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    Plenarprotokoll 17/241 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 241. Sitzung Berlin, Freitag, den 17. Mai 2013 I n h a l t : Glückwünsche zum Geburtstag des Abgeord- neten Johannes Singhammer . . . . . . . . . . . . Begrüßung des neuen Abgeordneten Gerhard Drexler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Absetzung des Tagesordnungspunktes 52 . . . Tagesordnungspunkt 51: a) Abgabe einer Regierungserklärung durch den Bundesminister für Umwelt, Natur- schutz und Reaktorsicherheit: Nukleare Entsorgung im Konsens regeln . . . . . . . b) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs ei- nes Gesetzes zur Suche und Auswahl ei- nes Standortes für ein Endlager für Wärme entwickelnde radioaktive Ab- fälle und zur Änderung anderer Gesetze (Standortauswahlgesetz – StandAG) (Drucksache 17/13471) . . . . . . . . . . . . . . . Peter Altmaier, Bundesminister BMU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stephan Weil, Ministerpräsident (Niedersachsen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Angelika Brunkhorst (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Dorothée Menzner (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Dr. Maria Flachsbarth (CDU/CSU) . . . . . . . . Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Kauch (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ute Vogt (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Andreas Jung (Konstanz) (CDU/CSU) . . . . . Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 53: a) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zum Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Übertra- gung besonderer Aufgaben im Zusam- menhang mit der Aufsicht über Kreditin- stitute auf die Europäische Zentralbank (Drucksachen 17/13470, 17/13523, 17/13539) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Abschirmung von Risiken und zur Planung der Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Finanzgruppen (Drucksachen 17/12601, 17/13035, 17/13523, 17/13539) . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 9: Beschlussempfehlung und Bericht des Fi- nanzausschusses zu dem Antrag der Fraktio- nen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN: Ein neuer Anlauf zur Bändigung der Finanzmärkte: Erpressungspotenzial ver- ringern – Geschäfts- und Investmentban- king trennen (Drucksachen 17/12687, 17/13523, 17/13539) Hartmut Koschyk, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Carsten Schneider (Erfurt) (SPD) . . . . . . . 30519 A 30519 A 30519 B 30519 B 30519 B 30519 C 30523 B 30524 C 30525 D 30527 B 30529 A 30530 B 30530 D 30532 A 30533 B 30534 C 30534 D 30534 B 30535 A 30536 C Inhaltsverzeichnis II Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 241. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Mai 2013 Manfred Zöllmer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Volker Wissing (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Axel Troost (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Peter Aumer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Carsten Sieling (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Björn Sänger (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ralph Brinkhaus (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 54: Antrag der Abgeordneten Anette Kramme, Angelika Krüger-Leißner, Hubertus Heil (Peine), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Moderne Mitbestimmung für das 21. Jahrhundert (Drucksache 17/13476) . . . . . . . . . . . . . . . . . Kerstin Tack (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Peter Weiß (Emmendingen) (CDU/CSU) . . . Jutta Krellmann (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Pascal Kober (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beate Müller-Gemmeke (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Johann Wadephul (CDU/CSU) . . . . . . . . . Klaus Barthel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 55: Beschlussempfehlung und Bericht des Innen- ausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Raju Sharma, Jan Korte, Agnes Alpers, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Demokratie stärken, Lobbyismus verhin- dern und Parteienfinanzierung transparen- ter gestalten (Drucksachen 17/9063, 17/13530) . . . . . . . . . Ingo Wellenreuther (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Gabriele Fograscher (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Stefan Ruppert (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Raju Sharma (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 10: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion DIE LINKE: Haltung der Bundesregierung beim Verkauf der TLG . . . . . . . . . . . . . . . . Heidrun Bluhm (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Norbert Brackmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Hans-Joachim Hacker (SPD) . . . . . . . . . . . . . Patrick Kurth (Kyffhäuser) (FDP) . . . . . . . . . Daniela Wagner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Christoph Bergner, Parl. Staatssekretär BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Andrea Wicklein (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Steffen Bockhahn (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Eckhardt Rehberg (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Iris Gleicke (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Michael Luther (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Stefanie Vogelsang (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Berichtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . Anlage 2 Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30537 B 30538 D 30539 D 30540 C 30541 D 30543 A 30544 C 30546 B 30548 D 30549 C 30549 D 30550 D 30552 B 30553 B 30555 A 30556 A 30557 D 30559 A 30559 B 30562 A 30563 C 30564 A 30565 C 30566 C 30566 D 30568 A 30569 A 30570 B 30571 B 30572 C 30573 D 30574 D 30576 A 30577 C 30579 B 30580 C 30581 D 30582 A 30583 A 30583 D Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 241. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Mai 2013 30519 (A) (C) (D)(B) 241. Sitzung Berlin, Freitag, den 17. Mai 2013 Beginn: 9.00 Uhr
