Damit werden Rechtssicher- eit und Rechtsklarheit hergestellt. Die Autorinnen und utoren werden bei der weiteren Nutzung der von ihnen elbst verfassten Werke von urheberrechtlichen Überle- ungen weitgehend entlastet.“ Der Sachverständigenanhörung war die einhellige Bot- chaft zu entnehmen, dass das Zweitveröffentlichungs- cht die Position der wissenschaftlichen Autorinnen nd Autoren stärkt. Gleichzeitig bleibt festzuhalten, dass erlagspublikationen und Zweitveröffentlichung keine egensätze sind, sondern sich ergänzen. So stellte der achverständige Dr. Steinhauer zutreffend fest: „Zweit- eröffentlichungen können überdies die Verlagspublika- onen nicht ersetzen, da es letztlich offen bleibt, ob ein erk durch die Autorin oder den Autor erneut öffentlich ugänglich gemacht wird. Die Verlagspublikation behält aher auch nach Einführung eines Zweitveröffent- chungsrechts in Zukunft ihre wichtige Stellung, ver- unden freilich mit Verbesserungen für wissenschaft- che Autoren, ihre Werke im Rahmen einer digital und ernetzt arbeitenden Wissenschaft leicht und unkompli- iert zu nutzen.“ In diesem Sinne bin ich überzeugt, dass wir mit unse- m Gesetzentwurf und dem Entschließungsantrag den chtigen Weg beschreiten. Mit diesem Gesamtpaket zur örderung von Open Access entwickeln wir unsere pen-Access-Strategie weiter. René Röspel (SPD): Mit der heutigen Debatte wird ine Reihe von Anträgen zum Thema „Verwaiste erke“ behandelt. Da es sich bei diesem Teil des esetzgebungsverfahrens um eine Umsetzung einer U-Richtlinie handelt, ist dieser Teil des vorliegenden esetzentwurfes unstreitig. Da sich die Koalitionsfrak- onen nach fast vier Jahren Untätigkeit – trotz mehrfa- her Aufforderung – auf den letzten Metern doch noch azu entschieden haben, im Rahmen dieses Gesetzge- ungsverfahrens durch eine Novelle des § 38 Urheber- chtsgesetz ein Zweitverwertungsrecht für wissen- chaftliche Autoren einzuführen, wird mit diesem esetzentwurf ein wichtiges Thema für den Wissen- chafts- und Forschungsstandort Deutschland auf die Ta- esordnung gesetzt. Auch wenn die Aussicht auf ein Zweitverwertungs- cht für die Wissenschaft zunächst vielversprechend lingt, ist das vorliegende Ergebnis mehr als nur eine nttäuschung bzw. eine Mogelpackung. Denn was hier ls unabdingbares Zweitverwertungsrecht für die deut- che Wissenschaft verkauft wird, ist in Wirklichkeit ein Zweitverwertungsrecht light“, das den Bedürfnissen er Wissenschaft in unserem Land nicht gerecht wird. Als gravierendster Mangel muss an dieser Stelle die ktische Zweiteilung der Wissenschaftslandschaft he- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32445 (A) ) )(B) rausgestellt werden: Die Diskriminierung beim Gel- tungsbereich des Zweitverwertungsrechts in universitäre und außeruniversitäre Forschung lässt diesen Rechtsan- spruch als ein Zweiklassenrecht erscheinen. Die häufig von schwarz-gelb propagierte Einheit von Forschung und Lehre in der deutschen Wissenschafts- landschaft erscheint vor diesem Hintergrund wie eine leere Hülse. Zudem geht eine solche rechtlich diskrimi- nierende Regelung an der Wirklichkeit der Wissen- schafts- und Forschungslandschaft vorbei. Universitäre und außeruniversitäre Forschung mögen für Schwarz- Gelb auf dem Papier als getrennte Sphären erscheinen, doch ist im Alltag der Übergang häufig nur schwer abzu- grenzen. An dieser Stelle möchte ich als Beispiel die Situation bei der Fraunhofer-Gesellschaft für Forschung anführen: Die Mehrzahl aller bei der Fraunhofer-Gesellschaft an- gestellten Professoren hat zugleich einen Lehrauftrag an einer Hochschule. In der Alltagspraxis dieses Personen- kreises findet aktive Forschungsarbeit sowohl an der Hochschule selbst als auch an den jeweiligen FhG-Insti- tuten statt. Gleiches gilt für die wissenschaftlichen Publikationen dieser Gruppe von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. Wie stellt sich die Bundesregie- rung in der Praxis die Abgrenzung einer möglichen Pu- blikation dieses Personenkreises vor? Muss ein an einer Helmholtz-Einrichtung beschäftigter Professor einen Stunden- und Ortsnachweis führen, wenn er von seinem Zweitverwertungsrecht Gebrauch machen will? In der Begründung des Gesetzentwurfes finden sich keinerlei Hinweise auf die Möglichkeiten zur praktischen An- wendung im Grenzbereich dieser gesetzlichen Regelung. Für all jene Professorinnen und Professoren, die zwi- schen universitärer und außeruniversitärer Forschung wechseln, wird diese Änderung des § 38 Urheberrecht keine Erleichterung bringen. Ebenso möchte ich an dieser Stelle die unnötige Ein- schränkung des Zweitverwertungsrechts auf die Manu- skriptversion bemängeln. Wenn es einem wissenschaftli- chen Autor untersagt bleibt, formatgleiche Versionen seiner Publikation zur nichtkommerziellen Zweitverwer- tung freizugeben, dann wirkt sich dies negativ auf die Zitierfähigkeit der Zweitveröffentlichung aus. Dies wird letztlich ein Zitat-Wirrwarr zur Folge haben und somit mittelfristig einen negativen Einfluss auf zweitveröffent- lichte Publikation mit sich bringen. Diesen wird in der wissenschaftlichen Community wahrscheinlich der Ma- kel einer Publikation der zweiten Wahl anhaften. Vor diesem Hintergrund ist es nicht verwunderlich, dass der von der schwarz-gelben Koalition vorgelegte Gesetzentwurf nicht nur von den Oppositionsfraktionen, sondern auch von der Allianz der Wissenschaftsorgani- sationen, also der Gesamtheit der deutschen Wissen- schaft, abgelehnt wird. Dies sollte den Autoren dieses Gesetzentwurfes eigentlich zu denken geben. Dass der Entwurf der Bundesregierung noch solch gravierende Mängel aufweist, ist um so bedauerlicher, wenn man sich vor Augen hält, wie viel Zeit und Fachexpertise auf- gewendet wurden, um ein solch mageres Ergebnis abzu- liefern. w A te s S ß re d u L li K tu s 2 v n a d e m L U ti R n s s d ru e K u w W u re D h e re g N D E te B D ti m F D re k (C (D Die Forderung nach der Einführung eines Zweitver- ertungsrechts für wissenschaftliche Autorinnen und utoren gibt es schon seit vielen Jahren: Bereits zu Zei- n der Großen Koalition verabschiedeten die Wissen- chaftspolitikerinnen und Wissenschaftspolitiker von PD und CDU/CSU einen gemeinsamen Entschlie- ungsantrag, der ein unabdingbares Zweitverwertungs- cht forderte. In einem sogenannten „Dritten Korb“ für as Urheberrecht sollten die Belange der Wissenschaft nd Forschung im Urheberrecht berücksichtigt werden. eider war bereits damals der Widerstand der Rechtspo- tiker der Unionsfraktionen so groß, dass der Dritte orb nicht umgesetzt werden konnte. Da sich die SPD-Bundestagsfraktion ihrer Verantwor- ng bewusst ist und sich für eine moderne Wissen- chaftslandschaft einsetzt, hat sie bereits am 16. März 011 einen Gesetzentwurf zum Zweitverwertungsrecht orgelegt. Vonseiten der derzeitigen Koalitionsfraktio- en war hingegen fast vier Jahre nichts zu hören. Anstatt uf eine tragfähige Einigung mit den Rechtspolitikern er Unionsfraktionen hinzuarbeiten, hat man sich dafür ntschieden, die Sache auf die lange Bank zu schieben, it fatalem Ergebnis. Denn jetzt, kurz vor dem Ende der egislatur, versucht die Merkel-Regierung die eigene ntätigkeit bzw. die Kapitulation der Wissenschaftspoli- ker von CDU, CSU und FDP vor dem antiquierten echtsverständnis der eigenen Rechtspolitiker durch ei- en zahnlosen und praxisfremden Gesetzentwurf zu ka- chieren. Auf die Möglichkeit, den Entwurf nachzubes- ern, wurde verzichtet. Die konstruktiven und sach- ienlichen Hinweise der Sachverständigen in der Anhö- ng des Rechtsausschusses vom 10. Juni 2013 wurden benfalls nicht aufgegriffen. Es ist bedauerlich, dass durch die Untätigkeit der oalitionsfraktionen in dieser Frage den Forschenden in nserem Land ein modernes Urheberrecht verweigert urde, welches ihren Bedürfnissen im internationalen ettbewerb gerecht wird. Das Fehlen praxistauglicher nd zeitgemäßer Regelungen im Wissenschaftsurheber- cht beschädigt auf Dauer den Wissenschaftsstandort eutschland. Das Einzige, was dieses trübe Bild auf- ellt, ist die Aussicht, dass es ab Herbst dieses Jahres ndlich die Möglichkeit zum Umsteuern ergibt. Stephan Thomae (FDP): Die Digitalisierung unse- r Welt schreitet immer weiter voran. Sie eröffnet uns roße Möglichkeiten, kulturelle Schöpfungen für die achwelt dauerhaft zu erhalten. Gerade im Land der ichter und Denker ist uns der Erhalt unseres kulturellen rbes ein sehr wichtiges Anliegen. Daher wollen wir die chnischen Möglichkeiten bestmöglich ausnutzen. und, Länder und Kommunen errichten zur Zeit die eutsche Digitale Bibliothek, DDB. Durch sie soll na- onales Kulturgut für jedermann online zugänglich ge- acht werden. Die DDB ist ein wesentlicher Beitrag zur örderung der Wissens- und Informationsgesellschaft in eutschland. Allerdings müssen wir bei diesem Vorhaben die Inte- ssen der Rechteinhaber berücksichtigen. Die FDP be- ennt sich zu einem umfassenden Eigentumsschutz, der 32446 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 (A) ) )(B) auch geistiges Eigentum umfasst. Daraus folgt, dass der Rechteinhaber entscheiden können muss, ob und wie sein Werk genutzt werden darf. Ohne sein Einverständ- nis dürfen Dritte das Werk nicht verwenden. Problematisch wird es dort, wo nicht festgestellt wer- den kann, wer der Inhaber von Rechten an einem Werk ist oder wie dieser zu erreichen ist. Dann kann er auch nicht nach seinem Einverständnis gefragt werden. Auf europäischer Ebene ist daher die Richtlinie 2012/ 28/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 über bestimmte zulässige Formen der Nutzung verwaister Werke erlassen worden. Diese set- zen wir mit dem vorliegenden Gesetzentwurf um. Darin schaffen wir die Möglichkeit, Werke zu digita- lisieren und online zu stellen, damit sie nicht dem kultu- rellen Erbe verloren gehen. Dieses Recht erhalten öffentlich zugängliche und im Gemeinwohl errichtete Institutionen, insbesondere Bibliotheken, Archive und öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten. Voraussetzung hierfür ist, dass die Rechteinhaber dieser Werke auch nach einer sorgfältigen Suche nicht festgestellt oder aus- findig gemacht werden konnten. Wird ein Rechteinhaber erst nach begonnener Nutzung ausfindig gemacht, muss die Nutzung sofort nach Kenntnis davon unterlassen werden. In diesem Fall hat der Rechteinhaber einen An- spruch auf angemessene Vergütung für die bereits er- folgte Nutzung. Etwas anders liegt die Situation bei Werken, deren Rechteinhaber zwar bekannt sind, die aber nicht mehr produziert oder aufgelegt werden. Auch solche Werke können unter engen Voraussetzungen digitalisiert und online gestellt werden, allerdings nur, wenn der Rechte- inhaber einem entsprechenden Begehren nicht innerhalb von sechs Wochen widersprochen hat. Rechteinhaber können der Nutzung ihrer Werke auch bereits im Vorfeld widersprechen. Zudem schaffen wir ein Zweitverwertungsrecht für wissenschaftliche Urheber. Einen wissenschaftlichen Beitrag, der im