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    Plenarprotokoll 17/241 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 241. Sitzung Berlin, Freitag, den 17. Mai 2013 I n h a l t : Glückwünsche zum Geburtstag des Abgeord- neten Johannes Singhammer . . . . . . . . . . . . Begrüßung des neuen Abgeordneten Gerhard Drexler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Absetzung des Tagesordnungspunktes 52 . . . Tagesordnungspunkt 51: a) Abgabe einer Regierungserklärung durch den Bundesminister für Umwelt, Natur- schutz und Reaktorsicherheit: Nukleare Entsorgung im Konsens regeln . . . . . . . b) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs ei- nes Gesetzes zur Suche und Auswahl ei- nes Standortes für ein Endlager für Wärme entwickelnde radioaktive Ab- fälle und zur Änderung anderer Gesetze (Standortauswahlgesetz – StandAG) (Drucksache 17/13471) . . . . . . . . . . . . . . . Peter Altmaier, Bundesminister BMU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stephan Weil, Ministerpräsident (Niedersachsen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Angelika Brunkhorst (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Dorothée Menzner (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Dr. Maria Flachsbarth (CDU/CSU) . . . . . . . . Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Kauch (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ute Vogt (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Andreas Jung (Konstanz) (CDU/CSU) . . . . . Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 53: a) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zum Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Übertra- gung besonderer Aufgaben im Zusam- menhang mit der Aufsicht über Kreditin- stitute auf die Europäische Zentralbank (Drucksachen 17/13470, 17/13523, 17/13539) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Abschirmung von Risiken und zur Planung der Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Finanzgruppen (Drucksachen 17/12601, 17/13035, 17/13523, 17/13539) . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 9: Beschlussempfehlung und Bericht des Fi- nanzausschusses zu dem Antrag der Fraktio- nen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN: Ein neuer Anlauf zur Bändigung der Finanzmärkte: Erpressungspotenzial ver- ringern – Geschäfts- und Investmentban- king trennen (Drucksachen 17/12687, 17/13523, 17/13539) Hartmut Koschyk, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Carsten Schneider (Erfurt) (SPD) . . . . . . . 30519 A 30519 A 30519 B 30519 B 30519 B 30519 C 30523 B 30524 C 30525 D 30527 B 30529 A 30530 B 30530 D 30532 A 30533 B 30534 C 30534 D 30534 B 30535 A 30536 C Inhaltsverzeichnis II Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 241. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Mai 2013 Manfred Zöllmer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Volker Wissing (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Axel Troost (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Peter Aumer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Carsten Sieling (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Björn Sänger (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ralph Brinkhaus (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 54: Antrag der Abgeordneten Anette Kramme, Angelika Krüger-Leißner, Hubertus Heil (Peine), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Moderne Mitbestimmung für das 21. Jahrhundert (Drucksache 17/13476) . . . . . . . . . . . . . . . . . Kerstin Tack (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Peter Weiß (Emmendingen) (CDU/CSU) . . . Jutta Krellmann (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Pascal Kober (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beate Müller-Gemmeke (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Johann Wadephul (CDU/CSU) . . . . . . . . . Klaus Barthel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 55: Beschlussempfehlung und Bericht des Innen- ausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Raju Sharma, Jan Korte, Agnes Alpers, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Demokratie stärken, Lobbyismus verhin- dern und Parteienfinanzierung transparen- ter gestalten (Drucksachen 17/9063, 17/13530) . . . . . . . . . Ingo Wellenreuther (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Gabriele Fograscher (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Stefan Ruppert (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Raju Sharma (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 10: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion DIE LINKE: Haltung der Bundesregierung beim Verkauf der TLG . . . . . . . . . . . . . . . . Heidrun Bluhm (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Norbert Brackmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Hans-Joachim Hacker (SPD) . . . . . . . . . . . . . Patrick Kurth (Kyffhäuser) (FDP) . . . . . . . . . Daniela Wagner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Christoph Bergner, Parl. Staatssekretär BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Andrea Wicklein (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Steffen Bockhahn (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Eckhardt Rehberg (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Iris Gleicke (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Michael Luther (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Stefanie Vogelsang (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Berichtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . Anlage 2 Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30537 B 30538 D 30539 D 30540 C 30541 D 30543 A 30544 C 30546 B 30548 D 30549 C 30549 D 30550 D 30552 B 30553 B 30555 A 30556 A 30557 D 30559 A 30559 B 30562 A 30563 C 30564 A 30565 C 30566 C 30566 D 30568 A 30569 A 30570 B 30571 B 30572 C 30573 D 30574 D 30576 A 30577 C 30579 B 30580 C 30581 D 30582 A 30583 A 30583 D Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 241. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Mai 2013 30519 (A) (C) (D)(B) 241. Sitzung Berlin, Freitag, den 17. Mai 2013 Beginn: 9.00 Uhr
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    30582 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 241. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Mai 2013 Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms (A) (C) (D)(B) Berichtigung 240. Sitzung, Seite 30158 D, vierter Absatz, der Zwi- schenruf des Abgeordneten Kai Gehring (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) ist wie folgt zu lesen:„ Unter Kohl lag der Spitzensteuersatz bei 53 Prozent!“ Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 241. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Mai 2013 30583 (A) (C) (D)(B) Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten * für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung der NATO Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner 909. Sitzung am 3. Mai 2013 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzu- stimmen bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Absatz 2 des Grundgesetzes nicht zu stellen: – Gesetz zur Abschaffung des Branntweinmonopols (Branntweinmonopolabschaffungsgesetz) – Gesetz zur Änderung des Finanz- und Personal- statistikgesetzes – Gesetz zur Änderung des Telekommunikations- gesetzes und zur Neuregelung der Bestandsdaten- auskunft Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Aigner, Ilse CDU/CSU 17.05.2013 Beck (Reutlingen), Ernst-Reinhard CDU/CSU 17.05.2013 Bellmann, Veronika CDU/CSU 17.05.2013 Bleser, Peter CDU/CSU 17.05.2013 Dr. Braun, Helge CDU/CSU 17.05.2013 Dr. Bunge, Martina DIE LINKE 17.05.2013 Dağdelen, Sevim DIE LINKE 17.05.2013 Dr. Gambke, Thomas BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 17.05.2013 Glos, Michael CDU/CSU 17.05.2013 Golze, Diana DIE LINKE 17.05.2013 Groneberg, Gabriele SPD 17.05.2013 Dr. Hein, Rosemarie DIE LINKE 17.05.2013 Heinen-Esser, Ursula CDU/CSU 17.05.2013 Hiller-Ohm, Gabriele SPD 17.05.2013 Hintze, Peter CDU/CSU 17.05.2013 Dr. Höll, Barbara DIE LINKE 17.05.2013 Humme, Christel SPD 17.05.2013 Koch, Harald DIE LINKE 17.05.2013 Dr. Lamers (Heidelberg), Karl A. CDU/CSU 17.05.2013* Laurischk, Sibylle FDP 17.05.2013 Leutert, Michael DIE LINKE 17.05.2013 Möller, Kornelia DIE LINKE 17.05.2013 Mücke, Jan FDP 17.05.2013 Neumann (Bremen), Bernd CDU/CSU 17.05.2013 Pflug, Johannes SPD 17.05.2013* Pieper, Cornelia FDP 17.05.2013 Roth (Augsburg), Claudia BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 17.05.2013 Roth (Esslingen), Karin SPD 17.05.2013 Roth (Heringen), Michael SPD 17.05.2013 Schlecht, Michael DIE LINKE 17.05.2013 Schmidt (Eisleben), Silvia SPD 17.05.2013 Schmidt (Aachen), Ulla SPD 17.05.2013* Schulte-Drüggelte, Bernhard CDU/CSU 17.05.2013 Schwanitz, Rolf SPD 17.05.2013 Schwarzelühr-Sutter, Rita SPD 17.05.2013 Spatz, Joachim FDP 17.05.2013* Dr. Steffel, Frank CDU/CSU 17.05.2013 Dr. Westerwelle, Guido FDP 17.05.2013 Zylajew, Willi CDU/CSU 17.05.2013 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Anlagen 30584 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 241. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Mai 2013 (A) (C) (D)(B) – Gesetz zur Neuregelung der Professorenbesol- dung und zur Änderung weiterer dienstrecht- licher Vorschriften (Professorenbesoldungsneu- regelungsgesetz) – … Strafrechtsänderungsgesetz – Beschränkung der Möglichkeit zur Strafmilderung bei Aufklä- rungs- und Präventionshilfe (… StrÄndG) – Gesetz zur Stärkung der Rechte von Opfern sexuellen Missbrauchs (StORMG) – Gesetz zur Schlichtung im Luftverkehr – Gesetz zur Änderung seeverkehrsrechtlicher und sonstiger Vorschriften mit Bezug zum Seerecht – Gesetz über Intelligente Verkehrssysteme im Stra- ßenverkehr und deren Schnittstellen zu anderen Verkehrsträgern (Intelligente Verkehrssysteme Gesetz – IVSG) – Gesetz zu dem Internationalen Übereinkommen von Nairobi von 2007 über die Beseitigung von Wracks – Gesetz zu dem Abkommen vom 3. Mai 2012 zwi- schen der Regierung der Bundesrepublik Deutsch- land und der Regierung der Republik Korea über die