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    30582 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 241. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Mai 2013 Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms (A) (C) (D)(B) Berichtigung 240. Sitzung, Seite 30158 D, vierter Absatz, der Zwi- schenruf des Abgeordneten Kai Gehring (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) ist wie folgt zu lesen:„ Unter Kohl lag der Spitzensteuersatz bei 53 Prozent!“ Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 241. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Mai 2013 30583 (A) (C) (D)(B) Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten * für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung der NATO Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner 909. Sitzung am 3. Mai 2013 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzu- stimmen bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Absatz 2 des Grundgesetzes nicht zu stellen: – Gesetz zur Abschaffung des Branntweinmonopols (Branntweinmonopolabschaffungsgesetz) – Gesetz zur Änderung des Finanz- und Personal- statistikgesetzes – Gesetz zur Änderung des Telekommunikations- gesetzes und zur Neuregelung der Bestandsdaten- auskunft Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Aigner, Ilse CDU/CSU 17.05.2013 Beck (Reutlingen), Ernst-Reinhard CDU/CSU 17.05.2013 Bellmann, Veronika CDU/CSU 17.05.2013 Bleser, Peter CDU/CSU 17.05.2013 Dr. Braun, Helge CDU/CSU 17.05.2013 Dr. Bunge, Martina DIE LINKE 17.05.2013 Dağdelen, Sevim DIE LINKE 17.05.2013 Dr. Gambke, Thomas BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 17.05.2013 Glos, Michael CDU/CSU 17.05.2013 Golze, Diana DIE LINKE 17.05.2013 Groneberg, Gabriele SPD 17.05.2013 Dr. Hein, Rosemarie DIE LINKE 17.05.2013 Heinen-Esser, Ursula CDU/CSU 17.05.2013 Hiller-Ohm, Gabriele SPD 17.05.2013 Hintze, Peter CDU/CSU 17.05.2013 Dr. Höll, Barbara DIE LINKE 17.05.2013 Humme, Christel SPD 17.05.2013 Koch, Harald DIE LINKE 17.05.2013 Dr. Lamers (Heidelberg), Karl A. CDU/CSU 17.05.2013* Laurischk, Sibylle FDP 17.05.2013 Leutert, Michael DIE LINKE 17.05.2013 Möller, Kornelia DIE LINKE 17.05.2013 Mücke, Jan FDP 17.05.2013 Neumann (Bremen), Bernd CDU/CSU 17.05.2013 Pflug, Johannes SPD 17.05.2013* Pieper, Cornelia FDP 17.05.2013 Roth (Augsburg), Claudia BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 17.05.2013 Roth (Esslingen), Karin SPD 17.05.2013 Roth (Heringen), Michael SPD 17.05.2013 Schlecht, Michael DIE LINKE 17.05.2013 Schmidt (Eisleben), Silvia SPD 17.05.2013 Schmidt (Aachen), Ulla SPD 17.05.2013* Schulte-Drüggelte, Bernhard CDU/CSU 17.05.2013 Schwanitz, Rolf SPD 17.05.2013 Schwarzelühr-Sutter, Rita SPD 17.05.2013 Spatz, Joachim FDP 17.05.2013* Dr. Steffel, Frank CDU/CSU 17.05.2013 Dr. Westerwelle, Guido FDP 17.05.2013 Zylajew, Willi CDU/CSU 17.05.2013 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Anlagen 30584 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 241. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Mai 2013 (A) (C) (D)(B) – Gesetz zur Neuregelung der Professorenbesol- dung und zur Änderung weiterer dienstrecht- licher Vorschriften (Professorenbesoldungsneu- regelungsgesetz) – … Strafrechtsänderungsgesetz – Beschränkung der Möglichkeit zur Strafmilderung bei Aufklä- rungs- und Präventionshilfe (… StrÄndG) – Gesetz zur Stärkung der Rechte von Opfern sexuellen Missbrauchs (StORMG) – Gesetz zur Schlichtung im Luftverkehr – Gesetz zur Änderung seeverkehrsrechtlicher und sonstiger Vorschriften mit Bezug zum Seerecht – Gesetz über Intelligente Verkehrssysteme im Stra- ßenverkehr und deren Schnittstellen zu anderen Verkehrsträgern (Intelligente Verkehrssysteme Gesetz – IVSG) – Gesetz zu dem Internationalen Übereinkommen von Nairobi von 2007 über die Beseitigung von Wracks – Gesetz zu dem Abkommen vom 3. Mai 2012 zwi- schen der Regierung der Bundesrepublik Deutsch- land und der Regierung der Republik Korea über die Seeschifffahrt – Gesetz zu dem Handelsübereinkommen vom 26. Juni 2012 zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits sowie Ko- lumbien und Peru andererseits Ferner hat der Bundesrat die folgende Entschließung gefasst: 1. Der Bundesrat stellt fest, dass mit dem Stillstand der WTO-Verhandlungen die Tendenz zu bilate- ralen Freihandelsabkommen zunimmt. Er hält grundsätzlich weltweite, multilaterale, an klare Standards und kontrollierbare Regeln gebundene Abkommen für sinnvoller als ein Geflecht bilate- raler Vereinbarungen. Weltweiter Handel schließt immer eine arbeits-, sozial-, umwelt-, rechts- und verbraucherpolitische Dimension ein, die beim Abschluss von Freihandelsabkommen vollum- fänglich berücksichtigt werden muss. Dies muss auch für EU-Handelsabkommen und sogenannte Gemischte Abkommen mit Drittstaaten gelten. 2. Der Bundesrat bedauert, dass das Freihandelsab- kommen mit Kolumbien und Peru nicht dem re- gionalen Integrationsansatz der EU folgt und neue Schranken zwischen den Staaten der Region errichtet. Es steht somit auch im Widerspruch zur Lateinamerika-Strategie der Bundesregierung, die regionale Integration zu fördern. 3. Der Bundesrat begrüßt das grundsätzliche Bemü- hen, mit dem Handelsübereinkommen zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaa- ten einerseits sowie Kolumbien und Peru anderer- seits an historische und kulturelle Verbindungen anzuknüpfen und eine Öffnung der Märkte unter anderem für Waren, Dienstleistungen, Öffentli- ches Beschaffungswesen und Investitionen sowie die Förderung der wirtschaftlichen Integration zwischen den Parteien zu erreichen, welche die wirtschaftliche Entwicklung voranbringen und auf diese Weise auch den Menschen in den be- troffenen Ländern zugutekommen soll. 4. Der Bundesrat kritisiert jedoch, dass das Freihan- delsabkommen zwar verbindliche Verpflich- tungen zur Marktöffnung im industriellen und agrarischen Bereich, zur Liberalisierung vieler Bereiche der Daseinsvorsorge und Infrastruktu- ren, des öffentlichen Beschaffungswesens um- fasst und einen Eingriff in das Alltagsleben und die sozialen und politischen Verhältnisse der Menschen darstellt, dass aber diesen Verpflich- tungen keine flankierenden arbeits-, sozial-, um- welt-, rechts- und verbraucherpolitischen Rege- lungen mit entsprechender Verbindlichkeit und Kontroll- und Eingriffsmechanismen innerhalb des eigentlichen Abkommens an die Seite gestellt sind. 5. Der Bundesrat kritisiert zudem, dass die im Han- delsabkommen vereinbarten Liberalisierungen der Finanzmärkte die Bemühungen zur Regulie- rung des internationalen Finanzsektors erschwe- ren und Geldwäsche und Steuerhinterziehung erleichtern können. So könnten Finanzakteure riskante Geschäfte machen, ohne ausreichend von einer der Vertragsparteien kontrolliert zu sein. Das Abkommen schützt nur unzureichend das Recht der Vertragsparteien, Kapitalflüsse zu kontrollieren. 