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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 17/241 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 241. Sitzung Berlin, Freitag, den 17. Mai 2013 I n h a l t : Glückwünsche zum Geburtstag des Abgeord- neten Johannes Singhammer . . . . . . . . . . . . Begrüßung des neuen Abgeordneten Gerhard Drexler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Absetzung des Tagesordnungspunktes 52 . . . Tagesordnungspunkt 51: a) Abgabe einer Regierungserklärung durch den Bundesminister für Umwelt, Natur- schutz und Reaktorsicherheit: Nukleare Entsorgung im Konsens regeln . . . . . . . b) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs ei- nes Gesetzes zur Suche und Auswahl ei- nes Standortes für ein Endlager für Wärme entwickelnde radioaktive Ab- fälle und zur Änderung anderer Gesetze (Standortauswahlgesetz – StandAG) (Drucksache 17/13471) . . . . . . . . . . . . . . . Peter Altmaier, Bundesminister BMU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stephan Weil, Ministerpräsident (Niedersachsen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Angelika Brunkhorst (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Dorothée Menzner (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Dr. Maria Flachsbarth (CDU/CSU) . . . . . . . . Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Kauch (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ute Vogt (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Andreas Jung (Konstanz) (CDU/CSU) . . . . . Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 53: a) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zum Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Übertra- gung besonderer Aufgaben im Zusam- menhang mit der Aufsicht über Kreditin- stitute auf die Europäische Zentralbank (Drucksachen 17/13470, 17/13523, 17/13539) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Abschirmung von Risiken und zur Planung der Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Finanzgruppen (Drucksachen 17/12601, 17/13035, 17/13523, 17/13539) . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 9: Beschlussempfehlung und Bericht des Fi- nanzausschusses zu dem Antrag der Fraktio- nen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN: Ein neuer Anlauf zur Bändigung der Finanzmärkte: Erpressungspotenzial ver- ringern – Geschäfts- und Investmentban- king trennen (Drucksachen 17/12687, 17/13523, 17/13539) Hartmut Koschyk, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Carsten Schneider (Erfurt) (SPD) . . . . . . . 30519 A 30519 A 30519 B 30519 B 30519 B 30519 C 30523 B 30524 C 30525 D 30527 B 30529 A 30530 B 30530 D 30532 A 30533 B 30534 C 30534 D 30534 B 30535 A 30536 C Inhaltsverzeichnis II Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 241. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Mai 2013 Manfred Zöllmer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Volker Wissing (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Axel Troost (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Peter Aumer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Carsten Sieling (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Björn Sänger (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ralph Brinkhaus (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 54: Antrag der Abgeordneten Anette Kramme, Angelika Krüger-Leißner, Hubertus Heil (Peine), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Moderne Mitbestimmung für das 21. Jahrhundert (Drucksache 17/13476) . . . . . . . . . . . . . . . . . Kerstin Tack (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Peter Weiß (Emmendingen) (CDU/CSU) . . . Jutta Krellmann (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Pascal Kober (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beate Müller-Gemmeke (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Johann Wadephul (CDU/CSU) . . . . . . . . . Klaus Barthel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 55: Beschlussempfehlung und Bericht des Innen- ausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Raju Sharma, Jan Korte, Agnes Alpers, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Demokratie stärken, Lobbyismus verhin- dern und Parteienfinanzierung transparen- ter gestalten (Drucksachen 17/9063, 17/13530) . . . . . . . . . Ingo Wellenreuther (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Gabriele Fograscher (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Stefan Ruppert (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Raju Sharma (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 10: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion DIE LINKE: Haltung der Bundesregierung beim Verkauf der TLG . . . . . . . . . . . . . . . . Heidrun Bluhm (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Norbert Brackmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Hans-Joachim Hacker (SPD) . . . . . . . . . . . . . Patrick Kurth (Kyffhäuser) (FDP) . . . . . . . . . Daniela Wagner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Christoph Bergner, Parl. Staatssekretär BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Andrea Wicklein (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Steffen Bockhahn (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Eckhardt Rehberg (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Iris Gleicke (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Michael Luther (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Stefanie Vogelsang (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Berichtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . Anlage 2 Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30537 B 30538 D 30539 D 30540 C 30541 D 30543 A 30544 C 30546 B 30548 D 30549 C 30549 D 30550 D 30552 B 30553 B 30555 A 30556 A 30557 D 30559 A 30559 B 30562 A 30563 C 30564 A 30565 C 30566 C 30566 D 30568 A 30569 A 30570 B 30571 B 30572 C 30573 D 30574 D 30576 A 30577 C 30579 B 30580 C 30581 D 30582 A 30583 A 30583 D Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 241. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Mai 2013 30519 (A) (C) (D)(B) 241. Sitzung Berlin, Freitag, den 17. Mai 2013 Beginn: 9.00 Uhr