Rahmen einer mindestens zur Hälfte mit öffentlichen Mitteln geförderten Forschungstätigkeit entstanden und in einer periodisch mindestens zweimal jährlich erscheinenden Sammlung erschienen ist, kann der Urheber zu nicht gewerblichen Zwecken öffentlich zugänglich machen. Dieses Recht entsteht jedoch erst nach Ablauf von zwölf Monaten nach der Erstveröffent- lichung. Damit verbessern wir den Zugang zu Wissen und Informationen und stärken den Forschungsstandort Deutschland. Durch das Gesetz erleichtern wir den Erhalt unseres kulturellen Erbes. Gleichzeitig erleichtern wir die Ver- breitung von Forschungsergebnissen zum Wohle des Forschungsstandortes Deutschland. Die FDP-Bundes- tagsfraktion wird dem Gesetzentwurf daher zustimmen. Ich bitte auch um Ihre Stimmen für dieses Anliegen. Petra Sitte (DIE LINKE): Nach der Ankündigung ei- nes „Dritten Korbes“ der Urheberrechtsreform für Bil- dung und Wissenschaft im Koalitionsvertrag, nach An- hörungen im Justizministerium, nach vier Jahren D u la ti u a K s u D v v w h s s te ta e d b z W k u 1 F m v w n v u m s g k N R z R s G o s g d u to A A F g te (C (D ebatte rumpelte und kreißte nun der Koalitionsberg nd gebar in den letzten drei Sitzungswochen der Legis- tur ein Reförmchen. Und zu diesem muss man der Jus- zministerin und den wenigen netzaffinen Politikerinnen nd Politikern in der Union auch noch gratulieren, denn uch dieses Reförmchen stand immer wieder auf der ippe. Sie wollen also eine Urheberrechtsschranke, damit ogenannte verwaiste Werke aus Bibliotheken, Archiven nd Museen digital zugänglich gemacht werden können. ieser Vorschlag entspricht weitgehend dem seit 2011 orliegenden Vorschlag der Linken und der seit 2012 orliegenden EU-Richtlinie. Kritik haben wir an der auf- endigen Vorschrift für eine Suche nach möglichen Ur- ebern und Rechteinhabern. Nach Aussage des Sachver- tändigen Dr. Steinhauer in der Anhörung würde ein olches Verfahren für den geschätzten Bestand verwais- r Werke 170 Jahre dauern und ist für eine Massendigi- lisierung demnach nicht geeignet. Hier mahnen wir ine Vereinfachung an. Eine computergestützte Stan- ardsuche würde reichen, zumal eventuelle Rechteinha- er jederzeit die Möglichkeit zum Stopp der Werknut- ung haben. Die Lösung einer Registrierung für die vergriffenen erke, die dann zur Digitalisierung lizenziert werden önnen, finden wir ebenfalls praktikabel. Wir wünschen ns aber eine Ausweitung auch auf jüngere Werke nach 966. Der Status des vergriffenen Werkes ist für diesen all bereits in § 53 Abs. 2 Satz 4 Urheberrechtsgesetz it „mehr als zwei Jahre nicht lieferbar“ definiert. Auch iele Autorinnen und Autoren hätten etwas davon: Sie ürden nicht nur wieder gelesen, sondern könnten auch och Einnahmen generieren. Der zweite Teil des Gesetzentwurfes führt ein Zweit- erwertungsrecht für Werke von Wissenschaftlerinnen nd Wissenschaftlern ein. Meine Fraktion hat dies selbst ehrfach im Bundestag vorgeschlagen, denn durch ein olches Recht bekämen die Autorinnen und Autoren eine rößere Verfügungsmacht über ihr eigenes Schaffen. Sie önnten ihre Werke selbst dann online stellen, wenn sie utzungsrechte an einen Verlag abgetreten haben. Der egierungsentwurf hat jedoch zu viele Mängel: So ist die grundständige Forschung an Hochschulen umindest laut der Begründung nicht einbezogen. Diese egelung grenzt also mehr als zwei Drittel der wissen- chaftlichen Publikationen aus. Davon wären zudem die eistes- und Sozialwissenschaften besonders betroffen, bwohl bei ihnen eine spezifische Fähigkeit des An- chlusses an die nichtwissenschaftliche Öffentlichkeit egeben ist. In der Praxis ist eine solche Trennung zu- em nicht sauber durchzuhalten, was eine große Rechts- nsicherheit mit sich bringen würde. Man kann den Au- rinnen und Autoren an Hochschulen ob der unklaren usformulierung nur raten, das Recht selbstbewusst in nspruch zu nehmen. Wir bemängeln auch eine zu lange und einheitliche rist, nach der das Recht zur Zweitveröffentlichung reift. Insbesondere für Natur- und Technikwissenschaf- n sind Publikationen ein Jahr nach Erscheinen nicht Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32447 (A) ) )(B) mehr relevant. Die Linke setzt sich für eine deutliche Verkürzung auf höchstens sechs Monate ein. Laut Regierungsentwurf darf nur in einer Manuskript- version, nicht in der im Verlagsprodukt veröffentlichten Version zweitverwertet werden. Wir meinen: Das ist die Einführung eines neuen Leistungsschutzrechtes durch die Hintertür. Um keine „Versionenfriedhöfe“ entstehen zu lassen und die allgemeine Zitierfähigkeit zu erhalten, sollte immer die Publikation in der Verlagsversion er- laubt sein. Zudem kollidiert diese Regelung mit dem Ab- satz 1 des § 38 Urheberrechtsgesetz. Dort steht nämlich nichts von einer Manuskriptversion, was im Umkehr- schluss nur bedeuten kann, dass die Verlagsversion nutz- bar ist. Die Einschränkung auf zweimal jährlich erscheinende Periodika erscheint uns unnötig und verursacht in der Praxis große Rechtsunsicherheit, da viele dieser Samm- lungen unregelmäßig erscheinen. Zudem wollen wir auch Monographien in das Zweitverwertungsrecht auf- nehmen, die wiederum für Geistes- und Kulturwissen- schaften eine große Rolle spielen. Eine neu eingeführte Schlechterstellung der Autorin- nen und Autoren bedeutet die Formulierung, dass Ver- lage zukünftig automatisch exklusive Onlinerechte an den Publikationen erwerben, wo diese „Vermutungsre- gel“ bisher nur für gedruckte Werke galt. Wir müssen leider sagen: gut gemeint, aber nicht gut gemacht. Dieses Gesetz ist nicht mal ein Mindeststan- dard, sondern bestenfalls ein zukünftig weiter zu entwi- ckelnder Einstieg in ein Zweitverwertungsrecht für Wis- senschaftlerinnen und Wissenschaftler. Die Koalition ist den Verlagsinteressen weitestmöglich entgegengekom- men, wo doch der freie Austausch von Wissen im Mittel- punkt unserer Bemühungen stehen sollte. Den Kolleginnen und Kollegen der Grünen sind beim Verfassen ihres eigentlich guten Entschließungsantrages wohl die Wahlkampfpferde durchgegangen. Aber einer Entschließung des Parlaments, die Werbefläche für die Anträge einer Fraktion sein soll, können wir leider nicht zustimmen. Krista Sager (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die Regierungskoalition hatte zu Anfang der Legislatur ei- nen Dritten Korb zur Reform des Urheberrechts ange- kündigt mit Schrankenregelungen zugunsten von Wis- senschaft und Bildung. Dabei sollte es nicht nur um ein unabdingbares Zweitveröffentlichungsrecht für wissen- schaftliche Autorinnen und Autoren gehen, sondern auch um wissenschaftsadäquate Regelungen für die Ar- beit von Bibliotheken. Heute können wir feststellen: Auch dies hat diese Regierung nicht zustande gebracht. Was uns als einzige Notmaßnahme heute vorliegt, ist eine Regelung zum Zweitveröffentlichungsrecht als An- hängsel zu den Neuregelungen über verwaiste und ver- griffene Werke. Aber selbst bei dieser Minimallösung springen Sie zu kurz. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zu einem un- abdingbaren Zweitveröffentlichungsrecht für wissen- schaftliche Autoren bleibt nicht nur deutlich hinter dem z s ra ti e h K ü n e ti g d ru k u s k h h s k F E v la d n d c u te L li S z z s w g n D te h S R W B n li U k li s P lä (C (D urück, was von der Allianz der Deutschen Wissen- chaftsorganisationen gefordert wurde; auch im Bundes- t wurde dieser Entwurf zu Recht als unzureichend kri- siert, und ihm wurde ein weiter gehender Antrag ntgegengehalten. Der Gesetzentwurf fällt leider auch inter das zurück, worauf wir uns schon in der Enquete- ommission Internet und digitale Gesellschaft fraktions- bergreifend und auch mit den Sachverständigen geei- igt hatten. Das finde ich wirklich enttäuschend. Nun kann ich durchaus nachvollziehen, dass die Aus- inandersetzung der Wissenschaftspolitiker der Koali- on mit ihren Rechtspolitikern alles andere als vergnü- ungssteuerpflichtig ist. Aber ich hatte doch gehofft, ass Sie wenigstens den größten Blödsinn im Regie- ngsentwurf repariert kriegen würden. Als Blödsinn ann man getrost eine Begründung bezeichnen, die das nabdingbare Zweitveröffentlichungsrecht auf wissen- chaftliche Autoren begrenzen will, die aus ihrer Tätig- eit an einer außeruniversitären Forschungseinrichtung eraus publizieren oder aus der Projektförderung. Das eißt, Autoren, die aus ihrer normalen Hochschulfor- chung heraus veröffentlichen, werden ausdrücklich dis- riminiert. Zweierlei Recht für die öffentlich finanzierte orschung. Das kann nicht gut gehen. Eine pauschale mbargofrist zwischen Erst- und Zweitveröffentlichung on einem Jahr ist für Aufsätze in Periodika eindeutig zu ng und müsste für diesen Bereich auf sechs Monate re- uziert werden, wie dies die Wissenschaftsorganisatio- en fordern. Auch in der Anhörung wurde deutlich, wie wichtig ie Möglichkeit ist, die Zweitveröffentlichung im glei- hen Format vorzunehmen wie die Erstveröffentlichung, m die Zitationsfähigkeit und Auffindbarkeit zu erleich- rn. Aber aus der Anhörung haben Sie leider keinerlei ehren gezogen. Die Beschränkung des Zweitveröffent- chungsrechts auf mehrmals im Jahr erscheinende ammlungen benachteiligt von vornherein einzelne Dis- iplinen. Ihr Gesetzentwurf kann auch nur als unzureichend be- eichnet werden gemessen an dem, was das BMBF zu einer Open-Access-Politik in seinem Bericht zur Ver- irklichung des europäischen Forschungsraums selbst eschrieben hat. Das passt einfach vorne und hinten icht zusammen. Damit läuft die Entwicklung in eutschland zunehmend der hohen Dynamik bei der in- rnationalen Umsetzung von Open-Access-Strategien interher. Mit Ihrem Entschließungsantrag reparieren ie dies keineswegs, sondern versehen den missglückten egierungsentwurf noch mit höheren parlamentarischen eihen. Wenn es dort heißt: „Der Bundestag begrüßt die emühungen der Bundesregierung“, dann sollten wir icht vergessen, was „bemüht“ in einem Zeugnis letzt- ch aussagt. Ich halte es für falsch, dass Sie, nachdem Sie bei der nterstützung des „grünen Weges“ für Open Access zu urz gesprungen sind, jetzt in Ihrem Antrag ausschließ- ch auf das Geschäftsmodell des „goldenen Weges“ ab- tellen. Einen Publikationsfonds für die Übernahme von ublikationsgebühren der Autoren gibt es übrigens ngst schon bei der DFG. Hier muss vor allem auf die 32448 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 (A) ) )(B) internationale Verständigung über Obergrenzen für die öffentliche Bezuschussung hingearbeitet werden. Die Empfänger öffentlicher Fördermittel lediglich zum Open-Access-Publizieren „anzuhalten“, ist im Ver- gleich zur Open-Access-Politik der Schweiz, Großbri- tanniens, der EU, aber auch zum NIH in den USA deut- lich zu zaghaft. Die Öffentlichkeit, aber auch die internationale Wissenschaft haben nicht nur ein Inte- resse, sondern auch ein Recht darauf, dass Publikationen aus der von ihr finanzierten Forschung nicht dauerhaft privatisiert oder sogar der