6. Der Bundesrat erkennt an, dass der erste Artikel des Handelsübereinkommens auch umfassende Bestimmungen enthält, die den Schutz der Men- schenrechte einfordern. Es ist zu begrüßen, dass sich die Achtung der demokratischen Grundsätze und der grundlegenden Menschenrechte sowie des Grundsatzes der Rechtstaatlichkeit in den in- nenpolitischen Maßnahmen und der internationa- len Politik der Vertragsparteien spiegeln muss und dass die Missachtung dieses wesentlichen Bestandteils des Übereinkommens zur Ergreifung angemessener Maßnahmen führen kann, unter anderem zur möglichen Beendigung bzw. zur Aussetzung eines Teils oder des gesamten Über- einkommens. 7. Der Bundesrat betont aber, dass es im Falle Ko- lumbiens und Perus wichtig gewesen wäre, den allgemeinen Streitbeilegungsmechanismus auch bei Verstößen gegen die Regelungen zum Schutz von Arbeitnehmer-, Menschen- und Umweltrech- ten anzuwenden, damit auch solche Verstöße in dafür vorgesehenen Verfahren im Rahmen des Abkommens sanktioniert werden können. Dabei hätte sichergestellt werden müssen, dass insbe- sondere auch Beschwerden von Seiten der Zivil- gesellschaft direkt zu entsprechenden Verfahren hätten führen können. Im Abkommen stellt Arti- kel 285 Absatz 5 explizit klar, dass der Streitbei- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 241. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Mai 2013 30585 (A) (C) (D)(B) legungsmechanismus für das Nachhaltigkeitska- pitel nicht zur Anwendung kommt. 8. Der Bundesrat begrüßt in diesem Zusammenhang ausdrücklich, dass das Europäische Parlament erstmalig ein Handelsabkommen mit einer Reso- lution zu Menschen- und Arbeitnehmerrechten sowie zu den Umweltstandards ergänzt und von den souveränen Regierungen Kolumbiens und Perus einen konkreten Fahrplan zur Verbesserung der Situation von Gewerkschaftern sowie zur Verbesserung von Sozial- und Umweltstandards eingefordert hat. Beide Länder sind auf die For- derung des Europäischen Parlaments eingegan- gen und haben im Oktober 2012 entsprechende Fahrpläne vorgelegt. Damit verpflichtet sich etwa die kolumbianische Regierung öffentlich unter anderem dazu, die Zivilgesellschaft in die Umset- zung des Abkommens einzubeziehen, eine neue „Fachgruppe für Handelsabkommen und Men- schenrechte“ einzurichten, das Budget für das Schutzprogramm für Gewerkschafter aufzusto- cken und die Anzahl der Arbeitsinspektionen deutlich zu erhöhen. Ebenso soll in Zusammen- arbeit mit der Zivilgesellschaft ein neues System zur strafrechtlichen Ermittlung aufgebaut wer- den, um das Problem der hohen Straflosigkeit an- zugehen. Der Bundesrat begrüßt, dass durch die entschlossene Haltung des Europäischen Parla- ments erreicht werden konnte, dass die Umset- zung vereinbarter Nachhaltigkeitsstandards in Kolumbien und Peru von der Kommission und dem Europäischen Parlament überprüft wird. 9. Der Bundesrat erkennt an, dass mit dem ausge- handelten Nachhaltigkeitskapitel, der Menschen- rechtsklausel sowie den eingegangenen arbeits-, sozial-, umwelt-, rechts- und verbraucherpoliti- schen Verpflichtungen die Europäische Union Möglichkeiten zur Einflussnahme auf die Situa- tion der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, der Umwelt und der Menschenrechte in Kolum- bien und Peru erhalten soll. 10. Der Bundesrat sieht gleichwohl, dass trotz der er- heblichen Anstrengungen, die sowohl Kolumbien als auch Peru in den letzten Jahren zur Verbesse- rung der allgemeinen Lebensbedingungen ihrer Bürgerinnen und Bürger einschließlich der Men- schen- und Arbeitnehmerrechte unternommen haben, zur vollständigen Verwirklichung der fest- gelegten und von einzelnen Bürgern, zivilgesell- schaftlichen Organisationen, den Oppositionspar- teien und der Regierung geforderten hohen Standards sowohl in Kolumbien als auch in Peru noch weitere erhebliche Anstrengungen unter- nommen werden müssen. Dies gilt insbesondere für die seit langem bestehenden Probleme wie Armut, Gewalt und Korruption, einen internen bewaffneten Konflikt (im Falle Kolumbiens mehr als 50 Jahre), illegale bewaffnete Gruppen, Dro- genhandel, Straflosigkeit, Vertreibung, Landent- eignung und Missachtung der Rechte indigener Bevölkerungsgruppen. 11. Der Bundesrat betont, dass der erfolgten Verein- barung neuer innerstaatlicher Mechanismen und eines Dialogs mit der Zivilgesellschaft, auch schon bei nur vorläufiger Anwendung des Ab- kommens, nun eine entschlossene Umsetzung folgen muss, welche getroffene Verabredungen zügig mit Leben erfüllt. Er ermutigt in diesem Zusammenhang die zivilgesellschaftlichen Orga- nisationen in den Andenstaaten und in der Euro- päischen Union, die neue Möglichkeiten der Ein- flussnahme zu nutzen, und fordert die beteiligten Regierungen auf, die Umsetzung der arbeits-, sozial-, umwelt-, rechts- und verbraucherpoliti- schen Verpflichtungen entschlossen anzugehen und dabei auch eine umfangreiche Informations- und Werbekampagne vorzusehen, um möglichst viele der interessierten Gruppen oder Personen für eine Beteiligung an dem Kontrollrahmen des zivilgesellschaftlichen Mechanismus zu gewin- nen. Alle diese Schritte sind auch schon bei nur vorläufiger Anwendung des Abkommens mög- lich. 12. Der Bundesrat begrüßt, dass der Handelsaus- schuss des Europäischen Parlaments erstmalig eine Monitoring-Gruppe eingesetzt hat, die die Umsetzung arbeits-, sozial-, umwelt-, rechts- und verbraucherpolitischer Verpflichtungen und des in dem Abkommen enthaltenen Nachhaltigkeits- kapitels bereits seit dem Zeitpunkt der vorläufi- gen Anwendung des Abkommens überwachen wird. 13. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, die Implementation der von Kolumbien und Peru eingegangenen arbeits-, sozial-, umwelt-, rechts- und verbraucherpolitischen Verpflichtungen auch schon im Rahmen der vorläufigen Anwendung des Abkommens eng zu begleiten und auch auf natio- naler und europäischer Ebene auf Strukturen hin- zuwirken, die eine Implementation sicherstellen und ein wirkungsvolles Monitoring garantieren. 14. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung zu- dem dazu auf, bei der Erteilung eines Verhand- lungsmandats für EU-Handelsabkommen an die Kommission die Einbeziehung von Nachhaltig- keitsaspekten sowie die Wahrung von Sozial-, Menschenrechts-, Umwelt- und Verbraucher- schutzstandards und Belangen des Klimaschutzes im jeweiligen Abkommen und unter dem allge- meinen Streitbeilegungsmechanismus einzufor- dern. Die vereinbarten arbeits-, sozial-, umwelt-, rechts- und verbraucherpolitischen Verpflichtun- gen mit Kolumbien und Peru, die die Entschlie- ßung des Europäischen Parlaments veranlasst hat, weisen in die richtige Richtung und stellen unmit- telbare Verbesserungen gegenüber dem Status quo dar. Zur wirksamen und dauerhaften Absi- cherung dieser Standards ist aber die Einführung umfangreicher, verbindlicher und durch entspre- chende Streitbeilegungsmechanismen durchsetz- barer Regelungen innerhalb zukünftiger Abkom- men nötig. 30586 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 241. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Mai 2013 (A) (C) (D)(B) – Elftes Gesetz zur Änderung des Bundes-Immis- sionsschutzgesetzes – Gesetz zur Stärkung der Innenentwicklung in den Städten und Gemeinden und weiteren Fortent- wicklung des Städtebaurechts Der Bundesrat hat ferner die nachstehende Entschlie- ßung gefasst: Zu Artikel 1 Nummer 16 Buchstabe b (§ 35 Absatz 4 BauGB) Der Bundesrat bedauert, dass das vom Deutschen Bundestag beschlossene Gesetz einen neuen Begüns- tigungstatbestand in § 35 Absatz 4 BauGB enthält. Wie der Bundesrat bereits in seiner Stellungnahme vom 21. September 2012, vergleiche BR-Drucksache 474/12 (Beschluss), zu dem Gesetzentwurf der Bun- desregierung verdeutlicht hat, führt dieser neue Tatbe- stand zu einer Intensivierung und Verfestigung der Nutzung des Außenbereichs und widerspricht damit dem erklärten Ziel des Gesetzes, die Innenentwick- lung zu stärken und die Neuinanspruchnahme von Flächen zu vermeiden. Nach Auffassung des Bundesrates bietet die bereits derzeit gültige Fassung des § 35 Absatz 4 BauGB ausreichende Möglichkeiten, nicht mehr für die Land- wirtschaft genutzte Bestandsbauten einer anderen zweckmäßigen Nutzung zuzuführen. Gegebenenfalls käme – sofern öffentliche Belange von einer Neu- errichtung nicht beeinträchtigt werden – auch die Zu- lassung eines Vorhabens über § 35 Absatz 2 BauGB in Betracht. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung daher ent- sprechend seiner Stellungnahme zum Gesetzentwurf vom 21. September 2012 erneut auf, umgehend einen Gesetzentwurf vorzulegen, mit dem die Erweiterung des § 35 Absatz 4 BauGB wieder gestrichen wird. Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass der Ausschuss gemäß § 80 Absatz 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Innenausschuss – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht über die Evaluierung des Nachweises einfacher Deutschkenntnisse beim Ehegattennachzug nach dem Aufenthaltsgesetz – Sprachlern- und Sprachtestange- bote, Visumverfahren – Drucksachen 17/3090, 17/4118 Nr. 1.1 – Ausschuss für Wirtschaft und Technologie – Unterrichtung durch die Bundesregierung Dritter Bericht der Bundesregierung über die Entwick- lung und Zukunftsperspektiven der maritimen Wirt- schaft in Deutschland – Drucksachen 17/12567 – Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung – Unterrichtung durch die Bundesregierung Gutachten zu Forschung, Innovation und technologi- scher Leistungsfähigkeit Deutschlands 2011 und Stellungnahme der Bundesregierung – Drucksachen 17/8226 – – Unterrichtung durch die Bundesregierung Gutachten zu Forschung, Innovation und technologi- scher Leistungsfähigkeit 2012 – Drucksachen 17/8872 – – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bundesbericht Forschung und Innovation 2012 – Drucksachen 17/9680 – – Unterrichtung durch die Bundesregierung Gutachten zu Forschung, Innovation und technologi- scher Leistungsfähigkeit Deutschlands 2013 – Drucksachen 17/12611 – – Unterrichtung durch die Bundesregierung Hightech-Strategie 2020 für Deutschland – Bilanz und Perspektiven hier: Stellungnahme der Bundesregierung zum Gutach- ten zu Forschung, Innovation und technologischer Leis- tungsfähigkeit Deutschlands 2013 – Drucksachen 17/13075 – Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden Unionsdokumente zur Kenntnis genommen oder von ei- ner Beratung abgesehen hat. Auswärtiger Ausschuss Drucksache 17/13183 Nr. A.1 EuB-BReg 21/2013 Drucksache 17/13183 Nr. A.2 EuB-BReg 22/2013 Drucksache 17/13183 Nr. A.3 Ratsdokument 5128/13 Drucksache 17/13340 Nr. A.2 EuB-BReg 23/2013 Drucksache 17/13340 Nr. A.3 EuB-BReg 24/2013 Innenausschuss Drucksache 17/11242 Nr. A.3 Ratsdokument 14230/12 Drucksache 17/12126 Nr. A.13 Ratsdokument 17680/12 Rechtsausschuss Drucksache 17/4927 Nr. A.12 Ratsdokument SEK-Nr.(2011)173 endg. Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Drucksache 17/2994 Nr. A.34 EuB-BReg 115/2010 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 241. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Mai 2013 30587 (A) (C) (D)(B) Ausschuss für Arbeit und Soziales Drucksache 17/12911 Nr. A.4 Ratsdokument 6380/13 Drucksache 17/12911 Nr. A.5 Ratsdokument 6671/13 Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Drucksache 17/3135 Nr. A.6 Ratsdokument 13216/10 Drucksache 17/4338 Nr. A.16 EuB-EP 2087 Drucksache 17/7423 Nr. A.34 Ratsdokument 14556/11 Drucksache 17/11108 Nr. A.17 Ratsdokument 13707/12 Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 17/11617 Nr. A.13 Ratsdokument 15627/12 Drucksache 17/11919 Nr. A.17 Ratsdokument 15984/12 Drucksache 17/12449 Nr. A.10 Ratsdokument 5600/13 Drucksache 17/12587 Nr. A.16 Ratsdokument 5864/13 Drucksache 17/12783 Nr. A.10 Ratsdokument 6186/13 Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Drucksache 17/11439 Nr. A.17 Ratsdokument 14869/12 Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Drucksache 17/9797 Nr. A.11 Ratsdokument 9170/12 Drucksache 17/11439 Nr. A.21 Ratsdokument 14854/12 Ausschuss für Kultur und Medien Drucksache 17/10710 Nr. A.86 Ratsdokument 12558/12 241. Sitzung Inhaltsverzeichnis TOP 51Regierungserklärung zur nuklearen Entsorgung TOP 53, ZP 9 Bankenaufsicht und Bankenabwicklung TOP 54Moderne Mitbestimmung TOP 55Lobbyismus und Parteienfinanzierung ZP 10 Aktuelle Stunde zum Verkauf der TLG - Wohnungen Anlagen
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Johann Wadephul