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    30582 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 241. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Mai 2013 Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms (A) (C) (D)(B) Berichtigung 240. Sitzung, Seite 30158 D, vierter Absatz, der Zwi- schenruf des Abgeordneten Kai Gehring (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) ist wie folgt zu lesen:„ Unter Kohl lag der Spitzensteuersatz bei 53 Prozent!“ Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 241. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Mai 2013 30583 (A) (C) (D)(B) Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten * für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung der NATO Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner 909. Sitzung am 3. Mai 2013 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzu- stimmen bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Absatz 2 des Grundgesetzes nicht zu stellen: – Gesetz zur Abschaffung des Branntweinmonopols (Branntweinmonopolabschaffungsgesetz) – Gesetz zur Änderung des Finanz- und Personal- statistikgesetzes – Gesetz zur Änderung des Telekommunikations- gesetzes und zur Neuregelung der Bestandsdaten- auskunft Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Aigner, Ilse CDU/CSU 17.05.2013 Beck (Reutlingen), Ernst-Reinhard CDU/CSU 17.05.2013 Bellmann, Veronika CDU/CSU 17.05.2013 Bleser, Peter CDU/CSU 17.05.2013 Dr. Braun, Helge CDU/CSU 17.05.2013 Dr. Bunge, Martina DIE LINKE 17.05.2013 Dağdelen, Sevim DIE LINKE 17.05.2013 Dr. Gambke, Thomas BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 17.05.2013 Glos, Michael CDU/CSU 17.05.2013 Golze, Diana DIE LINKE 17.05.2013 Groneberg, Gabriele SPD 17.05.2013 Dr. Hein, Rosemarie DIE LINKE 17.05.2013 Heinen-Esser, Ursula CDU/CSU 17.05.2013 Hiller-Ohm, Gabriele SPD 17.05.2013 Hintze, Peter CDU/CSU 17.05.2013 Dr. Höll, Barbara DIE LINKE 17.05.2013 Humme, Christel SPD 17.05.2013 Koch, Harald DIE LINKE 17.05.2013 Dr. Lamers (Heidelberg), Karl A. CDU/CSU 17.05.2013* Laurischk, Sibylle FDP 17.05.2013 Leutert, Michael DIE LINKE 17.05.2013 Möller, Kornelia DIE LINKE 17.05.2013 Mücke, Jan FDP 17.05.2013 Neumann (Bremen), Bernd CDU/CSU 17.05.2013 Pflug, Johannes SPD 17.05.2013* Pieper, Cornelia FDP 17.05.2013 Roth (Augsburg), Claudia BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 17.05.2013 Roth (Esslingen), Karin SPD 17.05.2013 Roth (Heringen), Michael SPD 17.05.2013 Schlecht, Michael DIE LINKE 17.05.2013 Schmidt (Eisleben), Silvia SPD 17.05.2013 Schmidt (Aachen), Ulla SPD 17.05.2013* Schulte-Drüggelte, Bernhard CDU/CSU 17.05.2013 Schwanitz, Rolf SPD 17.05.2013 Schwarzelühr-Sutter, Rita SPD 17.05.2013 Spatz, Joachim FDP 17.05.2013* Dr. Steffel, Frank CDU/CSU 17.05.2013 Dr. Westerwelle, Guido FDP 17.05.2013 Zylajew, Willi CDU/CSU 17.05.2013 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Anlagen 30584 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 241. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Mai 2013 (A) (C) (D)(B) – Gesetz zur Neuregelung der Professorenbesol- dung und zur Änderung weiterer dienstrecht- licher Vorschriften (Professorenbesoldungsneu- regelungsgesetz) – … Strafrechtsänderungsgesetz – Beschränkung der Möglichkeit zur Strafmilderung bei Aufklä- rungs- und Präventionshilfe (… StrÄndG) – Gesetz zur Stärkung der Rechte von Opfern sexuellen Missbrauchs (StORMG) – Gesetz zur Schlichtung im Luftverkehr – Gesetz zur Änderung seeverkehrsrechtlicher und sonstiger Vorschriften mit Bezug zum Seerecht – Gesetz über Intelligente Verkehrssysteme im Stra- ßenverkehr und deren Schnittstellen zu anderen Verkehrsträgern (Intelligente Verkehrssysteme Gesetz – IVSG) – Gesetz zu dem Internationalen Übereinkommen von Nairobi von 2007 über die Beseitigung von Wracks – Gesetz zu dem Abkommen vom 3. Mai 2012 zwi- schen der Regierung der Bundesrepublik Deutsch- land und der Regierung der Republik Korea über die Seeschifffahrt – Gesetz zu dem Handelsübereinkommen vom 26. Juni 2012 zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits sowie Ko- lumbien und Peru andererseits Ferner hat der Bundesrat die folgende Entschließung gefasst: 1. Der Bundesrat stellt fest, dass mit dem Stillstand der WTO-Verhandlungen die Tendenz zu bilate- ralen Freihandelsabkommen zunimmt. Er hält grundsätzlich weltweite, multilaterale, an klare Standards und kontrollierbare Regeln gebundene Abkommen für sinnvoller als ein Geflecht bilate- raler Vereinbarungen. Weltweiter Handel schließt immer eine arbeits-, sozial-, umwelt-, rechts- und verbraucherpolitische Dimension ein, die beim Abschluss von Freihandelsabkommen vollum- fänglich berücksichtigt werden muss. Dies muss auch für EU-Handelsabkommen und sogenannte Gemischte Abkommen mit Drittstaaten gelten. 2. Der Bundesrat bedauert, dass das Freihandelsab- kommen mit Kolumbien und Peru nicht dem re- gionalen Integrationsansatz der EU folgt und neue Schranken zwischen den Staaten der Region errichtet. Es steht somit auch im Widerspruch zur Lateinamerika-Strategie der Bundesregierung, die regionale Integration zu fördern. 3. Der Bundesrat begrüßt das grundsätzliche Bemü- hen, mit dem Handelsübereinkommen zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaa- ten einerseits sowie Kolumbien und Peru anderer- seits an historische und kulturelle Verbindungen anzuknüpfen und eine Öffnung der Märkte unter anderem für Waren, Dienstleistungen, Öffentli- ches Beschaffungswesen und Investitionen sowie die Förderung der wirtschaftlichen Integration zwischen den Parteien zu erreichen, welche die wirtschaftliche Entwicklung voranbringen und auf diese Weise auch den Menschen in den be- troffenen Ländern zugutekommen soll. 4. Der Bundesrat kritisiert jedoch, dass das Freihan- delsabkommen zwar verbindliche Verpflich- tungen zur Marktöffnung im industriellen und agrarischen Bereich, zur Liberalisierung vieler Bereiche der Daseinsvorsorge und Infrastruktu- ren, des öffentlichen Beschaffungswesens um- fasst und einen Eingriff in das Alltagsleben und die sozialen und politischen Verhältnisse der Menschen darstellt, dass aber diesen Verpflich- tungen keine flankierenden arbeits-, sozial-, um- welt-, rechts- und verbraucherpolitischen Rege- lungen mit entsprechender Verbindlichkeit und Kontroll- und Eingriffsmechanismen innerhalb des eigentlichen Abkommens an die Seite gestellt sind. 5. Der Bundesrat kritisiert zudem, dass die im Han- delsabkommen vereinbarten Liberalisierungen der Finanzmärkte die Bemühungen zur Regulie- rung des internationalen Finanzsektors erschwe- ren und Geldwäsche und Steuerhinterziehung erleichtern können. So könnten Finanzakteure riskante Geschäfte machen, ohne ausreichend von einer der Vertragsparteien kontrolliert zu sein. Das Abkommen schützt nur unzureichend das Recht der Vertragsparteien, Kapitalflüsse zu kontrollieren. 