Seeschifffahrt – Gesetz zu dem Handelsübereinkommen vom 26. Juni 2012 zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits sowie Ko- lumbien und Peru andererseits Ferner hat der Bundesrat die folgende Entschließung gefasst: 1. Der Bundesrat stellt fest, dass mit dem Stillstand der WTO-Verhandlungen die Tendenz zu bilate- ralen Freihandelsabkommen zunimmt. Er hält grundsätzlich weltweite, multilaterale, an klare Standards und kontrollierbare Regeln gebundene Abkommen für sinnvoller als ein Geflecht bilate- raler Vereinbarungen. Weltweiter Handel schließt immer eine arbeits-, sozial-, umwelt-, rechts- und verbraucherpolitische Dimension ein, die beim Abschluss von Freihandelsabkommen vollum- fänglich berücksichtigt werden muss. Dies muss auch für EU-Handelsabkommen und sogenannte Gemischte Abkommen mit Drittstaaten gelten. 2. Der Bundesrat bedauert, dass das Freihandelsab- kommen mit Kolumbien und Peru nicht dem re- gionalen Integrationsansatz der EU folgt und neue Schranken zwischen den Staaten der Region errichtet. Es steht somit auch im Widerspruch zur Lateinamerika-Strategie der Bundesregierung, die regionale Integration zu fördern. 3. Der Bundesrat begrüßt das grundsätzliche Bemü- hen, mit dem Handelsübereinkommen zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaa- ten einerseits sowie Kolumbien und Peru anderer- seits an historische und kulturelle Verbindungen anzuknüpfen und eine Öffnung der Märkte unter anderem für Waren, Dienstleistungen, Öffentli- ches Beschaffungswesen und Investitionen sowie die Förderung der wirtschaftlichen Integration zwischen den Parteien zu erreichen, welche die wirtschaftliche Entwicklung voranbringen und auf diese Weise auch den Menschen in den be- troffenen Ländern zugutekommen soll. 4. Der Bundesrat kritisiert jedoch, dass das Freihan- delsabkommen zwar verbindliche Verpflich- tungen zur Marktöffnung im industriellen und agrarischen Bereich, zur Liberalisierung vieler Bereiche der Daseinsvorsorge und Infrastruktu- ren, des öffentlichen Beschaffungswesens um- fasst und einen Eingriff in das Alltagsleben und die sozialen und politischen Verhältnisse der Menschen darstellt, dass aber diesen Verpflich- tungen keine flankierenden arbeits-, sozial-, um- welt-, rechts- und verbraucherpolitischen Rege- lungen mit entsprechender Verbindlichkeit und Kontroll- und Eingriffsmechanismen innerhalb des eigentlichen Abkommens an die Seite gestellt sind. 5. Der Bundesrat kritisiert zudem, dass die im Han- delsabkommen vereinbarten Liberalisierungen der Finanzmärkte die Bemühungen zur Regulie- rung des internationalen Finanzsektors erschwe- ren und Geldwäsche und Steuerhinterziehung erleichtern können. So könnten Finanzakteure riskante Geschäfte machen, ohne ausreichend von einer der Vertragsparteien kontrolliert zu sein. Das Abkommen schützt nur unzureichend das Recht der Vertragsparteien, Kapitalflüsse zu kontrollieren. 6. Der Bundesrat erkennt an, dass der erste Artikel des Handelsübereinkommens auch umfassende Bestimmungen enthält, die den Schutz der Men- schenrechte einfordern. Es ist zu begrüßen, dass sich die Achtung der demokratischen Grundsätze und der grundlegenden Menschenrechte sowie des Grundsatzes der Rechtstaatlichkeit in den in- nenpolitischen Maßnahmen und der internationa- len Politik der Vertragsparteien spiegeln muss und dass die Missachtung dieses wesentlichen Bestandteils des Übereinkommens zur Ergreifung angemessener Maßnahmen führen kann, unter anderem zur möglichen Beendigung bzw. zur Aussetzung eines Teils oder des gesamten Über- einkommens. 7. Der Bundesrat betont aber, dass es im Falle Ko- lumbiens und Perus wichtig gewesen wäre, den allgemeinen Streitbeilegungsmechanismus auch bei Verstößen gegen die Regelungen zum Schutz von Arbeitnehmer-, Menschen- und Umweltrech- ten anzuwenden, damit auch solche Verstöße in dafür vorgesehenen Verfahren im Rahmen des Abkommens sanktioniert werden können. Dabei hätte sichergestellt werden müssen, dass insbe- sondere auch Beschwerden von Seiten der Zivil- gesellschaft direkt zu entsprechenden Verfahren hätten führen können. Im Abkommen stellt Arti- kel 285 Absatz 5 explizit klar, dass der Streitbei- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 241. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Mai 2013 30585 (A) (C) (D)(B) legungsmechanismus für das Nachhaltigkeitska- pitel nicht zur Anwendung kommt. 