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)


    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

    Herren! Es ist sicherlich aller Anstrengungen des Hohen
    Hauses wert, miteinander über die betriebliche Mitbe-
    stimmung zu sprechen, darüber zu diskutieren und zu
    schauen, wo nachjustiert werden muss. Mitbestimmung
    ist auf allen Ebenen, auf denen sie stattfindet, eine große
    soziale Errungenschaft Deutschlands. Da kann ich nur
    das unterstreichen, was zuletzt die Kollegin Müller-
    Gemmeke gesagt hat; da sind wir alle einer Meinung. In
    der Tat: Betrieblicher Frieden ist wichtig.

    Peter Weiß hat auf die Ursprünge des aktuellen Be-
    triebsverfassungsgesetzes hingewiesen. Es hat Vorläufer
    aus den 50er-Jahren und den 20er-Jahren. Schon in der
    Weimarer Republik wurde erkannt, dass Demokratie,
    Rechtsstaat und Mitbestimmung nur dann erfolgreich
    gelingen können, wenn es auch auf betrieblicher Ebene
    gelingt, einen Ausgleich zwischen den Eigentümerinte-
    ressen des Unternehmers und den Interessen der Arbeit-
    nehmerinnen und Arbeitnehmer zu gewährleisten. Das
    gelang in Deutschland schon in Weimarer Zeiten, gelingt
    aber auch in der bundesrepublikanischen Zeit in hervor-
    ragender Weise. Der betriebliche Frieden, den wir hier
    haben, ist in der Tat ein hohes Gut, das wir alle schützen
    sollten, zu dem wir uns bekennen sollten. Es ist ein Teil
    des Erfolgsmodells Deutschland.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


    Deswegen muss man Verschiebungen immer mit
    Sorge sehen. Es fängt auf der Ebene der Tarifautonomie
    an. Ich will hier ausdrücklich sagen: Wir sind dafür, dass
    es starke Gewerkschaften, starke Tarifverträge und Flä-
    chentarifverträge gibt. Es ist nicht gut, wenn ein Unter-
    nehmen wie Karstadt meint, hier ausscheren zu müssen;
    das will ich ausdrücklich sagen. Es ist eine freie unter-
    nehmerische Entscheidung. Aber ich glaube, jeder trägt
    eine Verantwortung für das Gemeinwohl; auch Unter-
    nehmer haben hier eine Verantwortung. Ich finde, die
    Entscheidung ist insofern kein gutes Signal. Denn Unter-
    nehmer müssen erkennen, was in der Debatte schon ge-
    sagt worden ist: Manchmal müssen auch schwierige Ent-

    scheidungen getroffen werden. Gerade Karstadt hat das
    erleben müssen. Das Unternehmen entwickelt sich jetzt
    positiv, und zwar nur deshalb, weil Arbeitnehmerinnen
    und Arbeitnehmer einen Teil dazu beigetragen haben,
    weil sie auf Gehalt verzichtet haben und es Gewerk-
    schafter gegeben hat, die ihnen das erklärt haben und sie
    mitgenommen haben. Deswegen ist es aus meiner Sicht
    keine Petitesse, zu sagen: Es geht uns wieder etwas bes-
    ser, jetzt brauchen wir Tarifverträge nicht mehr so sehr;
    wir haben schwierige Zeiten hinter uns, und jetzt ver-
    zichten wir darauf. –


    (Klaus Barthel [SPD]: Ihr Wort in Gottes Gehörgang!)