Öffentlichkeit weitgehend ent- zogen werden. Zumal die Leistungen der wissenschaftli- chen Qualitätssicherung bei Publikationen auch von öf- fentlich finanzierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern erbracht werden. Zu den verwaisten und vergriffenen Werken hat meine Kollegin Agnes Krumwiede bereits bei der Ein- bringung ausführlich Stellung genommen. Was ein wis- senschaftsadäquates Urheberrecht angeht, stehen wir lei- der immer noch ziemlich am Anfang, und es spricht nichts dafür, dass diese Koalition jemals in der Lage sein wird, diese Aufgabe zu stemmen. Anlage 39 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung der Beschlussempfehlung zu den Anträgen: – Das Menschenrecht auf inklusive Bildung in Deutschland endlich verwirklichen – Gemeinsam lernen – Inklusion in der Bildung endlich umsetzen – Zusammen lernen – Recht auf inklusive Bil- dung bundesweit umsetzen (Tagesordnungs- punkt 40) Marcus Weinberg (Hamburg) (CDU/CSU): In der heutigen Debatte beschäftigen wir uns mit dem Men- schenrecht auf inklusive Bildung, dem gemeinsamen Lernen. Ich freue mich über eine Debatte zu diesem wichtigen, uns alle angehenden Thema. In der Zielsetzung sind wir uns einig: Wir wollen Menschen mit Behinderung volle Teilhabe ermöglichen. Deutschland hat die UN-Behindertenrechtskonvention ratifiziert und sich damit dazu verpflichtet, eine umfas- sende Teilhabe zu fördern und mit Maßnahmen dabei zu unterstützen, alle Lebensbereiche barrierefrei zu gestal- ten. Im Rahmen seiner Zuständigkeiten trägt der Bund bereits aktiv zur Umsetzung der UN-Konvention bei. Er unterstützt im Bildungsbereich – und das trifft speziell die Umsetzung des Art. 24 der Konvention – Bund, Län- der und Kommunen mit zahlreichen Maßnahmen in der Forschung oder der Innovationsförderung. Denn auch hier muss betont werden, dass die Bildungshoheit bei den Ländern liegt und der Bund daher „nur“ unterstüt- zend tätig werden kann. g B la g ti O z te F b k d e te w d in b d k S s e n w a V c g m e w z B c m v O te m te ra s g A d F d (C (D Dies tut der Bund durch drei Dinge: Die Ausgaben für Bildung sind insgesamt enorm an- estiegen. Dementsprechend bescheinigt der Nationale ildungsbericht, dass das Bildungsniveau in Deutsch- nd insgesamt angestiegen ist. Er hat die Dachkampa- ne zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonven- on, den Nationalen Aktionsplan, geschaffen. In den vorgelegten Anträgen stellen die Kollegen der pposition zahlreiche Forderungen an den Bund auf, die um Teil bereits umgesetzt werden oder nicht ohne Wei- res umgesetzt werden können. Zu nennen ist hier beispielsweise wieder einmal die orderung nach der Aufhebung des Kooperationsver- otes. Es fällt auf, dass die Opposition dies fordert, aber eine umsetzbaren Vorschläge unterbreitet, außer solche, ie mit einer reinen Verschiebung von Finanzströmen inhergehen, ohne dass jedoch Mitspracherechte der be- iligten Akteure oder Verantwortlichen geregelt werden ürden. Seit Jahren diskutieren wir zum Teil sehr kontrovers as Thema der Zusammenarbeit von Bund und Ländern der Bildung – bisher leider ohne Erfolg, aber wie eben ereits angesprochen, weil es immer wieder zu Blocka- ehaltungen kommt. Auch zwischen den Ländern kann eine Einigkeit erzielt werden, vor allem aber weil die PD blockiert und stattdessen diese reine Finanzver- chiebung zugunsten der Länder fordert. Dies soll durch ine Änderung des Grundgesetzes, die Schaffung eines euen Art. 104 c, geschehen. Die Einfügung eines entsprechenden neuen Artikels ürde dann die Finanzierungskompetenz des Bundes usweiten, jedoch nicht seine Mitspracherechte. Es geht der SPD anscheinend wie so oft um eine erteilung mit der Gießkanne, ohne dass die Länder Re- henschaft darüber abzulegen hätten, wohin die Gelder enau fließen. Zudem fehlt jegliche Zielvereinbarung it einer entsprechenden Kontrolle oder Evaluation der rgriffenen Maßnahmen. Diese Vorgehensweise kennen wir unter anderem so- ohl beim Kitaausbau als auch bei der Hochschulfinan- ierung. Auf die Forderungen seitens des Bundes nach erichtspflichten reagierten die Länder dementspre- hend auch „empfindlich“ und versagten ihre Zustim- ung für wichtige Vorhaben, die sowohl der Bildung on Kindern und Studierenden zugutekommen sollten. Vor allem in Richtung der SPD bleibt daher zu sagen: hne eine gute und vernünftige Lösung für die Kompe- nzverteilung und Kooperation kann und wird es daher it der Union keine Aufhebung des Kooperationsverbo- s geben. Und so lange bleiben die Länder vor Ort vor- ngig für die Aufgabe Bildung und damit für die Um- etzung des Bildungsaspektes der Inklusion zuständig. Zur Forderung nach einer Qualifizierung des pädago- ischen Personals sowie einer Offensive für inklusive us- und Weiterbildung möchte ich sagen, dass auch iese zum Teil den Schulbereich betrifft; die Aus- und ortbildung der Lehrer ist grundsätzlich Sache der Län- er. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32449 (A) (C) )(B) Die Entwicklungen in den einzelnen Ländern zeigen, dass unter anderem aufgrund der regionalen Besonder- heiten der Ausbau des gemeinsamen Lernens unter- schiedlich intensiv und mit unterschiedlichen Schwer- punkten vorangetrieben wird. So existieren sechs Lehramtstypen, die an insgesamt 120 Einrichtungen ausgebildet werden. Wenigstens hat die Kultusministerkonferenz, KMK, im Dezember des vergangenen Jahres in der Lehrerbildung eine verpflich- tende Basiskomponente Inklusion aufgenommen. Der Bund flankiert diese Bestrebungen und wird eine Offensive Lehrerbildung mit 500 Millionen Euro finan- Das sind erfreuliche Zahlen und ist ein Erfolg auch der Bundesregierung. Seit Inkrafttreten des Tagesbetreu- ungsausbaugesetzes im Jahr 2005 ist darüber hinaus die gemeinsame Frühförderung von Kindern ohne und mit Behinderung möglich und wird vielerorts gelebt: Insge- samt werden 76 Prozent der Kinder mit Behinderungen in Regeleinrichtungen betreut. Der Ausbau des Betreuungsangebotes für unter Drei- jährige erfolgt weiterhin planmäßig: Zu den 4 Milliarden Euro für den Ausbau investiert der Bund weitere 580,5 Millionen Euro für den Ausbau von zusätzlichen 30 000 Plätzen; insgesamt wird er weitere Betriebskos- tenzuschüsse bis 2014 von fast 5,4 Milliarden Euro zur zieren, in der Fragen von Didaktik und inklusiver Bildung zentral sind. Mit dem Programm wird er die Länder und Hochschulen dabei unterstützen, innovative Konzepte für das Lehramtsstudium in Deutschland wei- terzuentwickeln und dadurch dessen Qualität zu stei- gern. Die GWK hat dieses Vorhaben gestärkt und ebenso erst kürzlich die „Qualitätsoffensive Lehrerbildung“ be- schlossen. Das sind positive Entwicklungen, die Schlüsselrolle der Lehrerschaft erhält die Bedeutung, die ihr zukommt, der Aspekt des gemeinsamen Lernens wird in den Vor- dergrund gerückt. Dennoch ist gleichzeitig zu beobach- ten, dass die Länder Lehrerstellen streichen: In Rhein- land-Pfalz streicht die SPD 2 000 Lehrerstellen, in Schleswig-Holstein streicht die Landesregierung 3 000 Lehrerstellen. In Niedersachsen kündigt die Regierung an, die demografische Rendite nicht mehr in Lehrer umzusetzen. Vielmehr hört man davon, dass durch Rot- Grün 10 000 Stellen dem Rotstift zum Opfer fallen sol- len. In Baden-Württemberg sollen es angeblich bald 12 000 Stellen weniger sein. Auch für die frühkindliche Bildung setzt sich der Bund in seinen Kompetenzbereichen ein. Die Weiterbil- dungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte, WiFF, des Bundes hat in ihrer 2. Förderphase bis Ende 2014 das Thema Inklusion zum Schwerpunkt gemacht. Derzeit wird ein „Wegweiser Weiterbildung – Kinder mit Behin- derungen“ erarbeitet. Dieser hat zum Ziel, die Fachkräfte in der Kita zu professionalisieren. Was die Forderung nach einem Rechtsanspruch auf einen ganztägigen, gebührenfreien, inklusiven Betreu- ungsplatz in einer Kindertagesstätte angeht, bleibt zu sa- gen, dass ein solcher ab dem dritten Lebensjahr seit dem Jahr 2003 besteht. Bis zu 98 Prozent der Drei- bis Fünf- jährigen besuchen mittlerweile eine Kindertagesstätte. V w B g c a li e e A 8 A m b o h b h c e a B e li u h im m d u a (D erfügung stellen. Die durchschnittliche Betreuungsquote liegt bundes- eit mittlerweile bei 28 Prozent. Das Angebot für die etreuung ist in allen Bundesländern dynamisch gestie- en. Der Rechtsanspruch gilt ab 1. August dieses Jahres. Was für die frühkindliche Bildung gilt, gilt in glei- hem Maße für Schule und Ausbildung. So wollen wir llen Kindern und insbesondere den bildungsbenachtei- gten Kindern einen allgemeinbildenden Schulabschluss rmöglichen. Die aktuellste PISA-Studie bestätigt, dass s in diesem Bereich positive Entwicklungen gibt. Der nteil der Schüler ohne Abschluss sank von 2006 mit Prozent auf 6,5 Prozent in 2010. Auch für die jungen uszubildenden hat sich die Situation verbessert; denn ehr Jugendliche erhielten durch den Nationalen Aus- ildungspakt einen Ausbildungsvertrag. Die Berufs- rientierung hat dabei für uns enorme Bedeutung. Das aben Bund und Länder in der Qualifizierungsinitiative etont. Vor allem das Programm der Bildungsketten ist ier besonders wichtig. Es richtet sich an alle Jugendli- hen mit dem Interesse für eine duale Ausbildung, in rster Linie Haupt- und Förderschüler. Der Bund stellt llein bis zum Jahr 2014 rund 362 Millionen Euro für die ildungsketten bereit. Die Zahlen belegen, dass das Bildungssystem sich gut ntwickelt, das Bildungsniveau sowie die Bildungsbetei- gung sind gestiegen. Wir setzen Priorität auf Bildung, nd dies zahlt sich aus. Neue Herausforderungen wie eterogene Lerngruppen oder Inklusion stellen uns dabei mer wieder vor neue Aufgaben, die wir gemeinsam it den Ländern und Kommunen bewältigen. Die Län- er stehen vorrangig in der Pflicht. Wo der Bund jedoch nterstützend unter die Arme greifen kann, wird er dies uch weiterhin tun. 32450 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 (A) ) )(B) Günter Gloser Mechthild Rawert Matthias W. Birkwald Volker Beck (Köln) Angelika Graf (Rosenheim) Kerstin Griese Gabriele Groneberg Michael Groß Hans-Joachim Hacker Bettina Hagedorn Klaus Hagemann Gerold Reichenbach Dr. Carola Reimann Sönke Rix René Röspel Dr. Ernst Dieter Rossmann Karin Roth (Esslingen) Michael Roth (Heringen) Steffen Bockhahn Christine Buchholz Eva Bulling-Schröter Dr. Martina Bunge Roland Claus Sevim Dağdelen Heidrun Dittrich Birgitt Bender Agnes Brugger Viola von Cramon-Taubadel Ekin Deligöz Katja Dörner Harald Ebner Hans-Josef Fell Ulrike Gottschalck Stefan Rebmann Heidrun Bluhm Cornelia Behm Anlage 40 der namentlichen Abstimm Gesetzes zur Änderung de fassungsgerichtes vom 7. M Endgültiges Ergebnis Abgegebene Stimmen: 571; davon ja: 259 nein: 311 enthalten: 1 Ja SPD Ingrid Arndt-Brauer Rainer Arnold Heinz-Joachim Barchmann Doris Barnett Dr. Hans-Peter Bartels Klaus Barthel Sören Bartol Bärbel Bas Dirk Becker Uwe Beckmeyer Lothar Binding (Heidelberg) Gerd Bollmann Willi Brase Bernhard