6. Der Bundesrat erkennt an, dass der erste Artikel des Handelsübereinkommens auch umfassende Bestimmungen enthält, die den Schutz der Men- schenrechte einfordern. Es ist zu begrüßen, dass sich die Achtung der demokratischen Grundsätze und der grundlegenden Menschenrechte sowie des Grundsatzes der Rechtstaatlichkeit in den in- nenpolitischen Maßnahmen und der internationa- len Politik der Vertragsparteien spiegeln muss und dass die Missachtung dieses wesentlichen Bestandteils des Übereinkommens zur Ergreifung angemessener Maßnahmen führen kann, unter anderem zur möglichen Beendigung bzw. zur Aussetzung eines Teils oder des gesamten Über- einkommens. 7. Der Bundesrat betont aber, dass es im Falle Ko- lumbiens und Perus wichtig gewesen wäre, den allgemeinen Streitbeilegungsmechanismus auch bei Verstößen gegen die Regelungen zum Schutz von Arbeitnehmer-, Menschen- und Umweltrech- ten anzuwenden, damit auch solche Verstöße in dafür vorgesehenen Verfahren im Rahmen des Abkommens sanktioniert werden können. Dabei hätte sichergestellt werden müssen, dass insbe- sondere auch Beschwerden von Seiten der Zivil- gesellschaft direkt zu entsprechenden Verfahren hätten führen können. Im Abkommen stellt Arti- kel 285 Absatz 5 explizit klar, dass der Streitbei- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 241. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Mai 2013 30585 (A) (C) (D)(B) legungsmechanismus für das Nachhaltigkeitska- pitel nicht zur Anwendung kommt. 8. Der Bundesrat begrüßt in diesem Zusammenhang ausdrücklich, dass das Europäische Parlament erstmalig ein Handelsabkommen mit einer Reso- lution zu Menschen- und Arbeitnehmerrechten sowie zu den Umweltstandards ergänzt und von den souveränen Regierungen Kolumbiens und Perus einen konkreten Fahrplan zur Verbesserung der Situation von Gewerkschaftern sowie zur Verbesserung von Sozial- und Umweltstandards eingefordert hat. Beide Länder sind auf die For- derung des Europäischen Parlaments eingegan- gen und haben im Oktober 2012 entsprechende Fahrpläne vorgelegt. Damit verpflichtet sich etwa die kolumbianische Regierung öffentlich unter anderem dazu, die Zivilgesellschaft in die Umset- zung des Abkommens einzubeziehen, eine neue „Fachgruppe für Handelsabkommen und Men- schenrechte“ einzurichten, das Budget für das Schutzprogramm für Gewerkschafter aufzusto- cken und die Anzahl der Arbeitsinspektionen deutlich zu erhöhen. Ebenso soll in Zusammen- arbeit mit der Zivilgesellschaft ein neues System zur strafrechtlichen Ermittlung aufgebaut wer- den, um das Problem der hohen Straflosigkeit an- zugehen. Der Bundesrat begrüßt, dass durch die entschlossene Haltung des Europäischen Parla- ments erreicht werden konnte, dass die Umset- zung vereinbarter Nachhaltigkeitsstandards in Kolumbien und Peru von der Kommission und dem Europäischen Parlament überprüft wird. 9. Der Bundesrat erkennt an, dass mit dem ausge- handelten Nachhaltigkeitskapitel, der Menschen- rechtsklausel sowie den eingegangenen arbeits-, sozial-, umwelt-, rechts- und verbraucherpoliti- schen Verpflichtungen die Europäische Union Möglichkeiten zur Einflussnahme auf die Situa- tion der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, der Umwelt und der Menschenrechte in Kolum- bien und Peru erhalten soll. 10. Der Bundesrat sieht gleichwohl, dass trotz der er- heblichen Anstrengungen, die sowohl Kolumbien als auch Peru in den letzten Jahren zur Verbesse- rung der allgemeinen Lebensbedingungen ihrer Bürgerinnen und Bürger einschließlich der Men- schen- und Arbeitnehmerrechte unternommen haben, zur vollständigen Verwirklichung der fest- gelegten und von einzelnen Bürgern, zivilgesell- schaftlichen Organisationen, den Oppositionspar- teien und der Regierung geforderten hohen Standards sowohl in Kolumbien als auch in Peru noch weitere erhebliche Anstrengungen unter- nommen werden müssen. Dies gilt insbesondere für die seit langem bestehenden Probleme wie Armut, Gewalt und Korruption, einen internen bewaffneten Konflikt (im Falle Kolumbiens mehr als 50 Jahre), illegale bewaffnete Gruppen, Dro- genhandel, Straflosigkeit, Vertreibung, Landent- eignung und Missachtung der Rechte indigener Bevölkerungsgruppen. 11. Der Bundesrat betont, dass der erfolgten Verein- barung neuer innerstaatlicher Mechanismen und eines Dialogs mit der Zivilgesellschaft, auch schon bei nur vorläufiger Anwendung des Ab- kommens, nun eine entschlossene Umsetzung folgen muss, welche getroffene Verabredungen zügig mit Leben erfüllt. Er ermutigt in diesem Zusammenhang die zivilgesellschaftlichen Orga- nisationen in den Andenstaaten und in der Euro- päischen Union, die neue Möglichkeiten der Ein- flussnahme zu nutzen, und fordert die beteiligten Regierungen auf, die Umsetzung der arbeits-, sozial-, umwelt-, rechts- und verbraucherpoliti- schen Verpflichtungen entschlossen anzugehen und dabei auch eine umfangreiche Informations- und Werbekampagne vorzusehen, um möglichst viele der interessierten Gruppen oder Personen für eine Beteiligung an dem Kontrollrahmen des zivilgesellschaftlichen Mechanismus zu gewin- nen. Alle diese Schritte sind auch schon bei nur vorläufiger Anwendung des Abkommens mög- lich. 12. Der Bundesrat begrüßt, dass der Handelsaus- schuss des Europäischen Parlaments erstmalig eine Monitoring-Gruppe eingesetzt hat, die die Umsetzung arbeits-, sozial-, umwelt-, rechts- und verbraucherpolitischer Verpflichtungen und des in dem Abkommen enthaltenen Nachhaltigkeits- kapitels bereits seit dem Zeitpunkt der vorläufi- gen Anwendung des Abkommens überwachen wird. 13. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, die Implementation der von Kolumbien und Peru eingegangenen arbeits-, sozial-, umwelt-, rechts- und verbraucherpolitischen Verpflichtungen auch schon im Rahmen der vorläufigen Anwendung des Abkommens eng zu begleiten und auch auf natio- naler und europäischer Ebene auf Strukturen hin- zuwirken, die eine Implementation sicherstellen und ein wirkungsvolles Monitoring garantieren. 14. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung zu- dem dazu auf, bei der Erteilung eines Verhand- lungsmandats für EU-Handelsabkommen an die Kommission die Einbeziehung von Nachhaltig- keitsaspekten sowie die Wahrung von Sozial-, Menschenrechts-, Umwelt- und Verbraucher- schutzstandards und Belangen des Klimaschutzes im jeweiligen Abkommen und unter dem allge- meinen Streitbeilegungsmechanismus einzufor- dern. Die vereinbarten arbeits-, sozial-, umwelt-, rechts- und verbraucherpolitischen Verpflichtun- gen mit Kolumbien und Peru, die die Entschlie- ßung des Europäischen Parlaments veranlasst hat, weisen in die richtige Richtung und stellen unmit- telbare Verbesserungen gegenüber dem Status quo dar. Zur wirksamen und dauerhaften Absi- cherung dieser Standards ist aber die Einführung umfangreicher, verbindlicher und durch entspre- chende Streitbeilegungsmechanismen durchsetz- barer Regelungen innerhalb zukünftiger Abkom- men nötig. 30586 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 241. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Mai 2013 (A) (C) (D)(B) – Elftes Gesetz zur Änderung des Bundes-Immis- sionsschutzgesetzes – Gesetz zur Stärkung der Innenentwicklung in den Städten und Gemeinden und weiteren Fortent- wicklung des Städtebaurechts Der Bundesrat hat ferner die nachstehende Entschlie- ßung gefasst: Zu Artikel 1 Nummer 16 Buchstabe b (§ 35 Absatz 4 BauGB) Der Bundesrat bedauert, dass das vom Deutschen Bundestag beschlossene Gesetz einen neuen Begüns- tigungstatbestand in § 35 Absatz 4 BauGB enthält. Wie der Bundesrat bereits in seiner Stellungnahme vom 21. September 2012, vergleiche BR-Drucksache 474/12 (Beschluss), zu dem Gesetzentwurf der Bun- desregierung verdeutlicht hat, führt dieser neue Tatbe- stand zu einer Intensivierung und Verfestigung der Nutzung des Außenbereichs und widerspricht damit dem erklärten Ziel des Gesetzes, die Innenentwick- lung zu stärken und die Neuinanspruchnahme von Flächen zu vermeiden. Nach Auffassung des Bundesrates bietet die bereits derzeit gültige Fassung des § 35 Absatz 4 BauGB ausreichende Möglichkeiten, nicht mehr für die Land- wirtschaft genutzte Bestandsbauten einer anderen zweckmäßigen Nutzung zuzuführen. Gegebenenfalls käme – sofern öffentliche Belange von einer Neu- errichtung nicht beeinträchtigt werden – auch die Zu- lassung eines Vorhabens über § 35 Absatz 2 BauGB in Betracht. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung daher ent- sprechend seiner Stellungnahme zum Gesetzentwurf vom 21. September 2012 erneut auf, umgehend einen Gesetzentwurf vorzulegen, mit dem die Erweiterung des § 35 Absatz 4 BauGB wieder gestrichen wird. Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass der Ausschuss gemäß § 80 Absatz 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Innenausschuss – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht über die Evaluierung des Nachweises einfacher Deutschkenntnisse beim Ehegattennachzug nach dem Aufenthaltsgesetz – Sprachlern- und Sprachtestange- bote, Visumverfahren – Drucksachen 17/3090, 17/4118 Nr. 1.1 – Ausschuss für Wirtschaft und Technologie – Unterrichtung durch die Bundesregierung Dritter Bericht der Bundesregierung über die Entwick- lung und Zukunftsperspektiven der maritimen Wirt- schaft in Deutschland – Drucksachen 17/12567 – Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung – Unterrichtung durch die Bundesregierung Gutachten zu Forschung, Innovation und technologi- scher Leistungsfähigkeit Deutschlands 2011 und Stellungnahme der Bundesregierung – Drucksachen 17/8226 – – Unterrichtung durch die Bundesregierung Gutachten zu Forschung, Innovation und technologi- scher Leistungsfähigkeit 2012 – Drucksachen 17/8872 – – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bundesbericht Forschung und Innovation 2012 – Drucksachen 17/9680 – – Unterrichtung durch die Bundesregierung Gutachten zu Forschung, Innovation und technologi- scher Leistungsfähigkeit Deutschlands 2013 – Drucksachen 17/12611 – – Unterrichtung durch die Bundesregierung Hightech-Strategie 2020 für Deutschland – Bilanz und Perspektiven hier: Stellungnahme der Bundesregierung zum Gutach- ten zu Forschung, Innovation und technologischer Leis- tungsfähigkeit Deutschlands 2013 – Drucksachen 17/13075 – Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden Unionsdokumente zur Kenntnis genommen oder von ei- ner Beratung abgesehen hat. Auswärtiger Ausschuss Drucksache 17/13183 Nr. A.1 EuB-BReg 21/2013 Drucksache 17/13183 Nr. A.2 EuB-BReg 22/2013 Drucksache 17/13183 Nr. A.3 Ratsdokument 5128/13 Drucksache 17/13340 Nr. A.2 EuB-BReg 23/2013 Drucksache 17/13340 Nr. A.3 EuB-BReg 24/2013 Innenausschuss Drucksache 17/11242 Nr. A.3 Ratsdokument 14230/12 Drucksache 17/12126 Nr. A.13 Ratsdokument 17680/12 Rechtsausschuss Drucksache 17/4927 Nr. A.12 Ratsdokument SEK-Nr.(2011)173 endg. Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Drucksache 17/2994 Nr. A.34 EuB-BReg 115/2010 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 241. Sitzung. Berlin, Freitag, den 17. Mai 2013 30587 (A) (C) (D)(B) Ausschuss für Arbeit und Soziales Drucksache 17/12911 Nr. A.4 Ratsdokument 6380/13 Drucksache 17/12911 Nr. A.5 Ratsdokument 6671/13 Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Drucksache 17/3135 Nr. A.6 Ratsdokument 13216/10 Drucksache 17/4338 Nr. A.16 EuB-EP 2087 Drucksache 17/7423 Nr. A.34 Ratsdokument 14556/11 Drucksache 17/11108 Nr. A.17 Ratsdokument 13707/12 Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 17/11617 Nr. A.13 Ratsdokument 15627/12 Drucksache 17/11919 Nr. A.17 Ratsdokument 15984/12 Drucksache 17/12449 Nr. A.10 Ratsdokument 5600/13 Drucksache 17/12587 Nr. A.16 Ratsdokument 5864/13 Drucksache 17/12783 Nr. A.10 Ratsdokument 6186/13 Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Drucksache 17/11439 Nr. A.17 Ratsdokument 14869/12 Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Drucksache 17/9797 Nr. A.11 Ratsdokument 9170/12 Drucksache 17/11439 Nr. A.21 Ratsdokument 14854/12 Ausschuss für Kultur und Medien Drucksache 17/10710 Nr. A.86 Ratsdokument 12558/12 241. Sitzung Inhaltsverzeichnis TOP 51Regierungserklärung zur nuklearen Entsorgung TOP 53, ZP 9 Bankenaufsicht und Bankenabwicklung TOP 54Moderne Mitbestimmung TOP 55Lobbyismus und Parteienfinanzierung ZP 10 Aktuelle Stunde zum Verkauf der TLG - Wohnungen Anlagen
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dorothee Menzner