    Nein, Mitbestimmung braucht man in guten wie in
    schlechten Zeiten, und dazu gehören ein gutes Tarifver-
    tragssystem, aber auch funktionierende Betriebsräte in
    Deutschland.


    (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Weil das unsere Auffassung ist, bin ich angesichts ei-
    ner gewissen Lieblosigkeit, mit der dieser Antrag zu-
    sammengeschrieben worden ist, in der Tat etwas ent-
    täuscht; das sage ich jetzt nicht in einer Reflexreaktion,
    die uns sozusagen schon vorher von der Opposition un-
    terstellt wurde. Meine sehr verehrten Damen und Her-
    ren, es fängt natürlich schon damit an, dass Sie diesen
    Antrag in einer der letzten Sitzungswochen dieser Legis-
    laturperiode stellen. Jetzt merken Sie, dass dringender
    Handlungsbedarf besteht. Das ist nun wirklich sehr spät.
    Zudem beschreiben Sie diesen Handlungsbedarf in einer
    Art und Weise, die man natürlich nicht ganz ernst neh-
    men kann.


    (Kerstin Tack [SPD]: Was?)


    – Sie als Opposition fordern die Bundesregierung auf,
    einen Gesetzentwurf vorzulegen. Machen Sie es doch
    bitte selber! Wir sind die gesetzgebende Körperschaft.
    Setzen Sie sich hin! Sie haben kluge Juristen in Ihren ei-
    genen Reihen und in Ihrer Mitarbeiterschaft, fragen Sie
    die Gewerkschaften. Machen Sie konkrete Vorschläge
    zum Betriebsverfassungsgesetz:


    (Klaus Barthel [SPD]: Wir haben ein Mindestlohngesetz vorgelegt! Was ist daraus geworden?)


    – Herr Barthel, das werden wir wahrscheinlich gleich
    von Ihnen hören. – Was soll in § 80, § 92, § 87 und § 99
    konkret textlich geändert werden, damit Ihre vermeintli-
    chen Anliegen durchgesetzt werden können? Sie bieten
    gar nichts!

    Der vorliegende Antrag ist eine Enttäuschung – das
    muss ich Ihnen so sagen – und wird dem Anspruch mo-
    derner Mitbestimmung im 21. Jahrhundert nicht gerecht;


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


    denn auf das Thema, das Sie angesprochen haben, näm-
    lich dass es zu wenig Betriebsräte gibt, wird überhaupt
    nicht eingegangen.





    Dr. Johann Wadephul


    (A) (C)



    (D)(B)


    Frau Krellmann, das hat im Übrigen nichts damit zu
    tun, dass einzelne Betriebsräte auf Druck der Arbeitge-
    berseite immer wieder Kündigungen ausgesetzt sind.
    Das will ich nicht rechtfertigen, das ist nicht in Ordnung,
    dagegen muss man sich wehren, und ich habe Betroffene
    schon arbeitsgerichtlich vertreten. Aber man darf nicht
    vergessen, dass sie in Deutschland einen einmaligen
    Schutz genießen. Suchen Sie einen entsprechenden
    Schutz im europäischen Ausland.

    Ich weiß nicht, was der Grund für die fristlose Kündi-
    gung bei H&M gewesen ist. Es ist auch nicht unsere
    Aufgabe, darüber zu richten, ob die richtig oder falsch
    war. Das ist die Aufgabe der Arbeitsgerichte. Wir sorgen
    für einen Schutzrahmen.

    Wir haben in Deutschland ein geltendes Betriebsver-
    fassungsgesetz, zu dem wir stehen. Es sorgt dafür, dass
    Betriebsräte einen Schutz genießen, wie ihn Betriebsräte
    in anderen Ländern Europas nicht haben. Das ist gut so.
    Dabei soll es bleiben.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Zuruf der Abg. Jutta Krellmann [DIE LINKE])


    – Frau Krellmann, das will ich Ihnen sagen: Wenn die
    Kündigung deshalb erfolgt sein sollte, weil der Betriebs-
    ratsvorsitzende sehr aktiv war, dann ist die Kündigung
    mit hoher Wahrscheinlichkeit unwirksam. Genau das
    steht im Betriebsverfassungsgesetz. Vielleicht gibt es
    aber auch andere Gründe, darüber müssen die Arbeitsge-
    richte entscheiden. Sie sollten nicht generell die Arbeit-
    geber, die sich zu solchen Schritten genötigt fühlen, ver-
    urteilen.

    Ich will Sie abschließend auf einen zweiten Punkt
    hinweisen, der für uns wichtig ist. Es gibt einen großen
    Unterschied zwischen den Tarifverträgen unterworfenen
    Arbeitnehmern und denjenigen, die dem Betriebsrat un-
    terworfen sind.

    Im Übrigen gilt die Betriebsvereinbarung auch für be-
    fristet Beschäftigte. Diese werfen Sie in Ihrem Antrag
    mit Leiharbeitnehmern in einen Topf. Man kann darüber
    reden, dass es in diesem Bereich Probleme gibt, aber
    Tatsache ist: Ein befristet beschäftigter Arbeitnehmer ist
    bei der Betriebsratswahl stimmberechtigt, und wenn eine
    Betriebsvereinbarung getroffen ist, dann ist er ihr unter-
    worfen. Ich weiß deshalb nicht, was befristete Arbeits-
    verhältnisse in Ihrem Antrag zu suchen haben; denn die
    spielen in diesem Zusammenhang keine Rolle. Auch das
    ist in Ihrer Begründung sehr unsubstanziell.