Brinkmann (Hildesheim) Edelgard Bulmahn Marco Bülow Ulla Burchardt Martin Burkert Petra Crone Dr. Peter Danckert Martin Dörmann Elvira Drobinski-Weiß Sebastian Edathy Ingo Egloff Siegmund Ehrmann Dr. h. c. Gernot Erler Petra Ernstberger Karin Evers-Meyer Elke Ferner Gabriele Fograscher Dr. Edgar Franke Dagmar Freitag Michael Gerdes Martin Gerster Iris Gleicke M H W R D G P F D C Jo O Jo D U L H D D A A U C C D S B G K C K H P D F D A D M T H A H Jo D F D Endgültiges E ung über den Änderungsan s Einkommensteuergesetzes ai 2013 (Drucksache 17/142 ichael Hartmann (Wackernheim) ubertus Heil (Peine) olfgang Hellmich olf Hempelmann r. Barbara Hendricks ustav Herzog etra Hinz (Essen) rank Hofmann (Volkach) r. Eva Högl hristel Humme sip Juratovic liver Kaczmarek hannes Kahrs r. h. c. Susanne Kastner lrich Kelber ars Klingbeil ans-Ulrich Klose r. Bärbel Kofler aniela Kolbe (Leipzig) nette Kramme ngelika Krüger-Leißner te Kumpf hristine Lambrecht hristian Lange (Backnang) r. Karl Lauterbach teffen-Claudio Lemme urkhard Lischka abriele Lösekrug-Möller irsten Lühmann aren Marks atja Mast ilde Mattheis etra Merkel (Berlin) r. Matthias Miersch ranz Müntefering r. Rolf Mützenich ndrea Nahles ietmar Nietan anfred Nink homas Oppermann olger Ortel ydan Özoğuz einz Paula achim Poß r. Wilhelm Priesmeier lorian Pronold r. Sascha Raabe M A A A B M W U C S E F D R S R D S D C K D F W R U D A H D W U M B F M M D Ja A D K rgebnis trag der Fraktion der SPD z in Umsetzung der Entscheid 30) (Tagesordnungspunkt 13 arlene Rupprecht (Tuchenbach) nnette Sawade nton Schaaf xel Schäfer (Bochum) ernd Scheelen arianne Schieder (Schwandorf) erner Schieder (Weiden) lla Schmidt (Aachen) arsten Schneider (Erfurt) wen Schulz (Spandau) wald Schurer rank Schwabe r. Martin Schwanholz olf Schwanitz tefan Schwartze ita Schwarzelühr-Sutter r. Carsten Sieling onja Steffen r. Frank-Walter Steinmeier hristoph Strässer erstin Tack r. h. c. Wolfgang Thierse ranz Thönnes olfgang Tiefensee üdiger Veit te Vogt r. Marlies Volkmer ndrea Wicklein eidemarie Wieczorek-Zeul r. Dieter Wiefelspütz altraud Wolff (Wolmirstedt) ta Zapf anfred Zöllmer rigitte Zypries DP ichael Kauch arina Schuster IE LINKE n van Aken gnes Alpers r. Dietmar Bartsch arin Binder W D K N D A D H D In D A U D H Ja Ju S R S U T D C N Je R Y P D K R D K S A D F D A Jo H H B D K M (C (D u dem Entwurf eines ung des Bundesver- a) erner Dreibus r. Dagmar Enkelmann laus Ernst icole Gohlke iana Golze nnette Groth r. Gregor Gysi eike Hänsel r. Rosemarie Hein ge Höger r. Barbara Höll ndrej Hunko lla Jelpke r. Lukrezia Jochimsen arald Koch n Korte tta Krellmann abine Leidig alph Lenkert tefan Liebich lla Lötzer homas Lutze orothée Menzner ornelia Möhring iema Movassat ns Petermann ichard Pitterle vonne Ploetz aul Schäfer (Köln) r. Ilja Seifert athrin Senger-Schäfer aju Sharma r. Petra Sitte ersten Steinke abine Stüber lexander Süßmair r. Kirsten Tackmann rank Tempel r. Axel Troost lexander Ulrich hanna Voß alina Wawzyniak arald Weinberg ÜNDNIS 90/ IE GRÜNEN erstin Andreae arieluise Beck (Bremen) Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32451 (A) ) )(B) Dr. Thomas Gambke Kai Gehring Katrin Göring-Eckardt Britta Haßelmann Bettina Herlitzius Priska Hinz (Herborn) Dr. Anton Hofreiter Bärbel Höhn Ingrid Hönlinger Thilo Hoppe Uwe Kekeritz Katja Keul Susanne Kieckbusch Memet Kilic Sven-Christian Kindler Maria Klein-Schmeink Ute Koczy Tom Koenigs Sylvia Kotting-Uhl Oliver Krischer Agnes Krumwiede Stephan Kühn Renate Künast Markus Kurth Undine Kurth (Quedlinburg) Monika Lazar Dr. Tobias Lindner Nicole Maisch Jerzy Montag Kerstin Müller (Köln) Beate Müller-Gemmeke Dr. Konstantin von Notz Omid Nouripour Friedrich Ostendorff Dr. Hermann E. Ott Lisa Paus Brigitte Pothmer Tabea Rößner Krista Sager Elisabeth Scharfenberg Dr. Gerhard Schick Dr. Frithjof Schmidt Ulrich Schneider Dorothea Steiner Dr. Wolfgang Strengmann- Kuhn Hans-Christian Ströbele Dr. Harald Terpe Markus Tressel Jürgen Trittin Daniela Wagner Beate Walter-Rosenheimer Arfst Wagner (Schleswig) Wolfgang Wieland Dr. Valerie Wilms Josef Philip Winkler fraktionsloser Abgeordneter Wolfgang Nešković Nein CDU/CSU Ilse Aigner Peter Altmaier Peter Aumer D T N G E M V D P S C P D W W N K M D H D D H R C G A T M D E In D K H D M D H A In D N A E M Jo P D U R H M M M M O F D Jü G D H M U orothee Bär homas Bareiß orbert Barthle ünter Baumann rnst-Reinhard Beck (Reutlingen) anfred Behrens (Börde) eronika Bellmann r. Christoph Bergner eter Beyer teffen Bilger lemens Binninger eter Bleser r. Maria Böhmer olfgang Börnsen (Bönstrup) olfgang Bosbach orbert Brackmann laus Brähmig ichael Brand r. Reinhard Brandl elmut Brandt r. Ralf Brauksiepe r. 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Juni 2013 (A) ) )(B) der namentlichen Abstimmung über den Änderung g der Fraktion DIE LINKE zu dem Entwurf Enthalten CDU/CSU Dr. Stefan Kaufmann eines Gesetzes zur Änderun verfassungsgerichtes vom 7 Endgültiges Ergebnis Abgegebene Stimmen: 574; davon ja: 259 nein: 312 enthalten: 3 Ja SPD Ingrid Arndt-Brauer Rainer Arnold Heinz-Joachim Barchmann Doris Barnett Dr. Hans-Peter Bartels Klaus Barthel Sören Bartol Bärbel Bas Dirk Becker Uwe Beckmeyer Lothar Binding (Heidelberg) G W B E M U M P D M E S In S D P K E G D D M g des Einkommensteuergese . Mai 2013 (Drucksache 17/1 erd Bollmann illi Brase ernhard Brinkmann (Hildesheim) delgard Bulmahn arco Bülow lla Burchardt artin Burkert etra Crone r. Peter Danckert artin Dörmann lvira Drobinski-Weiß ebastian Edathy go Egloff iegmund Ehrmann r. h. c. Gernot Erler etra Ernstberger arin Evers-Meyer lke Ferner abriele Fograscher r. Edgar Franke agmar Freitag artin Gerster Ir G U A K G M H B K M H W R D G P F D C O Jo tzes in Umsetzung der Entsc 4231) (Tagesordnungspunkt is Gleicke ünter Gloser lrike Gottschalck ngelika Graf (Rosenheim) erstin Griese abriele Groneberg ichael Groß ans-Joachim Hacker ettina Hagedorn laus Hagemann ichael Hartmann (Wackernheim) ubertus Heil (Peine) olfgang Hellmich olf Hempelmann r. Barbara Hendricks ustav Herzog etra Hinz (Essen) rank Hofmann (Volkach) r. Eva Högl hristel Humme liver Kaczmarek hannes Kahrs D U L D D A A U C C D S B G K C K H P D F D A heidung des Bundes- 13 a) r. h. c. Susanne Kastner lrich Kelber ars Klingbeil r. Bärbel Kofler aniela Kolbe (Leipzig) nette Kramme ngelika Krüger-Leißner te Kumpf hristine Lambrecht hristian Lange (Backnang) r. Karl Lauterbach teffen-Claudio Lemme urkhard Lischka abriele Lösekrug-Möller irsten Lühmann aren Marks atja Mast ilde Mattheis etra Merkel (Berlin) r. Matthias Miersch ranz Müntefering r. Rolf Mützenich ndrea Nahles Elisabeth Winkelmeier- Becker Dagmar G. Wöhrl Dr. Matthias Zimmer Wolfgang Zöller Willi Zylajew Otto Fricke Dr. Edmund Peter Geisen Hans-Michael Goldmann Heinz Golombeck Miriam Gruß Joachim Günther (Plauen) Gabriele Molitor Jan Mücke Petra Müller (Aachen) Burkhardt Müller-Sönksen Dr. Martin Neumann (Lausitz) Manfred Todtenhausen Dr. Florian Toncar Serkan Tören Johannes Vogel (Lüdenscheid) Dr. Daniel Volk (D FDP Jens Ackermann Dr. Christel Happach-Kasan Heinz-Peter Haustein Manuel Höferlin Dirk Niebel Hans-Joachim Otto (Frankfurt) Dr. Claudia Winterstein Dr. Volker Wissing Hartfrid Wolff (Rems-Murr) Anlage 41 Endgültiges Ergebnis Thomas Strobl (Heilbronn) Lena Strothmann Michael Stübgen Dr. Peter Tauber Antje Tillmann Dr. Hans-Peter Uhl Arnold Vaatz Volkmar Vogel (Kleinsaara) Stefanie Vogelsang Andrea Astrid Voßhoff Dr. Johann Wadephul Marco Wanderwitz Kai Wegner Marcus Weinberg (Hamburg) Peter Weiß (Emmendingen) Sabine Weiss (Wesel I) Ingo Wellenreuther Karl-Georg Wellmann Peter Wichtel Annette Widmann-Mauz Klaus-Peter Willsch C F S C N K A E M S H R B P G M H R Jö U hristine Aschenberg- Dugnus lorian Bernschneider ebastian Blumenthal laudia Bögel icole Bracht-Bendt laus Breil ngelika Brunkhorst rnst Burgbacher arco Buschmann ylvia Canel elga Daub einer Deutschmann ijan Djir-Sarai atrick Döring erhard Drexler echthild Dyckmans ans-Werner Ehrenberg ainer Erdel rg van Essen lrike Flach E B H D P D G S H P H S H S L D M D H P lke Hoff irgit Homburger einer Kamp r. Lutz Knopek ascal Kober r. Heinrich L. Kolb udrun Kopp ebastian Körber olger Krestel atrick Kurth (Kyffhäuser) einz Lanfermann ibylle Laurischk arald Leibrecht abine Leutheusser- Schnarrenberger ars Lindemann r. Martin Lindner (Berlin) ichael Link (Heilbronn) r. Erwin Lotter orst Meierhofer atrick Meinhardt C G Jö D D H D D B F C Ji D W Ju D Jo T D S (Cornelia Pieper isela Piltz rg von Polheim r. Christiane Ratjen- Damerau r. Birgit Reinemund agen Reinhold r. Peter Röhlinger r. Stefan Ruppert jörn Sänger rank Schäffler hristoph Schnurr mmy Schulz r. Erik Schweickert erner Simmling dith Skudelny r. Hermann Otto Solms achim Spatz orsten Staffeldt r. Rainer Stinner tephan Thomae santra Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32453 (A) ) )(B) Dietmar Nietan Manfred Nink Thomas Oppermann Holger Ortel Aydan Özoğuz Heinz Paula Joachim Poß Dr. Wilhelm Priesmeier Florian Pronold Dr. Sascha Raabe Mechthild Rawert Stefan Rebmann Gerold Reichenbach Dr. Carola Reimann Sönke Rix René Röspel Dr. Ernst Dieter Rossmann Karin Roth (Esslingen) Michael Roth (Heringen) Marlene Rupprecht (Tuchenbach) Annette Sawade Anton Schaaf Axel Schäfer (Bochum) Bernd Scheelen Marianne Schieder (Schwandorf) Werner Schieder (Weiden) Ulla Schmidt (Aachen) Carsten Schneider (Erfurt) Swen Schulz (Spandau) Ewald Schurer Frank Schwabe Dr. Martin Schwanholz Rolf Schwanitz Stefan Schwartze Rita Schwarzelühr-Sutter Dr. Carsten Sieling Sonja Steffen Dr. Frank-Walter Steinmeier Christoph Strässer Kerstin Tack Dr. h. c. Wolfgang Thierse Franz Thönnes Wolfgang Tiefensee Rüdiger Veit Ute Vogt Dr. Marlies Volkmer Andrea Wicklein Heidemarie Wieczorek-Zeul Dr. Dieter Wiefelspütz Waltraud Wolff (Wolmirstedt) Uta Zapf Manfred Zöllmer Brigitte Zypries FDP Michael Kauch Marina Schuster DIE LINKE Jan van Aken Agnes Alpers Dr. Dietmar Bartsch Karin Binder Matthias W. Birkwald H S C E D R S H W D K N D A D H D In D A U D H Ja Ju S R S U T U D C N T Je R Y In P D K R D K S A D F D A Jo H H B D K M V C B A V E K H H eidrun Bluhm teffen Bockhahn hristine Buchholz va Bulling-Schröter r. Martina Bunge oland Claus evim Dağdelen eidrun Dittrich erner Dreibus r. Dagmar Enkelmann laus Ernst icole Gohlke iana Golze nnette Groth r. Gregor Gysi eike Hänsel r. Rosemarie Hein ge Höger r. Barbara Höll ndrej Hunko lla Jelpke r. Lukrezia Jochimsen arald Koch n Korte tta Krellmann abine Leidig alph Lenkert tefan Liebich lla Lötzer homas Lutze lrich Maurer orothée Menzner ornelia Möhring iema Movassat homas Nord ns Petermann ichard Pitterle vonne Ploetz grid Remmers aul Schäfer (Köln) r. Ilja Seifert athrin Senger-Schäfer aju Sharma r. Petra Sitte ersten Steinke abine Stüber lexander Süßmair r. Kirsten Tackmann rank Tempel r. Axel Troost lexander Ulrich hanna Voß alina Wawzyniak arald Weinberg ÜNDNIS 90/ IE GRÜNEN erstin Andreae arieluise Beck (Bremen) olker Beck (Köln) ornelia Behm irgitt Bender gnes Brugger iola von Cramon-Taubadel kin Deligöz atja Dörner arald Ebner ans-Josef Fell D K K B B P D B In T U K S M S M U T S O A S R M U M D N Je K B D O F D L B T K E D D U D D H D M Jü D B A W D Jo fr A W N C Il P P r. Thomas Gambke ai Gehring atrin Göring-Eckardt ritta Haßelmann ettina Herlitzius riska Hinz (Herborn) r. 