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DIE LINKE.)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)


    Guten Morgen, Herr Präsident! Herr Minister! Werte

    Kolleginnen und Kollegen! Dem vorliegenden Gesetz-
    entwurf liegen drei Grundirrtümer zugrunde; ich möchte
    sie an dieser Stelle sehr deutlich benennen.

    Der erste Grundirrtum ist, die Zeit würde drängen.
    Planmäßig, nach jetziger Gesetzeslage, werden spätes-
    tens Silvester 2022 die Kernkraftwerke Isar 2, Neckar-
    westheim 2 und Emsland vom Netz gehen. Wir alle wis-
    sen, dass die Brennelemente dann noch vier Jahre in der
    Anlage, im Abklingbecken, und weitere 40 Jahre ober-
    irdisch abkühlen müssen. Das bedeutet, frühestens 2068
    werden die letzten Brennelemente überhaupt einer End-
    lagerung zugeführt werden können. Das ist ein Zeit-





    Dorothée Menzner


    (A) (C)



    (D)(B)


    punkt, von dem ich annehme, dass die meisten hier im
    Hause ihn nicht mehr erleben werden. – So viel zu der
    Frage, wie sehr die Zeit drängt.


    (Beifall bei der LINKEN – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es gibt in der Zeit viel zu tun!)


    Zweiter Grundirrtum. Sie formulieren hier fraktions-
    übergreifend, es würde sich hier um einen Konsens han-
    deln. Es ist im besten Falle ein Kompromiss zwischen vier
    Fraktionen. Es ist kein gesamtgesellschaftlicher Konsens,
    dem eine Meinungsbildung in der Gesellschaft, ein gesell-
    schaftlicher Dialog und eine Diskussion, die diesen Na-
    men verdienen würde, vorausgegangen wären. Jetzt kön-
    nen Sie einwenden: Über die Kommission sind noch
    Veränderungen möglich. – Richtig, aber dafür sind rela-
    tiv hohe Hürden gesetzt: Für Entscheidungen des Gre-
    miums ist eine Zweidrittelmehrheit der 24 Mitglieder
    notwendig; neun Mitglieder bilden also eine Sperrmino-
    rität. Wenn man sich anschaut, wie sich die Kommission
    zusammensetzt, kommt man sehr schnell zu dem
    Schluss, dass es optimistisch ist, anzunehmen, dort
    könnte es zu grundlegenden Veränderungen kommen.
    Denn in diesem Gremium sitzen nur zwei Vertreter von
    Umweltverbänden, zwei Vertreter der Gewerkschaften
    und zwei Vertreter von Religionsgemeinschaften; das
    macht insgesamt sechs. Somit wird es ganz schwierig,
    überhaupt neun Stimmen für eine Sperrminorität zusam-
    menzubekommen, selbst wenn sich diese drei gesell-
    schaftlichen Gruppen einig wären.