    Es gibt einen wichtigen Unterschied, zu dem wir ste-
    hen. Materielle Arbeitsbedingungen – Bezahlung, Dauer
    der Arbeitszeit – sollen die Gewerkschaften regeln, in-
    dem sie Tarifverträge schließen. Das sollen nicht die Be-
    triebsräte beschließen. Das steht im Betriebsverfas-
    sungsgesetz in § 77 Abs. 3. An diesem wichtigen
    Unterschied sollten wir festhalten.

    Es gibt zwei Seiten. Die eine Seite ist: Man kann sich
    einer Betriebsvereinbarung als Arbeitnehmer nicht ent-
    ziehen. Jeder, der in einem Betrieb arbeitet, ist ihr auto-
    matisch unterworfen, sie wirkt wie ein Gesetz im Be-

    trieb. Die andere Seite ist: Der Betriebsangehörige kann
    nicht einfach streiken. Der Betriebsrat kann im Betrieb
    keinen Streik ausrufen. Das können nur Gewerkschaften
    für die Tarifunterworfenen machen, und ob man tarifun-
    terworfen sein will, kann man selbst entscheiden, indem
    man einer Gewerkschaft beitritt oder es eben lässt. Die-
    ser wichtige Unterschied wird in Ihrem Antrag nicht
    deutlich. Es gibt diesen wichtigen Unterschied zwischen
    dem Tarifvertragsbereich und dem Bereich, den wir im
    Betriebsverfassungsgesetz geregelt haben. Das Betriebs-
    verfassungsgesetz kann nur für den Betrieb gelten.

    Auf der Ebene des Betriebsverfassungsgesetzes kön-
    nen wir im Bereich der Leiharbeitnehmer nichts machen
    – man darf aber in der Tat nicht in einen Ruhemodus ver-
    fallen, sondern man sollte über Verbesserungen nach-
    denken –; denn sie gehören nicht zum Betrieb, sondern
    zum Betrieb des Verleihers. Diesen Konflikt haben Sie
    in Ihrem Antrag völlig verkannt. Das finde ich bedauer-
    lich. Wir werden in der nächsten Legislaturperiode si-
    cherlich mit mehr Substanz an das Thema herangehen
    müssen.

    In wichtigen Punkten besteht Konsens.


    (Klaus Barthel [SPD]: Wo denn? – Kerstin Tack [SPD]: Wo?)


    Die betriebliche Mitbestimmung ist ein Kernbestandteil
    des sozialen Friedens in Deutschland, und Union und
    FDP werden auch in diesem Bereich weitere vier gute
    Jahre regieren.

    Vielen Dank.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Da haben viele Angst vor!)




Rede von Eduard Oswald
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

Vielen Dank, Kollege Dr. Wadephul. – Letzter Redner

in dieser Aussprache ist für die Fraktion der Sozialdemo-
kraten unser Kollege Klaus Barthel. Bitte schön, Kollege
Klaus Barthel.


(Beifall bei der SPD – Zuruf von der FDP: Jetzt kommt der Ausputzer!)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Klaus Barthel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Unser An-

    trag muss schon ganz gut sein, weil sich alle, die sich ir-
    gendwie kritisch dazu geäußert haben, zu allem Mögli-
    chen gesprochen haben, nur nicht zu dem Antrag. Frau
    Müller-Gemmeke war dabei eine löbliche Ausnahme;
    sie hat sich positiv darauf bezogen. Aber ansonsten ha-
    ben wir hier doch nur Nebelkerzen gesehen. Da hören
    wir irgendetwas von Kündigungen von Betriebsratsvor-
    sitzenden, was jetzt schon verboten ist. Wir hören, dass
    Herr Wissing irgendetwas mit Mitbestimmung zu tun ha-
    ben soll.


    (Lachen der Abg. Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


    Der Kollege Weiß erzählt uns hier etwas vom Präven-
    tionsgesetz. Da könnte man noch sagen – das hat er aber





    Klaus Barthel


    (A) (C)



    (D)(B)


    nicht erwähnt –, dass ein Präventionsgesetz auch nur bei
    betrieblicher Mitbestimmung sinnvoll umgesetzt werden
    kann, weil man dafür Akteure und nicht einfach nur
    Geld braucht, das Krankenkassen zahlen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Aber all das sei einmal dahingestellt.

    Außerdem ging es um den Zeitpunkt, zu dem wir die-
    sen Antrag einbringen. Wir wollen am Ende dieser Le-
    gislaturperiode, nachdem die Sozialdemokratie ja die
    Partei der Mitbestimmung ist, dies schon seit Jahren dis-
    kutiert und es auch in ihrem Wahlprogramm stehen hat,
    einfach einmal von den anderen hören, wie sie sich zur
    Zukunft der Mitbestimmung stellen. Das ist doch legi-
    tim. Wenn man die Antworten hört, dann muss man sa-
    gen: Das ist doch erbärmlich.


    (Beifall bei der SPD)


    Schon allein deswegen hat es sich gelohnt, diesen An-
    trag zu stellen.

    Es wurde schon gesagt: Ohne Mitbestimmung wären
    wir nicht so gut durch die Krise gekommen. Interne Fle-
    xibilität mit Arbeitszeitkonten und mit Kurzarbeiterrege-
    lung geht nur mit Mitbestimmung. Auch der jetzt immer
    wieder gelobte hohe Industrieanteil in Deutschland hat
    etwas mit Mitbestimmung zu tun und eben nicht mit den
    Rezepten von „hire and fire“, nicht mit Lohnsenkungen,
    nicht mit dem Herr-im-Hause-Standpunkt.

    Ein Zeitungsartikel vor einiger Zeit, übrigens nicht in
    einem sozialistischen Blatt, enthielt die Aussage, dass Be-
    triebsräte, dass die Mitbestimmung – wörtliches Zitat –
    Bollwerke gegen Betriebsschließungen sind. Man muss
    doch ganz klar sagen: Viele Betriebe, gerade in der Indus-
    trie, gäbe es ohne Mitbestimmung, ohne Betriebsräte
    heute überhaupt nicht mehr. Deshalb ist die Frage – An-
    kündigungen oder Lobhudeleien sind ja billig –: Was folgt
    daraus?