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Valerie Wilms sef Philip Winkler aktionsloser bgeordneter olfgang Nešković ein DU/CSU se Aigner eter Altmaier eter Aumer D T N G E M V D P S C P D W W N K M D H D D H R C G A T M D E In D K H D M D H A In D N A E M Jo P D U R H M M M M O F D Jü G D H M U (C (D orothee Bär homas Bareiß orbert Barthle ünter Baumann rnst-Reinhard Beck (Reutlingen) anfred Behrens (Börde) eronika Bellmann r. Christoph Bergner eter Beyer teffen Bilger lemens Binninger eter Bleser r. Maria Böhmer olfgang Börnsen (Bönstrup) olfgang Bosbach orbert Brackmann laus Brähmig ichael Brand r. Reinhard Brandl elmut Brandt r. Ralf Brauksiepe r. Helge Braun eike Brehmer alph Brinkhaus ajus Caesar itta Connemann lexander Dobrindt homas Dörflinger arie-Luise Dött r. Thomas Feist nak Ferlemann grid Fischbach irk Fischer (Hamburg) laus-Peter Flosbach erbert Frankenhauser r. Hans-Peter Friedrich (Hof) ichael Frieser r. Michael Fuchs ans-Joachim Fuchtel lexander Funk go Gädechens r. Thomas Gebhart orbert Geis lois Gerig berhard Gienger ichael Glos sef Göppel eter Götz r. Wolfgang Götzer te Granold einhard Grindel ermann Gröhe ichael Grosse-Brömer arkus Grübel anfred Grund onika Grütters lav Gutting lorian Hahn r. Stephan Harbarth rgen Hardt erda Hasselfeldt r. Matthias Heider elmut Heiderich echthild Heil rsula Heinen-Esser 32454 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 (A) ) )(B) Frank Heinrich Rudolf Henke Michael Hennrich Ansgar Heveling Ernst Hinsken Christian Hirte Robert Hochbaum Karl Holmeier Franz-Josef Holzenkamp Joachim Hörster Anette Hübinger Hubert Hüppe Thomas Jarzombek Dieter Jasper Dr. Franz Josef Jung Andreas Jung (Konstanz) Dr. Egon Jüttner Bartholomäus Kalb Hans-Werner Kammer Alois Karl Bernhard Kaster Siegfried Kauder (Villingen- Schwenningen) Volker Kauder Roderich Kiesewetter Eckart von Klaeden Ewa Klamt Volkmar Klein Jürgen Klimke Axel Knoerig Jens Koeppen Manfred Kolbe Dr. Rolf Koschorrek Hartmut Koschyk Thomas Kossendey Michael Kretschmer Gunther Krichbaum Dr. Günter Krings Rüdiger Kruse Bettina Kudla Dr. Hermann Kues Günter Lach Dr. Karl A. Lamers (Heidelberg) Andreas G. 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Daniel Volk r. Claudia Winterstein r. Volker Wissing artfrid Wolff (Rems-Murr) nthalten DU/CSU r. Stefan Kaufmann PD ichael Gerdes ans-Ulrich Klose Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32455 (A) ) )(B) Günter Gloser Gerold Reichenbach Christine Buchholz Cornelia Behm Angelika Graf (Rosenheim) Kerstin Griese Gabriele Groneberg Michael Groß Hans-Joachim Hacker Bettina Hagedorn Klaus Hagemann Sönke Rix René Röspel Dr. Ernst Dieter Rossmann Karin Roth (Esslingen) Michael Roth (Heringen) Marlene Rupprecht (Tuchenbach) Dr. Martina Bunge Roland Claus Sevim Dağdelen Heidrun Dittrich Werner Dreibus Dr. Dagmar Enkelmann Klaus Ernst Agnes Brugger Viola von Cramon-Taubadel Ekin Deligöz Katja Dörner Harald Ebner Hans-Josef Fell Dr. Thomas Gambke Ulrike Gottschalck Dr. Carola Reimann Eva Bulling-Schröter Birgitt Bender Anlage 42 der namentlichen Abstimm dem Entwurf eines Gesetze des Bundesverfassungsgeric Endgültiges Ergebnis Abgegebene Stimmen: 573; davon ja: 260 nein: 312 enthalten: 1 Ja SPD Ingrid Arndt-Brauer Rainer Arnold Heinz-Joachim Barchmann Doris Barnett Dr. Hans-Peter Bartels Klaus Barthel Sören Bartol Bärbel Bas Dirk Becker Uwe Beckmeyer Lothar Binding (Heidelberg) Gerd Bollmann Willi Brase Bernhard Brinkmann (Hildesheim) Edelgard Bulmahn Marco Bülow Ulla Burchardt Martin Burkert Petra Crone Dr. Peter Danckert Martin Dörmann Elvira Drobinski-Weiß Sebastian Edathy Ingo Egloff Siegmund Ehrmann Dr. h. c. 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Rolf Mützenich ndrea Nahles ietmar Nietan anfred Nink homas Oppermann olger Ortel ydan Özoğuz einz Paula achim Poß r. Wilhelm Priesmeier lorian Pronold r. Sascha Raabe echthild Rawert tefan Rebmann A A A B M W U C S E F D R S R D S D C K D F W R U D A H D W U M B F M M D Ja A D K M H S rgebnis rag der Fraktion BÜNDNIS ensteuergesetzes in Umsetzu sache 17/14232) (Tagesordnu nnette Sawade nton Schaaf xel Schäfer (Bochum) ernd Scheelen arianne Schieder (Schwandorf) erner Schieder (Weiden) lla Schmidt (Aachen) arsten Schneider (Erfurt) wen Schulz (Spandau) wald Schurer rank Schwabe r. Martin Schwanholz olf Schwanitz tefan Schwartze ita Schwarzelühr-Sutter r. Carsten Sieling onja Steffen r. Frank-Walter Steinmeier hristoph Strässer erstin Tack r. h. c. Wolfgang Thierse ranz Thönnes olfgang Tiefensee üdiger Veit te Vogt r. Marlies Volkmer ndrea Wicklein eidemarie Wieczorek-Zeul r. 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Juni 2013 32457 (A) ) (D)(B) Dr. Matthias Zimmer Wolfgang Zöller Joachim Günther (Plauen) Dirk Niebel Dr. Volker Wissing Anlage 43 der namentlichen Abstimm dem Entwurf eines Gesetze des Bundesverfassungsgeric Endgültiges Ergebnis Abgegebene Stimmen: 574; davon ja: 261 nein: 312 enthalten: 1 Ja SPD Ingrid Arndt-Brauer Rainer Arnold Heinz-Joachim Barchmann Doris Barnett Dr. Hans-Peter Bartels Klaus Barthel Sören Bartol Bärbel Bas Dirk Becker Uwe Beckmeyer L G W B E M U M P D M E S In S D P K E G D Endgültiges E ung über den Änderungsant s zur Änderung des Einkomm htes vom 7. Mai 2013 (Druck othar Binding (Heidelberg) erd Bollmann illi Brase ernhard Brinkmann (Hildesheim) delgard Bulmahn arco Bülow lla Burchardt artin Burkert etra Crone r. Peter Danckert artin Dörmann lvira Drobinski-Weiß ebastian Edathy go Egloff iegmund Ehrmann r. h. c. Gernot Erler etra Ernstberger arin Evers-Meyer lke Ferner abriele Fograscher r. Edgar Franke D M M Ir G U A K G M H B K M H W R D G P F rgebnis rag der Fraktion BÜNDNIS ensteuergesetzes in Umsetzu sache 17/14233) (Tagesordnu agmar Freitag ichael Gerdes artin Gerster is Gleicke ünter Gloser lrike Gottschalck ngelika Graf (Rosenheim) erstin Griese abriele Groneberg ichael Groß ans-Joachim Hacker ettina Hagedorn laus Hagemann ichael Hartmann (Wackernheim) ubertus Heil (Peine) olfgang Hellmich olf Hempelmann r. Barbara Hendricks ustav Herzog etra Hinz (Essen) rank Hofmann (Volkach) D C O Jo D U L H D D A A U C C D S B G K C K 90/DIE GRÜNEN zu ng der Entscheidung ngspunkt 13 a) r. Eva Högl hristel Humme liver Kaczmarek hannes Kahrs r. h. c. Susanne Kastner lrich Kelber ars Klingbeil ans-Ulrich Klose r. Bärbel Kofler aniela Kolbe (Leipzig) nette Kramme ngelika Krüger-Leißner te Kumpf hristine Lambrecht hristian Lange (Backnang) r. Karl Lauterbach teffen-Claudio Lemme urkhard Lischka abriele Lösekrug-Möller irsten Lühmann aren Marks atja Mast FDP Jens Ackermann Christine Aschenberg- Dugnus Heinz-Peter Haustein Manuel Höferlin Elke Hoff Birgit Homburger Heiner Kamp Dr. Lutz Knopek (Frankfurt) Cornelia Pieper Gisela Piltz Jörg von Polheim Dr. Christiane Ratjen- Damerau Enthalten CDU/CSU Dr. Stefan Kaufmann Willi Zylajew Dr. Christel Happach-Kasan Hans-Joachim Otto Hartfrid Wolff (Rems-Murr) Lena Strothmann Michael Stübgen Dr. Peter Tauber Antje Tillmann Dr. Hans-Peter Uhl Arnold Vaatz Volkmar Vogel (Kleinsaara) Stefanie Vogelsang Andrea Astrid Voßhoff Dr. Johann Wadephul Marco Wanderwitz Kai Wegner Marcus Weinberg (Hamburg) Peter Weiß (Emmendingen) Sabine Weiss (Wesel I) Ingo Wellenreuther Karl-Georg Wellmann Peter Wichtel Annette Widmann-Mauz Klaus-Peter Willsch Elisabeth Winkelmeier- Becker Dagmar G. Wöhrl F S C N K A E M S H R B P G M H R Jö U O D H H M lorian Bernschneider ebastian Blumenthal laudia Bögel icole Bracht-Bendt laus Breil ngelika Brunkhorst rnst Burgbacher arco Buschmann ylvia Canel elga Daub einer Deutschmann ijan Djir-Sarai atrick Döring erhard Drexler echthild Dyckmans ans-Werner Ehrenberg ainer Erdel rg van Essen lrike Flach tto Fricke r. Edmund Peter Geisen ans-Michael Goldmann einz Golombeck iriam Gruß P D G S H P H S H S L D M D O H P G Ja P B D ascal Kober r. Heinrich L. Kolb udrun Kopp ebastian Körber olger Krestel atrick Kurth (Kyffhäuser) einz Lanfermann ibylle Laurischk arald Leibrecht abine Leutheusser- Schnarrenberger ars Lindemann r. Martin Lindner (Berlin) ichael Link (Heilbronn) r. Erwin Lotter liver Luksic orst Meierhofer atrick Meinhardt abriele Molitor n Mücke etra Müller (Aachen) urkhardt Müller-Sönksen r. Martin Neumann (Lausitz) D H D D B F C Ji D W Ju D Jo T D S M D S Jo D D (Cr. Birgit Reinemund agen Reinhold r. Peter Röhlinger r. Stefan Ruppert jörn Sänger rank Schäffler hristoph Schnurr mmy Schulz r. Erik Schweickert erner Simmling dith Skudelny r. Hermann Otto Solms achim Spatz orsten Staffeldt r. Rainer Stinner tephan Thomae anfred Todtenhausen r. Florian Toncar erkan Tören hannes Vogel (Lüdenscheid) r. Daniel Volk r. Claudia Winterstein 32458 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 (A) ) )(B) Hilde Mattheis Petra Merkel (Berlin) Dr. Matthias Miersch Franz Müntefering Dr. Rolf Mützenich Andrea Nahles Dietmar Nietan Manfred Nink Thomas Oppermann Holger Ortel Aydan Özoğuz Heinz Paula Joachim Poß Dr. Wilhelm Priesmeier Florian Pronold Dr. Sascha Raabe Mechthild Rawert Stefan Rebmann Gerold Reichenbach Dr. Carola Reimann Sönke Rix René Röspel Dr. Ernst Dieter Rossmann Karin Roth (Esslingen) Michael Roth (Heringen) Marlene Rupprecht (Tuchenbach) Annette Sawade Anton Schaaf Axel Schäfer (Bochum) Bernd Scheelen Marianne Schieder (Schwandorf) Werner Schieder (Weiden) Ulla Schmidt (Aachen) Carsten Schneider (Erfurt) Swen Schulz (Spandau) Ewald Schurer Frank Schwabe Dr. Martin Schwanholz Rolf Schwanitz Stefan Schwartze Rita Schwarzelühr-Sutter Dr. Carsten Sieling Sonja Steffen Dr. Frank-Walter Steinmeier Christoph Strässer Kerstin Tack Dr. h. c. Wolfgang Thierse Franz Thönnes Wolfgang Tiefensee Rüdiger Veit Ute Vogt Dr. Marlies Volkmer Andrea Wicklein Heidemarie Wieczorek-Zeul Dr. Dieter Wiefelspütz Waltraud Wolff (Wolmirstedt) Uta Zapf Manfred Zöllmer Brigitte Zypries FDP Michael Kauch Marina Schuster D Ja A D K M H S C E D R S H W D K N D A D H D In D A U D H Ja Ju S R S U T U D C N T Je R Y In P D K R D K S A D F D A Jo H H B D K M V C IE LINKE n van Aken gnes Alpers r. Dietmar Bartsch arin Binder atthias W. Birkwald eidrun Bluhm teffen Bockhahn hristine Buchholz va Bulling-Schröter r. Martina Bunge oland Claus evim Dağdelen eidrun Dittrich erner Dreibus r. Dagmar Enkelmann laus Ernst icole Gohlke iana Golze nnette Groth r. Gregor Gysi eike Hänsel r. Rosemarie Hein ge Höger r. Barbara Höll ndrej Hunko lla Jelpke r. Lukrezia Jochimsen arald Koch n Korte tta Krellmann abine Leidig alph Lenkert tefan Liebich lla Lötzer homas Lutze lrich Maurer orothée Menzner ornelia Möhring