    Der dritte Grundirrtum ist, wir hätten gemeinsam aus
    den Fehlern der Vergangenheit gelernt. Abgeordnete aller
    Fraktionen haben in den letzten Jahren sehr viel Zeit und
    Energie aufgewendet, um diese Fehler zu durchleuchten,
    sowohl im Untersuchungsausschuss „Asse“ des Nieder-
    sächsischen Landtags als auch im Untersuchungsaus-
    schuss „Gorleben“ hier im Bundestag; den entsprechen-
    den Bericht und die Voten der Fraktionen diskutieren wir
    nächste Woche, insgesamt über 1 000 Seiten. Ich wage
    die Behauptung, dass nur wenige hier im Haus, die nicht
    selber in diesem Ausschuss saßen, bis heute das Thema
    durchdrungen, die Fehler realisiert und daraus Schluss-
    folgerungen gezogen haben.

    Der nächste Aspekt. Bis heute findet kaum eine wis-
    senschaftliche Aufarbeitung statt. Es ist nicht nur eine
    parlamentarische Aufarbeitung, sondern auch eine wis-
    senschaftliche Aufarbeitung der Fehler der Vergangen-
    heit notwendig.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Da ist relativ wenig zu sehen. Das Desaster bei der Asse
    ist nicht wissenschaftlich aufgearbeitet, das vermurkste
    Verfahren im Zusammenhang mit Gorleben auch nicht.
    Ich merke nur, dass für die Anhörung im Juni nun dieje-
    nigen Personen als Sachverständige gehandelt werden,
    die wir im Untersuchungsausschuss immer wieder als
    treibende Kräfte auf wissenschaftlicher Seite gesehen
    haben, die Probleme verursacht haben.

    Der letzte Punkt. Bei der juristischen Aufarbeitung ist
    bis heute komplett Fehlanzeige.

    Es gibt einen weiteren Grundirrtum, von dem hier im-
    mer wieder ausgegangen worden ist. Es heißt: Dieses
    Gesetz würde den gesellschaftlichen Großkonflikt be-
    frieden. Aber solange es keine ergebnisoffene Debatte
    gibt, solange Gorleben nicht aus dem Topf ist, solange
    Öffentlichkeit, Verbände und kritische Wissenschaftler
    nicht oder nur unzureichend einbezogen werden und
    nicht wissen, in welcher Form sie sich einbringen kön-
    nen und ob sie Gehör finden werden, wage ich die Pro-
    gnose, dass dieser gesellschaftliche Großkonflikt nicht
    zu befrieden ist.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Angesichts der Tatsache, dass es hier darum geht, atoma-
    ren Müll mindestens 1 Million Jahre sicher vor der Bio-
    sphäre abzuschirmen, ist mehr Sorgfalt, mehr Transpa-
    renz und mehr echte öffentliche Beteiligung notwendig.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Meine Fraktion hat dazu vor geraumer Zeit ein Fünf-
    Punkte-Konzept vorgelegt, das wir gemeinsam mit Anti-
    atominitiativen, Wissenschaftlern und Verbänden erar-
    beitet haben. Ich möchte diese fünf Punkte kurz benen-
    nen. Sie sind aus unserer Sicht die Grundvoraussetzung
    dafür, dass ein gesellschaftlicher Konsens zustande kom-
    men kann, der diesen Konflikt befriedet.

    Der erste und unabdingbare Punkt ist ein unverzügli-
    cher und unabkehrbarer Atomausstieg und die Aufarbei-
    tung der Fehler der Vergangenheit.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Wenn wir das nicht tun, können wir keine Lehren für die
    Zukunft ziehen. Das betrifft Gorleben, Asse, natürlich
    auch Morsleben und Schacht Konrad – der Standort, der
    aufzugeben ist –, und es betrifft auch mögliche Rechts-
    verstöße, die juristischer Aufarbeitung bedürfen. Wich-
    tig ist auch, dass endlich eine Kostenübernahme nach
    dem Verursacherprinzip eingeführt wird.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Zweitens ist es dringend notwendig, ein Verfahren zu
    entwickeln, das eine Einbeziehung der Öffentlichkeit
    über Beirats- und Beraterstrukturen, über Volksabstim-
    mungen, aber auch über ein Klagerecht für Kommunen
    ermöglicht.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Es muss transparent sein, und es muss von vornherein
    klar sein, wo demokratisch legitimierte Stellen wie in
    das Verfahren eingreifen können.

    Erst dann kann – das ist der dritte Punkt – überhaupt
    die Suche nach einem Verwahrkonzept erfolgen. Es ist
    noch gar nicht klar: Was ist unser Konzept? Ist das, was
    wir jahrzehntelang postuliert haben, nämlich die Nicht-
    rückholbarkeit, überhaupt noch Stand der Wissenschaft
    und Technik? Es gilt, die Vor- und Nachteile abzuwägen
    und ethische Fragen – wir befinden uns in einem ethi-
    schen Dilemma – zu werten, um dann zu einem allge-
    mein akzeptierten Kompromiss zu kommen.

    Wenn das erfolgt ist, kann in einem vierten Schritt
    überhaupt über eine Festlegung von standortunabhängi-





    Dorothée Menzner


    (A) (C)



    (D)(B)


    gen Kriterien nachgedacht werden. Sie können erst fest-
    gelegt werden, wenn wir wissen, nach welcher Methode
    wir lagern wollen.


    (Beifall bei der LINKEN)


    Erst in einem fünften und letzten Schritt – das hat eine
    gewisse Logik – kann es darum gehen, Standorte zu be-
    nennen und vergleichend zu untersuchen, um sich dann
    einer Entscheidung zu nähern.

    Als Fazit halte ich fest: Sie satteln hier heute ein totes
    Pferd. Sie sagen, dass wir ganz schnell ans Ziel kommen
    müssen. Deswegen haben Sie das erste Pferd genom-
    men, das Sie im Stall gefunden haben, leider ist es ein to-
    tes. Damit werden Sie nicht weit kommen. Sie müssen
    nach dem besten Pferd im Stall suchen.

    Ich ahne, Sie wissen das, aber Sie haben die Hoff-
    nung, dass es bis zur Bundestagswahl keinem auffällt.
    Ich sage Ihnen: Es ist nicht gut, die Bürgerinnen und
    Bürger für so doof zu halten.


    (Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Wer macht denn das?)