    Den historischen Teil will ich mir schenken, weil Herr
    Dr. Wadephul dankenswerterweise darauf hingewiesen
    hat, dass es keine Idee von Union und FDP war, Be-
    triebsräte einzuführen, sondern dass es sie seit 1918/19
    gibt und dass die Nazis sie aus gutem Grund vor ziem-
    lich genau 80 Jahren aus den Ämtern gejagt und ver-
    drängt haben, weil das eben ein Bollwerk der Demokra-
    tie ist.


    (Karl Schiewerling [CDU/CSU]: Die CDU hat es damals noch gar nicht gegeben! Aber das Zentrum hat sich darum gekümmert!)


    1945 waren Betriebsräte die Ersten, die die Wirtschaft
    wieder ans Laufen gebracht haben, weil die Chefs teil-
    weise im Gefängnis saßen oder sich aus dem Staub ge-
    macht hatten. Dann waren sie als Getriebene durch
    Streiks der Gewerkschaften gezwungen, betriebliche
    Mitbestimmung einzuführen, und so ging es weiter. Alle
    substanziellen Änderungen an der Mitbestimmung ha-
    ben Sozialdemokraten eingeführt,


    (Dr. Johann Wadephul [CDU/CSU]: Herr Kollege Barthel, aber nur im freien Teil Deutschlands! Sagen Sie mal etwas zur DDR!)


    beispielsweise beim Mitbestimmungsgesetz 1972, 1976
    und zuletzt 2001. Auch die erleichterte Wahl von Be-
    triebsräten war ein Fortschritt, der von der SPD zusam-
    men mit den Grünen durchgesetzt worden ist.


    (Beifall bei der SPD – Jutta Krellmann [DIE LINKE]: Das war kein Fortschritt!)


    Das alles heißt aber nicht, dass wir uns zufrieden zu-
    rücklehnen können. Wir können es nicht, weil sich die
    Arbeitswelt und betriebliche Strukturen und damit auch
    die Anforderungen an Betriebsrätinnen und Betriebsräte
    verändern. Wir erleben, dass durch Leiharbeit, durch die
    Praxis von Werkverträgen Menschen in den Betrieben
    beschäftigt sind, die aber letzten Endes nicht von Be-
    triebsrätinnen und Betriebsräten vertreten werden kön-
    nen, weil die rechtliche Situation in diesem Punkt nicht
    klar ist.

    Es hat zwar jetzt hinsichtlich der Leiharbeit ein Bun-
    desarbeitsgerichtsurteil die Zuständigkeiten der Betriebs-
    räte verbessert. Aber wir brauchen hier klare gesetzliche
    Regelungen, damit auch Werkauftragsnehmerinnen und
    -nehmer oder Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter an dem
    Ort, an dem sie arbeiten, geschützt werden können und es
    für sie eine Kontrolle zum Beispiel bezüglich ihrer Ar-
    beitsbedingungen, Löhne, Arbeitszeiten usw. in dem Be-
    trieb, in dem sie arbeiten, gibt und nicht irgendwo, von
    wo sie ausgeliehen werden. Wenn Sie das nicht hinbe-
    kommen, dann können Sie hier noch so viele heilige Re-
    den auf Mitbestimmung und Betriebsräte halten, aber in
    Wahrheit entziehen Sie den Betriebsräten dann die Wir-
    kungsmöglichkeiten. Auch dadurch, dass es keine Frei-
    stellungen und zusätzlichen Mandate für Betriebsräte
    gibt, entziehen Sie ihnen die Arbeitsmöglichkeiten. Was
    hier gemacht wird, ist ein bisschen eine Strategie des Zu-
    Tode-Lobens. Da muss man aufpassen.

    Wir brauchen – das ist der zweite Bereich, um den es
    hier geht – eine Zuständigkeitsausweitung für Betriebs-
    räte. Sie reden immer darüber, dass Sie die Rente mit 67
    wollen.


    (Dr. Johann Wadephul [CDU/CSU]: Herr Barthel! Das ist Gesetz!)


    Wir hingegen wollen erst einmal dafür sorgen, dass die
    Leute mit 65 gesund arbeiten und gesund in Rente gehen
    können. Wenn Sie die Rente mit 67 wollen, dann müssen
    Sie auch dafür sorgen, dass auf betrieblicher Ebene Stra-
    tegien zur Qualifizierung entwickelt und umgesetzt wer-
    den. Dafür brauchen die Betriebsräte Initiativrechte auch
    beim Arbeits- und Gesundheitsschutz. Diese Rechte ha-
    ben sie im Moment nicht. Das muss man betrieblich
    durchsetzen, da helfen sonst die besten Gesetze nichts.
    Also: Wer Mitbestimmung auch in Zukunft will, wer
    vernünftige Betriebsratsarbeit auch in Zukunft will, der
    muss die Rechtsgrundlagen reformieren. Wir brauchen
    eine Reform des Betriebsverfassungsgesetzes.

    Im Übrigen sage ich: Wenn Sie alle der Meinung sind,
    dass die Mitbestimmung vorbildhaft und ein Export-





    Klaus Barthel


    (A) (C)



    (D)(B)


    schlager ist, dann sollten Sie dafür sorgen, dass die Ar-
    beitnehmerrechte im restlichen Europa gestärkt und
    nicht durch die Austeritätspolitik von Frau Merkel ka-
    puttgemacht werden.


    (Zurufe von der CDU: Oh!)


    Denken Sie einmal darüber nach! Vielleicht können Sie
    doch noch etwas Positives an unserem Antrag finden.

    Wir werden das in der nächsten Legislaturperiode
    umsetzen. Sinn dieses Antrages ist ja auch, dass wir sa-
    gen, was wir ab September machen werden.


    (Beifall bei der SPD)