iema Movassat homas Nord ns Petermann ichard Pitterle vonne Ploetz grid Remmers aul Schäfer (Köln) r. Ilja Seifert athrin Senger-Schäfer aju Sharma r. Petra Sitte ersten Steinke abine Stüber lexander Süßmair r. Kirsten Tackmann rank Tempel r. Axel Troost lexander Ulrich hanna Voß alina Wawzyniak arald Weinberg ÜNDNIS 90/ IE GRÜNEN erstin Andreae arieluise Beck (Bremen) olker Beck (Köln) ornelia Behm B A V E K H H D K K B B P D B In T U K S M S M U T S O A S R M U M D N Je K B D O F D L B T K E D D U D D H D M Jü D B A W D Jo fr A W irgitt Bender gnes Brugger iola von Cramon-Taubadel kin Deligöz atja Dörner arald Ebner ans-Josef Fell r. Thomas Gambke ai Gehring atrin Göring-Eckardt ritta Haßelmann ettina Herlitzius riska Hinz (Herborn) r. Anton Hofreiter ärbel Höhn grid Hönlinger hilo Hoppe we Kekeritz atja Keul usanne Kieckbusch emet Kilic ven-Christian Kindler aria Klein-Schmeink te Koczy om Koenigs ylvia Kotting-Uhl liver Krischer gnes Krumwiede tephan Kühn enate Künast arkus Kurth ndine Kurth (Quedlinburg) onika Lazar r. Tobias Lindner icole Maisch rzy Montag erstin Müller (Köln) eate Müller-Gemmeke r. Konstantin von Notz mid Nouripour riedrich Ostendorff r. Hermann E. Ott isa Paus rigitte Pothmer abea Rößner rista Sager lisabeth Scharfenberg r. Gerhard Schick r. Frithjof Schmidt lrich Schneider orothea Steiner r. Wolfgang Strengmann- Kuhn ans-Christian Ströbele r. Harald Terpe arkus Tressel rgen Trittin aniela Wagner eate Walter-Rosenheimer rfst Wagner (Schleswig) olfgang Wieland r. Valerie Wilms sef Philip Winkler aktionsloser bgeordneter olfgang Nešković N C Il P P D T N G E M V D P S C P D W W N K M D H D D H R C G A T M D E In D K H D M D H A In D N A E M Jo P D U R H M M M M O F D (C (D ein DU/CSU se Aigner eter Altmaier eter Aumer orothee Bär homas Bareiß orbert Barthle ünter Baumann rnst-Reinhard Beck (Reutlingen) anfred Behrens (Börde) eronika Bellmann r. Christoph Bergner eter Beyer teffen Bilger lemens Binninger eter Bleser r. Maria Böhmer olfgang Börnsen (Bönstrup) olfgang Bosbach orbert Brackmann laus Brähmig ichael Brand r. Reinhard Brandl elmut Brandt r. Ralf Brauksiepe r. Helge Braun eike Brehmer alph Brinkhaus ajus Caesar itta Connemann lexander Dobrindt homas Dörflinger arie-Luise Dött r. Thomas Feist nak Ferlemann grid Fischbach irk Fischer (Hamburg) laus-Peter Flosbach erbert Frankenhauser r. Hans-Peter Friedrich (Hof) ichael Frieser r. Michael Fuchs ans-Joachim Fuchtel lexander Funk go Gädechens r. Thomas Gebhart orbert Geis lois Gerig berhard Gienger ichael Glos sef Göppel eter Götz r. Wolfgang Götzer te Granold einhard Grindel ermann Gröhe ichael Grosse-Brömer arkus Grübel anfred Grund onika Grütters lav Gutting lorian Hahn r. Stephan Harbarth Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 250. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 27. Juni 2013 32459 (A) (C) )(B) Jürgen Hardt Stephan Mayer (Altötting) Dr. Frank Steffel Manuel Höferlin Gerda Hasselfeldt Dr. Matthias Heider Helmut Heiderich Mechthild Heil Ursula Heinen-Esser Frank Heinrich Rudolf Henke Michael Hennrich Ansgar Heveling Ernst Hinsken Christian Hirte Robert Hochbaum Karl Holmeier Franz-Josef Holzenkamp Joachim Hörster Anette Hübinger Hubert Hüppe Thomas Jarzombek Dieter Jasper Dr. Franz Josef Jung Andreas Jung (Konstanz) Dr. Egon Jüttner Bartholomäus Kalb Hans-Werner Kammer Alois Karl Bernhard Kaster Siegfried Kauder (Villingen- Schwenningen) Volker Kauder Roderich Kiesewetter Eckart von Klaeden Ewa Klamt Volkmar Klein Jürgen Klimke Axel Knoerig Jens Koeppen Manfred Kolbe Dr. Rolf Koschorrek Hartmut Koschyk Thomas Kossendey Michael Kretschmer Gunther Krichbaum Dr. Günter Krings Rüdiger Kruse Bettina Kudla Dr. Hermann Kues Günter Lach Dr. Karl A. Lamers (Heidelberg) Andreas G. Lämmel Katharina Landgraf Ulrich Lange Dr. Max Lehmer Paul Lehrieder Dr. Ursula von der Leyen Ingbert Liebing Matthias Lietz Dr. Carsten Linnemann Patricia Lips Dr. Jan-Marco Luczak Daniela Ludwig Dr. Michael Luther Karin Maag Dr. Thomas de Maizière Hans-Georg von der Marwitz Andreas Mattfeldt D M D D P D M D S D M D F E H D R U D S B R C R E T D E K L Jo K D Jo D D E A A D D D K N T G C P D N D D B U A D Jo R D B T Jo Je C r. Michael Meister aria Michalk r. h. c. Hans Michelbach r. Mathias Middelberg hilipp Mißfelder ietrich Monstadt arlene Mortler r. Gerd Müller tefan Müller (Erlangen) r. Philipp Murmann ichaela Noll r. Georg Nüßlein ranz Obermeier duard Oswald enning Otte r. Michael Paul ita Pawelski lrich Petzold r. Joachim Pfeiffer ibylle Pfeiffer eatrix Philipp onald Pofalla hristoph Poland uprecht Polenz ckhard Pols homas Rachel r. Peter Ramsauer ckhardt Rehberg atherina Reiche (Potsdam) othar Riebsamen sef Rief laus Riegert r. Heinz Riesenhuber hannes Röring r. Norbert Röttgen r. Christian Ruck rwin Rüddel lbert Rupprecht (Weiden) nita Schäfer (Saalstadt) r. Wolfgang Schäuble r. Annette Schavan r. Andreas Scheuer arl Schiewerling orbert Schindler ankred Schipanski eorg Schirmbeck hristian Schmidt (Fürth) atrick Schnieder r. Andreas Schockenhoff adine Schön (St. Wendel) r. Kristina Schröder (Wiesbaden) r. Ole Schröder ernhard Schulte-Drüggelte we Schummer rmin Schuster (Weil am Rhein) etlef Seif hannes Selle einhold Sendker r. Patrick Sensburg ernd Siebert homas Silberhorn hannes Singhammer ns Spahn arola Stauche E C D G S M K T L M D A D A V S A D M K M P S In K P A K E D D W W F Je C F S C N K A E M S H R B P G M H R Jö U O D H H M Jo D H rika Steinbach hristian Freiherr von Stetten ieter Stier ero Storjohann tephan Stracke ax Straubinger arin Strenz homas Strobl (Heilbronn) ena Strothmann ichael Stübgen r. Peter Tauber ntje Tillmann r. Hans-Peter Uhl rnold Vaatz olkmar Vogel (Kleinsaara) tefanie Vogelsang ndrea Astrid Voßhoff r. Johann Wadephul arco Wanderwitz ai Wegner arcus Weinberg (Hamburg) eter Weiß (Emmendingen) abine Weiss (Wesel I) go Wellenreuther arl-Georg Wellmann eter Wichtel nnette Widmann-Mauz laus-Peter Willsch lisabeth Winkelmeier- Becker agmar G. Wöhrl r. Matthias Zimmer olfgang Zöller illi Zylajew DP ns Ackermann hristine Aschenberg- Dugnus lorian Bernschneider ebastian Blumenthal laudia Bögel icole Bracht-Bendt laus Breil ngelika Brunkhorst rnst Burgbacher arco Buschmann ylvia Canel elga Daub einer Deutschmann ijan Djir-Sarai atrick Döring erhard Drexler echthild Dyckmans ans-Werner Ehrenberg ainer Erdel rg van Essen lrike Flach tto Fricke r. Edmund Peter Geisen ans-Michael Goldmann einz Golombeck iriam Gruß achim Günther (Plauen) r. Christel Happach-Kasan einz-Peter Haustein E B H D P D G S H P H S H S L D M D O H P G Ja P B D D H C G Jö D D H D D B F C Ji D W Ju D Jo T D S M D S Jo D D D H E C D (D lke Hoff irgit Homburger einer Kamp r. Lutz Knopek ascal Kober r. Heinrich L. Kolb udrun Kopp ebastian Körber olger Krestel atrick Kurth (Kyffhäuser) einz Lanfermann ibylle Laurischk arald Leibrecht abine Leutheusser- Schnarrenberger ars Lindemann r. Martin Lindner (Berlin) ichael Link (Heilbronn) r. Erwin Lotter liver Luksic orst Meierhofer atrick Meinhardt abriele Molitor n Mücke etra Müller (Aachen) urkhardt Müller-Sönksen r. Martin Neumann (Lausitz) irk Niebel ans-Joachim Otto (Frankfurt) ornelia Pieper isela Piltz rg von Polheim r. Christiane Ratjen- Damerau r. Birgit Reinemund agen Reinhold r. Peter Röhlinger r. Stefan Ruppert jörn Sänger rank Schäffler hristoph Schnurr mmy Schulz r. Erik Schweickert erner Simmling dith Skudelny r. Hermann Otto Solms achim Spatz orsten Staffeldt r. Rainer Stinner tephan Thomae anfred Todtenhausen r. Florian Toncar erkan Tören hannes Vogel (Lüdenscheid) r. Daniel Volk r. Claudia Winterstein r. Volker Wissing artfrid Wolff (Rems-Murr) nthalten DU/CSU r. Stefan Kaufmann 250. Sitzung Inhaltsverzeichnis TOP 4 Hilfefonds zur Bewältigung der Hochwasserkatastrophe TOP 5, ZP 4 Regierungserklärung zum G8-Gipfel und Europäischem Rat TOP 6 Pflegereform TOP 79, ZP 5 Abschließende Beratungen ohne Aussprache ZP 6 – ZP 11 Beschlussempfehlungen des Vermittlungsausschusses ZP 12 Aktuelle Stunde zu den Wahlversprechen von CDU/CSU TOP 20 Eindämmung unseriöser Geschäftspraktiken TOP 8 Arbeitnehmerüberlassung TOP 9 Bundeswehreinsatz im Libanon (UNIFIL) TOP 10 Bekämpfung der Steuerflucht und Vermögensabgabe TOP 11 Bundeswehreinsatz in Mali (MINUSMA) TOP 12 Dopingbekämpfung im Sport TOP 13 Einkommensteuerrecht – Gleichstellung TOP 14 Kooperation von Bund und Ländern in der Bildung TOP 15 Transparenz im Prozess der Organspende TOP 16 Unabhängigkeit der Justiz TOP 17 Vertrag über den Waffenhandel ZP 13 Korruptionsregister-Gesetz TOP 7 Aktienrechtsnovelle und Managergehälter TOP 19 Bekämpfung des Menschenhandels TOP 21 Ergebnisse des NATO-Gipfels von Chicago TOP 22 Verstümmelung weiblicher Genitalien TOP 29 Lebensbedingungen in Entwicklungsländern TOP 24 Förderung der Gesundheitsprävention TOP 25 Übergangslücke Arbeitslosengeld Rente TOP 26 Steuerehrlichkeit bei internationalen Sachverhalten TOP 27 Finanzielle Absicherung von Künstlern TOP 28 Änderung des Handelsgesetzbuches TOP 31 Bildungspolitik TOP 30 Aufarbeitung der SED-Diktatur TOP 38 Arbeitsbedingungen in der Wissenschaft TOP 32, ZP 14 Bericht 2012 zur Nachhaltigkeitsstrategie TOP 33 Handwerkspolitik TOP 34 Wettbewerbsfähigkeit der Kreativwirtschaft TOP 35 Datenbankgrundbuch TOP 36 Langlebigkeit von Produkten TOP 37 Harmonisierte Rechnungsführungsgrundsätze in der EU TOP 40 Recht auf Inklusive Bildung TOP 39 Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt TOP 46 Verbraucherinteressen im Gentechnikrecht TOP 41 Deutsch-koreanische Beziehungen TOP 42 Agrarwissenschaften TOP 43 Internationalisierung der Wissenschaft TOP 44 Straßen- und Schienenlärm TOP 45 Modernisierung des Geschmacksmustergesetzes TOP 48 Abbau von Diskriminierungen TOP 47 Novellierung patentrechtlicher Vorschriften TOP 51 Rechtssicherheit für WLAN-Betreiber ZP 15 Grenzüberschreitende Schienenverkehrsachsen ZP 16 Gesamtkonzept für die Elbregion TOP 49 Staatsleistungen an Religionsgesellschaften ZP 17 Schienenanbindung an die Feste Fehmarnbeltquerung TOP 50 Kindernachzugsrecht ZP 18 Förderung und Sicherung der deutschen Sprache TOP 52 Demografischer Wandel im RV-Leistungsrecht ZP 19 Kulturgüterschutz TOP 55 Aufenthaltsgesetz ZP 20 Nutzung verwaister und vergriffener Werke TOP 53 Schutz für Flüchtlinge TOP 54 Förderung von Genossenschaftsgründungen TOP 56 Europaweite Bekämpfung synthetischer Drogen TOP 57 Mindestpersonalbemessung in Krankenhäusern TOP 58 Vergabekriterien für Sportgroßveranstaltungen TOP 60 Informationsfreiheits- und Transparenzgesetz TOP 63 Presseauskunftsgesetz TOP 61 Mindestlohn TOP 62 Visapolitik TOP 64 Forschungs- und Innovationsförderung TOP 65 Fremdrentengesetz und Rehabilitierung Verfolgter TOP 66 Kooperation von Hochschulen und Unternehmen TOP 67 Lärmschutz am BER TOP 68 Netzneutralität Anlagen
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Ingrid Arndt-Brauer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


    Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen!

    iebe Kollegen! Meine Damen und Herren! Ich möchte
    r die SPD als Allererstes feststellen: Die SPD will die
    he nicht abschaffen. Öffnung der Ehe bedeutet: Um-
    andlung von Lebenspartnerschaften in die Ehe und
    icht Abschaffung der Ehe.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)






    Ingrid Arndt-Brauer


    (A) )


    )(B)

    Die SPD wollte zusammen mit den Grünen im Jahre
    2001 die Lösung, die sich jetzt ein klein wenig andeutet,
    schon damals umsetzen. Wir haben das Lebenspartner-
    schaftsgesetz im Bundestag verabschiedet. Im Bundesrat
    sind wir allerdings daran gescheitert, die steuerlichen
    Dinge, die mit einer Ehe verbunden sind, auch auf die
    Lebenspartnerschaften zu übertragen. Das ging mit der
    damaligen konservativen Bundesratsmehrheit nicht.
    Deshalb hat es bis zum 7. Mai dieses Jahres gedauert, bis
    sich das Bundesverfassungsgericht dieser Sache ange-
    nommen hat und Ihnen ein bisschen die Leviten gelesen
    hat, indem es gesagt hat, jetzt müssten endlich die Ehe
    betreffende einkommensteuerrechtliche Vorschriften auf
    Lebenspartnerschaften übertragen werden. Deshalb ha-
    ben Sie gehandelt, aber nur so viel, wie Ihnen das Bun-
    desverfassungsgericht aufgetragen hat. Somit wird nur
    das Ehegattensplitting von Ihnen angepackt.