    Sie durchschauen das. Sie werden schon seit Jahrzehnten
    in der Frage der Atompolitik immer wieder an der Nase
    herumgeführt. Jetzt werden sie sich einmischen, sie wer-
    den mitdiskutieren, und sie werden sich wehren. Genau
    da ist der Platz der Linken.

    Ich danke Ihnen.


    (Beifall bei der LINKEN)




Rede von Dr. h.c. Wolfgang Thierse
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

Das Wort hat nun Maria Flachsbarth für die CDU/

CSU-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Maria Flachsbarth


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)


    Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

    ren! Liebe Frau Kollegin Menzner: Schade! Es ist
    schade, dass aus Ihrer Rede nur Verweigerungshaltung
    hervorgeht, weil ich Sie über weite Teile der Legislatur-
    periode anders kennengelernt habe, weil wir in den Ver-
    handlungen über die Asse sehr konstruktiv zusammen-
    gearbeitet haben, weil wir in den Verhandlungen, auch
    im Gorleben-Untersuchungsausschuss, äußerst kontro-
    vers und dennoch konstruktiv miteinander umgegangen
    sind. Weil ich weiß, dass Sie in der nächsten Legislatur-
    periode diesem Bundestag nicht mehr angehören wer-
    den, möchte ich mich für diese Arbeit herzlich bedanken
    und Ihre Fraktion einladen, sich zu beteiligen.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


    Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Gorleben-
    Untersuchungsausschuss ist eben schon genannt worden.
    Er hat tatsächlich gezeigt, wie tief die Gräben zwischen
    den Fraktionen und in der Gesellschaft in Bezug auf die
    Vorgänge um Gorleben sind. Je nachdem, durch wessen
    Brille man denn schaut, wird ein und derselbe Vorgang

    gänzlich unterschiedlich wahrgenommen und mit ge-
    radezu konträren Kommentaren versehen. Leider war
    aus diesem Grund noch nicht einmal ein gemeinsamer
    Feststellungsteil, also ein Konsens über die bloße
    Faktenerhebung, möglich. Dass das bei der Wertung
    nicht möglich war – okay, geschenkt. Aber bei der
    Faktenerhebung? Das hat letztendlich gezeigt, wie tief
    die Gräben sind, wie groß das gegenseitige Misstrauen
    und wie notwendig ein Neuanfang ist.

    Wenn wir uns denn jetzt unserer gemeinsamen Ver-
    antwortung stellen wollen und uns nun, nach über
    40 Jahren der Stromproduktion aus Kernenergie, endlich
    der Endlagerung der hochradioaktiven, hochgiftigen Ab-
    fälle in unserem Land ergebnisorientiert annehmen wol-
    len, dann braucht es für diesen Neuanfang politischen
    Mut. Es ist über all die Jahre so bequem gewesen, den
    Schwarzen Peter nach Niedersachsen zu schieben.
    Deshalb bedanke ich mich und adressiere meine aus-
    drücklich große Anerkennung an Ministerpräsident
    Kretschmann, an unseren ehemaligen Bundesumweltmi-
    nister Röttgen und auch an David McAllister, diese Ge-
    spräche wieder in Gang gebracht zu haben.

    Es ist doch klar, dass diese Gespräche kein Spazier-
    gang sind, dass immer wieder – wie möglicherweise
    auch jetzt – Scheitern drohen kann. Dennoch hat der
    Prozess den Ministerwechsel in Berlin zu Peter Altmaier
    und einen Regierungswechsel in Niedersachsen zu
    Stephan Weil und Stefan Wenzel überstanden, nicht zu-
    letzt auch deshalb, weil die beiden ehemaligen Bundes-
    umweltminister Jürgen Trittin und Sigmar Gabriel ihre
    Fachkompetenz, vor allen Dingen aber auch ihren politi-
    schen Willen eingebracht haben, die Chance zur Eini-
    gung nicht verstreichen zu lassen.

    Wir haben uns am 9. April darauf verständigt, ein Ge-
    setz noch in dieser Legislaturperiode einzubringen und
    es im Deutschen Bundestag und im Bundesrat auch zu
    verabschieden. Diese Standortauswahl soll wissenschaft-
    lichen Kriterien genügen, in einem vergleichenden Ver-
    fahren den Standort mit der bestmöglichen Sicherheit
    finden, in jedem Schritt von der Öffentlichkeit begleitet
    und dann vom Deutschen Bundestag schrittweise legiti-
    miert werden.

    Das Verfahren orientiert sich an den Ergebnissen des
    Arbeitskreises Endlager, die bereits seit 2002 auf dem
    Tisch liegen. Vor diesem Hintergrund ist klar, dass wir
    auf der einen Seite keine Vorfestlegungen treffen kön-
    nen, dass wir auf der anderen Seite aber auch keinen
    Standort von vornherein herausnehmen können. Deshalb
    bleibt Gorleben wie jeder andere Standort im Verfahren.

    Die bergmännische Erkundung in Gorleben bleibt be-
    endet, und auch auf die Errichtung eines Forschungsla-
    bors wird verzichtet. Das nimmt Druck aus dem Verfah-
    ren. Auf der anderen Seite möchte ich die Bundes- und
    die Landesregierung aber bitten, alles dafür zu tun, die
    bergtechnische Expertise zu sichern und nicht zuletzt
    den Bergleuten und ihren Familien eine berufliche Per-
    spektive zu bieten.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)






    Dr. Maria Flachsbarth


    (A) (C)



    (D)(B)


    Dem eigentlichen Standortauswahlverfahren wird
    zunächst die Arbeit einer pluralistisch besetzten Bund-
    Länder-Kommission, bestehend aus 24 Mitgliedern, vor-
    ausgehen. Politik, Wissenschaft, Wirtschaft, Religions-
    gemeinschaften, Gewerkschaften und Umweltverbände
    sollen bis Ende 2015 das Auswahlverfahren bezüglich
    der Sicherheitsmindestanforderungen, der Ausschluss-
    und Auswahlkriterien und bezüglich des methodischen
    Vorgehens vorbereiten. Wie gestern in einem Bericht-
    erstattergespräch klar wurde, gibt es nicht nur aus mei-
    ner Fraktion noch einige Anfragen zu Besetzung,
    Arbeitsweise und politischer Anbindung dieser Kom-
    mission. Das wird dann im parlamentarischen Verfahren
    zu erörtern sein.