8. Der Bundesrat begrüßt in diesem Zusammenhang ausdrücklich, dass das Europäische Parlament erstmalig ein Handelsabkommen mit einer Reso- lution zu Menschen- und Arbeitnehmerrechten sowie zu den Umweltstandards ergänzt und von den souveränen Regierungen Kolumbiens und Perus einen konkreten Fahrplan zur Verbesserung der Situation von Gewerkschaftern sowie zur Verbesserung von Sozial- und Umweltstandards eingefordert hat. Beide Länder sind auf die For- derung des Europäischen Parlaments eingegan- gen und haben im Oktober 2012 entsprechende Fahrpläne vorgelegt. Damit verpflichtet sich etwa die kolumbianische Regierung öffentlich unter anderem dazu, die Zivilgesellschaft in die Umset- zung des Abkommens einzubeziehen, eine neue „Fachgruppe für Handelsabkommen und Men- schenrechte“ einzurichten, das Budget für das Schutzprogramm für Gewerkschafter aufzusto- cken und die Anzahl der Arbeitsinspektionen deutlich zu erhöhen. Ebenso soll in Zusammen- arbeit mit der Zivilgesellschaft ein neues System zur strafrechtlichen Ermittlung aufgebaut wer- den, um das Problem der hohen Straflosigkeit an- zugehen. Der Bundesrat begrüßt, dass durch die entschlossene Haltung des Europäischen Parla- ments erreicht werden konnte, dass die Umset- zung vereinbarter Nachhaltigkeitsstandards in Kolumbien und Peru von der Kommission und dem Europäischen Parlament überprüft wird. 9. Der Bundesrat erkennt an, dass mit dem ausge- handelten Nachhaltigkeitskapitel, der Menschen- rechtsklausel sowie den eingegangenen arbeits-, sozial-, umwelt-, rechts- und verbraucherpoliti- schen Verpflichtungen die Europäische Union Möglichkeiten zur Einflussnahme auf die Situa- tion der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, der Umwelt und der Menschenrechte in Kolum- bien und Peru erhalten soll. 10. Der Bundesrat sieht gleichwohl, dass trotz der er- heblichen Anstrengungen, die sowohl Kolumbien als auch Peru in den letzten Jahren zur Verbesse- rung der allgemeinen Lebensbedingungen ihrer Bürgerinnen und Bürger einschließlich der Men- schen- und Arbeitnehmerrechte unternommen haben, zur vollständigen Verwirklichung der fest- gelegten und von einzelnen Bürgern, zivilgesell- schaftlichen Organisationen, den Oppositionspar- teien und der Regierung geforderten hohen Standards sowohl in Kolumbien als auch in Peru noch weitere erhebliche Anstrengungen unter- nommen werden müssen. Dies gilt insbesondere für die seit langem bestehenden Probleme wie Armut, Gewalt und Korruption, einen internen bewaffneten Konflikt (im Falle Kolumbiens mehr als 50 Jahre), illegale bewaffnete Gruppen, Dro- genhandel, Straflosigkeit, Vertreibung, Landent- eignung und Missachtung der Rechte indigener Bevölkerungsgruppen. 11. Der Bundesrat betont, dass der erfolgten Verein- barung neuer innerstaatlicher Mechanismen und eines Dialogs mit der Zivilgesellschaft, auch schon bei nur vorläufiger Anwendung des Ab- kommens, nun eine entschlossene Umsetzung folgen muss, welche getroffene Verabredungen zügig mit Leben erfüllt. Er ermutigt in diesem Zusammenhang die zivilgesellschaftlichen Orga- nisationen in den Andenstaaten und in der Euro- päischen Union, die neue Möglichkeiten der Ein- flussnahme zu nutzen, und fordert die beteiligten Regierungen auf, die Umsetzung der arbeits-, sozial-, umwelt-, rechts- und verbraucherpoliti- schen Verpflichtungen entschlossen anzugehen und dabei auch eine umfangreiche Informations- und Werbekampagne vorzusehen, um möglichst viele der interessierten Gruppen oder Personen für eine Beteiligung an dem Kontrollrahmen des zivilgesellschaftlichen Mechanismus zu gewin- nen. Alle diese Schritte sind auch schon bei nur vorläufiger Anwendung des Abkommens mög- lich. 12. Der Bundesrat begrüßt, dass der Handelsaus- schuss des Europäischen Parlaments erstmalig eine Monitoring-Gruppe eingesetzt hat, die die Umsetzung arbeits-, sozial-, umwelt-, rechts- und verbraucherpolitischer Verpflichtungen und des in dem Abkommen enthaltenen Nachhaltigkeits- kapitels bereits seit dem Zeitpunkt der vorläufi- gen Anwendung des Abkommens überwachen wird. 13. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, die Implementation der von Kolumbien und Peru eingegangenen arbeits-, sozial-, umwelt-, rechts- und verbraucherpolitischen Verpflichtungen auch schon im Rahmen der vorläufigen Anwendung des Abkommens eng zu begleiten und auch auf natio- naler und europäischer Ebene auf Strukturen hin- zuwirken, die eine Implementation sicherstellen und ein wirkungsvolles Monitoring garantieren. 14. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung zu- dem dazu auf, bei der Erteilung eines Verhand- lungsmandats für EU-Handelsabkommen an die Kommission die Einbeziehung von Nachhaltig- keitsaspekten sowie die Wahrung von Sozial-, Menschenrechts-, Umwelt- und Verbraucher- schutzstandards und Belangen des Klimaschutzes im jeweiligen Abkommen und unter dem allge- meinen Streitbeilegungsmechanismus einzufor- dern. Die vereinbarten arbeits-, sozial-, umwelt-, rechts- und verbraucherpolitischen Verpflichtun- gen mit Kolumbien und Peru, die die Entschlie- ßung des Europäischen Parlaments veranlasst hat, weisen in die richtige Richtung und stellen unmit- telbare Verbesserungen gegenüber dem Status quo dar. Zur wirksamen und dauerhaften Absi- cherung dieser Standards ist aber die Einführung umfangreicher, verbindlicher und durch entspre- chende Streitbeilegungsmechanismen durchsetz- barer Regelungen innerhalb zukünftiger Abkom- men nötig. 30586 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 241. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Mai 2013 (A) (C) (D)(B) – Elftes Gesetz zur Änderung des Bundes-Immis- sionsschutzgesetzes – Gesetz zur Stärkung der Innenentwicklung in den Städten und Gemeinden und weiteren Fortent- wicklung des Städtebaurechts Der Bundesrat hat ferner die nachstehende Entschlie- ßung gefasst: Zu Artikel 1 Nummer 16 Buchstabe b (§ 35 Absatz 4 BauGB) Der Bundesrat bedauert, dass das vom Deutschen Bundestag beschlossene Gesetz einen neuen Begüns- tigungstatbestand in § 35 Absatz 4 BauGB enthält. Wie der Bundesrat bereits in seiner Stellungnahme vom 21. September 2012, vergleiche BR-Drucksache 474/12 (Beschluss), zu dem Gesetzentwurf der Bun- desregierung verdeutlicht hat, führt dieser neue Tatbe- stand zu einer Intensivierung und Verfestigung der Nutzung des Außenbereichs und widerspricht damit dem erklärten Ziel des Gesetzes, die Innenentwick- lung zu stärken und die Neuinanspruchnahme von Flächen zu vermeiden. Nach Auffassung des Bundesrates bietet die bereits derzeit gültige Fassung des § 35 Absatz 4 BauGB ausreichende Möglichkeiten, nicht mehr für die Land- wirtschaft genutzte Bestandsbauten einer anderen zweckmäßigen Nutzung zuzuführen. Gegebenenfalls käme – sofern öffentliche Belange von einer Neu- errichtung nicht beeinträchtigt werden – auch die Zu- lassung eines Vorhabens über § 35 Absatz 2 BauGB in Betracht. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung daher ent- sprechend seiner Stellungnahme zum Gesetzentwurf vom 21. September 2012 erneut auf, umgehend einen Gesetzentwurf vorzulegen, mit dem die Erweiterung des § 35 Absatz 4 BauGB wieder gestrichen wird. Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass der Ausschuss gemäß § 80 Absatz 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Innenausschuss – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht über die Evaluierung des Nachweises einfacher Deutschkenntnisse beim Ehegattennachzug nach dem Aufenthaltsgesetz – Sprachlern- und Sprachtestange- bote, Visumverfahren – Drucksachen 17/3090, 17/4118 Nr. 1.1 – Ausschuss für Wirtschaft und Technologie – Unterrichtung durch die Bundesregierung Dritter Bericht der Bundesregierung über die Entwick- lung und Zukunftsperspektiven der maritimen Wirt- schaft in Deutschland – Drucksachen 17/12567 – Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung – Unterrichtung durch die Bundesregierung Gutachten zu Forschung, Innovation und technologi- scher Leistungsfähigkeit Deutschlands 2011 und Stellungnahme der Bundesregierung – Drucksachen 17/8226 – – Unterrichtung durch die Bundesregierung Gutachten zu Forschung, Innovation und technologi- scher Leistungsfähigkeit 2012 – Drucksachen 17/8872 – – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bundesbericht Forschung und Innovation 2012 – Drucksachen 17/9680 – – Unterrichtung durch die Bundesregierung Gutachten zu Forschung, Innovation und technologi- scher Leistungsfähigkeit Deutschlands 2013 – Drucksachen 17/12611 – – Unterrichtung durch die Bundesregierung Hightech-Strategie 2020 für Deutschland – Bilanz und Perspektiven hier: Stellungnahme der Bundesregierung zum Gutach- ten zu Forschung, Innovation und technologischer Leis- tungsfähigkeit Deutschlands 2013 – Drucksachen 17/13075 – Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden Unionsdokumente zur Kenntnis genommen oder von ei- ner Beratung abgesehen hat. Auswärtiger Ausschuss Drucksache 17/13183 Nr. A.1 EuB-BReg 21/2013 Drucksache 17/13183 Nr. A.2 EuB-BReg 22/2013 Drucksache 17/13183 Nr. A.3 Ratsdokument 5128/13 Drucksache 17/13340 Nr. A.2 EuB-BReg 23/2013 Drucksache 17/13340 Nr. A.3 EuB-BReg 24/2013 Innenausschuss Drucksache 17/11242 Nr. A.3 Ratsdokument 14230/12 Drucksache 17/12126 Nr. A.13 Ratsdokument 17680/12 Rechtsausschuss Drucksache 17/4927 Nr. A.12 Ratsdokument SEK-Nr.(2011)173 endg. Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Drucksache 17/2994 Nr. A.34 EuB-BReg 115/2010 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 241. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Mai 2013 30587 (A) (C) (D)(B) Ausschuss für Arbeit und Soziales Drucksache 17/12911 Nr. A.4 Ratsdokument 6380/13 Drucksache 17/12911 Nr. A.5 Ratsdokument 6671/13 Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Drucksache 17/3135 Nr. A.6 Ratsdokument 13216/10 Drucksache 17/4338 Nr. A.16 EuB-EP 2087 Drucksache 17/7423 Nr. A.34 Ratsdokument 14556/11 Drucksache 17/11108 Nr. A.17 Ratsdokument 13707/12 Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 17/11617 Nr. A.13 Ratsdokument 15627/12 Drucksache 17/11919 Nr. A.17 Ratsdokument 15984/12 Drucksache 17/12449 Nr. A.10 Ratsdokument 5600/13 Drucksache 17/12587 Nr. A.16 Ratsdokument 5864/13 Drucksache 17/12783 Nr. A.10 Ratsdokument 6186/13 Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Drucksache 17/11439 Nr. A.17 Ratsdokument 14869/12 Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Drucksache 17/9797 Nr. A.11 Ratsdokument 9170/12 Drucksache 17/11439 Nr. A.21 Ratsdokument 14854/12 Ausschuss für Kultur und Medien Drucksache 17/10710 Nr. A.86 Ratsdokument 12558/12 241. Sitzung Inhaltsverzeichnis TOP 51Regierungserklärung zur nuklearen Entsorgung TOP 53, ZP 9 Bankenaufsicht und Bankenabwicklung TOP 54Moderne Mitbestimmung TOP 55Lobbyismus und Parteienfinanzierung ZP 10 Aktuelle Stunde zum Verkauf der TLG - Wohnungen Anlagen
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Peter Weiß