    Andere einkommensteuerrechtliche Vorhaben werden
    angedeutet. Die Ministerien, vor allem das Finanzminis-
    terium, sagen, sie wollten in der Sommerpause mal et-
    was erarbeiten und vorlegen. Die Ministerien haben
    grundsätzlich das Problem, dass das gesamte Chaos, das
    Sie in der jetzt fast vergangenen Legislaturperiode pro-
    duziert haben – leider ohne vernünftige Ergebnisse –, zu
    einer ziemlich großen Überlastung vor allem des Finanz-
    ministeriums geführt hat. Es ist leider nicht so gekom-
    men, wie es die FDP wollte: ein Steuersystem, einfach,
    niedrig und gerecht. Im Gegenteil: einfach und niedrig
    war nur die Mövenpick-Steuer; gerecht war diese aller-
    dings nicht.


    (Zuruf des Abg. Dr. Florian Toncar [FDP])


    Gerecht ist es auch nicht, dass man nur die offenen
    Verfahren anpackt. Man hätte auf Antrag auch die be-
    standskräftigen Verfahren regeln müssen.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


    Da sind wir als SPD ganz fest in unserer Haltung; denn
    die Wirklichkeit stellt sich so dar, dass einige Länder
    Verfahren abgeschlossen haben, während andere Länder,
    weil sie wussten, dass beim Bundesverfassungsgericht
    noch etwas anhängig ist, Verfahren offen gelassen ha-
    ben. Es kann nicht sein, dass Menschen dadurch abhän-
    gig von ihrem Wohnsitz Erleichterungen bekommen
    oder eben nicht. Deswegen meinen wir, dass auch die
    bestandskräftigen Verfahren wieder aufgemacht werden
    müssen.


    (Dr. Daniel Volk [FDP]: Andere haben Einspruch eingelegt!)


    Bei 34 000 Lebenspartnerschaften kann das ja auch
    nicht so teuer sein. Und bei Wahlversprechen in Höhe
    von 50 Milliarden Euro für die nächste Legislatur wird
    ja auch ein bisschen Geld zur Lösung dieses Problems
    übrig sein.

    Nun sagt Kollege Volk, der eben auch lautstark rein-
    gerufen hat, in Einzelfällen könnte es zwar zu starker
    Betroffenheit kommen, aber – Bürgerrechtspartei hin
    oder her – man ziehe es vor, auf Einzelschicksale keine
    Rücksicht zu nehmen. Das finde ich – bei allem Res-

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    (C (D ekt – schon ein bisschen borniert. Wir möchten das so icht haben. Was bei diesem Gesetzentwurf allerdings gegen alle egeln spricht, vor allem gegen das Struck‘sche Gesetz, as ist die Tatsache, dass dieses Gesetz genauso schlecht s Parlament gekommen ist, wie es jetzt rauskommt. Es t keine Verbesserung eingetreten, obwohl wir Sie chon in der letzten Debatte gebeten haben, das Gesetz achzubessern. Es ist ein Minischritt, zu dem man Sie on außen gezwungen hat. Den werden wir – das sage h ganz ausdrücklich – mitgehen; denn auch eine kleine erbesserung ist eine Verbesserung. Aber die Kritik leibt bestehen. Es gab Bestrebungen einzelner Mitglieder Ihrer Frakon – ich erwähne in diesem Zusammenhang ausdrückch Frau Tillmann –, noch ein bisschen zu reparieren. as konnte leider nicht durchgesetzt werden. Ich bedau re das sehr. Ich möchte Sie bitten, trotzdem Ja zu unserem Ändengsantrag zu sagen. Unser Änderungsantrag beinhaltet ie Umwandlung der Lebenspartnerschaft in die Ehe; ein Kollege Johannes Kahrs wird dazu gleich noch etas sagen. Versuchen Sie wenigstens, die gröbsten Unilligkeiten Ihres Gesetzentwurfes zu reparieren, indem ie unserem Änderungsantrag zustimmen. Ansonsten telle ich hier in Aussicht, dass wir, wenn wir ab Sepmber regieren – und das werden wir ganz sicher tun –, it unserem grünen Koalitionspartner ein vernünftiges esetz auf den Weg bringen, das alle Benachteiligungen nd Diskriminierungen von Lebenspartnerschaften aufebt. Vielen Dank und schönen Sommer! (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie der Abg. Dr. Barbara Höll [DIE LINKE])




Rede von Eduard Oswald
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

Vielen Dank, Frau Kollegin Arndt-Brauer. Vorher

üssen wir noch kräftig arbeiten. – Nächster Redner in
nserer Aussprache ist für die Fraktion der FDP Kollege
r. Daniel Volk. Bitte schön, Kollege Dr. Volk.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Daniel Volk


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)


    Vielen Dank, Herr Präsident. – Meine sehr geehrten

    amen und Herren! Frau Kollegin Arndt-Brauer, wir
    ürden gar nicht vor der Frage stehen, ob nur die offe-
    en Fälle oder auch die geschlossenen Fälle von der
    euregelung erfasst werden sollen, wenn Sie zwischen
    en Jahren 2001 und 2005 die Übertragung des Split-
    ngtarifs auf eingetragene Lebenspartnerschaften vorge-
    ommen hätten.


    (Ingrid Arndt-Brauer [SPD]: Das hat der Bundesrat verhindert! Das wissen Sie doch ganz genau!)


    ber Sie haben es ja nicht gemacht; Sie haben es nicht
    urchsetzen können.





    Dr. Daniel Volk


    (A) )


    )(B)


    (Beifall bei der FDP – Johannes Kahrs [SPD]: Der Bundesrat!)


    Es ist ja wohl eher Ihr Problem. Insofern sollten Sie es
    vielleicht nicht so laut ansprechen.


    (Johannes Kahrs [SPD]: Wie kann man so einen Unsinn erzählen?)


    Sie nennen hier Zahlen und behaupten, dass die Steu-
    erfälle in manchen Bundesländern abgeschlossen wor-
    den seien. In der Aufstellung, die uns allen vorliegt, steht
    ausdrücklich, dass die Steuerfälle in allen Bundesländern
    offengehalten wurden, wenn Einspruch eingelegt wurde.
    Was Sie ein bisschen damit verwechseln, ist die Ausset-
    zung der Vollziehung; das ist ein anderes Thema.


    (Ingrid Arndt-Brauer [SPD]: Nein! Das steht da auch nicht drin!)


    Insofern gilt: Jeder steuerpflichtige eingetragene Le-
    benspartner, der seinen Steuerfall durch Einspruch offen-
    gehalten hat, wird jetzt im Rahmen seiner Steuerveranla-
    gung auch rückwirkend in den Genuss des Splittingtarifs
    kommen.


    (Beifall bei der FDP)


    Das ist die positive Botschaft des Steuergesetzes, das wir
    Ihnen heute vorlegen.

    Jetzt haben Sie hier über den Splittingtarif gespro-
    chen, darüber, dass er natürlich auf die eingetragenen
    Lebenspartnerschaften ausgeweitet werden muss. Zu-
    gleich kündigen Sie an, den Splittingtarif nach der Bun-
    destagswahl insgesamt abzuschaffen.


    (Jimmy Schulz [FDP]: Ja, genau! – Ingrid Arndt-Brauer [SPD]: Das kündigen wir überhaupt nicht an!)


    Das finde ich sehr verwunderlich: Sie stellen sich hier
    hin und fordern den Splittingtarif für eingetragene Le-
    benspartnerschaften, um diesen in ein paar Monaten – so
    ja Ihre Hoffnung – wieder abschaffen zu können. Das
    halte ich für dermaßen widersinnig, dass ich dazu eigent-
    lich gar nicht mehr groß Stellung nehmen kann.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Ich will aber vielleicht versuchen, Ihnen zu erklären,


    (Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Als ob Sie uns etwas erklären können!)


    auch den Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, die
    auch den Splittingtarif abschaffen wollen, was der Vor-
    teil des Splittingtarifs für Ehegatten und zukünftig auch
    für eingetragene Lebenspartner ist. Sie haben selber ge-
    sagt: Wer füreinander Verpflichtungen übernimmt, der
    soll auch entsprechende Rechte erhalten. Genau dieser
    Gedanke wird im Splittingtarif abgebildet. Der Splitting-
    tarif stellt eine vereinfachte Steuerveranlagung für Ehe-
    gatten und zukünftig für eingetragene Lebenspartner dar.
    Sie wird dadurch vereinfacht, dass die Unterhaltsver-
    pflichtungen der Ehegatten und der eingetragenen
    Lebenspartner im Rahmen des Splittingtarifs nicht kom-

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    (C (D liziert einzeln nachgewiesen und Belege vorgehalten erden müssen; das ist der Vorteil am Splittingtarif. Sie verbrämen den Splittingtarif und sagen immer, er ei ungerecht, weil davon nur Leute mit einem Einkomen im oberen Bereich profitierten. Das stimmt eben icht. (Ingrid Arndt-Brauer [SPD]: Wann habe ich das denn gesagt?)


    Es steht in Ihrem Wahlprogramm, sowohl im Wahlpro-
    ramm der SPD als auch im Wahlprogramm der Grünen.


    (Ingrid Arndt-Brauer [SPD]: Das steht da überhaupt nicht drin! – Johannes Kahrs [SPD]: Lesen bildet, denken hilft!)


    Ich habe ausnahmsweise Ihr Wahlprogramm gelesen.


    (Johannes Kahrs [SPD]: Aber verstanden haben Sie es nicht! Lesen allein reicht nicht!)


    ielleicht bin ich einer der ganz wenigen, die Ihr Wahl-
    rogramm lesen werden; aber ich habe es gelesen.


    (Beifall bei der FDP)


    enau das steht in Ihrem Programm. – Es zeigt sich,
    ass Sie die Systematik der Besteuerung von Ehegatten
    nd Familien nicht begriffen haben. Deswegen kündigen
    ie in Ihren Wahlprogrammen schlichtweg eine steuer-
    olitische Irrfahrt an: Sie wollen ausgerechnet den Split-
    ngtarif abschaffen. Abgesehen davon, würden Sie da-
    it natürlich eine massive Steuermehrbelastung gerade
    r die Familien in Deutschland herbeiführen, was in
    eiten der höchsten Steuereinnahmen in der Geschichte
    er Bundesrepublik Deutschland aus unserer Sicht wirk-
    ch völlig überflüssig ist.


    (Johannes Kahrs [SPD]: Ja! Und Sie machen trotzdem Schulden!)


    as zeigt aber ganz einfach die Unterschiede zwischen
    er bürgerlichen Seite dieses Hauses und der Opposi-
    onsseite,


    (Ingrid Arndt-Brauer [SPD]: Wir sind nicht bürgerlich, oder was?)


    ie im Wesentlichen nur davon getrieben ist, den Bür-
    ern so viel Steuern wie möglich abzuzocken, anstatt
    ich darauf zu konzentrieren, für ein vernünftiges Maß

    Steuerrecht zu sorgen.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)