    In allen Phasen des Prozesses, aber auch in die Arbeit
    der Bund-Länder-Kommission wird die Öffentlichkeit
    intensiv einbezogen. Transparenz sowie Beteiligung der
    Bürgerinnen und Bürger werden bei jedem Verfahrens-
    schritt notwendige Voraussetzungen sein. Die im Gesetz-
    entwurf festgeschriebene frühzeitige, umfassende, aber
    auch dynamische Öffentlichkeitsbeteiligung soll im wei-
    teren Verfahren im Sinne eines lernenden Systems fort-
    entwickelt werden.

    Die parlamentarische Beratung, die wir ja nun heute
    beginnen, soll durch eine intensive öffentliche Diskus-
    sion begleitet werden. Das Bundesumweltministerium
    veranstaltet deshalb ein Endlagersymposium. Vom
    31. Mai bis zum 2. Juni können sich interessierte Bürge-
    rinnen und Bürger beteiligen und sich mit eigenen Rede-
    beiträgen einbringen. Ihre Einlassungen werden dann
    auch in der Anhörung, die der Umweltausschuss des
    Deutschen Bundestages am 10. Juni 2013 durchführen
    wird, berücksichtigt.

    Zentraler Kern des Gesetzentwurfs sind demokratisch
    legitimierte, nachvollziehbare Entscheidungen. Über die
    einzelnen Schritte des Auswahlverfahrens entscheidet
    das Parlament per Gesetz. Dazu gehören am Ende des
    Verfahrens die Beschlüsse über die Standorte für die
    über- und untertägige Erkundung sowie über den end-
    gültigen Standortvorschlag. Zwischendurch, also vor der
    untertägigen Erkundung, soll über das Umwelt-Rechts-
    behelfsgesetz noch ein verwaltungsgerichtlicher Rechts-
    schutz gewährt werden. Dann kommt ein Planfeststel-
    lungsverfahren, sodass es ab dem Jahr 2031 an dem
    Standort an die Errichtung eines Endlagers gehen kann.

    Außerdem haben sich alle Beteiligten darauf verstän-
    digt, dass die Castortransporte in das Zwischenlager
    Gorleben eingestellt werden sollen. In diesen Tagen wer-
    den die Voraussetzungen dafür mit den Energieversor-
    gungsunternehmen diskutiert. Die Gespräche machen
    nach den Aussagen der Bundesregierung gegenüber den
    Berichterstatterinnen gestern gute Fortschritte. Herr Mi-
    nisterpräsident, ob die scharfen Töne aus Niedersachsen,
    die ein Scheitern des Gesetzentwurfs androhen, falls der
    Bundesminister sich nicht endlich kümmere, nötig und
    hilfreich sind, wage ich zu bezweifeln.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Angelika Brunkhorst [FDP])


    Im Übrigen handelt es sich bei der Forderung nicht
    um eine Idee der rot-grünen Landesregierung, sondern
    bestenfalls um eine niedersächsische Forderung.


    (Ulrich Kelber [SPD]: Kurzfristig entdeckt!)


    Ich darf auf einen Artikel auf Seite 1 der Hannoverschen
    Allgemeinen Zeitung vom 5. November 2011 verweisen.
    Die Überschrift lautete damals:

    Schwarz-gelbe Castor-Gegner stellen sich quer.

    Damit sind der ehemalige niedersächsische Umwelt-
    minister Sander und ich gemeint. Wir fordern gemein-
    sam, dass keine weiteren Castoren nach Niedersachsen
    kommen,


    (Ulrich Kelber [SPD]: Spät kamen sie, aber sie kamen wenigstens!)


    weil die Menschen vor Ort das natürlich als weitere Vor-
    festlegung verstehen würden. Das hat mir in meiner ei-
    genen Fraktion übrigens nicht nur Freunde eingebracht,
    wie Sie sich vorstellen können.


    (Ulrich Kelber [SPD]: Heldin des Widerstands!)


    Das Wegducken der anderen Länder – ich schließe
    Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg ganz aus-
    drücklich aus – hat nichts mit Rot-Grün oder Schwarz-
    Gelb zu tun, sondern ist bestimmt durch das seit Jahr-
    zehnten bekannte Agieren aufgrund von Länderegois-
    men.


    (Ulrich Kelber [SPD]: Es geht erst einmal um die Länder, die AKW betreiben!)


    Deshalb sage ich: Lassen Sie uns den Weg der Sachpoli-
    tik, der in diesem verminten Politikfeld nur im Konsens
    zu gehen ist, weitergehen. Es ist viel einfacher, sich in
    den Schützengräben einzumauern, als neue Wege zu wa-
    gen.


    (Beifall der Abg. Ewa Klamt [CDU/CSU])


    Der niedersächsischen Landesregierung sage ich
    – das sage ich als Niedersächsin –: Gerade wir Nieder-
    sachsen haben ein extremes Interesse daran, dass dieses
    Gesetz gelingt;


    (Beifall des Abg. Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


    denn sollte es scheitern, gilt der Status quo. Gorleben ist
    der einzige Standort in Deutschland, der für ein Endlager
    für hochradioaktive Abfälle erkundet wird.


    (Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da haben Sie recht!)


    Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben mit der
    Lex Asse, der kleinen Schwester dieses Vorhabens, ge-
    zeigt, dass Politik handlungsfähig sein kann und auch
    schwierige Fragen gelöst werden können, wenn der poli-
    tische Mut und der Wille dazu da sind. Beides wünsche
    ich uns sehr.

    Herzlichen Dank.





    Dr. Maria Flachsbarth


    (A) (C)



    (D)(B)



    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)