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)


    Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

    Ein Antrag wie der hier vorliegende mit dem Titel „Mo-
    derne Mitbestimmung für das 21. Jahrhundert“ – man
    fragt sich, warum nicht gleich geschrieben wird „für das
    dritte Jahrtausend“ – weckt hohe Erwartungen. Bei den-
    jenigen, die die Mitbestimmungsdebatte in Deutschland
    vielleicht schon über Jahrzehnte verfolgt haben, weckt
    das natürlich Erinnerungen an die Vorgeschichte des
    Mitbestimmungsgesetzes 1976.

    Eine entscheidende Rolle spielte damals Kurt Bieden-
    kopf; denn dieser hatte als fortschrittlicher und kreativer
    Ökonom erkannt, dass Mitbestimmung nicht allein die
    Rechte der Beschäftigten sichert, sondern auch den Be-
    trieben insgesamt gut bekommt.


    (Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau!)


    Der Diskussionsprozess, der sich von 1968 bis 1976
    – das war ein langer Zeitraum – erstreckte, war sicher-
    lich der gesellschaftlichen Bedeutung dieses Themas an-
    gemessen und führte am Ende dazu, dass das Mitbestim-
    mungsgesetz 1976 mit einer großen Mehrheit hier im





    Peter Weiß (Emmendingen)



    (A) (C)



    (D)(B)


    Deutschen Bundestag beschlossen worden ist. Jawohl,
    das deutsche Parlament steht voll und ganz hinter der
    Idee der betrieblichen Mitbestimmung. Das ist seit 1976
    immer wieder deutlich geworden.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


    Wir wissen auch, dass in der Folge nach 1976 nicht
    jeder und jede das Thema Mitbestimmung in Deutsch-
    land mit Begeisterung verfolgt hat.


    (Klaus Barthel [SPD]: Ja! In der Tat!)


    Besonders bemerkenswert ist sicherlich die Äußerung
    des damaligen Präsidenten des BDI Michael Rogowski,
    der 2004 – in der Regierungszeit von Gerhard Schröder –
    die Mitbestimmung als einen Irrtum der Geschichte be-
    zeichnete. Diese Auffassung ist, glaube ich, bei allen, die
    solche oder ähnliche Äußerungen tätigten, durch das,
    was sie in der Zeit der Finanz- und Wirtschaftskrise
    2008, 2009 und 2010 erlebt haben, nachdrücklich korri-
    giert worden.

    Es ist schon erwähnt worden, dass Vorstände und
    Aufsichtsräte der Unternehmen durch die Mitbestim-
    mung handlungsfähige und kompetente Ansprechpartner
    auf der Arbeitnehmerseite gefunden haben und finden
    und dass sie mit diesen kompetenten Vertretern der Ar-
    beitnehmerinnen und Arbeitnehmer, vor allem den Be-
    triebsräten und den Vertretern der Arbeitnehmerseite in
    den Aufsichtsräten, kompetente Ansprechpartner haben,
    um wirtschaftliche Probleme ihrer Unternehmen einer
    Lösung zuzuführen und auch die Kurzarbeitermodelle zu
    realisieren.

    Spätestens diese Krise hat gezeigt und bewiesen, dass
    unser Modell der Sozialpartnerschaft und zugleich auch
    unser Mitbestimmungsmodell ein echter Standortvorteil
    für Gesamtdeutschland ist.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


    Für uns ist Mitbestimmung ein Kernelement einer sozia-
    len Marktwirtschaft. Deswegen darf ich auch erwähnen,
    dass die wesentlichen Grundlagen dafür unter einer
    CDU/CSU-geführten Bundesregierung gelegt worden
    sind, nämlich mit dem Montan-Mitbestimmungsgesetz
    von 1951 und dem Betriebsverfassungsgesetz von 1952,
    und es waren Christdemokraten wie Kurt Biedenkopf,
    die am Mitbestimmungsgesetz von 1976 maßgeblich
    mitbeteiligt waren.

    Nun zu dem Antrag: Findet sich in dem Antrag etwas
    grundsätzlich Neues zum Thema Mitbestimmung?
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir sind jetzt
    fast am Ende der Legislaturperiode. Wir haben noch drei
    Sitzungswochen des Parlaments vor uns. Jetzt, zum
    Schluss der Legislaturperiode, fällt den Sozialdemokra-
    ten ein, man könnte auch noch einen Antrag zum Thema
    Mitbestimmung einbringen. Sagenhaft, welch hohen
    Stellenwert die Mitbestimmung bei den Sozialdemokra-
    ten hat!


    (Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Das wollen wir nicht einmal kommentieren, so billig ist das!)


    – Doch, so ist es, und zwar deswegen, weil in dieser Le-
    gislaturperiode die Mitbestimmung durchaus auf der
    politischen Tagesordnung stand, nämlich mit diversen
    Initiativen auf europäischer Ebene, vor allen Dingen im
    Gesellschaftsrecht Regelungen zu treffen, die geeignet
    gewesen wären, die bewährte deutsche Mitbestimmung
    teilweise auszuhebeln.

    Es war diese Koalition und es war diese Bundesregie-
    rung, die sich in Europa standhaft dagegen gewehrt ha-
    ben, dass wir Regelungen bekommen, die die deutsche
    Mitbestimmung schwächen. Nein, wir haben in Europa
    eine starke Mitbestimmung mit allem, was uns zur Ver-
    fügung gestanden hat, verteidigt.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Deswegen hätte man von den Sozialdemokraten er-
    warten können, dass sie, wenn ihnen die Mitbestimmung
    am Herzen liegt, irgendwo in ihrem Antrag auf diese ak-
    tuelle Auseinandersetzung eingegangen wären. Das ist
    aber nicht der Fall.

    Es ist ein Argument vorgetragen worden, nämlich
    dass wir in der Tat dringend einen qualitativen Sprung
    beim betrieblichen Gesundheitsmanagement brauchen.
    Wir haben – ich glaube, in der nächsten Sitzungswoche –
    noch eine Debatte vor uns, in der wir uns vor allen Din-
    gen mit dem Thema der Zunahme psychischer Erkran-
    kungen im Arbeitsumfeld befassen.


    (Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das geht zu Protokoll! Super!)


    – Auch wenn die Debattenbeiträge zu Protokoll gehen,
    Frau Kollegin Müller-Gemmeke, kann trotzdem jeder
    seine Argumente vortragen, und die Rede wird auch
    nachzulesen sein.

    In der Tat ist es so, dass wir im technischen Arbeits-
    schutz – demzufolge man dort, wo es gefährlich ist, ei-
    nen Helm, Ohrstöpsel oder Sicherheitsschuhe tragen
    oder eine Maschine abstellen muss, bevor man mit der
    Hand hineingreift, damit sie nicht etwa abgehackt wird –
    gut vorangekommen sind. Aber was die seelische Ge-
    sundheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Be-
    trieben und die Gefährdung durch eine psychische
    Erkrankung angehen, stehen wir eigentlich noch am An-
    fang unserer Bemühungen. Deswegen ist es richtig: Wir
    brauchen ein betriebliches Gesundheitsmanagement, das
    schon präventiv darauf abstellt, dass psychische Erkran-
    kungen nicht zum Alltag in unseren Betrieben gehören,
    und vor allem dafür sorgt, dass der dramatische Anstieg
    der Zahl der Krankheitstage und der Frühverrentungsan-
    träge wegen psychischer Erkrankungen wieder einge-
    dämmt wird. Wir haben im Rahmen der Gemeinsamen
    Deutschen Arbeitsschutzstrategie – das Bundesministe-
    rium für Arbeit und Soziales führt in diesem Jahr hier
    den Vorsitz – zusammen mit den Sozialpartnern Rege-
    lungen angestoßen, um das zu verstärken.

    Wir haben die Bundesforschungsministerin gebeten,
    die Forschung hinsichtlich psychischer Erkrankungen
    und ihrer Prävention zu verstärken. Sie hat einen großen





    Peter Weiß (Emmendingen)



    (A) (C)



    (D)(B)


    Etatanteil dafür zur Verfügung gestellt. Wir haben außer-
    dem ein Präventionsgesetz vorgelegt, in dem wir den
    Themen Gesundheitsmanagement und Prävention zu-
    sätzliche Bedeutung geben. Es geht hier nicht um Mitbe-
    stimmungsregelungen. Vielmehr ist entscheidend, ob
    alle Akteure einen gemeinsamen Weg einschlagen und
    ob die notwendigen finanziellen Mittel zur Verfügung
    gestellt werden, um das Gesundheitsmanagement in
    Richtung Prävention psychischer Erkrankungen auszu-
    richten. Da haben wir gehandelt. Deshalb kommt der
    Antrag der SPD, das Gesundheitsmanagement im Rah-
    men der Mitbestimmung zu regeln, reichlich spät.


    (Beifall bei der CDU/CSU)


    Ohnehin frage ich mich, was passieren würde, wenn
    wir folgende Formulierung aus dem SPD-Antrag in das
    Betriebsverfassungsgesetz aufnehmen würden – das ist
    sicherlich ein wichtiges Thema –:

    Den Betriebsratsgremien wird ein echtes Mitbe-
    stimmungsrecht eingeräumt … hinsichtlich von Ar-
    beitsplätzen, die nicht ausreichend auf spezifisches
    Leistungsvermögen von Älteren Rücksicht neh-
    men …

    Oder was sind angemessene Mittel zur betrieblichen
    Gesundheitsförderung? Das alles sind allgemeine For-
    mulierungen, die zuallererst einen tollen Juristenstreit
    und dann Prozesse auslösen werden, die uns in der Sache
    aber nicht voranbringen. Da ist es mir lieber, dass wir ein
    Präventionsgesetz machen, in dem wir klipp und klar sa-
    gen: Künftig müssen die Krankenkassen eine bestimmte
    Summe für betriebliches Gesundheitsmanagement und
    Prävention zur Verfügung stellen. – Genau das machen
    wir.


    (Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hier geht es um Arbeitsschutz!)


    Mein Eindruck ist, dass die SPD den Antrag gestellt
    hat nach dem Motto: Am Schluss der Legislaturperiode
    ist uns noch etwas eingefallen, was wir eigentlich ver-
    gessen hatten. – Im Übrigen folgt der Antrag dem für die
    Sozialdemokraten leider typischen allgemeinen Motto
    „Steine statt Brot“. Wir wollen Brot, Inhalte und Qualität
    für die Mitbestimmung in Deutschland.

    Vielen Dank.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)




Rede von Eduard Oswald
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

Vielen Dank, Kollege Peter Weiß. – Nächste Rednerin

in unserer Aussprache ist für die Fraktion Die Linke un-
sere Kollegin Frau Jutta Krellmann. Bitte schön, Frau
Kollegin Jutta Krellmann.


(Beifall bei der LINKEN)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Jutta Krellmann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)


    Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Der

    Antrag der SPD trägt den Titel „Moderne Mitbestim-
    mung für das 21. Jahrhundert“. Wenn ich das lese, ergeht
    es mir ähnlich wie Herrn Weiß: Ich erwarte angesichts

    eines solchen Titels, dass die aktuellen Probleme der be-
    trieblichen Mitbestimmung aufgegriffen werden. Wei-
    tere aktuelle Entwicklungen des 21. Jahrhunderts wer-
    den allerdings im Antrag der SPD nicht aufgegriffen,
    beispielsweise die Notwendigkeit zur Stärkung von Be-
    triebsräten insgesamt. Ein Großteil der Betriebe hat
    überhaupt keinen Betriebsrat, wie ich leider feststellen
    muss. Dort, wo es welche gibt, herrscht nicht immer nur
    Freude und Sonnenschein. Es gibt Betriebe, in denen Be-
    triebsräte regelrecht gemobbt und in ihrer Existenz be-
    droht werden.

    Ich will Ihnen als Beispiel die Modekette H&M nen-
    nen, die in ganz Deutschland vertreten ist und landauf,
    landab bekannt ist. In Trier hat die dortige Geschäftslei-
    tung dem Betriebsratsvorsitzenden bereits vor Weih-
    nachten 2012 zum ersten Mal gekündigt. Mittlerweile
    liegt die dritte fristlose Kündigung auf dem Tisch. Der
    Kollege muss sich gegen die erneute Kündigung durch
    seine Firma wieder vor dem Arbeitsgericht wehren. Wa-
    rum? Er macht eine engagierte Arbeit. Im Grunde hat er
    nur die Möglichkeiten genutzt, die das Betriebsverfas-
    sungsgesetz ihm bei den Punkten bietet, die er angepackt
    hat. Aber das war der Firma anscheinend zu viel. Zu
    engagiert, zu sehr im Interesse der Beschäftigten, zu
    konsequent – solche Leute will man nicht haben.

    Die Begründung für die Kündigung vonseiten des Ar-
    beitgebers lautet jetzt auch: Der Betriebsrat hat als
    Beisitzer der Einigungsstelle nicht die wirtschaftlichen
    Interessen der Firma vertreten. – Das ist Realität in
    Deutschland!


    (Beifall bei der LINKEN)


    Betriebsräte werden schikaniert. Es wird versucht, ih-
    nen – und ihrer Familie gleich mit – mit einer Kündi-
    gung praktisch die Existenzgrundlage zu entziehen. Wir
    brauchen eine Betriebsverfassung, die so etwas unterbin-
    det


    (Dr. Johann Wadephul [CDU/CSU]: Das tut sie!)


    und die es Firmen unmöglich macht, so zu handeln.


    (Beifall bei Abgeordneten der LINKEN – Dr. Johann Wadephul [CDU/CSU]: Es gibt Kündigungsschutz für die Betriebsratsmitglieder, Frau Krellmann!)


    Wir brauchen ein gesellschaftliches Klima, in dem sich
    Firmen wie H&M nicht trauen, sich so zu verhalten.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Die SPD schreibt in ihrem Antrag, dass auch die Ar-
    beitgeber ein Interesse an einer funktionierenden Mitbe-
    stimmung hätten. Ja, aber nur solange es nicht wehtut
    und es nichts kostet. Das ist die eine Seite.

    Aber es gibt noch eine weitere Seite. Ein systemati-
    scher Umbau vieler Unternehmen hat die Mitbestim-
    mung schleichend ausgehöhlt. Viele Unternehmen haben
    in den letzten Jahren ihre gesamte Unternehmensstruktur
    neu organisiert. Sie haben einzelne Betriebsteile ausge-
    gliedert, und dadurch wurde die Mitbestimmung ge-
    schwächt.





    Jutta Krellmann


    (A) (C)



    (D)(B)


    Das zeigt das Beispiel Edeka. Gut 300 000 Beschäf-
    tigte arbeiten in Märkten unter dem Edeka-Logo. Fast
    die Hälfte davon ist in ausgegliederten Betrieben ange-
    stellt; aber diese sind wirtschaftlich weiterhin Teil des
    Edeka-Verbunds. Die Ausgliederung ist ein Mittel zur
    Tarifflucht und zur Aushöhlung der Mitbestimmung. Die
    ausgegliederten Beschäftigten werden nicht mehr vom
    Konzernbetriebsrat vertreten bzw. müssen zum Teil Be-
    triebsräte neu gründen, und sie bekommen bis zu 30 Pro-
    zent weniger Geld als vorher im Edeka-Verbund.


    (Sabine Zimmermann [DIE LINKE]: Sauerei!)


    Mitbestimmung bei wirtschaftlichen Angelegenheiten
    ausbauen, auch das ist in dem Antrag der SPD nicht ent-
    halten. Wir brauchen ein VW-Gesetz für alle. Bei VW
    haben Betriebsräte im Aufsichtsrat ein Vetorecht bei In-
    vestitionsentscheidungen und Produktionsverlagerun-
    gen. Diese Regelungen sollten ausgebaut und auf alle
    Bereiche übertragen werden.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Die deutsche Wirtschaft befindet sich immer noch in
    einem unglaublichen Umbauprozess. Betriebsräte und
    Personalräte müssen in jedem Betrieb aktiven Einfluss
    auf diese Entscheidungen nehmen können; sonst können
    sie den Plänen des Managements nichts entgegensetzen.


    (Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das steht aber im Antrag!)


    Wir brauchen mehr Mitbestimmung und Demokratie.
    Genau das müssen wir wagen, und das geht nur mit ech-
    ter wirtschaftlicher Mitbestimmung.


    (Beifall bei der LINKEN)